Daten
Kommune
Pulheim
Größe
817 kB
Datum
11.09.2012
Erstellt
03.09.12, 19:16
Aktualisiert
03.09.12, 19:16
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinsamer Erfahrungsbericht
zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten
Impressum
Herausgegeben von den Präsidentinnen und Präsidenten
der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder:
Bayerischer Oberster Rechnungshof
Bundesrechnungshof
Hessischer Rechnungshof
Landesrechnungshof Brandenburg
Rechnungshof des Saarlandes
Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern
Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen
Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Landesrechnungshof Schleswig-Holstein
Niedersächsischer Rechnungshof
Rechnungshof Baden-Württemberg
Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen
Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg
Rechnungshof des Freistaat Sachsen
Rechnungshof Rheinland-Pfalz
Rechnungshof von Berlin
Thüringer Rechnungshof
Wiesbaden, 14. September 2011
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................. I
Tabellenverzeichnis ....................................................................................................... II
1
Vorbemerkungen ................................................................................................. 1
2
Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten...................................... 3
3
Finanzierung von ÖPP-Projekten ....................................................................... 6
3.1
Projektfinanzierung ................................................................................................ 6
3.2
Forfaitierung mit Einredeverzicht ........................................................................... 6
4
Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten ................................................ 7
4.1
Bedarfsermittlung .................................................................................................. 7
4.2
Einsatz externer Berater und Transaktionskosten ................................................. 9
4.3
Eignungstests ...................................................................................................... 10
4.4
Leistungsbeschreibung ........................................................................................ 11
4.5
Ausschreibung von ÖPP-Projekten ..................................................................... 14
4.6
Vertragsgestaltung............................................................................................... 14
5
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten ............................... 15
5.1
Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ............................................ 15
5.2
Berechnung der Effizienzvorteile ......................................................................... 16
5.3
Vergleichbarkeit der Beschaffungsvarianten ....................................................... 18
5.3.1 Bayerischer Oberster Rechnungshof .................................................................. 19
5.3.2 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt ................................................................. 20
5.3.3 Thüringer Rechnungshof ..................................................................................... 21
5.3.4 Voraussetzungen für einen belastbaren Wirtschaftlichkeitsvergleich .................. 22
5.4
Fehlerquellen bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen ............................................. 23
5.5
Transparenz der Wirtschaftlichkeitsberechnungen .............................................. 25
5.6
Lebenszyklusansatz und Wettbewerb ................................................................. 25
5.7
Sensitivitäts- und Szenarioanalysen .................................................................... 26
6
Ermittlung des Public Sector Comparator ...................................................... 27
6.1
Funktionale Leistungsbeschreibung .................................................................... 27
6.2
Detaillierung und Optimierung des PSC .............................................................. 27
7
Risikobewertung und -verteilung ..................................................................... 29
7.1
Risikoidentifikation ............................................................................................... 29
7.2
Risiken der Beschaffungsvariante ÖPP ............................................................... 30
7.2.1 Vertragsrisiko ...................................................................................................... 30
7.2.2 Vergaberisiko ...................................................................................................... 31
7.2.3 Insolvenzrisiko ..................................................................................................... 31
7.3
Risikobewertung .................................................................................................. 32
7.3.1 Landesrechnungshof Niedersachsen .................................................................. 34
7.3.2 Rechnungshof Thüringen .................................................................................... 34
7.3.3 Rechnungshof Rheinland Pfalz ........................................................................... 36
7.3.4 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt ................................................................. 36
7.3.5 Rechnungshof Hamburg...................................................................................... 41
7.4
Feststellungen und Empfehlungen ...................................................................... 41
8
Zusammenfassung ............................................................................................ 43
9
Literaturverzeichnis und Quellenangaben ...................................................... 47
Anhang - Ausgewählte ÖPP-Projekte ......................................................................... 50
-I-
Abkürzungsverzeichnis
BB
Brandenburg
BHO
Bundeshaushaltsordnung
BW
Baden-Württemberg
BY
Bayern
HH
Hansestadt Hamburg
HNF
Hauptnutzfläche
JVA
Justizvollzugsanstalt
NF
Nutzfläche
NGF
Netto-Grundfläche
NI
Niedersachsen
ÖPP
Öffentlich-Private-Partnerschaft
PSC
Public Sector Comparator
RP
Rheinland-Pfalz
ST
Sachsen-Anhalt
TH
Thüringen
VOB
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen
VOL
Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen
- II -
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Veröffentlichte ÖPP-Projekte
Tabelle 2:
Vergleich der ermittelten Effizienzrenditen von Beratern/Verwaltung mit den
Ergebnissen der Rechnungshöfe
Tabelle 3:
Gesamtkostenvergleich der Beschaffungsvarianten zwischen 2006 und 2007
Tabelle 4:
JVA Burg in Sachsen-Anhalt - Risikobewertung des Beratungsunternehmens
Tabelle 5:
Schulen und Kitas in Halle - Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten
nach vorläufigem Wirtschaftlichkeitsvergleich bei der konventionellen Beschaffungsvariante
-1-
1 Vorbemerkungen
Der gemeinsame Erfahrungsbericht zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten richtet sich
an die politischen Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen sowie an Behörden und Verwaltungen, die für den Bau, den Erwerb, die Anmietung oder die Bewirtschaftung von Immobilien oder Infrastrukturen zuständig sind, und schließlich an die
interessierte Öffentlichkeit.
Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder sind der Auffassung, dass eine Öffentlich-Private-Partnerschaft (ÖPP) eine wertneutrale Beschaffungsvariante zu konventionellen Bau- und Finanzierungsmodellen darstellt. Sie stellen sich damit nicht grundsätzlich gegen ÖPP-Projekte, sondern fordern den Nachweis, dass die Vorteilhaftigkeit dieser Beschaffungsvariante gegenüber der Eigenbesorgung der öffentlichen Hand in jedem Einzelfall objektiv und transparent nachgewiesen wird. Dies leitet sich aus dem
haushaltsrechtlichen Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher
Gelder ab.
Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe am
3./4. Mai 2006 in München hat wesentliche Grundsätze im Umgang mit ÖPP-Projekten
beschlossen, die bei jeder ÖPP-Entscheidung zu beachten sind, insbesondere:
•
ÖPP-Projekte, die sich die öffentliche Hand konventionell finanziert nicht leisten
kann, darf sie sich ebenso wenig alternativ finanziert leisten. Bei ÖPP-Projekten treten laufende Zahlungsverpflichtungen aus Projektverträgen an die Stelle von Zinsund Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise.
•
Die Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts muss in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein.
Inzwischen liegen den Rechnungshöfen aufgrund ihrer Prüfungstätigkeit zahlreiche Erkenntnisse vor, die belegen, dass diese Grundsätze bei der Realisierung von ÖPPProjekten nicht ausreichend Beachtung finden.
Die Rechnungshöfe haben ihre Prüfungserkenntnisse zu ÖPP-Projekten in diesem Erfahrungsbericht zusammengefasst. Dabei geht es insbesondere um zu verallgemeinernde Problemstellungen vergleichbarer Projekte, häufige Fehler und die Schwierigkeit
-2seriöser Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen. Der Bericht soll nicht als Leitfaden verstanden werden, sondern Hilfestellungen für objektive, nicht interessengeleitete Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen geben.
Die Aussagen in diesem Bericht basieren auf den Ergebnissen von 30 geprüften ÖPPProjekten mit einem Gesamtprojektvolumen von 3,2 Mrd. Euro. In der nachfolgenden
Tabelle sind die ÖPP-Projekte dargestellt, die überwiegend in einem Jahresbericht oder
in anderer Form veröffentlicht wurden. Auf sie wird im Bericht beispielhaft Bezug genommen. Mit in die Bewertung eingeflossen sind Erkenntnisse aus ÖPP-Projekten, die
nicht realisiert wurden.
Tabelle 1: Veröffentlichte ÖPP-Projekte. Quellenverzeichnis, siehe Kapitel 9 dieses Berichtes
ProjektNr.
1
Bundesland
ÖPP-Projekt
Vertragsmodell
Laufzeit
Projektvolumen1
(Zeitwerte)
1
BB
Ministerium der Finanzen
Inhabermodell
30 Jahre
40 Mio. Euro
2
BW
Justizzentrum Heidelberg
Mietmodell
15 Jahre
60 Mio. Euro
3
BW
Justizvollzugsanstalt Offenburg
Inhabermodell
20 Jahre
108 Mio. Euro
4
BW
Duale Hochschule Heidenheim
Inhabermodell
20 Jahre
67 Mio. Euro
5
BW
Duale Hochschule Mannheim
Inhabermodell
20 Jahre
28 Mio. Euro
6
BW
Fachhochschule Aalen
Inhabermodell
20 Jahre
39 Mio. Euro
7
BW
Polizeirevier Ellwangen
Inhabermodell
20 Jahre
8 Mio. Euro
8
BY
Staatsstraße 2309
Inhabermodell
25 Jahre
39 Mio. Euro
9
BY
Staatsstraße 2580
Inhabermodell
25 Jahre
13 Mio. Euro
10
HH
Katharinenschule in der HafenCity
Inhabermodell
25 Jahre
25 Mio. Euro
11
HH
Neuorganisation im Hamburger
Schulbau
Inhabermodell
25 Jahre
798 Mio. Euro
12
NI
Justizvollzugsanstalt Bremervörde
Inhabermodell
25 Jahre
462 Mio. Euro
13
RP
Berufsbild. Schulen II Kaiserslautern
Inhabermodell
25 Jahre
53 Mio. Euro
14
RP
Südbad Trier
Inhabermodell
25 Jahre
29 Mio. Euro
15
ST
Schulen und Kitas in Halle
Inhabermodell
25 Jahre
218 Mio. Euro
16
ST
Schulen in Magdeburg Paket I 5 Schulen
Inhabermodell
20 Jahre
(Finanzierung
über 30 Jahre)
115 Mio. Euro
17
ST
Justizvollzugsanstalt Burg
Inhabermodell
25 Jahre
512 Mio. Euro
18
TH
Landesstraßen Saale-HolzlandKreis
Inhabermodell
30 Jahre
41 Mio. Euro
Investitionsausgaben für Planung, Bauerrichtung, Finanzierung und Betrieb.
-3-
2 Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten
Die in den Vorbemerkungen erwähnte Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten
der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder hat zu den haushaltsrechtlichen Auswirkungen und zur Behandlung von ÖPP-Projekten ferner auf folgende Gesichtspunkte
hingewiesen:
•
Haushaltsfinanzierte ÖPP-Projekte binden die Vertragspartner über den Projektlebenszyklus in der Regel über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren.
Dabei treten bei privat vorfinanzierten Maßnahmen Leistungsentgelte, die auf Basis
der Kosten des Lebenszyklus kalkuliert werden, an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten und belasten künftige Haushalte in gleicher oder ähnlicher Weise.
Daher sind ÖPP-Projekte während ihrer gesamten Vertragslaufzeit im Haushalt klar
darzustellen. Die Belastung künftiger Haushalte muss eindeutig erkennbar sein.
•
Projekte, die sich die öffentliche Hand aus eigenen Mitteln nicht leisten kann, darf sie
sich ebenso wenig alternativ finanziert in einer ÖPP leisten.
Angesichts der mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes2 und dem Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform3 eingeführten Begrenzung der Neuverschuldung
für die Haushalte von Bund und Ländern besteht das Risiko, dass ÖPP-Projekte verstärkt als alternative Finanzierungsmodelle eingesetzt werden, wenn eine kreditfinanzierte konventionelle Umsetzung der geplanten Maßnahme eine gegen das Grundgesetz bzw. entsprechendes Landesrecht verstoßende Neuverschuldung zur Folge hätte.
Da künftige Haushalte bei ÖPP-Projekten durch die Verpflichtung der öffentlichen Hand
zur Zahlung von Nutzungsentgelten in gleicher oder ähnlicher Art wie durch Zins- und
Tilgungszahlungsverpflichtungen gebunden bzw. belastet werden, können derartige
ÖPP-Projekte zu einer Umgehung des Neuverschuldungsverbots führen, die es unbedingt zu vermeiden gilt.
„Zur Finanzierung von ÖPP-Vorhaben gehen die öffentlichen Haushalte langfristige, einem Kreditgeschäft vergleichbare Zahlungsverpflichtungen ein, die eine Vorbelastung
2
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d) vom 29. Juli
2009 (BGBl. I S. 2248).
3
Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform vom 10. August 2009 (BGBl. I S. 2702).
-4künftiger Haushaltsjahre darstellen. Insofern sprechen sich die Rechnungshöfe des
Bundes und der Länder dafür aus, die für ÖPP-Vorhaben zu zahlenden Entgelte bei der
jährlichen Ermittlung der Kreditverpflichtungen zu berücksichtigen. In den Ländern, in
denen die Neuregelung des Grundgesetzes zur Begrenzung der Kreditaufnahme noch
nicht umgesetzt ist, erhöhen investiv veranschlagte Leistungsentgelte für ÖPPVorhaben die Kreditobergrenze. Um auszuschließen, dass durch diese Veranschlagung
ein ÖPP-Vorhaben insoweit doppelt zur Aufnahme von Krediten - zum einen, weil durch
die Veranschlagung der Ausgaben in Hauptgruppe 8 zusätzliche Kredite der Gebietskörperschaft möglich sind, und daneben eine indirekte Kreditaufnahme über den ÖPPPartner erfolgt - genutzt wird, sollten ÖPP-Vorhaben die Kreditobergrenzen nicht erhöhen.
Damit konsumtive Bestandteile des Leistungsentgelts der ÖPP-Projekte die Kreditobergrenze nicht erhöhen, ist eine gesonderte Angabe der Preise für einzelne Vertragskomponenten erforderlich, die durch den öffentlichen Auftraggeber gegenüber dem privaten
Anbieter bei Bedarf auch eingefordert werden muss.
Nach Maßgabe der Haushaltsgrundsätze der Haushaltsklarheit und -wahrheit ist das
gesamte finanzielle Volumen über die Vertragslaufzeit je ÖPP-Vorhaben transparent
und nachvollziehbar in den Haushalten darzustellen. Zu diesem Zweck sollten in den
jährlichen Haushaltsgesetzen Übersichten über ÖPP-Vorhaben aufgenommen werden.
Neben der konkreten Vorhabensbezeichnung sollten diese Übersichten Angaben über
die Haushaltsstellen (Kapitel/Titel), die Bezeichnung des Objektes, die Gesamtinvestitionskosten, den Finanzierungsverlauf (in Vorjahren bereits geleistete Zahlungen, in den
kommenden beiden Jahren fällige Zahlungen und die künftigen Belastungen pro Jahr),
die Vertragslaufzeit, den Kaufpreis bei Vertragsende sowie die Höhe der Gesamtausgaben enthalten. In den jährlichen Vermögensrechnungen ist ebenfalls über jedes ÖPPVorhaben in transparenter Weise Rechnung zu legen. Im Übrigen sollte überlegt werden, ob eine Rücklage für die Gesamtheit des ÖPP-Vorhabens in Analogie zur Vorgehensweise bei der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG 95) zu bilden ist.
Im Rahmen von ÖPP-Projekten im kommunalen Bereich stellt die gegenüber dem Privaten eingegangene Verpflichtung der Kommune zur Zahlung des Leistungsentgelts über
die Vertragslaufzeit im Allgemeinen ein kreditähnliches und damit genehmigungspflichtiges bzw. gegenüber der Aufsichtsbehörde anzeigepflichtiges Rechtsgeschäft dar. Von
staatlicher Seite sollten verbindliche Mindestanforderungen für ÖPP-Projekte vorgegeben werden.
-5Der Bund-/Länder-Arbeitsausschuss „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ der Finanzministerien des Bundes und der Länder hat zur haushaltsrechtlichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten Empfehlungen beschlossen4.
Zum Zwecke der Schaffung einheitlicher Grundsätze für die Veranschlagung von Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen und für die Nutzung sonstiger haushaltsrechtlicher Instrumente und um eine gleichlaufende haushaltssystematische Einordnung von
ÖPP-Projekten in Bund und Ländern zu gewährleisten, werden in diesem Regelwerk
insbesondere folgende Hinweise gegeben:
•
Zur Sicherung des parlamentarischen Budgetrechts und des Informationsanspruchs
der Öffentlichkeit sind für durch ÖPP-Projekte verursachte Ausgaben in künftigen
Jahren in die Haushalte von Bund und Ländern Verpflichtungsermächtigungen aufzunehmen. Diese müssen vor Eingehen der entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen zur Verfügung stehen.
Liegt das Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zum Zeitpunkt
der erstmaligen Veranschlagung nicht vor, sind die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen bei den Titeln zu veranschlagen, wie sie im Falle einer konventionellen Baumaßnahme oder Beschaffung zu veranschlagen wären. Im Haushaltsgesetz
ist in diesem Fall eine Ermächtigung für die alternative Beschaffungsvariante vorzusehen. Wenn nach der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung das ÖPPProjekt vorteilhaft ist, sind die hierfür erforderlichen Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen auf die entsprechenden Titel der Hauptgruppe 5 und 8 umzusetzen.
Die für konventionelle Baumaßnahmen oder Beschaffungen veranschlagten Investitionen sind als Minderausgaben bei den jeweiligen Investitionstiteln haushaltsmäßig
einzusparen. Um einen etwaigen zusätzlichen Bedarf an Verpflichtungsermächtigungen abzudecken, könnte die haushaltsgesetzliche Ermächtigung entsprechend ergänzt werden.
•
Dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts entsprechend ist aus Transparenzgründen eine gesonderte Darstellung der ÖPP-Projekte in den Haushalten von
Bund und Ländern erforderlich. Diese sollte in einer als Anlage dem Entwurf des
Haushaltsplans beizufügenden Gesamtübersicht über die zu veranschlagenden Verpflichtungsermächtigungen gegeben werden.
4
Empfehlungen des Bund-/Länder-Arbeitsausschusses „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ zur
haushaltsrechtlichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten vom 5. September
2007.
-6-
•
ÖPP-Vertragsmodelle sind grundsätzlich nicht mit einer Kreditaufnahme der öffentlichen Hand nach Art. 115 Abs. 1 GG bzw. den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen gleichzusetzen, wenn der Private die Finanzierungsverantwortung trägt5.
3 Finanzierung von ÖPP-Projekten
3.1 Projektfinanzierung
Bei einer Projektfinanzierung werden die Zahlungen der öffentlichen Hand in der Regel
nach Bauübergabe und Betriebsaufnahme in Raten über die gesamte Laufzeit (ca. 20
bis 25 Jahre) geleistet. Im Falle einer Insolvenz des privaten Partners kann durch eine
Einstellung der Ratenzahlungen das Risiko ökonomisch beherrscht werden. Neben einer angemessenen Risikoverteilung bieten Projektfinanzierungen auch den Vorteil einer
zusätzlichen Kontrolle durch die Banken (Due Diligence).
Da den Fremdkapitalgebern als Haftungsmasse häufig nur die Kapitaleinlage der für das
jeweilige ÖPP-Projekt gegründeten Projektgesellschaft zur Verfügung steht, ergeben
sich für sie Finanzierungsrisiken. Erfahrungsgemäß haben Projektfinanzierungen deshalb einen um 0,5 bis 1,0 % höheren Finanzierungszinssatz im Vergleich zu einer konventionellen Haushaltsfinanzierung oder Finanzierung mit Einredeverzicht.
Projektfinanzierungen sehen in ihrer Finanzierungsstruktur vor, dass der Investor Eigenkapital einzubringen hat. Damit haben mittelständische Unternehmen häufig Probleme.
3.2 Forfaitierung mit Einredeverzicht
Forfaitierung mit Einredeverzicht ist neben der Projektfinanzierung die häufigste Finanzierungsform, da sie dem privaten Partner Finanzierungskonditionen ähnlich denen der
öffentlichen Hand ermöglicht. Dies liegt darin begründet, dass in den Finanzierungskosten der Bank, aufgrund des Einredeverzichts des öffentlichen Auftraggebers, keine projektspezifischen Risiken Beachtung finden und die Kosten für ein aufwendiges Projekt5
Im kommunalen Bereich stellen ÖPP-Vertragsmodelle hingegen kreditähnliche Geschäfte dar, die wirtschaftlich gesehen einer Kreditaufnahme gleichkommen (vgl. Empfehlungen des Bund-/LänderArbeitsausschusses „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ zur haushaltsrechtlichen und haushaltssystematischen Behandlung von ÖPP-Projekten vom 5. September 2007).
-7controlling seitens der Bank entfallen. Im Gegensatz zur Projektfinanzierung kommt es
bei dem Finanzierungsmodell der Forfaitierung mit Einredeverzicht zu einer eindeutigen
Verschiebung der Risiken in Richtung öffentlicher Hand. Diese Risikoverschiebung hat
nach den Prüfungserkenntnissen der Rechnungshöfe vor allem im Wirtschaftlichkeitsvergleich bislang nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden.
Bei einer Insolvenz der Projektgesellschaft muss der öffentliche Auftraggeber nicht nur
seine Verpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank erfüllen, sondern ggf. auch
forfaitierte Leistungen in der Betriebsphase übernehmen bzw. neu ausschreiben. Das
bedeutet unter Umständen, dass zumindest streckenweise die Entgeltzahlung für Leistungen fortdauert, die von der Projektgesellschaft nicht mehr erbracht werden. Es ist
deshalb sorgfältig zu regeln, welche Gewährleistungs- und Vertragsrechte Bestandteil
des Einredeverzichts werden sollen. Ergänzend sei darauf verwiesen, dass diese Maßnahmen jedoch zur Reduzierung des Finanzierungskostenvorteils bei der Forfaitierung
mit Einredeverzicht führen und diesen aufgrund zusätzlicher Risiken und Transaktionskosten ins Gegenteil verkehren können.
4 Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten
4.1 Bedarfsermittlung
Mit der Bedarfsermittlung ist zu klären, ob ein konkreter Investitionsbedarf der öffentlichen Hand gegeben ist. Die Notwendigkeit ergibt sich aus den originären staatlichen
Aufgaben für die Daseinsvorsorge und der Umsetzung der politischen Ziele. Die Zielstellungen sind auf dieser Grundlage für konkret zu realisierende Projekte herauszuarbeiten.
An der Verantwortung der öffentlichen Hand für die Bedarfsermittlung kann es keine Abstriche geben. Sie hat die Ziele, die zu erbringenden Leistungen sowie den quantitativen
und qualitativen Standard der geplanten Projekte vorzugeben.
Bereits in dieser Phase muss nachgewiesen werden, ob die Maßnahme grundsätzlich
finanzierbar ist. Dabei sind auch die Kostenanteile über den Zeitraum des Betriebs zu
prüfen. Die Entscheidung über die Art der Realisierung (konventionelle Finanzierung oder
Finanzierung im Rahmen eines ÖPP-Projekts) muss solange wie möglich offenbleiben.
Bei der Bedarfsermittlung sind im Vorgriff auf den sich anschließenden Projekteignungstest die wesentlichen Merkmale von ÖPP-Projekten, der Lebenszyklusansatz und die
-8Möglichkeit einer funktionalen und ergebnisorientierten Beschreibung des Projekts in die
Entscheidung einzubeziehen.
Aus den Erfahrungen bereits durchgeführter Prüfungen ergibt sich, dass der Bedarf der
öffentlichen Hand nachvollziehbar herausgearbeitet werden muss. Hierzu zwei Beispiele:
Berufsbildende Schulen II in Kaiserslautern (Projekt-Nr. 13)
Bei der Prüfung der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Projekt Berufsbildende Schulen II in Kaiserslautern stellte der Rechnungshof Rheinland-Pfalz fest, dass
der Raumbedarf nicht ordnungsgemäß ermittelt war. Das Planungskonzept sah den Umbau, die Sanierung sowie den Abbruch von Gebäudeteilen sowie einen Neubau vor. Insgesamt ging das Konzept von 8.835 m² Hauptnutzfläche aus. Ein von der Schulaufsicht
genehmigtes Raumprogramm und eine hinreichend konkrete Belegungsplanung für die
nach der Sanierung in den Bestandsgebäuden unterzubringenden Raumnutzungen lagen
nicht vor. Der Rechnungshof forderte daher, auf der Grundlage eines mit der Schulbehörde abgestimmten Raumbedarfsplans eine Belegungsplanung für die zu sanierenden
Bestandsgebäude zu erstellen und danach den Flächenbedarf für den Neubau zu ermitteln. Die Überarbeitung des Raumbedarfsplans führte dazu, dass sich die Hauptnutzfläche gegenüber dem Planungskonzept um mehr als 800 m² reduzierte. Der Flächenbedarf
für den Neubau fiel dadurch wesentlich geringer aus als in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angenommen. Die auf der Basis der ursprünglichen Planungskonzeption beabsichtigte ÖPP-Realisierung hätte - über den Lebenszyklus betrachtet - erhebliche, vermeidbare Mehrkosten für den Bau und die Nutzung der Schule zur Folge gehabt.
Straßenprojekt in Thüringen (Projekt-Nr. 18)
In Thüringen sind die Leistungen für die Erneuerung und Unterhaltung eines 20 km langen Teilnetzes der Landesstraßen auf ein privates Unternehmen übertragen worden.
Der Thüringer Rechnungshof hat bei seiner Prüfung festgestellt, dass der Freistaat bereits die Bedarfsermittlung auf eine künftige ÖPP-Maßnahme ausgerichtet hatte. So wurden bei einer konventionellen Beschaffung übliche Leistungsbestandteile, wie die Optimierung der Linienführung der Landesstraße und die gleichzeitige Erneuerung der Ortsdurchfahrten ausgeklammert, um kalkulatorische Risiken für eine funktionale ÖPPAusschreibung von vornherein zu minimieren. Auch die Leistungen für den Betriebsdienst
erfuhren bei der Bedarfsermittlung eine "Leistungsbereinigung", indem auf die nicht oder
nur eingeschränkt kalkulierbaren Winterdienstleistungen verzichtet worden war.
-94.2 Einsatz externer Berater und Transaktionskosten
Bei der Vorbereitung und Umsetzung von ÖPP-Projekten beauftragten in rund 80 % der
geprüften ÖPP-Projekte die öffentlichen Auftraggeber externe Berater, die regelmäßig
auch Beratungsleistungen zur Frage der Wirtschaftlichkeit erbrachten.
Inhalt der Verträge sind überwiegend folgende Leistungen:
•
•
•
•
•
•
Eignungstest,
Machbarkeitsstudie,
vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung,
Begleitung der Ausschreibungsverfahren,
abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sowie
Betreuung in der Bau- und der Betriebsphase.
Die fachliche Eignung der Berater bestimmt entscheidend die Qualität der Aussagen in
den einzelnen Phasen der Projektrealisierung. Um eine hohe Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen der Berater zu sichern, sind diese dem Wettbewerb zu unterstellen.
Die Auswahl der Berater erfolgte vielfach anhand der Empfehlungen der ehemaligen
PPP-Task Force des Bundes. Die Rechnungshöfe stellten fest, dass günstige „Lockangebote“ für Machbarkeitsstudien angeboten wurden, um Folgeberatungsaufträge zu erlangen (z. B. Projekt-Nr. 14). In vielen Fällen zeichneten sich die Arbeitsergebnisse der
Berater durch mangelnde Nachvollziehbarkeit aus. Zum Teil waren die Grenzen zwischen Beratung und Lobbying fließend.
Auf die Problematik der eigennutzorientierten Beratung weist auch ein vom Bundesrechnungshof in Auftrag gegebenes wissenschaftliches Gutachten hin. Demnach
„…können involvierte Berater an einem bestimmten Ausgang einer WU (Wirtschaftlichkeitsuntersuchung) interessiert sein, um z. B. etwaige Folgeaufträge erhalten zu können“.6.
Die für die externen Berater notwendigen Ausgaben sind Teil der Transaktionskosten
und bewegen sich in der Größenordnung von Projektsteuerungskosten.
6
Beckers, T./Corneo, G./Klatt, J. P./Mühlenkamp, H., Zeitliche Homogenisierung und Berücksichtigung
von Risiken im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Berlin/Speyer 2009, S. 40.
- 10 Bei einigen geprüften Maßnahmen überstiegen die Transaktionskosten den ursprünglich
geplanten Betrag erheblich, sodass - bei nur geringen Vorteilen der ÖPP-Maßnahme
gegenüber der herkömmlichen Beschaffung - die Wirtschaftlichkeit der ÖPPBeschaffungsvariante bereits dadurch infrage gestellt war.
4.3 Eignungstests
Mit den Rahmenbedingungen eines Projekts bestimmt der Auftraggeber den Gestaltungsspielraum, den Bieter im Hinblick auf innovative Vorschläge und alternative Konzepte für den Bau und Betrieb haben. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen hat daher wesentlichen Einfluss auf die Eignung eines Projekts für eine ÖPP-Realisierung.
Eine zu starke Einschränkung kann dazu führen, dass sich ein Projekt für eine ÖPPRealisierung nicht mehr eignet und potenzielle Bewerber kein Interesse an einer ÖPP
haben.
Für den wirtschaftlichen Erfolg eines ÖPP-Projekts kommt es entscheidend darauf an,
dass Bieter in ausreichendem Umfang Dispositionsfreiheit erhalten, um
•
ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen in das betriebliche Konzept einzubringen,
•
Vorschläge für Innovationen in den Bereichen Bau, Betrieb und Instandhaltung zu
entwickeln und
•
Vorschläge für eine wirtschaftliche und attraktive Realisierung zu unterbreiten, z. B.
durch zusätzliche Angebote, mit denen der private Partner eigene Einnahmen erzielen kann.
Durch einen Eignungstest soll vorab ermittelt werden, ob ein Projekt als ÖPPMaßnahme grundsätzlich geeignet ist. Dazu wird eine Bewertung anhand verschiedener
Eignungskriterien7 vorgenommen, die projektspezifisch unterschiedlich ausgeprägt sein
können:
7
Vgl.: Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 5./6. September 2006, Kapitel 4.2.2.1. (http://www.bmvbs.de/sharedDocs/DE/Artikel/UI/
bundeseinheitlicher-Leitfaden-bei-ppp-projekten-wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.html).
- 11 •
•
•
•
Ausreichend hohes Projektvolumen
keine rechtlichen und/oder projektspezifischen Restriktionen gegen ÖPP
Synergieeffekte durch den Projektlebenszyklusansatz
Übertragbarkeit von Projektrisiken an einen ÖPP-Partner
Soweit der Test zu dem Ergebnis kommt, dass die ÖPP-Beschaffungsvariante grundsätzlich möglich ist, wird eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt.
In den Prüfungen abgeschlossener ÖPP-Projekte wurde mehrfach festgestellt, dass mit
dem Eignungstest bereits alle wesentlichen Entscheidungen für die Wahl der künftigen
Beschaffungsvariante getroffen wurden, obwohl die Grundlagen für eine solche Entscheidung noch nicht hinreichend waren.
Ansätze für die Baukosten der konventionellen Beschaffung wurden in den Machbarkeitsstudien zu hoch bemessen. Die Bemessungsgrundlage für die Baukosten waren im
Allgemeinen nur Flächenkostenrichtwerte, die den Anforderungen an einen exakten Vergleich mit der ÖPP-Variante nicht gerecht wurden. Bei den Kosten des laufenden Betriebs wurden häufig pauschale Annahmen getroffen, die aus fachlicher Sicht nicht die
notwendige Qualität und Sicherheit erwarten ließen.
Die untersuchten Objekte wiesen sehr unterschiedliche Zuordnungen der Aufgaben zwischen öffentlichem Auftraggeber und privatem Partner für die Zeit des Betriebs aus. Oft
sollten nur Teilaufgaben des laufenden Betriebs vom Privaten übernommen werden. Im
Laufe des Verfahrens (zwischen vorläufiger Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Auftragserteilung an den ÖPP-Partner) wurde die Aufteilung der Leistungen für die Betriebsphase zwischen dem privaten Partner und dem öffentlichen Auftraggeber oft noch "angepasst".
Des Weiteren wurden erste Annahmen zum Risikoprofil getroffen. Die Zuordnung der
einzelnen Risiken war in der Regel nicht transparent, die angenommene Höhe der Risiken nicht nachvollziehbar. Die getroffenen Annahmen waren für tragbare Haushaltsentscheidungen unzureichend.
4.4 Leistungsbeschreibung
Der öffentliche Auftraggeber definiert die Anforderungen eines Projekts, sog. Outputs
(z. B. Funktion, Zweck, Standards und Qualitäten), der Bieter hat für die konkrete Ausgestaltung der Anforderungen zu sorgen. Wichtig ist eine ausreichende Dispositionsfrei-
- 12 heit der Bieter, damit sie ihre spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einbringen, Vorschläge für Innovationen entwickeln und zusätzliche Angebote für wirtschaftlichere Alternativen unterbreiten können.
Die Outputspezifikationen werden in einer ergebnisorientierten funktionalen Leistungsbeschreibung vorgegeben und zwar möglichst so, dass das Leistungsspektrum eindeutig und erschöpfend beschrieben wird und von den Bietern mit deren bieterspezifischem
Know-how kalkuliert werden kann8. Die eindeutige Festlegung der Outputs ist sowohl für
die Angebotsauswertung, für die Kontrolle der Bauausführung und des Betriebs sowie
ggf. bei Vergütungsverhandlungen von entscheidender Bedeutung. Werden die Outputs
nicht eindeutig definiert, eröffnet dies Interpretationsspielräume und erschwert eine objektive monetäre Bewertung der angebotenen Leistung erheblich.
So stellte der Rechnungshof Rheinland-Pfalz fest, dass die Leistungsbeschreibung für
das ÖPP-Pilotprojekt Südbad Trier (Projekt-Nr. 14) diese Anforderungen in weiten Teilen nicht erfüllte. Beispielsweise waren die Anforderungen an die Ausführung der Flachdächer wie folgt beschrieben: „Dach/Vordächer müssen dicht, die Rahmen und Bauteile
müssen liniengerecht, sicher montiert und eben sein.“ Qualitätsanforderungen an den
Flachdachaufbau sowie Angaben zu den zu beachtenden technischen Regeln fehlten.
Die Service Levels für den Betrieb und die Instandhaltung waren nicht Gebäude- und
nutzungsspezifisch auf die individuellen Gegebenheiten des Projekts abgestimmt. Konkrete Qualitätsstandards fehlten. So war z. B. nicht eindeutig definiert, unter welchen
Voraussetzungen der Zustand baulicher oder betriebstechnischer Anlagen als „mangelhaft“ einzustufen ist. Die Beschreibungen enthielten in vielen Fällen keine exakten,
nachprüfbaren oder messbaren Anforderungen, sondern Formulierungen wie „Risse
außerhalb des Toleranzbereiches (DIN ?), kleinere Risse, größere Risse, verunreinigt,
leicht verunreinigt, erheblich verunreinigt, Verformungen, kleinere Verformungen, größere Verformungen, starke Verformungen“ usw. Es blieb dabei offen, worin genau die Unterschiede zwischen kleineren, größeren und starken Verformungen bestehen und was
unter der mehrfach verwendeten Bezeichnung „Risse außerhalb des Toleranzbereiches
(DIN ?)“ zu verstehen ist.
8
Vgl.: Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Kapitel 4.4.1.1 und 4.4.1.4.,
a.a.O.
- 13 Maßgebend für die Auslegung einer Leistungsbeschreibung ist nach der Rechtsprechung9 der objektive Empfängerhorizont. Dabei ist nicht auf einen einzelnen Bieter, sondern auf den im Voraus nicht übersehbaren Kreis aller Empfänger abzustellen. Unklarheiten und Interpretationsspielräume in der Leistungsbeschreibung sowie uneinheitliche oder nicht hinreichend definierte Qualitäts- und Leistungsstandards können dazu
führen, dass Angebote nicht miteinander vergleichbar sind. Eine sachgerechte Wertung
wird dadurch erheblich erschwert oder sogar unmöglich. Ein transparenter Wettbewerb
und eine Gleichbehandlung der Bieter (§ 97 Abs. 1, 2 GWB) sind unter diesen Voraussetzungen nicht gewährleistet.
Darüber hinaus bergen nicht hinreichend konkret definierte Leistungsbeschreibungen
die Gefahr, dass Bieter die damit verbundenen Risiken durch hohe Sicherheitszuschläge sowie spekulative und für den Auftraggeber unwirtschaftliche Preise kompensieren.
Die zu erbringenden Leistungen müssen so eindeutig und erschöpfend beschrieben
werden, dass
•
Missverständnisse und Interpretationsspielräume vermieden werden,
•
Auftragnehmern keine ungewöhnlichen Wagnisse aufgebürdet werden10,
•
Bieter ihre Preise sicher und ohne überhöhte Sicherheitszuschläge kalkulieren können und
•
die Vergleichbarkeit der Angebote und damit ein fairer und transparenter Wettbewerb
gewährleistet ist.
Fehlende oder nicht hinreichend konkrete Vorgaben zu den geforderten Leistungen haben außerdem zur Folge, dass für Bieter ein deutlich höherer Arbeits- und Kostenaufwand für die Planung und die Erstellung der Angebote entsteht. In einem der geprüften
Fälle trug dies dazu bei, dass sich Bieter nicht am Wettbewerb beteiligten und nur ein
Angebot abgegeben wurde.
9
BGH, Baurecht 1993, S. 595 f. und OLG Braunschweig, Baurecht 2010, S. 87 f.
10
BGH, Baurecht 1994, S. 223 („Wasserhaltung III“) und Baurecht 2010, Sonderheft 2a, S. 293 ff.
- 14 4.5 Ausschreibung von ÖPP-Projekten
Die Ausschreibung der Leistungen erfolgte bei den geprüften Projekten grundsätzlich
europaweit. In Abhängigkeit von der Art der Leistungsbeschreibung war entweder ein
Offenes bzw. Nichtoffenes Verfahren oder ein Verhandlungsverfahren mit öffentlichem
Teilnahmewettbewerb die Regel. Die Vergabe des Projekts „Neuorganisation im Hamburger Schulbau“ (Projekt-Nr. 11) an ein öffentliches Unternehmen erfolgte abweichend
davon ohne vorherigen Wettbewerb, womit auf die realistische Chance verzichtet wurde,
im Wettbewerb mehrerer Anbieter eine wirtschaftlichere Lösung zu erreichen.
Aus diesen Gründen sollte bei Ausschreibung der ÖPP-Variante in den Vergabeunterlagen grundsätzlich darauf hingewiesen werden, dass die Ausschreibung aufgehoben wird,
falls die abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auf der Basis der eingegangenen
ÖPP-Angebote ergibt, dass die konventionelle Beschaffungsvariante wirtschaftlicher ist.
Zu Architektenwettbewerben, die im Vorfeld von ÖPP-Ausschreibungen durchgeführt
wurden, liegen keine Prüfungserkenntnisse der Rechnungshöfe vor. Gleiches gilt für Entschädigungen ausgeschiedener Bieter. Zur Höhe dieser Entschädigung besteht nach
Ansicht geprüfter Stellen Regelungsbedarf.
4.6 Vertragsgestaltung
Wegen der Komplexität der zu vereinbarenden Leistungen, der Verknüpfung von Bau
und Betrieb sowie der sehr langen Vertragslaufzeit stellt die Ausgestaltung der Verträge
sehr hohe Anforderungen. Entsprechende Kompetenz war bei den geprüften Stellen nicht
immer vorhanden. In diesen Fällen musste externe Beratungsleistung eingekauft werden.
Die ÖPP-Vertragsmodelle unterscheiden sich hinsichtlich der Eigentümerfunktionen während der Vertragslaufzeit und der Ausgestaltung einer eventuellen Kaufoption bzw. Übernahme zum bereits vorab kalkulierten Restwert durch den öffentlichen Auftraggeber.
Bei ihren Prüfungen stellten die Rechnungshöfe fest, dass die Verträge häufig unvollständig und/oder fehlerbehaftet waren.
In dem Vertrag zum ÖPP-Projekt Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg (Projekt-Nr. 17) fehlte
eine konkrete Festlegung über die Höhe der jährlich vom privaten Partner zu erbringenden Bauunterhaltung, obwohl in der ÖPP-Rate des Landes hierfür jährliche Kosten von
415.000 Euro veranschlagt waren. Bonusregelungen für Normleistungen führen laufend
- 15 zu Mehrkosten und einseitig das Land belastende Preisanpassungsklauseln für Energieund Medienversorgung bedingten bereits 2009 zusätzliche Ausgaben in Höhe von
485.000 Euro.
Beim Straßenprojekt in Thüringen (Projekt-Nr. 18) wurde durch den Vertrag das noch im
Wirtschaftlichkeitsvergleich dem privaten Partner zugeordnete Planungsrisiko auf die öffentliche Hand übertragen.
Aus diesen beispielhaft genannten vertraglichen Festlegungen entstehen Unwägbarkeiten, die die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen verfälschen und die ÖPPVarianten wirtschaftlicher erscheinen lassen. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich
Spielräume für Manipulationen eröffnen.
5 Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten
5.1 Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
Nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind für alle finanzwirksamen
Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen11. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die bei ÖPPProjekten aufgrund der Investitionsvolumina und langen Vertragslaufzeiten grundsätzlich
nach dynamischen Investitionsrechnungsmethoden erstellt werden. Mittels Kapitalwertmethode (Barwertmethode) werden die über die Gesamtlaufzeit voraussichtlich anfallenden Zahlungsströme der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPPVariante auf den Entscheidungszeitpunkt diskontiert und damit vergleichbar gemacht.
Ergänzend können auch statische Rechenverfahren sowie nichtmonetäre Entscheidungskriterien Teil der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sein.
Weitere theoretische Ansätze und praktische Hinweise zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei ÖPP-Projekten finden sich in der einschlägigen Fachliteratur sowie
den inzwischen zahlreichen Leitfäden und werden hier nicht weiter vertieft.
Bei ihren Untersuchungen deckten die Rechnungshöfe in vielen Fällen methodische oder rechnerische Fehler in den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf.
11
§ 6 des Haushaltsgrundsätzegesetzes, § 7 der Bundeshaushaltsordnung und der haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Länder sowie hierzu ergangene Verwaltungsvorschriften.
- 16 5.2 Berechnung der Effizienzvorteile
Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder haben darauf hingewiesen, dass die
Wirtschaftlichkeit eines ÖPP-Projekts in jedem Einzelfall und über die gesamte Laufzeit
hinweg (Lebenszyklusansatz) nachgewiesen sein muss12. Dies erfordert objektive und
transparente Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, in denen die ÖPP-Variante mit einer
konventionellen Beschaffungsvariante der öffentlichen Hand verglichen wird.
Die Rechnungshöfe haben bei ihren Untersuchungen daher besonderes Augenmerk auf
die jeweils angewandte Methodik sowie die zugrunde liegenden Annahmen und Parameter der Wirtschaftlichkeitsberechnungen von ÖPP-Projekten gerichtet. Der Leitfaden
„Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ definiert hierzu Mindeststandards und wurde in der Regel zur Beurteilung der Projekte herangezogen.
Die dargestellten Prüfungserkenntnisse der Rechnungshöfe zeigen über den Einzelfall
hinausgehende Aspekte zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit und Finanzierung von
ÖPP-Projekten auf.
Die Rechnungshöfe stellten fest, dass die Effizienzvorteile der ÖPP-Varianten häufig zu
hoch ermittelt oder nicht schlüssig nachgewiesen wurden. Dies veranschaulicht nachfolgende Tabelle:
Tabelle 2: Vergleich der ermittelten Effizienzrenditen von Beratern/Verwaltung mit den Ergebnissen der Rechnungshöfe
12
ProjektNr.
Bundesland
ÖPP-Projekt
1
BB
Ministerium der Finanzen
2
BW
3
4
Von den Beratern/
Verwaltungen ermittelte
ÖPP-Effizienzrendite
(Barwerte)
(in %)
Prüfungsergebnis der
Rechnungshöfe
ÖPP-Effizienzrendite
(Barwerte)
(in %)
Differenz
Effizienzrendite
geringer (-)
höher (+)
(in %)
2,0
-6,5
-8,5
Justizzentrum Heidelberg
9,95
9,66
-0,29
BW
JVAt Offenburg
1,94
1,67
-0,27
BW
Duale Hochschule Heidenheim
-0,54
-0,54
0
Vgl.: Beschluss der Präsidentenkonferenz am 3. und 4. Mai 2006 in München.
- 17 -
ProjektNr.
Bundesland
ÖPP-Projekt
Von den Beratern/
Verwaltungen ermittelte
ÖPP-Effizienzrendite
(Barwerte)
(in %)
Prüfungsergebnis der
Rechnungshöfe
ÖPP-Effizienzrendite
(Barwerte)
(in %)
Differenz
Effizienzrendite
geringer (-)
höher (+)
(in %)
Investorenangebot mit
Grobkostenschätzung der
konventionellen Beschaffungsvariante nicht vergleichbar
---
5
BW
Duale Hochschule
Mannheim
6
BW
Fachhochschule Aalen
3,26
3,40
0,14
7
BW
Polizeirevier Ellwangen
-1,97
-0,84
(Projekt wurde nicht als
ÖPP-Variante realisiert)
1,13
bis 8 %
von den Beratern angegebene
Effizienzrendite nicht
schlüssig nachgewiesen
---
bis 2 %
von den Beratern angegebene
Effizienzrendite nicht
schlüssig nachgewiesen
---
25,76
von den Beratern angegebene Effizienzrendite
beruht auf unzulänglichem
Wirtschaftlichkeitsvergleich
---
11,02 (nominal)
4,83 (nominal)
-6,19
---
8
9
BY
Staatsstraße 2309
BY
Staatsstraße 2580
10
HH
Katharinenschule in der
HafenCity
11
HH
Neuorganisation im
Hamburger Schulbau
(ÖÖP)
12
NI
JVA Bremervörde
5,68
von den Beratern angegebene
Effizienzrendite nicht
abschließend geprüft
13
RP
Berufsbild. Schulen II
Kaiserslautern
4,44
-6,03
(Projekt wurde nicht als
ÖPP-Variante realisiert)
-10,47
14
RP
Südbad Trier
4,0
-21,50
-25,5
Schulen und
1-35% (Schulen)
Kitas in Halle
2,8-15% (Kitas)
von den Beratern angegebene
Effizienzrendite nicht
schlüssig nachgewiesen
---
11
von den Beratern angegebene
Effizienzrendite nicht
schlüssig nachgewiesen
---
---
---
15
16
ST
ST
Schulen in Magdeburg
Paket I - 5 Schulen
17
ST
JVA Burg
12
von den Beratern angegebene
Effizienzrendite nicht
schlüssig nachgewiesen
18
TH
Landesstraßen SaaleHolzland-Kreis
1,8
Wirtschaftlichkeit von den
Beratern nicht
schlüssig nachgewiesen
- 18 5.3 Vergleichbarkeit der Beschaffungsvarianten
Die Rechnungshöfe vertreten die Auffassung, dass ÖPP eine wertneutrale Variante zu
herkömmlichen Beschaffungsformen der öffentlichen Hand darstellt. Konventionelle und
alternative Beschaffungsvariante müssen im Wirtschaftlichkeitsvergleich ergebnisoffen
gegenübergestellt werden.
Entscheidend ist, dass für beide Varianten einheitliche Rahmenbedingungen bzw. Planungsgrundlagen gewählt werden. Denn die Qualität und das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden maßgeblich dadurch beeinflusst, wie die Parameter der
jeweiligen Beschaffungsvarianten ermittelt wurden.
Während die in den abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich einfließenden Daten
der ÖPP-Variante auf konkreten Ausschreibungs- und Verhandlungsergebnissen basieren, sind dies bei der konventionellen Beschaffungsvariante überwiegend Kostenschätzungen und Erfahrungswerte abgeschlossener Projekte, die teilweise mit erheblichen
Unsicherheiten behaftet sein können.
In vielen Fällen ergaben die Untersuchungen der Rechnungshöfe, dass ungleiche Rahmenbedingungen rechnerisch zu erheblichen Kostennachteilen der konventionellen Beschaffungsvariante führten. Dadurch war die Vergleichbarkeit beider Varianten eingeschränkt oder nicht mehr gegeben. Häufig fanden sich in den Wirtschaftlichkeitsprognosen pauschale Annahmen, die das konventionelle Bauen und Betreiben mit Mehrkosten
belasteten.
Beispiele dafür sind:
•
•
•
•
•
•
•
längere Planungs- und Bauzeiten,
geringeres Innovationspotenzial,
höhere Baukosten,
höheres Nachtragsvolumen und schlechteres Nachtragsmanagement,
höhere Kosten des laufenden Betriebs,
höherer Sanierungs- und Instandhaltungsaufwand,
höhere Risikokosten.
Bei näherer Betrachtung erwiesen sich die Annahmen oft als unbegründet. Belege für
die getroffenen Annahmen fehlten regelmäßig.
- 19 In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen führte dies dazu, dass die konventionelle Beschaffungsvariante gegenüber der ÖPP-Variante teilweise deutlich weniger wirtschaftlich ausfiel, als dies bei gleichen Rahmenbedingungen der Fall gewesen wäre.
Folgende Einzelfälle belegen diese Problematik:
5.3.1 Bayerischer Oberster Rechnungshof
Staatsstraßenprojekte in Bayern (St 2309 und St 2580)
Der Bayerische Oberste Rechnungshof prüfte zwei Staatsstraßenbauprojekte, die als
ÖPP-Pilotprojekte ausgeschrieben worden waren (Projekt-Nr. 8 und 9).
Die Prüfung befasste sich u. a. mit den Kostenvergleichen zwischen der konventionellen
Beschaffungsvariante und der ÖPP-Variante. Dabei stellte der Bayerische Oberste
Rechnungshof fest, dass unterschiedliche Rahmenbedingungen zu rechnerischen Kostenvorteilen der ÖPP-Variante führten. So wurde bei der konventionellen Beschaffungsvariante aufgrund knapper Haushaltsmittel eine zeitliche Streckung und Ausschreibung
nach Fachlosen ebenso unterstellt wie erhebliche Mehrkosten infolge mehrfacher
Baustelleneinrichtung und ungünstigeren Bauablaufs. Hätte die Verwaltung im Rahmen
ihrer Budgetbewirtschaftung für gleiche Rahmenbedingungen gesorgt, hätte die konventionelle Beschaffungsvariante zum gleichen Ergebnis geführt.
Auch bei den Bauwerken wurden nach Ansicht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs rechnerisch Kostenvorteile zugunsten der ÖPP-Variante infolge günstigerer Bauweise unterstellt, die aber keinen ÖPP-spezifischen Vorteil darstellten. Günstigere Lösungen würden auch bei konventionellen Ausschreibungen regelmäßig angeboten und
beauftragt.
Erhebliche rechnerische Kostenvorteile der ÖPP-Variante wurden ebenso bei der Erhaltung der Straßen- und Ingenieurbauwerke unterstellt. Bei der konventionellen Realisierung wurden innerhalb der 25-jährigen Laufzeit deutlich höhere und umfangreichere Erhaltungsmaßnahmen der Straßendecke und Ingenieurbauwerke angenommen als bei
der ÖPP-Variante.
Zusammenfassend stellte der Bayerische Oberste Rechnungshof fest, dass der Kostenvergleich der Verwaltung auf ungleichen Annahmen beruhte. Nur deshalb hätten sich
- 20 bei den Kosten für Bau und Erhaltung Vorteile für die ÖPP-Variante ergeben. Der unter
diesen Annahmen erstellte Wirtschaftlichkeitsvergleich war insofern unrealistisch.
5.3.2 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Überörtliche Prüfung bei der Stadt Magdeburg (Projekt-Nr. 16)
Der Landesrechnungshof prüfte die von der Stadt Magdeburg als ÖPP-Projekt beschlossene Sanierung und Bewirtschaftung von Schulen (Paket I - Fünf Schulen).
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde von einem Beratungsunternehmen erstellt.
Grundlage für die Baukostenermittlung waren abgeschlossene und abgerechnete
Schulsanierungsvorhaben der Stadt Magdeburg, die teilweise in mehreren, bis zu vier
Bauabschnitten durchgeführt wurden. Aus diesen Sanierungsvorhaben wurden unter
Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen Referenzpreise (Euro/m²) ermittelt und für die
Kostenberechnung der konventionellen Beschaffungsvariante herangezogen. Abweichend wurde bei der Kostenberechnung für die ÖPP-Variante in der Wirtschaftlichkeitsprognose unterstellt, dass die Sanierung in einem Bauabschnitt erfolgt. Der daraus resultierende Kostenvorteil zugunsten ÖPP betrug 10 %.
Aus Sicht des Landesrechnungshofs war unbestritten, dass eine Sanierung als Gesamtmaßnahme in einem Bauabschnitt wirtschaftlicher ist gegenüber der Durchführung
mehrerer Einzelvorhaben. Dies sei aber für alle Beschaffungsvarianten gleichermaßen
zutreffend und kein spezifischer ÖPP-Vorteil. Bei entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen wäre auch bei einer konventionellen Beschaffung eine Abwicklung der Sanierungsmaßnahmen im Gesamten möglich und damit kostengünstiger gewesen.
Die ÖPP-Variante wurde auch bei den Betriebskosten rechnerisch bevorzugt, indem bei
den Heizkosten ein Einsparpotential von 25 % angenommen wurde; bei der konventionellen Beschaffungsvariante hingegen nur 5 %. Begründet wurde dies von den Beratern
mit dem Lebenszyklusgedanken, wodurch bei der ÖPP-Variante weitere Einsparpotenziale ausgeschöpft werden könnten. Als Beispiel wurde im Wirtschaftlichkeitsgutachten
der Rückbau von Heizkörpern in nicht nutzbaren Räumen angeführt.
Der Landesrechnungshof konnte im Rahmen der Prüfung keine Nachweise finden, die
diese pauschale Annahme gerechtfertigt hätten. Auch bei der Bewirtschaftung in Eigenregie sei es beispielweise üblich, ungenutzte Räume nicht zu beheizen.
- 21 Der Beschluss für das ÖPP-Projekt wurde zu einem Zeitpunkt gefasst, zu dem die Wirtschaftlichkeit dieser Beschaffungsvariante noch nicht ausreichend nachgewiesen war.
Der Landesrechnungshof stellte zudem fest, dass der pauschale Effizienzvorteil der
ÖPP-Variante weder bei den Baukosten noch bei den Betriebskosten schlüssig nachgewiesen werden konnte.
5.3.3 Thüringer Rechnungshof
Bau- und Erhaltungsmodell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis (Projekt-Nr. 18)
Der Rechnungshof prüfte ein Bau- und Erhaltungsmodell einer rund 20 km langen Landesstraße im Saale-Holzland-Kreis, das als ÖPP-Projekt ausgeschrieben und durchgeführt wurde.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Gesamtkosten der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPP-Variante. Zum Zeitpunkt der Machbarkeitsstudie wurden für beide
Varianten Gesamtkosten von 16,6 Mio. Euro angenommen. Die abschließende Wirtschaftlichkeitsberechnung, die dem Thüringer Landtag zur Entscheidung vorgelegt wurde, wies einen rechnerischen Kostenvorteil von 2,6 Mio. Euro bzw. rund 10,5 % zugunsten der ÖPP-Variante aus.
Tabelle 3: Gesamtkostenvergleich der Beschaffungsvarianten zwischen 2006 und 2007
Gesamtkosten
zum Zeitpunkt
Gesamtkosten
Konv. Beschaffung
(in Mio. Euro)
Gesamtkosten
ÖPP-Variante
(in Mio. Euro)
Kostenvorteil
ÖPP-Variante
(in Mio. Euro)
Machbarkeitsstudie 2006
16,6
16,6
0
Wirtschaftlichkeitsberechnung 03/2007
25,2
23,0
2,2
Wirtschaftlichkeitsberechnung 06/2007
24,8
22,2
2,6
Der Rechnungshof verglich die Ergebnisse der vorliegenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit den tatsächlich ausgeführten Leistungen. Er stellte fest, dass zum Zeitpunkt
der Machbarkeitsstudie in beiden Varianten davon ausgegangen wurde, dass der
grundhafte Ausbau der Landesstraße unter Verwendung neuer Straßenbaustoffe erfolgt.
Später durchgeführte bautechnische Untersuchungen ergaben hingegen, dass das bituminöse Material für den größten Teil einen Wiedereinbau der Straßenbaustoffe erlaub-
- 22 te. In die Wirtschaftlichkeitsberechnungen flossen die Untersuchungsergebnisse ein.
Allerdings wurde bei der konventionellen Beschaffungsvariante weiter von einer Verwendung ausschließlich neuen Baumaterials ausgegangen, während die eingereichten
ÖPP-Angebote die Wiederverwendung des Ausbaumaterials berücksichtigten. Für die
vollständige Entsorgung des ausgebauten Materials wurden bei der konventionellen Beschaffungsvariante Kosten in Höhe von 3,0 Mio. Euro angenommen. Die notwendige
Vergleichbarkeit beider Ausführungen war nicht mehr gegeben.
Der Rechnungshof beanstandete auch die Kosten des Straßenbetriebsdienstes für die
konventionelle Beschaffungsvariante. Diese waren nach seinen Berechnungen über die
Vertragslaufzeit bis 2038 insgesamt um mehrere Millionen Euro zu hoch angesetzt worden.
Zusammenfassend stellte der Rechnungshof fest, dass der vermeintliche Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Variante nur aufgrund der überhöhten Kostenansätze der konventionellen Beschaffungsvariante dargestellt werden konnte.
5.3.4 Voraussetzungen für einen belastbaren Wirtschaftlichkeitsvergleich
Die genannten Beispiele sowie weitere Prüfungsergebnisse der Rechnungshöfe belegen, dass es wegen ungleicher Rahmenbedingungen und pauschaler Annahmen immer
wieder rechnerisch zu Kostennachteilen der konventionellen Beschaffungsvariante
kommt. Einheitliche Rahmenbedingungen sowie Planungsgrundlagen für beide Varianten sind daher wesentliche Voraussetzung für einen belastbaren Wirtschaftlichkeitsvergleich. Dies muss bereits bei den ersten Kostenschätzungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprognose erkennbar sein. Ebenso ist es unerlässlich, die Kosten der konventionellen Beschaffungsvariante bis zum abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich fortzuschreiben. Durch pauschale Annahmen, beispielsweise durch Zu- und Abschläge auf
die Gesamtkosten der konventionellen Beschaffungsvariante, können am Ende der
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung keine belastbaren Ergebnisse stehen.
Folgende Anforderungen sollten bei künftigen ÖPP-Projekten beachtet werden:
•
Die qualitativen und quantitativen Projektanforderungen/Rahmenbedingungen müssen von Projektbeginn an transparent für beide Varianten definiert sowie dokumentiert werden.
- 23 •
Ergeben sich im Rahmen der Ausschreibung wirtschaftlichere Lösungsansätze gegenüber der Projektausgangslage, sind diese auch bei der konventionellen Beschaffungsvariante durch Fortschreiben der Vergleichsrechnung zu berücksichtigen.
•
Kostenschätzungen der konventionellen Beschaffungsvariante anhand von Kostenkennwerten abgeschlossener Projekte können mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein. Konkrete Ausschreibungsergebnisse für beide Varianten bieten eine
weitaus verlässlichere Vergleichsgrundlage.
•
Nach den Untersuchungen des Rechnungshofs Baden-Württemberg können ABCAusschreibungen wirtschaftliche Ergebnisse ermöglichen13. Der Lebenszyklusgedanke wird dabei nach Ansicht dieses Rechnungshofes nicht ausgeschlossen, denn
auch Teile des Betriebs wie Bauunterhalt und Wartung können bei diesen Verfahren
ausgeschrieben werden. Voraussetzung dafür ist, dass beide Varianten im Haushaltsplan ergebnisoffen veranschlagt werden.
5.4 Fehlerquellen bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen
Neben der Voraussetzung, dass die einzelnen Beschaffungsvarianten vergleichbar sein
müssen, gibt es eine Vielzahl weiterer Faktoren, die das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsberechnungen in die eine oder andere Richtung verändern oder gar verfälschen
können. Sie müssen als mögliche Fehlerquellen identifiziert und ausgeräumt werden.
Nur dann sind die Wirtschaftlichkeitsberechnungen als Entscheidungsgrundlage geeignet.
Nachfolgend vier Beispiele:
•
Häufig wurden fehlerhafte oder überzogene Einschätzungen bei den Risikokosten für
die konventionelle Beschaffungsvariante festgestellt. Dagegen wurden die beim Auf-
13
Die A-B-C-Ausschreibung enthält die Ausschreibung mehrerer sich teilweise überschneidender Alternativen für ein bestimmtes Vorhaben innerhalb eines Vergabeverfahrens. Eine nationale oder europaweite A-B-C-Ausschreibung besteht grundsätzlich aus den Varianten A (Bauleistung als GU-Vergabe),
B (Finanzierungs-/Baumanagement) und C (Bauen und Finanzierung durch einen Investor). Der Auftraggeber behält sich vor, entweder die Bauleistung des Teils A mit konventioneller Finanzierung über
den Haushalt selbst zu beauftragen, oder den günstigsten Anbieter aus dem Teil B (beispielsweise eine Leasinggesellschaft) zu beauftragen, das Objekt zu finanzieren und ihrerseits den Bauauftrag an
den günstigsten Bieter aus dem Teil A zu erteilen. Falls das günstigste Komplettangebot aus dem
Teil C wirtschaftlicher ist, wird dieses beauftragt.
Der Vorteil der A-B-C-Ausschreibung besteht darin, dass die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit einer
ÖPP-Variante im Vergleich zu einer konventionellen Beschaffungsvariante der Leistungen anhand der
im Wettbewerb erzielten und verbindlichen Angebote möglich wird.
- 24 traggeber verbleibenden Risikokosten der ÖPP-Variante zu gering eingeschätzt.
Über diese Stellschraube der Risikoübernahme ließen sich die geschätzten Kosten
der konventionellen Beschaffungsvariante so zielorientiert festlegen, dass der wirtschaftliche Vorteil augenscheinlich aufseiten des ÖPP-Modells lag und dadurch die
ÖPP-Variante rechnerische Effizienzgewinne auswies. Deshalb sind die Ergebnisse
der Wirtschaftlichkeitsberechnungen dann besonders kritisch zu hinterfragen, wenn
sich Effizienzvorteile zugunsten ÖPP maßgeblich aus einer günstigeren Risikoeinschätzung der ÖPP-Variante ergeben. Teilweise machten diese deutlich mehr als
50 % des gesamten Wirtschaftlichkeitsvorteils aus. Wichtig ist, dass sämtliche Risikobewertungen plausibel begründet und entsprechend dokumentiert werden.
•
Die Rechnungshöfe stellten vereinzelt fest, dass die Transaktionskosten nicht oder
nicht ausreichend in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen berücksichtigt wurden. In
Einzelfällen hätte dies das Ergebnis maßgeblich verändert, da bei ÖPP-Verfahren
regelmäßig sechs- bis siebenstellige Transaktionskosten, insbesondere für die umfangreichen Beratungsleistungen, anfallen.
•
Bauprojekte können zu einer höheren baulichen Ausnutzung von Grundstücken infolge geänderten Planungsrechts oder wirtschaftlicherer Planung führen. In Einzelfällen wie z. B. beim Neubau des Justizzentrums Heidelberg (Projekt-Nr. 2) wurden
solche Synergieeffekte ausschließlich der ÖPP-Variante im Wirtschaftlichkeitsvergleich zugerechnet. Dies stellt jedoch keinen ÖPP-spezifischen Vorteil dar und
müsste daher auch bei der konventionellen Beschaffungsvariante berücksichtigt
werden.
•
Unterschiedliche Annahmen bei der Finanzierung können zu erheblichen Kostenvorteilen bei der ÖPP-Variante führen. Bislang wurde in Berechnungen häufig unterstellt, dass infolge andauernder Nettoneuverschuldung aufgenommene Darlehen der
öffentlichen Hand ausschließlich endfällig getilgt werden. Bei der ÖPP-Variante wurde hingegen in den Berechnungen eine annuitätische Tilgung unterstellt. Im Vergleich beider Finanzierungsformen ergab sich dabei rechnerisch ein erheblicher Vorteil bei den Finanzierungskosten der ÖPP-Variante (bis zu 20 %). Dies entspricht jedoch nicht der Haushaltsrealität. In beiden Fällen ist von gleichen Finanzierungsmodellen (z. B. annuitätische oder endfällige Tilgung) auszugehen.
- 25 5.5 Transparenz der Wirtschaftlichkeitsberechnungen
Die für die Entscheidung der Auftragsvergabe maßgeblichen Wirtschaftlichkeitsberechnungen müssen den Entscheidungsgremien frühzeitig zugänglich sein. Vereinzelt stellten die Rechnungshöfe fest, dass Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen erst nachträglich
erstellt wurden.
Von wesentlicher Bedeutung für die Interpretation der Wirtschaftlichkeit ist die Darstellungsweise der Ergebnisse. Der Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Variante wird häufig
nur prozentual im Vergleich zur konventionellen Beschaffungsvariante angegeben; oftmals in Form zweistelliger Effizienzrenditen. Aussagekräftiger ist es, wenn das Ergebnis
beider Varianten auch in absoluten Zahlen angegeben wird. Neben den Kapitalwerten
(Barwerten) müssen nach Ansicht der Rechnungshöfe auch die Zeitwerte dargestellt
werden, um die tatsächlichen Haushaltbelastungen erkennen zu können.
5.6 Lebenszyklusansatz und Wettbewerb
Der Lebenszyklusansatz wird immer wieder als ÖPP-spezifischer Vorteil dargestellt. Nur
durch die Verknüpfung des Bauens mit dem langfristigen Betreiben ließe sich ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleisten. Nach den Prüfungserkenntnissen der Rechnungshöfe stellt der Lebenszyklusansatz aber keinen ÖPP-spezifischen Vorteil dar, weil auch bei
öffentlichen Baumaßnahmen generell durch entsprechende Planungen auf einen wirtschaftlichen Betrieb zu achten ist.
Bei ÖPP-Projekten sind Vertragslaufzeiten von 20 bis 30 Jahren die Regel. Die langfristige Vertragsbindung an einen privaten Partner kann mit folgenden Nachteilen behaftet
sein:
•
Der ÖPP-Partner muss die spätere Betriebsphase zum Zeitpunkt der Angebotserstellung kalkulieren. Er tut dies anhand von Referenzwerten unter Berücksichtigung
des Stands der Technik bei Vertragsabschluss. Mit entsprechenden Anpassungsklauseln und Indizierungen werden die angenommenen Kosten für die Dienstleistungen einschließlich Betrieb auf bis zu 30 Jahre fortgeschrieben. Bereits nach wenigen
Jahren kann die tatsächliche Preisentwicklung von den ursprünglichen Annahmen
abweichen. In die Kalkulation der Betriebskomponente werden daher entsprechende
Risikopositionen eingepreist, die sich in der Regel nachteilig für den Auftraggeber
auswirken.
- 26 •
Dienstleistungen rund um den Gebäudebetrieb unterliegen Innovationen und damit
Veränderungen. Allein im Bereich der kostenintensiven Gebäudereinigung wurden in
den vergangenen 20 Jahren grundlegende Veränderungen durch Automation vollzogen. Bei einer Bewirtschaftung in Eigenregie partizipiert die öffentliche Hand direkt
von derartigen Innovationen durch regelmäßige Ausschreibung der Dienstleistungen.
•
Durch die Vertragsbindung werden der Betrieb sowie die Dienstleistungen über einen Zeitraum bis zu 30 Jahre dem Markt und damit dem Wettbewerb entzogen. Die
direkte Auftragsvergabe des öffentlichen Auftraggebers an meist mittelständische
Firmen fällt damit weg.
•
Die Verträge können nicht sämtliche Eventualitäten erfassen, die durch Änderungen
der Nutzung und der Rahmenbedingungen eintreten. Dies führt auch bei ÖPP regelmäßig zu zusätzlichen Kosten.
5.7 Sensitivitäts- und Szenarioanalysen
Die Sensitivitätsanalyse untersucht die Auswirkungen von Veränderungen einzelner Parameter auf das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.
Solche Parameter sind neben den Investitionsausgaben und Finanzierungskosten die
Risikoansätze und die sich daraus ergebenden Folgekosten. Diese Größen können bis
zur Über- oder Unterschreitung eines Zielwertes (z. B. Barwert) variiert werden. Die Abhängigkeiten der einzelnen Risikogrößen untereinander können mithilfe der Szenarioanalyse erfasst werden.
Die Rechnungshöfe empfehlen, die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
mit Hilfe von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen zu überprüfen und insbesondere Risikokosten gesondert auszuweisen und bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung getrennte
Berechnungen mit und ohne Risikozuschläge durchzuführen, um einen sogenannten
„bereinigten“ Wirtschaftlichkeitsvergleich vorlegen zu können. Stellt sich die ÖPPVariante auch ohne Risikokosten als die wirtschaftlichere Variante heraus, erhöht dies
die Aussagekraft und die Belastbarkeit des Ergebnisses erheblich.
- 27 -
6 Ermittlung des Public Sector Comparator
6.1 Funktionale Leistungsbeschreibung
Entsprechend dem Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“14
wird der Public Sector Comparator (PSC) als Referenzwert der konventionellen Beschaffungsvariante ermittelt. Er dient in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung als Vergleichswert zur ÖPP-Variante. Der PSC wird im weiteren Verfahren fortlaufend detailliert
und optimiert. Orientierungsgröße ist dabei eine funktionale Leistungsbeschreibung, die
mit Fortschreiten des Planungsprozesses zu konkretisieren ist.
Die funktionale Leistungsbeschreibung dient der klaren und widerspruchsfreien Definition des Projekts. Sie ist zugleich Maßstab für einen Vergleich zwischen konventioneller
Beschaffungsvariante und ÖPP-Variante sowie Grundlage der Ausschreibung und Vertragsgestaltung. Der Bedarf und die Anforderungen des Vorhabenträgers an Art und
Qualität des Projektes sollen sich in ihr hinreichend genau widerspiegeln. Andernfalls
besteht die Gefahr, dass Angebote qualitativ und funktional nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und weder untereinander noch mit der konventionellen Beschaffungsvariante vergleichbar sind (vgl. Tz. 4.4). Ein aussagekräftiger Wirtschaftlichkeitsvergleich
wäre unter diesen Voraussetzungen nicht möglich.
6.2 Detaillierung und Optimierung des PSC
In der Regel beruht die Ermittlung der Baukosten der konventionellen Beschaffung auf
einer Kostenschätzung auf Basis von Kosten- und Flächenkennwerten. Nach Einschätzung der Rechnungshöfe ist auf dieser Basis ein belastbarer Vergleich der grob geschätzten öffentlichen mit den „spitz“ gerechneten privaten Kosten nur sehr eingeschränkt möglich. Um die wirtschaftlichste Beschaffungsvariante ermitteln zu können,
müssen für alle Varianten vorhandene Optimierungspotenziale ausgeschöpft werden.
Die Prüfungserfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass eine weitere Detaillierung
und Optimierung des PSC sinnvoll und notwendig ist:
14
Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Kapitel 4.4.1.3, a.a.O.
- 28 •
Der Grad der Detaillierung steigt mit der Komplexität des jeweiligen Projekts.
•
Die Eigenerledigung muss eine gleichwertige Beschaffungsvariante zu den privaten
Wettbewerbsergebnissen darstellen, die den als notwendig erachteten Bedarf dann
deckt, wenn eine ÖPP-Realisierung scheitert.
•
Durch eine Optimierung der Planung der Eigenerledigungsvariante können die insgesamt entstehenden Kosten reduziert und der Nutzwert erhöht werden. Kennwerte
hingegen stellen nur Durchschnittswerte dar.
•
Für eine spätere Erfolgskontrolle werden belastbare Daten der konventionellen Beschaffungsvariante benötigt, um einen ggf. vorhandenen Wirtschaftlichkeitsvorteil der
ÖPP-Variante auch belegen zu können.
•
Anhand einer detaillierten Planung kann die funktionale Leistungsbeschreibung vor
Ausschreibungsbeginn auf ihre Plausibilität überprüft werden.
•
Im Vergabeverfahren muss die Eigenerledigung den inhaltlichen und rechtlichen
Vorgaben des Vergabeverfahrens genügen. So dürfen z. B. bei der späteren Wertung der Angebote nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung
oder in den Vergabeunterlagen genannt sind.15 Wenn sich das Land die Aufhebung
der Ausschreibung bei Überschreiten der absoluten Kostenhöhe der konventionellen
Beschaffungsvariante vorbehalten möchte, muss es ggf. den Bietern den PSC als
Kriterium für ein maximales Ausgabevolumen mitteilen. Somit kommt dem PSC eine
besondere Bedeutung als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu.
Häufig werden von öffentlichen Bauherren hohe Kosten als Grund für den Verzicht auf
eine detailliertere Planung angeführt. In Relation zu den Gesamtkosten eines Vorhabens ist der Verzicht auf eine detaillierte Planung nicht zu rechtfertigen. Wirtschaftliches
Verwaltungshandeln setzt eine angemessene Detaillierung und Optimierung des konventionellen Vergleichswertes mit Fortschreibung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
voraus. Dies gilt insbesondere für Pilotvorhaben der noch jungen ÖPPBeschaffungsvariante.
Die Kostenermittlungen der konventionellen Beschaffungsvariante auf der Basis von
Kennwerten abgerechneter Maßnahmen beinhalten bereits Kostensteigerungen infolge
15
§ 16 a Nr. 1 VOB/A (Ausgabe 2009).
- 29 tatsächlich eingetretener Risiken16. Dennoch wurden nach den Prüfungserfahrungen der
Rechnungshöfe in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen bei der konventionellen Beschaffungsvariante zusätzliche, verhältnismäßig hohe Planungs- und Baurisiken pauschal zugeschlagen, die in den vorgenannten Kennwerten größten Teils bereits enthalten waren. In der Konsequenz erhöhte sich dadurch der Barwert der konventionellen
Beschaffungsvariante, ohne dass dies sachlich begründet war.
Eine detaillierte und optimierte Planung ermöglicht es, die Eintrittswahrscheinlichkeit und
die Schadenshöhe von Risiken im Rahmen der Allokation aufseiten des konventionellen
Vergleichswerts genauer einzugrenzen und ggf. zu reduzieren.
Gemäß Kap. 4.3.2.2 des Leitfadens17 liegt dem PSC die sogenannte „objektive Beschaffungswirklichkeit“ der öffentlichen Hand als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der
Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Variante zugrunde. Da es kein Verfahren und keine einheitlichen Kriterien zur Bestimmung einer hinreichend konkreten Beschaffungswirklichkeit der
öffentlichen Hand gibt, liegt es weitgehend im Ermessen der Berater und der Auftraggeberseite, den Vergleichsmaßstab zu gestalten. Die Berater berufen sich dabei auf Erfahrungswerte, die nach den Prüfungserfahrungen der Rechnungshöfe nicht belegt werden.
Es besteht die Gefahr eines interessengeleiteten Handelns.
7 Risikobewertung und -verteilung
7.1 Risikoidentifikation
Wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ist die Analyse der mit
dem Projekt verbundenen Risiken und ihre Einbeziehung in den Kostenvergleich. Die
Notwendigkeit zur Risikobetrachtung ist explizit in § 7 Abs. 2 BHO geregelt18. So sind für
alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
durchzuführen, bei denen auch die mit den Maßnahmen verbundene Risikoverteilung zu
berücksichtigen ist.
16
17
18
Beispiele: Planungsmängel, Nachtragswünsche des Auftraggebers, Bauzeitverlängerungen durch z. B.
Nichteinhaltung der Tariftreue, Mehrkosten für Sonderanfertigungen.
Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, a.a.O.
Die Landeshaushaltsordnungen können abweichende Regelungen enthalten.
- 30 Bei ÖPP-Projekten ist zwischen globalen Risiken und Projektrisiken zu unterscheiden.
Die globalen Risiken stellen projektunabhängige, von den Projektbeteiligten nicht direkt
beeinflussbare Größen dar, wie z.B. politische Risiken, rechtliche Risiken oder kommerzielle Risiken.
Die Projektrisiken hingegen sind durch die Projektbeteiligten beeinflussbar. Wesentliche
Risiken einer ÖPP-Maßnahme im öffentlichen Hochbau können auf der Grundlage des
Lebenszyklusansatzes unter folgenden Risikokategorien zusammengefasst werden:
•
•
•
•
•
Planungsrisiken,
Baurisiken,
Finanzierungsrisiken,
Betriebsrisiken,
Verwertungsrisiken.
Unter diesen Risikokategorien subsumieren sich die jeweiligen Einzelrisiken, wie z. B.
Terminüberschreitungen als Baurisiko. In der Fachliteratur wird oftmals versucht, bestimmte Risiken zu typisieren. Letztendlich stellt aber jedes ÖPP-Projekt einen Einzelfall
dar.
7.2 Risiken der Beschaffungsvariante ÖPP
Die einschlägigen Leitfäden geben einen Überblick über mögliche Risiken auf der
Grundlage des Lebenszyklusansatzes und beschreiben zum Teil recht umfangreich den
Prozess der Risikobewertung und des Risikomanagements. ÖPP-spezifische Risiken,
die keine monetäre Bewertung erfahren und somit nicht Bestandteil des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zwischen konventioneller Beschaffungsvariante und ÖPP-Variante werden, bleiben aber außer Acht.
Auf drei dieser spezifischen Risiken der ÖPP-Beschaffungsvariante sei hier beispielhaft
hingewiesen:
7.2.1 Vertragsrisiko
ÖPP-Verträge über den Bau und den Betrieb von Objekten sowohl im Hochbaubereich
als auch im Bereich des Straßenbaus sind aufgrund des Umfangs der Vertragsinhalte
sehr komplex und bergen trotzdem die Gefahr der Unvollständigkeit in sich. Auch ein gut
aufgestelltes Vertragsmanagement kann nicht alle Eventualitäten erfassen. Die Risiken
- 31 von nachträglichen Vertragsinterpretationen bzw. -anpassungen mit unterschiedlichen
finanziellen Auswirkungen sind bei jedem Projekt gegeben.
7.2.2 Vergaberisiko
Auf der Basis der Ergebnisse der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ist zu entscheiden, ob das Projekt als ÖPP-Variante oder als konventionelle Beschaffungsvariante ausgeschrieben werden soll. Dabei sollte auf eine sorgfältige Projektbeschreibung
hinsichtlich der Projektziele, der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der Vorgaben für den privaten Partner als Auftragnehmer besonderer Wert gelegt werden.
Eine Aufhebung der Ausschreibung kann gemäß § 17 Abs. 1 VOB/A erfolgen, wenn
•
•
•
kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht,
die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen oder
andere, schwerwiegende Gründe bestehen.
Gemäß § 20 EG Abs. 1 c) VOL/A kann die Ausschreibung auch aufgehoben werden,
wenn sie kein wirtschaftliches Ergebnis gebracht hat.
Die Aufhebung einer ÖPP-Ausschreibung ist auch nach dem Leitfaden19 bei fehlender
Wirtschaftlichkeit des ÖPP-Projektes vorgesehen. Allerdings dürfte in der Praxis die
Aufhebung einer ÖPP-Ausschreibung die Ausnahme bleiben. In vielen Fällen scheut die
öffentliche Hand den Zeitverzug und die zusätzlichen Kosten, die eine nunmehr neue,
konventionelle Planung, Ausschreibung und Vergabe der Leistungen ab dem Zeitpunkt
der Aufhebung des ÖPP-Vergabeverfahrens mit sich bringen würde.
7.2.3 Insolvenzrisiko
Bei einer ÖPP-Realisierung ist das Insolvenzrisiko der Projektgesellschaft als besonders
problematisch für die öffentliche Hand zu bewerten.
Die Risiken, die aus einer Insolvenz des privaten Partners erwachsen, sind im engen
Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der fälligen Zahlungen und den Bedingungen, unter
denen diese Zahlungen fällig werden, zu sehen.
19
Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“, Kap. 4.3.4, a.a.O.
- 32 Die Möglichkeit, eine Insolvenzwahrscheinlichkeit aus dem Rating einer Projektgesellschaft abzuleiten, ist derzeit aufgrund mangelnder Datenlage zu Ausfallraten von ÖPPProjekten in Deutschland nicht gegeben.
7.3 Risikobewertung
Qualitative Risikobewertung
Im Rahmen der Bewertung von Risiken erfolgt zunächst eine qualitative Einstufung der
Risiken hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihrer Schadenswirkung. Die
Bandbreite dieser Einstufung reicht hierbei von vernachlässigbar über gering bis zu groß
bzw. sehr groß. Dabei kann die Bewertung zwischen Eintrittswahrscheinlichkeit und
Schadenshöhe variieren, d. h. eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit kann eine geringere
Schadenswirkung haben. So ist beispielsweise das Risiko „Vandalismus“ an Schulen mit
einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit zu bewerten, führt aber in seiner Schadensauswirkung unter Umständen nur zu geringen bis mittleren Beeinträchtigungen des Schulbetriebs.
Quantitative Risikobewertung
Für den Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen konventioneller Beschaffungsvariante und
ÖPP-Variante ist es erforderlich, die Risiken monetär zu bewerten.
Dafür können unterschiedliche Verfahren zur Anwendung kommen:
•
Das statische Verfahren (Zuschlagsverfahren), bei dem eine durchschnittliche Eintrittswahrscheinlichkeit (in %) mit der Schadensauswirkung (in Euro) multipliziert
wird.
•
Das Verfahren mittels Verteilerfunktion, bei dem mögliche Abweichungen einem
Szenario unterworfen werden (keine Abweichungen bis große Abweichungen bzw.
Unterschreitungen), diese jeweils mit der Schadensauswirkung (in Euro) multipliziert
und zu einem Gesamtrisiko addiert werden sowie
•
die Monte-Carlo-Simulation, bei der die Wahrscheinlichkeit des Einwirkens einer
Kombination von Risiken auf eine Zielgröße (z. B. Baukosten) als Grundlage des
Gesamtrisikos für diese Zielgröße untersucht wird (stochastisches Verfahren).
- 33 Das Hauptproblem der Risikobewertung sind die zur Verfügung stehenden Daten, deren
Qualität für eine sachgerechte Analyse oft nicht ausreichend ist. Empfehlungen verweisen zur Risikobewertung weitgehend auf:
•
•
•
•
die Durchführung von Workshops unter Einbeziehung externer Experten,
Erfahrungen aus anderen Projekten,
Veröffentlichungen und
Studien.
Darüber hinaus sind in den Kostenangaben zu durchgeführten Projekten, die in der Regel zur Ermittlung des PSC dienen, schon die monetären Auswirkungen von Risiken als
Bestandteil der Gesamtkosten enthalten.
Das bisher vorwiegend angewandte Zuschlagsverfahren liefert oft falsche Risikobewertungen und schafft mehr Verwirrung als Transparenz in Hinblick auf die Ergebnisse. Es
erfüllt nicht die Anforderungen an eine transparente Risikobewertung und weist erhebliche methodische Schwächen auf. Es fehlen fundierte Informationen zur Bewertung der
Risiken sowie objektive, aus der Empirie ermittelte Daten20. Zudem führt die unrealistische Kumulation von Einzelrisiken bei diesem Verfahren tendenziell zu einer Überbewertung der Risiken. Aufgrund der unzureichenden Informationsvorlagen sind insbesondere die Risiken der konventionellen Beschaffungsvariante nur vage prognostizierbar
und damit die Risikoübertragung an sich und deren Höhe im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsvergleichs hochgradig unsicher.21
Hinzu kommt das haushaltsrechtliche Problem, dass die im Wirtschaftlichkeitsvergleich
monetär bewerteten Risiken im Haushalt nicht veranschlagt werden können, weil die
Fälligkeit der Risikokosten generell vom Eintritt des jeweiligen Risikos abhängig und
damit ungewiss ist. Nach dem Fälligkeitsprinzip dürfen indes nur Ausgaben im Haushalt
veranschlagt werden, die im Haushaltsjahr voraussichtlich zu leisten sind und damit
kassenwirksam werden.
20
Vgl. Pfnür, A./Schetter, Ch./Schöbener, H., Risikomanagement bei Public Private Partnerships, Heidelberg 2010, S. 41, 48.
Viethen, A., Der Wirtschaftlichkeitsnachweis als entscheidungssteuernde Komponente bei PPPProjekten: Strukturelle und rechtliche Anforderungen und Konsequenzen, Deutsche Hochschule für
Verwaltungswissenschaften Speyer, Speyerer Arbeitsheft Nr. 197, 2008, Seite 16 f.
Mühlenkamp, H., Ökonomische Analyse von Public Private Partnerships (PPP) - PPP als Instrument
zur Steigerung der Effizienz der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder als Weg zur Umgehung von
Budgetbeschränkungen?-, FÖV 55 Discussion Papers, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche
Verwaltung Speyer, 2010, S. 28.
21
Vgl. Pfnür, A., 9. Betriebswirtschaftliches Symposium-Bau, Weimar 2009.
- 34 -
Die genannten Schwierigkeiten spiegeln sich auch in den Prüfungsergebnissen der
Rechnungshöfe zu ÖPP-Projekten wider:
7.3.1 Landesrechnungshof Niedersachsen
Der Landesrechnungshof Niedersachsen stellte bei seiner planungsbegleitenden Prüfung zur JVA Bremervörde (Projekt-Nr. 12) u. a. fest, dass die Baukosten der konventionellen Beschaffungsvariante auf der Grundlage von Kosten- und Flächenkennwerten
geschätzt wurden. Als Grundlage für die Ermittlung der Baukosten im Rahmen der konventionellen Beschaffungsvariante diente als Referenzobjekt die JVA Rosdorf.
Diese geschätzten Kosten auf der Grundlage abgerechneter Baumaßnahmen beinhalteten die Kosten tatsächlich eingetretener Risiken früherer Projekte. Unabhängig davon
wurden die Planungs- und Baurisiken mit jeweils 7,5 % der kalkulierten (Bau)Kosten
bewertet, was zu einer Barwerterhöhung in diesem Bereich von 3,7 Mio. Euro führte.
Der für die konventionelle Beschaffungsvariante (Planung, Bau und Betrieb) insgesamt
ermittelte Barwert von 215,1 Mio. Euro beinhaltete insgesamt Risikozuschläge in Höhe
von rund 13,3 Mio. Euro (5,8 %). Bei der ÖPP-Variante sollten lediglich - unter Zugrundelegung des Barwertes - Risiken in Höhe von rund 3,8 Mio. Euro beim Land (1,7 %)
verbleiben. Dabei wurden die vom ÖPP-Partner zu tragenden Risiken nicht explizit ausgewiesen, sondern als Bestandteil der Kostenkalkulation des Auftragnehmers gewertet.
Deshalb war ein Abgleich der Nominalwerte ohne monetarisierte Risiken nicht möglich
7.3.2 Rechnungshof Thüringen
Die Prüfung des Bau- und Erhaltungsmodells für Landesstraßen im Saale-HolzlandKreis (Projekt-Nr. 18) zeigte, dass die Risiken in der Machbarkeitsstudie grundsätzlich
bewertet und je nach Beschaffungsvariante dem Auftraggeber oder dem Privaten zugeordnet wurden. Diese Bewertung wurde in den Wirtschaftlichkeitsnachweis und in die
Vorlage an den Haupt- und Finanzausschuss des Thüringer Landtages übernommen.
In der Machbarkeitsstudie wurde auf folgende Risiken verwiesen, die vom privaten Auftragnehmer zu tragen sind:
- 35 Projektrisiken:
a) anteiliges Planungs- und Genehmigungsrisiko (aus Planungsänderungen und behördlichen Genehmigungen)
b) Risiko der Schadstoffbelastung des Abbruchmaterials
c) Bauausführungsrisiko für Straßen- und Ingenieurbauwerke (infolge unzureichender
Koordinierung)
d) Fertigstellungsrisiko (Anlagen nicht wie geplant fertiggestellt)
e) Erhaltungsrisiko (Änderungen der Baukosten in der Erhaltungsphase)
f) Verkehrsmengenrisiko.
Die Überprüfung dieser Aussagen anhand des abgeschlossenen Projektvertrages führte
zu folgendem Ergebnis:
zu a) Für Genehmigungen und Gestattungen, die nach Vertragsabschluss erforderlich
werden, hat der Auftragnehmer Anspruch auf Mehrvergütung.
zu b) Dem Auftragnehmer wird zusätzlich ein Mehrvergütungsanspruch für „… geologische Risiken sowie Altlasten und Denkmalfunde …“ eingeräumt, die trotz der
„…Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennbar waren“.
Darüber hinaus greift die nachfolgend beschriebene Regelung.
zu c) bis e)
Bei jeglichen Änderungen, die sich während der Vertragsabwicklung gegenüber
den Grundlagen des Vertrages ergeben (z. B. Weisungen des Auftraggebers hinsichtlich des Projektgegenstandes; Beschädigung des Projektgegenstandes
durch Dritte), kann der Auftragnehmer ein sogenanntes Anpassungsverfahren
beantragen. Auf Nachweis werden die entstandenen Mehrkosten vergütet.
zu f)
Das Verkehrsmengenrisiko trägt der Auftragnehmer, soweit sich die vereinbarte
Bauklasse III nicht ändert. Andernfalls besteht für den Auftragnehmer ein Sonderkündigungsrecht bzw. Anspruch auf Mehrvergütung.
Im Ergebnis hatte der Auftragnehmer entgegen der Aussage in der Machbarkeitsstudie
nur das Baugrundrisiko zu tragen.
- 36 7.3.3 Rechnungshof Rheinland Pfalz
In der Wirtschaftlichkeitsberechnung für das ÖPP-Pilotprojekt Südbad Trier (ProjektNr. 14) erhöhte das von der Stadt Trier beauftragte Beratungsunternehmen die Kosten
der Eigenrealisierung durch Zuschläge von mehr als 2,0 Mio. Euro in verschiedenen
Risikokategorien (z. B. Planungs- und Baurisiko, Betriebskosten-, Instandhaltungs-,
Miet- und Pachtrisiko). Die Ermittlung der Risikozuschläge beruhte auf Annahmen für
Schadenshöhen und Eintrittswahrscheinlichkeiten, die nicht hinreichend belegt waren
und auf subjektiven, zum Teil willkürlichen Einschätzungen beruhten.
Bereits bei der Ermittlung der Baukosten brachte das Beratungsunternehmen für einzelne Risiken, wie z. B. das Nachtrags- und Mengenrisiko oder das Preisrisiko, Beträge
von insgesamt 2,1 Mio. Euro in Ansatz. Gleichwohl berechnete es bei der Risikoermittlung hierfür nochmals einen Zuschlag, durch den sich die Kosten um mehr als
470.000 Euro erhöhten. Darüber hinaus berücksichtigte es nicht, dass die aus abgerechneten Baumaßnahmen abgeleiteten Kostenkenn- und Erfahrungswerte, die der Ermittlung der Baukosten zugrunde lagen, bereits die Kosten eingetretener Risiken enthielten. Risiken wurden damit teilweise mehrfach in Ansatz gebracht.
Dagegen waren in der Wirtschaftlichkeitsberechnung die bei der Stadt verbleibenden
Risiken der ÖPP-Maßnahme mit 700.000 Euro zu gering angesetzt. In der Risikobewertung wurde z. B. nicht berücksichtigt, dass bei der in dem Eingangsgebäude des Freibads eingerichteten Gaststätte ein Einnahmeausfallrisiko hinsichtlich der Konzessionsgebühr besteht. Darüber hinaus wurde das Planungs- und Baurisiko mit 45.000 Euro
unterbewertet. Die tatsächlichen Mehrkosten der ÖPP - Maßnahme betrugen nach dem
Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Prüfung mindestens 345.000 Euro. Insgesamt zeigt
die Analyse der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Stadt, dass der dort ausgewiesene
hypothetische Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Maßnahme nicht - wie vielfach behauptet - auf die Optimierung der Lebenszykluskosten, sondern ausschließlich auf die Annahme unrealistisch hoher kalkulatorischer Risikokosten für die Eigenrealisierung zurückzuführen ist.
7.3.4 Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Justizvollzugsanstalt Burg (Projekt-Nr. 17)
Das Land Sachsen-Anhalt hat in Burg eine JVA mit 650 Haftplätzen für männliche Erwachsene des „geschlossenen Vollzuges“ als ÖPP-Projekt errichtet und Dienstleis-
- 37 tungsbereiche, die nicht zu den hoheitlichen Aufgaben gehören, privat vergeben. Die
Übergabe des Objektes fand am 30. April 2009 statt.
Grundlage dieser Entscheidung waren die Machbarkeitsstudie zum Projekt von 2004
und darauf aufbauend der vom Landesrechnungshof geprüfte vorläufige Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen der konventionellen Beschaffungsvariante und der ÖPPVariante. Für den Wirtschaftlichkeitsvergleich ermittelte das Staatliche Hochbauamt
Merseburg22 auf der Basis einer Kostenschätzung und unter Einbeziehung bereits abgerechneter Baumaßnahmen die Investitionskosten des Eigenbaus in Höhe von rund
116,4 Mio. Euro, d. h. 179.077 Euro je Haftplatz.
In der Bewertung der Wirtschaftlichkeit wurden der Investitionskostenanteil des PSC
(Vergleichswert der konventionellen Beschaffungsvariante) auf der Grundlage dieser
Kostenschätzung fortgeschrieben und um zusätzliche Kosten im Sicherheitsbereich aufgrund von Risikofaktoren und wegen der Indizierung zum Ausgleich von Preissteigerungen ergänzt, dabei aber die in den zum Vergleich herangezogenen Baumaßnahmen
bereits vorhandenen monetären Risikoanteile (z. B. durch Nachträge) außer Acht gelassen.
Die Risikobewertung und -verteilung entsprach den Vorgaben der Machbarkeitsstudie
von 2004. Dabei wurden die Projektrisiken für das Land in Abhängigkeit der jeweiligen
Beschaffungsvariante wie folgt bewertet:
Tabelle 4: JVA Burg in Sachsen-Anhalt - Risikobewertung des Beratungsunternehmens
Risikofaktoren
Laufzeit: 25 Jahre
Konventionelle
Beschaffungsvariante
(in % )
ÖPP-Variante
(in % )
Planung
5,00
1,50
Bau
7,50
0,50
Instandhaltung
8,75
2,00
Gebäudebewirtschaftung
8,75
0,75
Betriebskosten
Personal- und sonstige Kosten
5,00
0,50
22
Ab 1. Januar 2005 Landesbetrieb Bau, Niederlassung Süd.
- 38 Aufgrund der o. a. zusätzlichen Kosten und der in Ansatz gebrachten monetären Risikoanteile erhöhte die Verwaltung die Gesamtbaukosten der konventionellen Beschaffungsvariante von rund 116,4 Mio. Euro auf 145,1 Mio. Euro und damit auf 223.000 Euro
je Haftplatz.
Der im Wirtschaftlichkeitsvergleich ausgewiesene Effizienzvorteil von 12 % der ÖPPVariante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante durch das Land Sachsen-Anhalt basierte somit im Wesentlichen auf einer zu hoch angesetzten Kostenschätzung für den PSC, die noch zusätzlich durch in ihrer Höhe nicht nachvollziehbare Risikozuschläge in der Bau- und Betreiberphase eine Steigerung erfahren hat.
Schulen und Kindertagesstätten der Stadt Halle (Projekt-Nr. 15)
Der Investitionsbedarf für die 76 Schulen und 52 Kindertageseinrichtungen in Trägerschaft der Stadt Halle (Saale) betrug im Jahr 2003
•
•
125 Mio. Euro für Schulen und Sporthallen sowie
31 Mio. Euro für kommunale Kindertageseinrichtungen.
Bereits zum damaligen Zeitpunkt zog die Stadt in Erwägung, geeignete Objekte mithilfe
von ÖPP zu sanieren bzw. neu zu errichten und bewirtschaften zu lassen. Der Stadtrat
von Halle (Saale) stimmte in seiner Sitzung am 28. September 2005 der umfassenden
Sanierung von vier Kindertageseinrichtungen und zehn Schulobjekten in den Jahren
2007 bis 2010 und ihrer anschließenden Bewirtschaftung im Rahmen eines ÖPPProjektes mit einer Laufzeit von 25 Jahren zu. Im Rahmen der vorangegangenen vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung war allein der Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten in der konventionellen Variante mit rund 20 % eingeschätzt worden.
- 39 -
Tabelle 5: Schulen und Kitas in Halle - Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten nach vorläufigem Wirtschaftlichkeitsvergleich bei der konventionellen Beschaffungsvariante
Risikokostenanteil
der konventionellen Variante
(in Mio. Euro)
Gesamtkosten
der konventionellen Variante
(in Mio. Euro)
5,394
26,297
20,5
Schulen
45,528
231,577
19,7
Gesamt
50,922
257,874
19,8
Projekte
Kitas
Anteil der Risikokosten
an den Gesamtkosten
(in %)
Aus Sicht des Landesrechnungshofes waren die angenommenen Risikozuschläge für
die konventionelle Beschaffungsvariante deutlich zu hoch angesetzt.
Die sich ergebenden Effizienzvorteile der ÖPP-Variante gegenüber der konventionellen
Beschaffungsvariante mit 12 % bei den Kindertagesstätten und 9 % bei den Schulen
waren letztendlich auch den hohen Risikokosten der konventionellen Beschaffungsvariante geschuldet.
Der Landesrechnungshof stellte weiterhin fest, dass zur Absicherung des Risikoanteils
des privaten Partners über die vereinbarte Laufzeit nachstehende Risikokosten als Bestandteil der Gesamtkosten kalkuliert wurden:
Tabelle 6:
Schulen und Kitas in Halle - Anteil der Risikokosten an den Gesamtkosten gemäß Kalkulation des privaten Partners
Projekte
Kitas
Risikokostenanteil
des Privaten
(in Mio. Euro)
Gesamtkosten
ÖPP
(in Mio. Euro)
Anteil der Risikokosten
an den Gesamtkosten
(in % )
2,514
21,876
11,5
Schulen
21,644
195,600
11,1
Gesamt
24,157
217,476
11,1
Damit zahlt die Stadt dem Privaten zur Absicherung seines Risikoanteils regelmäßig ein
Entgelt, und zwar unabhängig von der Eintrittshöhe und -wahrscheinlichkeit eines Risikos. Die Aussagen über das Eintreten der Risiken und deren in Ansatz gebrachte Höhe
beruhten sowohl bei den Kindertageseinrichtungen als auch bei den Schulen ausschließlich auf Annahmen, die sachlich nicht plausibel begründet waren.
- 40 Schulprojekt der Stadt Magdeburg (Projekt-Nr. 16)
Die Landeshauptstadt Magdeburg hatte es sich zum Ziel gesetzt, die komplexe Sanierung von insgesamt 20 Schulen über ÖPP zu realisieren und diese anschließend bewirtschaften zu lassen.
Dazu wurden die Schulen auf vier Lose (Pakete) à fünf Schulen aufgeteilt und diese
zeitversetzt ausgeschrieben. Zum Zeitpunkt der Prüfung in 2008 waren die Schulen des
Pakets 1 mit einem Projektvolumen von rund 115 Mio. Euro23 bereits in Realisierung.
Für den vorgelegten Wirtschaftlichkeitsvergleich zur Vorbereitung des ÖPP-Projektes
hatte die Stadt Magdeburg auf einen Risikoworkshop verzichtet. Stattdessen wurde zwischen Verwaltung und Berater eine adäquate Risikoallokation diskutiert und ein Vorschlag für die Risikoverteilung erarbeitet.
Dabei sollten Baukostenüberschreitungen und Betriebsrisiken dem Privaten zugeordnet
werden. Über die Höhe des Risikoanteils an den zugrunde gelegten Einheitspreisen lag
keine Aussage vor, sodass es für den Landesrechnungshof nicht erkennbar war, ob die
Risiken von Baukosten- und Betriebskostenüberschreitungen vollständig oder nur teilweise dem privaten Partner zugeordnet wurden.
Letztendlich schrieb die Landeshauptstadt Magdeburg die ÖPP-Leistungen Planung,
Finanzierung, Bau und Betrieb für eine Laufzeit von 30 Jahren aus. Das beauftragte Angebot enthielt eine Verkürzung der Betriebslaufzeit auf 20 Jahre, wobei die Entgeltzahlung jedoch weiterhin über 30 Jahre erfolgt.
In der Folge muss die Landeshauptstadt nach Beendigung der Betriebsphase weitere
zehn Jahre die Verpflichtungen aus dem ÖPP-Projekt bedienen, obwohl sie in diesem
Zeitraum die Kosten des Betriebes bereits vollständig selbst trägt. Das damit verbundene finanzielle Risiko fand keine Beachtung in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.
Diese Vorgehensweise der Stadt Magdeburg bei der Einstufung und Bewertung der Risiken für das ÖPP-Projekt entsprach nach Auffassung des Landesrechnungshofs nicht
den einschlägigen ÖPP-Leitfäden und führte letztendlich dazu, dass der Wirtschaftlichkeitsvergleich nicht alle Kosten umfasste, die von der öffentlichen Hand zu tragen sind.
23
Projektvolumen für Bau, Finanzierung, Betrieb einschließlich Instandhaltung.
- 41 7.3.5 Rechnungshof Hamburg
Der Rechnungshof Hamburg stellte fest, dass der Senat im Rahmen des Projekts „Neuorganisation im Hamburger Schulbau“ 0,5 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2007 und 1,5
Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2008 zur Abdeckung kalkulatorischer Risiken veranschlagt hatte, die nicht auf den Auftragnehmer übertragen wurden. Bis einschließlich
2012 sollten für diesen Zweck insgesamt weitere 7,0 Mio. Euro veranschlagt werden. Im
Wirtschaftlichkeitsvergleich wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Risiken mit 0 bis
maximal 50% angegeben. Der Rechnungshof hat die dem Haushaltsrecht widersprechende Veranschlagung von Risikokosten, deren Fälligkeit dem Grunde und der Höhe
nach ungewiss war, beanstandet. Mit dem Haushaltsplan 2011/2012 soll diese Praxis
aufgegeben werden.
7.4 Feststellungen und Empfehlungen
Der Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPP-Projekten“24 konzentriert sich in
seinen Ausführungen auf die Risiken, die in der Regel als kalkulatorische Kosten den
jeweiligen Beschaffungsvarianten zugeschlagen werden. Die Erfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass
•
beim Wirtschaftlichkeitsvergleich vorrangig die konventionelle Beschaffungsvariante
mit hohen Risikokosten belegt wird. Über diese Stellschraube der Risikoübernahme
lassen sich die geschätzten Kosten der konventionellen Beschaffungsvariante so
zielorientiert festlegen, dass der wirtschaftliche Vorteil augenscheinlich aufseiten des
ÖPP-Modells liegt und somit die ÖPP-Variante rechnerische Effizienzgewinne ausweist. Nach einer Studie in Großbritannien resultierten allein 60 % der Einsparungen
bei ÖPP-Projekten aus der Bewertung der auf den privaten Partner übertragenen Risiken25.
•
eine kritische Herangehensweise die Grundlage jeder Risikobewertung sein sollte.
Dem öffentlichen Auftraggeber muss bewusst sein, dass die Risikoaufschläge, die
bei der ÖPP-Variante vom Privaten getragen werden, von diesem im Bereich der Investitions-, Finanzierungs- und Betriebskosten zumindest kompensiert werden müssen, um den wirtschaftlichen Vorteil des ÖPP zunächst nachweisen und später realisieren zu können.
24
Leitfaden “Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten”, a.a.O.
25
Vgl.: Arthur Andersen/LSE Enterprise, Value for Money Drivers in the Private Finance Initiative.
- 42 -
•
Risiken als monetäre Größe ein wichtiges Kriterium der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sind. Eine Veranschlagung von Risikokosten, deren Fälligkeit dem Grunde
und der Höhe nach nicht feststeht, ist aber haushaltsrechtlich nicht zulässig.
•
für die Risikoanalyse bei ÖPP-Projekten bislang kaum praktisch anwendbare Vorgaben existieren. Sowohl der PSC-Ermittlung als auch der ÖPP-Variante liegen zum
Teil theoretische Annahmen zugrunde, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht sicher einzuschätzen sind (z. B. Risiko Bauzeitüberschreitung).
•
durch die Tatsache, dass Bauen und Finanzieren durch langfristige Wartungs- und
Dienstleistungsverträge ergänzt sind, auch alle Risikozuschläge während der Betriebsphase - in der Regel 25 Jahre - Eingang finden. Das heißt, die öffentliche Hand
zahlt über die gesamte Zeit der Vertragsbindung Risikozuschläge für alle bewerteten
Risiken, unabhängig von deren Eintrittswahrscheinlichkeit, während sie bei der konventionellen Beschaffungsvariante kalkulatorische Wagnisse berücksichtigt, die nur
bei tatsächlichem Auftreten zu einer monetären Belastung führen. Die Rechnungshöfe empfehlen deshalb, die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen grundsätzlich mit Sensitivitäts- und Szenarioanalysen zu überprüfen und eine gesonderte
Ausweisung der Risikokosten beim Wirtschaftlichkeitsvergleich. Neben den Investitions- und Finanzierungskosten sind auch die Risikoansätze kritische Eingangsgrößen
für die Analyse und die sich ergebenden Folgekosten.
•
neben den in den einschlägigen Leitfäden aufgeführten möglichen Risiken auf der
Grundlage des Lebenszyklusansatzes ÖPP-spezifische Risiken - wie z. B. das Vertragsrisiko - nicht außer Acht bleiben sollten.
Darüber hinaus empfehlen die Rechnungshöfe der öffentlichen Hand, bei Forfaitierung
mit Einredeverzicht eine Due-Diligence-Prüfung durchzuführen und ein begleitendes
Projektcontrolling sicherzustellen, vergleichbar mit dem Verfahren der Banken bei Projektfinanzierungen.
Unabhängig davon ist bei der Finanzierungsform der Forfaitierung mit Einredeverzicht
ein Sicherheitskonzept zu erstellen, das u. a. die Beibringung von Fertigstellungsgarantien sowie eine vom Projekt abhängige Ausstattung der Projektgesellschaft mit Eigenkapital fordert.
- 43 -
8 Zusammenfassung
[zu Kapitel 2 - Haushaltsrechtliche Behandlung von ÖPP-Projekten]
•
Projekte, die sich die öffentliche Hand aus eigenen Mitteln nicht leisten kann, darf sie
sich ebenso wenig alternativ finanziert in einer ÖPP leisten.
•
ÖPP-Projekte dürfen nicht zu einer Umgehung von Neuverschuldungsverboten führen; konsumtive Bestandteile des Leistungsentgelts müssen deutlich erkennbar und
nachvollziehbar ausgewiesen werden.
•
ÖPP-Projekte sind während ihrer gesamten Vertragslaufzeit im Haushalt vollständig
darzustellen. Die Belastung künftiger Haushalte muss klar erkennbar sein.
[zu Kapitel 3 - Finanzierung von ÖPP-Projekten]
•
Projektfinanzierung bietet neben einer angemessenen Risikoverteilung auch den
Vorteil einer zusätzlichen Kontrolle durch die Banken. Erfahrungsgemäß haben Projektfinanzierungen einen um 0,5 % bis 1,0 % höheren Finanzierungssatz im Vergleich zur konventionellen Haushaltsfinanzierung.
•
Forfaitierung mit Einredeverzicht führt zu einer Risikoverschiebung in Richtung der
öffentlichen Hand. Diese Risikoverschiebung muss im Wirtschaftlichkeitsvergleich
angemessen berücksichtigt werden. Die Finanzierungskonditionen sind vergleichbar
mit der konventionellen Haushaltsfinanzierung.
[zu Kapitel 4 - Vorbereitung und Vergabe von ÖPP-Projekten]
•
Die Bedarfsermittlung liegt immer in der Verantwortung der öffentlichen Hand. Mit
dieser Ermittlung ist die grundsätzliche Finanzierbarkeit des zu realisierenden Projekts festzustellen. Die Entscheidung, ob eine Realisierung als ÖPP-Projekt oder in
herkömmlicher Form erfolgen soll, muss solange wie möglich offenbleiben.
•
Die Pflicht des Bauherren, quantitative und qualitative Festlegungen zu treffen und
die grundsätzliche Finanzierbarkeit der Investitions- und Folgekosten (Nutzungskosten) im öffentlichen Haushalt nachzuweisen, verlangt ein Mindestmaß an Planungstiefe, damit Investitions- und Folgekosten mit einer hinreichenden Genauigkeit ermittelt werden können.
- 44 -
•
Die Auswahl der externen Berater ist dem Wettbewerb zu unterstellen. Nur dadurch
ist eine hohe Qualität und Wirtschaftlichkeit der eingekauften Leistungen zu sichern.
Offensichtlich unauskömmliche „Lockangebote“ für die ersten Stufen der Beratungsleistungen sollten von einer Vergabe ausgeschlossen werden. Die mit Hilfe von
nachvollziehbaren und eindeutigen Kriterien vorzunehmende Auswahl eines leistungsfähigen Büros ist eine unverzichtbare Voraussetzung für eine unabhängige Beratung. Zur Bewertung der Ergebnisse der Beratungsleistungen sollte der in den verschiedenen Bereichen der Verwaltung vorgehaltene Sachverstand eingebunden
werden (kein blindes Vertrauen in externe Berater).
•
In der Leistungsbeschreibung müssen zu große Interpretationsspielräume durch die
eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Anforderungen vermieden werden.
Rahmenbedingungen, die unveränderlich sind, und Bereiche, in welchen die Bieter
Dispositionsfreiheit haben, sollten eindeutig vorgegeben werden.
•
Die Bewertungskriterien sind mit der Aufstellung der Machbarkeitsstudie frühzeitig
festzulegen und bis zum abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleich für beide Beschaffungsvarianten (Gegenüberstellung von ÖPP und PSC) einheitlich anzuwenden.
[zu Kapitel 5 - Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von ÖPP-Projekten]
•
Die Vergleichbarkeit zwischen den Varianten muss in sämtlichen Phasen des Projekts gewährleistet sein (horizontal/vertikal). Dies setzt voraus, dass für beide Varianten einheitliche Rahmenbedingungen gelten, die ggf. anzupassen sind. Vergleichswerte für die konventionelle Beschaffungsvariante durch pauschale Zu- und Abschläge herzuleiten ist zu vermeiden.
•
Der Wirtschaftlichkeitsvergleich anhand von Kostenkennwerten für die konventionelle
Beschaffungsvariante kann mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein. Konkrete Ausschreibungsergebnisse für beide Varianten (ABC-Ausschreibung), wie sie mit
bei Investorenmodellen (ÖPP 1. Generation) angewandt wurden, führten zu einer
weitaus verlässlicheren Vergleichs- und Entscheidungsgrundlage.
•
Mithilfe von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen lassen sich die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf ihre Belastbarkeit hin untersuchen. Insbesondere
Risikokosten sind im Wirtschaftlichkeitsvergleich separat auszuweisen. Dadurch wird
- 45 deutlich, in welchem Umfang sie das Ergebnis bzw. die Effizienzrendite beeinflussen.
Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sollten grundsätzlich mit Sensitivitäts- und Szenarioanalysen überprüft werden. Neben den Investitions- und Finanzierungskosten sind auch die Risikoansätze kritische Eingangsgrößen für die
Analyse und die sich ergebenden Folgekosten.
•
Bewirtschaftung und Betrieb bis zu 30 Jahre an einen privaten Partner zu vergeben
hat zur Folge, dass diese Dienstleistungen dem Wettbewerb langfristig entzogen
werden. Die direkte Auftragsvergabe des öffentlichen Auftraggebers an meist mittelständische Firmen fällt damit weg. Dies halten die Rechnungshöfe für kritisch. Die öffentliche Hand profitiert schneller von aktuellen Marktpreisen und Innovationen rund
um die Bewirtschaftung und den Betrieb, wenn diese Leistungen periodisch dem
Wettbewerb unterstellt werden. Der Lebenszyklusansatz wird dadurch nicht behindert.
[zu Kapitel 6 - Ermittlung des PSC]
•
Die Fortschreibung der Investitions- und Folgekosten zur Ermittlung des PSC sollte
mit zunehmendem Projektfortschritt durch größere Planungstiefe und weitere Optimierung der Eigenrealisierung auch eine höhere Kostengenauigkeit in allen Kostenbestandteilen des PSC herstellen.
[zu Kapitel 7 – Risikobewertung und -verteilung]
•
Die Erfahrungen der Rechnungshöfe zeigen, dass beim Wirtschaftlichkeitsvergleich
vorrangig die Eigenbauvariante mit hohen Risikokosten belegt wird. Die monetäre
Bewertung der Risiken wird somit zur Stellschraube im Wirtschaftlichkeitsvergleich
von konventioneller Beschaffungs- und ÖPP-Variante.
•
Jedes ÖPP-Projekt weist spezielle, unterschiedlich ausgeprägte Risiken auf. Auch
wenn in der Fachliteratur versucht wird, bestimmte Risiken zu typisieren, stellt jedes
Projekt letztendlich einen Einzelfall dar.
•
Eine kritische Herangehensweise sollte die Grundlage jeder Risikobewertung sein.
Dem öffentlichen Auftraggeber sollte bewusst sein, dass die Risiken, die bei der
ÖPP-Variante vom Privaten getragen werden, von diesem im Bereich der Investiti-
- 46 ons-, Finanzierungs- und Betriebskosten zumindest kompensiert werden müssen,
um den wirtschaftlichen Vorteil des ÖPP nachweisen zu können.
•
Neben den in den einschlägigen Leitfäden aufgeführten möglichen Risiken auf der
Grundlage des Lebenszyklusansatzes sollten ÖPP-spezifische Risiken - wie z. B.
das Vertragsrisiko - nicht außer Acht bleiben.
- 47 -
9 Literaturverzeichnis und Quellenangaben
Arthur Andersen/LSE Enterprise: Value for Money Drivers in the Private Finance Initiative
Baurecht 1993: BGH, S. 595 f.
Baurecht 1994: BGH:, „Wasserhaltung III“, S. 223
Baurecht 2010: OLG Braunschweig, S. 87 f
Baurecht Sonderheft 2a Februar 2010: BGH, S. 293 ff
Beckers, Thorsten / Corneo, Giacomo / Klatt, Jan Peter / Mühlenkamp, Holger: Zeitliche Homogenisierung und Berücksichtigung von Risiken im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Bundesrechnungshofs zur Frage der Übertragbarkeit der klassischen betriebswirtschaftlichen Methoden zur Festlegung von Diskontierungssätzen bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf die öffentliche Verwaltung, Berlin/Speyer, November 2009.
Finanzministerkonferenz (Auftraggeber): Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten
Der Leitfaden wurde erstellt unter Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen durch die länderoffene
Arbeitsgruppe zum Thema „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ im Auftrag der Finanzministerkonferenz gemeinsam mit der Bundes-Arbeitsgruppe „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bei PPPProjekten“ und von der Finanzministerkonferenz beschlossen am 7.September 2006.
Mühlenkamp, Holger: Ökonomische Analyse von Public Private Partnerships (PPP) – PPP als Instrument zur Steigerung der Effizienz der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder als Weg zur Umgehung
von Budgetbeschränkungen?- , FÖV 55 Discussion Papers, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche
Verwaltung Speyer, 2010.
Pfnür, Andreas/Schetter, Christoph/Schöbener, Henning: Risikomanagement bei Public Private Partnerships, Heidelberg 2010.
Viethen, Alexander: Der Wirtschaftlichkeitsnachweis als entscheidungssteuernde Komponente bei PPPProjekten: Strukturelle und rechtliche Anforderungen und Konsequenzen, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Speyerer Arbeitsheft Nr. 197, 2008.
- 48 Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Rechnungshöfe: Beschluss zum Umgang mit
Öffentlich-Privaten Partnerschaften, München, 3./4. Mai 2006
Rechnungshof Baden-Württemberg: Wirtschaftlichkeitsanalyse von ÖPP-Projekten der ersten und
zweiten Generation bei Hochbaumaßnahmen des Landes, Beratende Äußerung nach § 88 Abs. 2 Landeshaushaltsordnung, März 2009.
Quelle: http://www.rh.baden-wuerttemberg.de/fm7/978/PAP0403B%C4BAU.pdf
Bayerischer Oberster Rechnungshof: Öffentlich Private Partnerschaften im Staatsstraßenbau, Jahresbericht 2006, S. 53ff (Tz. 18).
Quelle: http://www.orh.bayern.de/files/Jahresberichte/2006/JB-Zusammenfassung2006.pdf
Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg: Neubau der Katharinenschule in der HafenCity,
Jahresbericht 2008, S. 141ff (Tz. 326 ff).
Quelle: http://www.hamburg.de/contentblob/255884/data/jahresbericht-2008.pdf
Neuorganisation im Hamburger Schulbau (Modell Hamburg Süd), Jahresbericht 2009, S. 17ff (Tz. 25ff).
Öffentlich Private Partnerschaften, Jahresbericht 2009, S. 12ff (Tz. 18).
Quelle: http://www.hamburg.de/contentblob/1114158/data/jahresbericht-2009.pdf
Niedersächsischer Landesrechnungshof: Mit PPP in die Ratenfalle?, Jahresbericht 2006, S. 105ff
(Tz. 24). Quelle: http://www.lrh.niedersachsen.de/download/31697
Thüringer Rechnungshof: Bau- und Erhaltungsmodell für Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis, Jahresbericht 2010, S.163ff (Abschn. XII).
Quelle:
http://www.thueringen.de/imperia/md/content/rechnungshof/veroeffentlichungen/jahresberichte/jahresberic
ht-2010-trh.pdf
Weitere Publikationen der Rechnungshöfe zu Öffentlich Privaten Partnerschaften
Bundesrechnungshof: ÖPP-Projekt HERKULES: Ausschluss geeigneter Handlungsalternativen künftig
erst nach Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Bemerkungen 2007, S. 50 (Tz. 84).
Quelle:
http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/bemerkungen-2007.pdf
- 49 Empfehlungen für wirtschaftliche Öffentlich Private Partnerschaften im Bundesfernstraßenbau, Bemerkungen 2009, S. 64f (Tz. 64).
Quelle:
http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/brh-bemerkungen2009.pdf
Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung zu „Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP) im Bundesfernstraßenbau“ vom 5. Januar 2009.
Quelle:
http://bundesrechnungshof.de/bundesbeauftragter-bwv/ergebnisse-des-bwv-1/sonstige-gutachtenberichte-bwv/05-V3-2006-0201.pdf
Entscheidung für die erste Öffentlich Private Partnerschaft im Hochbau des Bundes nicht sachgerecht
vorbereitet, Bemerkungen 2010, S. 35f (Tz. 31).
Quelle:
http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/bemerkungen-jahresberichte/bemerkungen-2010.pdf
Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen: Anforderungen an Wirtschaftlichkeitsberechnungen bei
Baumaßnahmen, Jahresbericht 2007 (Land), S. 73 ff (Tz. 255 ff).
Quelle: http://www.rechnungshof.bremen.de/sixcms/media.php/13/JB-Land-2007.pdf
Umbau, Erweiterung und Sanierung des Schulzentrums Rockwinkel, Jahresbericht 2008 (Stadt), S. 88 ff
(Tz. 330 ff).
Quelle: http://www.rechnungshof.bremen.de/sixcms/media.php/13/JB-Stadt-2008.pdf
Landesrechnungshof Niedersachsen: ÖPP im Rahmen eines Energieliefercontractings, Jahresbericht 2009, S. 82 ff (Tz. 15 ff).
Quelle: http://www.lrh.niedersachsen.de/download/31733
- 50 -
Anhang - Ausgewählte ÖPP-Projekte
Brandenburg
Kurze Projektbeschreibung
Ministerium der Finanzen
Abbildung
Neubau eines Verwaltungsgebäudes für
das Ministerium der Finanzen mit 268 Bediensteten (einschließlich einer PKWStellplatzanlage) als ÖPP-Projekt der
zweiten Generation in Potsdam. Das Land
ist Grundstückseigentümer. Der ÖPPPartner übernimmt den Bau, die Planung,
die Vorfinanzierung sowie wesentliche Quelle: Landesrechnungshof Brandenburg
Leistungen des Gebäudemanagements
und den Bauunterhalt. Nach Ablauf der
30-jährigen Vertragslaufzeit ist das Gebäude in voll funktionsfähigem Zustand
dem Land zu übergeben.
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Gebäude in Betrieb (seit März 2010)
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Bauunterhalt
und ausgewählte Gebäudemanagementleistungen
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
30 Jahre
Projektvolumen
40,2 Mio. Euro, davon
15,8 Mio. Euro Investitionskosten
Gebäudeflächen
4.446 m² Nutzfläche
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: rund 500.000 Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 2 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
ÖPP: rund 1,4 Mio. Euro (Barwertnachteil)
Effizienzrendite ÖPP: -6,5 % (Barwert)
- 51 Prüfungsschwerpunkte
• Qualität der Ermittlung des PSC
•
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, insbesondere Bewertung der Grundlagen
•
Kosten des ÖPP-Projektes
•
Risikobewertung
•
Vertragsgestaltung
•
Veranschlagung des ÖPP-Projektes im Landeshaushalt
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Die Verwaltung erstellte den Wirtschaftlichkeitsvergleich erst nach Vorlage des (verhandelten) Angebots des später beauftragten Bieters. Die gebotene vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unterblieb.
Die Effizienzrendite von 2 % ist aus Sicht des Landesrechnungshofs zu gering, um eine
eindeutige und belastbare Aussage zugunsten einer ÖPP-Variante treffen zu können.
Dies hätte in Verbindung mit den gegenüber einer konventionellen Beschaffungsvariante weitaus höheren Kosten für das Gebäudemanagement Anlass für weiterführende
Untersuchungen geben müssen.
Infolge der fehlenden vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unterließ die Verwaltung auch die bei diesem Verfahrensschritt gebotenen Sensitivitätsanalysen. Eine
Überprüfung hinsichtlich der Ergebnis beeinflussenden Faktoren der Wirtschaftlichkeitsberechnung, wie z.B. der Risikokosten, fand damit nicht statt.
Gegenüber dem von der Verwaltung prognostizierten Barwertvorteil der ÖPP von 2 %
ermittelte der Landesrechnungshof bei seiner Berechnung einen Barwertnachteil von
6,5 % gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante.
Eine vollständige Veranschlagung der Ausgaben für das ÖPP-Projekt einschließlich der
notwendigen Verpflichtungsermächtigungen im Landeshaushalt fehlt. Weder bei den im
Haushaltsplan ausgewiesenen Investitionsausgaben noch bei den konsumtiven Ausgaben kann auf die bestehenden Gesamtzahlungsverpflichtungen des Landes von
40,2 Mio. Euro während der 30-jährigen Projektlaufzeit geschlossen werden.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Noch ausstehend
- 52 Baden-Württemberg
Justizzentrum
Kurfürstenanlage Heidelberg
Kurze Projektbeschreibung
Das Land Baden-Württemberg hat sein
sanierungsbedürftiges Behördenzentrum
an einen Investor veräußert, der den alten
Gebäudebestand abgebrochen und auf
einer Teilfläche einen Neubau für Staatsanwaltschaft, Amts- und Landgericht errichtet hat. Es handelt sich um ein ÖPPMietmodell einschließlich Betrieb (ohne
Erwerbsoption).
Quelle: Thomas Ott, Mühltal (Fotograf)
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
während des Vergabeverfahrens
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb einschl. Instandhaltung
ÖPP-Vertragsmodell
Mietmodell
Laufzeit
15 Jahre (Verlängerungsoption 5 Jahre)
Projektvolumen
60,4 Mio. Euro
Gebäudeflächen
17.300 m² NGF
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: 3,2 Mio. Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 9,95 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
ÖPP: 3,1 Mio. Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 9,66 % (Barwert)
Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
- 53 Wesentliche Prüfungsergebnisse
Das Neubauvorhaben Justizzentrum Heidelberg wurde ausschließlich als ÖPP-Variante
im Haushalt veranschlagt; die Finanzierung der Maßnahme als konventionelle Beschaffungsvariante war nicht gesichert. Die ÖPP-Ausschreibung erfolgte ohne vorläufige
Wirtschaftlichkeitsanalyse. Nach Auffassung des Rechnungshofs ergab sich die Effizienzrendite zugunsten der ÖPP-Lösung vor allem daraus, dass der Investor auf dem
ehemals landeseigenen Behördenareal infolge geänderten Planungsrechts eine höhere
Baumasse durch Abriss des Gebäudebestandes und Neubebauung realisieren und
dadurch Effizienzgewinne in sein Angebot einkalkulieren konnte. Die Belastbarkeit des
Vergleichswerts für die konventionelle Beschaffungsvariante war erheblich eingeschränkt, da wesentliche Parameter aus dem ÖPP-Angebot unverändert übernommen
wurden und ursprünglich von einer Sanierungslösung der Bestandsgebäude in Eigenregie ausgegangen wurde.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Das Parlament hat die Empfehlungen des Rechnungshofs aufgegriffen,
1. Geeignete Bauvorhaben auch weiterhin als ÖPP-Projekte sowohl in Form der einfacheren Modelle der ersten Generation (ohne Betrieb) wie auch als Maßnahmen der
zweiten Generation zu realisieren.
2. ÖPP-Projekte in einer gesonderten Übersicht im Haushaltsplan aufzuführen, um die
Vorbelastung künftiger Haushalte transparent darzustellen.
3. In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen Bar- und Zeitwert-Summen (der einzelnen
Varianten) mit und ohne Risikokosten darzustellen.
- 54 Baden-Württemberg
Justizvollzugsanstalt Offenburg
Kurze Projektbeschreibung
Neubau einer Justizvollzugsanstalt mit 440
Haftplätzen und 60 sozialtherapeutischen
Plätzen als ÖPP-Projekt der ersten Generation mit teilweisem Betrieb. Das Land ist
Grundstückseigentümer und hat vom
ÖPP-Partner das Gebäude errichten und
vorfinanzieren lassen. Der Bauunterhalt
wurde optional ausgeschrieben. Der nichthoheitliche Gefängnisbetrieb wurde für die
Dauer von zunächst fünf Jahren an einen
privaten Dienstleister übertragen.
Quelle: Vermögen und Bau Baden-Württemberg,
Amt Freiburg
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
vor Abschluss des Vergabeverfahrens
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, teilw. Betrieb
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
20 Jahre (Finanzierung)
Projektvolumen
108 Mio. Euro
Gebäudeflächen
25.500 m² NF
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ohne externe Gutachter
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
ÖPP: 1,27 Mio. Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 1,67 % (Barwert)
Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Bei der JVA Offenburg wurde neben der reinen Bauleistung erstmals 40 % des gesamten Justizbetriebs (nicht hoheitlicher Aufgabenbereich) an einen privaten Partner vergeben. Die Dienstleistungen für die Versorgung und Betreuung der Gefangenen und
- 55 die eigentliche Bauleistung wurden in zwei gesonderten Vergabeverfahren ausgeschrieben.
Die Ausschreibung der Hochbauleistung erfolgte europaweit im nicht offenen Verfahren
in Form einer ABC-Ausschreibung nach dem sogenannten Thüringer Modell in den Varianten A (schlüsselfertiges Bauen einschl. Bauunterhalt, Wartung und Schönheitsreparaturen) und C (Investorenangebot wie A, jedoch inklusive Bauzwischen- und Endfinanzierung). Für beide Varianten gingen zahlreiche Angebote ein.
Der abschließende Wirtschaftlichkeitsvergleich konnte für beide Varianten anhand konkreter Ausschreibungsergebnisse durchgeführt werden. Dies erklärt die geringe Differenz zwischen dem PSC (konventionelle Beschaffungsvariante als Generalunternehmer-Leistung) und dem ÖPP-Angebot (Investorenleistung).
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
siehe Justizzentrum Heidelberg
- 56 Baden-Württemberg
Duale Hochschule Heidenheim
Kurze Projektbeschreibung
Neubau einer Dualen Hochschule (ehem.
Berufsakademie) als ÖPP-Pilotprojekt der
zweiten Generation (einschl. Betrieb) mit
vorangestelltem
Architektenwettbewerb.
Das Land BW ist Grundstückseigentümer
und hat einen Investor beauftragt, das
Gebäude zu errichten, zu betreiben und
vorzufinanzieren.
Quelle: Christian Richters, Münster (Fotograf)
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Vergabeverfahren abgeschlossen
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
20 Jahre
Projektvolumen
67 Mio. Euro
Gebäudeflächen
8.300 m² NF
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: -230.000 Euro (Barwertnachteil)
Effizienzrendite ÖPP: -0,54 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
Ergebnis der Verwaltung auf Plausibilität
geprüft und bestätigt.
Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Im Vorfeld der Ausschreibung wurde weder eine Machbarkeitsstudie noch eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsprognose erstellt. Insofern war nicht abschätzbar, ob sich die
Maßnahme als ÖPP-Projekt der zweiten Generation überhaupt wirtschaftlich rechnen
würde. Der vorangestellte Architektenwettbewerb war Bestandteil der Ausschreibung.
- 57 Die Bieter waren an den Entwurf weitgehend gebunden und konnten diesen nur noch
eingeschränkt optimieren. Eigene Planungen waren nicht mehr möglich.
Die abschließenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen kamen zu dem Ergebnis, dass die
konventionelle Beschaffungsvariante im Barwert innerhalb von 20 Jahren gegenüber
der ÖPP-Variante um 230.000 Euro bzw. 0,54 % wirtschaftlicher gewesen wäre. Dabei
hätte der Betrieb in Eigenregie im Vergleich zum Angebot des ÖPP-Partners nach Berechnungen der Verwaltung anfänglich 10 % geringere Kosten verursacht. Die unwirtschaftlichere ÖPP-Variante wurde dennoch beauftragt, da für die konventionelle Beschaffungsvariante die erforderlichen Haushaltmittel nicht veranschlagt waren.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
siehe Justizzentrum Heidelberg
- 58 Baden-Württemberg
Fachhochschule Aalen
Kurze Projektbeschreibung
Erweiterungsbauten für die Fachhochschule Aalen als ÖPP-Projekt der ersten
Generation mit vorangestelltem Architektenwettbewerb. Das Land BW ist Grundstückseigentümer und hat einen Investor
auf Basis einer funktionalen Ausschreibung beauftragt, die drei Erweiterungsbauten zu errichten und teilweise vorzufinanzieren. Der Bauunterhalt wurde optional
ausgeschrieben.
Quelle: Christian Richters, Münster (Fotograf)
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
nach Fertigstellung
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb (opt.)
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
20 Jahre
Projektvolumen
38,56 Mio. Euro
Gebäudeflächen
7.748 m² HNF
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung k. a.
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
ÖPP: 850.000 Euro (Barwertvorteil)
Effizienzvorteil ÖPP: 3,4 % (Barwert)
Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren Ausschreibung, Vergabe und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Zur Ermittlung der wirtschaftlichsten Beschaffungsvariante wurde das Bauvorhaben in
Form einer ABC-Ausschreibung nach dem sogenannten Thüringer Modell in den Varianten A (schlüsselfertiges Bauen durch einen GU), B (Baumanagement und Finanzierung eines Angebotes der Variante A) und C (Investorenangebot inklusive Bauzwi-
- 59 schen- und Endfinanzierung) europaweit ausgeschrieben. Die Differenz zwischen den
Angebotssummen für die Bauleistung betrug lediglich 0,1 %; der Wirtschaftlichkeitsvorteil zugunsten der Investoren (ÖPP)-Variante lag bei 3,4 %.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
siehe Justizzentrum Heidelberg
- 60 Freie und Hansestadt Hamburg
Kurze Projektbeschreibung
Katharinenschule in der HafenCity
Abbildung
Neubau einer dreizügigen Grundschule in
Kombination mit einer Kindertagesstätte
und 30 Wohnungen in dem neuen Stadtteil
HafenCity. Der 17,4 Mio. Euro teure Bau
entstand als erste Schule Hamburgs in
einer Öffentlich Privaten Partnerschaft.
Das Grundstück verbleibt im Eigentum der
Stadt. Der Investor nutzt den nichtschulischen Teil und zahlt der Stadt aus seinen
Einnahmen einen jährlichen Deckungsbei- Quelle: HafenCity GmbH 2011
trag.
Fotograf: Thomas Hampel ELBE&FLUT
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Vorentscheidung für ÖPP war gefallen,
das Investorenauswahlverfahren abgeschlossen.
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
25 Jahre
Projektvolumen
25,1 Mio. Euro
Gebäudeflächen
Schule 5.500 m2 /Zweitnutzung 3.500 m2
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 25,7 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
siehe unten
Prüfungsschwerpunkte
•
Beteiligung des Parlaments
•
Hinweise zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen
- 61 Wesentliche Prüfungsergebnisse
•
Die zuständige Behörde
- beabsichtigte, den Vertrag mit dem Investor ohne die erforderliche budgetrechtliche Ermächtigung durch die Bürgerschaft zu schließen (Artikel 66, 68 HV,
§ 38 Abs. 1 LHO),
- hatte versäumt, einen Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen einer Realisierung in
konventioneller Eigenregie und der ausgewählten ÖPP-Lösung anzustellen
(§ 7 Abs.1 und 2 LHO).
•
Zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsvergleichen hat der Rechnungshof gefordert,
- künftige Erlöse zu berücksichtigen,
- Art und Ausmaß der Risikokosten zu verdeutlichen,
- Kosten für den Eigenbau stringent an der aktuellen Bewirtschaftungswirklichkeit
zu orientieren,
- gravierende Kostendifferenzen auf Plausibilität zu prüfen und
- in der Entscheidungsgrundlage die maßgeblichen Faktoren im Rahmen von
Sensitivitätsbetrachtungen zu nennen.
•
Die Wirtschaftlichkeit der Realisierung der Schule in Kombination mit privatwirtschaftlich genutzten Gebäudeteilen ist nicht belegt. Vielmehr ist davon auszugehen,
dass die Investitionsausgaben ohne Zweitnutzung geringer gewesen wären als mit
Zweitnutzung. Die Behörde hat nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um sich von
den Kosten des privatwirtschaftlich genutzten Projektteils freizuhalten.
•
Um eine nicht sachgerechte Ausweitung der für den Haushalt geltenden Kreditobergrenze zu vermeiden, müssen ÖPP mindernd angerechnet werden.
•
Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bedarf es verbindlicher Vorgaben; der von
der Finanzministerkonferenz zustimmend zur Kenntnis genommene Leitfaden
„Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ sollte deshalb in die VV zu
§ 7 LHO aufgenommen werden.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
•
Die Behörde hat
-
den aufgezeigten Handlungsbedarf anerkannt und noch vor Vertragsabschluss
mit dem Investor die Bürgerschaft beteiligt und
-
gleichzeitig einen nachträglich durchgeführten Wirtschaftlichkeitsvergleich vorgelegt,
- 62 •
zugesagt, die Hinweise des Rechnungshofs zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei der Unterrichtung der Bürgerschaft künftig zu beachten.
Die Finanzierungskosten von Privaten vorfinanzierter Investitionen sollen künftig
auf die Kreditobergrenze mindernd angerechnet werden.
Aufgrund der erfolgten Aufnahme des Leitfadens der FMK in die VV zu § 7 LHO sind
die Behörden nunmehr verpflichtet, ihn grundsätzlich als verbindliche Vorgabe anzuwenden.
- 63 Freie und Hansestadt Hamburg
Kurze Projektbeschreibung
Neuorganisation im Hamburger
Schulbau (Modell Hamburg Süd)
Abbildung
Im Jahr 2007 haben die Behörde für Schule und Berufsbildung und das stadteigene
Unternehmen GWG Gewerbe (GWGG)
eine teilweise Neuorganisation des Hamburger Schulbaus vereinbart. Die GWGG
wird 32 Schulstandorte südlich der Elbe
innerhalb der ersten fünf Jahre nach Vertragsbeginn am 01.Juli 2007 sanieren oder
durch Neu- und Zubauten ersetzen bzw.
ergänzen. Außerdem wird sie das Facility
Management einschließlich der Durchführung werterhaltender Baumaßnahmen
über einen Zeitraum von 25 Jahren durchführen. Diese als „Öffentlich Öffentliche
Partnerschaft“ bezeichnete Kooperation
orientiert sich weitgehend an „Öffentlich
Privaten Partnerschaften“.
Neuorganisation
im Hamburger Schulbau
(Modell Hamburg Süd)
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Vorläufiger Wirtschaftlichkeitsvergleich
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
25 Jahre
Projektvolumen
797,5 Mio. Euro1
Gebäudeflächen
288.314 m2 nach Abriss und Zubau1
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖÖP: 12,2 %/11,02 %
(nominal)1
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
1
Stand zum Prüfungszeitpunkt.
Effizienzrendite ÖÖP: 4,83 % (nominal)
- 64 Prüfungsschwerpunkte
•
•
Haushaltsrechtliche Behandlung des Projekts
Durchführung des Wirtschaftlichkeitsvergleichs
Wesentliche Prüfungsergebnisse
•
Die Gesamtkosten des Projekts liegen um 41,3 Mio. Euro höher als sie der Bürgerschaft mitgeteilt wurden.
•
Die Etatreife des Modells war nur eingeschränkt gegeben, weil u. a. die Finanzierungsstruktur noch völlig ungewiss war.
•
Für das Eingehen von Verpflichtungen in Höhe von 16,6 Mio. Euro fehlte die notwendige Ermächtigung der Bürgerschaft (Art. 66, 68 HV, §§ 1 bis 3 LHO).
•
Finanzierungskosten in Höhe von 88,0 Mio. Euro sollen entgegen Haushaltsrecht
im Investitionshaushalt veranschlagt werden.
•
Die Veranschlagung von 9,0 Mio. Euro kalkulatorischer Risikokosten ist haushaltsrechtlich nicht zulässig.
•
Mit der Festlegung auf die GWGG als Kooperationspartner wurde auf die realistische Chance verzichtet, im Wettbewerb mehrerer Anbieter eine wirtschaftlichere
Lösung zu erreichen.
•
Der errechnete Effizienzvorteil ist deutlich zu hoch. Um methodische Unsicherheiten zu vermeiden und Validität und Aussagekraft künftiger Wirtschaftlichkeitsvergleiche zu vermeiden hat der Rechnungshof auf der Grundlage seiner Feststellungen Hinweise gegeben:
1. Wirtschaftlichkeitsvergleiche müssen abschließend sein und bis zur vertraglichen
Fixierung der Leistungen und Kosten dem jeweiligen Entwicklungsstand angepasst werden.
2. Sämtliche Annahmen, Daten und Berechnungsschritte, auf denen der Vergleich
beruht sind, detailliert und vollständig zu dokumentieren.
3. Zur Ermittlung des Effizienzvorteils müssen einheitlich und methodisch schlüssig
die Eigenkosten und nicht die ÖÖP/ÖPP-Kosten als Basis zugrunde gelegt werden.
4. Die Plausibilität gravierender Kostenunterschiede bei einzelnen Kosten / Kostenblöcken ist zu überprüfen.
5. Bevor die Baukosten im PSC zur Ermittlung der Risiko-, Finanzierungs- und Un-
- 65 terhaltungskosten herangezogen werden, sind sie um Risikoanteile zu bereinigen.
6. Bis zum Abschluss der Baumaßnahmen dürfen im PSC keine vollen Unterhaltungskosten angesetzt werden.
7. Soweit der Effizienzvorteil zu einem wesentlichen Teil auf Risikokosten beruht,
ist vor der Entscheidung eine Sensitivitätsanalyse durchzuführen, aus der die
Auswirkungen veränderter Risikoeinschätzungen auf das Ergebnis erkennbar
sind.
8. Bei Öffentlich Öffentlichen Partnerschaften findet letztlich keine Risikoverteilung
zwischen Hamburg und einem privaten Partner statt. Die Risikokosten sind deshalb auch aus der Konzernsicht Hamburgs zu betrachten.
9. Werden neben den monatlich an den Kooperationspartner zu zahlenden Leistungsvergütungen zur Verringerung von Finanzierungskosten einmalige Zahlungen vereinbart, verringern sich die ÖPP-Kosten in einem größeren Umfang als
bei der konventionellen Lösung. Insoweit besteht die Möglichkeit, auf das Ergebnis von Wirtschaftlichkeitsvergleichen Einfluss zu nehmen. Zur Verbessrung der
Transparenz muss deshalb der wirtschaftliche Vorteil jeweils mit und ohne Einmalzahlungen ermittelt werden.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Der Senat hat die Bürgerschaft über die Gesamtkosten des Modells Hamburg Süd im
September 2009 unterrichtet. Gleichzeitig hat er der Bürgerschaft das Ergebnis eines
abschließenden Wirtschaftlichkeitsvergleichs vorgelegt und erläutert. Die Hinweise des
Rechnungshofs hat er dabei weitgehend aufgenommen. Die beanstandete Veranschlagung von Sachausgaben im Investitionshaushalt hat er aufgegeben; die Veranschlagung der Risikokosten soll mit dem Haushaltsplan 2011/2012 aufgegeben werden.
Die Finanzbehörde ist dem Hinweis zu Einmalzahlungen gefolgt und hat die VV zu
§ 7 LHO entsprechend ergänzt.
- 66 Niedersachsen
Kurze Projektbeschreibung
Justizvollzugsanstalt Bremervörde
Abbildung
Das Niedersächsische Justizministerium
(MJ) beabsichtigt, bis 2012 eine neue Justizvollzugsanstalt mit rund 300 Haftplätzen
in Bremervörde als ÖPP-Projekt zu errichten. Neben Planungs-, Bau und Finanzierungsleistungen sollen Dienstleistungsbereiche, die nicht zu den hoheitlichen Auf- Animation: Plan2, München
gaben gehören, privat vergeben werden.
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Phase II nach Leitfaden
Leistungsumfang
Planen, Bauen, Betreiben, Finanzieren
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
25 Jahre (Betrieb)
Projektvolumen
ÖPP: 212,6 Mio. Euro (Barwert)
ÖPP: 461,7 Mio. Euro (Zeitwert)
PSC: 438,4 Mio. Euro (Zeitwert)
Gebäudeflächen
rund 15.000 m² NF (konventionelle Beschaffungsvariante)
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: 13,0 Mio. Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 5,68 % (Barwert).
Stand: Februar 2009
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
Von den Beratern angegebene Effizienzrendite vom Landesrechnungshof nicht
abschließend geprüft.
Prüfungsschwerpunkte
Planungsbegleitende Prüfung (Phase II nach Leitfaden) im Rahmen einer Haushaltberatung. Der Landesrechnungshof war vorab beratend tätig.
- 67 Wesentliche Prüfungsergebnisse
Eine vorläufig funktionale Leistungsbeschreibung wurde der Haushaltsunterlage nicht
beigelegt. Der PSC wurde im Planungsverlauf nicht detailliert und optimiert. Diverse
Risikoaufschläge waren nicht plausibel. ÖPP-spezifische Risiken wurden nicht berücksichtigt. Der Ansatz für den Personaleinsatz war bei der konventionellen Beschaffungsvariante zu hoch. Fehlerhafte Indizierung von Ausgaben. Rechenfehler bei der Anpassung der Umsatzsteuer von 16 % auf 19 %. Zu geringer Ansatz für Transaktionskosten
bei der ÖPP-Variante. Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages für das Grundstück
waren unbekannt. Fehlende Aussagen zur Berücksichtigung nicht-monetärer Aspekte
in der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Pauschale Annahmen von
Wirtschaftlichkeitsvorteilen privater Anbieter sind kritisch.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Die Korrekturvorschläge und Empfehlungen des Landesrechnungshofs wurden von der
Verwaltung nur zum Teil berücksichtigt. Die über eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ermittelte Effizienzrendite von anfänglich 6,91 % für ÖPP wurde aufgrund
der Beratungen durch den Landesrechnungshof auf 5,68 % korrigiert.
- 68 Rheinland-Pfalz
Berufsbildende Schule II Kaiserslautern
Kurze Projektbeschreibung
Abbildung
Die aus vier verbundenen Gebäudeteilen
bestehende Berufsbildende Schule II Wirtschaft und Verwaltung - in Kaiserslautern wurde zwischen 1953 und 1972 errichtet und soll in Bauabschnitten umfassend saniert und baulich erweitert werden.
Hierzu hat der Stadtrat im April 2008 im
Grundsatz die Weiterbearbeitung als ÖPPPilotprojekt beschlossen. Grundlage der
Entscheidung des Stadtrats war die vorläufige
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Quelle: Rechungshof Rheinland-Pfalz
eines von der Stadt beauftragten Beratungsunternehmens, das der Stadt die
Realisierung des Vorhabens als ÖPPlnhabermodeIl mit Forfaitierung bei gleichzeitigem Einredeverzicht empfahl.
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Leistungsstufe I nach Leitfaden
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb einschl. Instandhaltung
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
6 Jahre Bauzeit, 19 Jahre Betrieb
Projektvolumen
ÖPP: 50,95 Mio. Euro (Zeitwert)
ÖPP: 27,80 Mio. Euro (Barwert)
PSC: 47,60 Mio. Euro (Zeitwert)
PSC: 26,22 Mio. Euro (Barwert)
Gebäudeflächen
rund 8.835 m2 Hauptnutzfläche,
rund 2.800 Schülerinnen und Schüler
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: rund 1,3 Mio. Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 4,44 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
ÖPP: rund -1,6 Mio. Euro (Barwertnachteil)
Effizienzrendite ÖPP: -6,0 % (Barwert)
- 69 Prüfungsschwerpunkte
Schwerpunkt der Prüfung waren die Annahmen und Schätzungen, die der Wirtschaftlichkeitsprognose zugrunde lagen. Insbesondere die Baukosten, die Kosten der Bauherrenleistungen, die den Finanzierungen zugrunde liegenden Annahmen, die Transaktionskosten sowie die Kosten der Bauunterhaltung und des Betriebs. Auch geprüft wurde, ob die Kosten und Erlöse entsprechend dem zeitlichen Anfall von Ausgaben und
Einnahmen zutreffend berücksichtigt sowie die Effizienzen und Risiken nachvollziehbar
bewertet wurden.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ohne ergänzende Unterlagen nicht prüfbar, Kostenermittlung und Planungskonzept auf der Grundlage nicht genehmigter Raumbedarfsunterlagen, unvollständige Kostenermittlung, fehlende bautechnische Voruntersuchungen,
Annahme ungleicher Bauzeiten, ungleiche Ausgabenschwerpunkte während der Bauzeit, übersetzte Annahmen für Bauunterhaltung, realitätsferner Zahlungsverlauf für
Bauunterhaltungsmittel, übersetzte und nicht der Beschaffungspraxis der Kommune
entsprechende Energie- und Reinigungskosten, zu niedrig angesetzte Transaktionskosten, nicht nachvollziehbar belegte Effizienz- und Risikoannahmen.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Die Stadt ist der Empfehlung des Rechnungshofs vollumfänglich gefolgt, von der Weiterverfolgung der ÖPP-Beschaffungsvariante abzusehen. Die Baumaßnahme für die
BBS II wird in konventioneller Beschaffungsvariante durchgeführt.
- 70 Rheinland-Pfalz
Kurze Projektbeschreibung
Generalsanierung Südbad Trier
Abbildung
Das Freibad Trier-Süd wurde 1958 fertiggestellt und bietet auf einer Grundstücksfläche von rund 30.000 m² insgesamt rund
3.500 m² Wasserflächen in Schwimmer-,
Kombi- und Kleinkinderbecken sowie einem
Springerbecken
mit
10-mSprungturm. Bad und Eingangsgebäude
waren stark sanierungsbedürftig. Der
Stadtrat beschloss daher am 29. September 2005, das Südbad zu sanieren.
Quelle: Rechnungshof Rheinland-Pfalz
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Leistungsstufe II nach Leitfaden
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, technischer
Betrieb einschl. Instandhaltung
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
25 Jahre Betrieb, Bauzeit laut Vertrag
16 Monate, tatsächlich 19 Monate
Projektvolumen
ÖPP: 29,60 Mio. Euro (Zeitwert)
ÖPP: 18,12 Mio. Euro (Barwert)
PSC: 24,81 Mio. Euro (Zeitwert)
PSC: 14,92 Mio. Euro (Barwert)
Gebäudeflächen
rund 30.000 m2 Grundstücksfläche,
rund 2.370 m2 Wasserfläche
rund 1.180 m² NF Eingangsgebäude, davon
rund 510 m² NF Gastronomie
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung ÖPP: rund 750.000 Euro (Barwertvorteil)
Effizienzrendite ÖPP: 4,0 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
ÖPP: -3,2 Mio. Euro (Barwertnachteil)
Effizienzrendite ÖPP: -21,5 % (Barwert)
- 71 Prüfungsschwerpunkte
Ziel der Prüfung war, Erkenntnisse über die Durchführung von ÖPP-Projekten zu gewinnen und deren Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu der konventionellen Beschaffungsvariante nach objektiven Maßstäben zu bewerten. Die Prüfung erfolgte begleitend.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Die Eignung der Maßnahme als ÖPP-Projekt ist fraglich, da aufgrund bestehender
Rahmenbedingungen die Gestaltungsspielräume für eine ÖPP-Realisierung eingeschränkt waren. Die Leistungsbeschreibung für die Bau- und Betriebsleistungen beschränkte sich überwiegend auf allgemeine Vorgaben; eindeutige und messbare Qualitätskriterien fehlten.
Ein Wettbewerb kam nicht zustande. Lediglich ein ÖPP-Angebot ging ein, dessen Barwert mit 34,1 Mio. Euro erheblich über dem vor Submission ermittelten PSC von
16,9 Mio. Euro lag. Entgegen der Empfehlung des Rechnungshofs, hob die Stadt die
Ausschreibung nicht auf. Ziel der folgenden Verhandlungen war, den PSC zu unterschreiten. Durch Preisverhandlungen und nach Berichtigung von Fehlern verringerte
sich der Angebotsbarwert auf 18,0 Mio. Euro. Als das Verhandlungsziel nicht erreicht
wurde, hob die Stadt die Ansätze für die Baukosten, Bauherrenleistungen und Projektsteuerung bei der konventionellen Beschaffungsvariante an. Der PSC stieg dadurch um
1,9 Mio. Euro auf 18,8 Mio. Euro.
Die Prüfung ergab, dass fehlerhafte und nicht zutreffende Berechnungsannahmen korrigiert werden mussten, weil die Stadt in ihrer Berechnung eine unwirtschaftliche konventionelle Beschaffungsvariante als Vergleichsmaßstab zugrunde gelegt hatte.
Bei den Baukosten der konventionellen Beschaffungsvariante waren Preissteigerungen
zu hoch und teilweise doppelt berücksichtigt. Fördermittel des Landes wurden bei der
ÖPP-Maßnahme mit 2,9 Mio. Euro, bei der konventionellen Beschaffungsvariante lediglich mit 2,5 Mio. Euro in Abzug gebracht. Bei der ÖPP-Maßnahme wurde von bis zu
fünf Monaten früheren Zahlungsterminen ausgegangen. Die nachträgliche Erhöhung
der Baukosten der konventionellen Beschaffungsvariante um 500.000 Euro für Abbrucharbeiten und um mehr als 300.000 Euro für Bauherrenleistungen war nicht gerechtfertigt, da die angesetzten Kennwerte bereits Abbruchkosten enthielten und Bauherrenleistungen von über 600.000 Euro bei der konventionellen Beschaffungsvariante
bereits enthalten waren. Durch die Korrekturen sanken die Investitionskosten um
1,8 Mio. Euro (Zeitwert). Die über 25 Jahre voraussichtlich anfallenden Instandhaltungskosten waren aufgrund des angewandten Schätzverfahrens und unzutreffender
- 72 Ansätze um mindestens 2,1 Mio. Euro (Zeitwert) überzogen. Bei dem Schätzverfahren
auf der Grundlage bestimmter Prozentsätze der Investitionskosten wurden Vorteile qualitativ hochwertiger Bauteile und technischer Systeme nicht berücksichtigt.
Änderungen wesentlicher Planungsparameter (Größe der Wasserfläche, Anzahl der
Öffnungstage, Art der Wassererwärmung) blieben bei der Fortschreibung der Betriebskosten unberücksichtigt. Eine Neuberechnung der konventionellen Beschaffungsvariante ergab für Energie- und Wasserverbrauch über 25 Jahre einen um 800.000 Euro
(Zeitwert) niedrigeren Kostenansatz. Die im ÖPP-Verfahren eingesetzte Badewassertechnik entsprach dem Stand der Technik, wurde jedoch nicht optimal ausgelegt. Ein
energieeffizienter Betrieb ist nicht möglich. Zudem lässt der Volllastbetrieb der Pumpen
einen stärkeren Verschleiß und erhöhte Wartungs- und Instandhaltungskosten erwarten. Eine wesentliche Zielsetzung des ÖPP-Verfahrens, über den Lebenszyklus Wirtschaftlichkeitsvorteile durch die Minimierung der Betriebskosten zu erzielen, wird damit
nicht erreicht.
Die Ermittlung der Risikokosten war nicht belegt und beruhte auf subjektiven Einschätzungen. Die Risikokosten der konventionellen Beschaffungsvariante von 2,0 Mio. Euro
waren überbewertet, die der ÖPP-Maßnahme mit 700.000 Euro dagegen zu gering angesetzt (Zeitwerte). Die Analyse der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Stadt zeigt, dass
der dort ausgewiesene Wirtschaftlichkeitsvorteil der ÖPP-Maßnahme nicht auf die Optimierung der Lebenszykluskosten, sondern ausschließlich auf die Annahme hoher Risikokosten bei der konventionellen Beschaffungsvariante zurückzuführen ist.
In dem ÖPP-Verfahren wurde die vertraglich vereinbarte Bauzeit von 16 Monaten um
drei Monate überschritten. Mehrkosten von 345.000 Euro für zusätzliche Bauleistungen
wurden außerhalb des ÖPP-Vertrags aus dem kommunalen Haushalt finanziert.
Der ÖPP-Vertrag sieht für die Instandhaltungsleistungen und die Strom-, Gas- und
Wasserversorgung unwirtschaftliche Vergütungsregelungen vor.
Der Auftrag des Beraters wurde ohne Vergleichsangebote von 7.500 Euro auf
298.000 Euro erhöht. Die Beratungsleistungen wurden im Wirtschaftlichkeitsvergleich
der Stadt nicht in voller Höhe berücksichtigt.
- 73 Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Der Rechnungshof erörtert mit dem Ministerium der Finanzen die Prüfungsfeststellungen von grundsätzlicher Bedeutung, um Anforderungen an künftige PPP-Verfahren
festzulegen. Auf diese Weise sollen das Verfahren und die wesentlichen Parameter von
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen objektiviert und der Gefahr geschönter oder interessengeleiteter Berechnungen vorgebeugt werden.
Mit der Stadt Trier konnte über wesentliche Feststellungen kein Konsens erzielt werden. Nach ihrer Auffassung beruhen die maßgeblichen Differenzen in den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Stadt und des Rechungshofs auf einer unterschiedlichen
methodischen Herangehensweise bei der Ermittlung des PSC.
Die konträre Bewertung der Wirtschaftlichkeit des PPP-Pilotprojekts Südbad Trier darf
nach Auffassung des Rechnungshofs nicht auf einen Methodenstreit reduziert werden.
Die Stadt hat in ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnung eine unwirtschaftliche Eigenrealisierung als Maßstab für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit des PPP-Projekts zugrunde
gelegt. Diese Verfahrensweise steht nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Sie birgt überdies die Gefahren, dass ein suboptimaler Benchmark zur
Norm erhoben wird und langfristige Verträge auf einem überhöhten Niveau geschlossen werden. Nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen kann nur eine wirtschaftliche Eigenrealisierung oder eine nach wirtschaftlichen Kriterien festgelegte Kostenobergrenze den Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von PPPProjekten bilden.
- 74 Sachsen-Anhalt
Kurze Projektbeschreibung
4 Kindertageseinrichtungen
und 9 Schulobjekte
in der Stadt Halle / Saale
Abbildung
In der Stadt Halle werden als Pilotprojekt
des Bundes insgesamt vier Kindertageseinrichtungen und neun Schulobjekte saniert. Die Stadt Halle als Träger der Einrichtungen und Grundstückseigentümer
lässt vom ÖPP-Partner die Gebäude instand setzen und bewirtschaften. Die Projekte sind in der Realisierungsphase.
Bsp.: Sekundarschule Heinrich Heine in Halle / Saale
Quelle: Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung 2007
Realisierungsphase
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Bewirtschaftung
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
25 Jahre
Projektvolumen
Gesamtkosten rund 218 Mio. Euro
Gebäudeflächen
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Kindertagesstätten
Effizienzrendite ÖPP nach vorl. WU:
6,6 % bis 19,0 % (Barwert)
Effizienzrendite ÖPP nach abschl. WU:
2,8 % bis 15,0 % (Barwert)
Schulen
Effizienzrendite ÖPP nach vorl. WU:
5,4 % bis 15,7 % (Barwert)
Effizienzrendite ÖPP nach abschl. WU:
1,0 % bis 35,0 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
Von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen.
- 75 Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren:
• die Auswahlkriterien für die ÖPP-Projekte,
• die Auswahl des Beratungsunternehmens für die Machbarkeitsstudie,
• die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Vergleich von ÖPP zur konventionellen
Beschaffungsvariante,
• die Auswahl des Beratungsunternehmens für die Erarbeitung des ÖPPProjektvertrages,
• das Vergabeverfahren sowie
• die Verteilung der wirtschaftlichen Risiken zwischen der öffentlichen Hand und dem
privaten Partner.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Nach Auffassung des Landesrechnungshofs sind die in den WU ausgewiesenen Effizienzvorteile der ÖPP-Variante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante
nicht erzielbar: Der Anteil der Risikokosten bei der konventionellen Beschaffungsvariante war eindeutig zu hoch angesetzt. Dies führte im Wesentlichen zu den in den Wirtschaftlichkeitsvergleichen dargestellten, scheinbaren Effizienzvorteilen der ÖPPVariante.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Die Stadt Halle hat die Hinweise und Bedenken des Landesrechnungshofs zur Kenntnis
genommen.
- 76 Sachsen-Anhalt
Kurze Projektbeschreibung
20 Schulobjekte
in der Stadt Magdeburg
Abbildung
In der Landeshauptstadt Magdeburg werden als ÖPP-Projekt insgesamt 20 Schulobjekte saniert. Die Stadt Magdeburg ist
Schulträger und Grundstückseigentümer.
Die Projekte sind in vier Pakete à fünf
Schulen aufgeteilt. Bei zwei der vier Pakete sind die baulichen Maßnahmen abgeschlossen, die verbleibenden befinden
sich in der Planungs- und Realisierungsphase.
Bsp.: Werner v. Siemens Gymnasium Magdeburg
Quelle: Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung 2008
Paket I - Realisierung, Paket II - Planung
Geprüft durch Landesrechnungshof Paket I
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Bewirtschaftung
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
20 Jahre Bewirtschaftung
30 Jahre Finanzierung
Projektvolumen
Gesamtkosten für Paket I rund
115 Mio. Euro
Gebäudeflächen
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 11 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren:
• die Vergabe der Beratungsleistungen,
• die Wertung des ÖPP-Eignungstests und
Von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen.
- 77 •
die Ergebnisse der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Vergleich zwischen ÖPP- und konventioneller Beschaffungsvariante.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
In der vorläufigen WU wurde bei den Betriebskosten in der ÖPP-Variante der pauschale Ansatz eines fünffachen Einsparpotenzials gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante ohne weitere Begründung getroffen. Bauphysikalische Nachweise, die
diese These stützen, wurden nicht vorgelegt. Nach Auffassung des Landesrechnungshofs ist dieser Ansatz unrealistisch und diente u. a. dazu, das ÖPP-Modell „schön zu
rechnen“.
Die Landeshauptstadt Magdeburg schrieb die ÖPP-Leistungen Planung, Finanzierung,
Bau und Betrieb für eine Laufzeit von 30 Jahren aus. Das beauftragte Angebot enthielt
jedoch eine Verkürzung der Betriebslaufzeit auf 20 Jahre. In der Verkürzung der Laufzeit des Betriebes der ÖPP-Schulprojekte von 30 auf 20 Jahre sieht der Landesrechnungshof eine grundlegende Änderung wichtiger Elemente der Ausschreibung und damit einen schwerwiegenden Vergabeverstoß gegen § 9 Nr. 2 VOB/A.
Darüber hinaus muss die Landeshauptstadt nach Beendigung der Betriebsphase weitere zehn Jahre die Verpflichtungen aus dem ÖPP-Projekt bedienen, obwohl sie in diesem Zeitraum die Kosten des Betriebes bereits selbst trägt.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Die Stadt Magdeburg hat die Hinweise und Bedenken des Landesrechnungshofs zur
Kenntnis genommen.
- 78 Sachsen-Anhalt
Kurze Projektbeschreibung
Justizvollzugsanstalt Burg
Abbildung
In der Nähe der Stadt Burg-Madel wurde
im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt
eine Justizvollzugsanstalt für 658 Haftplätze als ÖPP-Projekt von einer privaten
Trägergesellschaft errichtet. Die JVA wurde 2009 eingeweiht und befindet sich in
der Trägerschaft des Justizministeriums
des Landes. Dienstleistungsbereiche, die
nicht zu den hoheitlichen Aufgaben gehö- Quelle: Landesbaubetrieb Sachsen-Anhalt
ren, sind privat vergeben. Für eine Laufzeit von 25 Jahren wird hierfür die Bewirtschaftung von der Projektgesellschaft Justizvollzug Burg GmbH & Co. KG realisiert.
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Verhandlungsverfahren
schluss
vor
dem
Ab-
Leistungsumfang
Planung, Bau, Finanzierung, Teilbewirtschaftung
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
25 Jahre Finanzierung
Projektvolumen
rund 512 Mio. Euro Gesamtkosten, davon
rund 100 Mio. Euro Investitionskosten
Gebäudeflächen
49.500 m² NGF
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 12 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
Von den Beratern angegebene Effizienzrendite nicht schlüssig nachgewiesen
Prüfungsschwerpunkte
Prüfungsschwerpunkte waren:
• die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung im Vergleich von ÖPP zur konventionellen Beschaffungsvariante,
• die Ermittlung des PSC,
- 79 •
•
Risiken in der Effizienzbewertung sowie
Risiken der Vertragsgestaltung.
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Der im Wirtschaftlichkeitsvergleich ausgewiesene Effizienzvorteil von 12 % der ÖPPVariante gegenüber der konventionellen Beschaffungsvariante durch das Land Sachsen-Anhalt basierte im Wesentlichen auf einer zu hoch angesetzten Kostenschätzung
für den PSC, die noch zusätzlich durch zum Teil nicht nachvollziehbare Risikozuschläge in der Bau- und Betreiberphase eine Steigerung erfahren hat.
Darüber hinaus beinhalten die umfangreichen vertraglichen Regelungen Risiken über
die Gesamtlaufzeit von 25 Jahren. Neben dem ÖPP-Projektvertrag und dem ÖPPRahmenvertrag wurden für die Bewirtschaftung der JVA weitere zehn Dienstleistungsverträge geschlossen. Als risikobehaftete Vertragsinhalte wertete der Landesrechnungshof u. a. folgende Aspekte:
•
•
•
Es gibt keine Festlegung von jährlichen Instandhaltungspauschalen des privaten
Partners, obwohl in der ÖPP-Rate des Landes hierfür jährliche Kosten von
415.000 Euro veranschlagt sind.
Bonusregelungen im Dienstleistungsbereich führen zu Mehrkosten, da Normleistungen schon zum Erhalt von Bonuszahlungen führen.
Das Risiko von Preissteigerungen trägt allein das Land Sachsen-Anhalt aufgrund
der vereinbarten Preisanpassungsklauseln, die schon ab einem Steigerungswert
von 2 % greift, so z. B. für die Energie- und Medienversorgung. Eine Anpassung
fand hierzu bereits im Nachtragshaushalt 2009 mit zusätzlichen Ausgaben von
485.000 Euro statt.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Der Landesrechnungshof hatte in seiner Beratungsfunktion gegenüber dem Ausschuss
für Finanzen im Dezember 2006 seine Bedenken gegenüber der ÖPP-Variante geäußert und auf mögliche Risiken verwiesen.
Der Ausschuss für Finanzen hat die Hinweise und Bedenken des Landesrechnungshofs zur Kenntnis genommen und sich für die ÖPP-Variante in der Realisierung entschieden.
- 80 Thüringen
Bau- und Erhaltungsmodell für
Landesstraßen im Saale-Holzland-Kreis
(B/E-Modell)
Kurze Projektbeschreibung
Abbildung
Für einen Zeitraum von 30 Jahren wird ein
Teil des Landesstraßennetzes mit einer
Länge von rund 20 km durch den Privaten
ausgebaut, erhalten und betrieben.
Es sind zwei Unterhaltungszyklen im 15.
bis 17. Jahr und am Ende der Vertragslaufzeit vorgesehen. Der Betriebsdienst
umfasst nur die planbaren Leistungen wie
beispielsweise Grasmahd und Markierung.
Leistungen des Winterdienstes und Störungsbeseitigung u. a., die nicht planbar Quelle: Thüringer Rechnungshof
sind, verbleiben in der Verantwortung des
Landes.
Eckdaten
Projektstatus bei Prüfung
Der Thüringer Rechnungshof führt eine
begleitende Prüfung der Maßnahme
durch. Zu Beginn des Jahres 2010 wurde
ein erster Zwischenbericht erstellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ausbauarbeiten
abgeschlossen.
Leistungsumfang
20,7 Mio. Euro (Zeitwert)
ÖPP-Vertragsmodell
Inhabermodell
Laufzeit
Laut Projektvertrag September 2007
bis September 2037
Projektvolumen
36,2 Mio. Euro (Zeitwert)
Gebäudeflächen
Entfällt
Effizienzrendite laut Gutachten/Verwaltung Effizienzrendite ÖPP: 1,8 % (Barwert)
Prüfungsergebnis des Rechnungshofs
Wirtschaftlichkeit von den Beratern nicht
schlüssig nachgewiesen.
- 81 Prüfungsschwerpunkte
Überprüfung der
untersuchungen
Annahmen
des
PSC-Wertes
aus
den
Wirtschaftlichkeits-
Wesentliche Prüfungsergebnisse
Der PSC-Wert aus den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ist zu hoch angesetzt. Der
Wert berücksichtigt beispielsweise nicht das Einsparpotential aus den angewendeten
Bauverfahren. Eine sachgemäße Fortschreibung des Wertes hätte zu einer Entscheidung zugunsten der konventionellen Beschaffungsvariante geführt.
Auswirkung der Prüfungsbemerkungen
Das Thüringer Parlament ist in seiner Sitzung am 20. Mai 2011 der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zum "Bau- und Unterhaltungsmodell im
Saale-Holzland-Kreis" gefolgt:
"Den Bemerkungen des Rechnungshofs wird beigetreten. ... Die Landesregierung wird
aufgefordert, in Zukunft PPP-Maßnahmen nur noch in Erwägung zu ziehen und dem
Landtag zur Entscheidung vorzulegen, wenn deren Wirtschaftlichkeit zweifelsfrei erwiesen und der wirtschaftliche Vorteil auch transparent nachvollziehbar ist".