Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
41 kB
Datum
23.06.2010
Erstellt
03.06.10, 06:48
Aktualisiert
03.06.10, 06:48
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Kinderschutzkonzept
Einleitung
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefährdungen für ihr Wohl gehört gemäß § 1
Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII zum grundsätzlichen Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe in
öffentlicher und freier Trägerschaft. Mit der Aufnahme konkretisierender Regelungen im
Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK), das am 01.10.2005 in Kraft
getreten ist, verleiht der Gesetzgeber diesem neu definierten Schutzauftrag bei
Kindeswohlgefährdung und der herausgehobenen Verantwortung des Jugendamtes gem. §
8a SGB VIII eine erweiterte, stärkere Bedeutung.
Außerdem hat die nordrhein-westfälische Landesregierung am 30.01.2007 ein
Handlungskonzept für einen wirksameren Kinderschutz beschlossen, das u.a. die
flächendeckende Installierung von Sozialen Frühwarnsystemen vorsieht. In Erftstadt wurde
bereits Ende 2006 beschlossen, ein eigenes Soziales Frühwarnsystem bestehend aus 5
Modulen für unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen aufzubauen, mit der Absicht,
niederwelligere Hilfen anzubieten und die Angebote und Institutionen besser miteinander zu
vernetzen, gerade um Familien, Kinder und Jugendliche frühzeitiger zu erreichen. Der
Kerngedanke eines Sozialen Frühwarnsystems besteht darin, auf eine Gefährdung nicht erst
zu reagieren, wenn sie akut eingetreten ist, sondern bereits im Vorfeld anhand von Risiken
und bereits „schwachen“ Warnsignalen das Entstehen einer Gefährdung zu erkennen und das
Eintreten einer akuten Gefährdungslage abzuwenden und damit letztendlich intensivere,
eingriffsorientierte Hilfen nach Möglichkeit zu vermeiden. Hierbei sind frühe Hilfen von
entscheidender Bedeutung.
Diese beiden Bereiche, der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (1.) und das Soziale
Frühwarnsystem (2.) bilden die Grundlage für das Erftstädter Kinderschutzkonzept (Anlage
A). Durch eine standardisierte Reaktionskette (Wahrnehmen Ö Weiterleiten Ö Handeln) mit
klar definierten Indikatoren und Handlungsanweisungen soll eine bestmögliche Hilfestellung
und Versorgung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien vor dem Hintergrund einer
engen und kooperativen Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen und Fachkräfte
gewährleistet werden.
1. Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
1.1. Handlungsverpflichtungen für den Allgemeinen Sozialen Dienst
Mit der einleitend dargestellten Gesetzesänderung wird das Jugendamt, hier der Allgemeine
Soziale Dienst (ASD), bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine
Kindeswohlgefährdung zu einer konkreten Einschätzung des Gefährdungsrisikos im
Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte und zur Auswahl der notwendigen Maßnahmen, unter
Hinzuziehung anderer Institutionen, z.B. der Gesundheitshilfe, der Polizei und ggf. des
Familiengerichtes, verpflichtet. Außerdem werden die vorläufigen Schutzmaßnahmen durch
Mitarbeiter des Jugendamtes in akuten Krisensituationen, das Recht des Jugendamtes auf
Informationsbeschaffung und die persönliche Eignung der Fachkräfte gem. § 72a SGB VIII
geregelt.
Hintergrund für diese Änderungen sind „spektakuläre“ Fälle von Kindeswohlgefährdung
(Vernachlässigung, Misshandlung, sexueller Missbrauch), die in den letzten Jahren - medial
aufbereitet - eine große Öffentlichkeit erreicht haben.
In Erftstadt kommt es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Zunahme von akuten bzw.
konkreten Gefährdungsmeldungen (durch Institutionen, Nachbarn, Familienangehörige) von
insgesamt 73 (2007) auf 102 (2009), die nach Einschätzung der Verwaltung des Jugendamtes
wie nach der aktuellen Vorgabe der nordrhein-westfälischen Gemeindeprüfungsanstalt eine
personelle Aufstockung der Mitarbeiter/innen des ASD erfordert. Gleichbleibend hoch ist die
Zahl von Kindern, die in Obhut genommen werden müssen, mit durchschnittlich 25 pro Jahr.
In 115 Fällen wurden 2009 zudem ambulante und stationäre Erziehungshilfen geleistet, mit
steigender Tendenz. Hinzukommen jährlich ca. 60 Neuanträge auf Hilfe zur Erziehung.
Aufgrund der seit 2 Jahren „dünnen“ Personaldecke des ASD (Elternzeit einer Mitarbeiterin,
Langzeiterkrankung eines Mitarbeiters, Kündigung zweier Mitarbeiterinnen) und der
arbeitsmarktbedingten, sehr problematischen Nachbesetzung dieser Stellen mit geeigneten
Fachkräften, ist hier akuter Handlungsbedarf gegeben.
Grundsätzlich geht der ASD der Stadt Erftstadt jedem konkreten Gefährdungshinweis, auch
wenn er anonym erfolgt, unverzüglich bzw. zeitnah nach. Der Vorgang wird durch die
fallzuständige Fachkraft, eine Zweitkraft und die Abteilungsleitung bearbeitet (Leitfaden zum
Handlungsablauf) und dokumentiert (spezieller Gefährdungsbogen). Konkret unterteilt sich
das weitere Vorgehen in 4 Abschnitte:
a. Erfassung der Meldung/ Zuständigkeitsklärung
b. Risikoeinschätzung und ggf. weitere Veranlassung
c. Fortlaufende Prüfung und Rückkopplung mit Leitung
d. Verbindliche Absprachen/ Abschluss (Dokumentation)
Eine Evaluation und fachliche Überprüfung der Standards wird fortlaufend vorgenommen.
Zudem ist das verbindliche Vorgehen im Rahmen einer Dienstanweisung eindeutig geregelt
und bindet auch die Spezialdienste und Kindertagesstätten des Jugendamtes mit ein.
1.2. Einbindung freier Träger durch Kooperationsvereinbarungen
Durch Vereinbarungen mit freien Trägern der Jugendhilfe soll gesichert werden, dass alle
Träger und Einrichtungen, die Leistungen nach dem SGB VIII erbringen, den zuvor
genannten Schutzauftrag in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des
Gefährdungsrisikos eine erfahrene Fachkraft (z.B. des Jugendamtes oder der
Erziehungsberatungsstelle der Caritas) hinzuziehen. Inzwischen wurden insgesamt 17
Vereinbarungen geschlossen, mit genau definierten Handlungsanweisungen. Die Erftstädter
Schulen sollen noch in diesem Jahr durch eine Rahmenvereinbarung der Jugendämter im
Rhein-Erft-Kreis, dem Schulamt für den Rhein-Erft-Kreis und der Bezirksregierung Köln
einbezogen werden. Außerdem ist vorgesehen, eine Vereinbarung mit der ARGE Rhein-Erft
abzuschließen, die derzeit durch eine Arbeitsgruppe der Jugendämter im Rhein-Erft-Kreis und
der ARGE vorbereitet wird.
1.3. Verpflichtende U-Untersuchungen
Das Land Nordrhein-Westfalen verabschiedete, wie eingangs erwähnt, 2007 das
Handlungskonzept für einen besseren und wirksameren Kinderschutz in NRW. In diesem
Rahmen wurde auch eine Meldepflicht für Kinderärzte eingeführt, um die regelmäßige
Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen überprüfen zu können. Die am
11.09.2008 diesbezüglich in Kraft getretene Verordnung (UTeilnahmeDatVO) regelt das
Meldeverfahren durchgeführter Untersuchungen von der U5 bis einschließlich der U9, das
sowohl einen Datenabgleich mit den Meldeämtern als auch die Einführung einer zentralen
Meldestelle beim Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit (kurz LIGA) vorsieht. Reagieren
die Eltern bzw. Sorgeberechtigten auf ein Schreiben des LIGA nicht, werden die örtlichen
Träger der öffentlichen Jugendhilfe informiert, die in eigener Zuständigkeit prüfen, ob
gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindeswohls vorliegen, ggf. auch im
Rahmen eines Hausbesuches. In Erftstadt ist mit dieser neuen Aufgabe bislang der ASD
befasst - mit 31 Meldungen im 3. Tertial 2009 allerdings aufgrund der Stichtagsregelung
30.09.2008 vorerst nur im Bereich der U5 – U7. Der Arbeitsaufwand pro Fall ist mit
durchschnittlich 2 Stunden zu veranschlagen.
2. Soziales Frühwarnsystem (5 Module)
2.1. Runder Tisch für Frühe Hilfen (0-6 Jahre)
Am 22.10.2008 gründete das hiesige Amt für Jugend, Familie und Soziales (Jugendamt) den
„Runden Tisch für Frühe Hilfen“ für Familien in Erftstadt, um die vielfältigen Hilfsangebote
der Jugend- und Gesundheitshilfe, weiterer Fachstellen und Institutionen im Rhein-Erft-Kreis
zu koordinieren und miteinander zu vernetzen. Gerade durch eine gute bzw. verbesserte
Zusammenarbeit und eine klar definierte „Reaktionskette“ (s.o.) sollen Familien mit kleinen
Kindern möglichst frühzeitig niederschwellige, zielführende Hilfsangebote erhalten. Hierfür
wurde durch die Fachkräfte des Runden Tisches ein Orientierungsbogen entwickelt, der
konkrete Kriterien und Standards benennt und verbindliche Verfahrensabläufe festlegt
(Anlage B).
Inzwischen umfasst der Runde Tisch, der bislang 4-mal getagt hat, insgesamt 18 Institutionen.
Dazu gehören die hiesigen Kinder- und Frauenärzte, die in Erftstadt tätigen Hebammen (mit
der Gründung eines eigenen Netzwerkes), das Gesundheitsamt des Kreises, u.a. mit dem
Sozialpsychiatrischen
Dienst,
die
Schwangerschaftsberatungsstellen
und
das
Sozialpädiatrische Zentrum des Kreises sowie das Frühförderzentrum in Bergheim, die
Erziehungsberatungsstelle der Caritas (mit einem eigenen Angebot der Frühen Hilfen), die
Erftstädter Kindertagesstätten, Familienzentren und Grundschulen sowie der Pädagogische
Familiendienst, der Tagespflege-, Migrations- und Allgemeine Soziale Dienst des
Jugendamtes. Die bislang 5 Erftstädter Familienzentren übernehmen hier eine zentrale Rolle,
da sie stadtteilbezogen und damit ortsnah sehr unterschiedliche Hilfen, wie z.B. Müttercafés,
Elternkurse und Freizeitmaßnahmen anbieten und dadurch die notwendige Vernetzung
gewährleisten. Außerdem werden die Eltern neugeborener Kinder durch die Leiterinnen der
Familienzentren im Rahmen von freiwilligen Hausbesuchen durch die Überreichung eines
sog. „Babybegrüßungspaketes“ auf die vielfältigen Unterstützungsangebote hingewiesen und
in die Familienzentren eingeladen. 2009 wurden 380 Kinder in Erftstadt geboren. Ca. 70 %
der Eltern nahmen das Angebot der Familienzentren in Anspruch. Die durchschnittliche
Arbeitszeit pro Fall/Hausbesuch beträgt 2 Stunden.
Aktuell hat der Runde Tisch die Broschüre „Wegweiser Frühe Hilfen für Familien in
Erftstadt“ herausgegeben, die kostenneutral mit Werbung finanziert wurde. In ihr werden die
vielfältigen Hilfen und Kontaktadressen in Erftstadt und Umgebung dargestellt sowie
themenbezogene Informationen gegeben (Titelblatt: Anlage C). Die Broschüre liegt in
verschiedenen Beratungsstellen aus und kann über das Jugendamt Erftstadt kostenlos bezogen
werden. Sie wurde im Rahmen einer Pressekonferenz am 09.12.2009 der Öffentlichkeit
vorgestellt.
Durch eine Kooperationsvereinbarung (Anlage D), die inzwischen von allen Beteiligten
unterzeichnet worden und am 01.12.2009 in Kraft getreten ist, wurde der o.g.
Orientierungsbogen bzgl. einer Gefährdungseinschätzung, der als Anlage beispielhafte
Fallkonstellationen und Risikofaktoren aufführt, verabschiedet und die Weiterführung der
Netzwerkarbeit beschlossen. Die Kooperationspartner verpflichten sich, sollte aus ihrer
jeweils fachlichen Sicht Hilfe- und Unterstützungsbedarf bestehen („Gelber Bereich“), die
entsprechenden Familien an konkrete Hilfsangebote zu verweisen und bei Bedarf den
entsprechenden Kontakt persönlich herzustellen bzw. die Familien zu begleiten.
Diesbezüglich können sich die Kooperationspartner auch an die Servicestelle für Familien des
Jugendamtes wenden, um aktuelle Angebote zu erfragen. In Fällen einer konkreten
Kindeswohlgefährdung („Roter Bereich“) wenden sich die Kooperationspartner an den ASD
des Jugendamtes oder die Erziehungsberatungsstelle der Caritas, um eine sog.
Risikoeinschätzung vorzunehmen und ggf. weitere Handlungsschritte durch das Jugendamt zu
veranlassen.
2.2. Kindertagesstätten (2-6 Jahre)
Die Kindertageseinrichtungen stellen ein wichtiges Modul im Rahmen des Erftstädter
Frühwarnsystems dar. Aufgrund der intensiven Betreuung, Erziehung und Förderung der
ihnen anvertrauten Kinder, u.a. auch in 6 integrativen Gruppen, können sie schon zu einem
sehr frühen Zeitpunkt qualifizierte Aussagen hinsichtlich eines zusätzlichen Hilfe- und
Förderbedarfs machen. Hinzukommen Reihenuntersuchungen des Gesundheitsamtes,
Sprachstandserhebungen (Delfin4) seit März 2007 und eine intensive Zusammenarbeit mit
anderen Insitutionen (u.a. der Erziehungsberatungsstelle und des ASD), mit z.B.
themenspezifischen Elternabenden und anonymen Fallberatungen. Außerdem werden die
Kindertagesstätten in Erftstadt, wie erwähnt, durch Dienstanweisungen und den Abschluss
von Vereinbarungen in den gesetzlichen Schutzauftrag einbezogen. Neben mehreren
Informationsveranstaltungen und Teamgesprächen in den Kindertagesstätten durch den
Koordinator für den Aufbau des „Sozialen Frühwarnsystems“ (s.o.) wurden die Erzieherinnen
dieser Einrichtungen zudem wiederholt zu sog. „Kinderschutzfachkräften“ durch den
Deutschen Kinderschutzbund e.V. fortgebildet.
2.3. FÖRSTA (6-10 Jahre)
Das FÖRSTA-Team des Jugendamtes fördert und unterstützt seit dem 01.08.2006 sog.
„schwierige“, verhaltensauffällige Kinder im Grundschulalter. Die Hilfestellung erfolgt in
gemeinsamer Absprache mit den Eltern und der jeweiligen Schule bzw. der Offenen
Ganztagsschule/ Nachmittagsbetreuung
Handlungsschritte vor:
(OGS).
Das
Konzept
sieht
folgende
•
•
•
•
•
•
Kontaktaufnahme durch die jeweilige Schule
Fallerörterung mit allen Beteiligten
Beobachtung des Kindes (Unterricht, Pausen, OGS)
Erstellung einer qualifizierten Anamnese
Rückmeldung und ggf. Erstellung eines konkreten Hilfeplans
Durchführung konkreter Hilfen (Einzelfallhilfen, Gruppenarbeit, Elternarbeit,
Erziehungsberatung etc.)
• Fallabschluss bzw. Überweisung (ggf. Einleitung einer ambulanten Hilfe zur Erziehung)
Durch diese frühen Hilfestellungen und Interventionen können fast immer weiterreichende,
kostenintensivere Maßnahmen vermieden werden. Seit 2006 wurden bislang 86 Kinder und
Familien intensiv betreut. Hinzukommen insgesamt 18 Gruppenangebote und 7 durch
FÖRSTA initiierte und moderierte Fachkräftetreffen für Lehrer und Betreuer der OGS zu
themenbezogenen Fragen. Das Konzept ist in NRW bislang einmalig und wurde 2008 auf
dem Deutschen Jugendhilfetag in Essen vorgestellt. Die Grundschulrektoren haben wiederholt
ihre große Zufriedenheit mit FÖRSTA zum Ausdruck gebracht.
2.4. Mobilé (10-16 Jahre)
Die Jugendberatung Mobilé ist seit 1992 fester Bestandteil der Erftstädter Jugendhilfe. Sie
betreut und berät Kinder und Jugendliche bei allen jugendrelevanten Problemen sowohl im
Rahmen aufsuchender Stadtteilarbeit und der Jugendgerichtshilfe als auch im Jugendzentrum
Köttingen und in den Jugendcafés in Lechenich und Liblar. Mobilé ist seit 2008 in das Soziale
Frühwarnsystem eingebunden. Die Arbeit zeichnet sich grundsätzlich dadurch aus, dass sie
freiwillig von Kindern und Jugendlichen in Anspruch genommen werden kann und parteilich
ist. Das sich daraus entwickelnde besondere Vertrauensverhältnis zwischen Kindern und
Jugendlichen und den Mitarbeiter/innen und die Nähe zur Lebenswelt der Klientel sind in
besonderem Maße geeignet, direkte oder indirekte Hilferufe von Kindern und Jugendlichen
wahrzunehmen und aufzugreifen. In der weiteren Behandlung dieser Hilferufe geht es in
erster Linie um die Unterstützung der Hilfesuchenden, nicht aber um die Weitergabe der oft
unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertrauten Informationen.
Schwierige Fälle werden im Rahmen eines fachlichen Austauschs und der
Gefährdungsabschätzung im Team besprochen, um das weitere Vorgehen zu koordinieren.
Sollte eine Informierung des ASD erforderlich sein, um einen weitere Gefährdung des Kindes
bzw. Jugendlichen zu verhindern, geschieht dies notfalls auch ohne Zustimmung des
Hilfesuchenden. Den Kindern und Jugendlichen wird diese Art des Vorgehens vermittelt und
transparent gemacht, damit es zu keinem Vertrauensbruch kommt und Mobilé weiterhin als
Beratungsinstanz zur Verfügung steht.
2.5. Handlungskonzept Schulverweigerung (12-16 Jahre)
Am 30.10.2007 wurde auf Initiative des Jugendamtes zwischen den Hauptschulen und der
Förderschule in Erftstadt (und Frechen), der Schulaufsicht des Rhein-Erft-Kreises, dem
Schulsozialarbeiter an den Erftstädter Hauptschulen sowie dem Ordnungs- und Jugendamt der
Stadt Erftstadt ein gemeinsames, abgestuftes Handlungskonzept bei beginnender bzw.
anhaltender Schulverweigerung beschlossen (Anlage E). Ziel ist es, längerfristige, chronische
„Verweigerungskarrieren“ frühzeitig zu erkennen und durch eine zeitnahe Intervention
möglichst zu vermeiden. Durch regelmäßige Folgetreffen soll das Konzept überprüft und
weiterentwickelt werden bei gleichzeitiger Evaluation der bisherigen Fälle. Bislang wurden
insgesamt 27 Fälle gemeldet. Von diesen haben sich durch die vereinbarte Kooperation 12
Fälle positiv entwickelt (Wiederaufnahme des Schulbesuchs, teilw. durch einen Schulwechsel
bzw. einen Wechsel zu dem jeweils anderen Elternteil). In 9 Fällen wurde eine intensivere
Hilfe eingeleitet und in 6 Fällen gab es keine Veränderung bzw. eine „Einstellung“ im
Konsens.
Ausblick
Die Herausforderungen und Chancen, aber auch Risiken und Gefährdungen für die
Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben sich innerhalb der letzten Jahre deutlich
verändert. Deshalb ist es unabdingbar, den Kinderschutz in Erftstadt auch zukünftig auf eine
möglichst breite Basis zu stellen, um frühe und qualifizierte Hilfestellungen für Erftstädter
Familien zu gewährleisten. Ein klar definiertes und vereinbartes Risikomanagement ist
diesbezüglich ebenso wichtig, wie die inzwischen deutlich verbesserte Zusammenarbeit im
Bereich der Jugend- und Gesundheitshilfe, die nicht zuletzt auch in dem § 81 SGB VIII
verankert ist. Dieser Prozess bedarf der fortwährenden Überprüfung und Verbesserung und ist
letztendlich auch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anzusehen. Kinderschutz zum
„Nulltarif“ kann und wird es nicht geben, ebenso wenig wie eine hundertprozentige Sicherheit
in einer freiheitlichen Grundordnung. Neben der Weiterentwicklung der beschriebenen 5
Module bzw. Netzwerke, zu denen auch das Erftstädter Bündnis für Familie zählt, ist vor
allem auch die Kooperation mit den für Erftstadt zuständigen Geburtskliniken zu
intensivieren. Der Kinderschutz soll hier im Rahmen eines Multicenterprojektes in
Kooperation mit der Landesregierung und den Jugendämtern im Rhein-Erft-Kreis durch ein
eigenes Screeningverfahren bereits während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt
deutlich ausgebaut werden.
Anlagen
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•
•
•
•
•
A.
B.
C.
D.
E.
F.
Übersicht über das Kinderschutzkonzept
Orientierungsbogen (Gefährdungseinschätzung)
Titelblatt Broschüre „Frühe Hilfen für Familien“
Kooperationsvereinbarung des Runden Tisches
Handlungskonzept Schulverweigerung
Termine