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Kommune
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Größe
236 kB
Datum
13.12.2017
Erstellt
30.11.17, 15:57
Aktualisiert
30.11.17, 15:57
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raskin
Umweltp l a n u n g und
Umweltberatung GbR
Fachbeitrag Artenschutz
Titel:
Fachbeitrag zur artenschutzrechtlichen Prüfung
(ASP) zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 35
„Am Lützeler Hof“ in Inden / Altdorf
Stand:
16. August 2016
Auftraggeber:
RWE Power AG
Ansprechpartnerin:
Frau A. Kühl
Auftrag vom:
04. Mai 2016
Projekt Nr.:
31-16
Auftragnehmer:
raskin • Umweltplanung und Umweltberatung GbR
Bearbeitung:
Dipl.-Umweltwiss. Sarah Geilenkirchen
Qualitätssicherung:
Dr. R. Raskin
Dorothee Raskin + Dr. Richard Raskin
Kirberichshofer Weg 6, D-52066 Aachen
Fon +49(0)241-53 43 39, Fax +49(0)241-54 36 18, info@raskin-ac.de
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Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
I
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
1 Veranlassung.......................................................................................................1
2 Vorgehensweise und Methoden ........................................................................1
3 Erfassung und Auswertung von Feldvögeln ....................................................2
4 Lage und Ausstattung des B-Plangebietes ......................................................3
4.1 Lage ..............................................................................................................3
4.2 Habitatausstattung ........................................................................................4
5 Potentielle Auswirkungen auf die Tierwelt (Wirkfaktoren) ..............................4
6 Prüfung des Artenspektrums.............................................................................4
6.1 Potentieller Artenpool nach Fundortdaten des LANUV .................................4
6.2 Einengung des Pools planungsrelevanter Arten ...........................................5
6.3 Erfassung von Feldvögeln.............................................................................6
7 Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ...............................7
8 Artenschutzfachliche und -rechtliche Beurteilung...........................................8
9 Quellenverzeichnis..............................................................................................9
Dokumentation
Gesamtprotokoll
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1
Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
1
Veranlassung
Die RWE Power AG plant die Erschließung eines ca. 3,2 ha großen Baugebietes
in Inden-Altdorf. Hierzu soll der Bebauungsplan Nr. 35 „Am Lützeler Hof“ aufgestellt werden. Das B-Plangebiet liegt in der Gemarkung Frenz, Flur 14 und
schließt das Flurstück 127 sowie die angrenzenden Wegeparzellen (Flurstücke
65, 116 und 117) ein.
Im Rahmen der B-Planaufstellung sind artenschutzrechtliche Regelungen nach
§ 44 BNatSchG einzuhalten und eine Artenschutzprüfung durchzuführen. Es gilt
zu prüfen, ob planungsrelevante Tierarten das B-Plangebiet als Fortpflanzungsoder Ruhestätte nutzen und somit artenschutzrechtliche Konflikte möglich sind.
Die raskin • Umweltplanung und -beratung GbR wurde von der RWE Power AG
am 04.05.2016 mit der Erstellung des vorliegenden Fachbeitrags zur Artenschutzprüfung beauftragt.
2
Vorgehensweise und Methoden
Der Fachbeitrag zur Artenschutzprüfung wird unter besonderer Berücksichtigung
der Verwaltungsvorschrift Artenschutz durchgeführt (MKULNV 2016). Durch eine
überschlägige Prognose und Erfassungen wird in diesem Rahmen geklärt, ob und
gegebenenfalls bei welchen Arten durch das Vorhaben artenschutzrechtliche
Konflikte auftreten können.
Prüfung des Artenspektrums (Stufe I.1)
Hierzu wird in einem ersten Arbeitsschritt eine Vorprüfung des Artenspektrums
durchgeführt. Aufgabe ist zu klären, ob Vorkommen europäisch geschützter Arten
aktuell bekannt oder zu erwarten sind. Das Artenschutzregime bei Planungs- und
Zulassungsverfahren ist nach der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes auf
die streng geschützten Arten und die europäischen Vogelarten beschränkt. Zu
den europäischen Vogelarten zählen nach der VS-RL alle in Europa heimischen
wildlebenden Vogelarten. Streng geschützt sind FFH-Anhang-IV-Arten sowie Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 (1) Nr. 2 BNatSchG aufgeführt sind.
Zur Einengung des Pools planungsrelevanter Arten wurde das Fachinformationssystem „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen“ ausgewertet (LANUV 2016).
Hierzu erfolgte zunächst eine Abfrage der auf dem 3. Messtischblattquadranten
Düren (MTB 5104-3) vorkommenden planungsrelevanten Arten.
Durch die Verschneidung der Lebensraumansprüche der ermittelten Arten mit der
Biotop- und Habitatausstattung im B-Plangebiet wird der Artenpool weiter eingeengt. Hierzu erfolgte eine Ortsbegehung am 08.05.2016.
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Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
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Prüfung der Wirkfaktoren (Stufe I.2)
Im zweiten Arbeitsschritt erfolgt eine Vorprüfung der Wirkfaktoren. Es wird beurteilt, bei welchen (potentiell) im B-Plangebiet verbreiteten planungsrelevanten Arten aufgrund der Wirkungen des Vorhabens Konflikte mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften möglich sind.
Nach § 44 I BNatSchG ist es verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie
zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus
der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung
liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen
Population einer Art verschlechtert,
3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders
geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu
zerstören,
4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.
Sollte es nicht auszuschließen sein, dass bei europäisch geschützten Arten diese
Zugriffsverbote ausgelöst werden, ist eine weiterführende Analyse, die vertiefende
Prüfung der Verbotstatbestände (ASP Stufe II) auf Grundlage von Erfassungen
erforderlich.
3
Erfassung und Auswertung von Feldvögeln
Zur Überprüfung auf ein Vorliegen von potentiellen Fortpflanzungsstätten oder
Nahrungshabitaten des eingeengten Artenpools wurden zwischen Mai und Juni
2016 drei zusätzliche Erfassungstermine für Feldvogelarten durchgeführt
(s. Kap. 5.3). Die Kartierung richtete sich nach den Methodenstandards von
SÜDBECK et al. (2005) für die Monate Mai und Juni und wurde bei geeigneten Witterungsverhältnissen (kein Niederschlag, starker Wind oder Extremtemperaturen)
durchgeführt. Zur Erfassung der Wachtel wurde am dritten Kartiertermin eine
Klangattrappe eingesetzt. Für jede Begehung wurde ein Tagesprotokoll gefertigt,
in dem die jeweiligen Beobachtungen festgehalten wurden. Es wurde weiterhin
eine Gesamtartenliste mit Gefährdungsgrad erstellt.
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Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
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Lage und Ausstattung des B-Plangebietes
4.1 Lage
Das B-Plangebiet liegt südlich der seit 1990er Jahren bestehenden Ortslage von
Inden/Altdorf im Kreis Düren (Abb. 1). Die etwa 3,2 ha große Fläche wird derzeit
ackerbaulich genutzt. Im Norden begrenzt die Wohnbebauung der Ortslage das
B-Plangebiet (vorwiegend Einfamilienhäuser mit Gärten). Im Westen, Osten und
Süden bilden vorhandene geteerte Wirtschaftswege die Plangebietsgrenze. Südlich des B-Plangebietes liegt eine weitere Ackerparzelle. Über dieser verläuft eine
Hochspannungsfreileitung in Ost-West-Richtung. Etwa 165 m südlich des BPlangebietes verläuft die A 4. Die Ortslage wird durch einen etwa 40 m breiten
Gehölzstreifen von der Autobahn abgeschirmt. Die weitere Umgebung des BPlangebietes ist vor allem landwirtschaftlich und bergbaulich (Braunkohletagebau)
geprägt.
Abb. 1: Lage des Plangebietes im Raum (Ausschnitt aus der digitalen DTK 10).
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Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
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4.2 Habitatausstattung
Das B-Plangebiet wird intensiv ackerbaulich bewirtschaftet. Auf der Fläche wurde
diesjährig Winterweizen angebaut. Auf den umgebenden Ackerflächen wurden
neben Wintergetreide auch Kartoffeln und Erbsen angebaut. Die Ortslage wird
durch einen etwa 40 m breiten Gehölzstreifen von der Autobahn abgeschirmt, der
Verkehrslärm ist im B-Plangebiet dennoch zu hören. Ein weiterer, schmaler Gehölzstreifen liegt westlich des B-Plangebietes entlang der Friedensstraße. Die
Wirtschaftswege an den B-Plangebietsgrenzen sind durch eine Teerdecke versiegelt.
5
Potentielle Auswirkungen auf die Tierwelt (Wirkfaktoren)
Generell kann es bei der Umwandlung von Ackerland in Wohnbebauung zum Verlust von Lebensstätten planungsrelevanter Arten kommen. Des Weiteren besteht
ein Tötungsrisiko während der Baufeldräumung (z.B. für Nestlinge). Während der
Bauarbeiten kann es darüber hinaus zu Störungen durch optische und akustische
Beeinträchtigungen kommen (Baulärm, Bewegung von Mensch und Maschinen).
6
Prüfung des Artenspektrums
6.1 Potentieller Artenpool nach Fundortdaten des LANUV
Das Fachinformationssystem „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen“ des
LANUV meldet für den dritten Quadranten des Messtischblattes Düren (4104-3)
insgesamt 40 planungsrelevante Arten (LANUV 2016). Von diesen Arten können
17 potenziell auf Ackerflächen vorkommen (Tab. 1).
Die Daten des Fundortkatasters @Linfos enthalten keine Fundpunkte planungsrelevanter Vogel- oder Fledermausarten im Plangebiet und seiner Umgebung
(500 m-Radius).
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Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
Tab. 1: Planungsrelevante, potenziell auf Ackerflächen vorkommende Arten für den dritten Quadranten des MTB Düren (5104-3)
Erläuterungen und Abkürzungen:
Status: Av = Art vorhanden; sb = sicher brütend
EHZ = Erhaltungszustand in der atlantischen Region von NRW:
G = günstig; U = ungünstig; - = Tendenz abnehmend
Art
Wissenschaftlicher Name
Säugetiere
Nyctalus noctula
Vögel
Accipiter gentilis
Accipiter nisus
Alauda arvensis
Anthus pratensis
Athene noctua
Buteo buteo
Coturnix coturnix
Delichon urbica
Falco tinnunculus
Hirundo rustica
Locustella naevia
Passer montanus
Perdix perdix
Tyto alba
Vanellus vanellus
Amphibien
Bufo calamita
Status
EHZ NRW (ATL)
Äcker
Abendsegler
Av
G
(X)
Habicht
Sperber
Feldlerche
Wiesenpieper
Steinkauz
Mäusebussard
Wachtel
Mehlschwalbe
Turmfalke
Rauchschwalbe
Feldschwirl
Feldsperling
Rebhuhn
Schleiereule
Kiebitz
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
sb
GG
US
GG
U
U
G
U
U
U
S
G
U-
(X)
(X)
XX
(X)
(X)
X
XX
(X)
X
X
(X)
X
XX
X
XX
Kreuzkröte
Av
U
(X)
Deutscher Name
6.2 Einengung des Pools planungsrelevanter Arten
Zehn der für Ackerflächen gemeldeten planungsrelevanten Arten (Großer Abendsegler, Greifvogelarten, die gemeldeten Eulenvögel, Schwalben und der Feldsperling) nutzen Ackerflächen ausschließlich als Nahrungshabitat, das Vorhandensein
von Fortpflanzungs- und Ruhestätten ist auszuschließen. Auch das benachbarte
junge Feldgehölz ist für diese Arten zur Brutplatzanlage ungeeignet. Ein Vorkommen des Wiesenpiepers im B-Plangebiet ist ebenfalls auszuschließen, da die Art
extensiv genutzte, frische bis feuchte Dauergrünländer, Heideflächen oder Moore
bevorzugt. Darüber hinaus werden gelegentlich Windwurfflächen und Brachen
besiedelt (LANUV 2016). Keiner dieser Habitattypen liegt jedoch im B-Plangebiet
und seiner Umgebung vor. Der Feldschwirl nutzt primär gebüschreiche, feuchte
Extensivgrünländer, größere Waldlichtungen, grasreiche Heidegebiete sowie Verlandungszonen von Gewässern, besiedelt gelegentlich aber auch Getreidefelder.
Nach LANUV (2016) benötigt die Art zwei Vegetationsschichten: eine über
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Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
20-30 cm hohe, dichte Kraut- und Grasschicht sowie einige darüber hinausragende Warten (z.B. Büsche und Hochstauden). Diese Habitatbestandteile sind im BPlangebiet nicht vorhanden. Der Feldschwirl kann daher aus dem zu betrachtenden Artenpool ausgeschlossen werden. Die Kreuzkröte kommt nur selten auf
Ackerflächen vor. Zur Eiablage benötigt sie dann geeignete Gewässer, die sich
vorwiegend in Gräben und Ackersenken finden. Das B-Plangebiet verfügt über
keine geeigneten Habitatstrukturen.
Es verbleiben die vier Feldvogelarten Rebhuhn, Feldlerche‚ Kiebitz und Wachtel.
Aufgrund der Lage des B-Plangebietes in unmittelbarer Nähe zur Ortslage und in
direkter Nachbarschaft zur A4 ist die Habitatausstattung als pessimal zu betrachten. Dies gilt sowohl für die Feldlerche, die Vertikalstrukturen wie Wälder, Gehölzränder und Wohnbebauung meidet, als auch für die Wachtel, die gegenüber Straßenverkehr besonders lärmempfindlich ist (BMVBS 2010). Die erste Ortsbegehung am 08.05.2016 erbrachte keine Hinweise auf Vorkommen der Arten. Weiterhin sind Vorkommen der Wiesenschafstelze nicht auszuschließen, die zwar
nicht zu den planungsrelevanten Arten gehört, jedoch als regional zurückgehende
europäische Brutvogelart ebenfalls zu betrachten ist.
Fazit
Nach Auswertung der vorhandenen Daten und der Ortsbegehung beschränkt sich
der eingeengte Artenpool auf die vier Feldvogelarten Rebhuhn, Feldlerche, Wachtel und Kiebitz. Auch wenn ein Vorkommen aufgrund der Ortsrandlage und der
Nähe zur Autobahn nicht anzunehmen ist, lässt es sich ohne weiterführende Erfassungen nicht gänzlich ausschließen. Des Weiteren sind Vorkommen der regional zurückgehenden Wiesenschafstelze möglich.
6.3 Erfassung von Feldvögeln
Das weitere Vorgehen wurde im Vorfeld mit der unteren Landschaftsbehörde des
Kreises Düren (Herr Johnen) als zuständige Genehmigungsbehörde abgestimmt.
Zur Verifizierung der Überprüfung auf ein Vorliegen von potentiellen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der o.g. Feldvogelarten wurden insgesamt zwei morgendliche und ein abendlicher Erfassungstermin durchgeführt (Tab. 2).
Tab. 2: Erfassungstermine von planungsrelevanten Vögeln mit Angabe der
Witterungsparametern
Datum
Erfassung
Uhrzeit
[ME(S)Z]
Temp.
Bewölkung
Wind
[°C]
[0/8 – 8/8]
[m/s]
08.05.16
Brutvögel I
6:00 - 7:00
14
1/8
1
26.05.16
Brutvögel II
5:30 - 6:25
8
5/8
1
22.06.16
Wachtel
22:10 - 22:40
19
6/8
2
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Im Rahmen der Erfassungen konnte erwartungsgemäß keine der potentiell vorkommenden Feldvogelarten nachgewiesen werden. Mit dem Graureiher als Überflieger wurde nur eine planungsrelevante Art erfasst. Außerhalb der BPlangebietsgrenzen im Bereich des südöstlich gelegenen Kapellchens konnten
zwei bis drei Paare des regional zurückgehenden Haussperlings erfasst werden.
Die regional gefährdete Bachstelze wurde als Nahrungsgast verzeichnet. Des
Weiteren konnten allgemein häufige und ungefährdete Vogelarten verzeichnet
werden, die in den umliegenden Gehölzen brüten. Hierzu gehören beispielsweise
Amsel, Singdrossel und Gartengrasmücke. Eine Übersicht über die insgesamt 18
im B-Plangebiet und seiner Umgebung erfassten Brutvogelarten liefert Tab D1.
Ein Brutnachweis oder -verdacht im B-Plangebiet besteht nicht.
Das Vorliegen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten planungsrelevanter Feldvogelarten ist auf Grundlage der Datenrecherche, der Ortsbegehung, der Vorbelastung im B-Plangebiet und der zusätzlichen Erfassungstermine auszuschließen.
7
Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
Nachfolgend wird das Ergebnis der Prüfung zusammenfassend aufgeführt und
anhand der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des §§ 44 I BNatSchG
rechtlich bewertet. Vor dem Hintergrund der vorgenannten fachlichen Beurteilung
ergibt sich für die Verbotstatbestände des § 44 I BNATSCHG folgende Einschätzung:
Tatbestand des § 44 I Nr. 1 BNatSchG (Tötungsverbot)
Nach § 44 I Nr. 1 BNATSCHG ist es verboten, „wild lebenden Tieren der besonders
geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder
ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu
zerstören“.
Der vorgenannte Tatbestand des Tötungsverbotes setzt nach der Rechtsprechung des BVerwG (grundlegend BVerwGE 126, 166 – Stralsund; 9.7.2008 – Bad
Oeynhausen; BVerwGE 130, 299 – Hessisch Lichtenau II; 18.3.2009 – A 44 –
Velbert; Urt. V. 13.5.2009 – A 4 Braunkohlentagebau Hambach) ein signifikant
erhöhtes Tötungsrisiko voraus. Da keine Vorkommen planungsrelevanter Arten
oder europäischer Brutvogelarten im B-Plangebiet nachgewiesen werden konnten, kann ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ausgeschlossen werden.
Tatbestand des § 44 I Nr. 2 BNatSchG (Störungsverbot)
Nach § 44 I Nr. 2 BNATSCHG ist es verboten, „wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-,
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Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören;
eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert.“
Im B-Plangebiet wurden weder europäische Brutvogelarten noch planungsrelevante Arten festgestellt. Eine erhebliche Störung ist damit bei Umsetzung des
Vorhabens ausgeschlossen. Der Tatbestand des Störungsverbotes nach § 44 I
Nr. 2 BNatSchG ist somit nicht erfüllt.
Tatbestand des § 44 I Nr. 3 BNatSchG
(Beeinträchtigung von Lebensstätten)
Nach § 44 I Nr. 3 BNATSCHG ist es verboten, „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten
der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“. Durch das Planvorhaben wird keine
Fortpflanzungs- und Ruhestätte einer planungsrelevanten Art oder einer europäischen Brutvogelart zerstört.
Der Tatbestand des Beeinträchtigens oder Zerstörens von Lebensstätten nach
§ 44 I Nr. 3 BNATSCHG wird nicht erfüllt, da keine Lebensstätten im Plangebiet
liegen und die ökologische Funktion der im Umfeld liegenden Fortpflanzungsstätten im räumlichen Zusammenhang erhalten bleibt.
8
Artenschutzfachliche und -rechtliche Beurteilung
Die Prüfung der Wirkfaktoren und der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
ergibt, dass weder eine planungsrelevante Art noch eine „nur“ europäisch geschützten Art durch das Vorhaben betroffen ist.
Artenschutzrechtliche Konflikte nach § 44 I BNatSchG bei Realisierung des Bauvorhabens lassen sich somit sicher ausschließen.
Aachen, 16. August 2016
Dipl.-Umweltwiss. S. Geilenkirchen
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Quellenverzeichnis
BMVBS (BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU- UND STADTENTWICKLUNG HRSG.) (2010):
Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr. – Bonn.
LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW) (2016): Fachinformationssystem „Geschützte Arten in NRW“: - http://www. naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/arten; letzter Zugriff am 29.07.2016.
MKULNV (MINISTERIUM FÜR KLIMASCHUTZ, UMWELT LANDWIRTSCHAFT, NATUR- UND
VERBRAUCHERSCHUTZ DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN) (2016): Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinien 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum Artenschutz bei Planungs- oder Zulassungsverfahren (VV-Artenschutz). - Rd.Erl. d. Ministeriums für
Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW v.
06.06.2016, - III 4 - 616.06.01.17 –Düsseldorf.
SÜDBECK, P., H. ANDRETZKE, S. FISCHER, K. GEDEON, T. SCHIKORE, K. SCHRÖDER & C.
SUDFELDT (Hrsg. 2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel
Deutschlands. Radolfszell. – im Auftrag der Länderarbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten und des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DAA).
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Dok.
Fachbeitrag zur ASP „B-Planaufstellung Inden/Altdorf“
Tab. D1: Gesamtartenliste der avifaunistischen Erfassung
Abkürzungen und Erläuterungen:
fett
Status
planungsrelevante Arten (LANUV 2016)
B – Brutvogel/Brutverdacht, (B) – Brutvogel/Brutverdacht außerhalb B-Plangebiet,
NG – Nahrungsgast, Ü - Überflieger
Schutz
§ - besonders geschützt, §§ - streng geschützt nach BArtSchV; ! - deutschlandbezogene Verantwortlichkeit NRWs für die Art
Gefährdung landesweit / regional: 1 – vom Aussterben bedroht, 2 – stark gefährdet 3 – gefährdet, V – Vorwarnliste, S - Zusatzkennung, ohne konkrete artspezifische Schutzmaßnahmen ist eine höhere Gefährdung zu erwarten (in Anlehnung an die IUCNKategorie „conservation dependent“) (NWO & LANUV 2008).
Art
Deutscher Name
Wissenschaftlicher Name
Amsel
Bachstelze
Blaumeise
Buchfink
Eichelhäher
Elster
Fasan
Graureiher
Haussperling
Heckenbraunelle
Mönchsgrasmücke
Rabenkrähe
Ringeltaube
Rotkehlchen
Singdrossel
Zaunkönig
Zilpzalp
Turdus merula
Motacilla alba
Parus caeruleus
Fringilla coelebs
Garrulus glandarius
Pica pica
Phasianus colchicus
Ardea cinerea
Passer domesticus
Prunella modularis
Sylvia atricapilla
Corvus corone
Columba palumbus
Erithacus rubecula
Turdus philomelos
Troglodytes troglodytes
Phylloscopus collybita
Schutz
Status
Gefährdung
(NB / NRW)
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
(B)
NG
(B)
(B)
NG
(B)
NG
Ü
(B)
(B)
(B)
NG
(B)
(B)
(B)
(B)
(B)
-/3/V
-/-/-/-/-/-/3/V
-/-/-/-/-/-/-/-/-
Angaben zum Plan / Vorhaben
Allgemeine Angaben
Plan/Vorhaben (Bezeichnung):
Fachbeitrag zur artenschutzrechtlichen Prüfung
(ASP) zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 35
„Am Lützeler Hof“ in Inden / Altdorf
Plan-/Vorhabenträger (Name):
RWE Power AG
Antragstellung (Datum):
Die RWE Power AG plant die Erschließung eines ca. 3,2 ha großen Baugebietes in Inden-Altdorf. Hierzu
soll der Bebauungsplan Nr. 35 „Am Lützeler Hof“ aufgestellt werden. Das B-Plangebiet liegt in der
Gemarkung Frenz, Flur 14 und schließt das Flurstück 127 sowie die angrenzenden Wegeparzellen
(Flurstücke 65, 116 und 117) ein.
Die maßgeblichen potentiellen Auswirkungen auf die Tierwelt bei Realisierung der Vorhabensplanung sind
folgende:
• Verlust von Lebensstätten und Nahrungshabitat europäischer Brutvogelarten in Form von Ackerflächen,
• Tötungsrisiko für Brutvögel (z.B. Nestlinge) sowie
• optische und akustische Störungen während der Bauarbeiten.
Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum/Wirkfaktoren)
Ist es möglich, dass bei FFH-Anhang IV-Arten oder europäischen Vogelarten die
Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG bei Umsetzung des Plans bzw. Realisierung
des Vorhabens ausgelöst werden?
ja
Es liegen keine Fortpflanzungs- und Ruhestätten planungsrelevanter Arten oder europäischer
Brutvogelarten im B-Plangebiet.
x
nein
Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
(unter Vorraussetzung der bei Anlage „Art für Art Protokolle“ beschriebenen Maßnahmen und Gründe)
Nur wenn Frage in Stufe I „ja“:
Wird der Plan bzw. das Vorhaben gegen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG
verstoßen (ggf. trotz Vermeidungsmaßnahmen inkl. vorgezogener
Ausgleichsmaßnahmen oder eines Risikomanagements)?
ja
x
nein
Arten, die nicht im Sinne einer vertiefenden Art-für-Art-Betrachtung einzeln geprüft wurden:
Begründung: Bei den folgenden Arten liegt kein Verstoß gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG vor (d.h. keine erhebliche Störung
der lokalen Population, keine Beeinträchtigung der ökologischen Funktion ihrer Lebensstätten sowie keine unvermeidbaren Verletzungen
oder Tötungen und kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko). Es handelt sich um Irrgäste bzw. um Allerweltsarten mit einem landesweit
günstigen Erhaltungszustand und einer großen Anpassungsfähigkeit. Außerdem liegen keine ernst zu nehmende Hinweise auf einen
nennenswerten Bestand der Arten im Bereich des Plans/Vorhabens vor, die eine vertiefende Art-für-Art-Betrachtung rechtfertigen würden
Die nicht einzeln geprüften Arten sind der Anhangstabelle (Tab. D1) zu entnehmen.
Stufe III: Ausnahmeverfahren
Nur wenn Frage in Stufe II „ja“:
1. Ist das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden
öffentlichen Interesses gerechtfertigt?
2. Können zumutbare Alternativen ausgeschlossen werden?
3. Wird der Erhaltungszustand der Population bei europäischen Vogelarten
nicht verschlechtern bzw. bei FFH-Anhang IV-Arten günstig bleiben?
ja
nein
ja
nein
ja
nein
Kurze Darstellung der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses und Begründung
warum diese dem Artenschutzinteresse im Rang vorgehen; ggf. Darlegung warum sich der ungünstige
Erhaltungszustand nicht weiter verschlechtern wird und die Wiederherstellung eines günstigen
Erhaltungszustandes nicht behindert wird; ggf. Verweis auf andere Unterlagen.
Kurze Darstellung der geprüften Alternativen, und Bewertung bzgl. Artenschutz und Zumutbarkeit; ggf.
Verweis auf andere Unterlagen.
Antrag auf Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG
Nur wenn alle Fragen in stufe III „ja“:
Die Realisierung des Plans / des Vorhabens ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen
Interesses gerechtfertigt und es gibt keine zumutbare Alternative. Der Erhaltungszustand der Populationen
wird sich bei europäischen Vogelarten nicht verschlechtern bzw. bei FFH-Anhang IVArten günstig bleiben.
Deshalb wird eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG
beantragt. Zur Begründung siehe ggf. unter B.) (Anlagen „Art-für-Art-Protokoll“).
Nur wenn Frage 3 in Stufe III „nein“:
(weil bei einer FFH-Anhang IV-Art ein ungünstiger Ehaltungszustand vorliegt)
Durch die Erteilung der Ausnahme wird sich der ungünstige Erhaltungszustand der Populationen nicht
weiter verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes wird nicht
behindert. Zur Begründung siehe ggf. unter B.) (Anlagen „Art-für-Art-Protokoll“).
Antrag auf Befreiung nach § 67 Abs. 2 BNatSchG
Nur wenn eine der Fragen in Stufe III „nein“:
(weil bei einer FFH-Anhang IV-Art ein ungünstiger Ehaltungszustand vorliegt)
Im Zusammenhang mit privaten Gründen liegt eine unzumutbare Belastung vor. Deshalb wird eine
Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten gem. § 67 Abs. 2 BNatSchG beantragt.
Kurze Begründung der unzumutbaren Belastung.