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Beschlussvorlage (Anlage zur Beschlussvorlage 229/2012)

Daten

Kommune
Pulheim
Größe
817 kB
Datum
11.09.2012
Erstellt
03.09.12, 19:16
Aktualisiert
03.09.12, 19:16

Inhalt der Datei

Gemeinsamer Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten Impressum Herausgegeben von den Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder: Bayerischer Oberster Rechnungshof Bundesrechnungshof Hessischer Rechnungshof Landesrechnungshof Brandenburg Rechnungshof des Saarlandes Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Landesrechnungshof Schleswig-Holstein Niedersächsischer Rechnungshof Rechnungshof Baden-Württemberg Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg Rechnungshof des Freistaat Sachsen Rechnungshof Rheinland-Pfalz Rechnungshof von Berlin Thüringer Rechnungshof Wiesbaden, 14. September 2011 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................. I Tabellenverzeichnis ....................................................................................................... II 1 Vorbemerkungen ................................................................................................. 1 2 Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten...................................... 3 3 Finanzierung von ÖPP-Projekten ....................................................................... 6 3.1 Projektfinanzierung ................................................................................................ 6 3.2 Forfaitierung mit Einredeverzicht ........................................................................... 6 4 Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten ................................................ 7 4.1 Bedarfsermittlung .................................................................................................. 7 4.2 Einsatz externer Berater und Transaktionskosten ................................................. 9 4.3 Eignungstests ...................................................................................................... 10 4.4 Leistungsbeschreibung ........................................................................................ 11 4.5 Ausschreibung von ÖPP-Projekten ..................................................................... 14 4.6 Vertragsgestaltung............................................................................................... 14 5 Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten ............................... 15 5.1 Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ............................................ 15 5.2 Berechnung der Effizienzvorteile ......................................................................... 16 5.3 Vergleichbarkeit der Beschaffungsvarianten ....................................................... 18 5.3.1 Bayerischer Oberster Rechnungshof .................................................................. 19 5.3.2 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt ................................................................. 20 5.3.3 Thüringer Rechnungshof ..................................................................................... 21 5.3.4 Voraussetzungen für einen belastbaren Wirtschaftlichkeitsvergleich .................. 22 5.4 Fehlerquellen bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen ............................................. 23 5.5 Transparenz der Wirtschaftlichkeitsberechnungen .............................................. 25 5.6 Lebenszyklusansatz und Wettbewerb ................................................................. 25 5.7 Sensitivitäts- und Szenarioanalysen .................................................................... 26 6 Ermittlung des Public Sector Comparator ...................................................... 27 6.1 Funktionale Leistungsbeschreibung .................................................................... 27 6.2 Detaillierung und Optimierung des PSC .............................................................. 27 7 Risikobewertung und -verteilung ..................................................................... 29 7.1 Risikoidentifikation ............................................................................................... 29 7.2 Risiken der Beschaffungsvariante ÖPP ............................................................... 30 7.2.1 Vertragsrisiko ...................................................................................................... 30 7.2.2 Vergaberisiko ...................................................................................................... 31 7.2.3 Insolvenzrisiko ..................................................................................................... 31 7.3 Risikobewertung .................................................................................................. 32 7.3.1 Landesrechnungshof Niedersachsen .................................................................. 34 7.3.2 Rechnungshof Thüringen .................................................................................... 34 7.3.3 Rechnungshof Rheinland Pfalz ........................................................................... 36 7.3.4 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt ................................................................. 36 7.3.5 Rechnungshof Hamburg...................................................................................... 41 7.4 Feststellungen und Empfehlungen ...................................................................... 41 8 Zusammenfassung ............................................................................................ 43 9 Literaturverzeichnis und Quellenangaben ...................................................... 47 Anhang - Ausgewählte ÖPP-Projekte ......................................................................... 50 -I- Abkürzungsverzeichnis BB Brandenburg BHO Bundeshaushaltsordnung BW Baden-Württemberg BY Bayern HH Hansestadt Hamburg HNF Hauptnutzfläche JVA Justizvollzugsanstalt NF Nutzfläche NGF Netto-Grundfläche NI Niedersachsen ÖPP Öffentlich-Private-Partnerschaft PSC Public Sector Comparator RP Rheinland-Pfalz ST Sachsen-Anhalt TH Thüringen VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOL Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen - II - Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Veröffentlichte ÖPP-Projekte Tabelle 2: Vergleich der ermittelten Effizienzrenditen von Beratern/Verwaltung mit den Ergebnissen der Rechnungshöfe Tabelle 3: Gesamtkostenvergleich der Beschaffungsvarianten zwischen 2006 und 2007 Tabelle 4: JVA Burg in Sachsen-Anhalt - Risikobewertung des Beratungsunternehmens Tabelle 5: Schulen und Kitas in Halle - Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten nach vorläufigem Wirtschaftlichkeitsvergleich bei der konventionellen Beschaffungsvariante -1- 1 Vorbemerkungen Der gemeinsame Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten richtet sich an die politischen Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen sowie an Behörden und Verwaltungen, die für den Bau, den Erwerb, die Anmietung oder die Bewirtschaftung von Immobilien oder Infrastrukturen zuständig sind, und schließlich an die interessierte Öffentlichkeit. Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder sind der Auffassung, dass eine Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) eine wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen darstellt. Sie stellen sich damit nicht grundsätzlich gegen ÖPP-Projekte, sondern fordern den Nachweis, dass die Vorteilhaftigkeit dieser Beschaffungsvariante gegenüber der Eigenbesorgung der öffentlichen Hand in jedem Einzelfall objektiv und transparent nachgewiesen wird. Dies leitet sich aus dem haushaltsrechtlichen Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Gelder ab. Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe am 3./4. Mai 2006 in München hat wesentliche Grundsätze im Umgang mit ÖPP-Projekten beschlossen, die bei jeder ÖPP-Entscheidung zu beachten sind, insbesondere: • ÖPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. Bei ÖPP-Projekten treten laufende Zahlungsverpflichtungen aus Projektverträgen an die Stelle von Zinsund Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise. • Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein. Inzwischen liegen den Rechnungshöfen aufgrund ihrer Prüfungstätigkeit zahlreiche Erkenntnisse vor, die belegen, dass diese Grundsätze bei der Realisierung von ÖPPProjekten nicht ausreichend Beachtung finden. Die Rechnungshöfe haben ihre Prüfungserkenntnisse zu ÖPP-Projekten in diesem Erfahrungsbericht zusammengefasst. Dabei geht es insbesondere um zu verallgemeinernde Problemstellungen vergleichbarer Projekte, häufige Fehler und die Schwierigkeit -2seriöser Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Der Bericht soll nicht als Leitfaden verstanden werden, sondern Hilfestellungen für objektive, nicht interessengeleitete Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen geben. Die Aussagen in diesem Bericht basieren auf den Ergebnissen von 30 geprüften ÖPPProjekten mit einem Gesamtprojektvolumen von 3,2 Mrd. Euro. In der nachfolgenden Tabelle sind die ÖPP-Projekte dargestellt, die überwiegend in einem Jahresbericht oder in anderer Form veröffentlicht wurden. Auf sie wird im Bericht beispielhaft Bezug genommen. Mit in die Bewertung eingeflossen sind Erkenntnisse aus ÖPP-Projekten, die nicht realisiert wurden. Tabelle 1: Veröffentlichte ÖPP-Projekte. Quellenverzeichnis, siehe Kapitel 9 dieses Berichtes ProjektNr. 1 Bundesland ÖPP-Projekt Vertragsmodell Laufzeit Projektvolumen1 (Zeitwerte) 1 BB Ministerium der Finanzen Inhabermodell 30 Jahre 40 Mio. Euro 2 BW Justizzentrum Heidelberg Mietmodell 15 Jahre 60 Mio. Euro 3 BW Justizvollzugsanstalt Offenburg Inhabermodell 20 Jahre 108 Mio. Euro 4 BW Duale Hochschule Heidenheim Inhabermodell 20 Jahre 67 Mio. Euro 5 BW Duale Hochschule Mannheim Inhabermodell 20 Jahre 28 Mio. Euro 6 BW Fachhochschule Aalen Inhabermodell 20 Jahre 39 Mio. Euro 7 BW Polizeirevier Ellwangen Inhabermodell 20 Jahre 8 Mio. Euro 8 BY Staatsstraße 2309 Inhabermodell 25 Jahre 39 Mio. Euro 9 BY Staatsstraße 2580 Inhabermodell 25 Jahre 13 Mio. Euro 10 HH Katharinenschule in der HafenCity Inhabermodell 25 Jahre 25 Mio. Euro 11 HH Neuorganisation im Hamburger Schulbau Inhabermodell 25 Jahre 798 Mio. Euro 12 NI Justizvollzugsanstalt Bremervörde Inhabermodell 25 Jahre 462 Mio. Euro 13 RP Berufsbild. Schulen II Kaiserslautern Inhabermodell 25 Jahre 53 Mio. Euro 14 RP Südbad Trier Inhabermodell 25 Jahre 29 Mio. Euro 15 ST Schulen und Kitas in Halle Inhabermodell 25 Jahre 218 Mio. Euro 16 ST Schulen in Magdeburg Paket I 5 Schulen Inhabermodell 20 Jahre (Finanzierung über 30 Jahre) 115 Mio. Euro 17 ST Justizvollzugsanstalt Burg Inhabermodell 25 Jahre 512 Mio. Euro 18 TH Landesstraßen Saale-HolzlandKreis Inhabermodell 30 Jahre 41 Mio. Euro Investitionsausgaben für Planung, Bauerrichtung, Finanzierung und Betrieb. -3- 2 Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten Die in den Vorbemerkungen erwähnte Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder hat zu den haushaltsrechtlichen Auswirkungen und zur Behandlung von ÖPP-Projekten ferner auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen: • Haushaltsfinanzierte ÖPP-Projekte binden die Vertragspartner über den Projektlebenszyklus in der Regel über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren. Dabei treten bei privat vorfinanzierten Maßnahmen Leistungsentgelte, die auf Basis der Kosten des Lebenszyklus kalkuliert werden, an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise. Daher sind ÖPP-Projekte während ihrer gesamten Vertragslaufzeit im Haushalt klar darzustellen. Die Belastung künftiger Haushalte muss eindeutig erkennbar sein. • Projekte, die sich die öffentliche Hand aus eigenen Mitteln nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert in einer ÖPP leisten. Angesichts der mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes2 und dem Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform3 eingeführten Begrenzung der Neuverschuldung für die Haushalte von Bund und Ländern besteht das Risiko, dass ÖPP-Projekte verstärkt als alternative Finanzierungsmodelle eingesetzt werden, wenn eine kreditfinanzierte konventionelle Umsetzung der geplanten Maßnahme eine gegen das Grundgesetz bzw. entsprechendes Landesrecht verstoßende Neuverschuldung zur Folge hätte. Da künftige Haushalte bei ÖPP-Projekten durch die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Zahlung von Nutzungsentgelten in gleicher oder ähnlicher Art wie durch Zins- und Tilgungszahlungsverpflichtungen gebunden bzw. belastet werden, können derartige ÖPP-Projekte zu einer Umgehung des Neuverschuldungsverbots führen, die es unbedingt zu vermeiden gilt. „Zur Finanzierung von ÖPP-Vorhaben gehen die öffentlichen Haushalte langfristige, einem Kreditgeschäft vergleichbare Zahlungsverpflichtungen ein, die eine Vorbelastung 2 Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2248). 3 Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702). -4künftiger Haushaltsjahre darstellen. Insofern sprechen sich die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder dafür aus, die für ÖPP-Vorhaben zu zahlenden Entgelte bei der jährlichen Ermittlung der Kreditverpflichtungen zu berücksichtigen. In den Ländern, in denen die Neuregelung des Grundgesetzes zur Begrenzung der Kreditaufnahme noch nicht umgesetzt ist, erhöhen investiv veranschlagte Leistungsentgelte für ÖPPVorhaben die Kreditobergrenze. Um auszuschließen, dass durch diese Veranschlagung ein ÖPP-Vorhaben insoweit doppelt zur Aufnahme von Krediten - zum einen, weil durch die Veranschlagung der Ausgaben in Hauptgruppe 8 zusätzliche Kredite der Gebietskörperschaft möglich sind, und daneben eine indirekte Kreditaufnahme über den ÖPPPartner erfolgt - genutzt wird, sollten ÖPP-Vorhaben die Kreditobergrenzen nicht erhöhen. Damit konsumtive Bestandteile des Leistungsentgelts der ÖPP-Projekte die Kreditobergrenze nicht erhöhen, ist eine gesonderte Angabe der Preise für einzelne Vertragskomponenten erforderlich, die durch den öffentlichen Auftraggeber gegenüber dem privaten Anbieter bei Bedarf auch eingefordert werden muss. Nach Maßgabe der Haushaltsgrundsätze der Haushaltsklarheit und -wahrheit ist das gesamte finanzielle Volumen über die Vertragslaufzeit je ÖPP-Vorhaben transparent und nachvollziehbar in den Haushalten darzustellen. Zu diesem Zweck sollten in den jährlichen Haushaltsgesetzen Übersichten über ÖPP-Vorhaben aufgenommen werden. Neben der konkreten Vorhabensbezeichnung sollten diese Übersichten Angaben über die Haushaltsstellen (Kapitel/Titel), die Bezeichnung des Objektes, die Gesamtinvestitionskosten, den Finanzierungsverlauf (in Vorjahren bereits geleistete Zahlungen, in den kommenden beiden Jahren fällige Zahlungen und die künftigen Belastungen pro Jahr), die Vertragslaufzeit, den Kaufpreis bei Vertragsende sowie die Höhe der Gesamtausgaben enthalten. In den jährlichen Vermögensrechnungen ist ebenfalls über jedes ÖPPVorhaben in transparenter Weise Rechnung zu legen. Im Übrigen sollte überlegt werden, ob eine Rücklage für die Gesamtheit des ÖPP-Vorhabens in Analogie zur Vorgehensweise bei der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 95) zu bilden ist. Im Rahmen von ÖPP-Projekten im kommunalen Bereich stellt die gegenüber dem Privaten eingegangene Verpflichtung der Kommune zur Zahlung des Leistungsentgelts über die Vertragslaufzeit im Allgemeinen ein kreditähnliches und damit genehmigungspflichtiges bzw. gegenüber der Aufsichtsbehörde anzeigepflichtiges Rechtsgeschäft dar. Von staatlicher Seite sollten verbindliche Mindestanforderungen für ÖPP-Projekte vorgegeben werden. -5Der Bund-/Länder-Arbeitsausschuss „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ der Finanzministerien des Bundes und der Länder hat zur haushaltsrechtlichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten Empfehlungen beschlossen4. Zum Zwecke der Schaffung einheitlicher Grundsätze für die Veranschlagung von Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen und für die Nutzung sonstiger haushaltsrechtlicher Instrumente und um eine gleichlaufende haushaltssystematische Einordnung von ÖPP-Projekten in Bund und Ländern zu gewährleisten, werden in diesem Regelwerk insbesondere folgende Hinweise gegeben: • Zur Sicherung des parlamentarischen Budgetrechts und des Informationsanspruchs der Öffentlichkeit sind für durch ÖPP-Projekte verursachte Ausgaben in künftigen Jahren in die Haushalte von Bund und Ländern Verpflichtungsermächtigungen aufzunehmen. Diese müssen vor Eingehen der entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen zur Verfügung stehen. Liegt das Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zum Zeitpunkt der erstmaligen Veranschlagung nicht vor, sind die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen bei den Titeln zu veranschlagen, wie sie im Falle einer konventionellen Baumaßnahme oder Beschaffung zu veranschlagen wären. Im Haushaltsgesetz ist in diesem Fall eine Ermächtigung für die alternative Beschaffungsvariante vorzusehen. Wenn nach der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung das ÖPPProjekt vorteilhaft ist, sind die hierfür erforderlichen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen auf die entsprechenden Titel der Hauptgruppe 5 und 8 umzusetzen. Die für konventionelle Baumaßnahmen oder Beschaffungen veranschlagten Investitionen sind als Minderausgaben bei den jeweiligen Investitionstiteln haushaltsmäßig einzusparen. Um einen etwaigen zusätzlichen Bedarf an Verpflichtungsermächtigungen abzudecken, könnte die haushaltsgesetzliche Ermächtigung entsprechend ergänzt werden. • Dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts entsprechend ist aus Transparenzgründen eine gesonderte Darstellung der ÖPP-Projekte in den Haushalten von Bund und Ländern erforderlich. Diese sollte in einer als Anlage dem Entwurf des Haushaltsplans beizufügenden Gesamtübersicht über die zu veranschlagenden Verpflichtungsermächtigungen gegeben werden. 4 Empfehlungen des Bund-/Länder-Arbeitsausschusses „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ zur haushaltsrechtlichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten vom 5. September 2007. -6- • ÖPP-Vertragsmodelle sind grundsätzlich nicht mit einer Kreditaufnahme der öffentlichen Hand nach Art. 115 Abs. 1 GG bzw. den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen gleichzusetzen, wenn der Private die Finanzierungsverantwortung trägt5. 3 Finanzierung von ÖPP-Projekten 3.1 Projektfinanzierung Bei einer Projektfinanzierung werden die Zahlungen der öffentlichen Hand in der Regel nach Bauübergabe und Betriebsaufnahme in Raten über die gesamte Laufzeit (ca. 20 bis 25 Jahre) geleistet. Im Falle einer Insolvenz des privaten Partners kann durch eine Einstellung der Ratenzahlungen das Risiko ökonomisch beherrscht werden. Neben einer angemessenen Risikoverteilung bieten Projektfinanzierungen auch den Vorteil einer zusätzlichen Kontrolle durch die Banken (Due Diligence). Da den Fremdkapitalgebern als Haftungsmasse häufig nur die Kapitaleinlage der für das jeweilige ÖPP-Projekt gegründeten Projektgesellschaft zur Verfügung steht, ergeben sich für sie Finanzierungsrisiken. Erfahrungsgemäß haben Projektfinanzierungen deshalb einen um 0,5 bis 1,0 % höheren Finanzierungszinssatz im Vergleich zu einer konventionellen Haushaltsfinanzierung oder Finanzierung mit Einredeverzicht. Projektfinanzierungen sehen in ihrer Finanzierungsstruktur vor, dass der Investor Eigenkapital einzubringen hat. Damit haben mittelständische Unternehmen häufig Probleme. 3.2 Forfaitierung mit Einredeverzicht Forfaitierung mit Einredeverzicht ist neben der Projektfinanzierung die häufigste Finanzierungsform, da sie dem privaten Partner Finanzierungskonditionen ähnlich denen der öffentlichen Hand ermöglicht. Dies liegt darin begründet, dass in den Finanzierungskosten der Bank, aufgrund des Einredeverzichts des öffentlichen Auftraggebers, keine projektspezifischen Risiken Beachtung finden und die Kosten für ein aufwendiges Projekt5 Im kommunalen Bereich stellen ÖPP-Vertragsmodelle hingegen kreditähnliche Geschäfte dar, die wirtschaftlich gesehen einer Kreditaufnahme gleichkommen (vgl. Empfehlungen des Bund-/LänderArbeitsausschusses „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ zur haushaltsrechtlichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten vom 5. September 2007). -7controlling seitens der Bank entfallen. Im Gegensatz zur Projektfinanzierung kommt es bei dem Finanzierungsmodell der Forfaitierung mit Einredeverzicht zu einer eindeutigen Verschiebung der Risiken in Richtung öffentlicher Hand. Diese Risikoverschiebung hat nach den Prüfungserkenntnissen der Rechnungshöfe vor allem im Wirtschaftlichkeitsvergleich bislang nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden. Bei einer Insolvenz der Projektgesellschaft muss der öffentliche Auftraggeber nicht nur seine Verpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank erfüllen, sondern ggf. auch forfaitierte Leistungen in der Betriebsphase übernehmen bzw. neu ausschreiben. Das bedeutet unter Umständen, dass zumindest streckenweise die Entgeltzahlung für Leistungen fortdauert, die von der Projektgesellschaft nicht mehr erbracht werden. Es ist deshalb sorgfältig zu regeln, welche Gewährleistungs- und Vertragsrechte Bestandteil des Einredeverzichts werden sollen. Ergänzend sei darauf verwiesen, dass diese Maßnahmen jedoch zur Reduzierung des Finanzierungskostenvorteils bei der Forfaitierung mit Einredeverzicht führen und diesen aufgrund zusätzlicher Risiken und Transaktionskosten ins Gegenteil verkehren können. 4 Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten 4.1 Bedarfsermittlung Mit der Bedarfsermittlung ist zu klären, ob ein konkreter Investitionsbedarf der öffentlichen Hand gegeben ist. Die Notwendigkeit ergibt sich aus den originären staatlichen Aufgaben für die Daseinsvorsorge und der Umsetzung der politischen Ziele. Die Zielstellungen sind auf dieser Grundlage für konkret zu realisierende Projekte herauszuarbeiten. An der Verantwortung der öffentlichen Hand für die Bedarfsermittlung kann es keine Abstriche geben. Sie hat die Ziele, die zu erbringenden Leistungen sowie den quantitativen und qualitativen Standard der geplanten Projekte vorzugeben. Bereits in dieser Phase muss nachgewiesen werden, ob die Maßnahme grundsätzlich finanzierbar ist. Dabei sind auch die Kostenanteile über den Zeitraum des Betriebs zu prüfen. Die Entscheidung über die Art der Realisierung (konventionelle Finanzierung oder Finanzierung im Rahmen eines ÖPP-Projekts) muss solange wie möglich offenbleiben. Bei der Bedarfsermittlung sind im Vorgriff auf den sich anschließenden Projekteignungstest die wesentlichen Merkmale von ÖPP-Projekten, der Lebenszyklusansatz und die -8Möglichkeit einer funktionalen und ergebnisorientierten Beschreibung des Projekts in die Entscheidung einzubeziehen. Aus den Erfahrungen bereits durchgeführter Prüfungen ergibt sich, dass der Bedarf der öffentlichen Hand nachvollziehbar herausgearbeitet werden muss. Hierzu zwei Beispiele: Berufsbildende Schulen II in Kaiserslautern (Projekt-Nr. 13) Bei der Prüfung der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Projekt Berufsbildende Schulen II in Kaiserslautern stellte der Rechnungshof Rheinland-Pfalz fest, dass der Raumbedarf nicht ordnungsgemäß ermittelt war. Das Planungskonzept sah den Umbau, die Sanierung sowie den Abbruch von Gebäudeteilen sowie einen Neubau vor. Insgesamt ging das Konzept von 8.835 m² Hauptnutzfläche aus. Ein von der Schulaufsicht genehmigtes Raumprogramm und eine hinreichend konkrete Belegungsplanung für die nach der Sanierung in den Bestandsgebäuden unterzubringenden Raumnutzungen lagen nicht vor. Der Rechnungshof forderte daher, auf der Grundlage eines mit der Schulbehörde abgestimmten Raumbedarfsplans eine Belegungsplanung für die zu sanierenden Bestandsgebäude zu erstellen und danach den Flächenbedarf für den Neubau zu ermitteln. Die Überarbeitung des Raumbedarfsplans führte dazu, dass sich die Hauptnutzfläche gegenüber dem Planungskonzept um mehr als 800 m² reduzierte. Der Flächenbedarf für den Neubau fiel dadurch wesentlich geringer aus als in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angenommen. Die auf der Basis der ursprünglichen Planungskonzeption beabsichtigte ÖPP-Realisierung hätte - über den Lebenszyklus betrachtet - erhebliche, vermeidbare Mehrkosten für den Bau und die Nutzung der Schule zur Folge gehabt. Straßenprojekt in Thüringen (Projekt-Nr. 18) In Thüringen sind die Leistungen für die Erneuerung und Unterhaltung eines 20 km langen Teilnetzes der Landesstraßen auf ein privates Unternehmen übertragen worden. Der Thüringer Rechnungshof hat bei seiner Prüfung festgestellt, dass der Freistaat bereits die Bedarfsermittlung auf eine künftige ÖPP-Maßnahme ausgerichtet hatte. So wurden bei einer konventionellen Beschaffung übliche Leistungsbestandteile, wie die Optimierung der Linienführung der Landesstraße und die gleichzeitige Erneuerung der Ortsdurchfahrten ausgeklammert, um kalkulatorische Risiken für eine funktionale ÖPPAusschreibung von vornherein zu minimieren. Auch die Leistungen für den Betriebsdienst erfuhren bei der Bedarfsermittlung eine "Leistungsbereinigung", indem auf die nicht oder nur eingeschränkt kalkulierbaren Winterdienstleistungen verzichtet worden war. -94.2 Einsatz externer Berater und Transaktionskosten Bei der Vorbereitung und Umsetzung von ÖPP-Projekten beauftragten in rund 80 % der geprüften ÖPP-Projekte die öffentlichen Auftraggeber externe Berater, die regelmäßig auch Beratungsleistungen zur Frage der Wirtschaftlichkeit erbrachten. Inhalt der Verträge sind überwiegend folgende Leistungen: • • • • • • Eignungstest, Machbarkeitsstudie, vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Begleitung der Ausschreibungsverfahren, abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sowie Betreuung in der Bau- und der Betriebsphase. Die fachliche Eignung der Berater bestimmt entscheidend die Qualität der Aussagen in den einzelnen Phasen der Projektrealisierung. Um eine hohe Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen der Berater zu sichern, sind diese dem Wettbewerb zu unterstellen. Die Auswahl der Berater erfolgte vielfach anhand der Empfehlungen der ehemaligen PPP-Task Force des Bundes. Die Rechnungshöfe stellten fest, dass günstige „Lockangebote“ für Machbarkeitsstudien angeboten wurden, um Folgeberatungsaufträge zu erlangen (z. B. Projekt-Nr. 14). In vielen Fällen zeichneten sich die Arbeitsergebnisse der Berater durch mangelnde Nachvollziehbarkeit aus. Zum Teil waren die Grenzen zwischen Beratung und Lobbying fließend. Auf die Problematik der eigennutzorientierten Beratung weist auch ein vom Bundesrechnungshof in Auftrag gegebenes wissenschaftliches Gutachten hin. Demnach „…können involvierte Berater an einem bestimmten Ausgang einer WU (Wirtschaftlichkeitsuntersuchung) interessiert sein, um z. B. etwaige Folgeaufträge erhalten zu können“.6. Die für die externen Berater notwendigen Ausgaben sind Teil der Transaktionskosten und bewegen sich in der Größenordnung von Projektsteuerungskosten. 6 Beckers, T./Corneo, G./Klatt, J. P./Mühlenkamp, H., Zeitliche Homogenisierung und Berücksichtigung von Risiken im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Berlin/Speyer 2009, S. 40. - 10 Bei einigen geprüften Maßnahmen überstiegen die Transaktionskosten den ursprünglich geplanten Betrag erheblich, sodass - bei nur geringen Vorteilen der ÖPP-Maßnahme gegenüber der herkömmlichen Beschaffung - die Wirtschaftlichkeit der ÖPPBeschaffungsvariante bereits dadurch infrage gestellt war. 4.3 Eignungstests Mit den Rahmenbedingungen eines Projekts bestimmt der Auftraggeber den Gestaltungsspielraum, den Bieter im Hinblick auf innovative Vorschläge und alternative Konzepte für den Bau und Betrieb haben. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen hat daher wesentlichen Einfluss auf die Eignung eines Projekts für eine ÖPP-Realisierung. Eine zu starke Einschränkung kann dazu führen, dass sich ein Projekt für eine ÖPPRealisierung nicht mehr eignet und potenzielle Bewerber kein Interesse an einer ÖPP haben. Für den wirtschaftlichen Erfolg eines ÖPP-Projekts kommt es entscheidend darauf an, dass Bieter in ausreichendem Umfang Dispositionsfreiheit erhalten, um • ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen in das betriebliche Konzept einzubringen, • Vorschläge für Innovationen in den Bereichen Bau, Betrieb und Instandhaltung zu entwickeln und • Vorschläge für eine wirtschaftliche und attraktive Realisierung zu unterbreiten, z. B. durch zusätzliche Angebote, mit denen der private Partner eigene Einnahmen erzielen kann. Durch einen Eignungstest soll vorab ermittelt werden, ob ein Projekt als ÖPPMaßnahme grundsätzlich geeignet ist. Dazu wird eine Bewertung anhand verschiedener Eignungskriterien7 vorgenommen, die projektspezifisch unterschiedlich ausgeprägt sein können: 7 Vgl.: Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 5./6. September 2006, Kapitel 4.2.2.1. (http://www.bmvbs.de/sharedDocs/DE/Artikel/UI/ bundeseinheitlicher-Leitfaden-bei-ppp-projekten-wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.html). - 11 • • • • Ausreichend hohes Projektvolumen keine rechtlichen und/oder projektspezifischen Restriktionen gegen ÖPP Synergieeffekte durch den Projektlebenszyklusansatz Übertragbarkeit von Projektrisiken an einen ÖPP-Partner Soweit der Test zu dem Ergebnis kommt, dass die ÖPP-Beschaffungsvariante grundsätzlich möglich ist, wird eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt. In den Prüfungen abgeschlossener ÖPP-Projekte wurde mehrfach festgestellt, dass mit dem Eignungstest bereits alle wesentlichen Entscheidungen für die Wahl der künftigen Beschaffungsvariante getroffen wurden, obwohl die Grundlagen für eine solche Entscheidung noch nicht hinreichend waren. Ansätze für die Baukosten der konventionellen Beschaffung wurden in den Machbarkeitsstudien zu hoch bemessen. Die Bemessungsgrundlage für die Baukosten waren im Allgemeinen nur Flächenkostenrichtwerte, die den Anforderungen an einen exakten Vergleich mit der ÖPP-Variante nicht gerecht wurden. Bei den Kosten des laufenden Betriebs wurden häufig pauschale Annahmen getroffen, die aus fachlicher Sicht nicht die notwendige Qualität und Sicherheit erwarten ließen. Die untersuchten Objekte wiesen sehr unterschiedliche Zuordnungen der Aufgaben zwischen öffentlichem Auftraggeber und privatem Partner für die Zeit des Betriebs aus. Oft sollten nur Teilaufgaben des laufenden Betriebs vom Privaten übernommen werden. Im Laufe des Verfahrens (zwischen vorläufiger Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Auftragserteilung an den ÖPP-Partner) wurde die Aufteilung der Leistungen für die Betriebsphase zwischen dem privaten Partner und dem öffentlichen Auftraggeber oft noch "angepasst". Des Weiteren wurden erste Annahmen zum Risikoprofil getroffen. Die Zuordnung der einzelnen Risiken war in der Regel nicht transparent, die angenommene Höhe der Risiken nicht nachvollziehbar. Die getroffenen Annahmen waren für tragbare Haushaltsentscheidungen unzureichend. 4.4 Leistungsbeschreibung Der öffentliche Auftraggeber definiert die Anforderungen eines Projekts, sog. Outputs (z. B. Funktion, Zweck, Standards und Qualitäten), der Bieter hat für die konkrete Ausgestaltung der Anforderungen zu sorgen. Wichtig ist eine ausreichende Dispositionsfrei- - 12 heit der Bieter, damit sie ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, Vorschläge für Innovationen entwickeln und zusätzliche Angebote für wirtschaftlichere Alternativen unterbreiten können. Die Outputspezifikationen werden in einer ergebnisorientierten funktionalen Leistungsbeschreibung vorgegeben und zwar möglichst so, dass das Leistungsspektrum eindeutig und erschöpfend beschrieben wird und von den Bietern mit deren bieterspezifischem Know-how kalkuliert werden kann8. Die eindeutige Festlegung der Outputs ist sowohl für die Angebotsauswertung, für die Kontrolle der Bauausführung und des Betriebs sowie ggf. bei Vergütungsverhandlungen von entscheidender Bedeutung. Werden die Outputs nicht eindeutig definiert, eröffnet dies Interpretationsspielräume und erschwert eine objektive monetäre Bewertung der angebotenen Leistung erheblich. So stellte der Rechnungshof Rheinland-Pfalz fest, dass die Leistungsbeschreibung für das ÖPP-Pilotprojekt Südbad Trier (Projekt-Nr. 14) diese Anforderungen in weiten Teilen nicht erfüllte. Beispielsweise waren die Anforderungen an die Ausführung der Flachdächer wie folgt beschrieben: „Dach/Vordächer müssen dicht, die Rahmen und Bauteile müssen liniengerecht, sicher montiert und eben sein.“ Qualitätsanforderungen an den Flachdachaufbau sowie Angaben zu den zu beachtenden technischen Regeln fehlten. Die Service Levels für den Betrieb und die Instandhaltung waren nicht Gebäude- und nutzungsspezifisch auf die individuellen Gegebenheiten des Projekts abgestimmt. Konkrete Qualitätsstandards fehlten. So war z. B. nicht eindeutig definiert, unter welchen Voraussetzungen der Zustand baulicher oder betriebstechnischer Anlagen als „mangelhaft“ einzustufen ist. Die Beschreibungen enthielten in vielen Fällen keine exakten, nachprüfbaren oder messbaren Anforderungen, sondern Formulierungen wie „Risse außerhalb des Toleranzbereiches (DIN ?), kleinere Risse, größere Risse, verunreinigt, leicht verunreinigt, erheblich verunreinigt, Verformungen, kleinere Verformungen, größere Verformungen, starke Verformungen“ usw. Es blieb dabei offen, worin genau die Unterschiede zwischen kleineren, größeren und starken Verformungen bestehen und was unter der mehrfach verwendeten Bezeichnung „Risse außerhalb des Toleranzbereiches (DIN ?)“ zu verstehen ist. 8 Vgl.: Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Kapitel 4.4.1.1 und 4.4.1.4., a.a.O. - 13 Maßgebend für die Auslegung einer Leistungsbeschreibung ist nach der Rechtsprechung9 der objektive Empfängerhorizont. Dabei ist nicht auf einen einzelnen Bieter, sondern auf den im Voraus nicht übersehbaren Kreis aller Empfänger abzustellen. Unklarheiten und Interpretationsspielräume in der Leistungsbeschreibung sowie uneinheitliche oder nicht hinreichend definierte Qualitäts- und Leistungsstandards können dazu führen, dass Angebote nicht miteinander vergleichbar sind. Eine sachgerechte Wertung wird dadurch erheblich erschwert oder sogar unmöglich. Ein transparenter Wettbewerb und eine Gleichbehandlung der Bieter (§ 97 Abs. 1, 2 GWB) sind unter diesen Voraussetzungen nicht gewährleistet. Darüber hinaus bergen nicht hinreichend konkret definierte Leistungsbeschreibungen die Gefahr, dass Bieter die damit verbundenen Risiken durch hohe Sicherheitszuschläge sowie spekulative und für den Auftraggeber unwirtschaftliche Preise kompensieren. Die zu erbringenden Leistungen müssen so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, dass • Missverständnisse und Interpretationsspielräume vermieden werden, • Auftragnehmern keine ungewöhnlichen Wagnisse aufgebürdet werden10, • Bieter ihre Preise sicher und ohne überhöhte Sicherheitszuschläge kalkulieren können und • die Vergleichbarkeit der Angebote und damit ein fairer und transparenter Wettbewerb gewährleistet ist. Fehlende oder nicht hinreichend konkrete Vorgaben zu den geforderten Leistungen haben außerdem zur Folge, dass für Bieter ein deutlich höherer Arbeits- und Kostenaufwand für die Planung und die Erstellung der Angebote entsteht. In einem der geprüften Fälle trug dies dazu bei, dass sich Bieter nicht am Wettbewerb beteiligten und nur ein Angebot abgegeben wurde. 9 BGH, Baurecht 1993, S. 595 f. und OLG Braunschweig, Baurecht 2010, S. 87 f. 10 BGH, Baurecht 1994, S. 223 („Wasserhaltung III“) und Baurecht 2010, Sonderheft 2a, S. 293 ff. - 14 4.5 Ausschreibung von ÖPP-Projekten Die Ausschreibung der Leistungen erfolgte bei den geprüften Projekten grundsätzlich europaweit. In Abhängigkeit von der Art der Leistungsbeschreibung war entweder ein Offenes bzw. Nichtoffenes Verfahren oder ein Verhandlungsverfahren mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb die Regel. Die Vergabe des Projekts „Neuorganisation im Hamburger Schulbau“ (Projekt-Nr. 11) an ein öffentliches Unternehmen erfolgte abweichend davon ohne vorherigen Wettbewerb, womit auf die realistische Chance verzichtet wurde, im Wettbewerb mehrerer Anbieter eine wirtschaftlichere Lösung zu erreichen. Aus diesen Gründen sollte bei Ausschreibung der ÖPP-Variante in den Vergabeunterlagen grundsätzlich darauf hingewiesen werden, dass die Ausschreibung aufgehoben wird, falls die abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auf der Basis der eingegangenen ÖPP-Angebote ergibt, dass die konventionelle Beschaffungsvariante wirtschaftlicher ist. Zu Architektenwettbewerben, die im Vorfeld von ÖPP-Ausschreibungen durchgeführt wurden, liegen keine Prüfungserkenntnisse der Rechnungshöfe vor. Gleiches gilt für Entschädigungen ausgeschiedener Bieter. Zur Höhe dieser Entschädigung besteht nach Ansicht geprüfter Stellen Regelungsbedarf. 4.6 Vertragsgestaltung Wegen der Komplexität der zu vereinbarenden Leistungen, der Verknüpfung von Bau und Betrieb sowie der sehr langen Vertragslaufzeit stellt die Ausgestaltung der Verträge sehr hohe Anforderungen. Entsprechende Kompetenz war bei den geprüften Stellen nicht immer vorhanden. In diesen Fällen musste externe Beratungsleistung eingekauft werden. Die ÖPP-Vertragsmodelle unterscheiden sich hinsichtlich der Eigentümerfunktionen während der Vertragslaufzeit und der Ausgestaltung einer eventuellen Kaufoption bzw. Übernahme zum bereits vorab kalkulierten Restwert durch den öffentlichen Auftraggeber. Bei ihren Prüfungen stellten die Rechnungshöfe fest, dass die Verträge häufig unvollständig und/oder fehlerbehaftet waren. In dem Vertrag zum ÖPP-Projekt Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg (Projekt-Nr. 17) fehlte eine konkrete Festlegung über die Höhe der jährlich vom privaten Partner zu erbringenden Bauunterhaltung, obwohl in der ÖPP-Rate des Landes hierfür jährliche Kosten von 415.000 Euro veranschlagt waren. Bonusregelungen für Normleistungen führen laufend - 15 zu Mehrkosten und einseitig das Land belastende Preisanpassungsklauseln für Energieund Medienversorgung bedingten bereits 2009 zusätzliche Ausgaben in Höhe von 485.000 Euro. Beim Straßenprojekt in Thüringen (Projekt-Nr. 18) wurde durch den Vertrag das noch im Wirtschaftlichkeitsvergleich dem privaten Partner zugeordnete Planungsrisiko auf die öffentliche Hand übertragen. Aus diesen beispielhaft genannten vertraglichen Festlegungen entstehen Unwägbarkeiten, die die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verfälschen und die ÖPPVarianten wirtschaftlicher erscheinen lassen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich Spielräume für Manipulationen eröffnen. 5 Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten 5.1 Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen Nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind für alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen11. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die bei ÖPPProjekten aufgrund der Investitionsvolumina und langen Vertragslaufzeiten grundsätzlich nach dynamischen Investitionsrechnungsmethoden erstellt werden. Mittels Kapitalwertmethode (Barwertmethode) werden die über die Gesamtlaufzeit voraussichtlich anfallenden Zahlungsströme der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPPVariante auf den Entscheidungszeitpunkt diskontiert und damit vergleichbar gemacht. Ergänzend können auch statische Rechenverfahren sowie nichtmonetäre Entscheidungskriterien Teil der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sein. Weitere theoretische Ansätze und praktische Hinweise zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei ÖPP-Projekten finden sich in der einschlägigen Fachliteratur sowie den inzwischen zahlreichen Leitfäden und werden hier nicht weiter vertieft. Bei ihren Untersuchungen deckten die Rechnungshöfe in vielen Fällen methodische oder rechnerische Fehler in den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf. 11 § 6 des Haushaltsgrundsätzegesetzes, § 7 der Bundeshaushaltsordnung und der haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Länder sowie hierzu ergangene Verwaltungsvorschriften. - 16 5.2 Berechnung der Effizienzvorteile Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein muss12. Dies erfordert objektive und transparente Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, in denen die ÖPP-Variante mit einer konventionellen Beschaffungsvariante der öffentlichen Hand verglichen wird. Die Rechnungshöfe haben bei ihren Untersuchungen daher besonderes Augenmerk auf die jeweils angewandte Methodik sowie die zugrunde liegenden Annahmen und Parameter der Wirtschaftlichkeitsberechnungen von ÖPP-Projekten gerichtet. Der Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ definiert hierzu Mindeststandards und wurde in der Regel zur Beurteilung der Projekte herangezogen. Die dargestellten Prüfungserkenntnisse der Rechnungshöfe zeigen über den Einzelfall hinausgehende Aspekte zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit und Finanzierung von ÖPP-Projekten auf. Die Rechnungshöfe stellten fest, dass die Effizienzvorteile der ÖPP-Varianten häufig zu hoch ermittelt oder nicht schlüssig nachgewiesen wurden. Dies veranschaulicht nachfolgende Tabelle: Tabelle 2: Vergleich der ermittelten Effizienzrenditen von Beratern/Verwaltung mit den Ergebnissen der Rechnungshöfe 12 ProjektNr. Bundesland ÖPP-Projekt 1 BB Ministerium der Finanzen 2 BW 3 4 Von den Beratern/ Verwaltungen ermittelte ÖPP-Effizienzrendite (Barwerte) (in %) Prüfungsergebnis der Rechnungshöfe ÖPP-Effizienzrendite (Barwerte) (in %) Differenz Effizienzrendite geringer (-) höher (+) (in %) 2,0 -6,5 -8,5 Justizzentrum Heidelberg 9,95 9,66 -0,29 BW JVAt Offenburg 1,94 1,67 -0,27 BW Duale Hochschule Heidenheim -0,54 -0,54 0 Vgl.: Beschluss der Präsidentenkonferenz am 3. und 4. Mai 2006 in München. - 17 - ProjektNr. Bundesland ÖPP-Projekt Von den Beratern/ Verwaltungen ermittelte ÖPP-Effizienzrendite (Barwerte) (in %) Prüfungsergebnis der Rechnungshöfe ÖPP-Effizienzrendite (Barwerte) (in %) Differenz Effizienzrendite geringer (-) höher (+) (in %) Investorenangebot mit Grobkostenschätzung der konventionellen Beschaffungsvariante nicht vergleichbar --- 5 BW Duale Hochschule Mannheim 6 BW Fachhochschule Aalen 3,26 3,40 0,14 7 BW Polizeirevier Ellwangen -1,97 -0,84 (Projekt wurde nicht als ÖPP-Variante realisiert) 1,13 bis 8 % von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen --- bis 2 % von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen --- 25,76 von den Beratern angegebene Effizienzrendite beruht auf unzulänglichem Wirtschaftlichkeitsvergleich --- 11,02 (nominal) 4,83 (nominal) -6,19 --- 8 9 BY Staatsstraße 2309 BY Staatsstraße 2580 10 HH Katharinenschule in der HafenCity 11 HH Neuorganisation im Hamburger Schulbau (ÖÖP) 12 NI JVA Bremervörde 5,68 von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht abschließend geprüft 13 RP Berufsbild. Schulen II Kaiserslautern 4,44 -6,03 (Projekt wurde nicht als ÖPP-Variante realisiert) -10,47 14 RP Südbad Trier 4,0 -21,50 -25,5 Schulen und 1-35% (Schulen) Kitas in Halle 2,8-15% (Kitas) von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen --- 11 von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen --- --- --- 15 16 ST ST Schulen in Magdeburg Paket I - 5 Schulen 17 ST JVA Burg 12 von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen 18 TH Landesstraßen SaaleHolzland-Kreis 1,8 Wirtschaftlichkeit von den Beratern nicht schlüssig nachgewiesen - 18 5.3 Vergleichbarkeit der Beschaffungsvarianten Die Rechnungshöfe vertreten die Auffassung, dass ÖPP eine wertneutrale Variante zu herkömmlichen Beschaffungsformen der öffentlichen Hand darstellt. Konventionelle und alternative Beschaffungsvariante müssen im Wirtschaftlichkeitsvergleich ergebnisoffen gegenübergestellt werden. Entscheidend ist, dass für beide Varianten einheitliche Rahmenbedingungen bzw. Planungsgrundlagen gewählt werden. Denn die Qualität und das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden maßgeblich dadurch beeinflusst, wie die Parameter der jeweiligen Beschaffungsvarianten ermittelt wurden. Während die in den abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich einfließenden Daten der ÖPP-Variante auf konkreten Ausschreibungs- und Verhandlungsergebnissen basieren, sind dies bei der konventionellen Beschaffungsvariante überwiegend Kostenschätzungen und Erfahrungswerte abgeschlossener Projekte, die teilweise mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sein können. In vielen Fällen ergaben die Untersuchungen der Rechnungshöfe, dass ungleiche Rahmenbedingungen rechnerisch zu erheblichen Kostennachteilen der konventionellen Beschaffungsvariante führten. Dadurch war die Vergleichbarkeit beider Varianten eingeschränkt oder nicht mehr gegeben. Häufig fanden sich in den Wirtschaftlichkeitsprognosen pauschale Annahmen, die das konventionelle Bauen und Betreiben mit Mehrkosten belasteten. Beispiele dafür sind: • • • • • • • längere Planungs- und Bauzeiten, geringeres Innovationspotenzial, höhere Baukosten, höheres Nachtragsvolumen und schlechteres Nachtragsmanagement, höhere Kosten des laufenden Betriebs, höherer Sanierungs- und Instandhaltungsaufwand, höhere Risikokosten. Bei näherer Betrachtung erwiesen sich die Annahmen oft als unbegründet. Belege für die getroffenen Annahmen fehlten regelmäßig. - 19 In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen führte dies dazu, dass die konventionelle Beschaffungsvariante gegenüber der ÖPP-Variante teilweise deutlich weniger wirtschaftlich ausfiel, als dies bei gleichen Rahmenbedingungen der Fall gewesen wäre. Folgende Einzelfälle belegen diese Problematik: 5.3.1 Bayerischer Oberster Rechnungshof Staatsstraßenprojekte in Bayern (St 2309 und St 2580) Der Bayerische Oberste Rechnungshof prüfte zwei Staatsstraßenbauprojekte, die als ÖPP-Pilotprojekte ausgeschrieben worden waren (Projekt-Nr. 8 und 9). Die Prüfung befasste sich u. a. mit den Kostenvergleichen zwischen der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPP-Variante. Dabei stellte der Bayerische Oberste Rechnungshof fest, dass unterschiedliche Rahmenbedingungen zu rechnerischen Kostenvorteilen der ÖPP-Variante führten. So wurde bei der konventionellen Beschaffungsvariante aufgrund knapper Haushaltsmittel eine zeitliche Streckung und Ausschreibung nach Fachlosen ebenso unterstellt wie erhebliche Mehrkosten infolge mehrfacher Baustelleneinrichtung und ungünstigeren Bauablaufs. Hätte die Verwaltung im Rahmen ihrer Budgetbewirtschaftung für gleiche Rahmenbedingungen gesorgt, hätte die konventionelle Beschaffungsvariante zum gleichen Ergebnis geführt. Auch bei den Bauwerken wurden nach Ansicht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs rechnerisch Kostenvorteile zugunsten der ÖPP-Variante infolge günstigerer Bauweise unterstellt, die aber keinen ÖPP-spezifischen Vorteil darstellten. Günstigere Lösungen würden auch bei konventionellen Ausschreibungen regelmäßig angeboten und beauftragt. Erhebliche rechnerische Kostenvorteile der ÖPP-Variante wurden ebenso bei der Erhaltung der Straßen- und Ingenieurbauwerke unterstellt. Bei der konventionellen Realisierung wurden innerhalb der 25-jährigen Laufzeit deutlich höhere und umfangreichere Erhaltungsmaßnahmen der Straßendecke und Ingenieurbauwerke angenommen als bei der ÖPP-Variante. Zusammenfassend stellte der Bayerische Oberste Rechnungshof fest, dass der Kostenvergleich der Verwaltung auf ungleichen Annahmen beruhte. Nur deshalb hätten sich - 20 bei den Kosten für Bau und Erhaltung Vorteile für die ÖPP-Variante ergeben. Der unter diesen Annahmen erstellte Wirtschaftlichkeitsvergleich war insofern unrealistisch. 5.3.2 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Überörtliche Prüfung bei der Stadt Magdeburg (Projekt-Nr. 16) Der Landesrechnungshof prüfte die von der Stadt Magdeburg als ÖPP-Projekt beschlossene Sanierung und Bewirtschaftung von Schulen (Paket I - Fünf Schulen). Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde von einem Beratungsunternehmen erstellt. Grundlage für die Baukostenermittlung waren abgeschlossene und abgerechnete Schulsanierungsvorhaben der Stadt Magdeburg, die teilweise in mehreren, bis zu vier Bauabschnitten durchgeführt wurden. Aus diesen Sanierungsvorhaben wurden unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen Referenzpreise (Euro/m²) ermittelt und für die Kostenberechnung der konventionellen Beschaffungsvariante herangezogen. Abweichend wurde bei der Kostenberechnung für die ÖPP-Variante in der Wirtschaftlichkeitsprognose unterstellt, dass die Sanierung in einem Bauabschnitt erfolgt. Der daraus resultierende Kostenvorteil zugunsten ÖPP betrug 10 %. Aus Sicht des Landesrechnungshofs war unbestritten, dass eine Sanierung als Gesamtmaßnahme in einem Bauabschnitt wirtschaftlicher ist gegenüber der Durchführung mehrerer Einzelvorhaben. Dies sei aber für alle Beschaffungsvarianten gleichermaßen zutreffend und kein spezifischer ÖPP-Vorteil. Bei entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen wäre auch bei einer konventionellen Beschaffung eine Abwicklung der Sanierungsmaßnahmen im Gesamten möglich und damit kostengünstiger gewesen. Die ÖPP-Variante wurde auch bei den Betriebskosten rechnerisch bevorzugt, indem bei den Heizkosten ein Einsparpotential von 25 % angenommen wurde; bei der konventionellen Beschaffungsvariante hingegen nur 5 %. Begründet wurde dies von den Beratern mit dem Lebenszyklusgedanken, wodurch bei der ÖPP-Variante weitere Einsparpotenziale ausgeschöpft werden könnten. Als Beispiel wurde im Wirtschaftlichkeitsgutachten der Rückbau von Heizkörpern in nicht nutzbaren Räumen angeführt. Der Landesrechnungshof konnte im Rahmen der Prüfung keine Nachweise finden, die diese pauschale Annahme gerechtfertigt hätten. Auch bei der Bewirtschaftung in Eigenregie sei es beispielweise üblich, ungenutzte Räume nicht zu beheizen. - 21 Der Beschluss für das ÖPP-Projekt wurde zu einem Zeitpunkt gefasst, zu dem die Wirtschaftlichkeit dieser Beschaffungsvariante noch nicht ausreichend nachgewiesen war. Der Landesrechnungshof stellte zudem fest, dass der pauschale Effizienzvorteil der ÖPP-Variante weder bei den Baukosten noch bei den Betriebskosten schlüssig nachgewiesen werden konnte. 5.3.3 Thüringer Rechnungshof Bau- und Erhaltungsmodell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis (Projekt-Nr. 18) Der Rechnungshof prüfte ein Bau- und Erhaltungsmodell einer rund 20 km langen Landesstraße im Saale-Holzland-Kreis, das als ÖPP-Projekt ausgeschrieben und durchgeführt wurde. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Gesamtkosten der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPP-Variante. Zum Zeitpunkt der Machbarkeitsstudie wurden für beide Varianten Gesamtkosten von 16,6 Mio. Euro angenommen. Die abschließende Wirtschaftlichkeitsberechnung, die dem Thüringer Landtag zur Entscheidung vorgelegt wurde, wies einen rechnerischen Kostenvorteil von 2,6 Mio. Euro bzw. rund 10,5 % zugunsten der ÖPP-Variante aus. Tabelle 3: Gesamtkostenvergleich der Beschaffungsvarianten zwischen 2006 und 2007 Gesamtkosten zum Zeitpunkt Gesamtkosten Konv. Beschaffung (in Mio. Euro) Gesamtkosten ÖPP-Variante (in Mio. Euro) Kostenvorteil ÖPP-Variante (in Mio. Euro) Machbarkeitsstudie 2006 16,6 16,6 0 Wirtschaftlichkeitsberechnung 03/2007 25,2 23,0 2,2 Wirtschaftlichkeitsberechnung 06/2007 24,8 22,2 2,6 Der Rechnungshof verglich die Ergebnisse der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit den tatsächlich ausgeführten Leistungen. Er stellte fest, dass zum Zeitpunkt der Machbarkeitsstudie in beiden Varianten davon ausgegangen wurde, dass der grundhafte Ausbau der Landesstraße unter Verwendung neuer Straßenbaustoffe erfolgt. Später durchgeführte bautechnische Untersuchungen ergaben hingegen, dass das bituminöse Material für den größten Teil einen Wiedereinbau der Straßenbaustoffe erlaub- - 22 te. In die Wirtschaftlichkeitsberechnungen flossen die Untersuchungsergebnisse ein. Allerdings wurde bei der konventionellen Beschaffungsvariante weiter von einer Verwendung ausschließlich neuen Baumaterials ausgegangen, während die eingereichten ÖPP-Angebote die Wiederverwendung des Ausbaumaterials berücksichtigten. Für die vollständige Entsorgung des ausgebauten Materials wurden bei der konventionellen Beschaffungsvariante Kosten in Höhe von 3,0 Mio. Euro angenommen. Die notwendige Vergleichbarkeit beider Ausführungen war nicht mehr gegeben. Der Rechnungshof beanstandete auch die Kosten des Straßenbetriebsdienstes für die konventionelle Beschaffungsvariante. Diese waren nach seinen Berechnungen über die Vertragslaufzeit bis 2038 insgesamt um mehrere Millionen Euro zu hoch angesetzt worden. Zusammenfassend stellte der Rechnungshof fest, dass der vermeintliche Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Variante nur aufgrund der überhöhten Kostenansätze der konventionellen Beschaffungsvariante dargestellt werden konnte. 5.3.4 Voraussetzungen für einen belastbaren Wirtschaftlichkeitsvergleich Die genannten Beispiele sowie weitere Prüfungsergebnisse der Rechnungshöfe belegen, dass es wegen ungleicher Rahmenbedingungen und pauschaler Annahmen immer wieder rechnerisch zu Kostennachteilen der konventionellen Beschaffungsvariante kommt. Einheitliche Rahmenbedingungen sowie Planungsgrundlagen für beide Varianten sind daher wesentliche Voraussetzung für einen belastbaren Wirtschaftlichkeitsvergleich. Dies muss bereits bei den ersten Kostenschätzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprognose erkennbar sein. Ebenso ist es unerlässlich, die Kosten der konventionellen Beschaffungsvariante bis zum abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich fortzuschreiben. Durch pauschale Annahmen, beispielsweise durch Zu- und Abschläge auf die Gesamtkosten der konventionellen Beschaffungsvariante, können am Ende der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung keine belastbaren Ergebnisse stehen. Folgende Anforderungen sollten bei künftigen ÖPP-Projekten beachtet werden: • Die qualitativen und quantitativen Projektanforderungen/Rahmenbedingungen müssen von Projektbeginn an transparent für beide Varianten definiert sowie dokumentiert werden. - 23 • Ergeben sich im Rahmen der Ausschreibung wirtschaftlichere Lösungsansätze gegenüber der Projektausgangslage, sind diese auch bei der konventionellen Beschaffungsvariante durch Fortschreiben der Vergleichsrechnung zu berücksichtigen. • Kostenschätzungen der konventionellen Beschaffungsvariante anhand von Kostenkennwerten abgeschlossener Projekte können mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein. Konkrete Ausschreibungsergebnisse für beide Varianten bieten eine weitaus verlässlichere Vergleichsgrundlage. • Nach den Untersuchungen des Rechnungshofs Baden-Württemberg können ABCAusschreibungen wirtschaftliche Ergebnisse ermöglichen13. Der Lebenszyklusgedanke wird dabei nach Ansicht dieses Rechnungshofes nicht ausgeschlossen, denn auch Teile des Betriebs wie Bauunterhalt und Wartung können bei diesen Verfahren ausgeschrieben werden. Voraussetzung dafür ist, dass beide Varianten im Haushaltsplan ergebnisoffen veranschlagt werden. 5.4 Fehlerquellen bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen Neben der Voraussetzung, dass die einzelnen Beschaffungsvarianten vergleichbar sein müssen, gibt es eine Vielzahl weiterer Faktoren, die das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnungen in die eine oder andere Richtung verändern oder gar verfälschen können. Sie müssen als mögliche Fehlerquellen identifiziert und ausgeräumt werden. Nur dann sind die Wirtschaftlichkeitsberechnungen als Entscheidungsgrundlage geeignet. Nachfolgend vier Beispiele: • Häufig wurden fehlerhafte oder überzogene Einschätzungen bei den Risikokosten für die konventionelle Beschaffungsvariante festgestellt. Dagegen wurden die beim Auf- 13 Die A-B-C-Ausschreibung enthält die Ausschreibung mehrerer sich teilweise überschneidender Alternativen für ein bestimmtes Vorhaben innerhalb eines Vergabeverfahrens. Eine nationale oder europaweite A-B-C-Ausschreibung besteht grundsätzlich aus den Varianten A (Bauleistung als GU-Vergabe), B (Finanzierungs-/Baumanagement) und C (Bauen und Finanzierung durch einen Investor). Der Auftraggeber behält sich vor, entweder die Bauleistung des Teils A mit konventioneller Finanzierung über den Haushalt selbst zu beauftragen, oder den günstigsten Anbieter aus dem Teil B (beispielsweise eine Leasinggesellschaft) zu beauftragen, das Objekt zu finanzieren und ihrerseits den Bauauftrag an den günstigsten Bieter aus dem Teil A zu erteilen. Falls das günstigste Komplettangebot aus dem Teil C wirtschaftlicher ist, wird dieses beauftragt. Der Vorteil der A-B-C-Ausschreibung besteht darin, dass die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit einer ÖPP-Variante im Vergleich zu einer konventionellen Beschaffungsvariante der Leistungen anhand der im Wettbewerb erzielten und verbindlichen Angebote möglich wird. - 24 traggeber verbleibenden Risikokosten der ÖPP-Variante zu gering eingeschätzt. Über diese Stellschraube der Risikoübernahme ließen sich die geschätzten Kosten der konventionellen Beschaffungsvariante so zielorientiert festlegen, dass der wirtschaftliche Vorteil augenscheinlich aufseiten des ÖPP-Modells lag und dadurch die ÖPP-Variante rechnerische Effizienzgewinne auswies. Deshalb sind die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnungen dann besonders kritisch zu hinterfragen, wenn sich Effizienzvorteile zugunsten ÖPP maßgeblich aus einer günstigeren Risikoeinschätzung der ÖPP-Variante ergeben. Teilweise machten diese deutlich mehr als 50 % des gesamten Wirtschaftlichkeitsvorteils aus. Wichtig ist, dass sämtliche Risikobewertungen plausibel begründet und entsprechend dokumentiert werden. • Die Rechnungshöfe stellten vereinzelt fest, dass die Transaktionskosten nicht oder nicht ausreichend in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen berücksichtigt wurden. In Einzelfällen hätte dies das Ergebnis maßgeblich verändert, da bei ÖPP-Verfahren regelmäßig sechs- bis siebenstellige Transaktionskosten, insbesondere für die umfangreichen Beratungsleistungen, anfallen. • Bauprojekte können zu einer höheren baulichen Ausnutzung von Grundstücken infolge geänderten Planungsrechts oder wirtschaftlicherer Planung führen. In Einzelfällen wie z. B. beim Neubau des Justizzentrums Heidelberg (Projekt-Nr. 2) wurden solche Synergieeffekte ausschließlich der ÖPP-Variante im Wirtschaftlichkeitsvergleich zugerechnet. Dies stellt jedoch keinen ÖPP-spezifischen Vorteil dar und müsste daher auch bei der konventionellen Beschaffungsvariante berücksichtigt werden. • Unterschiedliche Annahmen bei der Finanzierung können zu erheblichen Kostenvorteilen bei der ÖPP-Variante führen. Bislang wurde in Berechnungen häufig unterstellt, dass infolge andauernder Nettoneuverschuldung aufgenommene Darlehen der öffentlichen Hand ausschließlich endfällig getilgt werden. Bei der ÖPP-Variante wurde hingegen in den Berechnungen eine annuitätische Tilgung unterstellt. Im Vergleich beider Finanzierungsformen ergab sich dabei rechnerisch ein erheblicher Vorteil bei den Finanzierungskosten der ÖPP-Variante (bis zu 20 %). Dies entspricht jedoch nicht der Haushaltsrealität. In beiden Fällen ist von gleichen Finanzierungsmodellen (z. B. annuitätische oder endfällige Tilgung) auszugehen. - 25 5.5 Transparenz der Wirtschaftlichkeitsberechnungen Die für die Entscheidung der Auftragsvergabe maßgeblichen Wirtschaftlichkeitsberechnungen müssen den Entscheidungsgremien frühzeitig zugänglich sein. Vereinzelt stellten die Rechnungshöfe fest, dass Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen erst nachträglich erstellt wurden. Von wesentlicher Bedeutung für die Interpretation der Wirtschaftlichkeit ist die Darstellungsweise der Ergebnisse. Der Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Variante wird häufig nur prozentual im Vergleich zur konventionellen Beschaffungsvariante angegeben; oftmals in Form zweistelliger Effizienzrenditen. Aussagekräftiger ist es, wenn das Ergebnis beider Varianten auch in absoluten Zahlen angegeben wird. Neben den Kapitalwerten (Barwerten) müssen nach Ansicht der Rechnungshöfe auch die Zeitwerte dargestellt werden, um die tatsächlichen Haushaltbelastungen erkennen zu können. 5.6 Lebenszyklusansatz und Wettbewerb Der Lebenszyklusansatz wird immer wieder als ÖPP-spezifischer Vorteil dargestellt. Nur durch die Verknüpfung des Bauens mit dem langfristigen Betreiben ließe sich ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleisten. Nach den Prüfungserkenntnissen der Rechnungshöfe stellt der Lebenszyklusansatz aber keinen ÖPP-spezifischen Vorteil dar, weil auch bei öffentlichen Baumaßnahmen generell durch entsprechende Planungen auf einen wirtschaftlichen Betrieb zu achten ist. Bei ÖPP-Projekten sind Vertragslaufzeiten von 20 bis 30 Jahren die Regel. Die langfristige Vertragsbindung an einen privaten Partner kann mit folgenden Nachteilen behaftet sein: • Der ÖPP-Partner muss die spätere Betriebsphase zum Zeitpunkt der Angebotserstellung kalkulieren. Er tut dies anhand von Referenzwerten unter Berücksichtigung des Stands der Technik bei Vertragsabschluss. Mit entsprechenden Anpassungsklauseln und Indizierungen werden die angenommenen Kosten für die Dienstleistungen einschließlich Betrieb auf bis zu 30 Jahre fortgeschrieben. Bereits nach wenigen Jahren kann die tatsächliche Preisentwicklung von den ursprünglichen Annahmen abweichen. In die Kalkulation der Betriebskomponente werden daher entsprechende Risikopositionen eingepreist, die sich in der Regel nachteilig für den Auftraggeber auswirken. - 26 • Dienstleistungen rund um den Gebäudebetrieb unterliegen Innovationen und damit Veränderungen. Allein im Bereich der kostenintensiven Gebäudereinigung wurden in den vergangenen 20 Jahren grundlegende Veränderungen durch Automation vollzogen. Bei einer Bewirtschaftung in Eigenregie partizipiert die öffentliche Hand direkt von derartigen Innovationen durch regelmäßige Ausschreibung der Dienstleistungen. • Durch die Vertragsbindung werden der Betrieb sowie die Dienstleistungen über einen Zeitraum bis zu 30 Jahre dem Markt und damit dem Wettbewerb entzogen. Die direkte Auftragsvergabe des öffentlichen Auftraggebers an meist mittelständische Firmen fällt damit weg. • Die Verträge können nicht sämtliche Eventualitäten erfassen, die durch Änderungen der Nutzung und der Rahmenbedingungen eintreten. Dies führt auch bei ÖPP regelmäßig zu zusätzlichen Kosten. 5.7 Sensitivitäts- und Szenarioanalysen Die Sensitivitätsanalyse untersucht die Auswirkungen von Veränderungen einzelner Parameter auf das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Solche Parameter sind neben den Investitionsausgaben und Finanzierungskosten die Risikoansätze und die sich daraus ergebenden Folgekosten. Diese Größen können bis zur Über- oder Unterschreitung eines Zielwertes (z. B. Barwert) variiert werden. Die Abhängigkeiten der einzelnen Risikogrößen untereinander können mithilfe der Szenarioanalyse erfasst werden. Die Rechnungshöfe empfehlen, die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen mit Hilfe von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen zu überprüfen und insbesondere Risikokosten gesondert auszuweisen und bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung getrennte Berechnungen mit und ohne Risikozuschläge durchzuführen, um einen sogenannten „bereinigten“ Wirtschaftlichkeitsvergleich vorlegen zu können. Stellt sich die ÖPPVariante auch ohne Risikokosten als die wirtschaftlichere Variante heraus, erhöht dies die Aussagekraft und die Belastbarkeit des Ergebnisses erheblich. - 27 - 6 Ermittlung des Public Sector Comparator 6.1 Funktionale Leistungsbeschreibung Entsprechend dem Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“14 wird der Public Sector Comparator (PSC) als Referenzwert der konventionellen Beschaffungsvariante ermittelt. Er dient in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung als Vergleichswert zur ÖPP-Variante. Der PSC wird im weiteren Verfahren fortlaufend detailliert und optimiert. Orientierungsgröße ist dabei eine funktionale Leistungsbeschreibung, die mit Fortschreiten des Planungsprozesses zu konkretisieren ist. Die funktionale Leistungsbeschreibung dient der klaren und widerspruchsfreien Definition des Projekts. Sie ist zugleich Maßstab für einen Vergleich zwischen konventioneller Beschaffungsvariante und ÖPP-Variante sowie Grundlage der Ausschreibung und Vertragsgestaltung. Der Bedarf und die Anforderungen des Vorhabenträgers an Art und Qualität des Projektes sollen sich in ihr hinreichend genau widerspiegeln. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Angebote qualitativ und funktional nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und weder untereinander noch mit der konventionellen Beschaffungsvariante vergleichbar sind (vgl. Tz. 4.4). Ein aussagekräftiger Wirtschaftlichkeitsvergleich wäre unter diesen Voraussetzungen nicht möglich. 6.2 Detaillierung und Optimierung des PSC In der Regel beruht die Ermittlung der Baukosten der konventionellen Beschaffung auf einer Kostenschätzung auf Basis von Kosten- und Flächenkennwerten. Nach Einschätzung der Rechnungshöfe ist auf dieser Basis ein belastbarer Vergleich der grob geschätzten öffentlichen mit den „spitz“ gerechneten privaten Kosten nur sehr eingeschränkt möglich. Um die wirtschaftlichste Beschaffungsvariante ermitteln zu können, müssen für alle Varianten vorhandene Optimierungspotenziale ausgeschöpft werden. Die Prüfungserfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass eine weitere Detaillierung und Optimierung des PSC sinnvoll und notwendig ist: 14 Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Kapitel 4.4.1.3, a.a.O. - 28 • Der Grad der Detaillierung steigt mit der Komplexität des jeweiligen Projekts. • Die Eigenerledigung muss eine gleichwertige Beschaffungsvariante zu den privaten Wettbewerbsergebnissen darstellen, die den als notwendig erachteten Bedarf dann deckt, wenn eine ÖPP-Realisierung scheitert. • Durch eine Optimierung der Planung der Eigenerledigungsvariante können die insgesamt entstehenden Kosten reduziert und der Nutzwert erhöht werden. Kennwerte hingegen stellen nur Durchschnittswerte dar. • Für eine spätere Erfolgskontrolle werden belastbare Daten der konventionellen Beschaffungsvariante benötigt, um einen ggf. vorhandenen Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Variante auch belegen zu können. • Anhand einer detaillierten Planung kann die funktionale Leistungsbeschreibung vor Ausschreibungsbeginn auf ihre Plausibilität überprüft werden. • Im Vergabeverfahren muss die Eigenerledigung den inhaltlichen und rechtlichen Vorgaben des Vergabeverfahrens genügen. So dürfen z. B. bei der späteren Wertung der Angebote nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt sind.15 Wenn sich das Land die Aufhebung der Ausschreibung bei Überschreiten der absoluten Kostenhöhe der konventionellen Beschaffungsvariante vorbehalten möchte, muss es ggf. den Bietern den PSC als Kriterium für ein maximales Ausgabevolumen mitteilen. Somit kommt dem PSC eine besondere Bedeutung als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu. Häufig werden von öffentlichen Bauherren hohe Kosten als Grund für den Verzicht auf eine detailliertere Planung angeführt. In Relation zu den Gesamtkosten eines Vorhabens ist der Verzicht auf eine detaillierte Planung nicht zu rechtfertigen. Wirtschaftliches Verwaltungshandeln setzt eine angemessene Detaillierung und Optimierung des konventionellen Vergleichswertes mit Fortschreibung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen voraus. Dies gilt insbesondere für Pilotvorhaben der noch jungen ÖPPBeschaffungsvariante. Die Kostenermittlungen der konventionellen Beschaffungsvariante auf der Basis von Kennwerten abgerechneter Maßnahmen beinhalten bereits Kostensteigerungen infolge 15 § 16 a Nr. 1 VOB/A (Ausgabe 2009). - 29 tatsächlich eingetretener Risiken16. Dennoch wurden nach den Prüfungserfahrungen der Rechnungshöfe in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen bei der konventionellen Beschaffungsvariante zusätzliche, verhältnismäßig hohe Planungs- und Baurisiken pauschal zugeschlagen, die in den vorgenannten Kennwerten größten Teils bereits enthalten waren. In der Konsequenz erhöhte sich dadurch der Barwert der konventionellen Beschaffungsvariante, ohne dass dies sachlich begründet war. Eine detaillierte und optimierte Planung ermöglicht es, die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schadenshöhe von Risiken im Rahmen der Allokation aufseiten des konventionellen Vergleichswerts genauer einzugrenzen und ggf. zu reduzieren. Gemäß Kap. 4.3.2.2 des Leitfadens17 liegt dem PSC die sogenannte „objektive Beschaffungswirklichkeit“ der öffentlichen Hand als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Variante zugrunde. Da es kein Verfahren und keine einheitlichen Kriterien zur Bestimmung einer hinreichend konkreten Beschaffungswirklichkeit der öffentlichen Hand gibt, liegt es weitgehend im Ermessen der Berater und der Auftraggeberseite, den Vergleichsmaßstab zu gestalten. Die Berater berufen sich dabei auf Erfahrungswerte, die nach den Prüfungserfahrungen der Rechnungshöfe nicht belegt werden. Es besteht die Gefahr eines interessengeleiteten Handelns. 7 Risikobewertung und -verteilung 7.1 Risikoidentifikation Wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ist die Analyse der mit dem Projekt verbundenen Risiken und ihre Einbeziehung in den Kostenvergleich. Die Notwendigkeit zur Risikobetrachtung ist explizit in § 7 Abs. 2 BHO geregelt18. So sind für alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen, bei denen auch die mit den Maßnahmen verbundene Risikoverteilung zu berücksichtigen ist. 16 17 18 Beispiele: Planungsmängel, Nachtragswünsche des Auftraggebers, Bauzeitverlängerungen durch z. B. Nichteinhaltung der Tariftreue, Mehrkosten für Sonderanfertigungen. Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, a.a.O. Die Landeshaushaltsordnungen können abweichende Regelungen enthalten. - 30 Bei ÖPP-Projekten ist zwischen globalen Risiken und Projektrisiken zu unterscheiden. Die globalen Risiken stellen projektunabhängige, von den Projektbeteiligten nicht direkt beeinflussbare Größen dar, wie z.B. politische Risiken, rechtliche Risiken oder kommerzielle Risiken. Die Projektrisiken hingegen sind durch die Projektbeteiligten beeinflussbar. Wesentliche Risiken einer ÖPP-Maßnahme im öffentlichen Hochbau können auf der Grundlage des Lebenszyklusansatzes unter folgenden Risikokategorien zusammengefasst werden: • • • • • Planungsrisiken, Baurisiken, Finanzierungsrisiken, Betriebsrisiken, Verwertungsrisiken. Unter diesen Risikokategorien subsumieren sich die jeweiligen Einzelrisiken, wie z. B. Terminüberschreitungen als Baurisiko. In der Fachliteratur wird oftmals versucht, bestimmte Risiken zu typisieren. Letztendlich stellt aber jedes ÖPP-Projekt einen Einzelfall dar. 7.2 Risiken der Beschaffungsvariante ÖPP Die einschlägigen Leitfäden geben einen Überblick über mögliche Risiken auf der Grundlage des Lebenszyklusansatzes und beschreiben zum Teil recht umfangreich den Prozess der Risikobewertung und des Risikomanagements. ÖPP-spezifische Risiken, die keine monetäre Bewertung erfahren und somit nicht Bestandteil des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zwischen konventioneller Beschaffungsvariante und ÖPP-Variante werden, bleiben aber außer Acht. Auf drei dieser spezifischen Risiken der ÖPP-Beschaffungsvariante sei hier beispielhaft hingewiesen: 7.2.1 Vertragsrisiko ÖPP-Verträge über den Bau und den Betrieb von Objekten sowohl im Hochbaubereich als auch im Bereich des Straßenbaus sind aufgrund des Umfangs der Vertragsinhalte sehr komplex und bergen trotzdem die Gefahr der Unvollständigkeit in sich. Auch ein gut aufgestelltes Vertragsmanagement kann nicht alle Eventualitäten erfassen. Die Risiken - 31 von nachträglichen Vertragsinterpretationen bzw. -anpassungen mit unterschiedlichen finanziellen Auswirkungen sind bei jedem Projekt gegeben. 7.2.2 Vergaberisiko Auf der Basis der Ergebnisse der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist zu entscheiden, ob das Projekt als ÖPP-Variante oder als konventionelle Beschaffungsvariante ausgeschrieben werden soll. Dabei sollte auf eine sorgfältige Projektbeschreibung hinsichtlich der Projektziele, der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der Vorgaben für den privaten Partner als Auftragnehmer besonderer Wert gelegt werden. Eine Aufhebung der Ausschreibung kann gemäß § 17 Abs. 1 VOB/A erfolgen, wenn • • • kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht, die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen oder andere, schwerwiegende Gründe bestehen. Gemäß § 20 EG Abs. 1 c) VOL/A kann die Ausschreibung auch aufgehoben werden, wenn sie kein wirtschaftliches Ergebnis gebracht hat. Die Aufhebung einer ÖPP-Ausschreibung ist auch nach dem Leitfaden19 bei fehlender Wirtschaftlichkeit des ÖPP-Projektes vorgesehen. Allerdings dürfte in der Praxis die Aufhebung einer ÖPP-Ausschreibung die Ausnahme bleiben. In vielen Fällen scheut die öffentliche Hand den Zeitverzug und die zusätzlichen Kosten, die eine nunmehr neue, konventionelle Planung, Ausschreibung und Vergabe der Leistungen ab dem Zeitpunkt der Aufhebung des ÖPP-Vergabeverfahrens mit sich bringen würde. 7.2.3 Insolvenzrisiko Bei einer ÖPP-Realisierung ist das Insolvenzrisiko der Projektgesellschaft als besonders problematisch für die öffentliche Hand zu bewerten. Die Risiken, die aus einer Insolvenz des privaten Partners erwachsen, sind im engen Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der fälligen Zahlungen und den Bedingungen, unter denen diese Zahlungen fällig werden, zu sehen. 19 Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Kap. 4.3.4, a.a.O. - 32 Die Möglichkeit, eine Insolvenzwahrscheinlichkeit aus dem Rating einer Projektgesellschaft abzuleiten, ist derzeit aufgrund mangelnder Datenlage zu Ausfallraten von ÖPPProjekten in Deutschland nicht gegeben. 7.3 Risikobewertung Qualitative Risikobewertung Im Rahmen der Bewertung von Risiken erfolgt zunächst eine qualitative Einstufung der Risiken hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihrer Schadenswirkung. Die Bandbreite dieser Einstufung reicht hierbei von vernachlässigbar über gering bis zu groß bzw. sehr groß. Dabei kann die Bewertung zwischen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe variieren, d. h. eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit kann eine geringere Schadenswirkung haben. So ist beispielsweise das Risiko „Vandalismus“ an Schulen mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit zu bewerten, führt aber in seiner Schadensauswirkung unter Umständen nur zu geringen bis mittleren Beeinträchtigungen des Schulbetriebs. Quantitative Risikobewertung Für den Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen konventioneller Beschaffungsvariante und ÖPP-Variante ist es erforderlich, die Risiken monetär zu bewerten. Dafür können unterschiedliche Verfahren zur Anwendung kommen: • Das statische Verfahren (Zuschlagsverfahren), bei dem eine durchschnittliche Eintrittswahrscheinlichkeit (in %) mit der Schadensauswirkung (in Euro) multipliziert wird. • Das Verfahren mittels Verteilerfunktion, bei dem mögliche Abweichungen einem Szenario unterworfen werden (keine Abweichungen bis große Abweichungen bzw. Unterschreitungen), diese jeweils mit der Schadensauswirkung (in Euro) multipliziert und zu einem Gesamtrisiko addiert werden sowie • die Monte-Carlo-Simulation, bei der die Wahrscheinlichkeit des Einwirkens einer Kombination von Risiken auf eine Zielgröße (z. B. Baukosten) als Grundlage des Gesamtrisikos für diese Zielgröße untersucht wird (stochastisches Verfahren). - 33 Das Hauptproblem der Risikobewertung sind die zur Verfügung stehenden Daten, deren Qualität für eine sachgerechte Analyse oft nicht ausreichend ist. Empfehlungen verweisen zur Risikobewertung weitgehend auf: • • • • die Durchführung von Workshops unter Einbeziehung externer Experten, Erfahrungen aus anderen Projekten, Veröffentlichungen und Studien. Darüber hinaus sind in den Kostenangaben zu durchgeführten Projekten, die in der Regel zur Ermittlung des PSC dienen, schon die monetären Auswirkungen von Risiken als Bestandteil der Gesamtkosten enthalten. Das bisher vorwiegend angewandte Zuschlagsverfahren liefert oft falsche Risikobewertungen und schafft mehr Verwirrung als Transparenz in Hinblick auf die Ergebnisse. Es erfüllt nicht die Anforderungen an eine transparente Risikobewertung und weist erhebliche methodische Schwächen auf. Es fehlen fundierte Informationen zur Bewertung der Risiken sowie objektive, aus der Empirie ermittelte Daten20. Zudem führt die unrealistische Kumulation von Einzelrisiken bei diesem Verfahren tendenziell zu einer Überbewertung der Risiken. Aufgrund der unzureichenden Informationsvorlagen sind insbesondere die Risiken der konventionellen Beschaffungsvariante nur vage prognostizierbar und damit die Risikoübertragung an sich und deren Höhe im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsvergleichs hochgradig unsicher.21 Hinzu kommt das haushaltsrechtliche Problem, dass die im Wirtschaftlichkeitsvergleich monetär bewerteten Risiken im Haushalt nicht veranschlagt werden können, weil die Fälligkeit der Risikokosten generell vom Eintritt des jeweiligen Risikos abhängig und damit ungewiss ist. Nach dem Fälligkeitsprinzip dürfen indes nur Ausgaben im Haushalt veranschlagt werden, die im Haushaltsjahr voraussichtlich zu leisten sind und damit kassenwirksam werden. 20 Vgl. Pfnür, A./Schetter, Ch./Schöbener, H., Risikomanagement bei Public Private Partnerships, Heidelberg 2010, S. 41, 48. Viethen, A., Der Wirtschaftlichkeitsnachweis als entscheidungssteuernde Komponente bei PPPProjekten: Strukturelle und rechtliche Anforderungen und Konsequenzen, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Speyerer Arbeitsheft Nr. 197, 2008, Seite 16 f. Mühlenkamp, H., Ökonomische Analyse von Public Private Partnerships (PPP) - PPP als Instrument zur Steigerung der Effizienz der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder als Weg zur Umgehung von Budgetbeschränkungen?-, FÖV 55 Discussion Papers, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer, 2010, S. 28. 21 Vgl. Pfnür, A., 9. Betriebswirtschaftliches Symposium-Bau, Weimar 2009. - 34 - Die genannten Schwierigkeiten spiegeln sich auch in den Prüfungsergebnissen der Rechnungshöfe zu ÖPP-Projekten wider: 7.3.1 Landesrechnungshof Niedersachsen Der Landesrechnungshof Niedersachsen stellte bei seiner planungsbegleitenden Prüfung zur JVA Bremervörde (Projekt-Nr. 12) u. a. fest, dass die Baukosten der konventionellen Beschaffungsvariante auf der Grundlage von Kosten- und Flächenkennwerten geschätzt wurden. Als Grundlage für die Ermittlung der Baukosten im Rahmen der konventionellen Beschaffungsvariante diente als Referenzobjekt die JVA Rosdorf. Diese geschätzten Kosten auf der Grundlage abgerechneter Baumaßnahmen beinhalteten die Kosten tatsächlich eingetretener Risiken früherer Projekte. Unabhängig davon wurden die Planungs- und Baurisiken mit jeweils 7,5 % der kalkulierten (Bau)Kosten bewertet, was zu einer Barwerterhöhung in diesem Bereich von 3,7 Mio. Euro führte. Der für die konventionelle Beschaffungsvariante (Planung, Bau und Betrieb) insgesamt ermittelte Barwert von 215,1 Mio. Euro beinhaltete insgesamt Risikozuschläge in Höhe von rund 13,3 Mio. Euro (5,8 %). Bei der ÖPP-Variante sollten lediglich - unter Zugrundelegung des Barwertes - Risiken in Höhe von rund 3,8 Mio. Euro beim Land (1,7 %) verbleiben. Dabei wurden die vom ÖPP-Partner zu tragenden Risiken nicht explizit ausgewiesen, sondern als Bestandteil der Kostenkalkulation des Auftragnehmers gewertet. Deshalb war ein Abgleich der Nominalwerte ohne monetarisierte Risiken nicht möglich 7.3.2 Rechnungshof Thüringen Die Prüfung des Bau- und Erhaltungsmodells für Landesstraßen im Saale-HolzlandKreis (Projekt-Nr. 18) zeigte, dass die Risiken in der Machbarkeitsstudie grundsätzlich bewertet und je nach Beschaffungsvariante dem Auftraggeber oder dem Privaten zugeordnet wurden. Diese Bewertung wurde in den Wirtschaftlichkeitsnachweis und in die Vorlage an den Haupt- und Finanzausschuss des Thüringer Landtages übernommen. In der Machbarkeitsstudie wurde auf folgende Risiken verwiesen, die vom privaten Auftragnehmer zu tragen sind: - 35 Projektrisiken: a) anteiliges Planungs- und Genehmigungsrisiko (aus Planungsänderungen und behördlichen Genehmigungen) b) Risiko der Schadstoffbelastung des Abbruchmaterials c) Bauausführungsrisiko für Straßen- und Ingenieurbauwerke (infolge unzureichender Koordinierung) d) Fertigstellungsrisiko (Anlagen nicht wie geplant fertiggestellt) e) Erhaltungsrisiko (Änderungen der Baukosten in der Erhaltungsphase) f) Verkehrsmengenrisiko. Die Überprüfung dieser Aussagen anhand des abgeschlossenen Projektvertrages führte zu folgendem Ergebnis: zu a) Für Genehmigungen und Gestattungen, die nach Vertragsabschluss erforderlich werden, hat der Auftragnehmer Anspruch auf Mehrvergütung. zu b) Dem Auftragnehmer wird zusätzlich ein Mehrvergütungsanspruch für „… geologische Risiken sowie Altlasten und Denkmalfunde …“ eingeräumt, die trotz der „…Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennbar waren“. Darüber hinaus greift die nachfolgend beschriebene Regelung. zu c) bis e) Bei jeglichen Änderungen, die sich während der Vertragsabwicklung gegenüber den Grundlagen des Vertrages ergeben (z. B. Weisungen des Auftraggebers hinsichtlich des Projektgegenstandes; Beschädigung des Projektgegenstandes durch Dritte), kann der Auftragnehmer ein sogenanntes Anpassungsverfahren beantragen. Auf Nachweis werden die entstandenen Mehrkosten vergütet. zu f) Das Verkehrsmengenrisiko trägt der Auftragnehmer, soweit sich die vereinbarte Bauklasse III nicht ändert. Andernfalls besteht für den Auftragnehmer ein Sonderkündigungsrecht bzw. Anspruch auf Mehrvergütung. Im Ergebnis hatte der Auftragnehmer entgegen der Aussage in der Machbarkeitsstudie nur das Baugrundrisiko zu tragen. - 36 7.3.3 Rechnungshof Rheinland Pfalz In der Wirtschaftlichkeitsberechnung für das ÖPP-Pilotprojekt Südbad Trier (ProjektNr. 14) erhöhte das von der Stadt Trier beauftragte Beratungsunternehmen die Kosten der Eigenrealisierung durch Zuschläge von mehr als 2,0 Mio. Euro in verschiedenen Risikokategorien (z. B. Planungs- und Baurisiko, Betriebskosten-, Instandhaltungs-, Miet- und Pachtrisiko). Die Ermittlung der Risikozuschläge beruhte auf Annahmen für Schadenshöhen und Eintrittswahrscheinlichkeiten, die nicht hinreichend belegt waren und auf subjektiven, zum Teil willkürlichen Einschätzungen beruhten. Bereits bei der Ermittlung der Baukosten brachte das Beratungsunternehmen für einzelne Risiken, wie z. B. das Nachtrags- und Mengenrisiko oder das Preisrisiko, Beträge von insgesamt 2,1 Mio. Euro in Ansatz. Gleichwohl berechnete es bei der Risikoermittlung hierfür nochmals einen Zuschlag, durch den sich die Kosten um mehr als 470.000 Euro erhöhten. Darüber hinaus berücksichtigte es nicht, dass die aus abgerechneten Baumaßnahmen abgeleiteten Kostenkenn- und Erfahrungswerte, die der Ermittlung der Baukosten zugrunde lagen, bereits die Kosten eingetretener Risiken enthielten. Risiken wurden damit teilweise mehrfach in Ansatz gebracht. Dagegen waren in der Wirtschaftlichkeitsberechnung die bei der Stadt verbleibenden Risiken der ÖPP-Maßnahme mit 700.000 Euro zu gering angesetzt. In der Risikobewertung wurde z. B. nicht berücksichtigt, dass bei der in dem Eingangsgebäude des Freibads eingerichteten Gaststätte ein Einnahmeausfallrisiko hinsichtlich der Konzessionsgebühr besteht. Darüber hinaus wurde das Planungs- und Baurisiko mit 45.000 Euro unterbewertet. Die tatsächlichen Mehrkosten der ÖPP - Maßnahme betrugen nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Prüfung mindestens 345.000 Euro. Insgesamt zeigt die Analyse der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Stadt, dass der dort ausgewiesene hypothetische Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Maßnahme nicht - wie vielfach behauptet - auf die Optimierung der Lebenszykluskosten, sondern ausschließlich auf die Annahme unrealistisch hoher kalkulatorischer Risikokosten für die Eigenrealisierung zurückzuführen ist. 7.3.4 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Justizvollzugsanstalt Burg (Projekt-Nr. 17) Das Land Sachsen-Anhalt hat in Burg eine JVA mit 650 Haftplätzen für männliche Erwachsene des „geschlossenen Vollzuges“ als ÖPP-Projekt errichtet und Dienstleis- - 37 tungsbereiche, die nicht zu den hoheitlichen Aufgaben gehören, privat vergeben. Die Übergabe des Objektes fand am 30. April 2009 statt. Grundlage dieser Entscheidung waren die Machbarkeitsstudie zum Projekt von 2004 und darauf aufbauend der vom Landesrechnungshof geprüfte vorläufige Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPPVariante. Für den Wirtschaftlichkeitsvergleich ermittelte das Staatliche Hochbauamt Merseburg22 auf der Basis einer Kostenschätzung und unter Einbeziehung bereits abgerechneter Baumaßnahmen die Investitionskosten des Eigenbaus in Höhe von rund 116,4 Mio. Euro, d. h. 179.077 Euro je Haftplatz. In der Bewertung der Wirtschaftlichkeit wurden der Investitionskostenanteil des PSC (Vergleichswert der konventionellen Beschaffungsvariante) auf der Grundlage dieser Kostenschätzung fortgeschrieben und um zusätzliche Kosten im Sicherheitsbereich aufgrund von Risikofaktoren und wegen der Indizierung zum Ausgleich von Preissteigerungen ergänzt, dabei aber die in den zum Vergleich herangezogenen Baumaßnahmen bereits vorhandenen monetären Risikoanteile (z. B. durch Nachträge) außer Acht gelassen. Die Risikobewertung und -verteilung entsprach den Vorgaben der Machbarkeitsstudie von 2004. Dabei wurden die Projektrisiken für das Land in Abhängigkeit der jeweiligen Beschaffungsvariante wie folgt bewertet: Tabelle 4: JVA Burg in Sachsen-Anhalt - Risikobewertung des Beratungsunternehmens Risikofaktoren Laufzeit: 25 Jahre Konventionelle Beschaffungsvariante (in % ) ÖPP-Variante (in % ) Planung 5,00 1,50 Bau 7,50 0,50 Instandhaltung 8,75 2,00 Gebäudebewirtschaftung 8,75 0,75 Betriebskosten Personal- und sonstige Kosten 5,00 0,50 22 Ab 1. Januar 2005 Landesbetrieb Bau, Niederlassung Süd. - 38 Aufgrund der o. a. zusätzlichen Kosten und der in Ansatz gebrachten monetären Risikoanteile erhöhte die Verwaltung die Gesamtbaukosten der konventionellen Beschaffungsvariante von rund 116,4 Mio. Euro auf 145,1 Mio. Euro und damit auf 223.000 Euro je Haftplatz. Der im Wirtschaftlichkeitsvergleich ausgewiesene Effizienzvorteil von 12 % der ÖPPVariante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante durch das Land Sachsen-Anhalt basierte somit im Wesentlichen auf einer zu hoch angesetzten Kostenschätzung für den PSC, die noch zusätzlich durch in ihrer Höhe nicht nachvollziehbare Risikozuschläge in der Bau- und Betreiberphase eine Steigerung erfahren hat. Schulen und Kindertagesstätten der Stadt Halle (Projekt-Nr. 15) Der Investitionsbedarf für die 76 Schulen und 52 Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft der Stadt Halle (Saale) betrug im Jahr 2003 • • 125 Mio. Euro für Schulen und Sporthallen sowie 31 Mio. Euro für kommunale Kindertageseinrichtungen. Bereits zum damaligen Zeitpunkt zog die Stadt in Erwägung, geeignete Objekte mithilfe von ÖPP zu sanieren bzw. neu zu errichten und bewirtschaften zu lassen. Der Stadtrat von Halle (Saale) stimmte in seiner Sitzung am 28. September 2005 der umfassenden Sanierung von vier Kindertageseinrichtungen und zehn Schulobjekten in den Jahren 2007 bis 2010 und ihrer anschließenden Bewirtschaftung im Rahmen eines ÖPPProjektes mit einer Laufzeit von 25 Jahren zu. Im Rahmen der vorangegangenen vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung war allein der Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten in der konventionellen Variante mit rund 20 % eingeschätzt worden. - 39 - Tabelle 5: Schulen und Kitas in Halle - Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten nach vorläufigem Wirtschaftlichkeitsvergleich bei der konventionellen Beschaffungsvariante Risikokostenanteil der konventionellen Variante (in Mio. Euro) Gesamtkosten der konventionellen Variante (in Mio. Euro) 5,394 26,297 20,5 Schulen 45,528 231,577 19,7 Gesamt 50,922 257,874 19,8 Projekte Kitas Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten (in %) Aus Sicht des Landesrechnungshofes waren die angenommenen Risikozuschläge für die konventionelle Beschaffungsvariante deutlich zu hoch angesetzt. Die sich ergebenden Effizienzvorteile der ÖPP-Variante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante mit 12 % bei den Kindertagesstätten und 9 % bei den Schulen waren letztendlich auch den hohen Risikokosten der konventionellen Beschaffungsvariante geschuldet. Der Landesrechnungshof stellte weiterhin fest, dass zur Absicherung des Risikoanteils des privaten Partners über die vereinbarte Laufzeit nachstehende Risikokosten als Bestandteil der Gesamtkosten kalkuliert wurden: Tabelle 6: Schulen und Kitas in Halle - Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten gemäß Kalkulation des privaten Partners Projekte Kitas Risikokostenanteil des Privaten (in Mio. Euro) Gesamtkosten ÖPP (in Mio. Euro) Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten (in % ) 2,514 21,876 11,5 Schulen 21,644 195,600 11,1 Gesamt 24,157 217,476 11,1 Damit zahlt die Stadt dem Privaten zur Absicherung seines Risikoanteils regelmäßig ein Entgelt, und zwar unabhängig von der Eintrittshöhe und -wahrscheinlichkeit eines Risikos. Die Aussagen über das Eintreten der Risiken und deren in Ansatz gebrachte Höhe beruhten sowohl bei den Kindertageseinrichtungen als auch bei den Schulen ausschließlich auf Annahmen, die sachlich nicht plausibel begründet waren. - 40 Schulprojekt der Stadt Magdeburg (Projekt-Nr. 16) Die Landeshauptstadt Magdeburg hatte es sich zum Ziel gesetzt, die komplexe Sanierung von insgesamt 20 Schulen über ÖPP zu realisieren und diese anschließend bewirtschaften zu lassen. Dazu wurden die Schulen auf vier Lose (Pakete) à fünf Schulen aufgeteilt und diese zeitversetzt ausgeschrieben. Zum Zeitpunkt der Prüfung in 2008 waren die Schulen des Pakets 1 mit einem Projektvolumen von rund 115 Mio. Euro23 bereits in Realisierung. Für den vorgelegten Wirtschaftlichkeitsvergleich zur Vorbereitung des ÖPP-Projektes hatte die Stadt Magdeburg auf einen Risikoworkshop verzichtet. Stattdessen wurde zwischen Verwaltung und Berater eine adäquate Risikoallokation diskutiert und ein Vorschlag für die Risikoverteilung erarbeitet. Dabei sollten Baukostenüberschreitungen und Betriebsrisiken dem Privaten zugeordnet werden. Über die Höhe des Risikoanteils an den zugrunde gelegten Einheitspreisen lag keine Aussage vor, sodass es für den Landesrechnungshof nicht erkennbar war, ob die Risiken von Baukosten- und Betriebskostenüberschreitungen vollständig oder nur teilweise dem privaten Partner zugeordnet wurden. Letztendlich schrieb die Landeshauptstadt Magdeburg die ÖPP-Leistungen Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb für eine Laufzeit von 30 Jahren aus. Das beauftragte Angebot enthielt eine Verkürzung der Betriebslaufzeit auf 20 Jahre, wobei die Entgeltzahlung jedoch weiterhin über 30 Jahre erfolgt. In der Folge muss die Landeshauptstadt nach Beendigung der Betriebsphase weitere zehn Jahre die Verpflichtungen aus dem ÖPP-Projekt bedienen, obwohl sie in diesem Zeitraum die Kosten des Betriebes bereits vollständig selbst trägt. Das damit verbundene finanzielle Risiko fand keine Beachtung in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Diese Vorgehensweise der Stadt Magdeburg bei der Einstufung und Bewertung der Risiken für das ÖPP-Projekt entsprach nach Auffassung des Landesrechnungshofs nicht den einschlägigen ÖPP-Leitfäden und führte letztendlich dazu, dass der Wirtschaftlichkeitsvergleich nicht alle Kosten umfasste, die von der öffentlichen Hand zu tragen sind. 23 Projektvolumen für Bau, Finanzierung, Betrieb einschließlich Instandhaltung. - 41 7.3.5 Rechnungshof Hamburg Der Rechnungshof Hamburg stellte fest, dass der Senat im Rahmen des Projekts „Neuorganisation im Hamburger Schulbau“ 0,5 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2007 und 1,5 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2008 zur Abdeckung kalkulatorischer Risiken veranschlagt hatte, die nicht auf den Auftragnehmer übertragen wurden. Bis einschließlich 2012 sollten für diesen Zweck insgesamt weitere 7,0 Mio. Euro veranschlagt werden. Im Wirtschaftlichkeitsvergleich wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Risiken mit 0 bis maximal 50% angegeben. Der Rechnungshof hat die dem Haushaltsrecht widersprechende Veranschlagung von Risikokosten, deren Fälligkeit dem Grunde und der Höhe nach ungewiss war, beanstandet. Mit dem Haushaltsplan 2011/2012 soll diese Praxis aufgegeben werden. 7.4 Feststellungen und Empfehlungen Der Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPP-Projekten“24 konzentriert sich in seinen Ausführungen auf die Risiken, die in der Regel als kalkulatorische Kosten den jeweiligen Beschaffungsvarianten zugeschlagen werden. Die Erfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass • beim Wirtschaftlichkeitsvergleich vorrangig die konventionelle Beschaffungsvariante mit hohen Risikokosten belegt wird. Über diese Stellschraube der Risikoübernahme lassen sich die geschätzten Kosten der konventionellen Beschaffungsvariante so zielorientiert festlegen, dass der wirtschaftliche Vorteil augenscheinlich aufseiten des ÖPP-Modells liegt und somit die ÖPP-Variante rechnerische Effizienzgewinne ausweist. Nach einer Studie in Großbritannien resultierten allein 60 % der Einsparungen bei ÖPP-Projekten aus der Bewertung der auf den privaten Partner übertragenen Risiken25. • eine kritische Herangehensweise die Grundlage jeder Risikobewertung sein sollte. Dem öffentlichen Auftraggeber muss bewusst sein, dass die Risikoaufschläge, die bei der ÖPP-Variante vom Privaten getragen werden, von diesem im Bereich der Investitions-, Finanzierungs- und Betriebskosten zumindest kompensiert werden müssen, um den wirtschaftlichen Vorteil des ÖPP zunächst nachweisen und später realisieren zu können. 24 Leitfaden “Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten”, a.a.O. 25 Vgl.: Arthur Andersen/LSE Enterprise, Value for Money Drivers in the Private Finance Initiative. - 42 - • Risiken als monetäre Größe ein wichtiges Kriterium der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind. Eine Veranschlagung von Risikokosten, deren Fälligkeit dem Grunde und der Höhe nach nicht feststeht, ist aber haushaltsrechtlich nicht zulässig. • für die Risikoanalyse bei ÖPP-Projekten bislang kaum praktisch anwendbare Vorgaben existieren. Sowohl der PSC-Ermittlung als auch der ÖPP-Variante liegen zum Teil theoretische Annahmen zugrunde, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht sicher einzuschätzen sind (z. B. Risiko Bauzeitüberschreitung). • durch die Tatsache, dass Bauen und Finanzieren durch langfristige Wartungs- und Dienstleistungsverträge ergänzt sind, auch alle Risikozuschläge während der Betriebsphase - in der Regel 25 Jahre - Eingang finden. Das heißt, die öffentliche Hand zahlt über die gesamte Zeit der Vertragsbindung Risikozuschläge für alle bewerteten Risiken, unabhängig von deren Eintrittswahrscheinlichkeit, während sie bei der konventionellen Beschaffungsvariante kalkulatorische Wagnisse berücksichtigt, die nur bei tatsächlichem Auftreten zu einer monetären Belastung führen. Die Rechnungshöfe empfehlen deshalb, die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen grundsätzlich mit Sensitivitäts- und Szenarioanalysen zu überprüfen und eine gesonderte Ausweisung der Risikokosten beim Wirtschaftlichkeitsvergleich. Neben den Investitions- und Finanzierungskosten sind auch die Risikoansätze kritische Eingangsgrößen für die Analyse und die sich ergebenden Folgekosten. • neben den in den einschlägigen Leitfäden aufgeführten möglichen Risiken auf der Grundlage des Lebenszyklusansatzes ÖPP-spezifische Risiken - wie z. B. das Vertragsrisiko - nicht außer Acht bleiben sollten. Darüber hinaus empfehlen die Rechnungshöfe der öffentlichen Hand, bei Forfaitierung mit Einredeverzicht eine Due-Diligence-Prüfung durchzuführen und ein begleitendes Projektcontrolling sicherzustellen, vergleichbar mit dem Verfahren der Banken bei Projektfinanzierungen. Unabhängig davon ist bei der Finanzierungsform der Forfaitierung mit Einredeverzicht ein Sicherheitskonzept zu erstellen, das u. a. die Beibringung von Fertigstellungsgarantien sowie eine vom Projekt abhängige Ausstattung der Projektgesellschaft mit Eigenkapital fordert. - 43 - 8 Zusammenfassung [zu Kapitel 2 - Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten] • Projekte, die sich die öffentliche Hand aus eigenen Mitteln nicht leisten kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert in einer ÖPP leisten. • ÖPP-Projekte dürfen nicht zu einer Umgehung von Neuverschuldungsverboten führen; konsumtive Bestandteile des Leistungsentgelts müssen deutlich erkennbar und nachvollziehbar ausgewiesen werden. • ÖPP-Projekte sind während ihrer gesamten Vertragslaufzeit im Haushalt vollständig darzustellen. Die Belastung künftiger Haushalte muss klar erkennbar sein. [zu Kapitel 3 - Finanzierung von ÖPP-Projekten] • Projektfinanzierung bietet neben einer angemessenen Risikoverteilung auch den Vorteil einer zusätzlichen Kontrolle durch die Banken. Erfahrungsgemäß haben Projektfinanzierungen einen um 0,5 % bis 1,0 % höheren Finanzierungssatz im Vergleich zur konventionellen Haushaltsfinanzierung. • Forfaitierung mit Einredeverzicht führt zu einer Risikoverschiebung in Richtung der öffentlichen Hand. Diese Risikoverschiebung muss im Wirtschaftlichkeitsvergleich angemessen berücksichtigt werden. Die Finanzierungskonditionen sind vergleichbar mit der konventionellen Haushaltsfinanzierung. [zu Kapitel 4 - Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten] • Die Bedarfsermittlung liegt immer in der Verantwortung der öffentlichen Hand. Mit dieser Ermittlung ist die grundsätzliche Finanzierbarkeit des zu realisierenden Projekts festzustellen. Die Entscheidung, ob eine Realisierung als ÖPP-Projekt oder in herkömmlicher Form erfolgen soll, muss solange wie möglich offenbleiben. • Die Pflicht des Bauherren, quantitative und qualitative Festlegungen zu treffen und die grundsätzliche Finanzierbarkeit der Investitions- und Folgekosten (Nutzungskosten) im öffentlichen Haushalt nachzuweisen, verlangt ein Mindestmaß an Planungstiefe, damit Investitions- und Folgekosten mit einer hinreichenden Genauigkeit ermittelt werden können. - 44 - • Die Auswahl der externen Berater ist dem Wettbewerb zu unterstellen. Nur dadurch ist eine hohe Qualität und Wirtschaftlichkeit der eingekauften Leistungen zu sichern. Offensichtlich unauskömmliche „Lockangebote“ für die ersten Stufen der Beratungsleistungen sollten von einer Vergabe ausgeschlossen werden. Die mit Hilfe von nachvollziehbaren und eindeutigen Kriterien vorzunehmende Auswahl eines leistungsfähigen Büros ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine unabhängige Beratung. Zur Bewertung der Ergebnisse der Beratungsleistungen sollte der in den verschiedenen Bereichen der Verwaltung vorgehaltene Sachverstand eingebunden werden (kein blindes Vertrauen in externe Berater). • In der Leistungsbeschreibung müssen zu große Interpretationsspielräume durch die eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Anforderungen vermieden werden. Rahmenbedingungen, die unveränderlich sind, und Bereiche, in welchen die Bieter Dispositionsfreiheit haben, sollten eindeutig vorgegeben werden. • Die Bewertungskriterien sind mit der Aufstellung der Machbarkeitsstudie frühzeitig festzulegen und bis zum abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich für beide Beschaffungsvarianten (Gegenüberstellung von ÖPP und PSC) einheitlich anzuwenden. [zu Kapitel 5 - Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten] • Die Vergleichbarkeit zwischen den Varianten muss in sämtlichen Phasen des Projekts gewährleistet sein (horizontal/vertikal). Dies setzt voraus, dass für beide Varianten einheitliche Rahmenbedingungen gelten, die ggf. anzupassen sind. Vergleichswerte für die konventionelle Beschaffungsvariante durch pauschale Zu- und Abschläge herzuleiten ist zu vermeiden. • Der Wirtschaftlichkeitsvergleich anhand von Kostenkennwerten für die konventionelle Beschaffungsvariante kann mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein. Konkrete Ausschreibungsergebnisse für beide Varianten (ABC-Ausschreibung), wie sie mit bei Investorenmodellen (ÖPP 1. Generation) angewandt wurden, führten zu einer weitaus verlässlicheren Vergleichs- und Entscheidungsgrundlage. • Mithilfe von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen lassen sich die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf ihre Belastbarkeit hin untersuchen. Insbesondere Risikokosten sind im Wirtschaftlichkeitsvergleich separat auszuweisen. Dadurch wird - 45 deutlich, in welchem Umfang sie das Ergebnis bzw. die Effizienzrendite beeinflussen. Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sollten grundsätzlich mit Sensitivitäts- und Szenarioanalysen überprüft werden. Neben den Investitions- und Finanzierungskosten sind auch die Risikoansätze kritische Eingangsgrößen für die Analyse und die sich ergebenden Folgekosten. • Bewirtschaftung und Betrieb bis zu 30 Jahre an einen privaten Partner zu vergeben hat zur Folge, dass diese Dienstleistungen dem Wettbewerb langfristig entzogen werden. Die direkte Auftragsvergabe des öffentlichen Auftraggebers an meist mittelständische Firmen fällt damit weg. Dies halten die Rechnungshöfe für kritisch. Die öffentliche Hand profitiert schneller von aktuellen Marktpreisen und Innovationen rund um die Bewirtschaftung und den Betrieb, wenn diese Leistungen periodisch dem Wettbewerb unterstellt werden. Der Lebenszyklusansatz wird dadurch nicht behindert. [zu Kapitel 6 - Ermittlung des PSC] • Die Fortschreibung der Investitions- und Folgekosten zur Ermittlung des PSC sollte mit zunehmendem Projektfortschritt durch größere Planungstiefe und weitere Optimierung der Eigenrealisierung auch eine höhere Kostengenauigkeit in allen Kostenbestandteilen des PSC herstellen. [zu Kapitel 7 – Risikobewertung und -verteilung] • Die Erfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass beim Wirtschaftlichkeitsvergleich vorrangig die Eigenbauvariante mit hohen Risikokosten belegt wird. Die monetäre Bewertung der Risiken wird somit zur Stellschraube im Wirtschaftlichkeitsvergleich von konventioneller Beschaffungs- und ÖPP-Variante. • Jedes ÖPP-Projekt weist spezielle, unterschiedlich ausgeprägte Risiken auf. Auch wenn in der Fachliteratur versucht wird, bestimmte Risiken zu typisieren, stellt jedes Projekt letztendlich einen Einzelfall dar. • Eine kritische Herangehensweise sollte die Grundlage jeder Risikobewertung sein. Dem öffentlichen Auftraggeber sollte bewusst sein, dass die Risiken, die bei der ÖPP-Variante vom Privaten getragen werden, von diesem im Bereich der Investiti- - 46 ons-, Finanzierungs- und Betriebskosten zumindest kompensiert werden müssen, um den wirtschaftlichen Vorteil des ÖPP nachweisen zu können. • Neben den in den einschlägigen Leitfäden aufgeführten möglichen Risiken auf der Grundlage des Lebenszyklusansatzes sollten ÖPP-spezifische Risiken - wie z. B. das Vertragsrisiko - nicht außer Acht bleiben. - 47 - 9 Literaturverzeichnis und Quellenangaben Arthur Andersen/LSE Enterprise: Value for Money Drivers in the Private Finance Initiative Baurecht 1993: BGH, S. 595 f. Baurecht 1994: BGH:, „Wasserhaltung III“, S. 223 Baurecht 2010: OLG Braunschweig, S. 87 f Baurecht Sonderheft 2a Februar 2010: BGH, S. 293 ff Beckers, Thorsten / Corneo, Giacomo / Klatt, Jan Peter / Mühlenkamp, Holger: Zeitliche Homogenisierung und Berücksichtigung von Risiken im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Bundesrechnungshofs zur Frage der Übertragbarkeit der klassischen betriebswirtschaftlichen Methoden zur Festlegung von Diskontierungssätzen bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf die öffentliche Verwaltung, Berlin/Speyer, November 2009. Finanzministerkonferenz (Auftraggeber): Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten Der Leitfaden wurde erstellt unter Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen durch die länderoffene Arbeitsgruppe zum Thema „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ im Auftrag der Finanzministerkonferenz gemeinsam mit der Bundes-Arbeitsgruppe „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPPProjekten“ und von der Finanzministerkonferenz beschlossen am 7.September 2006. Mühlenkamp, Holger: Ökonomische Analyse von Public Private Partnerships (PPP) – PPP als Instrument zur Steigerung der Effizienz der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder als Weg zur Umgehung von Budgetbeschränkungen?- , FÖV 55 Discussion Papers, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer, 2010. Pfnür, Andreas/Schetter, Christoph/Schöbener, Henning: Risikomanagement bei Public Private Partnerships, Heidelberg 2010. Viethen, Alexander: Der Wirtschaftlichkeitsnachweis als entscheidungssteuernde Komponente bei PPPProjekten: Strukturelle und rechtliche Anforderungen und Konsequenzen, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Speyerer Arbeitsheft Nr. 197, 2008. - 48 Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe: Beschluss zum Umgang mit Öffentlich-Privaten Partnerschaften, München, 3./4. Mai 2006 Rechnungshof Baden-Württemberg: Wirtschaftlichkeitsanalyse von ÖPP-Projekten der ersten und zweiten Generation bei Hochbaumaßnahmen des Landes, Beratende Äußerung nach § 88 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung, März 2009. Quelle: http://www.rh.baden-wuerttemberg.de/fm7/978/PAP0403B%C4BAU.pdf Bayerischer Oberster Rechnungshof: Öffentlich Private Partnerschaften im Staatsstraßenbau, Jahresbericht 2006, S. 53ff (Tz. 18). Quelle: http://www.orh.bayern.de/files/Jahresberichte/2006/JB-Zusammenfassung2006.pdf Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg: Neubau der Katharinenschule in der HafenCity, Jahresbericht 2008, S. 141ff (Tz. 326 ff). Quelle: http://www.hamburg.de/contentblob/255884/data/jahresbericht-2008.pdf Neuorganisation im Hamburger Schulbau (Modell Hamburg Süd), Jahresbericht 2009, S. 17ff (Tz. 25ff). Öffentlich Private Partnerschaften, Jahresbericht 2009, S. 12ff (Tz. 18). Quelle: http://www.hamburg.de/contentblob/1114158/data/jahresbericht-2009.pdf Niedersächsischer Landesrechnungshof: Mit PPP in die Ratenfalle?, Jahresbericht 2006, S. 105ff (Tz. 24). Quelle: http://www.lrh.niedersachsen.de/download/31697 Thüringer Rechnungshof: Bau- und Erhaltungsmodell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis, Jahresbericht 2010, S.163ff (Abschn. XII). Quelle: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/rechnungshof/veroeffentlichungen/jahresberichte/jahresberic ht-2010-trh.pdf Weitere Publikationen der Rechnungshöfe zu Öffentlich Privaten Partnerschaften Bundesrechnungshof: ÖPP-Projekt HERKULES: Ausschluss geeigneter Handlungsalternativen künftig erst nach Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Bemerkungen 2007, S. 50 (Tz. 84). Quelle: http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/bemerkungen-2007.pdf - 49 Empfehlungen für wirtschaftliche Öffentlich Private Partnerschaften im Bundesfernstraßenbau, Bemerkungen 2009, S. 64f (Tz. 64). Quelle: http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/brh-bemerkungen2009.pdf Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zu „Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP) im Bundesfernstraßenbau“ vom 5. Januar 2009. Quelle: http://bundesrechnungshof.de/bundesbeauftragter-bwv/ergebnisse-des-bwv-1/sonstige-gutachtenberichte-bwv/05-V3-2006-0201.pdf Entscheidung für die erste Öffentlich Private Partnerschaft im Hochbau des Bundes nicht sachgerecht vorbereitet, Bemerkungen 2010, S. 35f (Tz. 31). Quelle: http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/bemerkungen-2010.pdf Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen: Anforderungen an Wirtschaftlichkeitsberechnungen bei Baumaßnahmen, Jahresbericht 2007 (Land), S. 73 ff (Tz. 255 ff). Quelle: http://www.rechnungshof.bremen.de/sixcms/media.php/13/JB-Land-2007.pdf Umbau, Erweiterung und Sanierung des Schulzentrums Rockwinkel, Jahresbericht 2008 (Stadt), S. 88 ff (Tz. 330 ff). Quelle: http://www.rechnungshof.bremen.de/sixcms/media.php/13/JB-Stadt-2008.pdf Landesrechnungshof Niedersachsen: ÖPP im Rahmen eines Energieliefercontractings, Jahresbericht 2009, S. 82 ff (Tz. 15 ff). Quelle: http://www.lrh.niedersachsen.de/download/31733 - 50 - Anhang - Ausgewählte ÖPP-Projekte Brandenburg Kurze Projektbeschreibung Ministerium der Finanzen Abbildung Neubau eines Verwaltungsgebäudes für das Ministerium der Finanzen mit 268 Bediensteten (einschließlich einer PKWStellplatzanlage) als ÖPP-Projekt der zweiten Generation in Potsdam. Das Land ist Grundstückseigentümer. Der ÖPPPartner übernimmt den Bau, die Planung, die Vorfinanzierung sowie wesentliche Quelle: Landesrechnungshof Brandenburg Leistungen des Gebäudemanagements und den Bauunterhalt. Nach Ablauf der 30-jährigen Vertragslaufzeit ist das Gebäude in voll funktionsfähigem Zustand dem Land zu übergeben. Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Gebäude in Betrieb (seit März 2010) Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Bauunterhalt und ausgewählte Gebäudemanagementleistungen ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 30 Jahre Projektvolumen 40,2 Mio. Euro, davon 15,8 Mio. Euro Investitionskosten Gebäudeflächen 4.446 m² Nutzfläche Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: rund 500.000 Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 2 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs ÖPP: rund 1,4 Mio. Euro (Barwertnachteil) Effizienzrendite ÖPP: -6,5 % (Barwert) - 51 Prüfungsschwerpunkte • Qualität der Ermittlung des PSC • Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, insbesondere Bewertung der Grundlagen • Kosten des ÖPP-Projektes • Risikobewertung • Vertragsgestaltung • Veranschlagung des ÖPP-Projektes im Landeshaushalt Wesentliche Prüfungsergebnisse Die Verwaltung erstellte den Wirtschaftlichkeitsvergleich erst nach Vorlage des (verhandelten) Angebots des später beauftragten Bieters. Die gebotene vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unterblieb. Die Effizienzrendite von 2 % ist aus Sicht des Landesrechnungshofs zu gering, um eine eindeutige und belastbare Aussage zugunsten einer ÖPP-Variante treffen zu können. Dies hätte in Verbindung mit den gegenüber einer konventionellen Beschaffungsvariante weitaus höheren Kosten für das Gebäudemanagement Anlass für weiterführende Untersuchungen geben müssen. Infolge der fehlenden vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unterließ die Verwaltung auch die bei diesem Verfahrensschritt gebotenen Sensitivitätsanalysen. Eine Überprüfung hinsichtlich der Ergebnis beeinflussenden Faktoren der Wirtschaftlichkeitsberechnung, wie z.B. der Risikokosten, fand damit nicht statt. Gegenüber dem von der Verwaltung prognostizierten Barwertvorteil der ÖPP von 2 % ermittelte der Landesrechnungshof bei seiner Berechnung einen Barwertnachteil von 6,5 % gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante. Eine vollständige Veranschlagung der Ausgaben für das ÖPP-Projekt einschließlich der notwendigen Verpflichtungsermächtigungen im Landeshaushalt fehlt. Weder bei den im Haushaltsplan ausgewiesenen Investitionsausgaben noch bei den konsumtiven Ausgaben kann auf die bestehenden Gesamtzahlungsverpflichtungen des Landes von 40,2 Mio. Euro während der 30-jährigen Projektlaufzeit geschlossen werden. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Noch ausstehend - 52 Baden-Württemberg Justizzentrum Kurfürstenanlage Heidelberg Kurze Projektbeschreibung Das Land Baden-Württemberg hat sein sanierungsbedürftiges Behördenzentrum an einen Investor veräußert, der den alten Gebäudebestand abgebrochen und auf einer Teilfläche einen Neubau für Staatsanwaltschaft, Amts- und Landgericht errichtet hat. Es handelt sich um ein ÖPPMietmodell einschließlich Betrieb (ohne Erwerbsoption). Quelle: Thomas Ott, Mühltal (Fotograf) Eckdaten Projektstatus bei Prüfung während des Vergabeverfahrens Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb einschl. Instandhaltung ÖPP-Vertragsmodell Mietmodell Laufzeit 15 Jahre (Verlängerungsoption 5 Jahre) Projektvolumen 60,4 Mio. Euro Gebäudeflächen 17.300 m² NGF Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: 3,2 Mio. Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 9,95 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs ÖPP: 3,1 Mio. Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 9,66 % (Barwert) Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. - 53 Wesentliche Prüfungsergebnisse Das Neubauvorhaben Justizzentrum Heidelberg wurde ausschließlich als ÖPP-Variante im Haushalt veranschlagt; die Finanzierung der Maßnahme als konventionelle Beschaffungsvariante war nicht gesichert. Die ÖPP-Ausschreibung erfolgte ohne vorläufige Wirtschaftlichkeitsanalyse. Nach Auffassung des Rechnungshofs ergab sich die Effizienzrendite zugunsten der ÖPP-Lösung vor allem daraus, dass der Investor auf dem ehemals landeseigenen Behördenareal infolge geänderten Planungsrechts eine höhere Baumasse durch Abriss des Gebäudebestandes und Neubebauung realisieren und dadurch Effizienzgewinne in sein Angebot einkalkulieren konnte. Die Belastbarkeit des Vergleichswerts für die konventionelle Beschaffungsvariante war erheblich eingeschränkt, da wesentliche Parameter aus dem ÖPP-Angebot unverändert übernommen wurden und ursprünglich von einer Sanierungslösung der Bestandsgebäude in Eigenregie ausgegangen wurde. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Das Parlament hat die Empfehlungen des Rechnungshofs aufgegriffen, 1. Geeignete Bauvorhaben auch weiterhin als ÖPP-Projekte sowohl in Form der einfacheren Modelle der ersten Generation (ohne Betrieb) wie auch als Maßnahmen der zweiten Generation zu realisieren. 2. ÖPP-Projekte in einer gesonderten Übersicht im Haushaltsplan aufzuführen, um die Vorbelastung künftiger Haushalte transparent darzustellen. 3. In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen Bar- und Zeitwert-Summen (der einzelnen Varianten) mit und ohne Risikokosten darzustellen. - 54 Baden-Württemberg Justizvollzugsanstalt Offenburg Kurze Projektbeschreibung Neubau einer Justizvollzugsanstalt mit 440 Haftplätzen und 60 sozialtherapeutischen Plätzen als ÖPP-Projekt der ersten Generation mit teilweisem Betrieb. Das Land ist Grundstückseigentümer und hat vom ÖPP-Partner das Gebäude errichten und vorfinanzieren lassen. Der Bauunterhalt wurde optional ausgeschrieben. Der nichthoheitliche Gefängnisbetrieb wurde für die Dauer von zunächst fünf Jahren an einen privaten Dienstleister übertragen. Quelle: Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Freiburg Eckdaten Projektstatus bei Prüfung vor Abschluss des Vergabeverfahrens Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, teilw. Betrieb ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 20 Jahre (Finanzierung) Projektvolumen 108 Mio. Euro Gebäudeflächen 25.500 m² NF Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ohne externe Gutachter Prüfungsergebnis des Rechnungshofs ÖPP: 1,27 Mio. Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 1,67 % (Barwert) Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Wesentliche Prüfungsergebnisse Bei der JVA Offenburg wurde neben der reinen Bauleistung erstmals 40 % des gesamten Justizbetriebs (nicht hoheitlicher Aufgabenbereich) an einen privaten Partner vergeben. Die Dienstleistungen für die Versorgung und Betreuung der Gefangenen und - 55 die eigentliche Bauleistung wurden in zwei gesonderten Vergabeverfahren ausgeschrieben. Die Ausschreibung der Hochbauleistung erfolgte europaweit im nicht offenen Verfahren in Form einer ABC-Ausschreibung nach dem sogenannten Thüringer Modell in den Varianten A (schlüsselfertiges Bauen einschl. Bauunterhalt, Wartung und Schönheitsreparaturen) und C (Investorenangebot wie A, jedoch inklusive Bauzwischen- und Endfinanzierung). Für beide Varianten gingen zahlreiche Angebote ein. Der abschließende Wirtschaftlichkeitsvergleich konnte für beide Varianten anhand konkreter Ausschreibungsergebnisse durchgeführt werden. Dies erklärt die geringe Differenz zwischen dem PSC (konventionelle Beschaffungsvariante als Generalunternehmer-Leistung) und dem ÖPP-Angebot (Investorenleistung). Auswirkung der Prüfungsbemerkungen siehe Justizzentrum Heidelberg - 56 Baden-Württemberg Duale Hochschule Heidenheim Kurze Projektbeschreibung Neubau einer Dualen Hochschule (ehem. Berufsakademie) als ÖPP-Pilotprojekt der zweiten Generation (einschl. Betrieb) mit vorangestelltem Architektenwettbewerb. Das Land BW ist Grundstückseigentümer und hat einen Investor beauftragt, das Gebäude zu errichten, zu betreiben und vorzufinanzieren. Quelle: Christian Richters, Münster (Fotograf) Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Vergabeverfahren abgeschlossen Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 20 Jahre Projektvolumen 67 Mio. Euro Gebäudeflächen 8.300 m² NF Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: -230.000 Euro (Barwertnachteil) Effizienzrendite ÖPP: -0,54 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs Ergebnis der Verwaltung auf Plausibilität geprüft und bestätigt. Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Wesentliche Prüfungsergebnisse Im Vorfeld der Ausschreibung wurde weder eine Machbarkeitsstudie noch eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsprognose erstellt. Insofern war nicht abschätzbar, ob sich die Maßnahme als ÖPP-Projekt der zweiten Generation überhaupt wirtschaftlich rechnen würde. Der vorangestellte Architektenwettbewerb war Bestandteil der Ausschreibung. - 57 Die Bieter waren an den Entwurf weitgehend gebunden und konnten diesen nur noch eingeschränkt optimieren. Eigene Planungen waren nicht mehr möglich. Die abschließenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen kamen zu dem Ergebnis, dass die konventionelle Beschaffungsvariante im Barwert innerhalb von 20 Jahren gegenüber der ÖPP-Variante um 230.000 Euro bzw. 0,54 % wirtschaftlicher gewesen wäre. Dabei hätte der Betrieb in Eigenregie im Vergleich zum Angebot des ÖPP-Partners nach Berechnungen der Verwaltung anfänglich 10 % geringere Kosten verursacht. Die unwirtschaftlichere ÖPP-Variante wurde dennoch beauftragt, da für die konventionelle Beschaffungsvariante die erforderlichen Haushaltmittel nicht veranschlagt waren. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen siehe Justizzentrum Heidelberg - 58 Baden-Württemberg Fachhochschule Aalen Kurze Projektbeschreibung Erweiterungsbauten für die Fachhochschule Aalen als ÖPP-Projekt der ersten Generation mit vorangestelltem Architektenwettbewerb. Das Land BW ist Grundstückseigentümer und hat einen Investor auf Basis einer funktionalen Ausschreibung beauftragt, die drei Erweiterungsbauten zu errichten und teilweise vorzufinanzieren. Der Bauunterhalt wurde optional ausgeschrieben. Quelle: Christian Richters, Münster (Fotograf) Eckdaten Projektstatus bei Prüfung nach Fertigstellung Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb (opt.) ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 20 Jahre Projektvolumen 38,56 Mio. Euro Gebäudeflächen 7.748 m² HNF Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung k. a. Prüfungsergebnis des Rechnungshofs ÖPP: 850.000 Euro (Barwertvorteil) Effizienzvorteil ÖPP: 3,4 % (Barwert) Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Wesentliche Prüfungsergebnisse Zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Beschaffungsvariante wurde das Bauvorhaben in Form einer ABC-Ausschreibung nach dem sogenannten Thüringer Modell in den Varianten A (schlüsselfertiges Bauen durch einen GU), B (Baumanagement und Finanzierung eines Angebotes der Variante A) und C (Investorenangebot inklusive Bauzwi- - 59 schen- und Endfinanzierung) europaweit ausgeschrieben. Die Differenz zwischen den Angebotssummen für die Bauleistung betrug lediglich 0,1 %; der Wirtschaftlichkeitsvorteil zugunsten der Investoren (ÖPP)-Variante lag bei 3,4 %. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen siehe Justizzentrum Heidelberg - 60 Freie und Hansestadt Hamburg Kurze Projektbeschreibung Katharinenschule in der HafenCity Abbildung Neubau einer dreizügigen Grundschule in Kombination mit einer Kindertagesstätte und 30 Wohnungen in dem neuen Stadtteil HafenCity. Der 17,4 Mio. Euro teure Bau entstand als erste Schule Hamburgs in einer Öffentlich Privaten Partnerschaft. Das Grundstück verbleibt im Eigentum der Stadt. Der Investor nutzt den nichtschulischen Teil und zahlt der Stadt aus seinen Einnahmen einen jährlichen Deckungsbei- Quelle: HafenCity GmbH 2011 trag. Fotograf: Thomas Hampel ELBE&FLUT Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Vorentscheidung für ÖPP war gefallen, das Investorenauswahlverfahren abgeschlossen. Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 25 Jahre Projektvolumen 25,1 Mio. Euro Gebäudeflächen Schule 5.500 m2 /Zweitnutzung 3.500 m2 Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 25,7 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs siehe unten Prüfungsschwerpunkte • Beteiligung des Parlaments • Hinweise zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen - 61 Wesentliche Prüfungsergebnisse • Die zuständige Behörde - beabsichtigte, den Vertrag mit dem Investor ohne die erforderliche budgetrechtliche Ermächtigung durch die Bürgerschaft zu schließen (Artikel 66, 68 HV, § 38 Abs. 1 LHO), - hatte versäumt, einen Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen einer Realisierung in konventioneller Eigenregie und der ausgewählten ÖPP-Lösung anzustellen (§ 7 Abs.1 und 2 LHO). • Zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen hat der Rechnungshof gefordert, - künftige Erlöse zu berücksichtigen, - Art und Ausmaß der Risikokosten zu verdeutlichen, - Kosten für den Eigenbau stringent an der aktuellen Bewirtschaftungswirklichkeit zu orientieren, - gravierende Kostendifferenzen auf Plausibilität zu prüfen und - in der Entscheidungsgrundlage die maßgeblichen Faktoren im Rahmen von Sensitivitätsbetrachtungen zu nennen. • Die Wirtschaftlichkeit der Realisierung der Schule in Kombination mit privatwirtschaftlich genutzten Gebäudeteilen ist nicht belegt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Investitionsausgaben ohne Zweitnutzung geringer gewesen wären als mit Zweitnutzung. Die Behörde hat nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um sich von den Kosten des privatwirtschaftlich genutzten Projektteils freizuhalten. • Um eine nicht sachgerechte Ausweitung der für den Haushalt geltenden Kreditobergrenze zu vermeiden, müssen ÖPP mindernd angerechnet werden. • Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bedarf es verbindlicher Vorgaben; der von der Finanzministerkonferenz zustimmend zur Kenntnis genommene Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ sollte deshalb in die VV zu § 7 LHO aufgenommen werden. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen • Die Behörde hat - den aufgezeigten Handlungsbedarf anerkannt und noch vor Vertragsabschluss mit dem Investor die Bürgerschaft beteiligt und - gleichzeitig einen nachträglich durchgeführten Wirtschaftlichkeitsvergleich vorgelegt, - 62 • zugesagt, die Hinweise des Rechnungshofs zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei der Unterrichtung der Bürgerschaft künftig zu beachten. Die Finanzierungskosten von Privaten vorfinanzierter Investitionen sollen künftig auf die Kreditobergrenze mindernd angerechnet werden. Aufgrund der erfolgten Aufnahme des Leitfadens der FMK in die VV zu § 7 LHO sind die Behörden nunmehr verpflichtet, ihn grundsätzlich als verbindliche Vorgabe anzuwenden. - 63 Freie und Hansestadt Hamburg Kurze Projektbeschreibung Neuorganisation im Hamburger Schulbau (Modell Hamburg Süd) Abbildung Im Jahr 2007 haben die Behörde für Schule und Berufsbildung und das stadteigene Unternehmen GWG Gewerbe (GWGG) eine teilweise Neuorganisation des Hamburger Schulbaus vereinbart. Die GWGG wird 32 Schulstandorte südlich der Elbe innerhalb der ersten fünf Jahre nach Vertragsbeginn am 01.Juli 2007 sanieren oder durch Neu- und Zubauten ersetzen bzw. ergänzen. Außerdem wird sie das Facility Management einschließlich der Durchführung werterhaltender Baumaßnahmen über einen Zeitraum von 25 Jahren durchführen. Diese als „Öffentlich Öffentliche Partnerschaft“ bezeichnete Kooperation orientiert sich weitgehend an „Öffentlich Privaten Partnerschaften“. Neuorganisation im Hamburger Schulbau (Modell Hamburg Süd) Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Vorläufiger Wirtschaftlichkeitsvergleich Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 25 Jahre Projektvolumen 797,5 Mio. Euro1 Gebäudeflächen 288.314 m2 nach Abriss und Zubau1 Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖÖP: 12,2 %/11,02 % (nominal)1 Prüfungsergebnis des Rechnungshofs 1 Stand zum Prüfungszeitpunkt. Effizienzrendite ÖÖP: 4,83 % (nominal) - 64 Prüfungsschwerpunkte • • Haushaltsrechtliche Behandlung des Projekts Durchführung des Wirtschaftlichkeitsvergleichs Wesentliche Prüfungsergebnisse • Die Gesamtkosten des Projekts liegen um 41,3 Mio. Euro höher als sie der Bürgerschaft mitgeteilt wurden. • Die Etatreife des Modells war nur eingeschränkt gegeben, weil u. a. die Finanzierungsstruktur noch völlig ungewiss war. • Für das Eingehen von Verpflichtungen in Höhe von 16,6 Mio. Euro fehlte die notwendige Ermächtigung der Bürgerschaft (Art. 66, 68 HV, §§ 1 bis 3 LHO). • Finanzierungskosten in Höhe von 88,0 Mio. Euro sollen entgegen Haushaltsrecht im Investitionshaushalt veranschlagt werden. • Die Veranschlagung von 9,0 Mio. Euro kalkulatorischer Risikokosten ist haushaltsrechtlich nicht zulässig. • Mit der Festlegung auf die GWGG als Kooperationspartner wurde auf die realistische Chance verzichtet, im Wettbewerb mehrerer Anbieter eine wirtschaftlichere Lösung zu erreichen. • Der errechnete Effizienzvorteil ist deutlich zu hoch. Um methodische Unsicherheiten zu vermeiden und Validität und Aussagekraft künftiger Wirtschaftlichkeitsvergleiche zu vermeiden hat der Rechnungshof auf der Grundlage seiner Feststellungen Hinweise gegeben: 1. Wirtschaftlichkeitsvergleiche müssen abschließend sein und bis zur vertraglichen Fixierung der Leistungen und Kosten dem jeweiligen Entwicklungsstand angepasst werden. 2. Sämtliche Annahmen, Daten und Berechnungsschritte, auf denen der Vergleich beruht sind, detailliert und vollständig zu dokumentieren. 3. Zur Ermittlung des Effizienzvorteils müssen einheitlich und methodisch schlüssig die Eigenkosten und nicht die ÖÖP/ÖPP-Kosten als Basis zugrunde gelegt werden. 4. Die Plausibilität gravierender Kostenunterschiede bei einzelnen Kosten / Kostenblöcken ist zu überprüfen. 5. Bevor die Baukosten im PSC zur Ermittlung der Risiko-, Finanzierungs- und Un- - 65 terhaltungskosten herangezogen werden, sind sie um Risikoanteile zu bereinigen. 6. Bis zum Abschluss der Baumaßnahmen dürfen im PSC keine vollen Unterhaltungskosten angesetzt werden. 7. Soweit der Effizienzvorteil zu einem wesentlichen Teil auf Risikokosten beruht, ist vor der Entscheidung eine Sensitivitätsanalyse durchzuführen, aus der die Auswirkungen veränderter Risikoeinschätzungen auf das Ergebnis erkennbar sind. 8. Bei Öffentlich Öffentlichen Partnerschaften findet letztlich keine Risikoverteilung zwischen Hamburg und einem privaten Partner statt. Die Risikokosten sind deshalb auch aus der Konzernsicht Hamburgs zu betrachten. 9. Werden neben den monatlich an den Kooperationspartner zu zahlenden Leistungsvergütungen zur Verringerung von Finanzierungskosten einmalige Zahlungen vereinbart, verringern sich die ÖPP-Kosten in einem größeren Umfang als bei der konventionellen Lösung. Insoweit besteht die Möglichkeit, auf das Ergebnis von Wirtschaftlichkeitsvergleichen Einfluss zu nehmen. Zur Verbessrung der Transparenz muss deshalb der wirtschaftliche Vorteil jeweils mit und ohne Einmalzahlungen ermittelt werden. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Der Senat hat die Bürgerschaft über die Gesamtkosten des Modells Hamburg Süd im September 2009 unterrichtet. Gleichzeitig hat er der Bürgerschaft das Ergebnis eines abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs vorgelegt und erläutert. Die Hinweise des Rechnungshofs hat er dabei weitgehend aufgenommen. Die beanstandete Veranschlagung von Sachausgaben im Investitionshaushalt hat er aufgegeben; die Veranschlagung der Risikokosten soll mit dem Haushaltsplan 2011/2012 aufgegeben werden. Die Finanzbehörde ist dem Hinweis zu Einmalzahlungen gefolgt und hat die VV zu § 7 LHO entsprechend ergänzt. - 66 Niedersachsen Kurze Projektbeschreibung Justizvollzugsanstalt Bremervörde Abbildung Das Niedersächsische Justizministerium (MJ) beabsichtigt, bis 2012 eine neue Justizvollzugsanstalt mit rund 300 Haftplätzen in Bremervörde als ÖPP-Projekt zu errichten. Neben Planungs-, Bau und Finanzierungsleistungen sollen Dienstleistungsbereiche, die nicht zu den hoheitlichen Auf- Animation: Plan2, München gaben gehören, privat vergeben werden. Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Phase II nach Leitfaden Leistungsumfang Planen, Bauen, Betreiben, Finanzieren ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 25 Jahre (Betrieb) Projektvolumen ÖPP: 212,6 Mio. Euro (Barwert) ÖPP: 461,7 Mio. Euro (Zeitwert) PSC: 438,4 Mio. Euro (Zeitwert) Gebäudeflächen rund 15.000 m² NF (konventionelle Beschaffungsvariante) Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: 13,0 Mio. Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 5,68 % (Barwert). Stand: Februar 2009 Prüfungsergebnis des Rechnungshofs Von den Beratern angegebene Effizienzrendite vom Landesrechnungshof nicht abschließend geprüft. Prüfungsschwerpunkte Planungsbegleitende Prüfung (Phase II nach Leitfaden) im Rahmen einer Haushaltberatung. Der Landesrechnungshof war vorab beratend tätig. - 67 Wesentliche Prüfungsergebnisse Eine vorläufig funktionale Leistungsbeschreibung wurde der Haushaltsunterlage nicht beigelegt. Der PSC wurde im Planungsverlauf nicht detailliert und optimiert. Diverse Risikoaufschläge waren nicht plausibel. ÖPP-spezifische Risiken wurden nicht berücksichtigt. Der Ansatz für den Personaleinsatz war bei der konventionellen Beschaffungsvariante zu hoch. Fehlerhafte Indizierung von Ausgaben. Rechenfehler bei der Anpassung der Umsatzsteuer von 16 % auf 19 %. Zu geringer Ansatz für Transaktionskosten bei der ÖPP-Variante. Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages für das Grundstück waren unbekannt. Fehlende Aussagen zur Berücksichtigung nicht-monetärer Aspekte in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Pauschale Annahmen von Wirtschaftlichkeitsvorteilen privater Anbieter sind kritisch. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Die Korrekturvorschläge und Empfehlungen des Landesrechnungshofs wurden von der Verwaltung nur zum Teil berücksichtigt. Die über eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ermittelte Effizienzrendite von anfänglich 6,91 % für ÖPP wurde aufgrund der Beratungen durch den Landesrechnungshof auf 5,68 % korrigiert. - 68 Rheinland-Pfalz Berufsbildende Schule II Kaiserslautern Kurze Projektbeschreibung Abbildung Die aus vier verbundenen Gebäudeteilen bestehende Berufsbildende Schule II Wirtschaft und Verwaltung - in Kaiserslautern wurde zwischen 1953 und 1972 errichtet und soll in Bauabschnitten umfassend saniert und baulich erweitert werden. Hierzu hat der Stadtrat im April 2008 im Grundsatz die Weiterbearbeitung als ÖPPPilotprojekt beschlossen. Grundlage der Entscheidung des Stadtrats war die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Quelle: Rechungshof Rheinland-Pfalz eines von der Stadt beauftragten Beratungsunternehmens, das der Stadt die Realisierung des Vorhabens als ÖPPlnhabermodeIl mit Forfaitierung bei gleichzeitigem Einredeverzicht empfahl. Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Leistungsstufe I nach Leitfaden Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb einschl. Instandhaltung ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 6 Jahre Bauzeit, 19 Jahre Betrieb Projektvolumen ÖPP: 50,95 Mio. Euro (Zeitwert) ÖPP: 27,80 Mio. Euro (Barwert) PSC: 47,60 Mio. Euro (Zeitwert) PSC: 26,22 Mio. Euro (Barwert) Gebäudeflächen rund 8.835 m2 Hauptnutzfläche, rund 2.800 Schülerinnen und Schüler Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: rund 1,3 Mio. Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 4,44 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs ÖPP: rund -1,6 Mio. Euro (Barwertnachteil) Effizienzrendite ÖPP: -6,0 % (Barwert) - 69 Prüfungsschwerpunkte Schwerpunkt der Prüfung waren die Annahmen und Schätzungen, die der Wirtschaftlichkeitsprognose zugrunde lagen. Insbesondere die Baukosten, die Kosten der Bauherrenleistungen, die den Finanzierungen zugrunde liegenden Annahmen, die Transaktionskosten sowie die Kosten der Bauunterhaltung und des Betriebs. Auch geprüft wurde, ob die Kosten und Erlöse entsprechend dem zeitlichen Anfall von Ausgaben und Einnahmen zutreffend berücksichtigt sowie die Effizienzen und Risiken nachvollziehbar bewertet wurden. Wesentliche Prüfungsergebnisse Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ohne ergänzende Unterlagen nicht prüfbar, Kostenermittlung und Planungskonzept auf der Grundlage nicht genehmigter Raumbedarfsunterlagen, unvollständige Kostenermittlung, fehlende bautechnische Voruntersuchungen, Annahme ungleicher Bauzeiten, ungleiche Ausgabenschwerpunkte während der Bauzeit, übersetzte Annahmen für Bauunterhaltung, realitätsferner Zahlungsverlauf für Bauunterhaltungsmittel, übersetzte und nicht der Beschaffungspraxis der Kommune entsprechende Energie- und Reinigungskosten, zu niedrig angesetzte Transaktionskosten, nicht nachvollziehbar belegte Effizienz- und Risikoannahmen. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Die Stadt ist der Empfehlung des Rechnungshofs vollumfänglich gefolgt, von der Weiterverfolgung der ÖPP-Beschaffungsvariante abzusehen. Die Baumaßnahme für die BBS II wird in konventioneller Beschaffungsvariante durchgeführt. - 70 Rheinland-Pfalz Kurze Projektbeschreibung Generalsanierung Südbad Trier Abbildung Das Freibad Trier-Süd wurde 1958 fertiggestellt und bietet auf einer Grundstücksfläche von rund 30.000 m² insgesamt rund 3.500 m² Wasserflächen in Schwimmer-, Kombi- und Kleinkinderbecken sowie einem Springerbecken mit 10-mSprungturm. Bad und Eingangsgebäude waren stark sanierungsbedürftig. Der Stadtrat beschloss daher am 29. September 2005, das Südbad zu sanieren. Quelle: Rechnungshof Rheinland-Pfalz Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Leistungsstufe II nach Leitfaden Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, technischer Betrieb einschl. Instandhaltung ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 25 Jahre Betrieb, Bauzeit laut Vertrag 16 Monate, tatsächlich 19 Monate Projektvolumen ÖPP: 29,60 Mio. Euro (Zeitwert) ÖPP: 18,12 Mio. Euro (Barwert) PSC: 24,81 Mio. Euro (Zeitwert) PSC: 14,92 Mio. Euro (Barwert) Gebäudeflächen rund 30.000 m2 Grundstücksfläche, rund 2.370 m2 Wasserfläche rund 1.180 m² NF Eingangsgebäude, davon rund 510 m² NF Gastronomie Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: rund 750.000 Euro (Barwertvorteil) Effizienzrendite ÖPP: 4,0 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs ÖPP: -3,2 Mio. Euro (Barwertnachteil) Effizienzrendite ÖPP: -21,5 % (Barwert) - 71 Prüfungsschwerpunkte Ziel der Prüfung war, Erkenntnisse über die Durchführung von ÖPP-Projekten zu gewinnen und deren Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu der konventionellen Beschaffungsvariante nach objektiven Maßstäben zu bewerten. Die Prüfung erfolgte begleitend. Wesentliche Prüfungsergebnisse Die Eignung der Maßnahme als ÖPP-Projekt ist fraglich, da aufgrund bestehender Rahmenbedingungen die Gestaltungsspielräume für eine ÖPP-Realisierung eingeschränkt waren. Die Leistungsbeschreibung für die Bau- und Betriebsleistungen beschränkte sich überwiegend auf allgemeine Vorgaben; eindeutige und messbare Qualitätskriterien fehlten. Ein Wettbewerb kam nicht zustande. Lediglich ein ÖPP-Angebot ging ein, dessen Barwert mit 34,1 Mio. Euro erheblich über dem vor Submission ermittelten PSC von 16,9 Mio. Euro lag. Entgegen der Empfehlung des Rechnungshofs, hob die Stadt die Ausschreibung nicht auf. Ziel der folgenden Verhandlungen war, den PSC zu unterschreiten. Durch Preisverhandlungen und nach Berichtigung von Fehlern verringerte sich der Angebotsbarwert auf 18,0 Mio. Euro. Als das Verhandlungsziel nicht erreicht wurde, hob die Stadt die Ansätze für die Baukosten, Bauherrenleistungen und Projektsteuerung bei der konventionellen Beschaffungsvariante an. Der PSC stieg dadurch um 1,9 Mio. Euro auf 18,8 Mio. Euro. Die Prüfung ergab, dass fehlerhafte und nicht zutreffende Berechnungsannahmen korrigiert werden mussten, weil die Stadt in ihrer Berechnung eine unwirtschaftliche konventionelle Beschaffungsvariante als Vergleichsmaßstab zugrunde gelegt hatte. Bei den Baukosten der konventionellen Beschaffungsvariante waren Preissteigerungen zu hoch und teilweise doppelt berücksichtigt. Fördermittel des Landes wurden bei der ÖPP-Maßnahme mit 2,9 Mio. Euro, bei der konventionellen Beschaffungsvariante lediglich mit 2,5 Mio. Euro in Abzug gebracht. Bei der ÖPP-Maßnahme wurde von bis zu fünf Monaten früheren Zahlungsterminen ausgegangen. Die nachträgliche Erhöhung der Baukosten der konventionellen Beschaffungsvariante um 500.000 Euro für Abbrucharbeiten und um mehr als 300.000 Euro für Bauherrenleistungen war nicht gerechtfertigt, da die angesetzten Kennwerte bereits Abbruchkosten enthielten und Bauherrenleistungen von über 600.000 Euro bei der konventionellen Beschaffungsvariante bereits enthalten waren. Durch die Korrekturen sanken die Investitionskosten um 1,8 Mio. Euro (Zeitwert). Die über 25 Jahre voraussichtlich anfallenden Instandhaltungskosten waren aufgrund des angewandten Schätzverfahrens und unzutreffender - 72 Ansätze um mindestens 2,1 Mio. Euro (Zeitwert) überzogen. Bei dem Schätzverfahren auf der Grundlage bestimmter Prozentsätze der Investitionskosten wurden Vorteile qualitativ hochwertiger Bauteile und technischer Systeme nicht berücksichtigt. Änderungen wesentlicher Planungsparameter (Größe der Wasserfläche, Anzahl der Öffnungstage, Art der Wassererwärmung) blieben bei der Fortschreibung der Betriebskosten unberücksichtigt. Eine Neuberechnung der konventionellen Beschaffungsvariante ergab für Energie- und Wasserverbrauch über 25 Jahre einen um 800.000 Euro (Zeitwert) niedrigeren Kostenansatz. Die im ÖPP-Verfahren eingesetzte Badewassertechnik entsprach dem Stand der Technik, wurde jedoch nicht optimal ausgelegt. Ein energieeffizienter Betrieb ist nicht möglich. Zudem lässt der Volllastbetrieb der Pumpen einen stärkeren Verschleiß und erhöhte Wartungs- und Instandhaltungskosten erwarten. Eine wesentliche Zielsetzung des ÖPP-Verfahrens, über den Lebenszyklus Wirtschaftlichkeitsvorteile durch die Minimierung der Betriebskosten zu erzielen, wird damit nicht erreicht. Die Ermittlung der Risikokosten war nicht belegt und beruhte auf subjektiven Einschätzungen. Die Risikokosten der konventionellen Beschaffungsvariante von 2,0 Mio. Euro waren überbewertet, die der ÖPP-Maßnahme mit 700.000 Euro dagegen zu gering angesetzt (Zeitwerte). Die Analyse der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Stadt zeigt, dass der dort ausgewiesene Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Maßnahme nicht auf die Optimierung der Lebenszykluskosten, sondern ausschließlich auf die Annahme hoher Risikokosten bei der konventionellen Beschaffungsvariante zurückzuführen ist. In dem ÖPP-Verfahren wurde die vertraglich vereinbarte Bauzeit von 16 Monaten um drei Monate überschritten. Mehrkosten von 345.000 Euro für zusätzliche Bauleistungen wurden außerhalb des ÖPP-Vertrags aus dem kommunalen Haushalt finanziert. Der ÖPP-Vertrag sieht für die Instandhaltungsleistungen und die Strom-, Gas- und Wasserversorgung unwirtschaftliche Vergütungsregelungen vor. Der Auftrag des Beraters wurde ohne Vergleichsangebote von 7.500 Euro auf 298.000 Euro erhöht. Die Beratungsleistungen wurden im Wirtschaftlichkeitsvergleich der Stadt nicht in voller Höhe berücksichtigt. - 73 Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Der Rechnungshof erörtert mit dem Ministerium der Finanzen die Prüfungsfeststellungen von grundsätzlicher Bedeutung, um Anforderungen an künftige PPP-Verfahren festzulegen. Auf diese Weise sollen das Verfahren und die wesentlichen Parameter von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen objektiviert und der Gefahr geschönter oder interessengeleiteter Berechnungen vorgebeugt werden. Mit der Stadt Trier konnte über wesentliche Feststellungen kein Konsens erzielt werden. Nach ihrer Auffassung beruhen die maßgeblichen Differenzen in den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Stadt und des Rechungshofs auf einer unterschiedlichen methodischen Herangehensweise bei der Ermittlung des PSC. Die konträre Bewertung der Wirtschaftlichkeit des PPP-Pilotprojekts Südbad Trier darf nach Auffassung des Rechnungshofs nicht auf einen Methodenstreit reduziert werden. Die Stadt hat in ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnung eine unwirtschaftliche Eigenrealisierung als Maßstab für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des PPP-Projekts zugrunde gelegt. Diese Verfahrensweise steht nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Sie birgt überdies die Gefahren, dass ein suboptimaler Benchmark zur Norm erhoben wird und langfristige Verträge auf einem überhöhten Niveau geschlossen werden. Nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen kann nur eine wirtschaftliche Eigenrealisierung oder eine nach wirtschaftlichen Kriterien festgelegte Kostenobergrenze den Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von PPPProjekten bilden. - 74 Sachsen-Anhalt Kurze Projektbeschreibung 4 Kindertageseinrichtungen und 9 Schulobjekte in der Stadt Halle / Saale Abbildung In der Stadt Halle werden als Pilotprojekt des Bundes insgesamt vier Kindertageseinrichtungen und neun Schulobjekte saniert. Die Stadt Halle als Träger der Einrichtungen und Grundstückseigentümer lässt vom ÖPP-Partner die Gebäude instand setzen und bewirtschaften. Die Projekte sind in der Realisierungsphase. Bsp.: Sekundarschule Heinrich Heine in Halle / Saale Quelle: Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Eckdaten Projektstatus bei Prüfung 2007 Realisierungsphase Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Bewirtschaftung ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 25 Jahre Projektvolumen Gesamtkosten rund 218 Mio. Euro Gebäudeflächen Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Kindertagesstätten Effizienzrendite ÖPP nach vorl. WU: 6,6 % bis 19,0 % (Barwert) Effizienzrendite ÖPP nach abschl. WU: 2,8 % bis 15,0 % (Barwert) Schulen Effizienzrendite ÖPP nach vorl. WU: 5,4 % bis 15,7 % (Barwert) Effizienzrendite ÖPP nach abschl. WU: 1,0 % bis 35,0 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs Von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen. - 75 Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren: • die Auswahlkriterien für die ÖPP-Projekte, • die Auswahl des Beratungsunternehmens für die Machbarkeitsstudie, • die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Vergleich von ÖPP zur konventionellen Beschaffungsvariante, • die Auswahl des Beratungsunternehmens für die Erarbeitung des ÖPPProjektvertrages, • das Vergabeverfahren sowie • die Verteilung der wirtschaftlichen Risiken zwischen der öffentlichen Hand und dem privaten Partner. Wesentliche Prüfungsergebnisse Nach Auffassung des Landesrechnungshofs sind die in den WU ausgewiesenen Effizienzvorteile der ÖPP-Variante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante nicht erzielbar: Der Anteil der Risikokosten bei der konventionellen Beschaffungsvariante war eindeutig zu hoch angesetzt. Dies führte im Wesentlichen zu den in den Wirtschaftlichkeitsvergleichen dargestellten, scheinbaren Effizienzvorteilen der ÖPPVariante. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Die Stadt Halle hat die Hinweise und Bedenken des Landesrechnungshofs zur Kenntnis genommen. - 76 Sachsen-Anhalt Kurze Projektbeschreibung 20 Schulobjekte in der Stadt Magdeburg Abbildung In der Landeshauptstadt Magdeburg werden als ÖPP-Projekt insgesamt 20 Schulobjekte saniert. Die Stadt Magdeburg ist Schulträger und Grundstückseigentümer. Die Projekte sind in vier Pakete à fünf Schulen aufgeteilt. Bei zwei der vier Pakete sind die baulichen Maßnahmen abgeschlossen, die verbleibenden befinden sich in der Planungs- und Realisierungsphase. Bsp.: Werner v. Siemens Gymnasium Magdeburg Quelle: Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt Eckdaten Projektstatus bei Prüfung 2008 Paket I - Realisierung, Paket II - Planung Geprüft durch Landesrechnungshof Paket I Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Bewirtschaftung ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 20 Jahre Bewirtschaftung 30 Jahre Finanzierung Projektvolumen Gesamtkosten für Paket I rund 115 Mio. Euro Gebäudeflächen Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 11 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren: • die Vergabe der Beratungsleistungen, • die Wertung des ÖPP-Eignungstests und Von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen. - 77 • die Ergebnisse der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Vergleich zwischen ÖPP- und konventioneller Beschaffungsvariante. Wesentliche Prüfungsergebnisse In der vorläufigen WU wurde bei den Betriebskosten in der ÖPP-Variante der pauschale Ansatz eines fünffachen Einsparpotenzials gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante ohne weitere Begründung getroffen. Bauphysikalische Nachweise, die diese These stützen, wurden nicht vorgelegt. Nach Auffassung des Landesrechnungshofs ist dieser Ansatz unrealistisch und diente u. a. dazu, das ÖPP-Modell „schön zu rechnen“. Die Landeshauptstadt Magdeburg schrieb die ÖPP-Leistungen Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb für eine Laufzeit von 30 Jahren aus. Das beauftragte Angebot enthielt jedoch eine Verkürzung der Betriebslaufzeit auf 20 Jahre. In der Verkürzung der Laufzeit des Betriebes der ÖPP-Schulprojekte von 30 auf 20 Jahre sieht der Landesrechnungshof eine grundlegende Änderung wichtiger Elemente der Ausschreibung und damit einen schwerwiegenden Vergabeverstoß gegen § 9 Nr. 2 VOB/A. Darüber hinaus muss die Landeshauptstadt nach Beendigung der Betriebsphase weitere zehn Jahre die Verpflichtungen aus dem ÖPP-Projekt bedienen, obwohl sie in diesem Zeitraum die Kosten des Betriebes bereits selbst trägt. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Die Stadt Magdeburg hat die Hinweise und Bedenken des Landesrechnungshofs zur Kenntnis genommen. - 78 Sachsen-Anhalt Kurze Projektbeschreibung Justizvollzugsanstalt Burg Abbildung In der Nähe der Stadt Burg-Madel wurde im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt eine Justizvollzugsanstalt für 658 Haftplätze als ÖPP-Projekt von einer privaten Trägergesellschaft errichtet. Die JVA wurde 2009 eingeweiht und befindet sich in der Trägerschaft des Justizministeriums des Landes. Dienstleistungsbereiche, die nicht zu den hoheitlichen Aufgaben gehö- Quelle: Landesbaubetrieb Sachsen-Anhalt ren, sind privat vergeben. Für eine Laufzeit von 25 Jahren wird hierfür die Bewirtschaftung von der Projektgesellschaft Justizvollzug Burg GmbH & Co. KG realisiert. Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Verhandlungsverfahren schluss vor dem Ab- Leistungsumfang Planung, Bau, Finanzierung, Teilbewirtschaftung ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit 25 Jahre Finanzierung Projektvolumen rund 512 Mio. Euro Gesamtkosten, davon rund 100 Mio. Euro Investitionskosten Gebäudeflächen 49.500 m² NGF Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 12 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs Von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen Prüfungsschwerpunkte Prüfungsschwerpunkte waren: • die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Vergleich von ÖPP zur konventionellen Beschaffungsvariante, • die Ermittlung des PSC, - 79 • • Risiken in der Effizienzbewertung sowie Risiken der Vertragsgestaltung. Wesentliche Prüfungsergebnisse Der im Wirtschaftlichkeitsvergleich ausgewiesene Effizienzvorteil von 12 % der ÖPPVariante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante durch das Land Sachsen-Anhalt basierte im Wesentlichen auf einer zu hoch angesetzten Kostenschätzung für den PSC, die noch zusätzlich durch zum Teil nicht nachvollziehbare Risikozuschläge in der Bau- und Betreiberphase eine Steigerung erfahren hat. Darüber hinaus beinhalten die umfangreichen vertraglichen Regelungen Risiken über die Gesamtlaufzeit von 25 Jahren. Neben dem ÖPP-Projektvertrag und dem ÖPPRahmenvertrag wurden für die Bewirtschaftung der JVA weitere zehn Dienstleistungsverträge geschlossen. Als risikobehaftete Vertragsinhalte wertete der Landesrechnungshof u. a. folgende Aspekte: • • • Es gibt keine Festlegung von jährlichen Instandhaltungspauschalen des privaten Partners, obwohl in der ÖPP-Rate des Landes hierfür jährliche Kosten von 415.000 Euro veranschlagt sind. Bonusregelungen im Dienstleistungsbereich führen zu Mehrkosten, da Normleistungen schon zum Erhalt von Bonuszahlungen führen. Das Risiko von Preissteigerungen trägt allein das Land Sachsen-Anhalt aufgrund der vereinbarten Preisanpassungsklauseln, die schon ab einem Steigerungswert von 2 % greift, so z. B. für die Energie- und Medienversorgung. Eine Anpassung fand hierzu bereits im Nachtragshaushalt 2009 mit zusätzlichen Ausgaben von 485.000 Euro statt. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Der Landesrechnungshof hatte in seiner Beratungsfunktion gegenüber dem Ausschuss für Finanzen im Dezember 2006 seine Bedenken gegenüber der ÖPP-Variante geäußert und auf mögliche Risiken verwiesen. Der Ausschuss für Finanzen hat die Hinweise und Bedenken des Landesrechnungshofs zur Kenntnis genommen und sich für die ÖPP-Variante in der Realisierung entschieden. - 80 Thüringen Bau- und Erhaltungsmodell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis (B/E-Modell) Kurze Projektbeschreibung Abbildung Für einen Zeitraum von 30 Jahren wird ein Teil des Landesstraßennetzes mit einer Länge von rund 20 km durch den Privaten ausgebaut, erhalten und betrieben. Es sind zwei Unterhaltungszyklen im 15. bis 17. Jahr und am Ende der Vertragslaufzeit vorgesehen. Der Betriebsdienst umfasst nur die planbaren Leistungen wie beispielsweise Grasmahd und Markierung. Leistungen des Winterdienstes und Störungsbeseitigung u. a., die nicht planbar Quelle: Thüringer Rechnungshof sind, verbleiben in der Verantwortung des Landes. Eckdaten Projektstatus bei Prüfung Der Thüringer Rechnungshof führt eine begleitende Prüfung der Maßnahme durch. Zu Beginn des Jahres 2010 wurde ein erster Zwischenbericht erstellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ausbauarbeiten abgeschlossen. Leistungsumfang 20,7 Mio. Euro (Zeitwert) ÖPP-Vertragsmodell Inhabermodell Laufzeit Laut Projektvertrag September 2007 bis September 2037 Projektvolumen 36,2 Mio. Euro (Zeitwert) Gebäudeflächen Entfällt Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 1,8 % (Barwert) Prüfungsergebnis des Rechnungshofs Wirtschaftlichkeit von den Beratern nicht schlüssig nachgewiesen. - 81 Prüfungsschwerpunkte Überprüfung der untersuchungen Annahmen des PSC-Wertes aus den Wirtschaftlichkeits- Wesentliche Prüfungsergebnisse Der PSC-Wert aus den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ist zu hoch angesetzt. Der Wert berücksichtigt beispielsweise nicht das Einsparpotential aus den angewendeten Bauverfahren. Eine sachgemäße Fortschreibung des Wertes hätte zu einer Entscheidung zugunsten der konventionellen Beschaffungsvariante geführt. Auswirkung der Prüfungsbemerkungen Das Thüringer Parlament ist in seiner Sitzung am 20. Mai 2011 der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zum "Bau- und Unterhaltungsmodell im Saale-Holzland-Kreis" gefolgt: "Den Bemerkungen des Rechnungshofs wird beigetreten. ... Die Landesregierung wird aufgefordert, in Zukunft PPP-Maßnahmen nur noch in Erwägung zu ziehen und dem Landtag zur Entscheidung vorzulegen, wenn deren Wirtschaftlichkeit zweifelsfrei erwiesen und der wirtschaftliche Vorteil auch transparent nachvollziehbar ist".