Daten
Kommune
Pulheim
Größe
7,0 MB
Datum
17.09.2014
Erstellt
09.09.14, 09:57
Aktualisiert
09.09.14, 09:57
Stichworte
Inhalt der Datei
Auszug (Seite 109-125) aus:
RAINER OANIELZYK
ANOREA OITTRICH.WESEUER
FRANK OSTERHAGE tH9.l
,------'
<-l-:
t
!d
L
1
Die finanzielte Seite
der Raumentwicklung:
er l weg zu el tzt€
l1
p
rr Esstruktur n?
KLARTEXT
109
Oie,,Kosten der Zersiedelung" im Bauausschuss
Iine persönliche Zwischenbilanz
lPns-Maftin Gutsche
ln dem nachfolgenden Beitrag möchte ich Erfahrungen darstellen, die ich in
den letzten Jahren bei der Beratung von Kommunen in Bezug auf Fragen der
§icdlungsentwicklung und ihrer finanziellen Auswirkungen für den jeweiligen
ficmeindehaushalt und die Portemonnaies der ansässigen Bevölkerung gemacht
h.rbe.
lch wähle dazu - für mich selbst eher ungewöhnlich - die tch-Form. Diese soll
vordeutlichen, dass es mir in diesem Beitrag weniger um eine wissenschaftliche
lloschrejbung der Kosten der Zersiedelung auf kommunaler Ebene geht (Entsprerrhendes haben ich und andere an anderer Stelle mehrfach zu papier gebracht:
vql. PreufVFloeting 2009; Gutsche 2004; Gutsche 2006). Vielmehr möchte ich
{larstellen, wo nach meiner Ansicht die Diskussion um die finanzielle Seite der
Raumentwicklung (so ja der Titel dieses Sammelbandes) in den Kommunen steht,
l)iese Einschätzung ist natürlich subjektiv und soll daher im Folgenden auch
turrtsprechend gekennzeichnet werden.
Mein Beitrag gliedert sich in drei Teile. tm ersten Teil versuche ich eine Zwirchenbilanz, ob und wie tief die zunächst wissenschaftliche Diskussion um die
Kosten der Zersiedelung ihren Weg in die kommunalen Bäuausschüsse und Entrcheidungsgremien gelunden hat. Der zweite Teil umfasst einige schlaglichtartige
Anmerkungen zu dem Bereich der tolgekosten von Siedlungsentwicklung, den
rr:h für den politisch und methodisch schwierigsten halte: die soziale tnfrjstruklur lm letzten Teil möchte ich mich mit den Chancen und Gefahren auseinänder
iotzen, die sich aus einer Gegenüberstellung von kommunalen Einnahmen und
Ausgaben im Zuge der Ausweisung von Baugebieten ergeben, das heißt mit der
Aussagekraft fiskalischer Gesamtbilanzen für den kommunalen Entscheidungs-
-
prozess.
1.
(
Erreicht die Fachdiskussion die Bauausschüsse?
Steigende Nachfrage nach lnformationen
,,Wenn es ums Geld geht, wird uns schon jemänd zuhören,,: Etwas übeßpitzt
lormuliert war dies die (ausgesprochene oder unausgesprochene) Ausgangsthese unterschiedlichster Forschungsarbeiten Mitte und Ende der t990er lahre in
- Auswirkungen von Baulandausweisungen und Siedl)eutschland zur Frage
lrrngsentwicklung auf
/
d,
.rmmunalen Haushalte. Als deren Ergebiisse Ieauge-
)
110
Jens-Martin
biete rechnen sich oft nicht", ,.die Folgekosten darf man nicht
nach und nach der
,,halbe Dichte. doppelte Erschließungskosten" usw )
in eher enqen Fa(
zunächst
diese
ientlichkeit vorgestellt wurden, wurden
und
wahrgenommen
Erkenntnisse
als interessantel weitgehend neue
meiner
nach
sich
hat
lnzwischen - etwa zehn Jahre später vollzogen. Das Kostenarqument ist ein Stück mehr A
Veränderung
-oas
heißt noch lange nicht. dass die.Fragen der (Folgegeworden.
Der'
Tersiedelung bereits die kommunalpolitische Debatte dominieren
der
Anzahl
die
und
von Diskusäonen auf öffentlichen Veranstaltungen
mehr
deutlich.
dass
aber,
und Anfragen zu diesem Themenfeld zeigen
den Persoien die Fragen der Folgekosten von Planungsentscheidungen
sich
sind und (vielleicht in diesem Zusammenhang noch viel wichtiger) dass
inzwischen so anschaulich aufbereiten lassen, dass sie fÜr
Diskussionsprozesse mitentscheidend sein können
Vor allem die zentralen orte reagieren
Nach meiner Beobachtung trifü das zuletzt Gesagte vor allem für die
len Orte zu. So stammen die bei uns im Büro auflaufenden Anfragen vor
aus den Kernstädten und Umlandzentren. sei es fÜr lnformationsveranst'
gen (zum Beispiel im Bauausschuss) oder für Gutachten z.u 9el fiskilil:lt-I
iJrfrng"n von Baugebieten. Nach meiner Einschätzung hat dies vor allem
cründJ Zum einen besitzen die zentralen orte eher Bau- und Planungsve
tungen, in denen engagierte Mitarbeiter die Fachdiskussion über die
Zeriedelung verfolgen. Auigrund ihres persÖnlichen Gestaltungsans
scheiden si; zu einäm bestimmten zeitpunkt, dass jetzt die lnformati(
reitung der Fachdiskussion reif genug ist, um in die lokale kommunal
Diskussion eingespeist zu werden
Diese Verwältungsmitarbeiter haben in der Regel eine klare Vorstellung;
eine,,gute" oder,,nachhaltige" Siedlungsentwicklung in der G€meinde
sollte.ln den kleineren Gemeinden, deren planende Verwaltung in No'
land häufig bei einer Amts- oder Samtgemeindeverwaltung angesiadelt
erlebe ich 6ingegen eine starke Zurückhaltung der Verwaltungsmitarbeiter'
definieren sicti als Dienstleister für ihre Mitgliedsgemeinden, häufig ohne
eigenen Gestaltungsanspruch (bzw. ohne die Möglichkeit, diesen zur Gelt
kJmmen zu lassenj. Dies äußert sich zum Beispiel in Aussagen wie: ,,Wenn
Mitgliedsgemeinde XY das Baugebiet will, werden wir es ihr nicht ausr
Entiprechlnd selten kommen Anfragen aus dem Siedlungsra-um kleinerer
banär oder Iändlicher Gemeinden. Falls doch, gehen diese Anfragen häufi9
lnitiativen des ieweiligen Landkreises zurück, in deren Kreisentwicklun(
gen wiederum ein Gestaltungsanspruch an die Siedlunqsentwicklung
wird, der mit Hilfe des Kostenarguments an die kleinen Kommunen
gen werden soll.
llr"
/)
Ii,f,tcn der Zersiedelung" im Eauausschuss
111
l)cr zweite Grund, warum vor allem aus den zentralen Orten eine Nachfrage
lnformationen und Gutachten zur trage der Folgekosten von Baugebieten
deren
,
Iiskalischer Gesamtbilanz artikuliert wird, liegt meanes Erachtens in
höheren Komplexität der lokalen Planung. So stehen Siedlungsprojekten in
lentralen Orten häufiger politische Wderstände entgegen. Hierbei spielen
auch Bürgerinitiativen eine wichtige Rolle, Durch die Weiterentwicklung
Werkzeugen und Präsentationsmaterialien der Fachdiskussion sind die lnforüber Folgekosten nun schneller und anschaulicher verfügbar. Umso
lassen sie sich als zusätzliches Argument verwenden, um eine jeweils in
Diskussion befindliche Planung zu verhindern.
ln der Summe ergibt sich somit ein vielschichtiges Bild. 5o ist die erheblich
lnformationsnachfrage zu Fragen der Folgekosten und fiskalischen
von Baugebietsausweisungen positiv zu bewerten. Das Ziel, zu
deutlichen Mehr an Kostentransparenz im Bereich der Siedlungsentwickzu gelangen, kann nur dann erreicht werden, wenn sich aus den Kommuselbst ein klares lnteresse an dieser Frage artikuliert und dieses zudem mit
Plänungsents(heidungen vor Ort verknüpft wird. lnsofern ist die Forund Beratungsrichtung ,,Kosten der Zersiedelung" bzw. ,.Mehr Kostenin der Raumentwicklung" (in die sich ja auch dieser Sammelband
tlnroiht) in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich gewesen.
Nun hat jedoch für die Mehrzahl der Forscher, Berater und Kommunikätoren
selbst eingeschlossen) das Themenfeld der Kosten der Zersiedelung auch
eindeutig normative Motivation. Wir haben nach finanziellen Argumenten
eine weniger raumgreifende, weniger Energie und Fläche verbrauchende
n(l in der summe deutlich nachhaltigere siedlungsentwicklung gesucht (und
auch gefunden!). Unser (ausgesprochenes oder unausgesprochenes) Ziel ist
0r, mit Hilfe von Werkzeugen der Kostentränsparenz (lnformationsmaterialien,
Vorträge, Abschätzungswerkzeuge, Gutachten) möglichst viele Flächenausweilrngen mit geringer Dichte auJ der,,grünen Wiese" zu verhindern. Gleichzeitkl möchten wir möglichst viele lnnenentwicklungsproiekte sowie Bauprojekte
Ilit - gegenüber dem sonst üblichen Maß vor Ort - angehobener städtebaulitltcr Dichte bei der Realisierung unterstützen. lm regionalen Maßstab streben
wir - nicht zuletzt aus Kostengesichtspunkten - eine spürbare Konzenträtion der
tledlungsentwicklung auf die z€ntralen Orte an.
Vor diesem Hintergrund ist die eben dargestellte Beobachtung. dass gerade
dh zentralen Orte das Kostenthema aufgreifen, etwas zweischneidiq. 5o kann es
n(ht befriediqen, dass vor allem die Kernstädte und Umlandzentren anhand der
I olgekostendebatte ihre Bautätigkeit in Frage stellen, während der Achsenzwitr henraum bzw. das weitere ländliche Umland diese Fragestellungen noch nicht
ln gleichem Maße verinnerlicht hat. Das bedeutet nicht, dass die zentralen Orte
k'in Folgekostenproblem hätten oder sich aufgrund von Zentralität und planett,,cher Bevorzugung mit diesem nicht auseinander setzen müs5len. Eine Redu-
112
.lens-Martin
zierung del Siedlungstätigkeit in den zentralen Orten (aufgrund der
Erkenntnisse über Folgekosten und ernüchternde fiskalische
von Baugebietsausweisungen) bei unverändertem
in den nicht zentralen orten wäre jedoch - im sinne der eben skizzierten
rischen Ziele
-
kontraproduktiv.
ht . äußer in den seltenen phasen der wirklichen inhaltlichen
Neuaufstellung des
l^1,':h:nnyfungsptanes - eher geprägt von Entscheidungen
riüeiiinzetflacnen.
Aur Hnzemachen bezogen verlieren die Forschungsergebnisse
zu Folgekosten
llfdoch deutlich an Aussagekraft (fast jede Fläche erieujt rolgekJen;. thre
zengünstiger ats außen,,. ,,kompäkte (i.dtrngrrtrrktur.n
J"innen
11.1,:l
Ur\lflrch kostengünstiger als zersiedelte,,, ,,halbe Dichte, doppelte
Erschließungs-
ll/*iS""
Interessengeleitete Nutzung des Kostenarguments
Das Gleiche gilt auch für die lnnenentwicklung. So ist zu beobachten, dass
gerinitiativen zunehmend das Folgekostenargument aufgreifen. Das ist
einmal gut so. Bürgerinitiativen treiben damit die kommunalpolitische
vor sich her und zwingen Politik und Verwaltung, sich mit den Themen
kosten" und ,, Fiskalische Gesamtbilanz von Baugebieten" substanziell
der zu setzen. Dieser Hebel sollte auf keinen Fall vernachlässigt werden.
Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, dass Bürgerinitiativen in den
meisten Fällen einen räumlich sehr begrenzten Blick haben. lhr Ziel ist die
hinderung einer Bebauung an einer konkreten Stelle (weil sie sich dort
fühlen). Wenn an einer anderen Stelle gebaut wird, ist ihnen das in der
egal (gegebenenfalls bildet sich dort eine neue 8ürgerinitiative). Nun richtet
der Widerstand von Bürgerinitiativen nicht selten gerade gegen
lungsprojekte. Aufgrund ihrer integrierten Läge haben deren Flächen oft
Nachbarn, die gegen eine Verdichtung oder Nachnutzung von Flächen
erheben, als Flächen auf der,,grünen Wiese".
Da es in der realen kommunalpolltischen Diskussion jedoch selten um
Vergleich alternativer Standorte, sondern in den meisten Fällen um die
(oder Nicht-Bebauung) einzelner Flächen geht, sehen sich plÖtzlich auch
entwicklungsflächen dem politischen Vorwurf der Folgekosten gegenüber.
eine Realisierung des gleichen Wohnungsbauumfangs an anderer Stelle. zum
spiel auf der,,grünen Wiese", in vielen Fällen noch deutlich höhere
erzeugen würde, wird nicht diskutiert. Ein Standortvergleich ist nicht das
diskutierte kommunalpolitis(he Thema - es geht ia nur um diese eine
Zudem wurde das Kostenargument ia gerade mit dem Ziel in die Debatte
führt, die Bebauung dieser einen Fläche im lnnenbereich zu verhindern.
Als Gutachter bringt einen eine solche - nicht seltene - |
tion in eine Situation, in der man seinen gutachterlichen Auftrag (,,ermitteln
die Folgekosten und/oder die fiskalische Bilanz dieses Projektes")
auf eine (häufig gar nicht konkret benennbare) Alternativfläche ausweiten
um wenigstens ansatzweise zeigen zu können, dass die Folgekosten an
stelle noch deutlich höher wären und das diskutierte
daher die bessere Wahl ist. Keine leichte Position.
Damit zeigt sich, dass der in der Forschung zu Folgekosten und fiskal
Gesamtbilanzen von Baugebieten vorherrschende VerglEr"'{all,,innen
i entspricht.
außen" nur selten dem stand der kommunälpolitischen
De\
losten". usw) benötigen aber einen Vergleichsfall. der oft
Lrst mühsam in die
lroreits laufende Debatte eingebracht weiden muss. oiente
dis iinuring.n a.,
l(ostenarguments in die Debatt€ aber ursprünglich vor
allem Oeiüerhlriaerung
olrrer.aktuell diskutierten planung. bestehi hauiig kein qroß",
lni"r"rr"
rprcchenden Vergleichsaussagen.
"n "nt_
Letztendlich zeigt dies vor allem eins: Das Kostenargument
wird in der kom_
munalpolitischen Debatte verwendet wie.jedes andere"Argumeni
auch. Es wird
vor allem dann genutzt und in die Diskussion eingebrachi
wenn es die eigene
lbsition stützt. ln diesem Verw€rtungsprozess werden Aussagen
der Folgekoslondiskussion nicht selten so verkürzi und pauschaliert
auf dän jeweiligen ent_
l(heidungsfall in der Kommune angewendet, dass aus sicht
der'Raumordnung
und der Folgekosten sinnvolle Flächen plötzlich als FolgekostenfaitJn,,
,,
dastehen
krnnen. Wie bei allen anderen politischen Argrränt.i U"it"t,i
soäit auctr Uei
flr,n Kostenargumenten die Gefahr, dass sie sich politisch
abnutzen, nachdem sie
rtine Zeit en vogue waren.
Doppelstrategie
Meine Schlussfolgerung daraus ist eine Doppelstrategie. Zum
einen erscheint es
und Ergebnisse der wiisenschaittichen rolgekostendtskus:ll1
ir(nt :r"ygll,Tf."-n
kontinuierlich in den Raum kommunaler Entscheidungsträqär
und Diskussionsprozesse einzuspeisen. Dies kann durch veranstaltungei.
veiötfentlichungen,
Artikel und Diskussionsbeiträge, aber auch Ourch im
t-nteinet iiei zugangticne
w.rkzeuge geschehen. Die rnformationsprattform www.was-kostet-mein-baullcbiet.de unseres Büros reiht sich in diese Zielsetzung ein. Zietgiupie sind nicht
allein die gewählten cemeindev€rtreter oder die fraüptamtticlien'üerwaltungsrt|rlarbeiter, sondern auch engagierte Bürgerinnen und'Bürger _
also'qerade
auch
rro zuvor mrt einigen kritischen Tönen bedachten Bürgerinitiativen.
thre Fähig_
koit, Themen und Argumente auf das politische f"Ul"it ,u
f,eüä" tund sei es
oder s-ar nur .,halb;ichtis"), kann nach ,"tn"i err.rrrns
::'ll,::lliP-Y-9il:,11s
vrofach ats tnitialzündung für eine breiter angelegte (und
dann auch fundlertere]
lolgekostendebatte in der Kommunalpolitik ;irk;n.
,. Diese breiter angeregte kommunare Diskussion birdet den zweiten Teir der
l)oppelstrategie. rst das Argument der Folgekosten rn der
kommunatpolitischen
l)cbatte angekommen, entsteht ab eineÄ bestimmten punkt
ein zusätzlicher
,nssbedarf, bei dem versteichenol
,lq
nnuiyr"n
,na enr
llll:r.I:!i?":ql,rechend abgeleitetf, ategische
Aussagen ihren platz haben. bieser Bedarf
By
)
,ens Ma(in Guts(ha
114
ist dann durch speziell zugeschnittene ln{ormationsabende.
gen oder auch die Bereitstellunq komplexerer Bewertungswerkzeuge zu
digen.
Eine zentrale Herausforderung ist dabei die Frage, wie die
kussion ihren Weg in die kleinen Kommunen und nicht zentralen orte
Gerade deren vielfach überdurchschnittlich dynamische
macht uns ja seit langem (sowohl aus Sicht der Räumordnung wie aus
der Finanzen) die meisten Kopfschmerzen. Ein interessanter Ansatz ist die
Grundsatz der Raumordnunq formulierte Vorgäbe im Entwurf des neuen
entwicklungsplans des Landes Schleswig-Holstein, dass sich Kommunen
sätzlich bei bestimmten tlächenausweisungen intensiver mit den Fol
auseinander setzen sollen (vgl. lnnenministerium des Landes
2oQ8 Ziflet 6,5.2 Absatz l). Um die häufig zu beobachtende
der Kommunen gegenüber Landesvorgaben ein stück weit abzufedern,
eine Arbeitshilte zur Abschätzung kommunaler Folgekosten von
l,ro ,,Kosten der Zersiedelung,; im gauausschr/ss
Darüber hinaus ist das Volumen der
laufenden Ausgaben bei der sozialen lnft,rstruktur um ein Vielfaches orößer
als Oas Uei aerieZÄiir.ti"-n üir"struttur.
ln
It*alischen wirkungsanarysei betragen
die jährlichen Ausgaben für die soziare
trtrastruktur (ein Kinderoärtenotatz
iostet,*ir.t"n loää"uiä'0.äoo fua pro
l.rhr) nicht setten das zeintache a",
tomrrn"r"n
technische
lnlrastruktur.
Doch diese problemwahrnehmung
führt leicht in die lrre. Relevant für eine
Ärr9ä;';;rä
xommune ist bei der Entscheidung
übir.
rij.ir"n.uir.irrng'niili.n ni.f'r, au,
Ausgabenvolumen, sondern das iostenvermeidungrpot.nriil.äi.i.i
"in.
beschreibt,
wclcher Anreit der Kosten eines ootenzielen
Wohn-ü"rt;;;;;;;;;esparr
wer_
ri,rr könnte, wenn die gleiche Änzahl
Wohneinheiten an einer andeien Stelle im
(('meindegebiet
0e nach Betrachtungsraum gegebenenfaIs auch an
einer ander{'n Stelte in der Reqion oder dem
stuatumdnj-aeiei.fri"ri-.ii"rlrrro".
(rrstenvermeidungspotenziar
erarbeitet (lnnenministerium des Landes Schleswig-Holstein 201 0)
oi"ru,
;;;;ä;,
ist jedoch u"i 0". rorrai"n
rrtritenden Ausgaben anoehl _
rn den meisten fatten nat ezu
nrii öL
-
was die
finO", A",
in die Kindertases,iai"
i" il"'I.r,ie ,n0,",,.
ll::,*,j:::i:ly:i
Len dort die erhebtichen
"a.,
.i":;]',il,;näiä;
-,]
^,*.lalfliiö;"ä;,ä;
unä der otcrrte sein",i"urrr"ä. ''
1"1::?.^g-1t-gaugebietes
a^geud
t.'
,
2.
Problemkind,,Soziale lnfrastruktur"
habe;il;il:,;ffiä;en Einfluss auf die
u:.
so ers euei siJ u, J",,,,,ä,.
r,,r u.
;fl i:::"".,i:
l:,1:"r.,,
doppette ::l"J,
Erschtießunesrorten,,
"r,,
t
Dichte eines eaugebietes
a
Kostenvermeidungspotenziäl wichtiger als Ausgabenvolumen
Siedtungsprojekte erzeugen Folgekosten in unterschiedlichen Bereichen:
technischen lnfrastruktur, der sozialen lnfrastruktur, den übergeordneten
kehrssystemen, den Grünflächen sowie bei vielen anderen kommunalen
gen. lm Rahmen von Folgekostenbetrachtungen ist von allen diesen
nach meiner Einschätzung die soziale lnfrastruktur aus politischen und
schen Gründen am schwierigsten zu fassen.
ln der wissenschaftlichen Diskussion um die Kosten der Zersiedelung
am Anfang vor allem die technische lnfrastruktur im Mittelpunkt. Dies
vollziehbar, denn gerade bei der technischen lnfrastruktur zeigt sich eine
che Abhängigkeit der Kosten von der Dichte und anderen
Parametern wie zum Beispiel der Lage zum bestehenden Siedlungskörper.
ln der kommunalpolitischen Debatte um die Folgekosten von
hen hingegen nach meiner Erfahrung vor allem die Folgekosten der
rastruktur im Fokus der Diskussion. Das überrascht nicht, denn auch
von Siedlungsproiekten ist die soziale lnfrastruktur in der
lich präsenter als die technische lnfrastruktur. Qualitäts- oder
bei Kindertagesstätten oder Schulen füllen schnell und nicht selten über
die Seiten der Lokalpresse. LÖcher in den Straßen oder
anderen Bereichen der technischen lnfrastruktur sind - wenn überhaupt
meldungen. Entsprechend duldet die Beseitigung dieser Schwachstellen
längeren Aufschub als bei der sozialen lnfrastruktur.
-
"rr,äo;.r"1,;;;;;i"",Ii"iXl'J,;l'Älli
ale. d,;;,;;r-;;, A,,ör#*,
Dres_eirt vor
*:,?:11",:i:*Sn
Wohndichte
gering ist, atso in- tändlichen
;,;;;'
reinden mit vergleichsweise qerino(
_^
lnnenentwicklungsflächen
pn zudem
'en
7,,.{öm ih
_.
im r,^.^r^:_L
Versteich zu
^ 1T ?od"npreis.
aure"nlacten
;;
;"ffi ;;:üilllJ;:;
rrlrfi;
lI:,:?T::^Xif:,jid.derÄtraktivität ih,.,
;;ä
;;iläärrngr*or_
i"i;;;.Ä;i;g",
"i*ä*.,nu,"
dJ;b"^
;;;;;;;;
d.ril;h ; ;;,;;;. ;;
lrolsen marktgängig zu machen (und io über
.*.1,1':l],:!:" g'losten pro wohneinheit
i,
l'lrläl
degensatz zur sozi"t"r, lntr"rtrrttrr
.Kostenreduzierungen si-nd Kosteneinsparungen.
I inem deutlich höhären Ausoabenvolumen
bei der sozialen lnfrastruktur (das
j:?:::t:,1,;;; ; ri,i.i;;Ä:;' v'ii',ffi
ll.,l;;:1",,::':'j:
;11steht
überscharten kann)
rorii
"nu,y,.n
"r'rit Äuri;ffi;:;J' i.:J?#:;f:l
d.:
tnfrastruktur segentibei
f^"1:::]11i:i
]..chnischen
Itt der
praktisch-politischen
Anwendung
r,"htä'n-ioi;nvermeidungspoten_
t::1"^*ilommunen:,,werch.,i
lJ1,;
är,',liä"n,n,u,
:l: stehenden planungsparametern roi,""i"i"iir""n
tq_ung
(Lage, Dichte, an.aÄi Wärneinn"i
,:?,:::,.r1?le-:::l*ndiekeir) ueeinfrussen]
um
m"^". iäär""liilrrr,a,
a,.r", ,r"0" f,ilü'lll
zu sehr zu belasten?,, Ein konsequentes
Nachgehen
Aufwertung der rechnischen rnfrastrukrur
h uäigi",.i;, ,".äiä.'
wc'nn man der Fraqe weiter nachoehl
,",g"i;r.h
.'."rlilJ.1,ijliar"g,
torrziate bei den raufenden eussJben
d"r-rorird;l;;;r;i;'kirr.'sä
ö;
n.r at"
Jens-Maltin
t 16
I
Dichte der Bebauung - laut den verfügbaren statistischen Grundlagen wie
und Mikrozensus - in der Tendenz auch einen Einfluss auf die Anzahl der
pro Wohneinheit. Dahinter steht der Effekt, dass unterschiedliche H
rir. Korten der Zersiedelung,, im Bauausschuss
117
Kosten/Kind
pen (im statistischen Mittel und unter heutigen Marktrahmenbedi
unterschiedliche Haus- und Wohnungsformen präIerieren. so haben zum
spiel Bewohner von Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern im Mittel mehr
als Bewohner von Wohnungen im Geschosswohnungsbau. Ebenso lässt sich
Einfluss von Miete und Eigentum feststellen: so fällt bei Eigentümern der
Auslastunq
Kosten/Kind
o
zug in eine neu gebäute Wohnung zeitlich stärker mit den Geburten der
zusammen. Woraus sich für die Kommune mit höherer Wahrscheinlichkeit
bleme der zeitlichen Nachfragespitzen in den Folgejahren ergeben,)
meidungspotenziale ergäben sich bei der sozialen lnfrastruktur somit
in der gleichen Richtung wie bei der technischen lnfrastruktur, nämlich bei
(maßvollen) Verdichtung.
Kosten/Kind
Auslastunq
Auslastung
Demographischer wandel und Bilanzierungsgrenzen
Ob das zuletzt qenannte Kostenvermeidungspotenzial (,,weniger Kinder
Wohneinheit") als ein solches angesehen wird, ist allerdings vielfach zu bezwel*
feln. So ist es in Zeiten des demographischen Wandels ja gerade das Ziel
Kommunen, zusätzliche Familien mit (vielen) Kindern durch
sungen anzulocken. Auf diese Weise soll die eigene soziale lnlrastruktur wiedel
besser ausgelastet werden. Deren Frequentierung leidet vielerorts bereits deut:
lich unter den demographischen Veränderungen.
Vor diesem Hintergrund wird das Argument ,,6enehmigt mir mein Ba
sonst gehen meine Kindertagesstätte und meine Grundschule kaputt!" in
kommenden .,ahren immer mehr die AufsichtsbehÖrden der Raumordnung
Landesplanung beschäftigen. So ist zum Beispiel in den ländlich geprägten Krei'
sen des Landes Schleswig-Holstein etwa ein Drittel aller Grundschulen in
kommenden 15 Jahren von der Schließung bedroht,
Folgekostenabschätzungen auf Gemeindeebene stoßen in einer solchen Situation leicht an ihre Grenz€n. So kann eine durch ein neues Baugebiet äusgelöste
zusätzliche Nachfrage die sozialen lnfrastruktureinrichtungen in einer (kleinen)
Gemeinde tatsächlich kosteneffizienter machen. Eine kommunale Folgekostenabschätzung käme somit zu einem positiven Ergebnis. Ausgeblendet wird
dass alle anderen Einrichtungen in den Nachbargemeinden - ceteris paribus
Auslastungsnickgänge und Effizienzrückgänge aufweisen. Die 6esamtanzahl der
Kinder in der Region wird durch die Baugebietsausweisung ia nicht grÖßer
-
Abbildung
1).
- was in der Realität sicher deutlich seltener vorkommt als in der Argumentation kleiner Kommunen - die Alternative wirkhch,.Bauge* oder Schulschließung", dann käme eine Folgekostenabschätzung ebenfalls { .re Grenzen, Wie
Wäre
t€n
a '!'
Kosten/Kind
l
I\.*..
a
Auslastung
bei.der Austostuns von tnlrcstrukturcinrichtunsen
der sozialen intrastruktur an ernem
slandort durch die rusätzli(he Nächfrage eines Biugebietes beOeutei in
iegionen mit
rleutlichem demographischen Wandel eine 5chwächu-ng (und
Kostenerhöhung) an vielen
benachbarten Standorten.
.r_, !:1,,:2:,:,wech:etw:t!:.n?en
^o:,',:::g
t.floutetung:
Die stärkung (und Effizienzsteigerung)
6t eine Schulschließung zu bewerten? Zunächst einmal spart sie der
Gemeinde
Kosten. (Es ist.zu erwarten, dass gegebenenfalls zu zahlende
Schulbeiträgo an
in
tie :c.hul: der Nachbargemeinde in der Tendenz niedriger sind als der Elgen_
betrieb einer deutli_ch unteräusgelasteten Schule.) Dem siehen
aber quatitäts_
verluste entgegen (keine Schule mehr vor Ort), die sich einer
Monetarisierung
weitestgehend entziehen,
Kostenvermeidungspotenzial Ausbauinvestitionen
Während die einen Kommunen aufgrund der demographischen
Entwicklung
bereits in.einer ,,Baugebiete zur Rettung unserer soziaien lnfrastruktur,,_Diskussjon angelangt sind, müssen sich andere Kommunen weit€rhin
der
Pj"i:k:ef n:llrry Gnzaht wohneinheiren)
:!::in:,
Destehenden EinrichtL\,.rn (Schulen, Kindertagesstätten,
Frage stellen,
di;
Kapazität der
Sporthallen) nicht mehr
,.1
l"n"r.a",tin
118
ts
l.v6tltlon.ton.n,nr ru.ltzlkt. !.oll.t. (.p.{tltd stl.ad lnL.ttuttur'lnrkitln9"
AE'
§[
!t
J.s00.000
§$
1.500.000
u,H
|
rxlndeE n iD.r,f,tr,^o {Elä6.nr.o
!"8 !.00r@
9i
I'i
:b
2.(m.00o
r.50.000
tä
{g
$*
E8
lh
r.0m.0m
5tp.o0
0
400 wE
so
g':eg,
r9Ii"d"b6ryqqqs:
119
lusweisungspotenzialen unter den Kommunen bei möglichst weitgehender Verng von Ausbauinvestitionen in den sozialen lnfrastruktureinrichtungen der
Gemeinden.
liel müsste es meines Erachtens sein. entsprechende Kooperataonsansätze
§utt zwischen Gemeinden zu initiieren. die inzwischen bei der angesprochenen
t)lrkussion ,,Eaugebiete zur Rettung unserer sozialen lnfrastruktur,, ängekommen
und bei denen es nichl mehr darum geht, Zuzugsströme aus dem Oberzent(zum Beispiel Hamburg) oder anderen Regionen Deutschlands (zum Beispiel
aum München) untereinander aufzuteilen.
r welrs.lühr..de S.hul.n
,4,!00.000
"l
viele Kinder hat ein Baugebiet?
500 wE
700 wE
600 WE
lroolrsolso Iroolrsolso
ltm
800
w!
lsol50 lro0 lrso l50 llm
B€bäuungssranarien
Abbildung 2: &n/uss von lJmlang und Realisierunqsgeschwindigkeit
aul die notwendig wetdenden Ausbouinvestilionen in soziale lnfrostrukturcn
(rcales Beispiel ous dem Grcßruum Homburg)
aurreicht und neue wohnbauproiekte lnvestitionsausgaben für
ist auffälliq. dass die Realisieru
t€rungen notwendig machen
nach
als die Gesamtanza
aus einem
realen
Eeispiel
Bebäuung, Abbildung 2 zeigt dies an einem
Beispiel
800
zentrum im Großraum Hamburg. Danach erzwingen zum
weniger
entwickelte Wohneinheiten in der betreffenden Stadt
nen in Kindertagesstätten und Schulen als 400 schnell realisiene
lnvestitionskosten für den Ausbau sozialer lnirastruktureinrichtungen
sofern es nicht um die Verbesserung der Betreuungsqualität (Beispiel:
Krippenbetreuung) geht - ein reales Kostenvermeidungspotenzial Dies gilt
mehr, als alle zeichen der demographischen Entwicklung aut einen
allgemeinen Rückgang der Kinderzahlen hinweisen.
Dieses Kostenvermeidunqspotenzial hat nach meiner Einschätzung
politische Potenzial, Kommunen
in Stadt-Umland-Bereichen
zu
Flächennutzungsüberlegungen zu bewegen. Dies zeigt sich aktuell in
Projekt, das wir im gemeinsamen Auftrag mehrerer benachbarter
im Hamburger Umland bearbeiten. ziel ist die sinnvolle Verteilung von
r-l
zu diesem Abschnitt möchte ich noch auf ein eigentlich rein methoProblem im Zusammenhang mit der sozialen lnfrastruktur aufmerksam
das nach meiner Erfahrung aber von erheblicher kommunalpolitischer
ist. Es geht dabei um die - nur scheinbar triviale - Frage,
viele Kinder in einem Baugebiet leben und entsprechend mit sozialer lnrrailrrktur versorgt werden müssen.
Aufmerksam geworden bin ich auf dieses problem im Rahmen einer fiskaIten Wirkungsabschätzung für die Nachnutzung einer integriert gelegenen
in einer norddeutschen Stadt. Die kommunalpolitische Diskussion war vor
dadurch geprägt, dass vor wenigen Jahren in dieser Stadt ein größeres
ausgewiesen wurde, in dem sich etwas später eine deutliche Unterverqung mit Kindertagesstättenplätzen ergab. Dieser Betreuungsengpass hatte
ro erheblichen politischen Reaktionen geführt, dass aus Sicht der Stadt ein
Engpass bei der nun zur Diskussion stehenden Fläche in redem
zu vermeiden war. Viel gravierender für die Diskussion war jedoch der latent
und der immer wieder artikulierte Verdacht der Gegner einer Bebauauf dieser Fläche, die Stadt würde aus Unkenntnis oder gar aus Vorsatz
(tcringe Kinderzahlen bei der Abschätzung des Bedarfs an Betreuungsplätzen
um die Folgekosten zu ,,schönen". Der Frage ,,Wie viele Kinder wohnen
einem Baugebiet?" kam somit methodische wie politische Bedeutung zu.
Bei dem gutachterlichen Aufdröseln der zu diesem Zeitpunkt bereits in diverModellrechnungen und Stellungnahmen von Stadt, Fraktionen und Bürgerinigenannten Zahlen drängte sich der Eindruck aul dass immer wieder zwei
verwechselt bzw. nicht unterschieden wurden.
Messgröße A: Anzahl der Kinder, die die in einem Gebiet wohnhaften Haushnhe im Laufe ihres Bestehens bekommen bzw. haben.
Messgröße 8: Anzahl der Kinder, die zu einem bestimmten Zeitpunkt pro
Wohneinheit bzw. Haushalt in einem Gebiet wohnen.
th wenn diese Unterscheidung im ersten Moment sehr spitzfindig klingt, so
ihre Bedeutung quantitativ nicht zu unterschätzen. Dies soll an zwei einfjchen
I
deutlich qemacht werden:
,ens-Martin Gutsdl
120
Beispiel 1: Eine Familie zieht ohne
das Baugebiet und bekommt dort im
und fünften Jahr nach ihrem Einzug
zwei Kinder. Zur Veranschaulichung
ü.gN
Xl E I
E ä<
tI
Tabelle 1 die beiden Kinder in ein Schema
das den Betrachtungszeitraum von 25
einer Modellrechnung widerspiegelt.
Die grau eingefärbten Zellen stehen für
,,Anwesenheit" des jeweiligen Kindes im
halt. Wenn ein Kind älter als 18 Jahre
es in der Regel für die üblicherweise im
men von Folgekostenbetrachtungen für
gebiete detaillierter betrachteten
Leistungen Kindertagesbetreuung und
nicht mehr relevant. 5o gilt inzwischen
testgehend ein G8'Abitur. Zudem ziehen
Jugendliche im Alter von t8 oder 19
aus dem Haushalt der Eltern aus, Aus
Grund enden die grauen Linien nach
o
t,
.E
o
l!
-c,
)
I N
(o
Eo.9
o
co
zl§
E
I
=
e
o-
oo,
.g
o,
!
3
N
c
cq,
o
N
o
o
F
I
lt',l5
la
il
.o
t!
t.:
ta,
lc
l-c
I
N
E
lq
(4
o
c'l
dl
E
00
.:
:o
0,
g
o
p
3
o,
F
5
to
!'
Ö
c
q)
t
!
(u
!
.q
E
f
c
f
.9
o
ä
:o
-q
E
-o
F
unterschiedlicher Haushaltsblografien. Diese
Uberlagerung bewirkt, dass die t\,,lessgröße B
(Anzahl der Kinder pro Wohneinheit zu einem
bestimmten Zeitpunkt)
!
'
E
E
c'r
:
(Anzahl der Kinder pro Haushalt im Laufe
Modellbetrachtung aul Basis von Daten des
Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
durchgelührt. Aus dieser Datenquelle lassen
sich die Haushalte isolieren, die in eine neu
gebaute Wohnung gezogen sind, Durch den
o
(o.
rl,
I
E
E
r!
.o
E
;
!
im Alter von acht und fünf Jahren in das
biet und bekommt dort nach zwei Jahren
einen Nachzügler als drittes Kind.
veranschaulicht diese Haushaltsgeschichte
Ermittlung der beiden Messgrößen in
zweiten Schema, analog zum ersten
Die Auswertung ergibt:
Messgröße A ist gleich 3. Der Haushalt
drei Kinder (im Laufe seines Bestehens).
lieO(r^ ttitst.t,53.
großen Umfang der Stichprobe enthalten
die nachstehend dargestellten Mittelwerte
(zum Beispiel der Altersverteilung) bereits
den gewünschten Effekt der übeilagerung
von unterschiedlichen Haushaltsbiografien
innerhalb eines Baugebietes.
Abbildung
Beispiel 2: Eine fämilie zieht mit zwei
?trachtungsjahre
Betrach-
dessen Bestehens) zurückbleibt. Um dies zu
verdeutlichen, wird im Folgenden eine kleine
Messgröße A ist gleich 2. Der Haushalt
zwei Kinder (im Lauie seines
N/essgröße B schwankt je nach
tungsjahr zwischen O und 2. lm Mittel
Betrachtungsjahre liegt die lVessgröße
't
,38.
Messgröße B schwankt je nach
tungsjahr zwischen 0 und 3. lm Mittel
in allen
tungsjahren deutlich hinter der Messgröße A
des 18. Lebensjahres. Dabei wird
Iul
lE
I rl,
Die Beispiele zeigen den qualitativen wie
quantitativen Unterschied zwischen den
beiden Messgrößen. ln einem Bäugebiet
kommt es nun zur zeitlichen überlagerung
i=
I
-c
c,9
t
zeigt die
durchschntttliche
Deutlich erkennbar ist die Häufung zwischen
25 und 40 Jähren sowie die grofie Zahl der
mit einziehenden Kinder. Erkennbar sind
zudem die besonders hohe Zahl der Kinder
bei Eigentumsbildung im individuellen Wohnungsbau (Einfamilienhäuser, Doppelhäuser. Reihenhäuser) sowie typische Allersun-
terschiede zwischen Miete und Eigentum.
5ichtbar wird auch der Trend zur Eigentumsbildung im Geschosswohnungsbau kurz vor
ä
Eintritt ins Rentenalter.
ro
noch nicht die Klnder, die geboren werden,
nachdem der Haushalt in eine neu gebaute
(,l
I
3
Alterszusammensetzung von Haushalten,
die in eine neu gebaute Wohnung ziehen.
Die Werte in Abbildung
3
enthalten
Wohnung gezogen ist. Diese lassen
sich
\
122
Jens Martin
-,)
lrl!
0,12
kosten der Zer5iedelung', im gauausschuss
,,0
t,,
.T ,,
ll ._
ii ,,.
II
ii""
l::
t'
I
f:,
!§ ,,,
IT
0
0
Abbildung 3: Durchschnittliche Alteßzusammensetzung von Haushalten,
die in eine neu geboute Wohnung ziehen
Qudrei eigene Auswenungen aut der Grundlage des Mikrozensus
I
d6r Kindd pro Haushalr anllprechsn dar M.6!Orüßo
^nzsht
des Stalistischen Eundesamtes
jedoch ebenfalls aus Auswertungen des Mikrozensus schätzen und
Abhängigkeit von Wohnform und Eigentumsverhältnis ergänzen. Lässt
die durchschnittliche Haushaltszusammensetzung altern und ergänzt sie
um die neu hinzukommenden Kinder, so ergibt sich das in Abbildung 4
stellte Bild. Dieses wertet die Alterszusammensetzung in den einzelnen
nach den beiden Messgrößen A und B aus. lm Durchschnitt haben die
teten Haushalte aus dem Mikrozensus 1,8 Kinder im Laufe ihrer jeweiligen
haltsbiografie (Messgröße A). Die Anzahl der zeitgleich anzutreffenden
(Messgröße B) liegt im beträchteten Zeitpunkt jedoch mit maximal 1,24
unter dem Wert von 1,8 der Messgröße A. Oies ist umso
Abbildung 3 deutlich mächt, wie stark die Altershomogenität der in neu
Wohnungen einziehenden Haushalte ist, Dies gilt vor allem für Haushalte,
individuellen Wohnungsbau Eigentum bilden.
Die aus dem Mikrozensus abgeleiteten Werte ließen sich auch mit
Realdaten aus in der Vergangenheit realisierten Wohnungsbauprojekten
betreffenden Stadt bestätigen. Übrigens auch für das Gebiet. das der
Anstoßes in der kommunalpolitischen Debatte war.
Welche Messgröße ist nun aber die ,,richtige"? Sowohl Messgröße A als
Messgröße B sind richtag und ,,Realität". Messgröße A enrspricht jedoch
lebensweltlichen Wahrnehmung (,,in einem Baugebiel haben doch fast alle
W6rta
. .
.
I
Abbildung 4: Ergeb, isse der simulierten Alterung nach den beiden Messgößen
lür die ,,Anzohl der Kinder pro Hausholt"
hllte mindestens zwei Kinder,,). Messgröße B ist hingegen die für die Dimen-
stonierung der sozialen lnfrastruktureinrichtungen unä äie damit
verbundenen
Ko5ten relevante Größe. Eine Anwendung der Messgröße A als Grundlage
einer
l(ostenbeträchtung (wie vielfach gemachfl) führt hiirgegen zu einer
deutlichen
Uherschätzung der Kosten der soziälen Infrastruktur,
l,
Was helfen fiskalische Gesamtbilanzen?
(Und wie gefährlich sind sie?)
Abschließend möchte lch einige Gedanken formulieren,
die sich mit der Aussage_
-
l,ilrigkeit iiskalischer Gesamtbiranzen befassen. rn den vorstehenden
Abschnitten
habe ich vor allem von Folgekosten gesprochen, also der Ausgabenseite
fiskali_
rrher Gesamtbilanzen. Bei der Bilanzierung stellen wir diesen Äusgaben
die
Ein_
nahm.en der Kommunen gegenüber. Nach ninzufügung von
Umla"qezahlungen,
/inseffekten und fiskarischen Murtiprikatorerfekten wird-a es zu einö fiskarischen
(lesamtbilanz für ein Baugebiet aufsummiert.
Was äber sagt diese aus?
ln vielen Fällen.ist sie negativ, das heißt, die Ausgaben ü6ersteigen
die Einnah_
nren. lst es deshalb ein schl€chtes projekt? fast allJ kommunalen
(Schu-
irojekte
Jens-Martin
len, Sportplätze, straßen, Rosenbeete, ÖPNV Volkshochschulen usw)
negative fiskalische Bilanzen. Manchmal hat ein Baugebiet auch eine
Diese Feststellungen sind kein plädoyer dafür, die Einnahmeseite einfach wegzulassen. lm Gegenteil: Die grundsätzliche tnformation über das Größenverhäl-t-
1
Bilänz. lst es dann ein gutes Projekt?
Das Aufsummieren der so genannten Kosten und Nutzen der
wicklung gehört inzwischen zum methodischen Standard lch selbst habe
Forschuigiarbeiten genau dieses Vorgehen mitentwickelt und werde es at
in Zukunft immer wieder im Rahmen von Forschungs- oder
anwenden. Trotzdem überkommen mich immer wieder Zweifel, ob die
{ähigkeit von liskalischen Untersuchungen wirklich steigt, wenn.der Nutzen
Folgekosten
einb-ezoqen wird. Zunehmend versuche ich, den Fokus auf die
-
die Ausgabenseite
-
zu lenken.
Natüiich habe ich unzähli9e Male in methodischen Diskussionen gehört:
Kosten alleine sagen nichts aus Man muss ihnen den Nutzen entge!
und in kommunjlen Bauäusschüssen sinkt zudem die gutachterliche
digkeit auf null, wenn man nur etwas zu den Folgekosten eines B
saien kann und bei der Rückmeldung ,,Aber.wlr kriegen durch das
,,
do-ch auch mehr Steuereinnahmen!" keine Zahlen präsentieren kann
Es geht mir auch nicht um methodische Probleme -Die.Quantifizierung
Einnatimeseite ist im Verglei(h zur Ausgabenseite einer fiskalischen Wirkung
schätzung relativ unaufwändig. Vieles ist in Steuergesetzen klar geregelt' es
gute statistische Grundlagen und die negativen Rückkopplungswirkungen
Ümlagen an Kreis, Amt, Samt oder verbandsgemeinde und des.kommun
Finaniausgleichs minimieren das Risiko von Fehleinschätzungen erheblich'
Der GrJnd {ür meine Bauchschmerzen ist ein andeler' Auf der Ausgab(
in einem bestimmten Maß durch die Kommunen
sind die Folgekosten
-können
sie zum Beispiel Lage und Bebauungsdichte des C
flussbar. So
festlegen sowie die Projektgröße und seine Realisierungsgeschwindigkeit be
,"n. iind diese Planungsentscheidungen einmal getroffen, hinterlassen sie
Jahrzehnte als Betriebsr Unterhaltungs-, Pflege- und Erneuerungsausgaben
Spuren im kommunalen Haushalt. N/it der Baugebietsentscheidung schafft
dle Kommune somit ein Stück weit ihre zukÜn{tige Ausgabenstruktur selbst
Ganz anders stellt sich die Einnahmeseite dar. Hier hat die Kommune
Gestaltungsspielraum. Eine Anderung der Steuergesetzgebung des Bundes
die progn6stizierten Einnahmen sind weg - nicht aber die Folgekoslen Ein
des Laridesfinanzministers in den Top{ der Verteilungsmasse des
Finanzausgleichs und die prognostizierten Schlüsselzuweisungen sinken
viel
'
lich - nichi aber die Folgekoslen. Aus diesem Grunde halte ich es Jür
daraul
ihrer
Planungen
Ausgestaltung
der
bei
ger, dass die Kommunen
ihre Folgekosten struktureli zu minimieren, als dass sie versuchen, eine
fiskalische Gesamtbilanz zu erreichen Letztere kann zu leicht eine
schwere Planung als ,,finanziell unbedenklich" kennzeichryr oder u
eine kosteneffiziente Planung als,,Folgekosten{alle" erschei( assen'
nis zwischen Einnahmen und Ausgaben im Falle einer Gebietsausweisung halte
ich für elementar wichtig. Die Botschaft ,,Mit Baugebieten können Sie thren
Haushalt nicht sanieren - sie sind keine sprudelnde Geldquelle!., ist von zentraler
Bedeutung im interkommunalen Verteilungskampi Sie hilft, der kommunalpoliti_
schen Motivation ,, mehr Steuereinnahmen" den Zahn zu ziehen und kommunale
Planungsdiskussionen von falschen Hoffnungen zu entlasten.
Für gefährlich halte ich aber die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben für einzeln betrachtete Vorhaben. Die Ergebnisse {iskalischer Bilanzierungen sind für die kommunale Meinungsbildung eigentlich nur dann sinnvoll,
wenn
Alternativen betrachtet werden. Diese müssen sich in ihren planungsparametern
(lage, Dichte, Größe, Realisierungsgeschwindigkeit, preissegmint) deutlich
unterscheiden.
Zielsetzung: Strategisches kommunales Flächenmanagement
Damit schließt sich der Kreis zu einigen der Anmerkungen in den beiden ersten Abschnitten. Ein sinnvoller Einsatz von fiskalischen Wirkungsanalysen für
Baugebiete kann eigentlich nur im Rahmen eines strategischen kommunalen
flächenmanagements erfolgen. Hierbei sollten alle potenziellen Flächen einer
vergleichenden Analyse ihrer Folgekosten unterzogen werden. ln diesem zusäm_
menhang erscheint mir auch die Gegenüberstellung des Nutzens deutlich unkri_
tlscher.
Die sukzessive Hintührung der Kommunen zu einem strategischen kommu_
nalen Flächenmanagement unter Einbeziehung von Kosten-ilutzen-Analysen
ergänzt somit die bsreits beschriebene Doppelstrategie um eine dritte Stufe_
Literatul
Gutsche, lens-lvarün (2006): Kurz-, mittel- und langfristige Kost€n der Bauländerschließung für die öffentliche Hand, die Grundstücksbesitzei und die Allgemeinheit. Unler_
schiede zwischen Wohnbaulandäusweisungen auf Brachen und dir,.grünen Wiese,,
und Einfluss der städtebaullchen Dichte, dargestellt an Beispielstando-rten im Stadt-
Umland-Bereich Husum. Studie im Auftrag des Ministerium, für Landwirtschatt,
Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein. Abschlussbericht. Ham_
burg.
Gutsche, Jens-Martin (2004): Auswirkungen neuer Wohngebiete auf die kommunaten
Haushalte. lnr Die Gemeinde - Zeitschrirt für die kommunale Selbstverwaltung in
Schleswig"Holstein, 56. J9., H.9,5. 186-193.
lnnenministerium des Landes Schleswiq-Holstein (Hg.) (2010): Ab,schätzung der lnrrastruk-
turlolgekosten von Wohnnutzungen. Eine Arbeiishilfe lür Korrrn"n.ii"l.
lnnenministerium des Lirdes Schleswig-Holstein (HS.) (2008): Landesentwicklungsplan
Schleswiq-Holstein
(tf
\
rrf). Kiel
126
\
) (2009): Folgek' 2h der stedlungsentwrcklunq
ern"
iaoatri" u"o w"'rti"'s" d;r Ko;ten-Nutzen-Betrachtunq;
Flächeninan'
(Hg
Preuß, Thomas: Floeting, Holger
"'ffi;;;;";r;",
Publikation des Förderprogrammt
spluchnahme und ein nacnnartiges
für die
Red-uzierurg
'io"in'nq
äactr"nm"-nagement"
-der Di{u (Reih0
(REFINA) BerIn:
REFINA, Bd.3).
lntern€tadr€sse
äää'-:'ääl o,i*t
was'kostet-mein-bau
RümenapP: Folgekostenrechner' httP://www
"
gebiet.de (31.10.2009)
)