Daten
Kommune
Brühl
Größe
955 kB
Datum
15.11.2012
Erstellt
30.10.12, 07:14
Aktualisiert
30.10.12, 07:14
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INHALT
Handlungskonzept:
„Migrantenökonomie“
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
1
INHALT
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
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INHALT
Inhalt
Inhalt ...................................................................................................................................................................3
1. Vorwort ...........................................................................................................................................................4
2. Einleitung .......................................................................................................................................................5
3. Methodik .........................................................................................................................................................6
3.1. Das Onomastik-Verfahren .....................................................................................................................6
3.2. Partizipativer Ansatz ..............................................................................................................................6
4. Ergebnisse der Standortanalyse ...................................................................................................................7
4.1. Anteil der Unternehmen von Menschen mit Migrationshintergrund ..................................................7
4.2. Verteilung nach Branchen .....................................................................................................................7
4.3. Verteilung nach Geschlecht ...................................................................................................................8
4.4. Rechtsformen .........................................................................................................................................9
4.5. Herkunftsregionen ...............................................................................................................................10
4.6. Verteilung nach Geschlecht und Herkunft ..........................................................................................10
4.7. Verteilung nach Branchen und Herkunft ............................................................................................10
5. Auswertung der qualitativen Interviews .....................................................................................................12
5.1. Motive der Selbstständigkeit ...............................................................................................................12
5.2. Vernetzung innerhalb Brühls ...............................................................................................................13
5.3. Ausrichtung auf die eigenen Migrantengruppe ..................................................................................13
5.4. Ausbildung ............................................................................................................................................13
5.5. Bedarfe ..................................................................................................................................................14
6. Ergebnisse des Netzwerktreffens ..............................................................................................................15
7. Fazit ..............................................................................................................................................................16
8. Handlungsempfehlungen ............................................................................................................................17
9. Anhang ..........................................................................................................................................................20
9.1. Liste der beteiligten Institutionen .......................................................................................................20
9.2. Interviewleitfaden .................................................................................................................................21
Impressum .......................................................................................................................................................24
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STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
1. VORWORT
1. Vorwort
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Brühl, das wissen wir alle, ist eine interkulturelle
Stadt. Seit Jahrzehnten leben hier Menschen aus
mehr als 100 verschiedenen Nationen, die in
Brühl eine neue Heimat gefunden haben. Dieser
Reichtum und die Unterstützung ihres wirtschaftlichen Potenzials sind mir seit Jahren sehr wichtig, denn:
„Es ist nicht wichtig, woher man kommt, sondern
wohin man will!“
Mit der Gründung diverser Unternehmen durch
Migrantinnen und Migranten in unserer Stadt, die
das wirtschaftliche Angebot Brühls erheblich bereichern, haben Migrantinnen und Migranten
schon immer zugleich ein Zeichen für die Zukunft
gesetzt, nämlich:
„Wir wollen als Unternehmer das Wirtschaftsangebot in Brühl aktiv und nachhaltig mit gestalten!“
So sind Eisdielen, Schneidereien, Friseure, Imbisse, Pizzerien, Taxiunternehmen, Reisebüros und
viele Betriebe mehr aus unserem bunten Stadtbild
nicht mehr wegzudenken. Aber auch jenseits unserer täglichen Wahrnehmung sind von Migranten
geführte Unternehmen in Brühl ansässig, zum
Beispiel im Gartenbau, in der Automobilbranche,
als Ingenieurbüros, als Bauunternehmen oder als
Reinigungsservice, um nur einige zu nennen.
Das nachstehende Handlungskonzept bildet den
Abschluss des nun schon 4. Projektes, das die
Stadt Brühl mit Fördermitteln aus dem Landes-
programm KOMM-IN NRW durchführen konnte.
Grundlage des Projektes „Brühl aktiv – Interkulturelle Öffnung und Vielfalt in Ausbildung und Betrieb“ war die Durchführung einer Standortanalyse verbunden mit der Auswertung der städtischen
Gewerbedatei, durch welche die Brühler Unternehmen, die von Menschen mit Migrationshintergrund geführt werden, ermittelt wurden. Zudem
stand der Gedanke der Vernetzung zum einen der
Unternehmer untereinander, zum anderen der
Unternehmer mit ihren möglichen Kooperationspartnern, also den jeweiligen Kammern, Verbänden und anderen Organisationen, im Vordergrund.
Die Förderung der Integration von Brühler Migrantinnen und Migranten in den Bereichen Bildung und Arbeit ist mir seit Jahren sehr wichtig.
Ausschlaggebend für ein gelungenes Miteinander
sind neben dem Erwerb deutscher Sprachkenntnisse die entsprechende Bildung, die abgeschlossene Ausbildung sowie eine adäquate Arbeit. Denn
nur wer eine gute berufliche Ausbildung hat,
schafft sich eine anschließende Perspektive für
ein selbständiges Leben und kann sich aktiv in
unsere Gesellschaft einbringen.
Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse
werde ich das mir Mögliche dafür tun, Brühl für
Unternehmer und für Personen, die sich selbstständig machen wollen, noch attraktiver zu machen.
Michael Kreuzberg
Bürgermeister
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
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2. Einleitung
In einer jüngst erschienenen Studie des Instituts
für Mittelstandsforschung (ifm) zur Migrantenökonomie in Baden-Württemberg1 wird deutlich,
dass diese Wirtschaftskraft in ganz Deutschland
eine zunehmend wichtigere Rolle spielt. Menschen mit Migrationshintergrund gründen überdurchschnittlich häufig Unternehmen, die wiederum das Potential für Arbeits- und Ausbildungsplätze haben und die Konjunktur stärken können.
Auch in der Stadt Brühl gibt es bereits viele Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund. Dieser Umstand bewegte die
Stadtverwaltung dazu, die lokal vorhandene Migrantenökonomie im Rahmen eines KOMM-INNRW geförderten Projektes zu stärken.
Dafür arbeitet die Stadt mit dem Institut für interkulturelles Management und Politikberatung
(imap GmbH) aus Düsseldorf zusammen, welches
im Auftrag der Stadt auch dieses Handlungskonzept erstellt hat.
Menschen mit Migrationshintergrund lassen mit
ihren Betrieben nicht nur eine plurale, vielfältige
Produkt- und Angebotslandschaft entstehen, sie
schaffen durch ihre Tätigkeit auch neue Arbeitsund Ausbildungsplätze.
Die Erfahrungswerte zeigen jedoch auch, dass in
vielen Bereichen Informationsdefizite und Kommunikationsschwierigkeiten herrschen und dass
die bereits existierenden Beratungsangebote vergleichsweise selten in Anspruch genommen werden. Ziel dieses Projektes sollte es daher unter
anderem sein, Bedarfe von Unternehmerinnen
und Unternehmern mit Migrationshintergrund in
Brühl zu erfassen und die Unternehmenden mit
den wichtigsten Akteuren des Brühler Wirtschaftslebens zu vernetzen, um sie in Zukunft
besser unterstützen zu können.
Die wichtigsten Arbeitsschritte dieses Projektes
bestanden zunächst darin, anhand der Daten der
Gewerbedatei eine Strukturdatenanalyse vorzunehmen. Diese stützte sich maßgeblich auf eine
Auswertung durch ein onomastisches Verfahren,
dass im Folgenden noch näher erläutert wird.
Anschließend wurde eine Auftaktveranstaltung am
17. November 2011 organisiert, zu welchem unter
der Leitung von Bürgermeister Michael Kreuzberg
die für die Brühler Unternehmerinnen Unternehmer relevanten Akteuren – unter anderem Jobcenter, IHK, HWK, Wirtschaftsförderung und Vertreter der Wirtschaftsnetzwerke – eingeladen
wurden.
Als weitere Schritte des Projektes wurden desweiteren qualitative Interviews mit Unternehmerinnen und Unternehmern in Brühl geführt und
versucht, diese auf einem Netzwerktreffen untereinander bekannt zu machen.
Die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsschritte werden in diesem Handlungskonzept ausgearbeitet
und auf ihrer Grundlage Handlungsempfehlungen
aufgestellt, um die Migrantenökonomie in der
Stadt Brühl in Zukunft noch erfolgreicher zu gestalten.
Leicht, René u.a. (2012): Schöpferische Kraft der Vielfalt:
Zugewanderte und ihre Unternehmen. Bedeutung, Triebkraft
und Leistung von Migrantenunternehmen in BadenWürttemberg (und Deutschland), Studie im Auftrag des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg,
Mannheim.
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STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
3. Methodik
Am Anfang eines solchen Projektes stellte sich die
Aufgabe, die Unternehmen, die von Menschen mit
Migrationshintergrund geführt werden, zu erfassen. Dies war aufgrund der Heterogenität dieser
Gruppe schwierig: Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadt Brühl stammen aus verschiedenen Herkunftsländern, weisen Unterschiede in der Dauer auf, in der sie in Deutschland
leben oder ob sie in Deutschland oder im Herkunftsland geboren sind. Zudem sind sie in unterschiedlichen Branchen tätig. Um sie zu erfassen,
wurde die Gewerbedatei der Stadt Brühl mit Hilfe
eines Onomastik-Verfahrens untersucht. Anhand
dieser Methode ist es möglich, die Anzahl, Branchen- und Geschlechterverteilung der in der Stadt
tätigen Unternehmerinnen und Unternehmer mit
Migrationshintergrund zu erfassen. So konnte
eine umfangreiche Analyse des Ist-Zustandes der
Migrantenökonomie in der Stadt vorgenommen
werden.
3.1. Das Onomastik-Verfahren
Das Onomastik-Verfahren stammt aus dem Bereich der Namenforschung. Über ein komplexes
System werden die Namen in Gewerbedateien
analysiert, um so die jeweilige Herkunft zu bestimmen. Es wird durch folgende Eigenschaften
gekennzeichnet:
Spezifische Kombination von Vor- und Nachnamen: Die sprachliche Analyse der Personennamen wird nur anhand des vollständigen Personennamens (Vor- und Nachname) durchgeführt. Die sprachlich-regionale Zuordnung ist
also nicht an bloße Nationalitätskombinationen
gebunden, sondern für jeden einzelnen Personennamen (zurzeit 24,6 Mio.) vorhanden.
Namenforschung (Onomastik): Die Grundlage
der sprachlichen Analyse sind wissenschaftliche Veröffentlichungen und Namensverzeichnisse aus der Namenforschung (Onomastik).
Auf der Basis einer umfangreichen Bibliographie hat das imap-Institut mittlerweile 535
Quelldateien erfasst und sprachlich systematisiert.
Berücksichtigung historischer Wanderungsbewegungen: In Deutschland leben durch frühere
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
Wanderungsbewegungen (z.B. Hugenotten, Polen) viele Personen mit fremdsprachigen Nachnamen, die trotzdem nicht mehr von der Migrationsforschung und der amtlichen Statistik zur
Gruppe der „Personen mit Migrationshintergrund“ gezählt werden, weil die Zuwanderung
zu lange zurückliegt (vor 1945). Die Berücksichtigung entsprechender Nachnamen und Kombination aus Vor- und Nachnamen helfen bei
der Vermeidung von Fehlzuordnungen.
Berücksichtigung möglichst vieler Sprachen:
Eine Minderheit der Namen (in unserem aktuellen Namensbestand bei Nachnamen: 4,4%)
kommen in mehr als einer Sprache vor. Die daraus entstehenden Fehlzuweisungen können
weitestgehend durch die parallele Beurteilung
möglichst vieler Sprachen und Dialekte vermieden werden.
Erfassung der Fehlschreibung und Transkriptionsvarianten: Für die möglichst vollständige
Kennzeichnung verschiedener Verzeichnisse
mit Personennamen werden auch systematische Fehlschreibungen und Transkriptionsvarianten berücksichtigt. Die letztgenannte Form
einer Fehlschreibung wird häufig durch den
Fortfall diakritischer Zeichen hervorgerufen.
Kennzeichnung ausschließlich sicherer Fälle: In
der zentralen Zuordnungsdatei werden für jeden spezifischen Personennamen nur bei hoher
Zuverlässigkeit bzw. eindeutiger Quellenlage
aus der Namenforschung eine Herkunftsregion
eingetragen.
Fehlzuschreibungen nach diesem Verfahren sind
dennoch nicht auszuschließen. In der Praxis deutet die Erfahrung allerdings darauf hin, dass die
Anteile fehlerhafter Zuordnung im einstelligen
Prozentbereich liegen.
3.2. Partizipativer Ansatz
Um für die Bedarfsanalyse auch die Perspektive
der Zielgruppe mit aufnehmen zu können, wurden
mit insgesamt zehn Unternehmerinnen und Unternehmern Interviews geführt. Gewählt wurde
dafür die Methode des semistrukturierten Leitfadeninterviews. Diese Interviewform arbeitet ohne
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Antwortvorgabe, orientiert sich an einem Leitfaden und gibt den Befragten weitestgehende Freiheit in der Äußerung ihrer Erfahrungen und Ansichten. Der Vorteil dieser Methode ist, dass der
Interviewer oder die Interviewerin nachfragen und
spezielle Gesichtspunkte der Erzählung herausgreifen kann, wenn sie im Fragekontext bedeutsam erscheinen. Zudem können sich die Interviewpartnerinnen und –partner frei zu allen ihnen
relevant erscheinenden Aspekten des Themas
äußern, ohne dass sie von einem zu strikten for-
malen Rahmen beschränkt würden. Die Vorlage
des Interview-Leitfadens ist im Anhang dieses
Konzeptes zu finden.
Dieser partizipative Ansatz wurde auch bei dem
ersten Netzwerktreffen verfolgt, welches im
Rahmen dieses Projektes organisiert wurde. Hier
konnten sich Unternehmerinnen und Unternehmer äußern und so an der Gestaltung und Ausrichtung dieses Handlungskonzeptes partizipieren.
4. Ergebnisse der Standortanalyse
4.1. Anteil der Unternehmen von Menschen mit
Migrationshintergrund
Zum Zeitpunkt der Untersuchung, im Dezember
2011, enthielt die Gewerbedatei der Stadt Brühl
2652 Einträge von Unternehmenden. Diese Zahl
ist bereits von den doppelten Einträgen bereinigt
und spiegelt die Anzahl der angemeldeten Unternehmerinnen und Unternehmer in der Stadt Brühl
wider. Da je nach Rechtsform auch mehrere Personen für ein Unternehmen eingetragen sein können (beispielsweise bei einer GmbH, KG oder AG),
übersteigt dies die Anzahl der Unternehmen in
Brühl. Nicht auszuschließen ist zusätzlich, dass
ein gewisser Prozentsatz der Unternehmenden
derzeit zwar eingetragen, aber nicht tatsächlich
unternehmerisch tätig ist. Zudem werden Gewerbeabmeldungen durch diese Statistik nicht erfasst.
Mit Hilfe des Onomastik-Verfahrens wurde dieser
Datensatz auf den Anteil der Unternehmerinnen
und Unternehmer mit einem Migrationshinter-
7
grund hin untersucht. Das Ergebnis lautete, dass
etwa 17% (465) der Unternehmen von Menschen
mit Migrationshintergrund gegründet wurden.
Lediglich bei etwas weniger als einem Prozent der
Fälle konnte keine genaue Zuordnung vorgenommen werden.
Diese Zahl verdeutlicht, dass die Unternehmen
von Menschen mit Migrationshintergrund bereits
eine wichtige Rolle in der lokalen Wirtschaft der
Stadt Brühl spielen.
4.2. Verteilung nach Branchen
Die Menschen mit Migrationshintergrund sind in
Brühl in verschiedenen Bereichen als Selbstständige tätig. Man kann hierbei grob in fünf verschiedene Branchen unterscheiden, die hier genauer
aufgeschlüsselt werden sollen.
Beratung
Beratung von Gesellschaften, Unternehmensberatung, Kundenberatung etc.
Gastgewerbe
Schank- und Speisewirtschaft, Imbissbetriebe, erlaubnisfreie Pizzeria – ohne
Alkoholausschank, erlaubnisfreie Gaststätten.
Handel
Versandhandel, Einzelhandel, Onlinehandel, Handel mit neuen und/oder ge-
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4. ERGEBNISSE DER STANDORTANALYSE
brauchten Kfz, Großhandel etc.
Handwerk
Friseur, Maler- und Lackierer, Änderungsschneiderei, Raumausstatter, Versieglungsarbeiten von Fenstern, Elektroinstallateur etc.
Sonstige Dienstleistungen
Aufstellen von Geldspiel- und
Unterhaltungsautomaten, Dienstleistungen
im EDV-Bereich, Übersetzungen, Promotion, Gebäudereinigung, Hausmeisterservice,
Makler etc.
Verarbeitendes Gewerbe
Herstellung und der Vertrieb von
Selbstklebeprodukten, Herstellung und
Vertrieb von Erzeugnissen, Herstellung und
Vertrieb von Werkzeugen etc.
Vergleicht man nun die Verteilung der Unternehmerschaft mit und ohne Migrationshintergrund
auf die verschiedenen Branchen, stellt man fest,
dass der Handel in beiden Gruppen den größten
Anteil einnimmt. Danach kann man jedoch eine
durchaus andere Gewichtung feststellen. Das
Handwerk und die Sonstigen Dienstleistungen
stehen für Unternehmerinnen und Unternehmer
mit Migrationshintergrund an zweiter und dritter
Stelle. Für die Unternehmerschaft ohne Migrationshintergrund folgen auf Platz zwei hingegen die
„Sonstigen Dienstleistungen“ und erst auf Platz
drei das Handwerk. Insbesondere das Gastgewerbe spielt bei Unternehmenden mit Migrationshintergrund eine wesentlich wichtigere Rolle.
4.3. Verteilung nach Geschlecht
Laut einer neuen Studie des Bundesministeriums
für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stehen
Frauen mit Migrationshintergrund dem Arbeits-
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
8
4. ERGEBNISSE DER STANDORTANALYSE
markt besonders selten zur Verfügung.2 Auch
unter der Unternehmerschaft Brühls sind Frauen
vergleichsweise gering vertreten. Dabei sind jedoch die Unterschiede zwischen Menschen mit
und ohne Migrationshintergrund relativ gering.
Unternehmerinnen ohne Migrationshintergrund
bilden 30%, Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund 25% ihrer jeweiligen Bezugsgruppe.
Generell besteht also sowohl für Frauen mit als
auch ohne Migrationshintergrund hier noch spezieller Beratungsbedarf.
4.4. Rechtsformen
Die Betriebe von Unternehmenden können in sehr
verschiedenen Rechtsformen gegründet und betrieben werden. Dabei unterscheiden sich die
Rechtsformen vor allem darin, wer im Unternehmen haftbar gemacht werden kann und wie die
Unternehmensleitung organisiert ist. Es gibt entsprechend unterschiedliche Erwägungen, sich für
die eine oder andere Rechtsform zu entscheiden.
Dabei ist es interessant zu sehen, inwieweit es
hier Unterschiede zwischen der Unternehmerschaft mit und ohne Migrationshintergrund gibt.
Um zunächst die Größenordnung zwischen den
beiden Gruppen deutlich zu machen, lohnt sich
der Blick auf die absoluten Zahlen.
Hieraus wird deutlich, dass Einzelunternehmen in
beiden Gruppen mit Abstand die am häufigsten
gewählte Rechtsform für die Brühler Unternehmen sind, danach die GmbHs, GbRs und sonstige
Unternehmensformen.
In relativen Zahlen ausgedrückt zeigen sich hier
jedoch zwischen den Unternehmenden mit und
ohne Migrationshintergrund noch deutliche Unterschiede. Nur etwas mehr als die Hälfte der
Unternehmerinnen und Unternehmer ohne Migrationshintergrund haben sich für die Form des
Einzelunternehmens entschieden. Bei den Unternehmenden mit Migrationshintergrund machen
die Einzelunternehmen hingegen 76%, alle anderen zusammen nur 24% aus.
Vgl.: Seebaß, Katharina; Siegert, Manuel (2011): Migranten
am Arbeitsmarkt in Deutschland. In: Working Paper 36 der
Forschungsgruppe des Bundesamtes, Nürnberg, S.5
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STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
4. ERGEBNISSE DER STANDORTANALYSE
4.5. Herkunftsregionen
Mit Hilfe des Onomastik-Verfahrens ist es möglich, die Unternehmerinnen und Unternehmer mit
Migrationshintergrund ihren jeweiligen Herkunftsländern zuzuordnen. So lassen sich mit
großer Zuverlässigkeit die Hauptherkunftsgebiete
der Brühler Unternehmerschaft mit Migrationshintergrund ermitteln. Für die Stadt Brühl bietet
dies die Möglichkeit, ihre Ansprache zielgrup-
pengerecht zu formulieren. Wie aus der Grafik
deutlich wird, stellen türkisch-, polnisch- und
griechischstämmige Personen unter der Unternehmerschaft mit Migrationshintergrund den
größten Teil dar. Bei den kleineren Gruppen muss
in diesem Fall auch bedacht werden, dass es sich
zum Teil um eine sehr geringe Fallzahl handelt,
die genauen Prozentangaben dienen in diesem
Fall also eher zur Orientierung.
4.6. Verteilung nach Geschlecht und Herkunft
Betrachtet man die drei größten Herkunftsgruppen Brühls auf ihre Geschlechterverteilung in der
Unternehmerschaft, stellt man fest, dass sich je
nach Herkunftsgruppe deutliche Unterschiede
aufzeigen lassen.
In allen drei Gruppen sind die Unternehmerinnen
in der Minderheit. Dieser Umstand relativiert sich
etwas, wenn man bedenkt, dass im Fall der Unternehmerinnen und Unternehmer ohne Migrationshintergrund die Frauen auch nur ca. 30% der
Unternehmerschaft darstellen. Wenngleich also
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
insgesamt im Bereich der Selbstständigkeit eine
größere Beteiligung der Brühlerinnen wünschenswert wäre, kann man nur im Fall der türkischstämmigen Unternehmerinnen von einer
Unterrepräsentation
sprechen.
Griechischstämmige sind genau gleich, polnischstämmige
Unternehmerinnen sogar deutlich stärker vertreten.
4.7. Verteilung nach Branchen und Herkunft
Für die drei größten Herkunftsgruppen konnte die
Verteilung nach Branchen und Geschlecht ausgemacht werden. Auch hier zeigen sich zwischen
den Gruppen, aber auch zwischen den Unternehmerinnen und Unternehmern innerhalb der Gruppen deutliche Unterschiede. So spielt bei der türkischstämmigen Unternehmerschaft der Handel
die größte Rolle, danach das Handwerk und das
Gastgewerbe. Die türkischstämmigen Unternehmerinnen sind in diesen Bereichen vertreten, aber
unterrepräsentiert.
Ein anderes Bild zeigt sich bei den
polnischstämmigen Unternehmenden. Hier ist
sowohl die Branchen- als auch die Geschlechterverteilung deutlich anders. Unternehmende mit
polnischem Hintergrund in Brühl sind vorwiegend
in den sonstigen Dienstleistungen tätig, dabei
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bilden die Unternehmerinnen eine deutliche
Mehrheit. In den anderen zwei für diese Herkunftsgruppe besonders wichtigen Bereichen,
Handel und Handwerk, sind sie dagegen wiederum in einer ähnlichen Größenordnung deutlich
unterrepräsentiert.
Für die Griechischstämmigen steht das Gastgewerbe an erster Stelle. Die Männer sind in den
drei wichtigsten Branchen – Gastgewerbe, Sonstige Dienstleistungen und Handel – deutlich stärker
vertreten als die Frauen.
Deutlich wird bei diesen drei Beispielen, dass sich
die Branchenverteilung je nach Herkunftsgruppe
und Geschlecht stark unterscheiden kann. Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund sind in Brühl in sehr verschiedenen
Bereichen tätig. Das verdeutlicht die heterogene
Struktur der Migrantenökonomie in Brühl, die bei
einer strategischen Ausrichtung der Stadt in diesem Feld beachtet werden muss.
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STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
5. AUSWERTUNG DER QUALITATIVEN INTERVIEWS
5. Auswertung der qualitativen Interviews
Mit Hilfe von teiloffenen, leitfadengestützten Interviews wurde die Zielgruppe der Unternehmerschaft mit Migrationshintergrund direkt einbezogen. Diese Leitfäden wurden entlang der in der
Einleitung angesprochenen These entwickelt,
dass Menschen mit Migrationshintergrund häufiger zur Unternehmensgründung neigen, dabei
jedoch auch vor besonderen Herausforderungen
stehen.
Ziel der Gespräche war es daher, die Situation der
Gewerbetreibenden mit Migrationshintergrund in
der Stadt Brühl direkt zu erfragen, ihre Bedarfe zu
ermitteln und mögliche Barrieren ausfindig zu
machen. Inhalt der Interviews waren auch die
verschiedenen Gründungsmotive und inwieweit
bereits eine Vernetzung unter den Unternehmenden in Brühl besteht. Bei der Auswahl der Interviewpartnerinnen und –partner wurde darauf geachtet, möglichst viele verschiedene Branchen in
unterschiedlicher Größe und von Unternehmerinnen und Unternehmern unterschiedlicher Herkünfte in diesen partizipativen Prozess mit einzubeziehen. Die Gesprächspartnerinnen und –
partner hatten türkische-, osteuropäische- und
persische Herkünfte und stammten aus dem Einzelhandel, Dienstleistungs-, Handwerks- und
Gastgewerbebereich. Die Unternehmenden sind
zwischen 14 Jahren und 6 Monaten in Brühl tätig,
die meisten jedoch ein bis zwei Jahre.
Insgesamt konnten fünf Schwerpunkte aus den
Gesprächen ermittelt werden. Die Ergebnisse der
Interviews werden an dieser Stelle größtenteils
nur zusammenfassend dargestellt, die Erkenntnisse werden aber an späterer Stelle in die Handlungsempfehlungen mit einfließen.
5.1. Motive der Selbstständigkeit
In den Interviews mit den Unternehmerinnen und
Unternehmern mit Migrationshintergrund der
Stadt Brühl wurde unter anderem nach den Gründen für den Weg in die Selbstständigkeit gefragt.
Diese sind deshalb interessant, weil bundesweit
festgestellt werden kann, dass Unternehmen
überproportional häufig von Menschen mit Migrationshintergrund gegründet werden. Zu diesem
Ergebnis kommt eine jüngst erschienene Studie
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
zur Migrantenökonomie in Baden-Württemberg3.
Die Studie unterscheidet zwischen sogenannten
Push- und Pull-Faktoren. Damit sind zum einen
beispielsweise erzieherische, kulturelle und psychologische Ursachen gemeint, die Menschen
dazu verleiten, dass Risiko einer Selbstständigkeit
einzugehen (Push-Faktoren). Zum anderen gibt es
aber für viele Menschen sowohl subjektivempfundene als auch objektiv-vorhandene Gründe, in die Selbstständigkeit zu gehen (PullFaktoren). Dies können beispielsweise Schwierigkeiten am regulären Arbeitsmarkt durch Diskriminierung, mangelnde Sprachkenntnisse oder
nicht anerkannte Abschlüsse sein.
Für die Interviewten aus der Stadt Brühl lässt sich
feststellen, dass hier sowohl Push- als auch PullFaktoren zum Tragen kommen, wobei die PushFaktoren – also der eher von innenheraus kommende Wunsch – bei den Befragten deutlich
überwiegt. In nicht wenigen Gesprächen wurde
dabei auf die negativen Erfahrungen der Eltern,
die häufig der Gastarbeitergeneration angehörten,
verwiesen. Diese hätten - beispielsweise als unselbstständige Fabrikarbeiter – nur schwerlich
einen beruflichen oder gesellschaftlichen Aufstieg
bewältigen können. Entsprechend gaben einige
Interviewte an, bereits von ihren Eltern zur
Selbstständigkeit erzogen worden zu sein, von der
in dieser Hinsicht sehr viel bessere Perspektiven
erwartet wurden. Zum Teil waren auch bereits die
Eltern selbstständig und wurden so zum Vorbild
für ihre Kinder. Generell wurde deutlich, dass
dem selbstständigen Unternehmertum sehr positive Eigenschaften zugesprochen werden: So hoben viele Interviewte hervor, dass sie vor allem
auch von dem Verlangen angetrieben worden
seien, ihre eigenen Konzepte und Ideen zu verwirklichen und sich selbst organisieren zu können.
Leicht, René u.a. (2012): Schöpferische Kraft der Vielfalt:
Zugewanderte und ihre Unternehmen. Bedeutung, Triebkraft
und Leistung von Migrantenunternehmen in BadenWürttemberg (und Deutschland), Studie im Auftrag des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg,
Mannheim, S.5.
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5. AUSWERTUNG DER QUALITATIVEN INTERVIEWS
Lediglich in einem Fall wurde angegeben, dass
der Weg in die Selbstständigkeit aus Mangel an
Alternativen gewählt wurde. Hier wurden die eigenen Perspektiven am deutschen Arbeitsmarkt –
sowohl wegen nicht anerkannter Abschlüsse aus
dem Herkunftsland als auch wegen der mangelnden Deutschkenntnisse – als sehr schlecht wahrgenommen. Die Selbstständigkeit wurde daher als
einzige Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit gesehen.
5.2. Vernetzung innerhalb Brühls
Wie bei der Verschiedenheit der befragten Unternehmen zu erwarten, gestaltet sich die Vernetzung der Unternehmerinnen und Unternehmer in
Brühl sehr unterschiedlich. Auffällig dabei ist,
dass die Interviewten im Brühler Innenstadtbereich (Markt, Uhlstraße, Steinstraße, Kölnstraße)
angaben, sich zumindest vom Sehen her gut zu
kennen. Geschäftlich werden diese Kontakte hingegen eher selten genutzt. Hier sind jedoch die
Branchen in der Regel relativ verschieden und
daher wird nicht angenommen, dass sich ausgeprägtere Kontakte geschäftlich nutzen lassen.
Unternehmende in der Peripherie gaben hingegen
häufiger an, gut vernetzt zu sein. Dabei spielen
ethnische-persönliche Netzwerke eine wichtige
Rolle. Sie sind jedoch keineswegs alleine ausschlaggebend. In den bereits etablierten Netzwerkstrukturen der lokalen Wirtschaft vor Ort
befand sich nach Angaben der Interviewten jedoch
noch niemand.
5.3. Ausrichtung auf die eigenen
Migrantengruppe
Die Gesprächspartnerinnen und –partner wurden
auch dahingehend befragt, inwieweit sie ihre Geschäftsmodelle vorwiegend auf die eigene Herkunftsgruppe, Menschen mit Migrationshintergrund oder auf ein allgemeines Publikum ausrichten. Deutlich wurde hierbei, dass von den befragten Unternehmenden niemand eine Geschäftsausrichtung auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe
vorgenommen hat. Wenngleich in einigen Geschäften der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu ihrem Anteil an der
Brühler Bevölkerung als relativ hoch angesehen
werden kann, stellen bei den befragten Unternehmen Menschen ohne Migrationshintergrund
immer die Mehrheit. Ein Dienstleister gab an,
überhaupt keine Kundschaft mit Migrationshintergrund zu haben. Die zuweilen geäußerte Be-
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fürchtung einer wirtschaftlichen Segregation zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund kann im Fall der befragten Brühler Unternehmerschaft nicht bestätigt werden.
Auch international werden von den Befragten
geschäftliche Kontakte genutzt. Dabei spielen
Beziehungen ins Herkunftsland jedoch wenn
überhaupt nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Gerade im Bezug auf den türkischen Markt haben
in den letzten Jahren entscheidende Veränderungen stattgefunden, die hier den Kontakt weniger
attraktiv machen. Zum einen sind viele türkische
Produkte bereits über Großhändler in Deutschland erhältlich, was den persönlichen transnationalen Kontakt überflüssig macht. Zum anderen ist
der Export – beispielsweise von Automobilien –
stark reglementiert und daher kaum profitabel.
Internationaler Handel wird daher vor allem innerhalb der EU und mit dem mittel- und osteuropäischen Ausland betrieben.
5.4. Ausbildung
Selbstständige Unternehmen haben einen positiven Effekt auf die Stadt, in der sie ihren Standort
haben. Das gilt nicht nur für das zusätzliche Einkommen, das sie generieren oder ihre Dienstleistungen, die die Stadt attraktiver machen. Unternehmen können auch dadurch einen Beitrag leisten, in dem sie Arbeits- und Ausbildungsplätze
schaffen. Dabei ist besonders der Bereich der
Ausbildung für die Entwicklung der Stadt von Interesse. Ausbildungsplätze könnten dazu beitragen,
Fachkräfte stärker an die Stadt zu binden. Zu wenige Ausbildungsplätze in der Stadt führen unter
anderem auch zu Abwanderung von Jugendlichen.
Unternehmende mit Migrationshintergrund sind
hier in doppelter Weise gefragt: Auf der einen
Seite werden in Betrieben von Menschen mit Migrationshintergrund noch vergleichsweise weniger
Jugendliche ausgebildet als in der Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund.4 Zum anderen haben es Jugendliche mit Migrationshintergrund nach wie vor nachweislich schwerer einen
Ausbildungsplatz zu finden – und das bei sich
zunehmend angleichenden Schulabschlussnoten.
Dafür ist auch eine strukturelle Diskriminierung
Vgl. Christ, Friedemann; Reinecke, Meike; Welker, Carsten
(2007): Abschlussbericht. Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung von Unternehmen mit Migrationshintergrund, Hamburg.
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STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
5. AUSWERTUNG DER QUALITATIVEN INTERVIEWS
der einheimischen Betriebe verantwortlich.5 Es ist
zu vermuten, dass diese Jugendlichen in Betrieben von Menschen mit eigenem Migrationshintergrund einen leichteren Einstieg finden würden.
Entsprechend ist eine Erhöhung der Ausbildungsbeteiligung von Unternehmen mit Menschen mit
Migrationshintergrund für die Erreichung dieses
Zieles wichtig.
Die befragten Brühler Unternehmerinnen und
Unternehmer mit Migrationshintergrund sind an
der Möglichkeit, im eigenen Betrieb auszubilden,
sehr interessiert. In einigen der größeren Unternehmen wird der Ausbildung bereits ein sehr großer Stellenwert zugesprochen. In diesen Fällen
hatten die derzeitig beschäftigten Auszubildenden
überwiegend, aber nicht ausschließlich einen
Migrationshintergrund. Die anderen Unternehmenden waren sehr interessiert, müssen aber
zum Teil noch prüfen, inwieweit sie dafür die formalen Voraussetzungen erfüllen. Gemeint sind
damit beispielsweise der Ausbildungseignungsschein oder eine Meisterprüfung. Hier herrschte
bei den Befragten häufig Unkenntnis über die
genauen Bedingungen der Ausbildungsberechtigung, die formalen Hürden wurden jedoch häufig
als abschreckend empfunden. Daher wurde angegeben, zwar an Ausbildung interessiert zu sein,
dass aber der Aufwand in keinem Verhältnis zum
Nutzen stehe. In zwei Fällen wurde angegeben,
der eigene Betrieb sei für Lehrlinge zu klein und
es würde die Zeit für eine Unterweisung fehlen.
5.5. Bedarfe
Vorweg muss festgehalten werden, dass die befragten Unternehmerinnen und Unternehmer
angegeben haben, im direkten Kontakt mit der
Stadt bislang positive Erfahrungen gemacht zu
haben. Dies gilt insbesondere im Umgang mit
praktischen Fragen – beispielsweisen Brandschutz, Ordnungsamt und ähnlichem.
Bedarfe werden hingegen eher im Kontakt zu
allgemeineren Fragen oder Hilfestellungen gesehen. Hier fehlen z.T. klar ersichtliche, kompetente
Ansprechpartner. Gewünscht wird eine Person,
die tatsächlich alle für Unternehmende relevante
Informationen bereithält. Häufig ist die Erfahrung
in diesem Bereich, dass man von Person zu Person „weitergereicht“ wird, weil auch intern die
Zuständigkeiten nicht klar ersichtlich sind.
Als Kritikpunkt wurde auch genannt, dass in manchen Bereichen – beispielsweise in der Standortsuche oder auf dem Bauamt – ein aktiveres Entgegenkommen der Stadt Brühl gewünscht wird.
Generell sehen manche der Unternehmerinnen
und Unternehmer den Beitrag, den sie sowohl für
die Entwicklung des Wirtschaftstandorts Brühl als
auch als Serviceleistung für die Brühler Kundinnen und Kunden erbringen, nicht entsprechend
gewürdigt. Gerade in der Unternehmensgründungsphase wird ein solcher Kontakt als wichtig
angesehen. Häufig bestand hier die Erfahrung,
dass nach der Gewerbeanmeldung der Kontakt
zur Stadt völlig versiegte.
In einem Fall konnte ein für die Erweiterung des
Geschäftsbereiches notwendiges Formular bei der
IHK aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen
nicht ausgefüllt werden. Es sei zwar vor Ort ein
Dolmetscherservice angeboten worden, dieser sei
jedoch zu teuer gewesen.
Als weiterer Kritikpunkt wurde die Mietpreisentwicklung in der Innenstadt genannt. Hier hätten
sich die Mieten derart erhöht, dass häufig nur
noch große Ketten – besonders im Backwarenund Mobiltelefonbereich – sich dort Standorte
erlauben könnten. Für die Brühler Kundinnen und
Kunden sei diese Entwicklung jedoch nachteilig.
Neben der als zu gering empfundenen Bemühungen um die Unternehmenden wurde auch die bislang nur wenig ausgeprägte interkulturelle Ausrichtung der Stadt Brühl von einigen Interviewten
bemängelt. So wurde beispielsweise mehr multikulturell ausgerichtete Veranstaltung im Zentrum, beispielsweise ein interkulturelles Straßenfest, gefordert. An diesem könnten sich auch die
zahlreichen Unternehmerinnen und Unternehmer
mit Migrationshintergrund beteiligen, die ihr Geschäft in der Innenstadt haben.
5Granato,
Mona (2003): Jugendliche mit Migrationshintergrund
in der beruflichen Bildung. In: WSI Mitteilungen 8/2003, S. 474483.
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
14
6. ERGEBNISSE DES NETZWERKTREFFENS
6. Ergebnisse des Netzwerktreffens
Am 18. Januar 2012 fand im Rahmen des KOMMIN NRW geförderten Projektes zur Unterstützung
der Brühler Migrantenökonomie ein Netzwerktreffen statt. Im Namen des Bürgermeisters Michael Kreuzberg wurden dabei Unternehmerinnen
und Unternehmer mit Migrationshintergrund sowie ein Vertreter des Brühler Unternehmernetzwerkes „Werbe und Parkgemeinschaft (WEPAG
Brühl e.V.)“ eingeladen. Das Netzwerktreffen hatte zum einen das Ziel, die Unternehmerschaft
untereinander bekannt zu machen, um einen Erfahrungsaustausch über den derzeitigen Stand für
Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund in der Stadt Brühl zu ermöglichen. Dadurch sollte der unter anderem durch die
Experteninterviews verstärkte partizipative Prozess zur Entstehung dieses Handlungskonzeptes
vorangetrieben werden. Die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer erhielten so die Möglichkeit, ihre Perspektive offen darzulegen und unmittelbar mit
Vertretern der Stadt – dem Beigeordneten Dieter
Themen
Informationen und Beratung vor Ort
Freytag und der Integrationsbeauftragten Petra
Rempe - in Dialog zu treten.
Die Ergebnisse dieser Gespräche sind in folgender
Tabelle zusammengefasst.
Von den Unternehmerinnen und Unternehmern wurden Möglichkeiten zur
Information und Beratung jenseits der bestehenden, sich häufig außerhalb
von Brühl befindlichen, Angebote gewünscht.
Fehlende Vernetzung der
Migrantenunternehmen
Es wurde festgestellt, dass sich noch zu wenige Unternehmerinnen und
Unternehmer mit Migrationshintergrund in Brühl kennen und von diesen
Bekanntschaften profitieren können.
Engere Bindung zwischen Auch zwischen der Stadt Brühl und den Migrantenunternehmen wurde bisStadt und
lang noch eine gewisse Distanz ausgemacht, die es in Zukunft zu überbrüMigrantenunternehmen
cken gilt.
Auftragsvergabe der
WEPAG
Häufigere Treffen erwünscht
Herr Frank Pohl stellte die WEPAG Brühl e.V. den anderen Unternehmerinnen und Unternehmen vor. Es wurde darüber diskutiert, welche Vorteile –
beispielsweise im Bereich der Vernetzung – eine Mitgliedschaft für Unternehmen bietet.
Insgesamt äußerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Wunsch, dass
Vernetzungstreffen in dieser Form häufiger stattfinden sollten.
.
15
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
7. FAZIT
7. Fazit
Laut onomastischer Untersuchung der Gewerbedatei wurden in der Stadt Brühl insgesamt etwa
17% der 2652 Gewerbe von Menschen mit Migrationshintergrund angemeldet. Wenngleich hiervon
nicht alle abgemeldeten Betriebe abgezogen wurden,6 wird deutlich, dass Migrantenökonomie bereits heute eine große Rolle in Brühl spielt. Insbesondere in der Brühler Innenstadt wird dies durch
ein sehr vielfältiges, interkulturelles Waren- und
Dienstleistungsangebot deutlich.
Absolut gesehen sind die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund dabei im Handels- und Handwerksbereich
beschäftigt. Relativ gesehen besteht jedoch die
größte Überrepräsentanz im Bereich des Gastgewerbes: Über die Hälfte der Betriebe im Brühler
Gaststättenbereich wurde von einem Unternehmenden mit Migrationshintergrund eingetragen.
Während Frauen generell bei den Unternehmenden mit Migrationshintergrund im Vergleich zu
den Unternehmerinnen ohne Migrationshintergrund leicht unterrepräsentiert sind (25% im Vergleich zu 30%), trifft dies herkunftslandspezifisch
betrachtet nur mehr oder weniger zu. Im Fall der
türkischstämmigen Unternehmerinnen kann eine
deutlich
schlechtere,
im
Fall
der
polnischstämmigen Unternehmerinnen eine deutlich bessere Repräsentanz festgestellt werden.
Einzelunternehmen bilden absolut und relativ die
mit Abstand meistgewählte Unternehmensform
von Unternehmenden mit Migrationshintergrund.
Die größten Herkunftsgruppen unter den Brühler
Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationshintergrund werden von Türkisch-, Polnischund Griechischstämmigen gebildet. Anhand der
Daten aus der Gewerbedatei ließ sich feststellen,
dass die Unternehmenden aus diesen drei Herkunftsgruppen sehr unterschiedlich stark in den
verschiedenen Branchen verteilt sind. So sind die
türkischstämmigen Unternehmenden vor allem
im Handel, die Polnischstämmigen in Handwerk
und sonstigen Dienstleistungen und die
Griechischstämmigen im Bereich des Gastgewerbes tätig.
Aus dem partizipativ gestalteten Projekt, bei dem
durch Experteninterviews und ein Netzwerktreffen auch die Perspektive der Zielgruppe in den
Arbeitsprozess mit aufgenommen wurde, lässt
sich generell ein positives Feedback über die Zusammenarbeit mit der Stadt Brühl entnehmen.
Kritikpunkte, die genannt wurden, fließen in die
Handlungsempfehlungen dieses Konzeptes mit
ein. Sie sollen die Grundlage für eine in Zukunft
noch zielgruppengerechtere Unterstützung sein.
Im Projektverlauf wurde deutlich, dass noch große
Schwierigkeiten darin bestehen, die Zielgruppe
der Menschen mit Migrationshintergrund zur
Teilnahme an Treffen zu mobilisieren. Der Rücklauf fiel hierbei recht gering aus. Von den befragten Unternehmerinnen und Unternehmern wurden hierfür verschiedene Gründe genannt: Zum
einen entstünde der Kontakt häufig nicht, weil
beispielsweise die schriftsprachliche Kontaktaufnahme häufig keinen Erfolg habe – Briefe ohne
verbindlichen Inhalt würden ignoriert. Zum anderen sei den Unternehmerinnen und Unternehmern der Nutzen solcher Treffen im Vorhinein
nicht genug deutlich gewesen. Hier wird deutlich,
wie wichtig ein persönlicher Kontakt von der Stadt
zu ihren Unternehmenden von Anfang an ist. Die
folgenden Handlungsempfehlungen sollen dazu
einige Möglichkeiten vorstellen.
Dies gilt sowohl für die Betriebe von Menschen mit und ohne
Migrationshintergrund.
6
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
16
8. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
8. Handlungsempfehlungen
Die folgenden Handlungsempfehlungen sind
maßgeblich von den Schlussfolgerungen der
Standortanalyse sowie den Ergebnissen der Experteninterviews und des Netzwerktreffens inspiriert.
Bestehende Strukturen nutzen
Die Stadt Brühl verfügt bereits über sehr gute,
ausgebaute Strukturen, in denen sich Unternehmerinnen und Unternehmer austauschen können.
In den Experteninterviews wurde zuweilen geäußert, dass es gerade für Unternehmende mit Migrationshintergrund nicht einfach sei, sich in die
bereits gewachsenen, etablierten Strukturen in
Brühl einzubinden. Diese werden zum Teil als
relativ exklusiv wahrgenommen. Auf der anderen
Seite machten Vertreterinnen und Vertreter der
bestehenden Netzwerke auf der Kick-OffVeranstaltung deutlich, dass sie sich bereits erfolglos um mehr Unternehmende mit Migrationshintergrund bemüht hätten. So stehen nicht nur
die Angebote der Wirtschaftsförderung der Stadt
Brühl allen zur Verfügung7. Auch die Brühler
WEPAG freut sich über jeden Neuzugang. Jedoch
blieb hier der Rücklauf auf Anwerbemaßnahmen
recht gering. Obwohl aus den einzelnen Gesprächen deutlich wird, dass sehr wohl ein Interesse
an einer Zusammenarbeit bestünde, kommen
beide Seiten noch nicht zueinander. Auch die
Standortanalyse offenbart hier deutliche Diskrepanzen: Während laut Statistik über die Hälfte der
Gastgewerbe in Brühl von Menschen mit Migrationshintergrund betrieben werden, sind diese beim
Brühler Gastronomenstammtisch bislang deutlich
unterrepräsentiert.
An dieser Stelle ist zu prüfen, inwieweit vermittelnde Maßnahmen angestoßen werden können.
Gerade neuen Unternehmerinnen und Unternehmern könnte die Bedeutung und die Vorteile der
Teilnahme an den vorhandenen Strukturen verdeutlicht werden. Das gilt insbesondere auch für
Internetpräsenz der Wirtschaftsförderung der Stadt Brühl:
http://www.bruehl.de/wirtschaft/wirtschaftsfoerderung/index.
php
7
17
die WEPAG, deren Geschäftsführung die Wirtschaftsförderung der Stadt Brühl innehat.
Das im Rahmen dieses Projektes organisierte
Netzwerktreffen verdeutlichte dabei sowohl die
Hindernisse, als auch das Potenzial eines solchen
Austausches: Auf der einen Seite war es trotz
intensiver Bemühungen sehr schwierig, Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund für das Treffen zu gewinnen, die Resonanz blieb verhalten. In den Gesprächen wurde
eine sehr negative Erwartungshaltung deutlich:
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer waren
skeptisch, ob ein solches Treffen für sie von Nutzen ist und ob es sich dabei nicht um eine rein
symbolische Geste handele. Insbesondere der
schriftsprachliche Kontakt zeigte hierbei nur wenige Erfolge, der persönliche Kontakt ist jedoch
sehr zeitintensiv und nicht immer von der Stadt
leistbar.
Auf der anderen Seite macht das positive Feedback der Veranstaltung deutlich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von diesem Zusammentreffen durchaus direkt profitieren konnten. Entsprechend wurde auch der Wunsch geäußert, diese Art Treffen zu wiederholen. Durch positive Mundwerbung ist zu hoffen, dass mit der
Zeit ein größeres Vertrauen und Interesse an einem Austausch unter den Unternehmenden entsteht. Dafür ist es zentral, dass Multiplikatoren
identifiziert und in die bestehenden Strukturen
eingebunden werden. Über diese kann eine weitere Ausweitung auf die Zielgruppe erfolgen. Dabei
ist auch zu prüfen, ob eine Vernetzungstreffen
auch auf Kreisebene stattfinden könnte.
Handlungsempfehlungen
Unternehmende mit Migrationshintergrund beim Eintritt in die etablierten
Strukturen der lokalen Wirtschaft unterstützen.
Die Ansprache und der Vertrauensaufbau
zu Unternehmenden mit Migrationshintergrund durch Multiplikatoren stärken.
Vernetzungstreffen evtl. auch auf Kreisebene fortführen.
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
8. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
Ausbildungsbetriebe weiter fördern
Die Ergebnisse der Experteninterviews verdeutlichen erfreulicherweise, dass einige der befragten
Unternehmen bereits sehr aktiv Ausbildungsplätze bereitstellen. Bei anderen fehlen jedoch noch
Informationen über die genauen Konditionen und
den Nutzen der Ausbildung im eigenen Betrieb.
So gaben einige Unternehmerinnen und Unternehmer im Gespräch an, ihr Betrieb sei für eine
Ausbildung zu klein. Bei anderen herrschte Unsicherheit darüber, ob sie überhaupt die notwendige
Qualifikation für eine Ausbildung besitzen. Anderen erschien der Weg zu einem Ausbildungsbetrieb als zu bürokratisch und zeitaufwendig, als
dass sich der Aufwand dafür lohne.
Weitere Ausbildungsplätze liegen sowohl im Interesse der Stadt als in dem der Unternehmen. Es
ist daher notwendig, die konkreten Bedingungen,
die möglichen (Zeit-)Kosten, aber auch den Nutzen der Ausbildung für die Betriebe genau zu klären und an die Unternehmerinnen und Unternehmer zu vermitteln. Gerade im Bereich nicht anerkannter Abschlüsse gilt es zu prüfen, wo hier noch
Handlungsmöglichkeiten bestehen und unter welchen Umständen eine Ausbildertätigkeit doch
möglich ist.
In diesem Bereich ist eine Kooperation mit den
verschiedenen Akteuren besonders sinnvoll. Zu
prüfen ist, ob sich gemeinsam etwa mit den
Kammern Projekte realisieren lassen, in denen
sich sowohl die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund als auch die
Bereitstellung von Ausbildungsplätzen von Unternehmenden mit Migrationshintergrund erhöhen
lässt.
Handlungsempfehlung
Informationsveranstaltungen zu Ausbildungsvoraussetzungen in Zusammenarbeit der Arbeitsmarktakteure durchführen.
Kooperationen
von Arbeitsagenturen,
Kammern, Migrantenorganisationen u.a.
anstreben, um Ausbildungsbeteiligung
von Menschen mit Migrationshintergrund
zu erhöhen.
Potenziale für einheimische Unternehmen nutzen
Das Potenzial, das die Menschen mit Migrationshintergrund in Brühl mitbringen, kann auch für
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
einheimische mittelständische Unternehmen von
Nutzen sein. Gerade die Unternehmen, die sich
international ausrichten wollen oder dies schon
vollzogen
haben,
können
über
Migrantenunternehmen und andere Kontakte in
diese Bevölkerungsgruppe einen ersten Einstieg
in neue Märkte anstoßen.
Viele Herkunftsländer von Menschen mit Migrationshintergrund in Brühl wie die Türkei, Polen
oder Russland sind erstarkte Volkswirtschaften.
Hier können erste Kontakte schon in Brühl beginnen. Andere Herkunftsländer wie Griechenland
oder Spanien haben qualifizierte Fachkräfte, die in
Brühler Unternehmen eingesetzt werden können.
Die Stadt Brühl hat durch ihre kulturelle und religiöse Vielfalt für diese Fachkräfte viel zu bieten.
Handlungsempfehlungen
Netzwerke und Kompetenzen der Menschen mit Migrationshintergrund durch
Brühler Unternehmen für ihre internationale Ausrichtung nutzen.
Die kulturelle Vielfalt durch Brühler Unternehmen und die Stadt Brühl als Standortfaktor.
Die Vielfalt der Brühler Unternehmen fördern
und anerkennen
Bei dem Netzwerktreffen wurde festgestellt, dass
die Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund die vorhandenen Informationen der Stadt nur selten abrufen. Ein Grund wird
in der unzureichenden Kommunikation zwischen
Unternehmen und der Stadt gesehen. Hier kann
gezielt daran gearbeitet werden, eine Willkommenskultur in der Stadt Brühl speziell auch auf
die Unternehmenden mit Migrationshintergrund
auszurichten. Die Strukturdatenanalyse macht
deutlich, dass bereits heute etwa ein Fünftel der
Unternehmen in Brühl von Menschen mit Migrationshintergrund geführt werden. Entsprechend
stellt diese Zielgruppe bereits einen wichtigen Teil
der lokalen Wirtschaft dar. Hier ist zu prüfen,
inwieweit die Angebote und Dienstleistungen von
Stadt und Akteuren der lokalen Wirtschaft auch
Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund in den Blick nehmen.
Um der bereits gelebten Vielfalt der Brühler Unternehmenden zu entsprechen und den Kontakt
zum gegenseitigen Gewinn zu verbessern, könnten in den Verwaltungsstellen mit Kontakt zu Un-
18
8. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
ternehmen und bei weiteren Akteuren der lokalen
Wirtschaft interkulturelle Öffnungsprozesse angeregt werden. So können beispielsweise durch
interkulturelle Trainings Kommunikationsbarrieren identifiziert und abgebaut werden.
Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund könnten zudem stärker in die
Organisation von interkulturellen Straßenfesten
eingebunden werden. Dies setzt zugleich voraus,
dass die Unternehmenden auch die Bereitschaft
der Mitarbeit signalisieren und bspw. mit der
WEPAG zusammenarbeiten. Hier würde sich zum
einen die Möglichkeit des Austausches und des
Kennenlernens ergeben. Zum anderen würde
dadurch auch das Zugehörigkeitsgefühl gestärkt
und ein deutliches Signal der Anerkennung vermittelt werden.
Handlungsempfehlung
Prozess der interkulturellen Öffnung
initiieren, die Angebote für und die Kommunikation mit Unternehmenden mit
Migrationshintergrund verbessern.
Migrantenunternehmen in die Organisation eines regelmäßig stattfindenden interkulturellen Straßenfestes in der Innenstadt (Markt, Uhl- und Kölnstraße) einbinden.
Öffentlichkeitsarbeit nutzen
Aus den Gesprächen mit den Unternehmerinnen
und Unternehmern mit Migrationshintergrund
wurde deutlich, dass sich viele von ihnen eine
engere Bindung zur Stadt Brühl wünschen. Mit
der Verwaltung sind sie in der Regel nur bei der
Gewerbeanmeldung in Berührung gekommen.
Seitdem sind sie jedoch nur bei konkretem Bedarf
mit der Stadt in Kontakt getreten. Die Stadt im
Gegenzug geht ihren Pflichten nach und kontaktiert die Unternehmen in der Regel nur, wenn sie
etwas zu beanstanden oder zu überprüfen hat.
Die Atmosphäre im Wirtschaftsstandort Brühl
könnte hier für die klein- und mittelständischen
Unternehmen verbessert werden. Dazu könnte ein
aktives Zugehen von Wirtschaftsförderung oder
anderen Akteuren der lokalen Wirtschaft insbesondere auf neue Unternehmerinnen und Unternehmer beitragen als Teil einer aktiven Willkommenskultur. Die Stadt Brühl ist an erfolgreichen
Unternehmen aller Branchen interessiert und
zeigt Wertschätzung für erfolgreiche Existenzgründerinnen und -gründer. Dies könnte auch
19
durch Öffentlichkeitsarbeit und die Presse stärker
in
den
Fokus
gerückt
werden.
Migrantenunternehmen sind ein Paradebeispiel
dafür, welche Potenziale Menschen mit Migrationshintergrund mitbringen. Die bereits aktiven
Unternehmerinnen und Unternehmer können so
stärker an die Stadt Brühl gebunden und die Attraktivität für neue Unternehmen gesteigert werden.
Handlungsempfehlungen
Migrantenunternehmen in der Öffentlichkeitsarbeit und den lokalen Medien in den
Fokus nehmen.
Informationsangebote bündeln
Eine Unternehmensgründung stellt für jeden
Menschen zunächst eine Herausforderung dar,
insbesondere, wenn es das erste Unternehmen
ist. Die Befragung der Unternehmerinnen und
Unternehmer mit Migrationshintergrund zeigte,
dass einige zwar bereits auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen können, viele jedoch neu in
die Selbstständigkeit gestartet und erst seit kurzer Zeit in Brühl aktiv sind. Hier wurde deutlich,
dass die Schwelle, um an die für sie relevanten
Informationen in der Stadtverwaltung zu gelangen, von den Unternehmerinnen und Unternehmern als relativ hoch empfunden werde. Die Akteure der lokalen Wirtschaft und die Stadt könnten hier noch einmal prüfen, ob die Übergänge in
der Beratung verbessert und Zuständigkeiten für
Migrantenunternehmen transparenter gestaltet
werden können.
Ein Vorschlag aus dem Netzwerktreffen war auch,
bereits erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer aus den verschiedenen Branchen als
Multiplikatoren zu gewinnen. Diese könnten fachspezifisch ihre eigenen Erfahrungen an Neugründerinnen und –gründer weitergeben und diese an
Ansprechpartner vermitteln.
Handlungsempfehlungen
Die Koordination des Beratungsangebots
für Migrantenunternehmen zwischen der
lokalen Wirtschaft und den relevanten
Verwaltungsstellen prüfen.
Erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer als Multiplikatoren und Mittler
gewinnen.
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
9. ANHANG
9. Anhang
9.1. Liste der beteiligten Institutionen
Institutionen
Agentur für Arbeit Brühl
Arbeitgeberservice Brühl
Brühler Gastronomen-Stammtisch
Deutscher Hotel- und Gaststättenverband
Handwerkskammer zu Köln
Industrie- und Handelskammer zu Köln
Integrationsausschuss Brühl
Jobcenter Rhein-Erft
Startercenter NRW
WEPAG Brühl
Wirtschaftsförderung Brühl
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
20
9.2. Interviewleitfaden
(bspw. zu Mitarbeitern, Insolvenz etc.) ausgelassen werden.
1.
Einführung
1.1
Ausgangslage
Die Stadt Brühl möchte die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Menschen mit Migrationshintergrund in
Brühl unterstützen. In diesem Zusammenhang
sollen
die
Rahmenbedingungen
und
Anreizsysteme, die ein erfolgreiches Unternehmertum begünstigen, und die Bedarfe an Unterstützung und Förderung der Unternehmerschaft
mit Migrationshintergrund ermittelt werden.
Dafür
sollen
durch
Interviews
mit
Migrantenunternehmerinnen und -unternehmern
Chancen und Barrieren in der Migrantenökonomie
erfragt und analysiert werden.
2.
Interviewleitfaden zu
Hypothesenprüfung
Die Leitfragen dienen dem Einstieg ins Thema und
werden durch vorgegebene Unterfragen ergänzt.
1.2
Hypothese zur Befragung
Hypothese: Im Bereich der Migrantentenökonomie
gibt es in der Stadt Brühl versteckte Potentiale
hinsichtlich der Wirtschaftskraft von Menschen
mit Migrationshintergrund.
Die Befragung geht davon aus, dass Menschen mit
Migrationshintergrund
wirtschaftliche Vorgänge anders auffassen,
anders definieren und anders gestalten als
Personen, die in der Mehrheitsgesellschaft
wirtschaftlich tätig sind.
„andere“ soziale und familiäre Strukturen
aufweisen und vielfach über eine „andere“
Mentalität verfügen (Stichworte: Risikobereitschaft, Dienstleistungsbereitschaft).
einen Neuaufbau in wirtschaftlicher Hinsicht
bewerkstelligen müssen.
spezifische Schwächen bzw. Stärken haben
können in den Bereichen Sprache, Bürokratie, Mentalität.
2.2
Erfahrungen und Vernetzung
Frage I: Wie lange sind Sie als Unternehmer/in in
Brühl aktiv?
1.3
Ziel der Hypothesenbefragung
Die Interviews sollen in erster Linie Potentiale und
Probleme im Bereich Migrantenökonomie sichtbar machen, anhand derer bedarfsorientierte
Handlungsempfehlungen abgeleitet und umgesetzt werden können.
1.4
Durchführung
Die Interviews werden als ergebnisoffene Einzelgespräche geführt. Die offenen Fragen des Interviewleitfadens dienen als Hilfsmittel zur Strukturierung des Gesprächs. Je nach Interviewpartner
und Gesprächssituation können einzelne Fragen
21
2.1
Einführung
Zweck des Interviews erklären:
Projekt vorstellen:
Hinweis zu Datenschutz und Freiwilligkeit
der Angaben
Unternehmensdaten:
Unternehmensform, Gründungsjahr, Anzahl der
Mitarbeiter
Zusatzfragen:
Seit wann sind Sie als Unternehmer/in in
Brühl bzw. im Rhein-Erft-Kreis aktiv?
Ist dies Ihr erstes Gewerbe?
Welche Hilfestellungen haben Sie bei der Existenzgründung in Anspruch genommen?
Frage II: Welche Migrantenunternehmen in Brühl
kennen Sie? Stehen Sie untereinander im Kontakt?
Zusatzfragen:
Wie viele GmbHs kennen Sie, die von Migrantinnen oder Migranten geführt werden?
Besteht
eher
Kontakt
zu
Migrantenunternehmen aus der gleichen Branche oder mit dem gleichen Migrationshintergrund?
Haben Sie Kontakt zu Migrantenorganisationen
oder zu gewählten Mitgliedern des Brühler Integrationsausschusses?
Stehen Sie in Kontakt zur Wirtschaftsförderung,
IHK, HWK etc.?
Gibt
es
Kooperationen
zwischen
Migrantenunternehmen und deutschen Unternehmen? Wie kann man diese beschreiben?
Frage III: In wie weit ist Ihr Unternehmen auf ihre
eigene Migrantengruppe ausgerichtet?
STADT BRÜHL HANDLUNGSKONZEPT "MIGRANTENÖKONOMIE"
9. ANHANG
Zusatzfragen:
Bedienen Sie hauptsächlich die Bedürfnisse der
eigenen Migrantengruppe? Haben Sie damit
ausschließlich gute Erfahrungen gemacht?
Wie hoch ist der Anteil der deutschen
Kunden sowie der Kundschaft anderer
ethnischer Herkunft?
Wie ist Ihre Mitarbeiterschaft strukturiert?
Sind in leitenden Positionen Mitarbeiter
oder Mitarbeiterinnen mit Migrationshintergrund?
Wie hoch ist das Engagement der Familie
am Unternehmen?
2.3
Motive der Selbständigkeit
Frage IV: Welche Beweggründe hatten Sie bei der
Gründung Ihres Unternehmens?
Zusatzfragen:
Was war der Auslöser für die Entscheidung,
sich selbstständig zu machen?
Wie entstand Ihre Geschäftsidee?
Wie bewältigten Sie die Gründungsphase?
Wer half dabei?
Haben Sie die Angebote der Kammern und
der Wirtschaftsförderung genutzt?
Gibt
es
Ihnen
bekannte
Migrantenunternehmen in Brühl, die in
Insolvenz gegangen sind? Was waren die
Gründe?
2.4
Aus- und Weiterbildung
Frage V: Welchen Stellenwert hat Aus- und Weiterbildung in Ihrem Unternehmen?
2.5
Kontakte in die Herkunftsländer
Frage VI: Kann man die Kontakte der Menschen
mit Migrationshintergrund in ihr Heimatland geschäftlich nutzen?
Zusatzfragen:
Sind Ihr Unternehmen oder Ihnen bekannte
Migrantenunternehmen in Brühl international
tätig?
Welche Vorteile haben Sie davon?
2.6
Handlungsbedarfe
Frage VII: In welchen Bereichen der Brühler
Migrantenunternehmen gibt es Ihrer Meinung
nach Handlungsbedarf? Wie könnte die Förderung, Beratung und Betreuung in Brühl verbessert werden?
Zusatzfragen:
Welche Hilfestellungen wünschen Sie sich
bspw. bei der Beratung und Vernetzung
von Migrantenunternehmen?
Was fehlt den Migrantenunternehmen aus
Ihrer Sicht in Brühl und im Rhein-ErftKreis?
Welche Erwartungen gibt es seitens der
Unternehmensgründer
und
-gründer
innen an die Behörden?
2.7
Ausblick
Weitere Bearbeitung der Interviews erklären.
Weiteres Vorgehen im Projekt erläutern.
Zusatzfragen:
Wie viele Auszubildende welcher Herkunft
haben Sie?
Falls keine, wieso bilden Sie nicht aus?
Sind Sie ausreichend informiert über das
Thema Ausbildung?
Welche Schwierigkeiten sehen Sie in der
Betreuung der Auszubildenden?
Fördern Sie Weiterbildungsmaßnahmen in
Ihrem Betrieb?
Nutzen Sie die staatliche Förderung zur
Weiterbildung Ihrer Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter?
Wie bilden Sie persönlich und Ihnen bekannte
Migrantenunternehmerinnen
und
unternehmer sich fort?
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Impressum
Herausgeber
Stadt Brühl
Der Bürgermeister
Uhlstraße 3
50321 Brühl
Stand
27.04.2012
Redaktion
imap GmbH
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