Daten
Kommune
Brühl
Größe
216 kB
Datum
19.11.2015
Erstellt
11.11.15, 18:27
Aktualisiert
11.11.15, 18:27
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Brühl
öffentliche
Vorlage
Der Bürgermeister
Dienststelle
Sachbearbeiter/in
51
Dreßen-Schneider
Aktenzeichen
Datum
Vorlagen-Nr.
19.10.2015
453/2015
Betreff
Frühe Hilfen
hier: Bonussystem in Anlehnung an das Herforder Modell "Chancenreich"
Beratungsfolge
Jugendhilfeausschuss
Finanzielle Auswirkungen
X
X Ja
Nein
Mittel stehen zur Verfügung bei SK 543100/529100 / KST 36030000
Mittel stehen nicht zur Verfügung
Über-/außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen
Sachkonto / Kostenstelle
BGM
Zust. Dez.
Zust. Dienststelle
Freytag
Burkhardt
Schmitz
Kämmerer
RPA
Beschlussentwurf:
Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht des Bürgermeisters zur Kenntnis.
Erläuterungen:
1. Einleitung
Die Frühen Hilfen umfassen derzeit die Module (1) KinderZukunft NRW, (2) den
Elternbesuchsdienst, (3) das auf Kurzfristigkeit angelegte wellcome-Projekt, (4) die
Familienpatenschaften, (5) einen offenen Elterntreff, sowie (6) das Sure Start-Projekt,
das nach Fertigstellung des auf Brühl abgestimmten Konzeptes 2016 an den Start
geht.
Um den Bereich der primären Prävention insbesondere im Rahmen einer umfassenden
intensiven Elternbildung zu verstärken, ist
es sinnvoll und zielführend, die
bestehenden Module in Anlehnung an das Herforder Modell „Chancenreich“
(www.chancenreich-herford.de) um ein Bonussystem für Eltern von Kindern bis drei
Jahren zu ergänzen.
Um die Funktionalität zu testen und zudem interessierten Eltern einen überschaubaren
Zeitrahmen bei gleichzeitig relativ planbarer Zeitsouveränität zu ermöglichen, soll das
Modell zunächst als Pilotprojekt über einen Zeitraum von 24 Monaten erprobt werden.
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2. Zielsetzung
Ziel des Bonussystems ist es, Eltern eine strukturierte Möglichkeit zu bieten, von
Anfang an ihre Beziehungs- und Erziehungskompetenz zu stärken und auf diese
Weise die Förderung und gesunde Entwicklung des Kindes zu unterstützen. Der Bonus
in Form von Gutscheinen soll als Ausdruck von Wertschätzung und Anerkennung zur
durchgängigen Teilnahme motivieren und im Sinne einer positiven Verstärkung
Offenheit und Interesse für weitere Angebote anregen und somit Nachhaltigkeit
erzeugen.
3. Umsetzung
3.1. Gutscheine
In Brühl werden durchschnittlich 400 Kinder pro Jahr geboren. Im Rahmen der
Pilotphase von zwei Jahren soll das Angebot zunächst 100 Familien zur Verfügung
gestellt werden.
Die Eltern erhalten nach Erfüllung der Kriterien in Form eines Pflicht- und
Wahlprogramms einen Erlebnis- und einen Sachgutschein jeweils in Höhe von 50 €.
Für jede Gutscheinform stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl.
Ein Gesamtbonus in Höhe von 100 € erscheint angemessen, um einerseits eine
Motivation zur Teilnahme zu erzeugen und andererseits durch eine zu hohe Summe
einem weitgehend effektlosen „Absitzen“ vorzubeugen. Der Einsatz von Gutscheinen
im Vergleich zu Bargeld dient dem Zweck, die Offenheit für und Teilnahme an
Angeboten zu honorieren und gleichzeitig dem Eindruck vorzubeugen, Eltern würden
für ihre originäre Aufgabe, die entwicklungsfördernde Erziehung ihrer Kinder, bezahlt.
Um insbesondere sozial benachteiligte Familien zu erreichen, bedarf es
gegebenenfalls flankierender Unterstützung seitens des Teams der Frühen Hilfen.
3.1.1 Erlebnisgutschein:
Als attraktiv wird in Rückmeldungen von Eltern beispielsweise ein Gutschein für das
Brühler Karlsbad oder den Kölner Zoo genannt. Kinder bis drei Jahre sind zwar in
der Regel kostenfrei, der Gutschein kann aber für die Eltern oder ältere
Geschwister eingesetzt und damit kostenreduzierend wirksam werden. Der
Erlebnisgutschein soll auf jeden Fall mit Bewegung als gesundheitsförderndem
Aspekt in Verbindung stehen.
3.1.2 Sachgutschein
Als zweiten Bonus erhalten die Eltern einen Sachgutschein. Hier sollen Brühler
Unternehmen oder auch Privatpersonen zum Mitmachen gewonnen werden und
sich mit Sachgutscheinen in Höhe von 50 € beteiligen. Die Anzahl der Gutscheine
obliegt dem jeweiligen Unternehmen, z.B. zehn pro Jahr. Dies dient neben der
finanziellen Unterstützung des Bonussystems vor allem auch der Sensibilisierung
von Brühler Unternehmen auf Belange der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere
in Bezug auf eine gesunde und chancengleiche Entwicklung aller Kinder in Brühl.
Die Gutscheine können von den Unternehmen über eine Spendenquittung
steuerlich geltend gemacht werden. Die Gewinnung von Unternehmen befindet sich
in der Vorbereitungsphase.
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3.1.3 Gutschein-„Auszahlung“
Die Eltern erhalten beide Gutscheine, sobald sie alle erforderlichen Nachweise
erbringen. Das eröffnet die Möglichkeit, die Gutscheine ergänzend zu verwenden,
beispielsweise ein Kinderbadeanzug in Verbindung mit einem Besuch im Karlsbad
oder ein (gut sitzender) Kinder-Rucksack oder eine Kinder-Thermotrinkflasche in
Verbindung mit einem Zoobesuch.
3.2. Pflicht- und Wahlprogramm
Das Bonussystem besteht aus einem Plicht- und Wahlprogramm. Die Teilnahme an
den Programmkursen und -angeboten wird auf einer Bonuskarte bescheinigt.
3.2.1. Das Pflichtprogramm umfasst (1) Vorsorgeuntersuchungen, (2) Anmeldung für
einen Kita-Platz und (3) Erziehungskompetenzkurs.
3.2.1.1. Vorsorgeuntersuchung
Die Eltern müssen lückenlos alle Vorsorgeuntersuchungen bis einschließlich U 7
(ca. 21 Monate) durch Vorlage des U-Heftes belegen.
3.2.1.2. Anmeldung Kita-Platz
Die Anmeldung für einen Kita-Platz fördert die frühzeitige Auseinandersetzung
mit einer hochwertigen Kinderbetreuung und kann durch Unterstützung im
Rahmen des Kita-Navigators zusätzlich motiviert werden. Der Nachweis kann
ebenfalls über den Kita-Navigator erbracht werden.
3.2.1.3. Erziehungskompetenzkurs
Beispiele:
„Wenn aus Erziehung Beziehung wird“; „Super Mamas – Super Papas“, die
von entsprechend ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden.
Kursdauer und -umfang:
Ein Kurs umfasst vier Termine á zwei Stunden und findet fünfmal jährlich
statt. Um einen Dialog mit und unter den Teilnehmenden sowie praktische
Anleitungen zu ermöglichen, ist die Teilnehmerzahl auf zehn bis zwölf
Personen begrenzt.
Zielgruppen:
Die Kurse stehen grundsätzlich allen Eltern zur Verfügung, können aber auch
zielgruppenspezifisch angeboten werden, z.B. für Alleinerziehende, junge
Eltern bis 25 Jahre oder kulturhomogene Gruppen, um die Besonderheiten
der jeweiligen kulturgeprägten Erziehungsstile aufzugreifen und in Einklang
zu bringen. Hier ist die Bedarfslage durch Umfragen, z. B. im persönlichen
Gespräch oder mittels Evaluationsbögen, zu klären.
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3.2.2. Wahlprogramm
Neben dem Pflichtprogramm muss eine Veranstaltung aus dem Wahlprogramm
besucht werden.
Die Eltern können zwischen zwei einmaligen Informations- und AustauschAngeboten á zwei Stunden wählen: (1) „Gesund durch das Jahr“ und (2)
„Unfallprävention und -reaktion“. Die Wahrnehmung eines dieser Angebote ist
verpflichtend, es können bei Interesse auch beide besucht werden. Die Angebote
werden in Kooperation mit dem Gesundheitsamt Rhein-Erft-Kreis von der dort
ansässigen Familien-Gesundheits-Kinderkrankenschwester durchgeführt.
3.2.3. Kurs- und Angebotszeiten:
Die Kurse werden – bedarfsorientiert (Umfrage) – vormittags, nachmittags oder
abends auf Wunsch mit Kinderbetreuung angeboten, um den spezifischen
Lebensumständen der Familien Rechnung tragen zu können.
3.2.4. Räume
Die Kurse und Angebote können im Familienzentrum Brühl-Vochem, im
Familienzentrum Brühl-Süd sowie in Räumen ortsansässiger Kurs-Anbieter
durchgeführt werden.
3.3. Akquise und Anmeldung
3.3.1. Akquise
Die Akquise für das Bonussystem beginnt bei der Geburt des Kindes über den
Elternbesuchsdienst mittels Flyern, Hinweisen in den Familienzentren,
Pressemitteilungen und Information auf den Internetseiten der Frühen Hilfen und
Familienzentren. Zudem kann im Rahmen eines Newsletters auf neu startende
Kurse hingewiesen werden bzw. erinnert werden. Der Newsletter kann von den
Internetseiten der Stadt herunter geladen werden. Darüber hinaus wird den Eltern
auf Wunsch und bei Zustimmung, beispielsweise im Rahmen der
Willkommensbesuche,
der
Newsletter
per
Email
(datengeschützter
Sammelverteiler) zugesandt. Der Newsletter wird vom Team der Frühen Hilfen
erstellt und gepflegt.
3.3.2. Anmeldung und Fehlzeiten
Das Bonussystem kommt zum Tragen, wenn Eltern sich dafür entscheiden und
anmelden. Zudem erfordert es eine regelmäßige Teilnahme. Einmalige Fehlzeiten
innerhalb eines Kurses können durch die Teilnahme an einem zweiten WahlAngebot ausgeglichen werden; bei zweimaligem Fehlen muss der Kurs wiederholt
werden. Selbstverständlich können besondere Lebensumstände berücksichtigt
werden.
Teilnehmen können alle Eltern, deren Kind nach einem noch näher zu
bestimmenden Zeitpunkt geboren und mit erstem Wohnsitz in Brühl gemeldet ist
bzw. wenn ein Zuzug nach Brühl bis zum Ende des 6. Lebensmonats erfolgt ist.
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4. Aufwendungen
Analog der Ausführungen stellen sich die Aufwendungen folgendermaßen zusammen:
Angebot
Erlebnisgutschein
Sachgutschein
Vorsorgeuntersuchung
Anmeldung Kita-Platz
Wahlprogramm
Erziehungskompetenzkurs
Kinderbetreuung
Materialkosten (Bonuskarten, Flyer etc.)
Aufwendungen
5.000,00 €
- €
- €
- €
- €
8.000,00 €
800,00 €
500,00 €
Gesamtaufwendungen
14.300,00 €
Aufwendungen für 2016 und 2017
jeweils
7.150,00 €
5. Evaluation und Wirksamkeit
5.1. Evaluation
Die Implementierung soll mittels quantitativer und qualitativer Daten im Sinne einer
formativen Evaluation durchgeführt werden. Neben sozio-demografischen Daten, die
durch die Anmeldung gewonnen werden, soll die Anzahl der durchgängig
teilnehmenden Eltern sowie die Zahl der Abbrüche registriert werden. Zusätzlich
können die einzelnen Kurse von den Eltern mittels Evaluationsbogen (eigener
Entwurf) bewertet werden. Die auf diese Weise gewonnenen Daten können formativ
zur Anpassung der Kurse während der Durchführung genutzt werden.
5.2. Wirksamkeit
Zur Überprüfung und Bewertung der Wirksamkeit finden im Mixed-Methoden-Design
quantitativ-objektive und qualitativ-subjektive Daten Verwendung. Die Datenerhebung
beruht bis auf die Anmeldedaten auf Freiwilligkeit.
5.2.1. quantitativ-objektive Daten
Die Anzahl der teilnehmenden Eltern dient als Kennwert für die Wirksamkeit des
Bonussystems als Strategie.
Die Erhebung der sozio-demografischen Daten der teilnehmenden Eltern
ermöglicht eine Erfassung der Weitreiche (sozio-ökonomischer Status;
Familienmodell; Kultur; Alter; Geschlecht etc.).
Als Instrument zur Erfassung der inhaltlichen Wirkung wird ein standardisiert
normierter
Sprachtest
für
Zweijährige
eingesetzt.
Die
kindliche
Sprachentwicklung kann als zuverlässiger Indikator für eine anregende und
fördernde Lebensumwelt betrachtet werden. Somit sollten sich in einem nichtäquivalenten Kontrollgruppen-Design Unterschiede feststellen lassen. Als
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Vergleichsgruppe soll eine ausreichend ähnliche Stichprobe herangezogen
werden, die nicht am Bonussystem teilgenommen hat.
5.2.2. qualitativ-subjektive Daten
Eine Selbsteinschätzung der teilnehmenden Eltern (Fragenbogen; eigener Entwurf)
dient zur Bewertung des Bonussystems als (1) Strategie, z.B. „Ich habe wegen der
Gutscheine teilgenommen.“ und/oder „Ich habe wegen der angebotenen Kurse
teilgenommen.“ sowie (2) inhaltlich, z.B. „In den Kursen habe ich gelernt, wie ich die
Sprachentwicklung meines Kindes fördern kann.“ oder „Mir ist klar geworden, wie
wichtig es ist, alle Vorsorgeuntersuchungen einzuhalten.“ Darüber hinaus können
auf diese Weise Marketing-spezifische Daten erhoben und ausgewertet werden,
z.B. „Wie sind Sie auf das Bonussystem aufmerksam geworden?“
6. Ausblick
Sofern sich das Bonussystem als zielführendes Instrument der Frühen Hilfen bewährt,
sollte eine dauerhafte Anwendung in Erwägung gezogen werden.
Anlage:
AQuaFaM. „Ansätze zur Erhöhung der Anregungsqualität der Familien. Ergebnisse der
wissenschaftlichen Begleitforschung zum Projekt „Chancenreich Herford e.V.“
Anlage(n):
(1) AQuaFam - Evaluation "Chancenreich Herford e.V."