Daten
Kommune
Pulheim
Größe
3,9 MB
Datum
11.12.2013
Erstellt
02.12.13, 18:46
Aktualisiert
02.12.13, 18:46
Stichworte
Inhalt der Datei
Belastung der
Bevölkerung in
Deutschland durch
Luftschadstoffe
Prof. Dr. med. Thomas Eikmann
Institut für Hygiene und Umweltmedizin
Justus-Liebig-Universität Gießen
Luftqualität in Deutschland 2011 nicht
verbessert
Website Umweltbundesamt 2012:
„Auch im vergangenen Jahr war die Luft in Deutschland zu
stark mit Feinstaub und Stickstoffdioxid belastet. Das
ergeben vorläufige Messdaten der Länder und des
Umweltbundesamtes. Zwar wirken die Umweltzonen,
doch in vielen Städten werden die Grenzwerte noch zu
selten eingehalten.“
„Autos und Co. verursachen übrigens nur rund 40 Prozent
der Feinstaubbelastung in den Städten – der Rest stammt
aus Kraftwerken oder Heizungen.“
Luftqualität in Deutschland 2011 nicht
verbessert
• UBA-Präsident Flasbarth rief dazu auf, bei der
Luftreinhaltung nicht nachzulassen:
• „In großen Teilen Deutschlands hat die Luft eine gute
Qualität. Allerdings müssen wir dort mehr tun, wo die
Atemluft der Menschen immer noch mit zu viel
Feinstaub und Stickstoffdioxid belastet ist: In den
Städten und Ballungsräumen. Umweltzonen sind dafür
ein geeignetes Mittel.“
• „Mit Einführung der modernsten Abgas-Norm (EURO 6)
und der stetigen Durchdringung der Flotte mit solchen
Fahrzeugen wird die Situation in Zukunft verbessert.“
Luftqualität in Deutschland 2011 nicht
verbessert
• Flasbarth wies darauf hin, dass Umweltzonen nur ein Teil
der Lösung sind, da Feinstaub und Stickstoffoxide zu
großem Teil auch bei Verbrennungsprozessen in Industrie
und Haushalten entstehen. Emissionen aus der
Landwirtschaft tragen ebenfalls zur Feinstaubbelastung
bei. Erfolgreiche Luftreinhaltung funktioniere nur, wenn
alle Sektoren einen Beitrag leisten: „Wir müssen ein Auge
auf die Folgen der immer weiter dezentralisierten
Energieerzeugung
haben:
Kleine
Anlagen
in
Innenstädten dürfen nicht zu einer höheren
Staubbelastung
führen
als
die
heutigen
Großkraftwerke. Hier hat Deutschland mit der
Verschärfung der Regelung für Kleinfeuerungsanlagen
einen wichtigen Schritt gemacht“, so Flasbarth.
Gesundheitliche Wirkungen der Partikel
Größe und Form der Partikel
Chemische Komponenten
Biologische Eigenschaften
• Aerodynamische Eigenschaften entscheiden über
Depositionsort im Atemtrakt.
• Chemisch-physikalische und biologische
Eigenschaften bestimmen die Wirkungen in
Zellen und Geweben.
• Ultrafeine Partikel haben kleine Masse, bezogen
auf die Massenkonzentration, aber eine große
Anzahl und große Oberfläche.
Relevante Kurzzeit- und Langzeitwirkungen
von PM
Quelle: Eikmann, Hessisches Ärzteblatt 2012
Risikobewertung auf der Basis (älterer)
epidemiologischer Untersuchungen
Empfindliche und vulnerable Populationen
bei Luftschadstoff-Belastung
Quelle: Eikmann, Hessisches Ärzteblatt 2012
Verkürzung der Lebenserwartung
(Harvesting) durch Langzeit- und KurzzeitExposition gegenüber PM
• Insgesamt scheint die chronische Exposition gegenüber
PM (Jahre bis Jahrzehnte) mit einer deutlichen
Verkürzung der Lebenserwartung verbunden zu sein.
• Nach Wichmann (2005): 9 - 10 Monate.
• Lebenszeitverkürzung durch aktives Rauchen:
ca. 6 Lebensjahre
• Lebenszeitverkürzung durch Passivrauchen:
ca. 1 Lebensjahr
Wirkung von Ultrafeinen (Nano-)
Partikeln
• Hypothese: Ultrafeine Partikel (UP, Nanopartikel) sind
verantwortlich für die epidemiologischen Zusammenhänge
zwischen Partikeln und Gesundheitseffekten.
• Potenzielle Mechanismen: Nanopartikel (UP) haben höhere
Partikelanzahl und größere Oberfläche (als Träger für
adsorbierte Komponenten).
• 50% der Nanopartikel (UP) gelangen in die Alveolarregion
(Lungenbläschen) und werden dort deponiert.
Emissionsbilanz für PM10
im Ballungsraum Rhein-Main
Entwicklung der mittleren
PM10-Jahresmittelwerte
(Zeitraum 2000 bis 2011; Quelle: UBA 2012)
Überschreitungshäufigkeit von PM10Tagesmittel (50 µg/m³; 35 x a)
(Zeitraum 2000 bis 2011; Quelle: UBA 2012)
Allgemeiner Wirkungscharakter von
NO2
Starke Reizwirkung
im Respirationstrakt.
Wegen geringer
Wasserlöslichkeit
Wirkung in tieferen
Regionen des
Atemtrakts.
Hauptwirkort:
tracheobronchialer
und alveolarer
Bereich.
Schadwirkungen von NO2 im
Alveolarbereich (Tierexperimentelle
Ergebnisse) I
Funktionelle und morphologische
Schädigung der Alveolarmakrophagen.
Lipidperoxidation.
Auslösung von Entzündungen
mit Infiltration von eosinophilen
Zellen und polymorphkernigen
Neutrophilen; Proteinfreisetzung
in die Lungenflüssigkeit.
Schadwirkungen von NO2 im
Alveolarbereich (Tierexperimentelle
Ergebnisse) II
• Histopathologisch nachweisbare
Veränderungen des Atemtraktes, insbesondere
nach längerer Einwirkung, wie
kompensatorische Zellproliferation, fibrotische
und zum Teil auch emphysemartige
Veränderungen.
• Beeinträchtigung der Lungenfunktion (z.B. Erniedrigung der
Vitalkapazität und der Compliance).
• Erhöhte Infektanfälligkeit.
Entwicklung der Stickstoffoxidemission
für die Untersuchungsgebiete Rhein-Main
und Untermain
Emissionsbilanz für Stickstoffoxide
(angegeben als NO2)
im Ballungsraum Rhein-Main
Entwicklung der mittleren
NO2-Jahresmittelwerte
(Zeitraum 2000 bis 2011; Quelle: UBA 2012)
Überschreitungshäufigkeit von NO2Tagesmittel (40 µg/m³)
(Zeitraum 2000 bis 2011; Quelle: UBA 2012)
Arteriosklerose & Straßenverkehr
(Heinz Nixdorf Recall Studie; Hoffmann et al. 2007)
Seit 2000 Untersuchung von Risikofaktoren für HerzKreislauf-Erkrankungen in Mülheim, Essen und Bochum:
Ermittlung der Arteriosklerose durch ElektronenstrahlComputertomographie (EBCT).
Verglichen mit Studienteilnehmern, die mehr als 200 m
entfernt von einer Autobahn oder Bundesstraße wohnen,
ist die Chance, eine starke Arteriosklerose zu haben, erhöht
um
>
63 % für diejenigen, die innerhalb 50 m wohnen,
>
34 % für diejenigen, die innerhalb 51 – 100 m wohnen
und
>
8 % für diejenigen, die innerhalb von 101 – 200 m
wohnen.
Schützen Umweltzonen unsere Gesundheit
oder sind sie unwirksam ?
(Wichmann 2008)
• Diskussion geprägt durch gemessene FeinstaubKonzentrationen, nicht durch Wirkungsaspekte.
• Verbrennungspartikel bilden den besonders schädlichen
Anteil am gemessenen Feinstaub (PM10 bzw. PM2,5).
• Diesel-PKW und Diesel-LKW liefern zum Background
zusammen einen Beitrag von ca. 3 µg/m³ (PM10 bzw.
PM2,5).
• Dieser relativ kleine Anteil ist toxikologisch besonders
relevant, seine Reduktion ist daher vorrangig.
Direkter Zusammenhang zwischen Schadstoffbelastung durch den Straßenverkehr und
Gesundheitsrisiken der Anwohner I
(Wichmann 2008)
• Sterblichkeit in den Niederlanden: Das Wohnen an stark
befahrenen Straßen ist mit einer 95%igen Erhöhung der
kardiopulmonalen Sterblichkeit assoziiert.
• Sterblichkeit im Ruhrgebiet: Innerhalb 50 m zu einer stark
befahrenen Straße 70% höhere kardiopulmonale
Sterblichkeit.
• Lungenkrankheiten im Ruhrgebiet: Höhere Häufigkeit von
COPD (chronisch obstruktive Atemwegserkrankung) von
80% im 100 m-Abstand zu stark befahrenen Straßen.
• Lungenfunktionseinschränkungen bei Asthmatikern in
London: Signifikante Einschränkungen der Lungenfunktion.
Positive gesundheitliche Effekte zeitweiser
Verkehrsbeschränkungen & City-Maut
(Wichmann 2008)
Verkehrsbeschränkung bei der Olympiade 1996 in Atlanta:
Zeitweiser Rückgang bei bestehendem Asthma (keine
eindeutige Zuordnung zu einem Schadstoff).
Verkehrsbeschränkung bei den Asien-Spielen 2002 in
Korea: Vorübergehendes Absinken der
Krankenhausaufnahmen für Kinder mit Asthma um 27%.
City-Maut in London seit 2003: Verringerung des Straßenverkehrs um 18% -> Reduktion der Feinstaub-Belastung
um 12%.
City-Maut in Stockholm seit 2007: Verkehrsbelastung sank
um bis zu 25%, Reduktion des Feinstaubs um 13%.
Schützen Umweltzonen unsere Gesundheit
oder sind sie unwirksam ?
(Wichmann 2008)
• Feinstaub aus den Abgasen des Kfz-Verkehrs
(insbesondere aus Diesel-PKWs) ist toxikologisch
relevanter als Feinstaub aus anderen Quellen.
• Beweis: Abstand der Wohnung zum Straßenverkehr sehr
gutes Maß für die Expositionsstärke.
• Positive Auswirkungen von verkehrsreduzierenden
Maßnahmen direkt nachweisbar.
• Durch Umweltzonen deutliche Reduktion des KfzVerkehrs: inhalierte Dosis des gesundheitsrelevanten
Feinstaubs sinkt dadurch stärker als die „gemessene“
Feinstaubkonzentration.
• Gleichzeitige Reduktion von NO2 und Lärm.
Senken Umweltzonen die FeinstaubBelastung ?
Stellungnahme: Bruckmann, LANUV 2012
• Messtechnischer Wirkungsnachweis schwierig: kleine
Differenzen großer Zahlen, nicht direkt vergleichbare Situationen;
• UZ Ruhr: PM10:-2 µg/m³ (Jahresmittel), - 16 Überschreitungstage;
• UZ Berlin: PM10:-2-3 µg/m³ (Jahresmittel), - 10 Überschreitungstage;
• EC- & OC-Messungen reagieren empfindlicher auf Verkehrsmaßnahmen: -2,8 µg/m³ (Jahresmittel), 50 % der
verkehrsbedingten Belastungen);
• Ähnliche Größenordnungen aus Modellierung;
• Schnellere Flotten-Modernisierung in Berlin und im Ruhrgebiet;
• Keine beobachtete Verkehrsverdrängung.
Reduktion von Ruß (carbon black)
Umweltzone Berlin (Bruckmann 2012)
SPIEGEL-ONLINE 30. April 2013
Neue Untersuchung: Feinstaub-Studie zeigt Nutzen
von Umweltzonen
Der Sinn von Umweltzonen ist umstritten - Kritiker sehen in ihnen eine Gängelung
von Autofahrern und zweifeln am Nutzen für die Umwelt. Eine neue Studie
widerlegt diese Ansicht: Demnach lässt sich die Wirkung der Zonen belegen.
Vorausgesetzt, man misst mit der richtigen Technik.
Neue Untersuchung: Feinstaub-Studie
zeigt Nutzen von Umweltzonen
• „Einfach formuliert, haben Wiedensohler und sein Team bei
ihrer Studie genauer hingeschaut als ihre Kölner Kollegen. Bei
den üblichen Feinstaubmessungen gilt alles als Feinstaub, was
kleiner ist als 10 Mikrometer. Kleinere Partikel, darunter die
besonders schädlichen Dieselrußpartikel, werden bei diesen
Messungen aber gar nicht quantifiziert, sondern sozusagen
eingemeindet - eine genaue Analyse über deren Zu- oder
Abnahme ist deswegen gar nicht möglich.“
• „Genau diese Partikel aber konnten die TroposWissenschaftler dank spezieller Messgeräte sichtbar machen und den genauen Anteil der Dieselrußpartikel filtern, die nur
zwischen 0,05 und 0,1 Mikrometer groß sind.“
Berechnete und prognostizierte PM2,5-Emissionen in
Deutschland und Europa nach verschiedenen Szenarien in
Kilotonnen pro Jahr (Bruckmann 2013)
Errechnete und prognostizierte NOx-Emissionen in
Deutschland und Europa nach verschiedenen Szenarien in
Kilotonnen pro Jahr (Bruckmann 2013)
Perspektiven für die Entwicklung der Emissions-Konzentrationen für PM2,5 und NOx in Europa (Bruckmann 2013)
Sowohl für PM2,5 als auch NOx wird eine schrittweise
weitere Abnahme der Emissionen prognostiziert.
In Deutschland Reduktion von 2010 bis 2020:
PM2,5 um 15 %
NOx um 39 %
Sowohl bei PM2,5 als auch NOx gibt es technisch ein
erheblich größeres Reduktionspotenzial.
Verkürzung der statistischen Lebenserwartung (in
Monaten) durch Exposition gegenüber anthropogenem
PM2,5 auf der Basis verschiedener EmissionsMinderungsszenarien der EU (Bruckmann 2013)
Aktuelle Bewertung der Partikel (PM10 &
PM2,5) durch die WHO (2013) (Bruckmann 2013)
Erkenntnisse für Zusammenhang zwischen
PM2,5-Konzentrationen und Wirkungen auf die
menschliche Gesundheit (Atemtrakt & HerzKreislauf-System) haben sich noch verstärkt.
Sowohl Kurz- als auch Langzeiteffekte wurden
dokumentiert – auch unterhalb von 10 µg/m³
(PM2,5).
Immer noch kein Schwellenwert feststellbar.
Aktuelle Bewertung der Partikel (PM10 &
PM2,5) durch die WHO (2013) (Bruckmann 2013)
Jede Absenkung – auch unterhalb der
Grenzwerte – anstrebenswert.
Unterschiedliche Wirkmechanismen für
akute und langfristige Exposition.
Teilweise unterschiedliche Wirkungen von
PM10 & PM2,5.
Mehrtägige Episoden mit hoher PMExposition belasten Gesundheit stärker als
eintägige Spitzenwerte.
Empfehlungen der WHO (2013) – Ultrafeine
Partikel (UFP) und Carbon Black (BC) (Bruckmann
2013)
Deutliche Hinweise aus toxikologischen und
klinischen (eingeschränkt epidemiologischen)
Studien auf Wirkungen von UFP auf ZNS und
Herz-Kreislauf-System, noch kein Zielwert.
Erarbeitung eines Zielwertes für BC/EC (black
elemental carbon); Erfassung von Partikeln aus
Verkehr sowie Verbrennungsprozessen, BC
zurzeit nicht vollständig über PM2,5-Partikel
abgedeckt.
Gesundheitliche Beeinträchtigung auch durch
aufgewirbelten Staub, Saharastaub etc.).
Empfehlungen der WHO (2013) –
Stickstoffdioxid (Bruckmann 2013)
Nahe oder unterhalb des gültigen
Grenzwertes schädliche Auswirkungen auf
Atemtrakt und Mortalität, Erhöhung von
Krankenhauseinweisungen;
Bei Kurzzeiteffekten Hinweise auf Effekte
unabhängig vom Zusammenwirkung mit
anderen Schadstoffen;
Überarbeitung der Zielwerte in Richtung
Senkung (siehe VDI-Immissionswerte);
Empfehlungen der WHO (2013) –
Inhaltsstoffe PM (Bruckmann 2013)
Für Arsen, Nickel und Benzo(a)pyren keine
Notwendigkeit für Änderung des
Zielwertes;
Für Blei liegen neue Erkenntnisse vor: ZNS
bei Kindern, Herz-Kreislaufsystem bei
Erwachsenen; Senkung des Grenzwertes
empfohlen;
Für Quecksilber liegen keine neuen
Erkenntnisse vor; weiterhin kein Zielwert;
Resümee
• UBA-Präsident Flasbarth rief dazu auf, bei der
Luftreinhaltung nicht nachzulassen:
• „In großen Teilen Deutschlands hat die Luft eine gute
Qualität. Allerdings müssen wir dort mehr tun, wo die
Atemluft der Menschen immer noch mit zu viel
Feinstaub und Stickstoffdioxid belastet ist: In den
Städten und Ballungsräumen. Umweltzonen sind dafür
ein geeignetes Mittel.“
• „Mit Einführung der modernsten Abgas-Norm (EURO 6)
und der stetigen Durchdringung der Flotte mit solchen
Fahrzeugen wird die Situation in Zukunft verbessert.“
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit