Daten
Kommune
Pulheim
Größe
107 kB
Datum
13.11.2013
Erstellt
05.11.13, 18:50
Aktualisiert
05.11.13, 18:50
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ANLAGE 5
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Schnellbrief 189/2013
An die
Mitgliedsstädte und -gemeinden
Aktenzeichen: II gr-ko
Ansprechpartner/in:
Beigeordneter Rudolf Graaff
Durchwahl 0211•4587-239
21.10.2013
Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen;
hier: Landtag verabschiedet neue Selbstüberwachungsverordnung am 17.10.2013
Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
der Landtag hat am 17.10.2013 endgültig die neue Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen
(Selbstüberwachungsverordnung Abwasser – SüwVO Abw NRW 2013) verabschiedet. Die neue Verordnung ist ein gangbarer
Weg, um einen Interessenausgleich zwischen den Belastungen privater Grundstückseigentümer und dem Gewässer- und
Trinkwasserschutz herzustellen.
1. Die Schnittstelle zwischen der SüwVO Abw NRW 2013 und dem LWG NRW
Die neue SüwVO Abw NRW 2013 ergänzt das geänderte Landeswassergesetz NRW (LWG NRW), welches bereits zum 16.03.2013
in Kraft getreten ist (GV NRW 2013, S. 135 ff.). Durch diese Änderung wurde insbesondere der § 61 a LWG NRW a.F
(Dichtheitsprüfung an privaten Abwasserleitungen) gestrichen. In § 61 Abs. 2 LWG NRW wurde eine Ermächtigung geschaffen,
wonach das Umweltministerium NRW mit Zustimmung des Landtags eine Rechtsverordnung erlassen kann, welche die
Einzelheiten zur Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen regelt.
Diese Rechtsverordnung (SüwVO Abw NRW 2013) wurde am 17.10.2013 vom Landtag NRW endgültig beschlossen. Der Landtag
NRW hat den vom Umweltministerium NRW vorgelegten Entwurf (Vorlage 16/1131, LT-Drucksache 16/4174) unverändert
beschlossen (Anlage 1). Insoweit ist der Landtag auch der Forderung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen
Spitzenverbände in ihrem Anschreiben an die Landtags-Fraktionen vom 30.09.2013 (Anlage 2) nicht mehr gefolgt. In diesem
Schreiben vom 30.09.2013 hatten die kommunalen Spitzenverbände in Anknüpfung an ihrer Stellungnahme vom 16.05.2013
erneut eingefordert, die Selbstüberwachungs-Verordnung Kanal aus dem Jahr 1995 (SüwV Kan 1995) 1:1 in die neue
Verordnung zu übernehmen.
Die neue SüwVO Abw NRW 2013 muss noch im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes NRW verkündet werden. Die SüwVO
Abw NRW 2013 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft (§ 15 SüwVO Abw NRW). Dieses wird voraussichtlich im November
2013 sein.
Die Geschäftsstelle wird zwischenzeitlich die Muster-Satzung über die Abwasserbeseitigung (Stand: 30.04.2010) überarbeiten
und mit den zuständigen Ministerien abstimmen. Das gleiche gilt für eine Muster-Satzung über die Festlegung von Fristen für
die erstmalige Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen, soweit die SüwVO Abw NRW 2013 keine
landesrechtlichen Fristen vorgibt. Es wird bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die neue SüwVO Abw NRW lediglich
für bestimmte private Abwasserleitungen landesrechtliche Prüffristen vorgibt (siehe Ziffer 2 dieses Schnellbriefes).
-2-
-2Der StGB NRW wird gemeinsam mit dem Umweltministerium NRW und der KommunalAgentur NRW am 11.12.2013 eine erste
Informationsveranstaltung zum geänderten LWG NRW und zur neuen SüwVO Abw NRW durchführen. Zu dieser
Informationsveranstaltung wird demnächst eingeladen werden.
2. Zum Inhalt der SüwVO Abw NRW 2013
Die SüwVO Abw NRW 2013 besteht aus drei Teilen und 5 Anlagen und gliedert sich im Wesentlichen wie folgt:
1. Teil: Funktionsprüfung bei öffentlichen Abwasserkanälen
§§ 1 bis 6 SüwVO Abw NRW-Entwurf – Überführung der SüwV Kan NRW 1995 in die neue Rechts-Verordnung
2. Teil: Selbstüberwachung privater Abwasseranlagen
- Kapitel 1: Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen
§§ 7 bis 11 SüwVO Abw NRW-Entwurf mit der Anlage 2 (Muster-Prüfbescheinigung)
- Kapitel 2: Anforderungen an Sachkundige
§§ 12, 13 SüwVO AbwO NRW-Entwurf mit den Anlagen 3 bis 5 sowie
- Kapitel 3: Ordnungswidrigkeiten (§ 14 SüwVO Abw NRW-Entwurf).
3. Teil: Inkrafttreten (§ 15 SüwVO Abw NRW-Entwurf).
2.1 Prüfpflichten für öffentliche Abwasserkanäle
In die §§ 1 bis 6 SüwVO Abw NRW ist die Selbstüberwachungsverordnung Kanal aus dem Jahr 1995 (SüwO Kan NRW 1995)
integriert worden. Die Fristen für die Überprüfung der öffentlichen Abwasserkanäle sind unverändert übernommen worden
(Anlage 1 Ziffer 1 SüwVO Abw NRW 2013), d.h. der zweite Untersuchungszeitraum für öffentliche Abwasserkanäle läuft weiter
vom 01.01.2006 bis 31.12.2020. Auf zwei Neuregelungen ist hinzuweisen:
2.2.1 Prüfung von Grundstücksanschlüssen (Anlage 1 Ziffer 1 a SüwVO Abw NRW)
Städte und Gemeinden müssen Grundstücksanschlüsse (= Leitungsstrecke vom öffentlichen Hauptkanal in der öffentlichen
Straße bis zur privaten Grundstücksgrenze), die nach der Abwasserbeseitigungssatzung (Entwässerungssatzung) Bestandteil
der öffentlichen Abwasseranlage sind, im Rahmen der Selbstüberwachung bezogen auf die öffentlichen Abwasserkanalisation
zusätzlich prüfen, wenn in § 8 Abs. 3 und Abs. 4 SüwVO Abw NRW 2013 Prüffristen für private Abwasserleitungen festgelegt
worden sind (Anlage 1 Ziffer 1 a SüwVO Abw NRW 2013). Diese Regelung dient dazu, dass das gesamte Entwässerungssystem
aus privaten und öffentlichen Abwasserleitungen ganzheitlich auf Zustand und Funktion geprüft wird.
2.2.2 Wasserstandmessgeräte bei Sonderbauwerken (§ 3 SüwVO Abw NRW 2013)
§ 3 SüwVO Abw NRW gibt künftig vor, dass bei allen Abwassereinleitungen aus dem öffentlichen Kanalnetz in Gewässer der
Einbau von sog. Wasserstandmessgeräten zu prüfen ist. Das Wort „wesentliche“ (Abwassereinleitungen) wurde bei der
Übernahme der SüwV Kan NRW 1995 in die SüwVO Abw NRW 2013 gestrichen. § 3 SüwVO Abw NRW 2013 gibt nunmehr vor, dass
grundsätzlich bei Regenüberlaufbecken und Stauraumkanälen eines Kanalisationsnetzes sowie bei bedeutenden
Regenklärbecken Wasserstandmessgeräte einzubauen sind. Diese Änderung wird damit begründet, dass eine Differenzierung
in “wesentlich“ und „unwesentlich“ in der Praxis kaum möglich ist und die Einleitungen aus diesen Becken im Regenwetterfall
zu einem hohen Eintrag von Schadstoffen in die Gewässer führen (LT-Ds 16/4174). Der Aufwand für die Nachrüstung wird mit
etwa 5.000 bis 10.000 € pro Becken angegeben (LT-Ds 16/4174).
-3-
-32.2 Prüfpflichten für private Abwasserleitungen
In den §§ 7 bis 11 SüwVO Abw NRW 2013 werden sämtliche Vorgaben für die Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten
Abwasserleitungen geregelt.
2.2.1 Prüfpflichtige (§ 8 Abs. 2 und Abs. 6 SüwVO Abw NRW 2013)
Prüfpflichtiger ist der Grundstückseigentümer (§ 8 Abs. 2 SüwVO Abw NRW 2013). Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht
belastet, tritt an die Stelle des Grundstückseigentümers der Erbbauberechtigte (§ 8 Abs. 6 SüwVO Abw NRW 2013).
2.2.2 Prüfpflicht nur für Abwasserleitungen, die Schmutzwasser führen
Die SüwVO Abw 2013 regelt zunächst in § 7 Satz 1 SüwVO Abw NRW 2013, dass die Selbstüberwachung privater
Abwasserleitungen für alle im Erdreich oder unzugänglich verlegten Abwasserleitungen zum Sammeln oder Fortleiten von
Schmutzwasser oder mit diesem vermischten Niederschlagswasser gilt und zwar einschließlich verzweigter Leitungen unter
der Kellerboden-Platte oder unter der Bodenplatte bei Gebäuden ohne Keller. Ebenso sind Einsteigeschächte und
Inspektionsöffnungen (“einschließlich zugehöriger Schächte”) zu überprüfen. Hiernach sind bei privaten Abwasserleitungen,
die im Erdreich oder unzugänglich verlegt sind und die Schmutzwasser führen, alle Bestandteile der Leitung, also das gesamte
Entwässerungssystem einer Prüfung zu unterziehen. Außerdem gehören zu den vorstehenden, privaten Abwasserleitungen, die
Schmutzwasser führen, auch solche Abwasserleitungen, die zu Kleinkläranlagen oder abflusslosen Gruben führen, denn auch
diese müssen ihrem Zustand nach funktionstüchtig sein.
Ausgenommen sind nach § 7 Satz 2 SüwVO Abw NRW 2013 lediglich private Abwasserleitungen zur alleinigen Ableitung von
Niederschlagswasser und Leitungen, die in dichten Schutzrohren so verlegt sind, dass austretendes Abwasser aufgefangen
wird. Damit ist durch den Landes-Verordnungsgeber klar entschieden worden, dass private Abwasserleitungen, die nur
Niederschlagswasser führen, der Prüfpflicht nicht unterliegen (vgl. VG Minden, Urteil vom 03.04.2013 – Az.: 11 K 2559/12,
wonach der Landesgesetzgeber dieses in § 61 a Abs. 3 LWG NRW a.F. ausdrücklich hätte regeln können, was er aber nicht getan
hat). Hieraus folgt, dass eine private Abwasserleitung auf einem privaten Grundstück, die nur Niederschlagswasser führt und
auf dem privaten Grundstück in eine private Mischwasser-Leitung mündet, nicht zu prüfen ist.
2.2.3 Prüfung nur durch anerkannte Sachkundige (§§ 12, 13 SüwVO Abw NRW 2013)
Private Abwasserleitungen dürfen nur durch anerkannte Sachkundige (§ 12 SüwVO Abw NRW 2013) geprüft werden. Die
Anforderungen an die Sachkunde sind in § 13 SüwVO Abw NRW sowie den Anlage 3 bis 5 der SüwVO Abw NRW geregelt. Das
LANUV NRW führt eine landesweite Liste der zugelassenen Sachkundigen (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SüwVO Abw NRW 2013).
2.2.4 Prüfung bei Ersterrichtung und wesentlicher Änderung
§ 8 Abs. 2 Satz 1 SüwVO Abw NRW 2013 gibt vor, dass private Abwasserleitungen, die Schmutzwasser führen, vom
Grundstückseigentümer nach deren Errichtung oder nach wesentlicher Änderung unverzüglich von Sachkundigen nach den
allgemein anerkannten Regeln der Technik auf deren Zustand und Funktionsfähigkeit zu prüfen sind.
2.2.5 Prüfmethoden
Die SüwVO Abw NRW führt die DIN 1986 Teil 30 und die DIN EN 1610 als allgemein anerkannte Regeln der Technik ein, soweit die
Rechtsverordnung keine abweichenden Regelungen trifft (§ 8 Abs. 1 Satz 4 SüwVO Abw NRW 2013). Allerdings findet die DIN EN
1610 lediglich bei Neuanlagen (Ersterrichtung) und bei wesentlichen Änderungen Anwendung (vgl. Vorlage 16/1131; LT-Ds
16/4174). Unabhängig davon wird für die Durchführung der Zustands- und Funktionsführung (Prüfmethoden) nunmehr auf die
allgemein anerkannten Regeln der Technik, also auf die o.g. DIN-Vorschriften, verwiesen (§ 9 Abs. 1 SüwVO Abw NRW 2013).
Grundsätzlich ist somit eine TV-Untersuchung ausreichend.
2.2.6 Muster-Prüfbescheinigung (Anlage 2 der SüwVO Abw NW 2013)
Bezogen auf die Prüfbescheinigung wird eine Muster-Prüfbescheinigung vorgegeben (§ 9 Abs. 2 mit Anlage 2 der SüwVO Abw
NRW 2013). Dieser Prüfbescheinigung müssen die in § 9 Abs. 2 SüwVO Abw NRW aufgelisteten Anlagen beigefügt
-4-
-4werden.Prüfbescheinigungen über bereits durchgeführte Prüfungen werden anerkannt, wenn die Prüfung und die
Prüfbescheinigung den zum Zeitpunkt der Prüfung geltenden Anforderungen entsprochen haben (§ 11 SüwVO Abw NRWEntwurf).
2.2.7 Prüffristen (§ 8 SüwVO Abw NRW 2013)
Es werden durch die SüwVO Abw NRW 2013 folgende landesrechtlichen Fristen für die erstmalige Prüfung bestehender
Abwasserleitungen festgelegt (§ 8 Abs. 3 und Abs. 4 SüwVO Abw NRW 2013):
•
In Wasserschutzgebieten ist die Erstprüfung von bestehenden Abwasserleitungen, die vor dem 01.01.1965 (häusliches
Abwasser) bzw. vor dem 01.01.1990 (industrielles oder gewerbliches Abwasser) errichtet worden sind, bis zum
31.12.2015 durchzuführen.
•
Alle anderen Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten sind bis zum 31.12.2020 zu prüfen.
•
Für Wasserschutzgebiete, die nach Inkrafttreten der neuen Rechtsverordnung durch WasserschutzgebietsRechtsverordnung festgelegt werden, gilt, dass erstmals innerhalb von 7 Jahren die Prüfung durchzuführen ist (§ 8
Abs. 3 SüwVO Abw NRW).
•
Außerhalb von Wasserschutzgebieten sollen bis zum 31.12.2020 nur solche bestehenden Abwasserleitungen geprüft
werden, die industrielles oder gewerbliches Abwasser führen, wenn für dieses industrielle oder gewerbliche
Abwasser Anforderungen in den Anhängen 2 bis 57 der Abwasser-Verordnung des Bundes festgelegt sind. Hierzu
gehören z. B. private Abwasserleitungen, die Schmutzwasser von Zahnbehandlungen (Anhang 50), Chemische
Reinigung (Anhang 52) oder Wäschereien (Anhang 55) führen.
•
Für alle anderen privaten Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten sind die durch den
Landesgesetzgeber vorgegebenen Prüffristen durch den Wegfall des § 61 a LWG NRW komplett entfallen. d.h. es gibt
keine landesrechtlichen Prüffristen. Die Stadt bzw. Gemeinde kann hier selbst Fristen durch Satzung bestimmen,
wenn sie dieses möchte. Die Satzungsbefugnis ergibt sich insoweit aus § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 LWG NRW,
der seit dem 16.03.2013 gilt.
•
Eine Wiederholungsprüfung wird für private Abwasserleitungen, die häusliches Abwasser führen, abweichend von
der DIN 1986 Teil 30 auf 30 Jahre festgelegt. Die Frist beginnt mit Ablauf der in § 8 Abs. 3 der Verordnung für die
erstmalige Prüfung festgesetzten Frist (§ 8 Abs. 8 SüwVO Abw NRW 2013. Hierdurch werden die
Grundstückseigentümer belohnt, die zeitlich früher eine Prüfung bereits haben durchführen lassen. Dieses bedeutet:
Hat ein Grundstückseigentümer in einem Wasserschutzgebiet seine privaten Abwasserleitungen, die häuslicher
Abwasser führen, im Jahr 2011 geprüft, so beginnt die 30jährige Wiederholungsfrist trotzdem erst nach Ablauf der
in 8 Abs. 3 SüwAbwVO NRW-Entwurf gesetzten Frist (31.12.2015 bzw. 31.12.2020) zu laufen. Hierdurch wird der
rechtstreue Grundstückseigentümer also bezogen auf die Wiederholungsprüfung nicht schlechter gestellt, weil er
die Prüfung bereits durchgeführt hat.
•
§ 14 SüwVO Abw NRW 2013 regelt außerdem einen Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand. Ordnungswidrig nach § 161 Abs.
1 Nr. 4 LWG NRW handelt danach, wer vorsätzlich oder fahrlässig, Abwasserleitungen nicht in der nach § 8 SüwVO
Abw NRW 2013 festgelegten Frist auf Zustand und Funktionsfähigkeit prüfen lässt (§ 14 Nr. 1 SüwAbw NRW 2013).
3. Satzungsbefugnisse der Stadt/Gemeinde nach § 53 Abs. 1 e LWG NRW
3.1 Satzungsbefugnis nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 LWG NRW
Ist durch die Rechtsverordnung (SüwVO Abw NRW 2013) keine Frist festgelegt, so kann die Gemeinde nach § 53 Abs. 1 e Satz 1
Nr. 1 LWG NRW durch Satzung eine eigene Frist festlegen. Diese kann auch nach dem 31.12.2020 liegen. Es besteht aber keine
Pflicht, für die Gemeinde durch eine Satzung eine Frist für eine Zustands- und Funktionsprüfung bei privaten
Abwasserleitungen festzulegen, wenn sie dieses nicht möchte. Dabei bestimmen die in § 8 Abs. 3 und Abs. 4 SüwVO Abw NRW
2013 festgelegten, landesweiten Fristen für die dort benannten Grundstücke grundsätzlich den spätesten Zeitpunkt, wann die
Prüfung durchgeführt sein muss.
-5-
-53.2 Satzungsbefugnis nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 LWG NRW
Nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 LWG NRW kann die Gemeinde durch Satzung eine Frist für die Zustands- und
Funktionsüberprüfung bei privaten Abwasserleitungen festlegen, wenn Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen
Abwasseranlagen zu planen oder durchzuführen sind. Muss z.B. der öffentliche Abwasserkanal in einer öffentlichen Straße im
Jahr 2016 erneuert werden, so besteht grundsätzlich ein Interesse der Gemeinde daran, dass auch die Anschlussleitungen zu
den privaten Grundstücken (Grundstücksanschlüsse und Hausanschlüsse) einer zeitgleichen, ganzheitlichen Überprüfung und
gegebenenfalls einer zeitgleichen Erneuerung zugeführt werden und deshalb im zeitlichen Vorfeld eine Funktionsprüfung an
diesen durchgeführt wird. Ein solches Erfordernis besteht insbesondere dann, wenn im Gleichklang mit der öffentlichen
Kanalerneuerung die öffentliche Straße erneuert wird, denn in diesem Fall ist es sinnvoll, auch die Grundstücks- und
Hausanschlüsse zu erneuern, damit später nicht die erneuerte Straße, der Radweg, der Bürgersteig wieder aufgerissen
werden müssen, weil Grundstücks- und/oder Hausanschlüsse erneuert werden müssen.
Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Abwasseranlagen sind auch dann zu planen oder durchzuführen, wenn Fremdwasser
(insbesondere Grund- und Drainagewasser) aus dem öffentlichen Kanalnetz (Schmutzwasserkanal, Mischwasserkanal)
herausgenommen werden muss, um die Funktionstüchtigkeit der öffentlichen Kläranlage sicherzustellen. Hier kann es geboten
sein neben dem vorhandenen Mischwasserkanal einen neuen öffentlichen Schmutzwasserkanal daneben zu bauen, damit über
den bereits vorhandenen Mischwasserkanal zukünftig nur noch Niederschlagswasser und Grund- und Drainagewasser
abgeleitet wird und dieser Mischwasserkanal dann einem Gewässer (u.a. Fluss) zugeführt wird, weil mit dieser Maßnahme,
dass Grund- und Drainagewasser dann nicht mehr der öffentlichen Kläranlage zugeführt wird.
In diesem Zusammenhang hatte bereits das OVG Lüneburg (Urteil vom 10.01.2012 – Az.: 9 KN 162/10) entschieden, dass die
Gemeinde (auch ohne eine landesrechtliche Regelung) berechtigt ist, Funktions- und Zustandsüberprüfungen bei privaten
Abwasserleitungen satzungsrechtlich anzuordnen, wenn die Gemeinde im Rahmen der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer
Abwasserbeseitigungspflicht gehalten ist, die Einleitung von Fremdwasser (insbesondere Grund- und Drainagewasser von
privaten Grundstücken) in das öffentliche Kanalnetz (öffentlicher Schmutzwasserkanal, öffentlicher Mischwasserkanal) zu
unterbinden, weil es sich bei dem sog. Fremdwasser vor dessen Einleitung in die öffentliche Abwasseranlage nicht um
Abwasser im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 WHG handelt (so bereits: OVG NRW, Urteil vom 12.09.1997 – Az.: 22 A 5779/96 –
StGRat 4/1999, S. 24f.).
3.3 Satzungsbefugnis nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 LWG NRW
Die Gemeinde kann auch ein Interesse daran haben, dass eine Funktionsprüfung der privaten Abwasserleitungen zeitgleich
oder in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Funktionsprüfung bei den öffentlichen Abwasserkanälen durchgeführt wird.
Deshalb besteht die Möglichkeit einer Satzungsregelung nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 1 Alternative 3 LWG NRW auch dann, wenn
die Gemeinde für abgegrenzte Teile ihres Gebietes die öffentliche Kanalisation im Rahmen der
Selbstüberwachungsverpflichtung nach § 61 LWG NRW überprüft.
Insoweit wird auch auf die SüwVO Abw NRW 2013 als Rechtsverordnung nach § 61 Abs. 2 LWG NRW Bezug genommen, die im Teil
1 (§§ 1 bis 6 SüwVO Abw NRW 2013) die Überprüfung der öffentlichen Abwasserkanäle in vorgegebenen zeitlichen Abständen
(Anlage 1 zur SüwVO Abw NRW 2013) regelt.
Diese Selbstüberwachungspflicht für öffentliche Abwasserleitungen bestand auch bereits auf der Grundlage der zum
01.01.1996 in Kraft getretenen Selbstüberwachungs-Verordnung Kanal NRW (Süw Kan NRW, GV. NRW. 1995, S. 64), die in den 1.
Teil der SüwVO Abw 2013 (§§ 1 bis 6 SüwV Abw 2013) übernommen worden ist und mit dem Inkrafttreten der SüwVO Abw 2013
außer Kraft getreten ist (§ 15 SüwVO Abw NRW 2013).
3.4 Vorlage-Pflicht für Prüfbescheinigungen (§ 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 2 LWG NRW)
Die Stadt bzw. Gemeinde kann nach § 53 Abs. 1 e Satz 1 Nr. 2 LWG NRW zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nach §
53 Abs. 1 LWG NRW durch Satzung festlegen, dass ihr eine Bescheinigung über das Ergebnis der Prüfung vorzulegen ist (§ 53
Abs. 1 e Satz 1 Nr. 2 LWG NRW). Eine Pflicht eine solche Regelung in der Satzung zu treffen besteht nicht. Die Gemeinde kann
also frei entscheiden, ob sie eine Vorlagepflicht satzungsrechtlich regeln möchte oder nicht.
-6-
-6Möchte eine Gemeinde sicherstellen, dass sie ihre Abwasserbeseitigungspflicht nach § 53 Abs. 1 LWG NRW ordnungsgemäß
erfüllt, so empfiehlt sich, eine entsprechende satzungsrechtliche Regelung zu treffen, um feststellen zu können, ob der
Grundstückseigentümer als Anschlussnehmer im öffentlichen-rechtlichen Benutzungsverhältnis zur Gemeinde seine
Abwasserüberlassungspflicht nach § 53 Abs. 1 c LWG NRW ordnungsgemäß erfüllt, d.h. gewährleistet ist, dass das
Schmutzwasser von dem privaten Grundstück in den öffentlichen Abwasserkanal eingeleitet wird und nicht etwa im Vorgarten
wegen einer defekten privaten Abwasserleitung versickert.
In diesem Zusammenhang muss sich die Gemeinde auch strafrechtlich absichern, weil der Straftatbestand der
Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) auch den Schutz des Grundwassers umfasst (§ 330 d Nr. 1 StGB, § 3 WHG;
Salzwedel/Durner in: Hansmann/Sellner, Grundzüge des Umweltrechts, 4. Aufl. 2012, S. 666f.). Als Nebeneffekt ergibt sich
dabei auch, dass eine etwaige Strafbarkeit des Grundstückseigentümers nach § 324 StGB vermieden werden kann, wenn
dieser etwa Schmutzwasser aus seinen privaten, funktionsuntüchtigen Abwasserleitungen auf seinem Grundstück in das
Grundwasser einleitet.
3.5 Fortgeltung von Satzungen nach altem Recht (§ 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW)
§ 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW beinhaltet eine Übergangs-Vorschrift für Satzungen nach altem Recht bezogen auf den Wegfall
des § 61 a LWG NRW am 16.03.2013 (GV NRW 2013, S. 133ff.). Es wird bestimmt, dass Satzungen zur Funktionsprüfung bei
privaten Abwasserleitungen fortbestehen können, wenn diese vor Inkrafttreten des geänderten Landeswassergesetzes NRW
(16.03.2013) erlassenen worden sind. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass vor dem Inkrafttreten der
Gesetzesänderung bereits eine Prüfpflicht für private Abwasserleitungen auf der Grundlage des § 61 a LWG NRW a.F.
bestanden hat und der Umsetzungsstand in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen unterschiedlich ist.
Insbesondere wird einer Stadt bzw. Gemeinde durch die Regelung in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW die Möglichkeit an die Hand
gegeben, bestehende Satzungen fortführen zu können. Dieses kann z.B. dann erforderlich sein, wenn für ein Teilgebiet eine
Satzung in der Vergangenheit auf der Grundlage des § 61 a Abs. 5 LWG NRW a.F. erlassen worden war und bereits 80 % der
Grundstückseigentümer eine Funktionsprüfung bei ihren privaten Abwasserleitungen durchgeführt haben. In diesem Fall
gebietet auch der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, dass die restlichen 20 % der Grundstückseigentümer
ebenfalls ihrer Prüfpflicht nachkommen. Soweit eine Gemeinde dieses sicherstellen möchte, kann sie somit ihre Satzungen
nach altem Recht (§ 61 a Abs. 5 LWG NRW a.F.) fortführen.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsprechung satzungsrechtliche Regelungen bereits in der Vergangenheit beim
Übergang von § 45 LBauO NRW a.F. auf § 61 a LWG NRW a.F. gerügt hatte , wenn diese nicht an das neue Recht angepasst
worden waren, empfiehlt es sich, den Fortbestand bestehender Satzungen nach altem Recht auf der Rechtsgrundlage des § 53
Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW durch Gremienbeschlüsse erneut zu dokumentieren (vgl. OVG NRW, Beschl. vom 26.3.2012 – Az.: 14 A
2688/09 - ; VG Minden, Urteil vom 30.01.2013 – Az.: 11 K 2605/12 - ). Konkret bedeutet dieses, dass die Alt-Satzung unter
Bezugnahme auf die Regelung in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW in der Satzungs-Präambel erneut beschlossen und damit ihre
Fortgeltung bestätigt wird.
Für eine solche Vorgehensweise spricht auch der Gesetzestext in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW, wonach lediglich bestimmt
wird, dass Satzungen nach altem Recht fortbestehen können. Das OVG NRW (Beschluss vom 12.02.1996 – Az.: 22 A 4244/06
NuR 1997, S. 422ff.) hatte jedenfalls zu § 51 Abs. 2 LWG NRW (Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges bei
häuslichem Abwasser aus landwirtschaftlichen Betrieben) entschieden, dass eine Gemeinde eine gesetzliche Ermächtigung
durch eine ausdrückliche und klare satzungsrechtliche Regelung ausfüllen muss. Hieraus folgt, dass die Gemeinde durch eine
Satzungsregelung klar zu erkennen geben muss, dass sie von der Regelungsermächtigung in § 53 Abs. 1 e Satz 2 LWG NRW
Gebrauch machen möchte. Ebenso wie sie eine Satzung nach altem Recht (§ 61 a Abs. 5 LWG NRW a.F.) durch Beschluss
aufheben kann, muss sie also auch durch erneuten Satzungsbeschluss festlegen, dass eine Satzung nach altem Recht
fortbestehen soll.
4. Unterrichtungs- und Beratungspflicht (§ 53 Abs. 1 e Satz 3 LWG NRW)
Nach § 53 Abs. 1 e Satz 3 LWG NRW ist die Gemeinde - wie bereits in § 61 a Abs. 5 Satz 4 LWG NRW a.F. - verpflichtet, die
Grundstückseigentümer über ihre Pflichten nach §§ 60 und 61 des Wasserhaushaltsgesetzes zu unterrichten und zu beraten.
Die Erfahrungspraxis hat gezeigt, dass Grundstückseigentümer nur dann vor betrügerischen Machenschaften geschützt
werden können, wenn die jeweilige Stadt oder Gemeinde ihrer gesetzlichen Unterrichtungs- und Beratungspflicht nachkommt.
- 7-
- 7Kosten für zusätzliches Personal muss die Stadt/Gemeinde auch nicht aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanzieren, denn
nach § 53 c Satz 2 Nr. 1 LWG NRW können die Kosten der Unterrichtung und Beratung nach § 53 Abs. 1 e Satz 3 LWG NRW über
die Schmutzwassergebühr abgerechnet werden. Insoweit sollte jede Stadt bzw. Gemeinde ein Interesse daran haben, ihre
Bürgerinnen und Bürger möglichst gut zu beraten, um sie vor betrügerischen Machenschaften auch bei der später Sanierung
einer privaten Abwasserleitung zu schützen.
5. Sanierung von privaten Abwasserleitungen (§ 10 SüwVO Abw NRW 2013)
§ 10 SüwVO Abw NRW 2013 regelt die Sanierungsfristen für defekte Abwasserleitungen. Grundstückseigentümer (§ 10 Abs. 1
Satz 1 SüwVO Abw NRW 2013) bzw. Erbbauberechtigte (§ 10 Abs. 1 Satz 4 SüwO Abw NRW 2013) haben große Schäden an
privaten Abwasserleitungen kurzfristig zu sanieren. Mittelgroße Schäden sind in einem Zeitraum von 10 Jahren zu sanieren (§
10 Abs. 1 Satz 2 SüwVO Abw NRW 2013). Bei Bagatellschäden ist eine Sanierung in der Regel vor der Wiederholungsprüfung
nach § 8 Abs. 8 SüwAbw NRW 2013 nicht erforderlich (§ 10 Abs. 1 Satz 3 SüwVO Abw NRW 2013).
Für die Schadenseinstufung gelten die DIN-Vorschriften (DIN 1986-30 und DIN EN 1610), die nach § 8 Abs. 1 Satz 4 SüwVO Abw
NRW 2013 als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten, soweit die SüwVO Abw NRW 2013 keine abweichenden
Regelungen trifft.
§ 10 Abs. 2 SüwVO Abw NRW 2013 bestimmt, dass über mögliche Abweichungen von den Sanierungsfristen in § 10 Abs. 1 SüwVO
Abw NRW die Städte und Gemeinden nach pflichtgemäßen Ermessen im Einzelfall entscheiden. Hierdurch wird insbesondere die
Möglichkeit geschaffen, Härtefälle in der Praxis zu vermeiden.
Wichtig ist, dass nach dem Förderprogramm des Landes „Ressourceneffiziente Abwasserbeseitigung“ (ResA-Programm –
MinBl. NRW 2012, S. 641ff.) eine Zuschussförderung (Förderbaustein 5.4 – z.B. Grundstückseigentümer ist Empfänger von Hartz
IV-Leistungen) oder ein vergünstigter Kredit (Förderbaustein 5.5 - Zinssatz: ca. 1 %) in Anspruch genommen werden kann,
wenn defekte, private Abwasserleitungen erneuert bzw. saniert werden müssen.
Die Sanierungspflicht für defekte, private Abwasserleitungen folgt bereits aus denm Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (§ 60
Abs. 2 WHG). Sie ist aber auch in § 61 Abs. 1 LWG NRW und in den §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 SüwVO Abw NRW geregelt. In der
Rechtsprechung des OVG NRW ist ebenfalls entschieden, dass defekte, private Abwasserleitungen zu sanieren sind (vgl. zuletzt:
OVG NRW, Beschl. vom 26.03.2012 – Az.: 14 A 2688/09 - OVG NRW, Beschluss vom 11.07.2011 – Az.: 15 A 2625/09 - ; OVG NRW,
Beschl. vom 16.10.2002 – Az.: 15 B 1355/02).
Wir hoffen, Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung:
Rudolf Graaff