Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
79 kB
Datum
27.01.2010
Erstellt
19.05.10, 07:06
Aktualisiert
19.05.10, 07:06
Stichworte
Inhalt der Datei
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren des Rates der Stadt Erftstadt!
Wie Sie bereits gerade von Hr. Dr. Rips gehört haben, befinden wir uns
derzeit in der schwersten Krise der Kommunalfinanzen seit Bestehen der
Bundesrepublik. Die von der Krise auf den Finanzmärkten ausgelöste
weltweite Wirtschaftskrise kommt mit voller Wucht bei den öffentlichen
Haushalten an. Nach den letzten Steuerschätzungen unterliegen die
Steuereinnahmen der Gemeinden noch stärkeren Rückgängen als die
Einnahmen von Bund und Ländern. Die Kommunen müssen sich in den
nächsten Jahren auf drastisch reduzierte Steuereinnahmen einstellen.
Außerdem werden die Zuweisungen vom Land an die Kommunen zurückgehen, da sich die Verbundmasse aufgrund rückläufiger Steuereinnahmen des Landes reduziert.
Diese Krise trifft die Stadt Erftstadt doppelt: Neben diesen konjunkturellen Problemen kommen in Erftstadt strukturelle Probleme hinzu. Wie eben gehört konnte im Jahre 1994 zum letzten Mal ein Haushalt aufgestellt werden konnte, der in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen war.
Mit anderen Worten: Seit mehr als 15 Jahren werden jährlich neue Defizite produziert. Inzwischen ist der Punkt erreicht, an dem die Stadt Erftstadt sich im Nothaushaltsrecht befindet. Zum strukturellen Defizit und
seinen Ursachen (also beispielsweise die üppige Infrastruktur, hohe
1
Standards, zahlreiche freiwillige Leistungen in vielen Bereichen bei vergleichsweise geringen Einnahmen) hat Hr. Dr. Rips in seiner Rede schon
berichtet, so dass ich mich nun in erster Linie auf die Zahlen im Haushalt
beschränke.
Wie bereits erwähnt befindet sich die Stadt Erftstadt im Nothaushaltsrecht. Dies bedeutet, dass das von der Verwaltung ausgearbeitete
Haushaltssicherungskonzept von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt
werden kann, da auch am Ende der mittelfristigen Planung der Haushaltsausgleich nicht dargestellt werden kann. Im Jahr 2014 wird immer
noch ein Fehlbedarf in Höhe von 1,8 Mio. EUR ausgewiesen, so dass –
wie gerade ausgeführt – eine Genehmigung seitens der Aufsichtsbehörde nicht erteilt werden kann.
Im Haushaltssicherungskonzept, das im Entwurf der Haushaltssatzung
auf der Seite 31 ff. zu finden ist, sind naturgemäß auch sehr unpopuläre
Maßnahmen aufgeführt, die sowohl im Verwaltungsvorstand als auch bei
den jeweiligen Amtsleitungen zu intensiven und kontroversen Diskussionen geführt haben. Aber: Sie können uns glauben, dass es uns auch
keinen Spaß macht, über Steuer- und Gebührenerhöhungen einerseits
sowie über Zuschusskürzungen, Standardanpassungen oder Leistungsreduktionen andererseits nachzudenken, wenn nicht die Notwendigkeit
der Haushaltslage dies erfordern würde. Es gibt schlicht und ergreifend
nach unserer Auffassung keine Alternative, da ein „Weiter so“ die Siche2
rung der stetigen Aufgabenerfüllung gefährdet. Diese Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung kann aber als oberster Haushaltsgrundsatz bezeichnet werden. Das Prinzip der Nachhaltigkeit der Aufgabenerfüllung
wird bereits im ersten Satz des 8. Teils der Gemeindeordnung als zentraler Haushaltsgrundsatz festgeschrieben. Wir müssen heute unpopuläre
Entscheidungen treffen, um für morgen Gestaltungsfreiheit zurück zu
gewinnen.
Kommen wir nun zum Haushaltsentwurf 2010:
Der Ergebnisplan weist einen Fehlbedarf in Höhe von 11,05 Mio. EUR
auf und liegt somit um 3,37 Mio. EUR höher als im Vorjahr. Im Folgenden werde ich kurz auf diese Veränderungen eingehen:
1. Steuererträge
Aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise brechen die Steuererträge im
Jahr 2010 dramatisch ein. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich insgesamt eine Mindereinnahme von etwa 4,24 Mio. EUR. Insbesondere die
Mindereinnahmen beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (-3,37
Mio. EUR) sowie bei der Gewerbesteuer (-1,8 Mio. EUR und dies im Übrigen trotz der im Haushaltssicherungskonzept vorgesehenen Anhebung
des Hebesatzes von 420 auf 435%) lassen erkennen, welches Ausmaß
diese Krise auch für die Stadt Erftstadt haben wird.
3
2. Personalaufwendungen
Die Personalaufwendungen erhöhen sich im Vergleich zum Vorjahr um
etwa 1,57 Mio. EUR. Die Ursache hierfür sind die anstehenden Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst. So wurde in Abstimmung mit dem
Personalamt eine Erhöhung der Entgelte für die Tariflich Beschäftigten in
Höhe von 2% und für die Beamten in Höhe von 1% zugrunde gelegt. Für
die Folgejahre wurde dann als Konsolidierungsvorgabe eine jährliche
Reduktion dieser Aufwendungen in Höhe von 1% von der Verwaltungsführung vorgegeben. Wie dies erreicht werden soll, ist im Haushaltssicherungskonzept beschrieben worden.
Ein dritter wesentlicher Unterschied zum Vorjahr betrifft die Transferaufwendungen. Trotz der Beibehaltung des Kreisumlagesatzes des RheinErft-Kreises, was dazu führt, dass nun die Stadt Erftstadt aufgrund gesunkener Umlagegrundlagen weniger Umlage an den Kreis zahlen muss
(-430.000 EUR) steigen die Transferaufwendungen um knapp 800.000
EUR im Vergleich zum Vorjahr an. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens erhöhen sich die sozialen Leistungen an natürliche Personen außerhalb von Einrichtungen um 500.000 EUR. Hierin enthalten sind alleine 300.000 EUR für den Bereich der Hilfen zur Erziehung. Außerdem
muss eine um etwa 215.000 EUR erhöhte ÖPNV-Umlage an den Rhein4
Erft-Kreis abgeführt werden. Eine Begründung hierzu konnte bislang weder vom Fachamt, noch von der REVK bzw. dem Rhein-Erft-Kreis gegeben werden.
Fazit: Die Ursache für den im Haushaltsplanentwurf 2010 um 3,37 Mio.
EUR höheren Fehlbedarf im Vergleich zum Vorjahr besteht insbesondere darin, dass aufgrund der Wirtschaftskrise die Erträge dramatisch einbrechen. Die Ordentlichen Erträge vermindern sich im Vergleich zum
Haushaltsjahr 2009 um über 5,22 Mio. EUR, wohingegen sich die Ordentlichen Aufwendungen in etwa auf gleichem Niveau wie im Vorjahr
bewegen.
Kommen wir nun zum Thema der Mittelfristen Finanzplanung:
Diese Mittelfristige Finanzplanung umfasst im Entwurf des Haushaltes
die Jahre 2011-2014, also insgesamt 4 Jahre anstatt der sonst üblichen
drei Jahre. Zurückzuführen ist dies darauf, dass im Jahr 2011 das zweite
Mal in zwei aufeinander folgenden Jahren mehr als 5% der „Allgemeinen
Rücklage“ verbraucht wird. Damit ist das Jahr 2011 das sog. „Ursachenjahr“. Diesem Ursachenjahr ist dann die dreijährige mittelfristige Planung
hinzuzufügen, so dass in diesem Jahr ein Zeitraum vom Jahr 2011 bis
zum Jahr 2014 abzubilden ist.
5
Für die mittelfristige Planung wurden – wie dies auch stets in der Vergangenheit geschehen ist – die vom Land Nordrhein-Westfalen veröffentlichten Orientierungsdaten zugrunde gelegt. Diese Orientierungsdaten berücksichtigen
• die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen,
• die Zielprojektionen des Finanzplanungsrates,
• die Stabilitätskriterien der EU,
• die Entwicklungen des Landeshaushaltes sowie
• aktuelle Erkenntnisse des Innenministeriums NRW.
Ich muss jedoch zugeben, dass ich persönlich diese Daten als zu optimistisch bewerte, insbesondere wenn ich mir die Ertrags-Entwicklung
beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sowie bei der Gewerbesteuer anschaue. Auch in der Vergangenheit wurden diese Daten oftmals zu positiv eingeschätzt. So sagten die Orientierungsdaten des Jahres 2006 für das Jahr 2010 ein um 17,5 Mio. EUR höheres Steueraufkommen voraus als dies tatsächlich nun eingetreten ist. Natürlich konnte
damals keiner die derzeitige Krise vorhersehen, aber dennoch wäre eine
Mehreinnahme in Höhe von 17,5 Mio. EUR sicherlich sehr unwahrscheinlich. Ich lasse mich aber gerne in diesem Punkt eines Besseren
belehren.
Eine von den Orientierungsdaten vorgeschlagene Erhöhung der
Grundsteuer A um jährlich 2% wurde aufgrund der eigenen Erfahrungen
6
in Erftstadt nicht vorgenommen. Die Orientierungsdaten sehen ferner für
die Personalaufwendungen eine Steigerung von jährlich 1% vor. Dies
wurde – wie eben schon von mir erwähnt – von uns nicht umgesetzt.
Stattdessen wurde eine jährliche Reduktion in Höhe von 1% veranschlagt. Der Ansatz für die Kreisumlage ist jährlich um 1% gesteigert
worden. Hier bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die finanzielle Situation
beim Kreis weiter entwickeln wird. Auch der Kreis verzehrt derzeit seine
bilanzielle Ausgleichsrücklage und wird – wenn er ein Haushaltssicherungskonzept vermeiden und seine Schuldenfreiheit beibehalten will –
wahrscheinlich zukünftig um eine Umlageerhöhung nicht umhin kommen.
Die positive Entwicklung der nachfolgenden Jahre (von -11,05 Mio. EUR
im Jahr 2010 zu „nur“ noch -1,8 Mio. EUR im Jahr 2014) ist also darauf
zurückzuführen, dass für die Erträge die positiven Einschätzungen der
Orientierungsdaten zugrunde gelegt worden sind. Für die Aufwendungen
hingegen wurde als Konsolidierungsvorgabe in aller Regel eine unveränderte Fortschreibung veranschlagt.
Im Folgenden werden nun die wesentlichen Erträge und Aufwendungen
des Haushaltsjahres 2010 erläutert. Beginnen möchte ich mit den Erträgen (S. 111):
7
Die Steuererträge stellen den wertmäßig höchsten Ertrag dar und ergeben einen Anteil von knapp 47,75% gemessen am Gesamtertrag. Im
Vorjahr sind es allerdings noch 51% gewesen. Der Gemeindeanteil an
der Einkommensteuer ist und bleibt die größte Einnahmequelle und beträgt etwa 18,6 Mio. EUR (Vorjahr etwa 23 Mio. EUR).
Im Haushaltssicherungskonzept vorgesehen ist sowohl eine Erhöhung
des Hebesatzes der Gewerbesteuer von 420 auf 435% als auch eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B um 35%-Punkte von 400 auf
435%. Jedoch wurde gestern im Finanzausschuss die HebesatzSatzung, die diese Erhöhung vorsah, von der Politik abgelehnt, so dass
die im Entwurf angesetzten Steuereinnahmen um knapp 700.000 EUR
wieder reduziert werden müssen, was dann naturgemäß zwangsläufig zu
einer Erhöhung des Defizits um diesen Betrag führt.
Des Weiteren ist im Haushaltssicherungskonzept vorgesehen, über eine
Veränderung bei der Hundesteuer zu 20.000 EUR Mehreinnahmen zu
gelangen.
Ich bitte bei diesen von der Verwaltung vorgeschlagenen Steuererhöhungen jedoch zu bedenken, dass die Gemeindeordnung im § 77 Abs. 2
Folgendes vorsieht. Ich zitiere: „Die Gemeinde hat die zur Erfüllung ihrer
Aufgaben erforderlichen Finanzmittel erstens soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen (also
über Gebühren oder Beiträge) und zweitens im Übrigen aus Steuern zu
8
beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen“ (Zitat
Ende). Eine Schuldenaufnahme ist daher nachrangig. Auf die Schuldenaufnahme komme ich gleich aber noch zu sprechen.
Auf die übrigen Ertragsarten gehe ich an dieser Stelle nicht genauer ein;
im Vorbericht zum Entwurf des Haushaltsplanes finden Sie weitere Erläuterungen hierzu.
Daher nun zu den Aufwendungen:
Die Erhöhung der Personalaufwendungen aufgrund der Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst ist von mir schon angesprochen worden. Beschränken möchte ich mich heute in erster Linie auf die Transferaufwendungen sowie auf die Sonstigen Ordentlichen Aufwendungen.
Die Transferaufwendungen, die den mit Abstand größten Einzelposten
darstellen, beinhalten zum einen auch die Kreisumlage in Höhe von 21,6
Mio. EUR. Außerdem werden unter diesem Posten auch die meisten Zuschüsse, die die Stadt an Dritte leistet, ausgewiesen. Als Haushaltssicherungskonzept-Maßnahme wurde u. a. auch beschlossen, sämtliche
freiwilligen Zuschüsse pauschal um 20% zu reduzieren. Ich denke, dass
diese Kürzung nicht den Untergang des Abendlandes bedeuten wird.
Vielmehr muss überlegt werden, ob im nächsten Jahr eine weitere Reduzierung vorgenommen werden kann. Zuschüsse wurden in der Vergangenheit oft damit begründet, dass der Zuschussempfänger (also ein
9
verein o. ä.) kein Geld habe. Aufgrund des Ihnen vorliegenden Entwurfs
des Haushaltes wird aber jedem deutlich, dass auch die Stadt über keinerlei Reserven verfügt. Neben diesen Zuschüssen erfolgt bei diesem
Posten auch der Ausweis der Verlustzuweisungen und ähnlicher Transfers z. B. an den Eigenbetrieb Straßen in Höhe von insgesamt 5,7 Mio.
EUR.
Unter den Sonstigen Ordentlichen Aufwendungen – der Ansatz im Haushaltsplan beträgt etwa 12,58 Mio. EUR – werden insbesondere die Mieten an den Eigenbetrieb Immobilienwirtschaft in Höhe von über 10 Mio.
EUR ausgewiesen. An dieser Stelle will ich darauf hinweisen, dass sämtliche Investitionsentscheidungen, die im Betriebsausschuss gefällt werden, auch den städtischen Haushalt tangieren, da sich die Investition
über die Mieteinnahmen aus dem Stadtsäckel finanziert. Ich weiß nicht,
ob dies wirklich jedem bewusst ist, da in den Vorlagen im Betriebsausschuss zwar steht, dass die Mittel im Wirtschaftsplan veranschlagt sind,
aber nicht, dass diese Mittel aus dem städtischen Haushalt stammen.
Das gestern im Finanzausschuss angesprochene Beispiel des neuen
Bürgerbüros in Lechenich zeigt, dass hier eine wesentlich größere
Transparenz geschaffen werden muss. Daher wurde im Ausschuss beschlossen, eine Sondersitzung zu diesem Thema einzuberufen, u. a.
auch um das in Erftstadt umgesetzte Mieter-/Vermieter-Modell zu analysieren.
10
Kommen wir nun zum Finanzplan und zum Bereich Schulden (S. 113):
Hier werden – im Unterschied zum Ergebnisplan – nur die zahlungswirksamen Geschäftsvorfälle ausgewiesen; es erfolgt also keine Berücksichtigung von Abschreibungen oder nicht zahlungswirksamen Zuführungen
zu den Rückstellungen. Dieser Plan schließt mit einem Defizit in Höhe
von 10,8 Mio. EUR für das Jahr 2010. Auch die nachfolgenden Jahre –
also die mittelfristige Planung – schließen jedes Jahr mit weiteren Defiziten. Diese Defizite können nur durch die Aufnahme kurzfristiger Liquiditätskredite (früher: Kassenkredite) gedeckt werden, so dass die Verschuldung weiter ansteigt. Ich möchte Sie zu diesem Punkt bitten, mal
die Seite 84 (Übersicht über den voraussichtlichen Stand der Verbindlichkeiten) aufzuschlagen. Erschreckend ist, dass sich der Bestand der
Verbindlichkeiten aus Krediten zur Liquiditätssicherung („Kassenkredite“)
im Jahr 2009 insgesamt um über 10,1 Mio. EUR erhöht hat. Dies ist ein
deutliches Zeichen dafür, dass wir aus den laufenden Einnahmen nicht
mehr in der Lage sind, unseren fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Wir schaffen dies nur durch die Aufnahme weiterer kurzfristiger Kredite. Diese Kredite bekommen wir aber nur deshalb, weil wir eine Kommunalverwaltung sind und daher nicht insolvent gehen können.
Eine privatwirtschaftliche Unternehmung mit unserer Bilanz und Ergebnisrechnung würde von den Banken aller Voraussicht nach nicht einen
11
Euro bekommen und wäre somit insolvent. Überspritzt formuliert könnte
man sogar sagen, dass wir nur noch über die Aufnahme kurzfristiger
Kredite in der Lage sind, unser Personal oder die Zinsen für die aufgenommen Darlehen zu finanzieren. Dass dies keine gesunde Struktur ist,
die dauerhaft so fortgeführt werden kann, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Hr. Dr. Rips hat eben in seiner Rede auch schon darauf hingewiesen, dass dies vor dem Hintergrund mittelfristig wieder steigender Zinsen
eine tickende Zeitbombe ist. Es wird dann ein immer größerer Anteil der
zur Verfügung stehenden Finanzmasse für völlig unsinnige Zinszahlungen verwendet, die der Stadt Erftstadt keinerlei Nutzen stiften. Schon
jetzt zahlen wir weit über 15.000 EUR Zinsen jeden Tag (ohne Tilgung
und bei historisch niedrigem Zinsniveau). Die zunehmende Verschuldung gefährdet darüber hinaus auch die Erreichung des Haushaltsgrundsatzes der stetigen Aufgabenerfüllung. Voraussetzung für eine
Entschuldung ist aber erstens die Erzielung konsumtiver Zahlungsmittelüberschüsse und zweitens die Verwendung dieser Überschüsse zur
Schuldentilgung. Hiervon sind wir aber noch sehr weit entfernt, so dass
wir weiterhin die Verschuldung deutlich erhöhen werden. Wir müssen
dringend aufpassen, dass wir von den Schulden nicht aufgefressen werden, da sonst sämtliche Sparmaßnahmen wirkungslos verpuffen. Leider
ist es inzwischen so, dass die kommunale Kreditaufnahme zu etwas
ganz Normalem, zu etwas Alltäglichem geworden ist, worüber wenig
12
Diskussionen und schon gar keine Aufstände der Bürger zu befürchten
sind. Einschnitte in der Infrastruktur oder Steuer- und Gebührenerhöhungen sorgen hingegen für massive Bürgerproteste. Aber: Im Interesse
aller Bürger und ihres Staates können nur gesunde kommunale Finanzen sein. Die Zurückführung von Infrastruktur ist noch zu verkraften; der
Zahlungs- und Leistungsausfall von Kommunen nicht. Wir müssen den
Bürgern reinen Wein einschenken. Die kommenden Jahre müssen Jahre
der Ausgabendisziplin werden. Es stehen sehr magere Zeiten ins Haus.
Schließen möchte ich meine Rede zum einen damit, meinen Dank den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei auszusprechen, die Außergewöhnliches geleistet haben. Seit nunmehr über 10 Jahren wird die
Arbeit in der Kämmerei ständig reformiert. Es begann mit den sog. „Neuen Steuerungsmodellen“, dann folgte NKF, nun die Erstellung des ersten
NKF-Jahresabschlusses, bald die Erstellung des ersten Konzernabschlusses und schließlich muss demnächst auch noch eine völlig neue
Finanzsoftware eingeführt werden, so dass den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern sehr viel abverlangt wird. Umso schöner ist es dann, wenn
man weiß, dass man sich auf eben diese Mitarbeiter verlassen kann.
Zum anderen möchte ich Ihnen – wie in den vergangenen beiden Jahren
auch – Zitate mit auf den Weg geben: Dieses Mal zwar nicht von be13
rühmten Philosophen oder Naturwissenschaftlern, sondern von Ihnen
selbst. Ich fange mal an mit Hr. Herwartz, der mal sagte, dass der Rat
auch mal „Nein“ sagen können müsse. Oder eine Aussage der FDP, die
lautete, dass die Stadt Erftstadt alles bräuchte, was eine moderne
50.000 Einwohner Stadt benötigt, aber eben nicht alles überall. Herr
Schmalen sagte mal im Rahmen einer Ausschuss-Sitzung, dass man
z.B. beim Infrastrukturvermögen, also beispielsweise bei den zahlreichen
Kreiseln der Stadt, nicht immer und überall den 1 a Ausstattungsstandard benötige. Und auch von der SPD war schon des Öfteren zu hören,
dass man insbesondere im Hinblick auf das bebaute Grundvermögen
ggf. auf das ein oder andere auch mal verzichten könne. Hören Sie also
auch auf sich selbst und tragen so dazu bei, dass die Befolgung des
Haushaltsgrundsatzes der stetigen Aufgabenerfüllung wieder mehr Beachtung finden kann. Die alte Hausfrauen-Weisheit „Du kannst nur das
Geld ausgeben, das Du einnimmst“ muss immer mehr zum städtischen
Credo heranreifen, denn letztlich geht es darum, die Gestaltungsfreiheit
wieder zurück zu gewinnen. Der Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt ist ein mühsamer Weg der kleinen Schritte. Mit dem Haushaltssicherungskonzept und den intensiven Gesprächen zwischen mir und den
Budgetverantwortlichen haben wir versucht, den ersten Schritt zu gehen,
aber weitere müssen folgen. Für die vielen neuen Stadtverordneten bzw.
sachkundigen Bürger im Rat und in den Ausschüssen sind dies sicher14
lich keine tollen Nachrichten, aber ich bitte insbesondere die Jüngeren
von Ihnen: Achten Sie bitte auch darauf, dass das im NKF verankerte
Ziel der intergenerativen Gerechtigkeit verfolgt wird und wir es schaffen,
Erträge und Aufwendungen in ein vernünftigen Verhältnis zueinander zu
bringen, damit die Lasten nicht weiter auf die zukünftigen – auf Ihre –
Generation verschoben werden.
Bedanken möchte ich mich bei Ihnen allen sehr dafür, dass Sie die aufmerksame Toleranz für den Vortrag vieler Zahlen und schlechter Nachrichten aufgebracht haben. Gerne stehe ich Ihnen jederzeit für Rückfragen zur Verfügung und biete an, bei Bedarf an Ihren Fraktionssitzungen
teilzunehmen und weitere Erläuterungen zum Haushalt zu geben.
Ich wünsche nun erfolgreiche Haushaltsberatungen, die ja schon in der
nächsten Woche beginnen. Vielen Dank!
( Es gilt das gesprochene Wort )
15