Daten
Kommune
Brühl
Größe
165 kB
Datum
15.11.2012
Erstellt
30.10.12, 07:14
Aktualisiert
30.10.12, 07:14
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 1
Vorläufige Hinweise zur Umsetzung der vom
Bundesverfassungsgericht am 18.07.2012
getroffenenÜbergangslösung
1. Personenkreis /Regelbedarfsstufen
Nach der Übergangsregelung sind künftig anstelle der in § 3 AsylbLG genannten Personenkreise die Regelbedarfsstufen 1 bis 6 des Gesetzes zur Ermittlung
der Regelbedarfe (RBEG) nach der Anlage zu § 28 SGB XII entsprechend anzuwenden. Diese gliedern sich wie folgt auf:
Regelbedarfsstufe 1
Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die als alleinstehende oder
alleinerziehende Person einen eigenen Haushalt führt; dies gilt auch dann,
wenn in diesem Haushalt eine oder mehrere weitere erwachsene Personen leben, die der Regelbedarfsstufe 3 zuzuordnen sind.
Regelbedarfsstufe 2
Für jeweils zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschafteinen gemeinsamen Haushalt führen.
Regelbedarfsstufe 3
Für eine erwachsene leistungsberechtigte Person, die weder einen eigenen
Haushalt führt, noch als Ehegatte, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder
lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft einen gemeinsamen Haushalt
führt.
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Regelbedarfsstufe 4
Für eine leistungsberechtigte Jugendliche oder einen leistungsberechtigten Jugendlichen vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
Regelbedarfsstufe 5
Für ein leistungsberechtigtes Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung
des 14. Lebensjahres.
Regelbedarfsstufe 6
Für ein leistungsberechtigtes Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
2. Leistungssätze
Die Leistungssätze nach § 3 AsylbLG bemessen sich entsprechend der sich
aus §§ 5 bis 7 RBEG nach § 18 SGB XII ergebenden regelbedarfsrelevanten
Verbrauchsausgaben.
Im Hinblick auf die Leistungen für Kinder und Jugendliche ist derzeit unklar, ob
sich aus dem Urteil ableiten lässt, dass die Bestandschutzregelungen im SGB
II/XII- erhöhter Bezug nach § 8 Abs. 2 RBEG - auch auf Leistungsbeziehende
nach dem AsylbLG anzuwenden ist. In der beigefügten Tabelle ist die Bestandsschutzregelung bei den Abteilungen berücksichtigt. Sobald es zu einer
bundesweit einheitlichen Verständigung mit dem Bund gekommen ist, werden
Sie umgehend informiert.
Da die Leistungshöhe nach dem RBEG an der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 ansetzt, knüpft auch die Leistungshöhe aufgrund der Übergangsregelung daran an. Dabei finden die folgenden Verbrauchsausgaben Berücksichtigung:
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Abteilung 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke)
Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe)
Abteilung 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung)
Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände)
Abteilung 6 (Gesundheitspflege)
Abteilung 7 (Verkehr)
Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung)
Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur)
Abteilung 10 (Bildung)
Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen)
Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen)
Zur Bestimmung der Höhe der Geldbeträge des § 3 AsylbLG trennt das Bundesverfassungsgericht die Leistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG) von den Leistungen zur Sicherung
des soziokulturellen Existenzminimums (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG, sogenanntes Taschengeld), auch wenn sie grundrechtlich als einheitliche Leistung
zu betrachten sind.
Die Leistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimumsbetreffen die
regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für die Abteilungen 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke), 3 (Bekleidung und Schuhe), 4 (Wohnen, Energie
und Wohnungsinstandhaltung) und 6 (Gesundheitspflege).
Die Leistungen zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums sind entsprechend dem bisherigen Betrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des
täglichen Lebens als Geldbetrag auszuzahlen. Hierzu gehören die Verbrauchsausgaben für die Abteilungen 7 (Verkehr), 8 (Nachrichtenübermittlung), 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur), 10 (Bildung), 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen) und 12 (Andere Waren und Dienstleistungen).
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Die Verbrauchsausgaben für die Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände) bleiben nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich unberücksichtigt, denn nach § 3 AsylbLG werden nur Gebrauchsgüter des Haushalts, aber nicht der Hausrat zu den Grundleistungen gerechnet; dieser wird nach § 3 Abs. 2 S. 2 AsylbLG zusätzlich geleistet, ohne von der pauschalierten Leistung des Regelsatzes im Anwendungsbereich des AsylbLG erfasst zu sein. Die Abteilung 5 wurde daher in der
beigefügten tabellarischen Darstellung nicht berücksichtigt.
Für die Abteilung 6 (Gesundheitspflege) wirft das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Fragen auf, die in der Kürze der Zeit nicht geklärt werden konnten. So entstehen die in der genannten Abteilung aufgeführten Einzelbedarfsanteile für Praxisgebühr und Eigenanteile bei Rezepten auf Grund der Systematik
des AsylbLG bei diesen Leistungsempfängerinnen und - empfängernnicht. Die
Angaben in dieser Abteilung werden deswegen im Rahmen dieser vorläufigen
Hinweise zwar aufgeführt, die Ausgaben müssen jedoch im Rahmen einer bundesweit einheitlichen Neuberechnung gegebenenfalls nachberechnet werden.
Wurden im Bereich der Leistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums (Abteilungen 1, 3, 4, 6) Sachleistungen gewährt, gilt der jeweilige Bedarf als gedeckt, die entsprechende Abteilung ist damit abgegolten. Daneben
besteht der Anspruch auf vollumfängliche Erhöhung des Geldbetrages zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (Abteilungen 7 bis 12,
sogenanntes Taschengeld).
Für die einzelnen Abteilungen und Regelbedarfsstufen ergeben sich danach für
die Jahre 2011 und 2012 die in der anliegenden vorläufigen Berechnungstabelle aufgeführten Werte.
Aus diesen einzelnen Werten ist der Leistungssatz nach § 3 AsylbLG für die
einzelnen Regelbedarfsstufen zu bilden. Dazu sind die Beträge für dieeinzelnen
Abteilungen (mit Ausnahme der Beträge der Abteilungen 5, die deswegen
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nicht dargestellt wurden) zu addieren und die Summe anschließend entsprechend § 28 Abs. 4 Satz 5 SGB XII zu runden.
Die Möglichkeit der Leistung von Wertgutscheinen bleibt ebenso wie der Vorrang von Sachleistungen durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil unberührt.
Sofern im Einzelfall Wertgutscheine ausgegeben werden, sind diese auf die in
der beigefügten Tabelle genannten Werte entsprechend den Regelbedarfsstufen festzusetzen.
Die Möglichkeit der Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG wurde vom
Bundesverfassungsgericht nicht aufgehoben. Sie ist daher nach wie vor geltendes Recht. Im Übrigen enthält auch § 26 SGB XII eine in den Rechtsfolgen vergleichbare Regelung. Die Höhe dessen, was bei Anwendung des § 1a AsylbLG
zu leisten ist, muss im Einzelfall unter umfassender Würdigung sämtlicher Einzelfallumstände bestimmt werden.
3. Beginn der Leistungsgewährung und Rückwirkung der Übergangsregelung
Das Bundesverfassungsgericht verlangt ausdrücklich keine grundsätzliche
rückwirkende Neufestsetzung. Wörtlich: „Die nach § 9 Abs. 3 AsylbLG grundsätzlich vorgegebene entsprechende Anwendung des § 44 SGB X über die
Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte und die entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X über die Aufhebung
eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der rechtlichen Verhältnisse zugunsten der Betroffenen werden daneben in Bezug auf den Regelungsgegenstand dieses Urteils für Zeiträume bis Ende Juli 2012 ausgeschlossen.“
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Das bedeutet, dass in der Regel für die Leistungszeiträume ab 1. August 2012
die höheren Leistungen nach der Übergangsregelung zu zahlen sind.
Für den Leistungszeitraum ab 1. Januar 2011 ist eine Rückwirkung ausschließlich für die Fälle vorgegeben, in denen Bescheide über Grundleistungen für einen Zeitraum ab dem 1. Januar 2011 noch nicht bestandskräftig geworden
sind.
Sofern eine rückwirkende Neuberechnung für vergangene Zeiträume erfolgen
muss, mindert sich gem. BVerfG-Urteil der Anspruch, soweit es um Leistungszeiträume geht, in denen bereits Grundsicherungsleistungen erbracht worden
sind, um bereits erhaltene Leistungen für denselben Zeitraum, regelmäßig also
zumindest um den Betrag von 40,90 € (ggf. 20,45 €); es bestünde dann z.B. in
der Regelbedarfsstufe 1 ein weiterer Anspruch auf Leistungen zur Deckung
persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens in Höhe von 89,10 €. Vergleichbares gilt für die nachrangigen Leistungsarten, die § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG
zur Deckung des physischen Existenzminimums neben der Geldleistung vorsieht. Auch insofern sind die tatsächlich erbrachten Leistungen zu verrechnen.
Wurden Sachleistungen und/oder Wertgutscheine gewährt, ist der jeweilige Bedarf befriedigt, die entsprechende Abteilung damit abgegolten.
Diese Übergangsregelung gilt, bis eine Neuregelung in Kraft tritt.
Solange keine Neuermittlung der Werte nach § 28 SGB XII erfolgt, werden die
Werte und Geldbeträge gemäß § 7 RBEG entsprechend der Veränderungsrate
des Mischindexes nach § 138 in Verbindung mit § 28a SGB XII fortgeschrieben.
Diese Fortschreibung wird zu gegebener Zeit kommuniziert.
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4. Vorläufigkeit von Verwaltungsakten
Sämtliche Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Umsetzung dieser Hinweise bitte ichvorläufig zu erlassen. Sofern es örtlichen Trägern nicht gelingen
sollte, zeitnah sämtliche Leistungskomponenten aus allen Abteilungen umzusetzen, sollte geprüft werden, ob nicht im Vorgriff auf eine spätere Lösung mindestens der Betrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens
zur Auszahlung gebracht werden kann.
5. Auswirkungen der Übergangsregelung auf die Leistungen
nach§ 6 Abs. 1 AsylbL
Die Übergangsregelung hat auch Auswirkungen auf die Leistungen nach § 6
Abs. 1 AsylblG.
Nach dieser Vorschrift können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind.
Das ist nur dann der Fall, wenn die dementsprechenden Bedarfe nicht bereits
durch die pauschalierten Grundleistungen der Übergangsregelung abgedeckt
sind.
Diese pauschalierten Grundleistungen decken grundsätzlich den gesamten
notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft ab.
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Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen (s. § 27a SGB XII).
Bis auf weiteres ist daher für das Verhältnis zwischen den Leistungen nach § 3
AsylbLG in der Form der Übergangsregelung und § 6 AsylbLG das Verhältnis
zwischen dem Regelsatz nach dem SGB XII und den diesen ergänzenden zusätzlichen Leistungen entsprechend heranzuziehen. Bedarfe, die bereits durch
den Regelsatz abgedeckt sind, können nicht durch zusätzliche Leistungen nach
§ 6 AsylbLG ergänzt werden.
Die Anwendbarkeit von Regelungen des Bildungs- und Teilhabepakets (§ 28
SGB II bzw. § 34 SGB XII) wird in Kürze geklärt.
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