Daten
Kommune
Brühl
Größe
480 kB
Datum
23.09.2013
Erstellt
16.09.13, 18:28
Aktualisiert
16.09.13, 18:28
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Brühl
öffentliche
Vorlage
Der Bürgermeister
Dienststelle
Aktenzeichen
DEZ II
Datum
Vorlagen-Nr.
27.08.2013
276/2013
Betreff
Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit
Beratungsfolge
Hauptausschuss
Finanzielle Auswirkungen
Ja
Nein
Mittel stehen zur Verfügung bei SK / KST
Mittel stehen nicht zur Verfügung
Über-/außerplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen
Sachkonto / Kostenstelle
Beschlussentwurf:
Der Hauptausschuss nimmt den Bericht des Bürgermeisters zur Kenntnis.
Erläuterungen:
Bei der Aufstellung eines Haushaltsplanes begibt sich der Kämmerer in ein Spannungsfeld: Auf
der einen Seite besteht der Anspruch, die Komplexität des gemeindlichen Handelns in die (Haushalts)Zahlen zu kleiden. Auf der anderen Seite steht die Notwendigkeit, das Zahlenwerk insgesamt
möglichst knapp, präzise und verständlich zu fertigen.
Die Auflösung dieses „Spannungsfeldes“ wird durch die Begriffe „Haushaltsklarheit“ und „Haushaltswahrheit“ umschrieben. Unter Haushaltsklarheit fasst man die Veranschlagungsgrundsätze
zusammen, die zur Verständlichkeit eines Haushaltsplanes beitragen.
Hier sind im Einzelnen zu nennen:
eine formal übersichtliche Gestaltung des Haushaltsplanes
ein ausführlicher und aussagekräftiger Vorbericht
auf einzelne Positionen des Haushaltsplanes (kameral: Haushaltsstellen) bezogene
Erläuterungen
Der Vorbericht:
Der Vorbericht soll eine Vielzahl von Informationen zur Einschätzung der finanziellen Entwicklung
einer Gemeinde zur Verfügung stellen. Die Anforderungen sind u.a. beschrieben:
Bgm.
Darstellung der Haushaltsentwicklung in vergangenen und zukünftigen Jahren
Beschreibung von Chancen und Risiken
Darstellung des Zielsystems und der messbaren Jahresziele
Berücksichtigung der mittelfristigen Finanzplanung
Angaben zu wichtigen Erträgen und Aufwendungen
Zust. Dez.
Fachbereich
Dez II
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Drucksache 276/2013
Angaben zu wichtigen Investitionsvorhaben
Angaben zur Finanzierungstätigkeit
(Vgl. NKF-Handreichung, 5. Auflage, S. 1397)
Die Umsetzung erfolgt in örtlicher Verantwortung in unterschiedlichem Ausmaß.
Bei der Verabschiedung des aktuellen Haushaltes in der Sitzung des Rates am 22.04.2013 gab es
folgende Hinweise:
„Ratsherr Weber (GRÜNE) führt aus, dass man seit einigen Jahren eine Haushaltssatzung habe, aus der
Einnahmen und Ausgaben für die verschiedenen Haushaltstitel nur sehr umständlich heraus gefiltert
werden könnten. Er appelliere daher an den Kämmerer, einmal zu prüfen, ob die Lesbarkeit im Sinne
der Haushaltsklarheit in Zukunft nicht verbessert werden könne.“
Hierzu haben Bürgermeister und Kämmerer mit der Vorlage 21/12 zur Gestaltung des Haushaltsplanes 2013/2014 Vorschläge unterbreitet, die vom HA am 04.06.2012 gebilligt wurden. Sollte es
andere Vorstellungen seitens der Ratsmitglieder geben, wird hierauf gern eingegangen.
Haushaltswahrheit
Es ist selbstverständlich, dass die Haushaltsplanzahlen richtig und mit der notwendigen Sorgfalt
ermittelt werden. Daher müssen die für die Haushaltsplanansätze verwendeten Erträge und Aufwendungen beziehungsweise Ein- und Auszahlungen sowie die Verpflichtungsermächtigungen
sehr sorgfältig geschätzt werden, wenn sie nicht errechnet werden können.
Dabei wird beispielsweise in NRW ausdrücklich auf die GoB, die Grundsätze ordnungsgemäßer
Buchführung, abgestellt. Dies bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Vorsichtsprinzip zu
berücksichtigen ist: Ansätze sind sorgfältig, aber aus der Sichtweise des vorsichtigen Kaufmanns
zu schätzen.
Bestimmte Ertragsarten beziehungsweise Aufwendungen können errechnet werden. Da bestehen
kaum Probleme, eine dem Ist-Ergebnis angemessene Zahl für den Haushaltsplan zu prognostizieren. Bei der Anwendung von Schätzmethoden stehen verschiedene Methoden und Schätzgrundlagen zur Verfügung:
An erster Stelle sind die Ist-Ergebnisse früherer Haushaltsjahr und deren Entwicklung
zu nennen
Gebührenrechnungen, Kosten- und Leistungsrechnung
jährliche Orientierungsdaten, veröffentlicht vom Innenministerium, zu wesentlichen
Ertrags- und Aufwandspositionen, berechnet für den gesamten Finanzplanungszeitraum
Die Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzung“
Informationen der Kammern, der Verbände und einzelner ortsansässiger Betriebe.
Hinweise zu einzelnen Ertragspositionen:
Grundsteuer A + B: berechenbar unter Zuhilfenahme der Vorjahresergebnisse – ggf. Hinzurechnung neuer Baugebiete in Abstimmung mit der Baugenehmigungsabteilung in Ihrem Hause beziehungsweise beim Landkreis
Gewerbesteuer: zu differenzieren ist zwischen Vorausleistungen, die berechenbar sind und Veranlagungen – bei Letzteren besteht eine hohe Schwankungsbreite, die durch gezielte Gespräche
mit den Finanzverantwortlichen größerer Betriebe eingegrenzt werden können
Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Familienleistungsausgleich: Rückgriff auf die Ergebnisse des AK Steuerschätzung
Bgm.
Zust. Dez.
Fachbereich
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Schlüsselzuweisungen und sonstige Zuweisungen: Bezug zu den „Proberechnungen“ des
Innenministeriums
Verwaltungsgebühren: Schätzung nach Vorjahresergebnissen, Gebührenrechnung, Kosten- und
Leistungsrechnung
Auflösung von Sonderposten: Berechnung aus der Anlagenbuchhaltung
Kostenerstattungen: Schätzung nach Vorjahresergebnissen
Sonstige Erträge: Vorjahresergebnisse, Informationen der Versorgungsgesellschaften bei Konzessionsabgaben
Aktivierte Eigenleistungen: in Abhängigkeit vom Personaleinsatz bei den Investitionen im Hochund Tiefbau
Hinweise zu einzelnen Aufwandspositionen:
Personalaufwendungen: Schätzung aufgrund der Vorjahresergebnisse, angepasst an den aktuellen Stellenplan, erhöht um Tarifergebnisse – sofern bekannt; ansonsten werden die Werte aus
den Orientierungsdaten zur Berechnung der Tarifsteigerungen herangezogen. Zu berücksichtigen
sind ferner Personaleinsparkonzepte und sich hieraus ergebende Abschläge globaler oder spezifischer Natur
Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen: Unterhaltungsaufwand in Abstimmung mit der
Hoch- und Tiefbauverwaltung, Aufwendungen für Energie und Wasser in Abstimmung mit den
Versorgungsträgern, Zuschüsse (Kultur-, Sportförderung) bleiben oftmals konstant oder werden
im Rahmen der Haushaltskonsolidierung verringert, ansonsten Anwendung der Werte aus den
Orientierungsdaten
Transferleistungen: Flüchtlings-, Jugend- und Sozialhilfe: Schätzung entlang der Vorjahresergebnisse unter Berücksichtigung der Steigerungswerte aus den Orientierungsdaten und örtlicher
Faktoren (z.B. U3-Ausbau)
Abschreibungen: Berechnung aus dem Anlagevermögen der Anlagenbuchhaltung, zusätzlich
eine pauschale Berücksichtigung der Investitionen des neuen Haushaltsjahres durch folgende
Vereinfachungsregel: 50 % des vollständigen Jahresbetrages aller Neuinvestitionen unter der Voraussetzung, dass über das ganze Jahr verteilt die Investitionsprojekte erstellt oder beschafft werden; gegebenenfalls ergänzt um die Einzelbetrachtung größerer Investitionsprojekte
Ein- und Auszahlungen im Finanzplan
Die Veranschlagungen im Finanzplan folgen den gleichen Grundsätzen. Oftmals sind die Positionen mit gleichem Betrag zu veranschlagen, wenn Aufwand (bspw. Personalaufwand) und Auszahlung (bspw. Auszahlung für Dienstbezüge) übereinstimmen. Abweichungen zwischen Ergebnisund Finanzplan werden zusammenfassend erläutert – siehe S. 37/38 des Entwurfes Haushaltsplan 2013/2014 (Auflösung Sonderposten, Einzahlungen Friedhofsgebühren, pauschale Wertberichtigungen usw.). Bei Investitionen sind die Vorgaben der Gemeindehaushaltsverordnungen zu
beachten (Wirtschaftlichkeitsvergleich, Folgekostenberechnung, Vorlage von Bauzeichnungen,
Kostenberechnungen und Bauzeitenplänen).
Ratsherr Weber hat in der genannten Ratssitzung hierzu weiter ausgeführt:
Zum Punkt Haushaltswahrheit appelliert an die Redner zum Haushalt, dass auf der einen Seite immer
das bestehende strukturelle Defizit beklagt, auf der anderen Seite je nach Antrag allerdings argumentiert werde, dass man noch Spielraum habe. In den letzten zehn Jahren habe man keine roten Zahlen
mehr geschrieben und der Haushalt sei im realen Ergebnis immer ausgeglichen gewesen. Er vermute
daher, dass man teilweise auf Anträge zur Erhöhung von Gewerbe- oder Grundsteuer verzichte, da man
gar kein Defizit erwartete. Dies sei allerdings nicht im Sinne einer Haushaltswahrheit.
Zum Sachverhalt:
Bgm.
Zust. Dez.
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Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre waren die folgenden:
1. kamerale
Abschlüsse
bereinigtes Soller- Abweichung
Plan
gebgg.über
Jahr VwH
nis VwH
Plan
kameral in Euro
2003
-13700
-10580
3120 €
2004
-5687
-7465
-1778 €
2. Kaufmännische
Abschlüsse
Ergebnisrechnung
2005
2006
2007
-8211
-10141
0
-9845
-5478
4668
-1634 €
4663 €
4668 €
2008
2009
2010
2011
2100
-3800
-8960
-8710
10697
-4521
4791
-661
8597
-721
13751
8049
2012
-20030
-6998
13032 €
€
€
€
€
Zusammenfassend waren sieben von zehn Jahren defizitär mit einem Gesamtdefizit von 45,548
Mio. EUR, drei Jahre hatten positive Ergebnisse mit insgesamt 20,156 Mio. EUR.
Insofern trifft die Vermutung von Ratsherrn Weber, man habe keine roten Zahlen mehr geschrieben, nicht zu. Doch auch der Blick auf die Abweichungen des Jahresabschlusses zum verabschiedeten Haushaltsplan ergibt, dass in sieben von zehn Jahren der Abschluss erfreulicherweise
besser war als geschätzt, aber auch das traf in den Jahren 2004, 2005 und 2009 nicht zu, diese
drei Jahre waren durch konjunkturelle Abschwünge geprägt. Diese Abweichung beziehen sich im
Wesentlichen auf Veränderungen im Steueraufkommen, hinzu kamen in Einzelfällen nicht vorhersehbare Ereignisse, die zu ertragswirksamer Auflösung von Rückstellungen führten oder wie im
Jahr 2008 die Erstattung des Landes in Sachen „Einheitslasten“ aufgrund einer Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes in Münster.
Fazit:
Bei den Veranschlagungen im Haushaltsplan muss auf Prognosen zurückgegriffen werden. Diese
sind bekanntlich schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. (Das Zitat wird u.a. Niels
Bohr, Karl Valentin, Winston Churchill und Mark Twain zugeschrieben.) Durch weitgehende
Transparenz und ausführlicher Darlegung der Schätz- und Berechnungsgrundlagen werden bei
der Haushaltsaufstellung die Grundsätze der Haushaltsklarheit und -wahrheit beachtet.
Bgm.
Zust. Dez.
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