Daten
Kommune
Pulheim
Größe
1,0 MB
Datum
19.09.2012
Erstellt
10.09.12, 19:50
Aktualisiert
10.09.12, 19:50
Stichworte
Inhalt der Datei
Dr. Bernhard Arnold Dr. Stefan Marx
Gutachten und Beratung rund um den Baum
Schwerinstraße 25
50733 Köln
Arnold & Marx Schwerinstraße 25 50733 Köln
Stadt Pulheim
Koordinierungsstelle Umweltschutz
Frau Dr. Cassens-Sasse
Alte Kölner Straße 26
50259 Pulheim
Telefon
Fax
E-Mail
0221-764452
0221-7605502
Arnold-Marx@netcologne.de
Köln, den 17.08.2012
-
Gutachten AHP/712
Inspektion
von 12 Rosskastanien
auf dem Friedhof
in Pulheim-Stommeln
Arnold & Marx
AHP/712: 12 Rosskastanien Friedhof Stommeln, Juli 2012
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Einleitung
Auf dem Friedhof in Pulheim-Stommeln stehen mehrere alte, imposante und prägende Rosskastanien. Zwei der Kastanien haben wir im April 2007 eingehend untersucht. Bei dem seinerzeit als Baum 1 bezeichneten Baum wurden hierbei umfangreiche Fäuleschäden im Stamm
und Stammkopf festgestellt und die Kastanie wurde daher entlastend zurückgeschnitten.
Im Januar 2011 haben wir diesen Baum auf Bitte von Herrn Brendemühl (Stadt Pulheim, Koordinierungsstelle Umweltschutz) erneut inspiziert. Dabei fanden wir am Stamm der Kastanie
Fruchtkörper des Samtfußrüblings (Flammulina velutipes) sowie mehrere Stellen mit bereits
eingetrocknetem, schwärzlichem Schleimfluss, die für eine Infektion der Rinde mit dem Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi typisch sind. Schleimfluss fand sich auch am
Stammfuß der südlichen Nachbarkastanie von Baum 1 (Baum Nr. 6 in der vorliegenden Untersuchung, s. u.).
Seinerzeit wurde vereinbart, an beiden Bäumen Rindenproben zu entnehmen und durch eine
Untersuchung beim Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer NRW in Bonn klären
zu lassen, ob der Schleimfluss auf einen Befall mit Pseudomonas zurückgeht. Bei der Probenentnahme im Juni 2011 stellte sich heraus, dass am Stammfuß von Baum 1 allseitig große
Teile der Rinde abgestorben waren und sich alle potentiellen Rindenprobenstellen mit
Schleimfluss in solch abgestorbenen Rindenpartien befanden. Aus solchen Rindenbereichen
lassen sich bakterielle Krankheitserreger meist nicht mehr erfolgreich nachweisen. Proben für
die Laboruntersuchung wurden daher nur an der zweiten Kastanie entnommen. In diesen Proben wurden vom Pflanzenschutzdienst weder bakterielle Schaderreger noch der Pilz Phytophtora nachgewiesen. In unserer schriftlichen Stellungnahme vom 14. Juli 2011 haben wir erläutert, warum bei mehr oder weniger deutlichen äußeren Symptomen trotz eines negativen Laborbefundes eine Infektion mit Pseudomonas nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Krone der Kastanie 1 starb zum Zeitpunkt der Probennahme im Juni 2011 bereits in großen Teilen ab. Ebenso waren rund um Schleimflussstellen am Stamm großflächige Rindennekrosen vorhanden. Schleimfluss gepaart mit Rindennekrosen, Rindenrissen und Bereichen
bereits abgehobener Rinde sowie deutlich nachlassende Vitalität und Absterbeerscheinungen
in der Krone sind deutliche äußere Symptome einer fortgeschrittenen Pseudomonas-Infektion.
Anfang Juli 2012 teilte Herr Brendemühl uns telefonisch mit, dass mehrere Kastanien auf
dem Friedhof Absterbeerscheinungen in der Krone aufweisen. Wir haben daraufhin angeboten, alle Kastanien-Altbäume einer visuellen Inspektion zu unterziehen und hierbei schwerpunktmäßig auf Hinweise auf Pseudomonas-Infektionen zu achten. Herr Brendemühl berichtete auch, dass erst kürzlich ein Teilstamm aus einer Kastanie gebrochen sei und bat uns, die
Bruchstelle im Hinblick auf die mögliche Versagensursache zu inspizieren. Angesichts dieses
Bruchversagens bat Frau Dr. Cassens-Sasse Herrn Arnold in einem Telefonat, bei der Inspektion der Bäume auch auf Schäden zu achten, von denen eine Gefährdung der Verkehrsicherheit ausgehen könnte.
Die Untersuchung der Kastanien fand am 30.07.2012 statt.
2 Durchgeführte Untersuchungen
Die Kastanien wurden einer visuellen Inspektion unterzogen. Hierbei wurden – soweit dies
die dichte Belaubung der Stämme und Stämmlinge zuließ - die vom Boden aus sichtbaren
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Schäden festgehalten. Am Stammfuß und unterem Stamm wurde nach Indizien für eine Pseudomonas-Infektion gesucht (vor allem alte und frische Schleimflussstellen und Rindennekrosen aber auch Bereiche abgehobener Rinde und Rindenrisse). Mit dem Fernglas wurde die
Krone - insbesondere abgestorbene Kronenbereiche - auf solche Indizien hin überprüft.
Soweit vom Boden aus erreichbar wurde der Stamm mit einem Schonhammer abgeklopft.
Die Bewertung der Vitalität anhand des Kronenbildes (Trieblängen und Verzweigungsintensität) erfolgte in Anlehnung an ROLOFF (1993)1.
Die Altbäume und drei Nachpflanzungen wurden von uns durchgehend nummeriert. Die
Standorte der so nummerierten Bäume können dem Plan im Anhang entnommen werden.
3 Untersuchungsergebnisse, Bewertung und Empfehlungen
Allgemeines
Mit Ausnahme zweier Altbäume (Nr. 2 und 17) wurden an allen Kastanien Hinweise auf eine
Infektion mit Pseudomonas gefunden (siehe kurze Beschreibung der einzelnen Bäume und
zusammenfassende Tabelle auf Seite 8). Die Fotos 1 und 2 zeigen exemplarisch für alle betroffenen Altbäume Beispiele für Schleimflussstellen am Stamm (Foto 1) oder in der Krone
(Foto 2).
Die Kronen der betroffenen Bäume zeigen deutliche Symptome nachlassender Vitalität. Diese
reichen von Kleinblättrigkeit und chlorotischen Verfärbungen der Blätter über deutlich aufgelichtete Kronen bis hin zu abgestorbenen Kronenteilen (z. B. Baum 15, Foto 3 und Baum 6,
Foto 4).
Abgestorbene Starkäste und Kronenteile müssen bald entfernt werden. Teilweise befindet sich
bereits starkes Totholz über Wegen und Gräbern oder in Nähe der Bahnhofsstraße. Aus hygienischen Gründen ist auch die Entnahme von Ästen ratsam, an denen zahlreiche Schleimflussstellen vorhanden sind oder die bereits Partien mit abgestorbener Rinde aufweisen. Solche Äste werden in naher Zukunft absterben.
Je nach Ausmaß der notwendigen Totholzentnahmen wird es bei einzelnen Bäumen notwendig werden, auch im Bereich der nicht befallenen Restkrone zeitgleich einen ausgleichenden
Rückschnitt durchzuführen.
Das Schnittgut muss verbrannt oder einer Heißkompostierung (mindestens 60° C) zugeführt
werden. Werkzeug muss nach dem Schnitt desinfiziert werden.
Die Stämme und Stämmlinge mehrerer Altbäume sind fast durchgehend mit dicht stehenden
Kurztrieben (Wasserreiser) bewachsen. Diese Bäume versuchen, von Innen eine Sekundärkrone zu bilden, um den Verlust von Kronenteilen (entweder durch Rückschnitt in den vergangenen Jahren oder durch aktuelle Absterbeerscheinungen bei Bäumen mit starker Pseudomonas-Infektion) zu kompensieren. Wegen dieser stammnahen, dichten Belaubung können
Stämme und Stämmlinge dieser Kastanien zur Zeit vom Boden aus nicht oder nur sehr einge-
1A.
ROLOFF (1993): "Kronenentwicklung und Vitalitätsbeurteilung ausgewählter Baumarten der gemäßigten
Breiten"
Schriften aus der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen und der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt, Band 93, J.D. Sauerländer's Verlag, Frankfurt a. M.
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schränkt im Hinblick auf z. B. Fäuleschäden, Risse oder absinkende Starkäste inspiziert werden.
Aber auch an den anderen Altbäume befinden sich potentielle Schadstellen zu hoch in der
Krone, um sie im belaubten Zustand vom Boden aus ausreichend verlässlich inspizieren und
bewerten zu können. Daher sollten alle Altbäumen nicht nur vom Boden aus kontrolliert, sondern sollte auch eine Kroneninspektion vom Hubsteiger aus erfolgen. Diese Empfehlung wird
bei der folgenden Beschreibung der einzelnen Bäume nicht mehr explizit wiederholt. Es bietet
sich an, die Inspektionen vom Hubsteiger aus mit den notwendigen Schnittmaßnahmen zu
verbinden.
Baum 1 (U100 = 352 cm)
Im Juli 2012 brach bei böigem Wind auf der Ostseite der Kastanie in etwa 6,5 m Höhe ein
Stämmling aus. Die Astanbindung war als Steilastzwiesel ausgebildet. Es wurden bei der Untersuchung am 30.07.2012 keine eindeutigen Hinweise darauf gefunden, dass der Zwiesel
schon vor dem Bruch gerissen war. Zwar befinden sich am Rand der Bruchwunde kleine
Überwallungswülste, die am Rand eines möglichen Zwieselrisses gebildet worden sein könnten (Foto 5), diese Überwallungen könnten jedoch auch am Rand anderer Schäden (z. B. Rindennekrosen) entstanden sein. Die im Bereich der Bruchwunde sichtbaren Adventivwurzeln
wurden in der Wassertasche des Zwiesels gebildet. Diese sind mit großer Wahrscheinlichkeit
sukzessive zwischen die verpressten Stämmlinge gewachsen und haben damit über ihr
Dickenwachstum permanente Spannungen mit langsam zunehmender Materialermüdung im
Bereich gemeinsamer, die beiden Stämmlinge außen umklammernder Jahrringe verursacht.
Die nach Ausbruch sichtbaren, dunklen Verfärbungen im Schadensbereich könnte man leicht
für Anzeichen von Holzfäuleschäden halten. Die Verfärbungen gehen in diesem Fall aber
nicht auf Fäuleschäden, sondern auf Laubmulm und Adventivwurzeln zurück, die sich in der
Wassertasche zwischen den beiden Stämmlingen gesammelt hatten. Bei dem Schaden handelt
es sich um den Ausbruch eines nicht-faulen Astes. Ursache des Bruchversagens sind „konstruktionsbedingte Schwächen“ und das daraus resultierende generell leicht erhöhte
Versagensrisiko von Steilastzwieseln, plus schadensbegünstigende weitere Umstände (eventuell Windlast aus der ungünstigen Richtung, einwachsende Adventivwurzeln).
Baum 2 (U100 = 300 cm)
Vitaler, harmonisch gewachsener Altbaum mit durchgehender Stammverlängerung und
baummechanisch unproblematischen Astanbindungen. Anzeichen für eine PseudomonasInfektion wurden nicht gefunden.
Empfehlung
Ein Kirschlorbeer auf der Ostseite des Baumes erschwert die Inspektion des Stammfußes und
sollte daher entfernt werden.
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Baum 3 (U100 = 37 cm)
Vitale Nachpflanzung ohne Baumschäden und Anzeichen einer Pseudomonas-Infektion.
Baum 4 (U100 ~ 437)
In Reaktion auf einen umfangreichen Rückschnitt sind der gesamte Stamm und die Stämmlinge sehr dicht mit vitalen Neuaustrieben bewachsen. Eine Inspektion auf Schäden wie Zwieselrisse und Fäuleschäden in der Krone ist zur Zeit nicht möglich. Da die Kastanie stark zurückgeschnitten ist, dürfte der Baum auch bei Vorhandensein von Kronenschäden zur Zeit
eher unproblematisch sein.
Am Stamm und an der Basis einiger Äste wurden vereinzelt Stellen mit Schleimfluss gefunden
Baum 5 (U100 = 408 cm)
Die Krone der mehrstämmigen Kastanie wurde im Jahr 2007 eingekürzt. Die Vitalität des
Baumes ist reduziert (verlichteter Wipfel, große Teile der Krone sind kleinblättrig). Die zahlreichen Astungswunden und Faultöpfe am Stamm und an den Stämmlingen können zur Zeit
wegen der zahlreichen Wasserreiser an Stamm und Starkästen vom Boden aus nicht inspiziert
werden.
Die Starkäste sind zum Teil vergurtet. Die Gurtung ist etwas zu tief angebracht und es sind
keine Verbundsicherungen vorhanden. Wegen des bereits erfolgten Rückschnitts dürfte die
Kronenstatik zur Zeit jedoch eher unproblematisch sein.
An Stammfuß und Stammkopf wurden mehrere Schleimflussstellen gefunden.
Baum 6 (U100 = 384 cm)
Das Laub der mehrstämmigen Kastanie ist chlorotisch und klein. Der Wipfel ist stark verlichtet und in Teilen abgestorben (Foto 4).
Am Stammfuß und Stamm befinden sich zahlreiche Stellen mit Schleimfluss. Wegseitig ist
unterhalb des Stammkopfes bereits eine große Rindennekrose vorhanden. Am Stamm der
Kastanie wurden wegen des starken Schleimflusses bereits im Jahr 2007 Rindenproben entnommen (siehe Einleitung).
Große Teile des Stammes und der Stämmlinge sind wegen der dichten Wasserreiser zur Zeit
vom Boden aus nicht zu inspizieren.
Der Stammkopf der Kastanie wurde wegen einer rissartigen Struktur im Verwachsungsbereich von einer Leiter aus inspiziert. Es stellte sich heraus, dass es sich hierbei nicht um einen
Holzriss, sondern um Rindenrisse im Bereich einer Rindennekrose handelt. Ein auf der Ostseite des Stammkopfes vorhandener Faultopf hat eine radiale Tiefe von etwa 25 cm. Dem
Abklopfen mit dem Schonhammer nach ist die Fäule auf dem Stammquerschnitt noch nicht
weit ausgedehnt.
Die Stämmlinge sind zum Teil vergurtet, es sind keine Sicherungen im Verbund vorhanden.
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Empfehlung
Totholz und absterbende Kronenteile entfernen.
Baum 7 (U100 = 425 cm)
Die mehrstämmige Kastanie ist noch als altersgemäß vital anzusprechen. Alle Teile der Krone
sind lediglich etwas kleinblättrig.
Am Stammfuß und Stamm sind mehrere Stellen mit Schleimfluss vorhanden.
Große Teile des Stammes und der Stämmlinge sind wegen der dichten Neuaustriebe zur Zeit
vom Boden aus nicht zu inspizieren.
Die Stämmlinge sind mehrfach vergurtet. Die Gurte sind insgesamt etwas zu tief angebracht
und es ist keine Sicherung im Verbund vorhanden.
Baum 8 (U100 = 56 cm)
Nachgepflanzte Kastanie mit einer Schleimflussstelle in 2,5 m Höhe am Stamm.
Baum 9 (U100 = 62 cm)
Nachgepflanzte Kastanie mit starkem, allseitigem Schleimfluss am gesamten Stamm (Foto 6).
Empfehlung
Nach unserer Erfahrung sterben junge Kastanien mit vergleichbar starkem Schleimfluss in
relativ kurzer Zeit ab. Der Baum sollte aus hygienischen Gründen bald entnommen werden.
Baum 10 (U100 = 287 cm)
Die Kastanie ist in relativ kurzer Zeit abgestorben. Zahlreiche Indizien deuten auf eine Pseudomonas-Infektion als Ursache hin. Die Rinde ist stammumfassend tot und partiell abgehoben.
Der Baum wurde bereits bis auf einen Hochstubben von wenigen Metern Länge abgetragen.
Baum 11 (U100 = 323)
Die Vitalität der mehrstämmigen Kastanie ist reduziert. Die Krone ist aufgelichtet und kleinblättrig. Da Teile des Wipfels abgestorben sind, befindet sich über dem Weg starkes Totholz.
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Im Bereich des Stammkopfes und an den Stämmlingen sind zahlreiche Faultöpfe vorhanden.
Die Krone ist mit mehreren Gurten gesichert, zum Teil wurden Stämmlinge im Verbund vergurtet.
Am Stamm sind Schleimflussstellen vorhanden.
Empfehlung
Totholz und absterbende Kronenteile bzw. Äste mit Schleimfluss entfernen. Der südsüdwestliche Kronenteil sollte ausgleichend zurückgeschnitten werden.
Baum 12 (U100 = 418)
Die mehrstämmige Kastanie ist größtenteils noch dicht belaubt. Lediglich der Wipfel ist etwas verlichtet. Die Stämmlinge neigen sich weit ausladend auseinander. In der Krone sind nur
drei Gurte eingebaut, zwei dieser Gurte sind straff gespannt. Mehrere Stämmlinge sind nicht
gesichert.
Große Teile des Stammes und der Stämmlinge sind wegen dichter, stammnaher Neuaustriebe
zur Zeit vom Boden aus nicht zu inspizieren.
Auf der Nord- und Westseite des Stammes findet sich starker Schleimfluss.
Der Stammfuß klingt beim Abklopfen mit dem Schonhammer auffallend dumpf.
Empfehlung
Der Stammfuß sollte wegen des Verdachts einer aufsteigenden Wurzelstockfäule mit dem
Resistographen untersucht werden.
Noch nicht vergurtete Stämmlinge sollten durch Gurte gesichert werden. Hierbei sollten Gurte
möglichst im Verbund eingebaut werden.
Baum 13 (U100 = 359)
Die Vitalität der mehrstämmigen Kastanie ist deutlich reduziert. Der Wipfel ist fragmentarisch und kleinblättrig. Teile des Wipfels sind abgestorben, wodurch sich starkes Totholz über
Gräbern befindet.
Die Krone ist nur in Teilen gesichert (drei Gurte, kein Einbau im Verbund).
Am Stamm finden sich deutliche Hinweise auf eine Pseudomonas-Infektion (reichlich
Schleimfluss, größere Bereiche mit abgestorbener und zum Teil gerissener und abgelöster
Rinde). Mit dem Fernglas sind auch an abgestorbenen Kronenteilen Schleimflussstellen zu
sehen.
Beim Abklopfen mit dem Schonhammer ergibt sich auf der Nordseite des Stammes ein recht
deutlicher Hinweis auf eine aufsteigende Wurzelstockfäule.
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Empfehlung
Totholz und absterbende Kronenteile bzw. Äste mit Schleimfluss entfernen.
Der Stamm sollte wegen des Verdachts einer aufsteigenden Wurzelstockfäule mit dem Resistographen untersucht werden.
Baum 14 (U100 = 335 cm)
Das gesamte äußere Drittel der Krone ist fragmentarisch (zahlreiche abgestorbene Äste, vergilbte und kleine Blätter). Der Rest der Krone ist noch mehr oder weniger vital.
Schleimflussstellen finden sich sowohl am Stamm als auch an allen vergilbten, kleinblättrigen
Ästen in der Krone.
Empfehlung
Alle abgestorbenen, absterbenden und infizierten Äste sollten entfernt werden. Ein solcher
Schnitt kommt einem allseitig entlastenden Rückschnitt der Krone gleich.
Baum 15 (U100 = 226 cm)
Der Wipfel und ein großer Teil der östlichen Krone dieser Kastanie sind abgestorben (siehe
Foto 3). Auch in den anderen Kronenteilen befindet sich reichlich Totholz.
Schleimflussstellen sind am Stamm und in der Krone (Foto 2) zahlreich vorhanden.
Empfehlung
Die abgestorbenen Kronenteile sowie alle absterbenden und infizierten Äste sollten entfernt
werden. Durch diesen Schnitt wird das Kronenvolumen der Kastanie stark reduziert.
Baum 16 (U100 = 235 cm)
Das gesamte äußere Drittel der Krone ist stark verlichtet, chlorotisch und kleinblättrig (siehe
Foto 3). Der Rest der Krone ist noch mehr oder weniger vital.
Am Stamm und in der Krone finden sich zahlreiche Schleimflussstellen.
Empfehlung
Das absterbende äußere Drittel der Krone sollte entfernt werden. Durch diesen Schnitt wird
der Baum umfassend entlastet.
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Baum 17 (U100 = 283)
Die ab 2 m Höhe doppelstämmige Kastanie ist altersgemäß vital. Die beiden Stämmlinge sind
miteinander vergurtet.
Am Stamm finden sich auch in größerer Höhe mehrere alte Astungswunden und Faultöpfe.
Hinweise auf eine Pseudomonas-Infektion wurden nicht gefunden.
Im Folgenden werden die Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen in kurzer Form tabellarisch zusammengefasst.
Baum-Nr
Vitalität
Schleimfluss
Schnitt
erforderlich
Kontrolle
mit Hubsteiger
2
altersgemäß vital
nein
nein
nein
3
4
5
6
7
8
vital
vital
reduziert
reduziert
altersgemäß vital
vital
nein
ja
ja
stark
ja
ja
nein
nein
nein
ja
nein
nein
nein
ja
ja
ja
ja
nein
9
vital
stark
nein
nein
11
reduziert
ja
ja
ja
12
altersgemäß vital
stark
nein
ja
13
reduziert
stark
ja
ja
14
15
16
17
reduziert
reduziert
reduziert
altersgemäß vital
ja
ja
ja
nein
ja
ja
ja
nein
ja
nein
nein
ja
Sonstiges
Kirschlorbeer
entfernen
Baum entnehmen
eingehende Untersuchung
Stammfuß,
Einbau weiterer
Gurte
eingehende Untersuchung
Stamm und
Stammfuß
-
Fazit
Wir kennen die alten Kastanien auf dem Friedhof in Stommeln nun schon seit Jahren. Ebenso
wie bei Alt-Kastanien, die wir ebenfalls schon länger an anderen Standorten beobachten, finden sich an den Stämmen der Bäume auf dem Friedhof Indizien wie Schleimflussstellen und
Rindennekrosen, die deutliche Hinweise auf eine Infektion mit dem Bakterium Pseudomonas
sind. Obwohl alle diese Altbäume die Symptome einer solchen Infektion mehrere Jahre lang
gezeigt haben, hat dies lange Zeit nicht zu einer deutlichen Reduktion der Vitalität oder
Absterbeerscheinungen in den Kronen der meisten betroffenen Bäume geführt. Wir haben
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daher bislang immer dazu geraten, die weitere Entwicklung mit einer gewissen Gelassenheit
erst einmal abzuwarten.
In diesem und im letzten Jahr müssen wir vermehrt feststellen, dass infizierte Altbäume, auch
solche, an denen jahrelang keine nennenswerten Vitalitätseinbußen und Zunahmen von Rindenschäden feststellbar waren, in kurzer Zeit absterben. Es scheinen sich von daher auch bei
uns ähnlich dramatische Rosskastanienverluste abzuzeichnen, wie in den benachbarten Niederlanden.
Die Infektion mit Pseudomonas führt zum Absterben der Rinde und des Kambiums. Rund um
die Schleimflussstellen finden sich unterschiedlich große und unregelmäßig geformte Rindenund Kambialnekrosen. Befinden sich solche Nekrosen in einer bestimmten Stammhöhe mehr
oder weniger auf dem gesamte Umfang, ist der betroffene Baum im Prinzip geringelt und
stirbt ab. Dies erklärt, warum junge Kastanien vergleichsweise schnell absterben und Altbäume mit ihrem wesentlich größeren Stammumfang deutlich länger mit dieser Infektion leben
können. In den letzten Jahren haben wir an mehreren verschiedenen Standorten beobachten
können, dass nachgepflanzte Kastanien innerhalb weniger Jahre nach dem Auftreten der ersten Schleimflussstellen abgestorben sind.
Auf dem Friedhof in Stommeln beschränken sich Pseudomonas-Infektionen heute nicht mehr
nur auf den Stamm, sondern haben inzwischen auch die Kronen der alten Kastanien erreicht.
Da ähnlich wie an Jungbäumen an Starkästen schnell der gesamte Umfang von der Infektion
betroffen ist, sind an einigen Bäumen auf dem Friedhof in vergleichsweise kurzer Zeit ganze
Kronenpartien oder einzelne Äste abgestorben oder befinden sich in der Phase des Absterbens.
Da eine Bekämpfung der Infektion nicht möglich ist, sind wir hinsichtlich der Perspektiven
für die alten Kastanien nicht optimistisch. Man muss aber betonen, dass bezüglich der weiteren Entwicklung eine gewisse Prognoseunsicherheit besteht. Man kann nicht sagen, wie rasch
sich der Zustand des einzelnen Baumes verschlechtert und es ist auch nicht gänzlich auszuschließen, dass sich ein erkrankter Baum doch noch wieder erholt.
Die imposanten, alten Bäume sind absolut prägend für den Friedhof und ihr Verlust wäre tragisch. Ohne die Kastanien würden in diesem Teil des Friedhofs nur noch niedrige Koniferen
stehen. Man sollte daher trotz der wenig guten Aussichten bestrebt sein, die Kastanien so lange wie möglich zu halten. Hierzu muss zukünftig regelmäßig Totholz entnommen werden, da
davon auszugehen ist, dass die Kronen der Bäume in den nächsten Jahren sukzessive absterben werden.
Das Ausschneiden von abgestorbenen und infizierten Ästen und ausgleichende Korrekturschnitte sollten nach unserem Dafürhalten zeitnah erfolgen. Bei dieser Gelegenheit kann auch
gleich nach möglichen Schäden in der Krone gesucht werden, die vom Boden aus nicht zu
erkennen sind.
Bereits frei gewordene und in Zukunft frei werdende Standorte sollten rasch neu bepflanzt
werden, um rechtzeitig Ersatz für Abgänge zu schaffen. Eine Nachpflanzung von Rosskastanien ist aus unserer Sicht zur Zeit sinnlos (siehe Baum 9).
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4 Fotos
Foto 1: Schleimflussstelle (Pfeil) am Stamm von
Baum 16.
Foto 2: Krone von Baum 15, Schleimfluss an der Basis eines frisch abgestorbenen Astes (roter Pfeil, siehe auch
Foto 3) und Riss im Bereich abgestorbener Rinde (gelber Pfeil).
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Foto 3: Abgestorbener Wipfel (gelber Pfeil) und
frisch abgestorbener Kronenteil (roter Pfeil, siehe
Foto 2) von Baum 15. Der Wipfel von Baum 16
(grüner Pfeil) ist stark verlichtet und chlorotisch, die
gesamte Krone ist kleinblättrig.
Foto 4: Kronenperipherie von Baum 6. Äste mit braunen Blättern sind erst vor kurzer Zeit abgestorben.
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Foto 5: Baum 1, Bruchwunde auf der Ostseite des
Stammes. Die gelben Pfeile markieren kleine Überwallungswülste am Rand der Bruchwunde, der
rote Pfeil Adventivwurzeln.
Foto 6: Baum 9, starker Schleimfluss am gesamten
Stamm.
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5 Erklärung
Das vorliegende Gutachten wurde objektiv, ohne vorgefasste Meinung, basierend auf dem
heutigen Kenntnisstand der Dendrologie und mit anerkannten Methoden der Baumdiagnostik
durchgeführt.
Köln, den 17.08.2012
Dr. rer. nat. Bernhard Arnold
Dr. rer. nat. Stefan Marx