Daten
Kommune
Pulheim
Größe
134 kB
Datum
07.05.2013
Erstellt
16.04.13, 08:51
Aktualisiert
16.04.13, 08:51
Stichworte
Inhalt der Datei
Vorlage Nr.:
136/2013
Erstellt am:
27.03.2013
Aktenzeichen:
IV/61/66 ri/wo
Verfasser/in:
Herr Ritter / Herr Kleine-Erwig
Vorlage zur Beratung/Beschlussfassung
Gremium
TOP
ö. Sitzung
nö. Sitzung
Termin
Umwelt- und Planungsausschuss
2
X
24.04.2013
Rat
15
X
07.05.2013
Betreff
Überschwemmungsgebiet Pulheimer Bach
Stellungnahme der Stadt im Verfahrens zur Sicherstellung durch eine Überschwemmungsgebietsverordnung gem. § 78 Wasserhaushaltsgesetz
Veranlasser/in / Antragsteller/in
Verwaltung
Haushalts-/Personalwirtschaftliche Auswirkungen
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
ja
nein
― bei Einzahlungen bzw. Erträgen
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
ja
nein
― bei Auszahlungen bzw. Aufwendungen
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
ja
nein
Finanzierungsbedarf gesamt:
(ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten)
€
— im Haushalt des laufenden Jahres
€
— in den Haushalten der folgenden Jahre
€
€
€
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
Finanzierungsvorschlag (und ggf. weitere Erläuterungen):
ja
nein
Vorlage Nr.: 136/2013 . Seite 2 / 3
Beschlussvorschlag
Der Umwelt- und Planungsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Pulheim, die Verwaltung mit der Abgabe einer Stellungnahme gemäß § 73 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW im Beteiligungsverfahren zur Sicherstellung des
Überschwemmungsgebietes des Pulheimer Baches durch eine Überschwemmungsgebietsverordnung gemäß § 78
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zu beauftragen, welche auf Anlage (1) basiert.
Erläuterungen
(zu Sachverhalt und Beschlussvorschlag). Der Sachverhalt ergibt sich aus der vorgeschlagenen Stellungnahme
(Anlage 1). Es wird empfohlen, basierend auf den Ausführungen in Anlage 1 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme
muss entsprechend den bei der Offenlage in Bezug genommenen Regelungen des VwVfG bis zum 10.5.2013 erhoben
sein. Nicht fristgemäß erhobene Einwendungen sind präkludiert in dem Sinne, dass weitere betroffene Belange nicht
mehr geltend gemacht werden können. Dies gilt insbesondere auch für Betroffenheiten, welche von der beabsichtigten
Ausweisung des Überschwemmungsgebietes für die Stadt Pulheim als Trägerin der kommunalen Selbstverwaltung aber
auch als Grundstücksbetroffene ausgehen können. Die einzelnen Einwendungen, die in diesem Zusammenhang auszubringen sind, sind in Anlage 1 dargestellt.
(Allgemeine Grundlagen). Extreme Niederschlagsereignisse haben in den letzten Jahren im mitteleuropäischen Raum
zu Hochwassern mit hohen volkswirtschaftlichen Schäden geführt. Da Hochwasserereignisse länderübergreifende Folgen haben und ein effektiver Schutz nur bei einem koordinierten Handeln aller Anlieger eines Fließgewässers zu erzielen ist, wurde zur Vereinheitlichung auf europäischer Ebene die Richtlinie 2007/60/EG des europäischen Parlaments und
des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (EG-HWRMRL)
erlassen.
Die Mitgliedstaaten wurden dadurch verpflichtet, für jedes Gewässer bis zum 22. Dezember 2011 eine vorläufige Bewertung des potenziellen Hochwasserrisikos auf der Grundlage verfügbarer oder leicht abzuleitender Informationen vorzunehmen und bis zum 22. Dezember 2013 Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten zu erstellen.
Mit der Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 01. März 2010 wurde die EGHochwassermanagementrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Dabei wurde die Pflicht zur Überprüfung der Gewässer auf die Bundesländer übertragen. In NRW führen als Folge derzeit das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sowie nachgelagert die Bezirksregierungen
die zugehörigen Verfahren durch.
In NRW wurden bis Februar 2011 zunächst 670 Gewässer mit einer Gesamtlänge von 10.897 km einer vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos auf der Grundlage verfügbarer oder leicht abzuleitender Informationen – wie etwa Aufzeichnungen und Studien zu langfristigen Entwicklungen – unterzogen. Dabei wurde der Pulheimer Bach, da er ein
Einzugsgebiet von mehr als zehn Quadratkilometern aufweist, wie landesweit weitere 444 Gewässer mit einer Gesamtlänge von über 6.000 km als potenziell signifikant hochwassergefährdet eingestuft. Für alle anderen in Pulheim befindlichen Gewässer – wie beispielsweise den Stommelner Bach – wurde hingegen kein potenziell signifikantes Risiko festgestellt.
Im Auftrag der Bezirksregierung hat ein Ingenieurbüro ermittelt, wie sich der Pulheimer Bach bei einem häufigen, mittleren und seltenen Hochwasser verhalten würde. Zentraler Punkt ist dabei die Betrachtung der Situation bei einem „mittleren“ Hochwasser, das gemäß Hochwassermanagementrichtlinie eine Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 100 Jahren
aufweist. Bei einem derartigen Hochwasser soll der Bach gemäß der im Auftrag der BR vorgenommenen Berechnungen
an verschiedenen Stellen über die Ufer treten und auch bebaute Bereiche des Stadtgebietes überfluten.
Vorlage Nr.: 136/2013 . Seite 3 / 3
Die gesetzliche Regelung sieht neben einem technischen Hochwasserschutz auch eine weitergehende Hochwasservorsorge vor und verfolgt insbesondere das Ziel einer Flächenvorsorge, so dass möglichst kein Bauland in hochwassergefährdeten Gebieten ausgewiesen wird.
(Verfahren). Die Sicherstellung als Überschwemmungsgebiet erfolgt auf der Grundlage eines entsprechenden Verfahrens, das hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung dem Planfeststellungsverfahren nachgebildet ist (§ 73 VwVfG) und
entsprechende Präklusionswirkungen hat. Daneben könnte es sich empfehlen, wenn auch private Grundstückseigentümer als Betroffene Einwendungen erheben. Auch für sie gilt die vorgenannte Frist mit der entsprechenden Ausschlusswirkung. Auch die privaten Betroffenen müssten jeweils ihre Betroffenheit etwa durch den Verweis auf betroffene Grundstücksbelegenheiten nachweisen.
(Rechtsschutzmöglichkeiten). Gegen die Überschwemmungsgebietsverordnung könnte die Stadt Pulheim voraussichtlich eine Verfassungsbeschwerde vor dem VerfGH Münster erheben. Danach können Städte und Gemeinden mit
der Behauptung, dass Landesrecht das Recht der Selbstverwaltung verletzt, eine Verfassungsbeschwerde erheben.
Diese muss innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesrechts erhoben werden. Grundsätzlich käme auch eine
Normenkontrolle nach § 47 VwGO in Betracht. Diese muss aber, soweit sie sich nicht gegen Normen auf der Grundlage
des BauGB richtet, vom Landesgesetzgeber zugelassen werden. Eine derartige landesgesetzliche Regelung fehlt im
Gegensatz zu anderen Ländern in NRW, so dass es auf eine Verfassungsbeschwerde hinausläuft (vgl. etwa VerfGH,
Urt. v. 15.12.1989 – Gebietsentwicklungsplan). Nähere Einzelheiten bedürfen noch der Klärung. Daneben könnten
private Betroffene gegen ablehnende oder mit entsprechenden Auflagen versehene Verwaltungsakte klagen, etwa wenn
eine Baugenehmigung mit Hinweis auf das Überschwemmungsgebiet abgelehnt würde. Auch insoweit bedarf es noch
der näheren Prüfung und ggf. Abstimmung mit den Betroffenen.
Zur rechtlichen und fachlichen Beratung hat die Verwaltung die Anwaltskanzlei Prof. Dr. Bernhard Stüer und Partner
sowie Herrn Prof. Dr. Jörg Höttges gewonnen, die auch an der Ausschussberatung teilnehmen werden. Die Bezirksregierung sowie der Rhein-Erft-Kreis als Untere Wasserbehörde wurden von der Verwaltung eingeladen, an der Sitzung
des Umwelt- und Planungsauschusses teilzunehmen.
Aus fachlicher Sicht besteht angesichts der für das Stadtgebiet erheblichen Auswirkungen ein dringendes Interesse, die
Grundlagendaten und eingesetzten Berechnungswerkzeuge insbesondere daraufhin zu überprüfen, ob hier möglicherweise unnötig große Sicherheitszuschläge vorhanden sind, die als Auswirkung zu große Überflutungsflächen bewirken.
Da die Stadt Pulheim bisher weder einen Erläuterungsbericht noch irgendwelche Daten zu den Berechnungen erhalten
hat, ist eine Prüfung bisher überhaupt nicht möglich.
Die in den vorliegenden Lageplänen ausgewiesenen Überflutungsflächen sind als Rückhalteräume nicht geeignet. Denn
es handelt sich bei diesen Flächen genau um diejenigen, die vor einem Hochwasser zu schützen sind. Die ausgewiesenen Flächen tragen auch nicht zum Abfluss des Hochwassers bei, weil die Entwässerung der Überflutungsflächen ausschließlich über die städtische Kanalisation erfolgt. Daher hat eine Bautätigkeit im dargestellten Bereich der Pulheimer
Innenstadt grundsätzlich keine nachteiligen Auswirkungen auf den Hochwasserschutz. Diese fachlichen Zusammenhänge müssen in der Überschwemmungsgebietsverordnung durch entsprechende Regelungen zur allgemeinen Zulassung
von baulichen Vorhaben klargestellt werden. Auch wären klarere Regelungen in der Überschwemmungsgebietsverordnung erforderlich, die sicherstellen, dass sich die Festsetzung auf die Ziele des WHG beschränkt.