Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
21 kB
Datum
28.09.2010
Erstellt
17.09.10, 06:29
Aktualisiert
17.09.10, 06:29
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
A 337/2010
Az.:
Amt: - 20 BeschlAusf.: - 20 Datum: 21.06.2010
Den beigefügten Antrag der CDU- Fraktion leite ich an die zuständigen Ausschüsse weiter.
Beratungsfolge
Finanz- und Personalausschuss
Betrifft:
Termin
28.09.2010
Bemerkungen
beschließend
Antrag bzgl. Prüfung bestehender Darlehensverpflichtungen
Finanzielle Auswirkungen:
keine
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den 21.06.2010
Stellungnahme der Verwaltung:
Zu Frage 1:
Wie hoch sind die gegenwärtigen Darlehensverpflichtungen und die darauf entfallenden
Zinssätze aufgeschlüsselt nach Darlehensvaluta, Laufzeiten sowie ggf. Zinsanpassungen.
Dabei soll die Aufschlüsselung nach Banken und den jeweiligen Darlehensvolumina
erfolgen.
Die Stadt Erftstadt nimmt an der Initiative der Sparkassen-Finanzgruppe „Kommunale
Verschuldungsdiagnose“ unter der Federführung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes
teil.
Im Rahmen dieser Studie wird insgesamt 600 Kommunen die Möglichkeit angeboten, kostenlos ihr
Kreditportfolio ganzheitlich analysieren zu lassen. Als Ergebnis erhalten die Kommunen eine auf
ihre individuelle Situation ausgerichtete Auswertung ihres Schuldenportfolios. Diese Ist-Analyse
beinhaltet eine transparente Aufschlüsselung aller Kredite (und ggf. auch der Derivate, wobei die
Stadt Erftstadt bislang keine derivativen Geschäfte abgeschlossen hat), umfassende Kennzahlenund Szenarioanalysen und eine fundierte Cash-Flow-Analyse.
Darüber hinaus erhalten die teilnehmenden Kommunen einen Vergleich ihrer Portfoliostruktur mit
einer bundesweit ausgewählten Vergleichsgruppe von Kommunen (Peergroup). Anhand der
Vergleichsanalyse werden Abweichungen des eigenen Portfolios z. B. in der durchschnittlichen
Zinsbelastung sichtbar und können als Indikatoren für die Bewertung und Ausrichtung des eigenen
Portfolios genutzt werden.
Die Ergebnisse aus diesem Projekt lagen zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage noch nicht
vor. Sollten bis zum Finanzausschuss am 28.09.2010 Ergebnisse vorliegen, so wird der
Ausschuss hierüber mündlich unterrichtet.
Eine Übersicht über sämtliche Darlehensverbindlichkeiten ist als Anlage beigefügt.
Zu Frage 2:
Darstellung der bisher getätigten Zinssicherungsgeschäfte
Zinssicherungsgeschäfte sind bislang in Erftstadt noch keine getätigt worden. Derzeit wird geprüft,
ob es insbesondre im Bereich der Kredite zur Liquiditätssicherung ratsam ist,
Zinssicherungsgeschäfte, wie z. B. Swaps oder Kassenkredite mit Wandlungsrecht, einzusetzen.
Hierzu erfolgen derzeit Gespräche mit der Hausbank (KSK Köln) sowie mit der WL Bank in
Münster.
Zu Frage 3:
Welche alternativen bzw. ergänzenden (flexiblen) kurzfristigen und mittelfristigen
Refinanzierungsmöglichkeiten, wie z. B.
- Forderungsverkauf (z. B. als Unechtes Pensionsgeschäft)
- Schuldscheindarlehen (extern an Investoren platzierbar)
- Commercial-Paper-Programm „Stadt Erftstadt“
- Rhein-Erft-Kreis als Emittent einer MTN (Medium-Term-Note) als Dach-Konstruktion für die
Liquidität suchenden Städte des Kreises
- Bürgerdarlehen
wurden geprüft und mit welchem Ergebnis?
a) Forderungsverkauf
Ein erheblicher Anteil der Forderungen der Stadt Erftstadt gegenüber Dritten sind öffentlichrechtliche Forderungen und hier insbesondere Steuerforderungen, die sicherlich aufgrund von
Steuergeheimnis und Datenschutz nicht an Dritte verkauft werden dürfen. In der Fachliteratur wird
der Verkauf von Forderungen einer Kommune eher kritisch gesehen, da Kommunen in der Lage
sind, selbstständig Pfändungen auszusprechen und überdies sehr gute Möglichkeiten haben, an
erforderliche Informationen zu gelangen. Zudem gewährt man sich gegenseitig kostenlos
Amtshilfe. Fraglich ist zudem, ob z.B. der Ankauf von Forderungen gegenüber Obdachlosen oder
Sozialhilfeempfängern von Dritten überhaupt Interesse findet, was sehr stark bezweifelt werden
muss. Aber auch hier würde sich aber die Frage der Veräußerungsmöglichkeit von Forderungen
stellen, da auch das Sozialrecht zu einem Hindernis führen kann (siehe das durch § 35 SBG I
garantierte Sozialgeheimnis bei der Weitergabe der Daten).
Auch der Einsatz eines erwerbswirtschaftlich verantwortetes externes Forderungsinkasso in der
Kommunalverwaltung zu etablieren, wird kritisch gesehen, da die kommunalen
Beitreibungsmöglichkeiten dem externen Forderungsinkasso instrumentell überlegen sind. Diese
Überlegenheit des behördlichen Forderungsmanagements beruht im Wesentlichen auf den
strukturellen Stärken (Instrumentarien) und auf der Stringenz des
Verwaltungsvollstreckungsrechts. Es besteht zudem die Gefahr, dass „Gewinne“ (leichte
Vollstreckungserfolge) privatisiert werden und „Verluste“ (schwierige und kostenintensive Fälle)
kommunalisiert bleiben.
Zudem geht aus einem Schreiben des Innenministeriums NRW vom 10.05.2005 an die
Bezirksregierungen sowie an das Finanzministerium des Landes NRW hervor, dass eine
Übertragung von Vollstreckungsaufgaben auf Personen des Privatrechts im Rahmen von
Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach dem VwVG NRW sowohl aus vollstreckungsrechtlicher
als auch aus kommunalrechtlicher Sicht weder zulässig und zweckmäßig sei. Die mit einer solchen
Aufgabenübertragung einhergehende Übermittlung von personenbezogenen Daten an
privatrechtlich organisierte Dienstleistungsunternehmen sei zudem auch datenschutzrechtlich
unzulässig. Eine Übertragung von Vollstreckungsaufgaben nach dem VwVG NRW auf Personen
des Privatrechts könne auch nicht durch den Landesgesetzgeber im Wege einer
Gesetzesänderung ermöglicht werden, da eine solche Gesetzesänderung mit dem
Verfassungsrecht nicht vereinbar sei.
Dennoch wird von Seiten der Stadt Erftstadt derzeit intensiv die Möglichkeit geprüft, von der Stadt
bereits niedergeschlagene Forderungen mithilfe der „Bad Homburger Inkasso (BHI)“ beizutreiben.
Das Unternehmen gehört zur Sparkassen Finanzgruppe und ist dort das führende
Kompetenzcenter für Forderungs- und Sicherheiten-Management. Das Unternehmen ist
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vollständig in die Sparkassen-Finanzgruppe eingebunden. Es handelt sich um ein öffentlichrechtliches Inkasso-Unternehmen. Aufgabe ist es, alle übergebenen und beitreibbaren
niedergeschlagenen Forderungen regelmäßig zu überwachen, zu kontrollieren und ggf. zu
reaktivieren. Der Vorteil für die Stadt Erftstadt besteht insbesondere darin, dass es zu einer
Entlastung bei Bearbeitungsrückständen durch die Übergabe nicht bearbeiteter Altfälle kommen
kann. Zudem könnten Personal- und Sachkosten reduziert werden. Höhere Zahlungsrückflüsse
aufgrund standardisierter und automatisierter Prozesse sind möglich. Zudem besteht kein
Kostenrisiko für die Stadt Erftstadt aus der Übergabe / Bearbeitung der niedergeschlagenen
Forderungen. Ferner sind alle Aspekte des Datenschutzes gewährleistet. Auch die
Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg hat keine Einwände gegen eine Zusammenarbeit
mit der BHI.
Andere Kommunen im Rhein-Erft-Kreis erwägen derzeit ebenfalls eine Zusammenarbeit mit der
BHI.
b) Schuldscheindarlehen
Bislang gibt es lediglich zwei Großstädte (Essen sowie Hannover), die Anleihen begeben haben.
Hierbei ist jedoch festzustellen, dass gewisse Größenschwellen überschritten werden müssen,
damit es für Käufer interessant wird, eine Anleihe zu erwerben. Für Kommunen in der
Größenordnung der Stadt Erftstadt erscheinen solche Geschäfte eher unzweckmäßig, da es sehr
unwahrscheinlich ist, dass es überhaupt Käufer von Anleihen geben wird.
c) Commercial-Paper-Programm „Stadt Erftstadt“ und d) Rhein-Erft-Kreis als Emittent einer
MTN
Unter einem Commercial Paper Programm verstehet man eine Rahmenvereinbarung, die
zwischen dem Emittenten (Stadt Erftstadt) und den zu Plazeuren (Platzierung) benannten Banken
geschlossen wird. Der Emittent hat dabei das Recht, aber nicht die Verpflichtung, jederzeit
Commercial Paper zu begeben. Ein derartiges Commercial Paper Programm hat den Charakter
einer Daueremission, da Commercial Paper in mehreren Tranchen und über einen längeren
Zeitraum hinweg emittiert werden können.
Unter Medium Term Notes versteht man mittelfristige Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit
von meist 1 bis 10 Jahren. Oft werden die MTNs bewertet und dann mit den jeweiligen
Ratingcodes versehen, z. B. AA MTN für eine double „A“-bewertete mittelfristige
Schuldverschreibung.
Beide Formen dieser Refinanzierungsmöglichkeiten sind in der Privatwirtschaft gebräuchlich. So
wird im Rahmen eines sog. EMTN-Programms (Euro Medium Term Note), einer Art
Rahmenvertrag zwischen Unternehmen und den Händlern von Schuldverschreibungen (meist
Banken), den Unternehmen die Emission von Wertpapieren am europäischen und asiatischen
Kapitalmarkt zur flexiblen Beschaffung von Fremdkapital innerhalb kürzester Zeit ermöglicht.
Sowohl Laufzeiten, Währung als auch die Konstruktion der einzelnen Programme können
erheblich variieren. Möglich sind hier sowohl Standardanleihen als auch Floater mit variablem
Zinsanteil.
Im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind diese Instrumente völlig unüblich. Eine Nachfrage bei
den kommunalen Spitzenverbänden hat ergeben, dass es bisher noch keine Kommune gibt, die
von derartigen Refinanzierungsmöglichkeiten Gebrauch macht. Zudem muss berücksichtigt
werden, dass das hierfür notwendige Know-how über derartige Instrumente in der Verwaltung nicht
vorhanden ist, so dass nur mittels einer externer Begleitung die Ausgabe von Wertpapieren der
Stadt Erftstadt in die Wege geleitet werden könnte. Es stellt sich aber auch hier die Frage, wer als
Käufer dieser Wertpapiere in Frage kommen könnte.
e) Bürgerdarlehen
Am 07.07.2010 fand im Rheinischen Studieninstitut für kommunale Verwaltung in Köln ein Seminar
zum Thema „Bürgerkredit – Kredite vom Bürger – der Ausweg aus der finanziellen Misere der
Kommunen – der Königsweg?“ statt, an dem neben dem Kämmerer der Stadt Erftstadt auch der
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Fraktionsvorsitzende der Bündnis90/Die Grünen teilgenommen hat, da von dieser Fraktion zu
diesem Thema auch schon ein Antrag gestellt worden ist.
Vorgestellt wurde das „Modell Quickborn“. In Quickborn hatten sich etwa 70 Bürger bereit erklärt,
der Kommune ein Darlehen zu gewähren. Das Motiv für die Bürger bestand in erster Linie darin,
eine sehr konservative und sichere Geldanlage abzuschließen. Das Mindestgebot lag bei 5.000
EUR. Durchschnittlich wurden ca. 30.000 EUR pro Bürger gewährt, wobei dieser relativ hohe
Durchschnittswert dadurch zustande kam, dass es einen Bürger gab, der einen siebenstelligen
Betrag als Darlehen gewährt hatte. Die Laufzeit der Darlehen betrug 2 Jahre. Ein weiteres, auf 5
Jahre ausgerichtetes Darlehen, wurde von den Bürgen hingegen kaum nachgefragt.
Laut eigener Aussage der Heimatinvest lohnt sich der Bürgerkredit v. a. bei Finanzierungen für
klein- und mittelgroße Kommunen mit bis zu 5 Mio. EUR Finanzierungsbedarf. Außerdem sollten
die Investitionsvorhaben sehr bürgernah sein (Kindertagesstätten, Schwimmbäder, Schulen),
damit die Identifikation des Bürgers mit seiner Stadt gefördert wird und es zu einer Stärkung des
Bürgerengagements kommen kann.
Kritisch ist anzumerken, dass aufgrund der bisherigen Erkenntnisse in erster Linie kurze
Laufzeiten bei den Bürgern nachgefragt werden (bis zu zwei Jahre), so dass die Kommune nach
zwei Jahren die Kredite tilgen muss, wofür Liquidität erforderlich ist, die insbesondere Kommunen,
die einen hohen Bestand an Kassenkrediten ausweisen, nicht haben. Ggf. müssen also neue
Kassenkredite aufgenommen werden, um die Kredite der Bürger tilgen zu können. Außerdem
lassen sich über den Bürgerkredit nur eher geringe Kreditvolumina generieren. Des Weiteren ist es
in der jetzigen Niedrigzinsphase problematisch, dem Bürger attraktive Zinssätze zu bieten, da die
Kommunen selber derzeit sehr günstig an Kredite kommen und viertens muss das Projekt
„Bürgerkredit“ durch Marketingmaßnahmen bei den Bürgern bekannt gemacht werden. Diese
Maßnahmen (Pressearbeit, Plakate, Flyer, Broschüren, Anzeigenwerbung, etc.) verursachen aber
zunächst Kosten.
Fazit:
Lediglich der Einsatz eines öffentlich-rechtlichen Inkassounternehmens sowie der Bürgerkredit
wurden bislang näher geprüft. Die Prüfung eines Einsatzes des Inkasso-Unternehmens ist bislang
noch nicht abgeschlossen. Die politischen Gremien werden über das Ergebnis der Prüfung zeitnah
informiert. Der Bürgerkredit wird jedoch u. a. aufgrund der Niedrigzinsphase als derzeit
unpraktikabel bewertet.
Die übrigen in der Anfrage aufgeführten Refinanzierungsinstrumente wurden bislang noch nicht
näher analysiert. Es sind dies auch in erster Linie Instrumente für die Privatwirtschaft, deren
Einsatz in der Kommune absolut unüblich und ungebräuchlich ist. Ggf. kann auch aufgrund von
rechtlichen Besonderheiten ein Einsatz solcher Instrumente problematisch sein. Die Kommunen –
insbesondere diejenigen, die sich im Nothaushaltsrecht befinden – haben sich an den Krediterlass
des Innenministeriums zu halten, welcher sehr restriktive Vorgaben beinhaltet.
Zunächst sollten daher die Ergebnisse aus dem Projekt „Kommunale Verschuldungsdiagnose“
abgewartet werden, die kurzfristig vorliegen sollten. Sobald diese bekannt und analysiert sind, wird
versucht, Anpassungen am Schuldenportfolio vorzunehmen und so Zinsoptimierungen zu
generieren. Ggf. ist hierzu jedoch eine externe Beratung / Unterstützung hinzuziehen.
(Dr. Rips)
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