Daten
Kommune
Pulheim
Größe
79 kB
Datum
13.05.2014
Erstellt
13.05.14, 14:57
Aktualisiert
13.05.14, 14:57
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Pulheim – Flächennutzungsplan-Teiländerung 17.3
Nr.
T 11
Inhalt der Stellungnahme
Stellungnahme der Verwaltung
Bezirksregierung Köln, Schreiben vom 06.05.2014
In ihrem Schreiben vom 06.05.2014 nimmt die
Bezirksregierung Köln Stellung im Rahmen der an
sie gerichteten Anfrage gemäß § 34 Landesplanungsgesetz zum Entwurf der Flächennutzungsplan-Teiländerung 17.3 der Stadt Pulheim.
Die Verfügung der Bezirksregierung Köln vom 6.5.2014 bezieht sich auf die landesplanerische Beurteilung
und kommt zu dem Ergebnis, dass die Ziele der Landesplanung durch das geplante Vorhaben eingehalten
sind. Hinsichtlich des Grundsatzes 4 „Nicht zentrenrelevante Kernsortimente“ wird dargelegt, dass das Kongruenzgebot nicht eingehalten ist. Dieses beinhaltet aus der Sicht der Landesplanung, dass die Ansiedlung
von großflächigen Einzelhandelsnutzungen das zentralörtliche Gliederungsprinzip berücksichtigen muss und
der Einzugsbereich der jeweiligen Einrichtung grundsätzlich nicht über den jeweiligen Bedarf im PlanungsIm Ergebnis bestätigt sie, dass die Änderung mit
raum hinausgehen soll. Da ein Großteil des prognostizierten Einzugsbereichs über den mittelzentralen Verden Zielen der Raumordnung und Landesplanung
flechtungsraum der Stadt Pulheim hinausgeht, werde dieser Grundsatz der Landesplanung bei dem geplanübereinstimmt, stellt aber fest, dass eine Abweiten Vorhaben nicht eingehalten. Diese Prüfung ist allerdings – wie in der Verfügung unter Hinweis auf das
chung vom Grundsatz 4 des LEP - Sachlicher
Abwägungsgebot auch bestätigt wird – nicht abschließend.
Teilplan Großflächiger Einzelhandel vorliegt. Das
darin verankerte Kongruenzgebot, welches beSoweit das Kongruenzgebot als Ziel der Raumordnung ausgestaltet ist, schließt sich nach der Rechtspresagt, dass der für einen geplanten großflächigen
chung des BVerwG (BVerwGE 138, 301 – IKE Rastatt) eine zusätzliche Prüfung an, ob zugleich die GrundEinzelhandelsbetrieb mit nicht zentrenrelevantem züge der Planung dem Vorhaben entgegenstehen. Soweit das Kongruenzgebot – wie in NRW – nicht als Ziel
Kernsortiment zu erwartende Gesamtumsatz die
der Raumordnung, sondern nur als Grundsatz ausgestaltet ist, unterliegt das Kongruenzgebot der Abwägung
Kaufkraft Einwohner der Standortgemeinde nicht in der Bauleitplanung (§ 1 VII BauGB). Die vorgenannten Prüfungserfordernisse relativieren die Einhaltung
übersteigen soll, werde nicht berücksichtigt. Aus
des Kongruenzgebotes. Aus dieser rechtlich gebotenen Sicht ist das Kongruenzgebot nach den Umständen
raumordnerischer Sicht müsse sich auch eine
des hier vorliegenden Falles abwägungsgesteuert und durch andere überwiegende städtebauliche und
Planung für nicht zentrenrelevante Sortimente am raumordnerische Gründe überwindbar und im vorliegenden Fall durch entsprechende Gesichtspunkte überzentralörtlichen Auftrag der Ansiedlungskommune wunden.
orientieren.
(1) In Baden-Württemberg ist das Kongruenzgebot als „Sollziel“ ausgestaltet mit der Folge, dass die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls bei der Frage zu berücksichtigen sind, ob das Kongruenzgebot eingehalten werden muss (BVerwGE 138, 301 – IKEA Rastatt). Auch bei einer landesplanerischen Letztentscheidung, wie sie in der Formulierung von Zielen der Raumordnung gegeben ist, müssen nach der Rechtsprechung des BVerwG atypische Umstände berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die
Grundzüge der Planung gewahrt sind. Das Zentrale-Orte-Prinzip ist daher nicht starr in dem Sinne zu verstehen, dass es in jedem Fall Beachtung finden muss, sondern es ist dynamisch in dem Sinne, dass die Besonderheiten der jeweiligen Fallgestaltung berücksichtigt werden müssen. Das BVerwG hat dies am Beispiel der
Ansiedlung von IKEA in Rastatt dargestellt, die ganz wesentlich ihre Kundschaft nicht aus dem eigenen Verflechtungsbereich, sondern aus einem darüber hinausgehenden Umfeld zu erwarten hatte. Auch ein solches
Vorhaben kann das Ziel des Kongruenzgebotes wahren, wenn die Abweichung von dem zentralörtlichen
Gliederungsprinzip sachlich gerechtfertigt ist. Hierfür können etwa die Lage im Raum oder eine gute Verkehrsanbindung bedeutsam sein, wenn die Abweichung von den Zielen der Landesplanung vertretbar er-
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Nr. Inhalt der Stellungnahme
Stellungnahme der Verwaltung
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scheint. Vergleichbare Grundsätze ergeben sich für das Zielabweichungsverfahren, worauf das BVerwG
verwiesen hat.
(2) Diese vom Ansatz strengeren Anforderungen müssen hier allerdings nicht gewahrt werden, weil das Kongruenzgebot nicht als Ziel, sondern als Grundsatz der Raumordnung Eingang in die Landesplanung gefunden hat. Grundsätze sind im Gegensatz zu den Zielen generell der Abwägung auf den nachfolgenden Planungsstufen zugänglich. Vor diesem Hintergrund sind die Grundsätze der Raumordnung hier nicht beeinträchtigt, wie bereits in den verschiedenen fachgutachterlichen Stellungnahmen von Stadt + Handel dargelegt
worden ist. Der aus dem zentralörtlichen Gliederungsprinzip abgeleitete Grundsatz will sicherstellen, dass
insbesondere Großvorhaben, zu denen auch große Möbelhäuser zählen, die Grundsätze des zentralörtlichen
Gliederungsprinzips wahren und entsprechend funktional sachgerecht zugeordnet sind. Dabei geht es vor
allem auch um die Nähe zu den jeweiligen Zentralitätsstufen und um eine verkehrsgerechte Anbindung, die
nicht völlig neue weiträumig spürbare Verkehrsströme erzeugt, die konträr zu der grund-, mittel- und oberzentralen Zentrenstruktur sind.
Gemessen an diesen landesplanerischen Kriterien wahrt der Standort Pulheim, der in unmittelbarer Nähe der
oberzentralen Einflussbereiche liegt, aus landesplanerischer Sicht diese Zentrenstruktur und fügt sich in sie
organisch ein. Es handelt sich aus landesplanerischer Sicht gerade nicht um eine sozusagen isolierte Lage in
einem Grundzentrum oder auch einem Mittelzentrum in einem Raum weitab von den für solche Größenordnungen typischen oberzentralen Strukturen. Vielmehr kann der Standort Pulheim über seinen mittelzentralen
Einzugsbereich hinaus wichtige Ergänzungsfunktionen in einem oberzentralen Verbundsystem wahrnehmen
und damit in einer sachgerechten Aufgabenverteilung gerade aus der Sicht der Landesplanung wichtige Ergänzungsfunktionen wahrnehmen. Auch die vorhandene gute Verkehrsanbindung in den Raum hinein, die
vorhanden ist und nicht erst neu geschaffen werden muss, spricht für den in das Zentrensystem integrierten
Standort im Grenzbereich eines Mittelzentrums und eines Oberzentrums und gewährleistet, dass die Grundsätze der zentralörtlichen Gliederung in der Sache gewahrt sind, so wie sie im Rastatt-Urteil des BVerwG
beschrieben sind.
Zur Frage der Raumverträglichkeit einer Planung, mit der eine im LEP als Mittelzentrum dargestellte Kommune die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Ansiedlung eines sog. Factory Outlet Center - FOC –
schaffen wollte, führt das OVG Münster in seinem Urteil vom 30.09.2009 – 10 A 1676/08 – aus:
„Mit dem zentralörtlichen Gliederungssystem soll die Funktion der zentralen Orte sichergestellt werden. Für
die Frage einer möglichen Gefährdung des Gefüges der zentralen Orte kommt es nicht auf die Einhaltung
bestimmter Zentralitätsziffern oder Kaufkraftbindungsquoten an. Eine Kaufkraftbindung im Bereich von Gütern des mittel- und langfristigen Bedarfs ist, wenn es sich hierbei um eine Gemeinde mit raumordnerischer
Zentralitätsfunktion handelt, grundsätzlich aufgaben- und wirkungskreiskonform.“
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Stellungnahme der Verwaltung
Der Stadt Pulheim kommt als Mittelzentrum ebenfalls raumordnerische Zentralitätsfunktion zu. Eine Kaufkraftbindung auch im Bereich des nicht-zentrenrelevanten Kernsortiments „Möbel“ ist daher aufgaben- und
wirkungskreiskonform. Eine Grenze im Hinblick auf den Umfang der Kaufkraftbindung ist unter raumordnerischen Gesichtspunkten im Einzelfall erst erreicht, wenn das Gefüge der zentralen Orte tatsächlich gefährdet
ist. Hierzu führt das OVG Münster in seinem Beschluss vom 28.10.2011 – 2 B 1078/11.NE – zu dem Ansiedlungsvorhaben der Fa. Porta in der ebenfalls als Mittelzentrum dargestellten Stadt Gütersloh, mit dem er sich
der Rechtsprechung des 10. Senats ausdrücklich angeschlossen hat, aus:
„Maßgeblich ist nicht die Gefahr einzelner Betriebsschließungen im Bereich anderer zentraler Orte, sondern
die für diese Orte bestehende Gefahr der wesentlichen Beeinträchtigung der verbrauchernahen Versorgung,
der Verödung der Stadtzentren und damit des Verlustes zentralörtlicher Funktionen. Demzufolge kommt es in
diesem Zusammenhang entscheidend darauf an, ob durch die mit einer Planung ermöglichte Einzelhandelsansiedlung nicht nur die Konkurrenzfähigkeit einzelner Geschäfte in den Nachbarkommunen, sondern die
ganzer Branchen in Frage gestellt wird und dadurch das Konkurrenzproblem in ein Strukturproblem umschlägt.“
Die Aussagen der Bezirksregierung belegen, dass die beabsichtigte Bauleitplanung nicht zu Strukturproblem
innerhalb des räumlichen Verflechtungsbereichs mit benachbarten Mittelzentren und dem Oberzentrum Köln
führt und daher in der gebotenen Abwägung bei einer konkreten Betrachtung des Einzelfalls die Abweichung
von dem Grundsatz des Kongruenzgebotes gerechtfertigt ist. Zudem mag berücksichtigt werden, dass auch
die vorhandenen großen Möbelhäuser nicht das Gerüst der zentralörtlichen Gliederung widerspiegeln, das
durch den Standort Pulheim verletzt oder eigenständig geschädigt würde.
Der Umwelt- und Planungsausschuss empfiehlt dem Rat, Folgendes zu beschließen:
Die landesplanerische Beurteilung der Bezirksregierung Köln in der Verfügung vom 6.5.2014, die auf
entsprechende Abwägungserfordernisse zum Grundsatz 4 des Kongruenzgebotes in den nachfolgenden Planungsstufen hinweist, ist beachtet worden. Die gebotene Abwägung ist hier geleistet worden. Den berechtigten Vorgaben der Bezirksregierung auf Wahrung der landesplanerischen Anforderungen in der Abwägung auf den nachfolgenden Planungsstufen ist damit vollinhaltlich entsprochen
worden.
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