Daten
Kommune
Pulheim
Größe
143 kB
Datum
13.06.2013
Erstellt
03.06.13, 18:42
Aktualisiert
03.06.13, 18:42
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage Nr.:
184/2013
Erstellt am:
30.04.2013
Aktenzeichen:
Verfasser/in:
Frau Etienne
Vorlage zur Beratung/Beschlussfassung
Gremium
TOP
ö. Sitzung
Jugendhilfeausschuss
X
nö. Sitzung
Termin
13.06.2013
Betreff
Sicherstellung der Inobhutnahme und Rufbereitschaft von Kindern und Jugendlichen für den Zuständigkeitsbereich der Stadt Pulheim außerhalb der Arbeitszeiten der Sozialen Dienste des Jugendamtes
Veranlasser/in / Antragsteller/in
Haushalts-/Personalwirtschaftliche Auswirkungen
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
ja
X nein
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
X ja
nein
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
ja
X nein
Finanzierungsbedarf gesamt:
(ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten)
€
— im Haushalt des laufenden Jahres
3.000 €
— in den Haushalten der folgenden Jahre
6.000 €
€
€
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
x ja
nein
Finanzierungsvorschlag (und ggf. weitere Erläuterungen):
Im laufenden Haushalt stehen die Mittel im Produktsachkonto 060401 5334040 „Hilfen zur Erziehung“ zur Verfügung.
Für den HH 2014 werden, falls erforderlich, zusätzliche Mittel angemeldet.
Vorlage Nr.: 184/2013 . Seite 2 / 4
Beschlussvorschlag
Der Jugendhilfeausschuss stimmt dem vorgelegten Konzept zur Wahrnehmung der Aufgaben im Krisenmanagement
und der Inobhutnahme zu und beauftragt die Verwaltung, den in der Anlage beigefügten Vertrag zur Sicherstellung der
Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen und der Rufbereitschaft für den Zuständigkeitsbereich der Stadt Pulheim
mit dem CJG Haus St. Gereon abzuschließen.
Erläuterungen
Auf der Grundlage der Rechtsvorschriften des § 42 SGB VIII, verbunden mit dem Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, muss die Bereitstellung von vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe gewährleistet sein.
Das Jugendamt hat sicher zu stellen, dass für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII, hier Inobhutnahme und
Krisenmanagement, die erforderlichen und geeigneten Dienste bzw. Einrichtungen zur Verfügung stehen.
Die öffentliche Jugendhilfe hat daher zu jeder Tages – und Nachtzeit ihre Erreichbarkeit durch eine Rufbereitschaft sicherzustellen.
Diese Rufbereitschaft und die Übernahme des Notdienstes in Fällen von Kriseninterventionen und Inobhutnahme außerhalb der Dienstzeiten sind im Jugendamt zur Zeit wie folgt geregelt:
Der Polizei und der Feuerwehr liegt eine Liste der privaten Telefonnummern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Abteilung Soziale Dienste, sowie der Amtsleitung, stellvertretenden Amtsleitung und Abteilungsleitung Soziale Dienste
vor.
Bei Inanspruchnahme der o.g. Dienststellen durch in Not geratene Kinder und Jugendliche oder deren Familien wird auf
diese Liste zurückgegriffen.
Reklamiert wurde und wird diese Regelung verstärkt von Seiten der Kooperationspartner Polizei und Feuerwehr. In
Krisensituationen sind die Kooperationspartner auf einen verbindlichen Ansprechpartner der Jugendhilfe angewiesen,
der fachlich qualifizierte Entscheidungen treffen und im Notfall einen Einsatz vor Ort leisten kann.
Bei dieser Regelung gab und gibt es Ausnahmesituationen in denen niemand von der Liste erreichbar war bzw. ist.
Die Kriseninterventionen und Einätze außerhalb der Dienstzeit sind nicht planbar und treffen alle immer unvorbereitet,
was zudem eine enorme zusätzliche Belastung der Beteiligten darstellt.
Diese z.Z. noch gültige Regelung ist fachlich und rechtlich nicht haltbar.
Ein tarifrechtlich nach § 7 ( 4 ) TvöD, ( Rufbereitschaft im Arbeitnehmerbereich ) organisierter Bereitschaftsdienst außerhalb der Arbeitszeiten ist mit den vorhandenen eigenen personellen Ressourcen in der Abteilung Sozialer Dienst nicht
durchzuführen, weil durch die verpflichtende Teilnahme der Fachkräfte an der Rufbereitschaft ein nicht zu kompensierender Freizeitausgleich entstehen würde.
Um die fachlichen, rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen zu optimieren, standen die Jugendämter des
Rhein–Erft–Kreises in einem intensiven fachlichen Austausch. Dies mit dem Ziel, eine Regelung zur Übernahme der
sozialpädagogischen Anforderungen aus dem Kontext der Krisenintervention im Rahmen des Bereitschaftsdienstes zu
erarbeiten.
Vorlage Nr.: 184/2013 . Seite 3 / 4
In der rechtlichen Systematik des SGB VIII ist die Funktion der Inobhutnahme als Ausübung des staatlichen Wächteramtes grundsätzlich dem öffentlichen Träger vorbehalten. Gem. § 76 Abs, 1 SGB VIII können anerkannte Freie Träger der
Jugendhilfe aber an der Durchführung einzelner Aufgaben des öffentlichen Trägers beteiligt werden.
Dies soll hier durch Übertragung der Aufgaben im Krisenmanagement außerhalb der Dienstzeiten und Teilaufgaben der
Inobhutnahme erfolgen.
Die Jugendhilfeeinrichtung als anerkannter freier Träger ist jedoch nicht befugt, gegen den Willen der Personensorgeberechtigten die Aufgaben des § 42 SGB VIII (Inobhutnahme) durchzuführen. Hierbei handelt es sich um eine hoheitliche
Aufgabe, die nicht delegationsfähig ist.
Es gilt daher die Einschränkung, dass für die Fälle der Inobhutnahme ( gegen den Willen der Eltern ) eine Rufbereitschaft des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe einzurichten ist. Die Eingriffsbefugnis, die hoheitliche Entscheidung der
Inobhutnahme gegen den Willen der Personensorgeberechtigten, ist von dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe als
Verwaltungsakt einzuholen. Bei entsprechend vorbereiteter Informationslage kann dieser Verwaltungsakt im Krisenfall
zunächst mündlich erfolgen und kann fernmündlich eingeholt werden und wird mit Aufnahme des Dienstes unverzüglich
schriftlich nachgeholt.
Für diese Form der Rufbereitschaft ist ein Personenkreis zu bestimmen, der außerhalb der Dienstzeiten jederzeit erreichbar ist.
In einem intensiven Aushandlungsprozeß mit den Mitarbeitern der Sozialen Dienste und Vertretern des Leitungsteams
ist ein Personenkreis gefunden, der sich für diese Aufgabe freiwillig zur Verfügung stellt.
Dem Haus St. Gereon wird nach Vertragsbeginn eine Telefonliste mit ausreichend privaten Telefonnummern zur Verfügung stehen, auf die im Krisenfall zurückgegriffen werden kann.
Inobhutnahme gegen den Willen der Personensorgeberechtigten sind in den vergangenen Jahren eher seltene Ausnahmefälle. Ausdrückliches Ziel des Krisenmanagement ist die Kooperation mit den Eltern und das Einverständnis zu
den evtl. erforderlichen Maßnahmen. Die Eltern erklären sich in der Regel im Krisenmanagement mit einer bis zur weiteren Klärung vorübergehenden Fremdunterbringung ihres Kindes oder Jugendlichem bereit.
Da das Verfahren der Beteiligung anerkannter freier Jugendhilfeträger an der Wahrnehmung von Jugendamtsaufgaben
nach § 42 SGB VIII gem. § 76 SGB VIII rechtlich zulässig ist und so auch für den nördlichen REK in Kerpen, Bedburg
und Elsdorf bereits praktiziert wird, hat das Jugendamt der Stadt Pulheim die Kooperation mit dem Haus St. Gereon
vertieft und deren grundsätzliche Bereitschaft zur Gewährleistung des Bereitschaftsdienstes auf der Grundlage des
beigefügten Vertrages herbeigeführt.
Der Vertrag sieht unter Ziffer 7 zunächst eine probeweise vereinbarte Laufzeit vom 01.07. 2013 bis 30.06.2014 vor,
damit eine qualitative und finanzielle Bewertung der Kooperation durchgeführt werden kann.
Für die Vorhaltung der Rufbereitschaft soll gemäß der Anlage A des beigefügten Vertragsentwurfes eine monatliche
Pauschale von 500 € vereinbart werden. Die einzelfallbezogenen Engeltregelungen, die unter Ziff. 6 des Vertrages dargestellt sind, entsprechen der Vereinbarungen im Rahmenvertrag für Leistungen der Jugendhilfe NW.
Alle Kosten sind dem Produktsachkonto „Hilfen zur Erziehung“ zuzuordnen und können im laufenden Haushalt daraus
abgedeckt werden. Eventuell erforderliche zusätzliche Mittel werden für den Haushalt 2014 bei Bedarf angemeldet.
Gesetzliche Grundlagen:
§ 42 SGB VIII Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
( 1 ) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
Vorlage Nr.: 184/2013 . Seite 4 / 4
a ) die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b ) eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3. ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt
und sich weder Personensorge noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nr. 2 auch ein Kind
oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.
( 2 ) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme die Situation, die zu dem Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit
dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder
Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während
der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge – oder Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen.
( 3 ) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 die Personen – oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von dem Inobhutnahme zu unterrichten und mit Ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen.
Widersprechen die Personensorge – oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
1. das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge – oder Erziehungsberechtigten zu
übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamtes eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht
oder die Personen – oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden
oder
2. eine Entscheidung des Familiengerichtes über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohle des Kindes oder des
Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge – oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nr. 2 entsprechend. Im Fall des
Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormundes oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen
die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer
Hilfe einzuleiten
( 4 ) Die Inobhutnahme endet mit
1. der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge – und Erziehungsberechtigten,
2. der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
( 5 ) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib und Leben des Kindes oder Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib und Leben Dritter
abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem
Beginn zu beenden.
( 6 ) Ist bei dem Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwanges erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen
hinzuzuziehen.