Daten
Kommune
                    Brühl
                Größe
                        115 kB
                    Datum
                        19.11.2015
                    Erstellt
                        11.11.15, 18:27
                    Aktualisiert
                        11.11.15, 18:27
                    Stichworte
Inhalt der Datei
                Stadt Brühl
öffentliche
Vorlage
Der Bürgermeister
Dienststelle
Sachbearbeiter/in
Aktenzeichen
Datum
Vorlagen-Nr.
51
Schmitz
51 00
25.10.2015
478/2015
Betreff
Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer
Kinder und Jugendlicher
hier: Gemeinsame Anfrage der Fraktionen von CDU und Bündnis90/Die Grünen vom
28.10.2015
Beratungsfolge
Jugendhilfeausschuss
Finanzielle Auswirkungen
Ja
X Nein
Mittel stehen zur Verfügung bei SK / KST
Mittel stehen nicht zur Verfügung
Über-/außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen
Sachkonto / Kostenstelle
BGM
Zust. Dez.
Zust. Dienststelle
Freytag
Burkhardt
Schmitz
Kämmerer
RPA
Beschlussentwurf:
Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Bericht des Bürgermeisters zur Kenntnis.
Erläuterungen:
Mit Schreiben vom 28.10.2015 bitten die Ratsfraktionen von CDU und Bündnis 90/Die
Grünen um Beantwortung von sechs Fragen zum Themenbereich der unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlinge.
Vor der Beantwortung der Fragen sollen zunächst einige Erläuterungen zu dem am 1.
November 2015 in Kraft getretenen Bundesgesetz zur Verbesserung der Unterbringung,
Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher (umA) gegeben
werden.
„Unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Familien nach
Deutschland einreisen, gehören zu den schutzbedürftigsten Personengruppen überhaupt.
Sie haben nach dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen
(VN-Kinderrechtskonvention) ein Recht darauf, dem Kindeswohl entsprechend
untergebracht, versorgt und betreut zu werden (Artikel 3, 22). Hierfür ist nach geltendem
Recht dem Jugendamt eine Primärzuständigkeit zugewiesen. Das Jugendamt ist nach §
42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SGB VIII verpflichtet, unbegleitete ausländische
Minderjährige in Obhut zu nehmen. Der Gesetzgeber hat die Einreise eines unbegleiteten
ausländischen Kindes oder Jugendlichen nach Deutschland im Rahmen des Gesetzes zur
Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK), das am 1. Oktober 2005 in Kraft
getreten ist, explizit als Anlass einer vorläufigen Schutzmaßnahme des Jugendamtes
geregelt.
Drucksache 478/2015
Seite - 2 –
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die unbegleitet nach Deutschland kommen und im
Inland weder mit einem Personenberechtigten noch einem anderen
Erziehungsberechtigten zusammenkommen, steigt korrespondierend mit den in
quantitativer und qualitativer Hinsicht zunehmenden internationalen Krisenherden und sich
ausweitenden (Bürger-) und Kriegsregionen.
Örtlich zuständig für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Minderjährigen
ist das Jugendamt, in dessen Bereich sich dieser vor Beginn der Maßnahme tatsächlich
aufhält (§ 87 SGB VIII). Dabei handelt es sich um das Jugendamt, in dessen Bereich die
Einreise eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen festgestellt wird.
Vor diesem Hintergrund konzentriert sich derzeit bundesweit die Zuständigkeit für die
Inobhutnahme unbegleiteter ausländische Kinder und Jugendlicher vor allem auf
Jugendämter bzw. örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die an bestimmten
Einreiseknotenpunkten gelegen sind oder die von den Kindern und Jugendlichen als
Zielorte besonders bevorzugt werden. Zum Teil sind kommunale Gebietskörperschaften
gegenwärtig aufgrund der kontinuierlichen Zunahme unbegleitet nach Deutschland
einreisender Minderjähriger sehr stark belastet. Mancherorts sind die Kapazitätsgrenzen
bereits so weit überschritten, dass eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung,
Versorgung und Betreuung der Kinder und Jugendlichen erheblich erschwert bzw. nicht
mehr möglich ist.
Eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung und Betreuung
unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher kann angesichts der derzeit hohen
Einreisezahlen und zu erwartenden weiteren Steigerungen in Deutschland dauerhaft nur
durch eine landes- und bundesweite Aufnahmepflicht sichergestellt werden. Dadurch soll
gewährleistet werden, dass in allen Ländern unbegleitete ausländische Kinder und
Jugendliche ihrem Wohl und ihren spezifischen Bedürfnissen entsprechend untergebracht,
versorgt und betreut werden.“ (Auszug aus der Gesetzesbegründung)
Die landesgesetzliche Regelung zur Verteilung der unserem Bundesland nach dem
Königsteiner Schlüssel zugewiesenen minderjährigen Flüchtlinge steht derzeit noch aus.
Insbesondere ist noch unklar, wie viele unbegleitete Minderjährige jedem Jugendamt
zugewiesen werden.
Schon sehr frühzeitig waren auf Initiative der Schumaneck-Kinderhaus gGmbh zusammen
mit dem Jugendamt und dem Sozialdienst katholischer Frauen als den für den Brühler
Pflegekinderdienst zuständigen Trägern Überlegungen zur Aufnahme , Begleitung und der
dauerhaften Unterbringung der jungen Flüchtlinge angestellt worden. Zentrales Element
des erarbeiteten Konzeptes ist die Gewinnung und Betreuung von Patenfamilien, die sich
bis zur Volljährigkeit des unbegleiteten Flüchtlings für die Versorgung, Betreuung und
Integration des jungen Menschen verantwortlich zeigen.
Nachstehend die Beantwortung der Fragen:
1. Wie viele unbegleitete minderjährige ausländische Flüchtlinge sind in diesem Jahr in
Brühl eingetroffen?
Bis zum 30.10.2015 waren 11 minderjährige Flüchtlinge vermerkt. Sie waren entweder
unmittelbar nach Brühl eingereist, durch die Erstaufnahmestelle des Landes in Brühl-Ost
in unsere Stadt gelangt oder über die Zuweisung nach Brühl gekommen. Sieben
Jugendliche wurden vom Jugendamt in Obhut genommen und das Clearingverfahren
wurde eingeleitet.
Drucksache 478/2015
Seite - 3 –
2. Sind in diesem Zusammenhang besondere Probleme aufgetreten? Wenn ja, welche
Probleme und wie wurden diese gelöst?
Besondere Probleme sind nicht aufgetreten. Sie gleichen den Herausforderungen, denen
sich das Jugendamt bei jeglicher Inobhutnahme stellen muss. In der
Inobhutnahmesituation wird geklärt, welcher Hilfebedarf besteht und welche Hilfen
eingeleitet werden müssen. So wurden z.B. zwei verwandte Jungen in der
Erstaufnahmestelle des Landes registriert und als minderjährig eingeschätzt. Es stellte
sich im Erstaufnahmegespräch heraus, dass der gemeinsame Großvater bereits in Köln
lebt. Eine Zusammenführung der Enkel mit dem Großvater in Köln scheiterte. Die Jungen
wurden in Patenfamilien in Brühl untergebracht und der Großvater wird einen Antrag auf
Umverteilung nach Brühl stellen.
3. Wie gestaltet sich das Clearingverfahren in Brühl (alleine oder in Zusammenarbeit mit
Nachbargemeinden)?
Grundsätzlich ist zwischen zwei Klärungsprozessen zu unterscheiden.
1.Verfahrensablauf nach § 42a SGB VIII (erstmalige Registrierung):
Das Jugendamt
- schätzt ein, ob eine Umverteilung das Kindeswohl gefährdet ist,
- stellt fest, ob Verwandte im In- und/oder Ausland leben,
- lässt feststellen, ob der umA aufgrund seines Gesundheitszustandes innerhalb von
14 Tagen umverteilt werden kann,
- entscheidet nach spätestens sieben Werktagen (Samstage ausgenommen), ob der
Minderjährige umverteilt werden kann und meldet an das Landesjugendamt.
2. Verfahrensablauf nach § 42 SGB VIII (umA ist zugewiesen):
Das Jugendamt
sorgt für eine kind- und jugendgerechte Unterbringung,
beantragt bei Gericht die Bestellung des Vormundes,
gewährleistet die medizinische Versorgung,
steuert die Hilfeplanung und
leitet über in eine Hilfe nach §§ 27 ff. SGB VIII.
4. Wie werden die Jugendlichen, die das Clearingverfahren durchlaufen haben, danach
untergebracht?
Die Jugendlichen, die das Clearingverfahren nach § 42 SGB VIII durchlaufen haben,
werden gem. ihrem jeweiligen individuellen Hilfebedarf versorgt. Diese sind Hilfen gem. §
27 ff SGB VIII (z. B. Heimunterbringung § 34 SGB VIII, Vollzeitpflege § 33 SGB VIII). Als
eine der ersten Kommunen in Nordrhein-Westfalen setzt das Jugendamt Patenfamilien zur
Betreuung und Versorgung von minderjährigen Flüchtlingen ein.
5. Werden sich nach aktueller Gesetzeslage Änderungen im Verfahren durch die
Verteilstellen für Brühl ergeben?
Seit dem 01.11.2015 ist für Nordrhein-Westfalen beim Landesjugendamt Rheinland die
Landesverteilstelle angesiedelt. Diese Stelle ist für die Verteilung der dem Land vom Bund
Drucksache 478/2015
Seite - 4 –
zugewiesenen umAs auf die 186 Jugendämter zuständig. Bislang wurden die
Jugendlichen von dem Jugendamt betreut, in dessen Bezirk sie aufgegriffen wurden.
6. Welche konkreten Auswirkungen wird die Gesetzesänderung zum 01.11.2015 auf die
UMA und konkret auf das Brühler Jugendamt haben (Stichwort:Vormundschaften)?
Die wesentliche Auswirkung wird sein, das immer mehr Jugendliche dem Jugendamt in
Brühl zugewiesen werden, um die völlig überlasteten Jugendämter in Dortmund, Köln,
Aachen usw. zu entlasten.
Die zugewiesenen unbegleiteten ausländischen Minderjährigen bleiben in Brühl und
werden fortlaufenden von hier betreut. Die Jugendlichen, die in Brühl z. B. im Gartencenter
eintreffen und erstmalig in Deutschland registriert werden, werden an die
Landesverteilstelle beim Landesjugendamt Köln gemeldet und verbleiben entweder hier
oder werden von dort einem anderen Jugendamt zugewiesen.
Die Mehrarbeit im Jugendamt durch die unbegleiteten Minderjährigen betrifft die
Vormünder, die Mitarbeitenden im Allgemeinen Sozialen Dienst und in der Wirtschaftlichen
Jugendhilfe. Die Arbeitsbelastung wird laufend anhand von Fallzahlen ermittelt und eine
bedarfsentsprechende Personalaufstockung vorgenommen. Die Personalmehrkosten
werden durch eine Verwaltungskostenpauschale, die das Land im Referentenentwurf des
Fünften Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes vorgesehen hat,
gedeckt.
Der Text des Bundesgesetzes ist in Form einer Synopse, die freundlicherweise vom
Deutschen Institut für Jugend- und Familienrecht (DIJuF) zur Verfügung gestellt wurde, als
Anlage beigefügt.
Anlage(n):
(1) DIJuF -Synopse