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Mitteilungsvorlage (Anlage 3 zur Mitteilungsvorlage 90/2011)

Daten

Kommune
Pulheim
Größe
359 kB
Datum
22.03.2011
Erstellt
14.03.11, 18:37
Aktualisiert
18.03.11, 11:58
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Inhalt der Datei

Inklusion statt Integration Bildungspolitik ■ Inklusion statt Integration – eine Verpflichtung zum Systemwechsel Deutsche Schulverhältnisse auf dem Prüfstand des Völkerrechts In der deutschen Öffentlichkeit ist der Begriff Inklusion noch weitgehend unbekannt und selbst in pädagogischen Kreisen herrscht erstaunlich viel Unsicherheit über seine Bedeutung. Der Beitrag macht die Differenz zwischen dem älteren Begriff der Integration und dem neueren Begriff der Inklusion deutlich, verweist auf internationale Vereinbarungen und zeigt die Unvereinbarkeit des gegliederten Systems mit dem Anspruch von Inklusion. Brigitte Schumann Von Inklusion ist meistens im Zusammenhang mit der Integration von Behinderten die Rede. Die »Schrägstrich-Bezeichnung« Integration/Inklusion ist so verbreitet, dass der falsche Rückschluss gezogen werden könnte und tatsächlich auch gezogen wird, Inklusion sei mehr oder weniger dasselbe wie Integration und bezöge sich ausschließlich auf die Belange von Menschen mit Behinderungen. Integration = Inklusion? Die Integration unterscheidet zwischen Kindern mit und ohne »sonderpädagogischem Förderbedarf«. Die Inklusion geht von der Besonderheit und den individuellen Bedürfnissen eines jeden Kindes aus. Während die integrative Pädagogik die Eingliederung der »aussortierten« Kinder mit Behinderungen anstrebt, erhebt die inklusive Pädagogik den Anspruch, eine Antwort auf die komplette Vielfalt aller Kinder zu sein. Sie tritt ein für das Recht aller Schüler und Schülerinnen, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen sowie von ihrer ethnischen, kulturellen oder sozialen Herkunft miteinander und von- einander in »einer Schule für alle« zu lernen. Kein Kind soll ausgesondert werden, weil es den Anforderungen der Schule nicht entsprechen kann. Im Gegensatz zur Integration will die Inklusion nicht die Kinder den Bedingungen der Schule anpassen, sondern die Rahmenbedingungen an den Bedürfnissen und Besonderheiten der Schülerinnen und Schüler ausrichten. Während in anderen Ländern die Inklusion längst auf der Agenda staatlicher Bildungspolitik steht und inklusive Bildung international als pädagogischer Auftrag von Schulen verstanden wird (siehe UNESCOWeltministerkonferenz in Genf), hat die deutsche Bildungspolitik maßgeblich für Unwissenheit gesorgt und sich selbst unwissend gestellt. Inklusion – Auftrag der UNESCO Spätestens nach der Erklärung von Salamanca, die auf der UNESCOWeltkonferenz »Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang und Qualität« 1994 unter Beteiligung der Bundesregierung abgegeben wurde, hätte die deutsche Politik zumindest den Forderungsgehalt der Erklärung verbreiten und eine Debatte über die pädagogischen, bildungs- und gesellschaftspolitischen Implikationen des Inklusionskonzeptes initiieren müssen. In dem von der Bundesrepublik mit unterzeichneten UNESCO-Dokument wurden alle Regierungen aufgefordert, ihre Schulsysteme so zu verbessern, dass Bildung für alle in inklusiven Schulen verwirklicht wird, die niemanden ausschließen, sondern alle einbeziehen, und mit einer Pädagogik für besondere Bedürfnisse sowohl Kindern mit Behinderungen als auch allen anderen in Anerkennung ihrer Verschiedenheit gerecht werden. In dem ebenfalls beschlossenen »Aktionsrahmen« wurden der menschenrechtsbasierte Ansatz und die gesellschaftspolitische Zielsetzung der »Pädagogik für besondere Bedürfnisse« eindeutig benannt. Sie »geht davon aus, dass menschliche Unterschiede normal sind, dass das Lernen daher an das Kind angepasst werden muss und sich nicht umgekehrt das Kind nach vorbestimmten Annahmen über das Tempo und die Art des Lernprozesses richten soll. Eine kindzentrierte Pädagogik ist für alle Kinder und in der Folge für die gesamte Gesellschaft von Nutzen. Erfahrungen haben gezeigt, dass sie Drop-Out- und Wiederholungsraten, die ein wesentlicher Bestandteil vieler Schulsysteme sind, deutlich reduzieren kann und dass Sonderdruck PÄDAGOGIK, Heft 2/2009 51 Bildungspolitik Inklusion statt Integration gleichzeitig ein höherer Leistungsdurchschnitt gesichert wird (…). Darüber hinaus sind kindgerechte Schulen der Übungsbereich für eine Gesellschaft, die sich am Menschen orientiert und sowohl die Unterschiede als auch die Würde aller Menschen respektiert.« In der deutschen Übersetzung des Dokuments durch die österreichische UNESCO-Kommission wurde der für den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen im deutschsprachigen Raum gebräuchliche Begriff »Integration« als Entsprechung für den englischen Begriff »inclusion« verwendet. Diese problematische Übersetzung ist allerdings keine hinreichende Erklärung dafür, dass bis heute die Philosophie der Inklusion in Deutschland bildungspolitisch ignoriert wird. Schließlich ließ nachfolgend die UNESCO in zahl­ rei­chen Zusatzveröffentlichungen nichts unversucht, um deutlich zu machen, dass mit dem Inklusionskonzept die Überwindung der in alten Strukturen und Mentalitäten verhafteten Integrationspraxis gemeint ist. Am besten wird dies auf den Punkt gebracht in der Feststellung: »Looking at education through an inclusive lens implies a shift from seeing the child as a problem to seeing the education system as a prob­ lem« (UNESCO 2006). Mit dem Inklusionskonzept ist die Überwindung der in alten Strukturen und Mentalitäten verhafteten Integrationspraxis gemeint. Konnte die UNESCO-Erklärung noch als ein unverbindliches Dokument angesehen werden, verpflichteten sich Bund und Länder mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention im gleichen Jahr völkerrechtlich darauf, die Würde des Kindes und seine Subjektstellung in das Zentrum ihrer Politik zu rücken. Doch im Widerspruch dazu geht das Schulsystem bis heute mit seinen tiefgreifenden Selektionsmechanismen von den Interessen der Institutionen aus und verstößt damit fortgesetzt gegen den völkerrechtlichen Anspruch, vom Kind aus zu denken. Deutsche Schulverhältnisse Im angeblich begabungs- und leistungsgerechten System müssen sich Kinder und Jugendliche den bestehenden Schularten anpassen und dort jeweils ihre rechtmäßige Zugehörigkeit durch Erfüllung normativer Leistungsanforderungen unter Beweis stellen. Kinder mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen werden durch ein Feststellungsverfahren zu Kindern mit »sonderpädagogischem Förderbedarf« deklariert und nach Förderschwerpunkten kategorisiert. Ihre Integration in das Regelschulsystem ist im Schulrecht der Bundesländer unterschiedlich verankert. In einigen Bundesländern hat die Integration in die Regelschule sogar Vorrang vor der Sonderschule. In der Umsetzung ist Integration jedoch immer noch die Ausnahme, um die Eltern vor Ort meistens noch kämpfen müssen. Die in diesem Feld engagierten Schulen und Pädagogen werden wenig unterstützt und eher entmutigt. Betroffenen Eltern und Kindern werden ständig fast unüberwindbare Barrieren in den Weg gestellt. Integration hängt ab von der Bereitschaft der Länder, die finanziellen und personellen Ressourcen bereitzustellen. Sie ist in der Regel angewiesen auf die Zustimmung der Schulaufsicht, der Schulträger und der Schulen. Lernzieldifferente Integration stößt nach der Grundschule auf die Grenzen des selektiven weiterführenden Schulsystems. Wegen der zumeist kümmerlichen Ausstattung orientieren sich zunehmend auch Grundschulen an dem Grad der Behinderung und nehmen nur die »leichteren Fälle« auf. Die getrennte Ausbildung der Lehrer(innen) und fehlende Fortbildungsangebote zementieren die defizitäre Situation. Gegen den internationalen Trend werden in Deutschland laut KMKStatistik 84,3 Prozent der Schü­ ler(innen) mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Erhebungsjahr 2006 getrennt unterrichtet. Während andere Länder Schülerinnen und Schüler mit Lernproblemen gemeinsam unterrichten, ist der Ausschluss aus dem Regelschulsystem für diese Gruppe in Deutschland so gut wie sicher. Fast 90 Prozent dieser Schüler(innen) gehören zur Sonderdruck PÄDAGOGIK, Heft 2/2009 52 untersten sozialen Schicht. Unsere Schulstrukturen sorgen also perfekt dafür, dass die sozial randständigen Milieus von vornherein ausgegrenzt werden. Deutschland ist Spitzenreiter in der sozialen Exklusion von Kindern mit Behinderungen und sozialer Benachteiligung. Im Übrigen belegt die KMK-Statistik, dass die Gesamtzahl der integrierten Schüler(innen) mit Behinderungen bundesweit nur langsam angestiegen ist. Zudem ist problematisch, dass mit Ausnahme von Schleswig-Holstein trotz der sinkenden Schülerzahl im Regelschulsystem die Zahl der Schüler und Schülerinnen an Sonderschulen nicht gesunken, sondern angestiegen ist. Außerdem sorgt das föderale System dafür, dass die Segregations- bzw. Integrationsquoten höchst unterschiedlich sind. Das Sonderschulrisiko für Kinder mit Förderbedarf ist in Bremen, Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein ungleich geringer als z. B. in den gelobten deutschen »PISA-Ländern« Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg. NRW: Stagnation und Rückschritt NRW gehört zu den Bundesländern, in denen die Integration trotz der schulrechtlichen Verankerung des Gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne Behinderungen stagniert. Aus Stillstand droht Rückschritt zu werden. Im ganzen Land werden lediglich elf Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen integriert unterrichtet. Aber auch im Bundesland selbst gibt es erhebliche Unterschiede. Im Münsterland gibt es »weiße Flecken«, während Köln vergleichsweise eine Integrations-Hochburg darstellt. Aber überall werden Integrationskinder spätestens nach der Grundschule ausgebremst. Eltern müssen vor Ort um die Fortsetzung des gemeinsamen Lernens bangen und »Klinken putzen«. Der Zwangscharakter der Sonderbeschulung wird dadurch verstärkt, dass unter der neuen Landesregierung den Eltern kein Beschwerderecht mehr gewährt wird. Sie müssen gleich gerichtlich klagen, wenn sie mit der Sonderschulüberweisung nicht einverstanden sind. Als Modellversuch sollen jetzt »Sonderpädagogische Kompetenz- zentren« an den Start gehen. In ihnen werden die in Sonderschulen und im Gemeinsamen Unterricht an Regelschulen tätigen Sonderpädagogen zusammengefasst. In der Zusammenarbeit mit den allgemeinen Schulen sollen Kompetenzzentren darüber entscheiden, welches Kind mit welchem Förderbedarf an welchem Ort gefördert wird. Offenbar möchte die Landesregierung die bestehenden sonderpädagogischen Systeme, Sonderschule und Gemeinsamer Unterricht, in der Hand der Sonderschulen kostensparend zusammenführen. Es ist nicht daran gedacht, dass die Sonderschulen zu Schulen ohne Schüler werden könnten – so ist also für den Erhalt der Sonderschule gesorgt. Prävention soll angeblich durch die Einrichtung von Kompetenzzentren großgeschrieben werden. Bei den spärlich veranschlagten zusätzlichen Mitteln wirkt die Absicht wenig überzeugend. Und wäre sie wirklich ernst gemeint, dann würde es darum gehen, als Erstes die Schulen für besonders benachteiligte Kinder, nämlich die Sonderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, soziale und emotionale Entwicklung und Sprache, auslaufen zu lassen und die Personalressourcen bedarfsgerecht auf die Grundschulen zu verteilen. So geschehen in Hamburg und ebenfalls geplant in Bremen und SachsenAnhalt. Neue Perspektiven mit der UN-Behindertenrechtskonvention In der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die am 13. Dezember 2006 von der UN-Vollversammlung beschlossen wurde, ist das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderungen in Artikel 24 im englischen Original eindeutig definiert. Danach sind die Vertragsstaaten völkerrechtlich verpflichtet, das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit in einem inklusiven Bildungssystem zu gewährleisten. Das Ratifizierungsdilemma für die Bundesregierung lag darin, die Zu- stimmung der KMK und der Bundesländer zu Artikel 24 zu bekommen. Dass die »eine Schule für alle« trotz nachgewiesener Bildungsungerechtigkeit und miserabler Leistungsergebnisse des selektiven Schulsystems nicht das gemeinsame Ziel der 16 Kultusminister in der KMK ist, ist hinlänglich bekannt. Das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales musste also zu einem Übersetzungstrick greifen, um den Forderungsgehalt der Konvention zu verwässern. So wurde aus »inclusion« im englischen Original in der deutschen Übersetzung einfach »Integration«. Der Integrationsbegriff sollte die Konvention anschlussfähig erscheinen lassen an die deutschen Schulverhältnisse. In dem Vertragsgesetz der Bundesregierung zur Ratifizierung der UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das zum 1. Januar 2009 in Kraft tritt, werden die bildungspolitischen Zielkonflikte mit Artikel 24 völlig verwischt durch die Behauptung, es gäbe schon »vielfältige Übereinstimmungen« zwischen den deutschen Schulverhältnissen und dem Menschenrecht auf Bildung der Vereinten Nationen. Politisch wird der irreführende Eindruck erweckt, als ginge es lediglich darum, die Integration von Behinderten in das bestehende Regelschulsystem zu optimieren. Die grundsätzliche Unvereinbarkeit unseres ausgrenzenden und aussondernden Regel- und Sonderschulsystems mit dem Anspruch der Konvention auf vollständige Inklusion oder Einbeziehung und wirksame Teilhabe von Menschen mit Behinderungen wird schlichtweg geleugnet. Trotz aller Tricks der Politik: Völkerrechtlich gilt uneingeschränkt der englische Wortlaut der UN-Konvention. Behindertenverbände wie die Lebenshilfe und Elterninitiativen in der BAG Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen fordern jetzt die vollständige Umsetzung der UN-Konvention ein. Sie können sich der Unterstützung all derer sicher sein, die »eine Schule für alle« wollen. 2009 ist die Chance, ein wirksames zivilgesellschaftliches Bündnis pro Inklusion zu schließen. Dr. Brigitte Schumann, Jg. 1946, ist Lehrerin und Autorin der Dissertation »Ich schäme mich ja so!« Die Sonderschule für Lernbehinderte als »Schonraumfalle«, Mitarbeit im NRW-Bündnis Eine Schule für alle. Adresse: Rüttenscheider Straße 18, 45128 Essen E-Mail: ifenici@aol.com Sonderdruck PÄDAGOGIK, Heft 2/2009 53 Inklusive Bildung – Jetzt! Wir nehmen die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen zum Anlass, eine grundlegende Neuorientierung der Bildungspolitik in Deutschland zu fordern. Wir beziehen uns auf das Menschenrecht auf Bildung, wie es von den Vereinten Nationen in mehreren, von der Bundesrepublik ratifizierten Menschenrechtsverträgen kodifiziert wurde: • • • Das Abkommen über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte schreibt vor, dass allgemeine Bildung ohne Diskriminierung zugänglich, allen verfügbar, von Eltern und Kindern akzeptiert und dem Stand der Wissenschaft und gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst werden muss. Die Konvention über die Rechte des Kindes verpflichtet die Vertragspartner, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, damit Bildung möglichst vollständige soziale Integration und Entfaltung der Persönlichkeit eines jeden Kindes befördert. Die Konvention über die Rechte behinderter Menschen schließlich fordert die Vertragspartner unmissverständlich auf, für „inclusive education“ Sorge zu tragen. Das bedeutet: Alle Kinder werden in allgemeinen Schulen in heterogenen Lerngruppen der Vielfalt der Begabung entsprechend unterrichtet. Die nötige individuelle Unterstützung wird zum Kind gebracht. Bildung ist ein Recht, das zur Wahrnehmung anderer Rechte erst befähigt. Wenn es vorenthalten wird, bedeutet das den Ausschluss von Selbstbestimmung, politischer und gesellschaftlicher Teilhabe, Arbeit und Gesundheit. Wie bei der UN-Kinderrechtskonvention sind auch für die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen Bund, Länder und Gemeinden zuständig. Sie alle sind an die völkerrechtlichen Vereinbarungen gebunden; der Bund hat die Einhaltung der Konventionen vor der Völkerrechtsgemeinschaft zu vertreten. Der übliche Verweis auf die Zuständigkeit des jeweils anderen ist unzulässig, denn an deutschen Schulen bestehen Zustände fort, die den Konventionen eklatant widersprechen und deshalb vom Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für das Recht auf Bildung, Vernor Munoz, angeprangert wurden:    Viel zu früh werden die Bildungswege der Kinder getrennt. Fast einer halben Million Kinder und Jugendlicher wird sonderpädagogischer Förderbedarf bescheinigt und 85% dieser Kinder werden in der Folge in Sonderschulen eingewiesen – viele gegen ihren und gegen den Willen der Eltern. Nur 15% von ihnen werden an allgemeinen Schulen unterrichtet. Unter den Sonderschülerinnen und –schülern finden sich überproportional viele Kinder mit Migrations- und/oder Armutshintergrund. Interessenvertretung “Selbstbestimmt leben“ Deutschland e.V. - ISL Auf diese Weise produziert und reproduziert unser Bildungssystem gesellschaftliche Ungleichheit und Armut. Immer größere Teile der Bevölkerung werden durch Bildungsarmut von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und Benachteiligungen bedeutet die Ausgrenzung in Sonderschulen den Einstieg in lebenslange Sonderwege an den Rändern der Gesellschaft. Gleichzeitig wird allen Kindern die Vielfalt der Gesellschaft in der Schule vorenthalten. Sie können so nicht im Alltag lernen, respektvoll und konstruktiv mit Andersartigkeit umzugehen. Das ist der Ausgangspunkt von gesellschaftlicher Ausgrenzung und gibt für die demokratische Kultur in diesem Land Anlass zur Besorgnis. Es ist höchste Zeit für die inklusive Schule. Wir fordern daher: • • • • Jedes Kind hat Anspruch auf Aufnahme in die zuständige allgemeine Schule. Die nötige individuelle Unterstützung muss jedem Kind an seiner Schule zur Verfügung gestellt werden. Für Schulen und Lehrkräfte müssen Fortbildung, Begleitung und Unterstützung zur Umsetzung des inklusiven Bildungsanspruchs zur Verfügung stehen. Alle Lehramtsstudiengänge müssen an die Anforderungen inklusiver Bildung angepasst werden. Vor diesem Hintergrund dürfen Schulstrukturfragen kein Tabuthema mehr sein. Prof. Lothar Krappmann, UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes