Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
320 kB
Datum
25.03.2010
Erstellt
20.05.10, 12:36
Aktualisiert
20.05.10, 12:36
Stichworte
Inhalt der Datei
23. Feb.2010
-20-
Stellungnahme zur Vorlage V 117/2010
Bevor ich auf einzelne Aussagen in der Vorlage eingehe, möchte ich einige grundsätzliche
Gesichtspunkte ansprechen:
Die Kern-Aussage der Vorlage vermittelt ein (zu) positives Bild sowohl hinsichtlich der Eigenbetriebslösung als auch im Hinblick auf das Mieter- I Vermietermodell. Es wird in der Vorlage auch darauf hingewiesen, dass in den 90iger Jahren in den Verwaltungen Zusammenfassungen stattgefunden hätten, um die zuvor bestehende Zersplitterung der Zuständigkeiten für die Bewirtschaftung der Immobilien zu überwinden. Es ist aber auch Fakt, dass die in
Erftstadt gewählte Eigenbetriebslösung eine Ausnahme darstellt, die in kaum einer anderen
Stadt gewählt wurde (mir ist jedenfalls keine weitere Kommune bekannt). Aber es geht in der
Vorlage auch weniger um die Eigenbetriebslösung, als vielmehr um das Mieter-I Vermietermodell.
Daher zu dem Modell einige kritische Aussagen, die in der Vorlage nicht erwähnt worden
sind.
Erstens muss meines Erachtens erwähnt werden, dass der Kernhaushalt das volle Risiko
trägt. So zahlt der Kernhaushalt zum einen Mieten für Objekte, die schon vor einiger Zeit
aufgegeben worden sind und darüber hinaus werden z. B. bei den Obdachlosenunterkünften
stets die vollen Mieten gezahlt, auch wenn die Unterkünfte zum Teil leer stehen bzw. die
Unterkünfte teilweise unbewohnbar sind. Das heißt, der Eigenbetrieb Immobilienwirtschaft
hat immer die Garantie, dass sämtliche Mieten in voller Höhe regelmäßig gezahlt werden.
Diese Sicherheit ist wahrscheinlich einmalig im Bereich von "Wohnungsbauuntemehmen".
Zweitens werden sämtliche Kosten (Baukosten, Personalkosten, Reinigungskosten, Wartungsverträge, etc.) auf die Mieten umgelegt, so dass ein Anreiz für ein wirtschaftliches Verhalten nicht gegeben ist. Letztlich spielt die Höhe der Kosten keine Rolle, wenn die Gewissheit besteht, dass sämtliche Kosten über die Mieten wieder eingenommen werden können.
Vielleicht ist diese Regelung auch ursächlich dafür, dass die GPA in ihrem Bericht insbesondere hohes Einsparpotenzial im Bereich des Eigenbetriebes Immobilienwirtschaft aufgedeckt
hat. Hier muss m. E. unbedingt sichergestellt werden, dass Anreize für wirtschaftliches Verhalten zum Tragen kommen.
1
Drittens ist das Vorgehen des Eigenbetriebes beim Bürgerbüro in Lechenich, bei dem quasi
über Nacht die Mieten halbiert worden sind, äußerst merkwürdig und intransparent. Wenn als
Begründung angegeben wird, dass man nun an die "äußerste Schmerzgrenze" gegangen
sei, bedeutet dies, dass man dies zuvor nicht getan hat. Im Kernhaushalt werden z.B. kulturelle Veranstaltungen (Sommertreff) aufgrund der derzeitigen Haushaltslage in Frage gestellt
oder komplett gestrichen, obwohl diese einen Aufwand in Höhe von "nur" 5.000 EUR pro
Jahr produzieren und gleichzeitig gibt es beim Eigenbetrieb bei einem Gebäude einen "Puffer" von 90.000 EUR. Hier stellt sich dann auch die Frage, bei welchen anderen Objekten
ebenfalls Puffer eingerechnet worden sind?
Viertens ist für mich noch unklar, warum es bei einigen Objekten Verbrauchsabrechnungen
gibt und bei anderen Objekten nicht.
Demzufolge halte ich den Beschlussentwurf der Vorlage V 117/2010 für völlig verfrüht. Sinnvoller ist m. E. erst mal eine reine Kenntnisnahme. Vor einer Beschlussfassung sollte - und
hier greife ich den Vorschlag des Rechnungsprüfungsamtes in seinem Vermerk vom
04.01.2010
auf
- von einem
unabhängigen Dritten (Fachbetrieb Immobilienmanagement o.
ä.) begutachtet werden, inwieweit das jetzige Mieter- I Vermietermodell eine für Erftstadt insbesondere unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimal Lösung ist. Außerdem bezieht
sich der zweite Punkt des Beschlussentwurfes lediglich auf "Neubauvorhaben" . Es sollte
darüber hinaus aber auch geprüft werden, ob die derzeitigen Mieten an den Eigenbetrieb, die
insgesamt mehr als 10 Mio. EUR betragen, angemessen sind.
Nun zu den einzelnen Punkten in der Vorlage.
Zu den Ausführungen auf der Seite 2, zweiter Absatz: "Aufgrund der Haushaltslage war es
nicht möglich, dem Eigenbetrieb die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Gelder zur
Verfügung zu stellen." -7 Dies verstehe ich nicht. Wo steht denn geschrieben, dass der
Kernhaushalt dem Eigenbetrieb sämtliche Mittel zur Verfügung stellen muss? Dies ist weder
in der Eigenbetriebsverordnung noch in der GO NRW bzw. GemHVO NRW geregelt. Sonst
hätten ja sicherlich auch die anderen Amtsleitungen ein Anrecht auf Vertustausgleich durch
den Kernhaushalt, z. B. Herr Böcking für den Eigenbetrieb Straßen oder Frau Dr. Mittelstedt
für den Bereich der VHS. Auch den Satz "Die Einführung einer Schulpauschale führte nicht
dazu, dass dem Eigenbetrieb zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt wurden" verstehe ich
nicht, da die Schulpauschale an den Eigenbetrieb weiter geleitet worden ist. Hier bitte ich
also um eine Erläuterung, wie dieser Satz zu verstehen ist.
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Im nächsten Absatz (3. Absatz) wird beschrieben, dass die KGSt das Mieter-I Vermietermodell favorisiert. Hier stellt sich die Frage, ob es nicht mehrere Ausprägungen dieses Modells
gibt und wenn ja, welche dieser verschiedenen Varianten von der KGSt favorisiert wird?!
Außerdem sollten die KGSt-Vorschläge vorgelegt werden, denn ob diese Aussage so pauschal hier zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Ebenfalls im dritten Absatz (letzter Satz) wird in
der Vorlage ausgeführt, dass "durch die Bildung eines Eigenbetriebes in Erftstadt zusätzlich
noch der Vorteit besteht, dass tatsächlich ein Geldtransfer stattfindet und nicht nur quasi
Spielgeld von einem Budget in ein anderes verschoben wird". Worin hier ein Vorteil liegen
soll, erschließt sich mir nicht. Denn schließlich ist es bekannt, dass wir im Kernhaushalt ein
dramatisches Liquiditätsproblem haben. Dadurch, dass liquidität an den Eigenbetrieb weiter
geleitet wird, fehlt diese, um andere erforderliche laufende Ausgaben zu tätigen, so dass
stattdessen kurzfristige liquiditätskredite
(Kassenkredite) aufgenommen werden müssen, die
das ohnehin schon vorhandene liquiditätsproblem noch verschärfen. Dazu kommt die bereits oben erwähnte Tatsache, dass Mieten für nicht bewohnte oder bereits aufgegebene
Objekte gezahlt werden, so dass es auch hier zu liquiditätsabflüssen
kommt.
Im darauf folgenden vierten Absatz wird ausgeführt, dass trotz erheblicher Sanierungsmaßnahmen das konsolidierte Ergebnis des Betriebes jeweils positiv war. Hier sind natürlich die
Gründe, warum dies so war, zu hinterfragen. Eine Antwort könnte ja auch sein, dass auch
aufgrund hoher Mietzahlungen Verlustausweisungen vermieden werden konnten.
Im fünften (vorletzten) Absatz wird das Mieter- I Vermietermodell kurz beschrieben. Hier fehlt
m. E. aber die Benennung sämtlicher Aufwendungen, die für die Mietfindung herangezogen
werden. Der letzte Satz dieses Absatzes, bei dem es um die Eigenkapitalverzinsung geht,
bedarf m. E. einer weitergehenden Erläuterung. So ist er nicht zu verstehen.
Nun zur Seite 3 der Vorlage:
Zum Spiegelstrich "AfA": In der kommunalen Landschaft werden regelmäßig die vom Innenministerium NRW veröffentlichten Nutzungsdauern, die in Form von Bandbreiten angegeben
worden sind, so ausgenutzt, dass grundsätzlich die längstmögliche Dauer zugrunde gelegt
wird, um so die jährlichen Abschreibungsaufwendungen
zu reduzieren. Im Erftstädter Modell
kommt es dagegen zu sehr hohen Tilgungsleistungen, weil das Objekt mit Ablauf der Zinsfestschreibung abbezahlt sein sollte. Der Kernhaushalt der Stadt Erftstadt wird dadurch im
Vergleich zu den anderen Kommunen wesentlich stärker belastet. Die in der Vorlage angesprochene "Niedrigzinsphase" gilt übrigens in erster linie für den Geldmarkt (kurzfristig) und
weniger für den Kapitalmarkt (langfristig).
3
Zum Spiegelstrich "Verzinsung": Die hier beschriebene Vorgehensweise ist schlicht falsch.
Aufgrund der Besprechung mit -1- und -82- habe ich erfahren, dass z. B. für den Ahremer
Lichweg (Fertigstellung in 2009) eine kalkulatorische Verzinsung i. H. v. 5% zugrunde gelegt
worden ist. Der von der Kämmerei ermittelte Zinssatz lag aber bei 4,5% für die Jahre 2008
und 2009 und ist für das Jahr 2010 auf 4% reduziert worden. Da der Ahremer Lichweg das
einzige Objekt ist, bei dem mir der vom Eigenbetrieb zugrunde gelegte Zinssatz bekannt ist
und dieser eben nicht auf den Vorgaben der Kämmerei basiert, könnte davon ausgegangen
werden, dass auch bei anderen Objekten abweichende Zinssätze zugrunde gelegt worden
sind. Eine weitere Untersuchung ist demzufolge erforderlich.
Auf der Seite 4 der Vorlage wird im zweiten Absatz beschrieben, dass zukünftig den Entscheidungsträgern zusätzliche Informationen bereitgestellt werden, um die Transparenz zu
erhöhen. Dies ist selbstverständlich zu begrüßen. Ob der Entscheidungsprozess bereits heute transparent ist, zweifle ich nicht zuletzt aufgrund des Beispiels mit dem Bürgerbüro in Lechenich an.
Im dritten Absatz der Seite vier wird ausgeführt, dass "durch eine Reduzierung der aus dem
Haushalt an den Eigenbetrieb gezahlten Mieten... die Bürger in der Stadt Erftstadt um keinen Cent entlastet werden." Dieser Satz ist für mich völlig unverständlich. Reduzierte Mietzahlungen würden natürlich sowohl die Ergebnis- als auch die Finanzrechnung entlasten, so
dass mehr Liquidität im Kernhaushalt verbleibt und der Verlust in der Ergebnisrechnung entsprechend geringer ausfallen würde. Dies könnte sowohl zu einer reduzierten Kreditaufnahme beim Kernhaushalt als auch zu möglichen Steuerentlastungen beim Bürger führen. Andernfalls bräuchten wir im Kernhaushalt keine Sparvorschläge unterbreiten, wenn diese ohnehin nicht zu einer Entlastung der Bürger führen. Ziel muss es doch in jedem Falle sein,
einen Ausgleich in der Ergebnisrechnung anzustreben. Und hierzu müssen auch reduzierte
Mietzahlungen beitragen. Ansonsten werden steigende Zinsen aufgrund der Aufnahme weiterer kurzfristiger Kredite natürlich zwangsläufig mittel- bis langfristig zu weiteren Belastungen beim Bürger führen.
Die letzten beiden Absätze der Seite 4 sind komplett zu streichen, da diese absolut keinen
Sinn ergeben. Hier gilt das, was ich bereits oben ausgeführt habe. Nirgendwo ist normiert,
dass der Kemhaushalt dazu beizutragen hat, dass die Eigenbetriebe ein ausgeglichenes
Ergebnis ausweisen. M. E. ist es ohnehin merkwürdig, dass der Kernhaushalt völlig pleite ist
und eine Tochter der Stadtverwaltung positive Abschlüsse einfährt. Da muss die Frage erlaubt sein, ob die guten Ergebnisse des Eigenbetriebes nicht auf Kosten des Kernhaushaltes
erreicht werden? Ich verweise hier sowohl auf den Leitfaden des Innenministeriums NRW als
4
auch auf die Rundverfügung des RP Köln, aus denen hervorgeht, dass sich die Eigenbetriebe an der Konsolidierung des Kernhaushaltes zu beteiligen haben. In Erftstadt scheint dies
umgekehrt der Fall zu sein, insbesondere dann, wenn der Kernhaushalt auch noch die 1,625
Mio. EUR an den Eigenbetrieb anführen soll, der in der Vorlage im letzten Satz auf der Seite
4 erwähnt wird. Diesen letzten Satz der Seite 4 halte ich - mit Verlaub
- für blanken
Unsinn.
Es scheint hier vergessen zu werden, dass die Stadtverwaltung die Mutter und der Eigenbetrieb die Tochter des "Konzerns Stadt Erftstadt" ist. Derzeit scheint es eher so, dass der Eigenbetrieb den Kernhaushalt steuert.
Die auf der Seite 5 der Vorlage aufgezeigten Einspar-Möglichkeiten sind aus meiner Sicht
sämtlich zu begrüßen.
Fazit
Bevor vom Rat beschlossen werden soll, dass alles so bleibt, wie es jetzt ist, muss m. E.
noch mehr Transparenz geschaffen werden. Ich bin aufgrund meiner kaufmännischen (und
nicht technischen) Ausbildung nicht in der Lage, abzuschätzen, ob die bei der Stadt Erftstadt
angewandte Vorgehensweise mit dem praktizierten Mieter- / Vermietermodell auch für den
Kernhaushalt die wirtschaftlichste Lösung darstellt. Auch sind mir immer noch nicht sämtliche
Einzelheiten des Modells bekannt, da der Schwerpunkt meiner Tätigkeit darin lag, den ersten
NKF-Haushalt bei der Stadt Erftstadt aufzustellen und das NKF in der Kernverwaltung flächendeckend einzuführen, so dass leider noch nicht die Möglichkeit bestand, sich auch ausreichend mit diesem Modell zu beschäftigen. Viele Informationen, die ich jetzt habe, sind
oftmals zufällig bekannt geworden, so dass davon auszugehen ist, dass mit Sicherheit einige
Gesichtspunkte mir noch völlig unbekannt sind.
Jedenfalls bitte ich um Verständnis, dass ich die Vorlage, so wie diese jetzt vorliegt, nicht mit
abzeichnen kann. Ich bitte - sollte es bei dieser Vorlage bleiben - darum, dass in der Vorlage noch ergänzt wird, dass der Kämmerer in einigen Punkten anderer Auffassung ist. Ggf. ist
meine Stellungnahme der Vorlage beizufügen.
Gez.
Heil
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