Daten
Kommune
Pulheim
Größe
1,4 MB
Datum
12.10.2011
Erstellt
04.10.11, 11:54
Aktualisiert
06.10.11, 16:16
Stichworte
Inhalt der Datei
Landschaftspflegerische Stellungnahmen
mit spezielle Artenschutzprüfung (saP)
zum Bau des
RKB/ RRB und SW-Pumpwerk Sinnersdorf
Auftraggeber:
Bonn, Juli 2011
Breite Straße 21 • 53111 Bonn
www.zumbroich.com
Auftraggeber: Stadt Pulheim
Alte Kölner Straße 26
50259 Pulheim
Bearbeitung: Zumbroich GmbH & Co. KG
Landschaft + Gewässer
Dipl. Ing. (FH) Landschaftsarchitektur Harald Grote
Vogelkartierung: Dipl.-Geogr. Elmar Schmidt
Amphibienkartierung: Andreas Mees
Breite Straße 21 - 53111 Bonn
Tel.: 02 28.22 77 77 0
Fax: 02 28.22 77 77 1
www.zumbroich.com
Landschaftspflegerische Stellungnahme RKB/ RRB und SW-Pumpwerk Sinnersdorf
Seite 1
Inhaltsverzeichnis
1
Veranlassung ................................................................................................ 4
2
Betrachtungsraum ....................................................................................... 5
2.1
Lage des Betrachtungsraumes .......................................................................... 5
2.2
Landschaftsbild .................................................................................................. 5
2.3
Flächennutzungsplan (FNP) ............................................................................... 6
3
Bestandsaufnahme ...................................................................................... 7
3.1
Vorgehensweise bei der Biotoptypenkartierung .............................................. 7
3.1.1
Biotoptypenkartierung........................................................................................ 7
3.1.2
Biotopbewertung ................................................................................................ 9
3.1.3
Bäume ................................................................................................................. 9
3.2
Vorgehensweise bei der Betrachtung von planungsrelevanten Arten .......... 10
3.3
Verwaltungsvorschrift (VV) Artenschutz ......................................................... 13
3.3.1
Vögel ................................................................................................................. 13
3.3.2
Amphibien ......................................................................................................... 15
4
Planungsrelevante Arten .......................................................................... 17
4.1
Artengruppe der Säugetiere ............................................................................ 17
4.2
Artengruppe der Vögel ..................................................................................... 17
4.3
Artengruppe der Amphibien............................................................................. 19
5
Eingriffsbeschreibung............................................................................... 21
5.1
Allgemeine Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen ........................................ 21
5.2
Bauzeit............................................................................................................... 21
6
Besprechung .............................................................................................. 22
7
Literatur...................................................................................................... 23
Landschaftspflegerische Stellungnahme RKB/ RRB und SW-Pumpwerk Sinnersdorf
Seite 2
Pläne
Blatt 1, Bestand und Konflikte
Blatt 2, Maßnahmen
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Luftbild Pulheim-Sinnersdorf, Quelle Google Earth ....................................... 5
Abbildung 5: Übersichtkarte unmaßstäblich (Quelle: Google Earth, 2011) ..................... 20
Tabelle 1: Biotoptypeninventar und Bewertung ................................................................... 9
Tabelle 2: Vögel im Bereich des RRB Sinnersdorf (Stand: 25.05.2011) .......................... 15
Tabelle 3: planungsrelevante Arten in Pulheim nach LANUV ............................................ 18
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1 Veranlassung
„[…] Die Ortslage Sinnersdorf entwässert derzeit über drei RW-Hauptsammler zu einem
offenen Regenrückhaltebecken (RRB) im Westen von Sinnersdorf an der Stommelner Straße/Wupperstraße. Der Abfluss des RRB wird über ein Pumpwerk in einen Freispiegelkanal
gehoben und von dort in den Kölner Randkanal eingeleitet.
Für die Einleitung des RRB Sinnersdorf in den Kölner Randkanal liegt ein Erlaubnisbescheid
des RP Köln vom 30.11.1990 unter dem Aktenzeichen 54.1-3.1-(3.9)-40_Nie vor [4]. Die
genehmigte Einleitungsmenge beträgt 1000 l/s. Die Erlaubnis ist befristet bis zum
31.12.2010.
Mit dem Runderlass „Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren“ („Trennerlass“) des MUNLV vom 26.05.2004 [1] wurden neue Randbedingungen für
die Einleitungen aus Trennsystemen in Gewässer formuliert. Nach der von der Franz Fischer Ingenieurbüro GmbH durchgeführten Analyse der Flächenbelastung für das Stadtgebiet Pulheim [5] sind die Flächen in der Ortslage von Sinnersdorf den Kategorien 1, 2A und
2B zuzuordnen, wonach eine Niederschlagswasserbehandlung in Form eines Regenklärbeckens, erforderlich wird.
Im Rahmen einer Studie [7] wurden hierzu bereits erste Überlegungen angestellt. In diesem Zusammenhang wurde auch der notwendige Sanierungsbedarf des Regenrückhaltebeckens und des Drossel- und Entleerungspumpwerkes ermittelt. Als Grundlage wurde auf
der Basis der vorliegenden Kanalnetzanzeige [3] eine vereinfachte hydrodynamische Kanalnetzberechnung durchgeführt.
Die Franz Fischer Ingenieurbüro GmbH wurde im Juli 2009 von der Stadt Pulheim mit der
Entwurfs- und Genehmigungsplanung für das neue Regenklärbecken und die Sanierung
des vorhandenen Regenrückhaltebeckens in Sinnersdorf beauftragt.“ (aus: Antrag nach §§
8, 9, 10 und 11 WHG RKB / RRB Sinnersdorf in Pulheim Erläuterungsbericht, unveröff.
(2011)).
Das Planungsbüro Zumbroich wurde am 10.02.2011 mit der Erstellung einer Landespflegerischen Stellungnahme und der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beauftragt. Es
wurden dabei vor Ort Vögel und Amphibien näher untersucht. Im Flächennutzungsplan ist
die Fläche für den Hochwasserschutz und als Sportplatz ausgewiesen.
Damit ist aus rechtlicher Sicht keine Eingriffs- und Kompensationsberechnung sowie eine
Maßnahmenplanung für die Sanierung und Erweiterung erforderlich.
Die Stadt Pulheim ist an einer ökologisch sinnvollen Lösung interessiert, die nicht nur den
wasserwirtschaftliche Teil beinhaltet. Der Eingriff soll auch aus landschaftspflegerischer
Sicht bestmöglich durchgeführt werden, sodass auch der Artschutz entsprechend berücksichtigt wird.
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2 Betrachtungsraum
2.1 Lage des Betrachtungsraumes
Der Untersuchungsraum liegt in Pulheim-Sinnersdorf, nordwestlich der Stadt Köln.
Die Fläche ist ca. 7.344 m² groß. Begrenzt wird sie im Norden durch die Stommelner Straße, im Westen vom Kölner Randkanal, im Osten durch die Wupperstraße und im Norden
durch die Verlängerung der Dhünnstraße.
Abbildung 1:
Luftbild von Pulheim-Sinnersdorf, innerhalb des roten Kreises liegt die betrachtete Fläche.
Quelle: Google Earth.
2.2 Landschaftsbild
Großräumig wird das Landschaftsbild durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Die Landschaft ist fast vollständig ausgeräumt und verfügt über nur wenige Strukturelemente wie Hecken, Bäume und Baum-Strauchgruppen.
Der Betrachtungsraum liegt am westlichen Rand der ländlichen Wohnbebauung, die unmittelbar im Norden und Osten anschließt. Es handelt sich hier um eine Bebauung mit Einfamilienhäusern, mit entsprechender Siedlungsstruktur.
Im Westen befindet sich ein Sportplatz und im Norden eine Sporthalle.
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2.3 Flächennutzungsplan (FNP)
Abbildung 2: Ausschnitt FNP, Bereich Sinnersdorf.
Im Flächennutzungsplan ist das bestehende Regenrückhaltebecken ausgewiesen (blau
RR).
Die Erweiterungsfläche für den Neubau ist als Grünfläche mit Sondernutzung Sportplatz
(hellgrün) ausgewiesen.
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3 Bestandsaufnahme
3.1 Vorgehensweise bei der Biotoptypenkartierung
Am 08.02.2011 wurde der Betrachtungsraum begangen. Bei der Begehung wurden die
Artenzusammensetzung und der Brusthöhendurchmesser der Gehölze festgestellt. Auf
Grundlage dieser Erhebung wurde die Biotoptypenkartierung erstellt.
Jeder Biotoptypen wurde einzeln erfasst und abgegrenzt. Die Bezeichnung erfolgt gemäß
dem detaillierten Biotoptypenschlüssel des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (2009) mit Zusatzcodes des numerischen Bewertungsverfahrens von Biotoptypen.
3.1.1 Biotoptypenkartierung
Im betrachteten Eingriffsraum sind drei Biotoptypen ausgebildet, Straßen werden als Biotop nicht extra beschrieben.
Das Mischwasserbecken
Foto 1: Mischwasserbecken
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-
Die Gehölzreihe um das Mischwasserbecken und die Allee aus Linden entlang
der Stommelner Straße
Foto 2: Gehölzbestand
-
Gehölzstreifen der sich im Norden an die Fläche anschließt.
Foto 3: Baumstrauchgruppe
Durch die intensive urbane Nutzung des Raumes sind die Biotope in ihrer Ausprägung beeinträchtigt. Jedoch haben sie im Siedlungsbereich eine besondere ökologische Bedeutung. Sie stellen im näheren Umfeld die einzige „Gehölzinsel“ dar.
Es ist davon auszugehen, dass sich dort vorkommende Arten an die optische Unruhe angepasst haben.
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3.1.2 Biotopbewertung
Die Bewertung des Biotoptypeninventars erfolgt anhand des numerischen Bewertungsverfahrens für Biotoptypen des LANUV NRW.
Tabelle 1: Biotoptypeninventar und Bewertung
Biotoptypenbeschreibung
(LANUV NRW)
Mischwasserbecken
Biotoptypenkürzel
FF. wf 4
Versiegelte, Fläche (Straße)
VF 0
Baumreihe aus lebensraumtypischen Baumarten, mittleres Baumholz bis BHD bis 80
cm
BF 90, ta 11
Gehölzsteifen, Stangenholz,
mit lebensraumtypischen Gehölzen > 50 - 70 %
BD 3, ta 3, 70
Rasenfläche, intensiv genutzt
HJ, mc 1
Ist-Beschreibung
Biotopwert
Massiv ausgebautes Mischwasserbecken aus Beton
Verkehrsfläche mit
Schwarzdecke
Entlang des Beckens haben
sich vorwiegend Robinien
eingestellt. Der Stammumfang ist der Baumkartierung
der Stadt Pulheim zu entnehmen.
Der Gehölzstreifen wird zum
überwiegenden Teil aus
lebensraumtypischen Gehölzen gebildet. Er schließt
sich im Norden an das RRB
an.
Intensiv gepflegter Scherrasen entlang der Böschungsoberkante bis zur angrenzenden Straße
1
0
7
4
2
3.1.3 Bäume
Im Rahmen der Baumkartierung der Stadt Pulheim wurde folgender geschützter Baumbestand am RRB Sinnersdorf erfasst.
Auf dem Gelände befinden sich insgesamt 28 Bäume, die durch die Baumsatzung der Stadt
Pulheim geschützt sind.
Im einzelnen handelt es sich um 24 Robinien (Robinia pseudoacacia) und 4 mehrstämmige
Spitzahorn (Acer platanoides).
Die Bäume im Bereich des vorhandenen Beckens:
Entlang der Stommelner Straße befinden sich sechs geschützte Robinien mit folgenden
Stammumfängen: 152 cm, 150 cm, 150 cm, 228 cm, 184 cm, 150 cm
Entlang der Wupperstraße stehen drei geschützte Robinien: 180 cm, 190 cm, 265 cm
Im Grenzbereich zum Sportplatz befinden sich elf geschützte Robinien: 147 cm, 143 cm,
220 cm, 265 cm, 150 cm, 236 cm, 186 cm, 205 cm, 215 cm, 150 cm, 140 cm
Im Grenzbereich zu der Wildwuchsfläche stehen drei geschützte Robinien: 187 cm, 143
cm, 150 cm
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Bäume außerhalb des vorhandenen Beckens:
Auf der Wildwuchsfläche im Anschluss an das vorhandene Becken stehen fünf geschützte
Bäume, 1 Robinie, 410 cm und vier mehrstämmige Spitzahorne; 153 cm, 162 cm, 151 cm,
170 cm.
In der Böschung zum Sportplatz entlang der Stommelner Straße stehen sechs Linden (Tilia
spec.). Diese Bäume sind aufgrund ihres Umfangs nicht durch die Baumsatzung geschützt,
sollten aber auf jeden Fall sowohl aus ökologischen als auch aus städtebaulichen Gründen
erhalten bleiben.
Die Planung des RRB wurde im Zuge der Voruntersuchungen so verändert, dass die Linden
erhalten bleiben.
3.2 Vorgehensweise bei der Betrachtung von planungsrelevanten Arten
Die Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vom 25. März 2002 führte zu
einer wesentlichen Aufwertung des gesetzlichen Artenschutzes. Weitere Änderungen haben sich durch die „Kleine Novelle“ des BNatSchG vom 12. Dez. 2007 ergeben. Bei Eingriffen in Natur und Landschaft müssen grundsätzlich die „streng geschützten Arten“ und die
„besonders geschützten Arten“ einschließlich der „europäischen Vogelarten“ berücksichtigt werden (KIEL 2005, MUNLV 2007). Diese unter dem Begriff „planungsrelevante Arten“
zusammengefassten Artengruppen werden in § 7 Abs. 2 Nr. 10-13 BNatSchG definiert,
wobei sich der Gesetzgeber auf vier europa- bzw. bundesweit geltende Richtlinien und
Verordnungen stützt:
-
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL; Richtlinie 92/43/EWG),
-
Anhang IV Vogelschutz-Richtlinie
Artenschutzverordnung (EG-ArtSchV);
-
Verordnung (EG) Nr. 338/97, Anhang A und B
-
Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV; Rechtsverordnung nach § 53 BNatSchG),
Anlage 1, Spalte 2 und 3
(V-RL;
Richtlinie
79/409/EWG)
EG-
In Nordrhein-Westfalen entfallen etwa 1.100 Arten auf die zuvor genannten Schutzkategorien. Insbesondere der Katalog der „besonders geschützten Arten“ ist sehr umfangreich,
u. a. gehören alle wild lebenden einheimischen Vogelarten dazu. Es ist festzustellen, dass
diese Arten in ihrer Gesamtheit in der Planungspraxis nicht bewältigt werden können. Im
Zuge der „Kleinen Novelle“ des BNatSchG vom 12. Dez. 2007 wurden die nur national „besonders geschützten Arten“ (ca. 800 in NRW) von den artenschutzrechtlichen Verboten bei
Planungs- und Zulassungsvorhaben pauschal freigestellt (§ 44 Abs. 5 BNatSchG). Sie sind
aber dennoch in der Eingriffsregelung zu berücksichtigen.
Das Artenspektrum reduziert sich damit auf die „streng geschützten Arten“ – inkl. der
„FFH-Anhang-IV-Arten“ – und die „europäischen Vogelarten“. Da sich unter den Vogelarten
auch zahlreiche „Allerweltsarten“ befinden, wurde eine Planungshilfe erstellt, welche die
213 regelmäßig in Nordrhein-Westfalen vorkommenden, planungsrelevanten „streng geschützten Arten“ und „europäischen Vogelarten“ auflistet, die bei der artenschutzrechtlichen Prüfung in Fachplanungen zu berücksichtigen sind (MUNLV 2007, http://www.naturschutzfachinformationssysteme-nrw.de/artenschutz/content/de/index.html; vgl. auch Erläuterungen in KIEL 2005).
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Verbote
In § 44 Abs.1 BNatSchG ist ein umfangreicher Verbotskatalog zum Artenschutz aufgeführt.
So ist es z. B. verboten, wild lebende Tiere der „besonders geschützten Arten“ zu fangen,
zu verletzen oder zu töten sowie ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu
beschädigen oder zu zerstören. Ebenso dürfen ihre Fortpflanzungs- oder Ruhestätten nicht
beschädigt oder zerstört werden. Bei den „streng geschützten Arten“ und den „europäischen Vogelarten“ gilt zusätzlich ein Störungsverbot. Während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten ist es verboten, die Tiere so erheblich zu stören, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert.
Bei den wild lebenden Pflanzen der „besonders geschützten Arten“ ist es verboten, die
Pflanzen selbst, ihre Entwicklungsformen oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.
Darüber hinaus ist gemäß § 15 Abs. 5 BNatSchG ein Eingriff unzulässig, wenn in seiner
Folge Biotope zerstört werden, die für dort wild lebende Tiere und wild wachsende Pflanzen der „streng geschützten Arten“ nicht ersetzbar sind. Die Betrachtung erfolgt dabei auf
der Populationsebene.
Freistellungen und Ausnahmen
Bei genehmigungspflichtigen Planungs- oder Zulassungsvorhaben besteht das Ziel des
Artenschutzes vor allem darin, den Erhalt der Populationen und die ökologischen Funktionen der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sicherzustellen.
Nach § 44 Abs. 5 BNatSchG liegt ein artenschutzrechtlicher Verstoß nicht vor, wenn der
Eingriff nach § 15 BNatSchG zulässig ist und in Bezug auf die Arten des Anhangs IV der
FFH-Richtlinie und die „europäischen Vogelarten“ die ökologischen Funktionen der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt
werden. Soweit erforderlich, können dazu vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt
werden. Dies kann durch die Erweiterung bestehender Lebensstätten oder die Anlage neuer Lebensstätten geschehen. Sie müssen aber stets in einem direkten räumlichen Zusammenhang stehen und bereits zum Eingriffszeitpunkt wirksam sein.
Unabwendbare Tierkollisionen sowie die Verletzung oder Tötung einzelner Tiere erfüllen
nicht die Verbotstatbestände, solange die ökologischen Funktionen der betroffenen Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind und das Risiko durch entsprechende Vermeidungsmaßnahmen (z. B. Freiräumung des Baufeldes außerhalb der
Brutzeit) reduziert wurde. Ausnahmen von den Verboten des § 44 Abs.1 BNatSchG können
bei einer Betroffenheit von „FFH-Anhang-IV-Arten“ und „europäischen Vogelarten“ nach §
45 Abs. 7 BNatSchG gewährt werden, wenn
1. zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen,
2. zumutbare Alternativen fehlen und
3. der Erhaltungszustand der Populationen einer Art sich nicht verschlechtert.
Im Zusammenhang mit dem letztgenannten Punkt können im Rahmen des Ausnahmeverfahrens spezielle kompensatorische Maßnahmen durchgeführt werden, die im Unterschied
zu den vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen nicht im direkten räumlichen Zusammenhang
stehen müssen.
Werden Biotope zerstört, die für die streng geschützten Arten nicht ersetzbar sind, ist ein
Eingriff gemäß § 15 Abs. 5 BNatSchG nur zulässig, wenn er aus zwingenden Gründen des
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überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. Dies betrifft vor allem die „streng
geschützten Arten“, bei denen es sich nicht um „FFH-Anhang-IV-Arten“ oder europäische
Vogelarten“ handelt. In Bezug auf die „FFH-Anhang-IV-Arten“ und „europäischen Vogelarten“ hat die Regelung nur einen eingeschränkten Anwendungsbereich. Relevant sind nur
noch die Fälle, in denen der „Biotop“-Begriff über den der Fortpflanzungs- und Ruhestätten
des § 44 Abs.1 BNatSchG hinausgeht (MUNLV 2007, Anpassung der Paragraphen des
BNatSchG auf den Stand vom 01. März 2010).
Monitoring
Die ggf. durchzuführenden vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen dienen der dauerhaften
Sicherung der ökologischen Funktionen der Lebensstätten. Bei Unsicherheiten über den
Erfolg sollte ein projektbegleitendes Monitoring durchgeführt werden, aus dem sich ergänzende Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen ergeben können. Gleiches gilt für die kompensatorischen Maßnahmen im Rahmen eines Ausnahmeverfahrens.
Prüfaufgaben
Auf dieser Grundlage ergeben sich vier Prüfaufgaben:
1. Sind „planungsrelevante Arten“ betroffen und werden Verbotstatbestände nach §
44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt?
2. Werden bei „FFH-Anhang-IV-Arten“ und planungsrelevanten „europäischen Vogelarten“ die ökologischen Funktionen der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten
im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt bzw. kann dies durch vorgezogene
Ausgleichsmaßnahmen erreicht werden? (dann kein Verbotstatbestand nach § 44
Abs. 1 BNatSchG)
3. Ist eine Ausnahme von den Verboten nach § 45, Abs. 7 erforderlich und liegen die
Voraussetzungen dazu vor (zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, keine zumutbare Alternative, Erhaltungszustand der Populationen verändert sich nicht)?
4. Sind „streng geschützte Arten“ betroffen und werden Verbotstatbestände nach §
15 Abs. 3 BNatSchG erfüllt?
Bei der vorliegenden speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung wurde die Betroffenheit der
aufgeführten potenziellen planungsrelevanten Arten des Messtischblattes Pulheim (4906)
betrachtet.
Der Biologischen Station Bonn liegen keine Daten für diesen Raum vor (mündl. Anfrage
vom 14.02.2011).
Es werden sieben Säugetier-, 33 Vogel- und zwei Amphibienarten aufgeführt. Durch die
Betrachtung des Biotoptypen-Inventars bzw. der Nutzung konnte der überwiegende Teil
der aufgeführten potenziellen planungsrelevanten Arten ausgeschlossen werden.
Landschaftspflegerische Stellungnahme RKB/ RRB und SW-Pumpwerk Sinnersdorf
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3.3 Verwaltungsvorschrift (VV) Artenschutz
Gemäß der VV Artenschutz, Punkt 2.1 ist für die Baumaßnahme durch die unmittelbare
Betroffenheit der §§ 44 Abs. 1, 5 und 6 sowie § 45 Abs. 7 des BNatSchG eine artenschutzrechtliche Prüfung (asP) erforderlich. In NRW wird in den Mustervorlagen von der „speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ (saP) gesprochen. Im Weitern wird die NRW Begrifflichkeit verwendet.
Die Durchführung der saP erfolgte auf Grundlage der planungsrelevanten Arten für das
Messtischblatt Pulheim (4906) und der zusätzlichen Kartierungen.
Gemäß Punkt 2.2.2, (VV Artenschutz): „Methodik und Umfang der Bestandserfassung“,
Abs.1 „Auswertung vorhandener Erkenntnisse und der Fachliteratur“ ist in NRW die Betrachtung anhand der planungsrelevanten Arten zulässig.
Gemäß Punkt 2.2.2, (VV Artenschutz): „Methodik und Umfang der Bestandserfassung“,
Abs.2 „Bestandserfassung vor Ort“ unterliegt das zu untersuchende Arteninventar, die Anzahl der Begehungen sowie die Erfassungsmethoden dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
und hängen im Einzelfall insbesondere von der Größe und Lage des Untersuchungsraumes
sowie dessen naturräumlicher Ausstattung und den artspezifischen Erfordernissen ab.
In Punkt 2.2.2 (VV Artenschutz) heißt es weiter: „[…]Auf Bestandserfassungen vor Ort kann
in Bagatellfällen (z. B. das Schließen kleiner Baulücken innerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile) verzichtet werden oder wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen und Habitatansprüchen vor dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bzw. das Fehlen bestimmter Arten
zulassen. Zum Beispiel kann es ausreichen, die vermutlich betroffenen Arten durch eine
Expertenbefragung (z. B. biologische Stationen) und eine kombinierte Potenzial-RisikoAnalyse (d. h. ohne eine spezielle Kartierung) zu ermitteln.
In diesem Zusammenhang ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten. Lassen sich gewisse Unsicherheiten aufgrund verbleibender Erkenntnislücken nicht ausschließen, dürfen auch „worst-case-Betrachtungen“ angestellt werden,
sofern sie geeignet sind, den Sachverhalt angemessen zu erfassen. Sind von konkreten
Bestandserfassungen vor Ort keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten, müssen sie
auch nicht durchgeführt werden. Untersuchungen „ins Blaue hinein“ sind nicht veranlasst
(vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, 9 A 14.07, „A 30, Bad Oeynhausen“, Rn. 54ff;
BVerwG, Beschluss vom 13. März 2008, 9 VR 10.07, „A4, Jena Leutratal“ Rn. 37).[…]“
3.3.1 Vögel
Der Planungsraum wurde auch bzgl. der Vogelarten (insb. Brutvögel) untersucht. Die Erfassungsmethodik orientierte sich inhaltlich an den aktuellen Methodenstandards (Südbeck,
P. et al. 2005). Für die Ermittlung einiger Arten (z.B. Spechte) wurden Klangattrappen eingesetzt.
Die Erfassung der Vögel erfolgte durch fünf Tagesbegehungen:
30. März 2011
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08. April 2011
16. April 2011
06. Mai 2011 und
24. Mai 2011.
Ergebnis:
Aufgrund der Isoliertheit und Kleinflächigkeit, in Verbindung mit häufigen menschlichen
Aktivitäten im unmittelbaren Umfeld (z.B. Sportplatz, Wohnsiedlung, Straßen) sind störungsempfindliche Brutvögel nicht vorhanden (siehe Tab. 1).
Vor allem allgemein häufige Vogelarten konnten als Brutvögel ermittelt werden. Daneben
kommen noch einige wenige Arten als Nahrungsgäste vor.
„Planungsrelevante“ Vogelarten konnten nicht festgestellt werden.
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Tabelle 2: Vögel im Bereich des RRB Sinnersdorf (Stand: 25.05.2011)
Art
(deutscher
Name)
Art
(wiss. Name)
Amsel
Verbreitung und vermutlicher Status
im Plangebiet
(einschl. Häufigkeitseinschätzung, nur für
Planungsrelevante Arten)
Rote Liste NRW
2008-2011
(Gesamt /
Niederrhein.
Bucht)
Rote
Liste
BRD
2009
Turdus merula
Brutvogel
x/x
*
Buchfink
Fringilla coelebs
Brutvogel
x/x
*
Gartengrasmücke
Sylvia borin
Brutvogel
x/x
*
Grünfink
Carduelis chloris
Brutvogel
x/x
*
Kohlmeise
Parus major
Brutvogel
x/x
*
Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla
Brutvogel
x/x
*
Rabenkrähe
Corvus corone corone
Brutvogel
x/x
*
Ringeltaube
Columba palumbus
Brutvogel
x/x
*
Stockente
Anas platyrhynchos
Nahrungsgast (bisher), evtl. später Brutvogel
x/x
*
Zaunkönig
Troglodytes
troglodytes
Brutvogel
x/x
*
Zilpzalp
Phylloscopus collybita
Brutvogel
x/x
*
Legende zur Tabelle 2
Brutvogel
revieranzeigend usw.
Brutvogel ?
nicht revieranzeigend usw., aber trotzdem Brutverdacht (aufgrund Verhalten)
Fett
streng geschützt
Rot
planungsrelevante Art
Neo.
Neozoe
*
ungefährdet
3.3.2 Amphibien
Die Erfassung des Arteninventar erfolgte durch insgesamt vier Begehungen, eine am:
05. April 2011
In der ersten Tagbegehung am 5. April wurde das umliegenden Gelände bei Trockenheit
auf Versteckmöglichkeiten und Laich abgesucht; da Amphibien sich an trockenen Tagen
(sofern kein Gewässer in der Nähe ist) unter Baumstämmen oder in kleinen Erdhöhlen
verstecken. Die Bedingungen dazu waren sehr gut, da kein Wasser im Becken stand.
Landschaftspflegerische Stellungnahme RKB/ RRB und SW-Pumpwerk Sinnersdorf
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Zusätzlich erfolgten drei weitere Geländebegehung:
28. April 2011 erfolgte eine Tagbegehung nach einem Regenereignis, bei der
Wasser im Becken stand. Das Becken wurde auf das Vorkommen von Amphibien
untersucht, die zum Atmen an die Wasseroberfläche kommen.
28. April 2011 erfolgte die erste Nachtbegehung
29.04.2011 wurde in einer weiteren Nachtbegehung der Planungsraum bei optimalen Wanderbedingungen (Regen und Temperatur unter 5 C˚) für Amphibien begangen.
Ergebnis:
Im Planungsraum wurden keine Hinweise auf das Vorkommen von Individuen gefunden.
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4 Planungsrelevante Arten
4.1 Artengruppe der Säugetiere
Durch die Betrachtung der Biotopkomplexe können bei den Säugetieren alle Arten ausgeschlossen werden, die durch ihre Ökologie an Wälder oder an strukturreiche Landschaften
gebunden sind.
Zu nennen sind u. a. die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii), der Kleinen Abendsegler
(Nyctalus leisleri) sowie die Rauhhautfledermaus (Pipistrellus nathusii).
4.2 Artengruppe der Vögel
Durch die Betrachtung der Biotopkomplexe und der erfolgten Kartierungen der Artengruppe der Vögel können insgesamt 26 Vogelarten ausgeschlossen werden, die auf Wälder,
Offenlandschaften und/oder reich strukturierte Landschaften (parkähnliche Landschaften)
angewiesen sind wie u. a. der Mittelspecht (Dendrocopos medius), der Kleinspecht (Dryobates minor), der Baumfalke (Falco subbuteo), der Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) sowie das Braunkehlchen (Saxicola rubetra). Weiterhin können sämtliche Arten
ausgeschlossen werden, die an Stillgewässer und/oder naturnahe Fließgewässer gebunden sind. Hierzu zählt u. a. der Eisvogel (Alcedo atthis), die Tafelente (Aythya ferina) und
das Teichhuhn (Gallinula choropus).
Von den verbleibenden sieben planungsrelevanten Arten wurde keine in der Kartierung
2011 nachgewiesen.
Im Rahmen der Kartierung wurden insgesamt 11 Vogelarten nachgewiesen. 10 Arten wurden brütend nachgewiesen, die Stockente (Anas platyrhynchos) wurde als Nahrungsgast
nachgewiesen.
Der Eingriff erfolgt räumlich eng begrenzt, so dass Teillebensräume (Nahrungshabitate)
durch den Eingriff in Anspruch genommen werden. Dies gilt für die Stockente ( Anas platyrhynchos)
Der Verlust der Teillebensräume kann bei dieser sehr mobilen Art kompensiert werden.
Wie bereits erläutert, kann durch die Betrachtung des Biotoptypeninventars, bzw. der Nutzung der überwiegende Teil der aufgeführten potenziellen planungsrelevanten Arten ausgeschlossen werden. Weitere Arten konnten mit den Kartierungen zu den Vögeln und Amphibien ausgeschlossen werden.
In Tabelle 3 sind der Vollständigkeit halber die potenziellen planungsrelevanten Arten der
Vögel aufgeführt, die aufgrund der Habitate im Betrachtungsraum vorkommen könnten,
aber in den Geländebegehungen nicht nachgewiesen wurden.
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Tabelle 3: planungsrelevante Arten in Pulheim nach LANUV
(Status: K = eigene Kartierung, D = Daten Dritter, P = potenziell vorkommend (für TK25
genannt und geeignete Lebensräume)) mit Angabe des Erhaltungszustandes in NRW (atlantische Region): = günstig, = ungünstig/ unzureichend, = ungünstig/ schlecht.
Name
Trivialname
Daten RL
tenNR
quelle W
RL
BRD
p
V
p
p
*/N
*
3
3
3
V
FFHRL
V-RL
besonders
geschützt
streng Erhaltungszugestand in NRW
schüt
zt
KON
ATL
*
*
*
V
§
§
§
§
§§
§§
G
G
G
G
G
G
G
G
*
§
§§
G
G
Vögel
Accipiter nisus
Sperber
Mäusebussard
Delichon urbica Mehlschwalbe
Hirundo rustica Rauchschwalbe
Buteo buteo
Luscinia megarhynchos
Nachtigall
Streptopelia
turtur
Turteltaube
p
2
V
§
§§
U
U
Die Nomenklatur der Arten erfolgt nach der Nomenklatur des LANUV.NRW
Die Angabe des Schutzstatus erfolgt nach: http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de/ffharten/de/arten/vogelarten/liste
Legende zur Tabelle 3
Legende zur Rote Liste
ausgestorben oder verschollen
R
1
2
3
I
D
durch extreme Seltenheit gefährdet
vom Aussterben bedroht
stark gefährdet
gefährdet
gefährdete wandernde Tierart
Daten nicht ausreichend
N
Einstufung dank Naturschutzmaßnahmen
S
*
Einstufung dank Naturschutzmaßnahmen (RL 2009)
Dispersalart
M
k. A.
Legende zur Zeichen Bedeutung
S
Migrant, Wanderfalter, Irrgast oder verschleppt
keine Angaben
U
G
ungünstig/ unzureichend (gelb)
günstig (gut)
ungünstig/ schlecht (rot)
ALT
atlantische biogeographische Region
KON
kontinentale biogeographische Region
Legende zu den besonders und streng geschützten Arten
§
besonders geschützte Art
§§
strenggeschützte Art
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4.3 Artengruppe der Amphibien
Die aufgeführten Arten der Artengruppe der Amphibien können ebenfalls auf Grundlage
des Biotoptypen-Inventars ausgeschlossen werden.
Die Kreuzkröte (Bufo calamita) besiedelt vorwiegenden vegetationsfreie oder –arme temporäre Stillgewässer.
Der Kammmolch (Triturus cristatus) tritt vorwiegend in vegetationsreichen permanenten
und fischfreien Gewässern (Altarmen) auf. Zum Teil wird beobachtet, dass die Art an neu
angelegte Gewässern als Frühbesiedler auftritt.
Eine Betroffenheit der aufgeführten Arten Kreuzkröte (Bufo calamista) und Kammmolch
(Triturus cristatus) der Artengruppe der Amphibien ist auszuschließen. Im Betrachtungsraum werden die Lebensraumansprüche (temporäre vegetationsfreie oder permanente
fischfreie Stillgewässer) der Arten nicht erfüllt.
Da aber Regenrückhaltebecken gelegentlich von Amphibien aufgesucht werden, wurde das
Mischwasserbecken durch Geländebegehungen näher untersucht.
Es wurden jedoch keine Individuum nachgewiesen.
Fazit
Durch den Eingriff in die bestehenden Habitatstrukturen wird bei einer „worst-case Betrachtung“ und unter Berücksichtigung der Kartierungen keine der oben aufgeführten planungsrelevanten Art in ihrer lokalen Population gemäß § 44 BNatSchG gefährdet.
Es ergibt sich aus der Betrachtung keine verbotstatbestandliche Betroffenheit gemäß §15
und § 44 BNatSchG.
In Anlehnung an die Ausführungen der VV Artenschutz unter Punkt 2.2.4 wird ein Monitoring der Artengruppe Vögel empfohlen.
Für die im Rahmen der Vogelkartierung nachgewiesenen Arten besteht kein artenschutzrechtlicher Tatbestand sofern die Umsetzung der Maßnahme erst erfolgt, wenn die Gelege
aufgegeben worden sind.
Es ist davon auszugehen, dass die entfallenden Lebensräume durch die angrenzenden Biotopstrukturen kompensiert werden.
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benachbarter Gehölzbestand in
600 m Entfernung
Betrachtungsraum
Abbildung 3: Übersichtkarte unmaßstäblich (Quelle: Google Earth, 2011)
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5 Eingriffsbeschreibung
Für den Neubau des Regenklärbeckens und die Sanierung des Regenrückhaltebeckens
Sinnersdorf werden ca. 7.344 m² in Anspruch genommen.
Im südlichen Teil liegt das derzeitige Mischwasserbecken. Im Norden schließt sich eine
derzeit nicht genutzter Parzelle an. Auf ihr hat sich ein Gehölzstreifen eingestellt.
Entlang der Stommelner Straße und der Wupperstraße hat sich eine Baumreihe (vorwiegend aus Robinien) eingestellt.
Auf den Teilflächen, die gerodet werden sollen, stehen 14 nach Baumschutzsatzung der
Stadt Pulheim geschützte Robinien.
Es handelt sich dabei um sechs Robinien entlang der Stommelner Straße und um acht Robinien an der Grenze zum Sportplatz (Umfang: 147 cm, 143 cm,186 cm, 205 cm, 220 cm,
265cm, 150 cm, 236 cm).
In keinem der Gehölze wurden bei den Begehungen eine Baumhöhle nachgewiesen, so
dass auszuschließen ist, dass ein Gehölz als Wochenstube genutzt werden könnte.
5.1 Allgemeine Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen
Aus ökologischen Gesichtspunkten wäre es wünschenswert den Gehölzbestand zu erhalten. Dies ist aufgrund der benötigten Fläche für die Bauwerke nicht möglich; auch nicht mit
allgemeinen Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen.
Es ist zu erwarten, dass die Gehölzwurzeln und die Standsicherheit der Gehölze durch die
Baumaßnahme erheblich beeinträchtigt werden. Die Aussagen der RAS-LP 4 (hier Überfahren, Überlagern und Erdarbeiten im Wurzelbereich) könnten nicht eingehalten werden.
Das Erstellen eines Wurzelvorhangs (mindestens eine Vegetationsperiode vor Beginn der
Umsetzung der Maßnahme) kann aus bautechnischen Gründen (u. a. Standfestigkeit des
bestehenden Mischwasserbeckens) nicht erfolgen.
Der Gehölzbestand entfällt.
5.2 Bauzeit
Um die Eingriffsschwere so gering wie möglich zu halten sowie die baubedingte Tötung von
einzelnen Exemplaren (wandernden und jagenden Tieren) auf das unvermeidbare Minimum
zu reduzieren wird vorgeschlagen, die Umsetzung außerhalb der Vegetationsperiode
durchzuführen.
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6 Besprechung
Die Stadt Pulheim ist an einer ökologisch sinnvollen Lösung bei der Durchführung des
Baus von Regenklärbecken (RKB)/ Regenrückhaltebecken (RRB) und des Schmutzwasser
(SW)-Pumpwerk Sinnersdorf interessiert. Hierbei soll nicht nur der wasserwirtschaftliche
Teil betrachtet werden, welches aus rechtlicher Sicht ausreichen würde.
Nach BGB § 34 (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten
Ortsteile) ist kein Ausgleich notwendig.
Die Stadt Pulheim ist daran interessiert, den Eingriff aus landschaftspflegerischer Sicht so
gering wie möglich zu gestalten und auch den Artschutz entsprechend zu berücksichtigen.
Daher wurde zur Erfassung der Ist-Situation im Vorfeld eine Amphibienkartierung, eine
Brutvogelkartierung, die Nisthöhlensuche und eine Biotoptypenkartierung durchgeführt.
Durch die Maßnahme wird die Gehölzgruppe am Sportplatz und die Baumstrauchgruppe
entfernt. Die Lindenallee (entlang der Stommelner Straße) sollte ursprünglich ebenfalls
entfernt werden. Zur Eingriffsminimierung wurde jedoch der Kanalverlauf vorab noch einmal geändert, sodass die Lindenallee erhalten bleibt.
Das geplante Becken wird nach der Umsetzung die gesamte Fläche ausfüllen. Aufgrund
der Flächenverfügbarkeit, der technischen Anlagen sowie der Anforderungen an die Unterhaltung des Beckens ist es nicht möglich auf dem Gelände Gehölze zu etablieren. Das Becken wird mit einer Standardrasenmischung (RSM 7.1.1, in der Böschung) eingesät. Der
Bodenfilter selber wird ebenfalls mit einer Standardrasenmischung (feuchte Bereiche, RSM
7.3) eingesät.
Die entfallenden Bäume, die nach Baumschutzsatzung der Stadt Pulheim geschützt sind,
werden ausgeglichen, indem die bestehende Lindenallee entlang des Sportplatzes erweitert wird.
Im Mischwasserbecken wurde keine Amphibienpopulation festgestellt. Es wurden keine
Nisthöhlen gefunden und auch keine planungsrelevanten Vogelarten festgestellt.
Sofern die Bauzeit außerhalb der Vegetationsperiode liegt, kann das Töten einzelner
Exemplare ausgeschlossen werden. Winterquartiere sind im Betrachtungsraum nicht bekannt.
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7 Literatur
LANUV NRW (2010): Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur
Umsetzung der Richtlinien 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum
Artenschutz bei Planungs- oder Zulassungsverfahren (VV-Artenschutz) Rd.Erl. d.
Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
v. 13.04.2010, - III 4 - 616.06.01.17
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 51, ausgegeben zu Bonn am 6. August 2009:
Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz –
BNatSchG)
Stadt Pulheim (2011) Antrag nach §§ 8, 9, 10 und 11 WHG RKB / RRB Sinnersdorf in Pulheim Erläuterungsbericht, unveröffentl.
Internet
http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/arten/blatt/liste/4906,
zuletzt abgerufen am 15.02.2011
http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de/ffharten/de/arten/vogelarten/liste, zuletzt abgerufen am 15.02.2011
Landschaftspflegerische Stellungnahme RKB/ RRB und SW-Pumpwerk Sinnersdorf
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