Daten
Kommune
Pulheim
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147 kB
Erstellt
21.03.11, 18:39
Aktualisiert
23.03.11, 14:55
Stichworte
Inhalt der Datei
tadt Pulheim
Der Bürgermeister
V o r l a g e Nr:
Zur Beratung/Beschlussfassung an:
Gremium
Haupt- und Finanzausschuss
Rat
II/501
(Amt/Aktenzeichen)
Termin
ö. S.
29.03.2011
X
12.04.2011
X
Herr Darius
(Verfasser/in)
72/2011
nö. S. TOP
21.02.2011
(Datum)
BETREFF:
Betreuungskonzept für obdachlose Menschen in Pulheim
VERANLASSER/IN
ANTRAGSTELLER/IN:
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
HAUSHALTS- / PERSONALWIRTSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN:
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
ja
X
nein
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
ja
X
nein
wenn ja:
Finanzierungsbedarf (ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten) gesamt:
€
davon:
- im Haushalt des laufenden Jahres:
€
- in den Haushalten der folgenden Jahre:
Jahr:
Jahr:
Jahr:
€
€
€
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
ja
nein
wenn nein:
Finanzierungsvorschlag:
BESCHLUSSVORSCHLAG:
Der HFA / Rat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Thema Obdachlosigkeit zur Kenntnis
und der HFA empfiehlt dem Rat, dem vorgestelltem Betreuungskonzept für obdachlose Menschen
in Pulheim zuzustimmen.
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ERLÄUTERUNGEN:
Definitionen zum Begriff Obdachlosigkeit
Obdachlosigkeit entsteht durch Verlust des festen Wohnsitzes. Diese Situation zwingt die Betroffenen zum Leben im öffentlichen Raum ( z.B. in Parkanlagen, unter Brücken, in Hauseingängen, Baustellen und Bahnhöfen ) oder zur Inanspruchnahme von städtischen Notunterkünften. Mit
Obdachlosigkeit geht nicht zwingend eine wirtschaftliche Notsituation einher.
Als wohnungslos werden auch Menschen bezeichnet, die in sonstigen Notunterkünften oder Einrichtungen ( z.B. Sammelunterkünfte für Flüchtlinge, Frauenhäuser, Suchtkrankenhilfe, Straffälligeneinrichtungen) untergebracht sind und die Einrichtung verlassen könnten, wenn ihnen eine
Wohnung zu Verfügung stehen würde.
Personen, die in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben ( z.B. schlechter baulicher Zustand,
schwierige soziale oder familiäre Verhältnisse, überbelegter Wohnraum ) können als von Obdachlosigkeit bedroht bezeichnet werden ebenso wie Minderverdienende mit zu hoher Mietkostenbelastung.
Ursachen von Obdachlosigkeit
Abgesehen von selbst gewählter Obdachlosigkeit sind die häufigsten Ursachen:
- Zwangsräumungen durch Gerichtsvollzieher nach gerichtlichem Räumungsurteil, überwiegend
wegen Mietschulden. Gründe hierfür können z.B. Arbeitslosigkeit, Überschuldung, Scheidung
vom Ehepartner oder Tod des Partners, Krankheit oder Suchtverhalten sein
- Entlassung aus der Haft oder Heimen und Anstalten
- unvorhergesehene Notfälle ( Brand, Einsturz usw. )
- familiäre Streitigkeiten
Grundsätzlich kann damit jeder Mensch von Obdachlosigkeit bedroht sein.
Wohnungsnotfälle weisen in der Regel multiple Problemlagen auf (Erwerbslosigkeit, Behinderung,
Suchterkrankung, psychische Erkrankung, Gewalt, Überschuldung, Migrationshintergrund etc.).
Für viele dieser Menschen wäre eine bezahlbare Mietwohnung sowie die Klärung von Leistungsansprüchen häufig der erste Schritt zur Lösung der bestehenden Probleme.
Obdachlosenarbeit in der Stadt Pulheim
Ein kurzer Rückblick:
Im Jahre 1970 stellt ein Ministerialerlass (NW) erstmals das Ineinandergreifen der Ordnungs- und
der Leistungsverwaltung heraus und thematisiert die soziale Aufgabe der Wiedereingliederung
von Obdachlosen.
Im Jahre 1978 beschließt der Jugend- und Sozialausschuss die Bildung eines Arbeitskreises für
Obdachlosenfragen. Im gleichen Jahr entsteht in Pulheim eine Bürgerinitiative zur Beseitigung von
Obdachlosigkeit.
Darüber hinaus wird im gleichen Jahr eine sozialpädagogische Fachkraft zur Verhinderung von
Obdachlosigkeit und zur Wiedereingliederung eingestellt. Seit diesem Zeitpunkt ist dieser Arbeitsbereich dem Sozialamt angegliedert.
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Bedingt durch die Einrichtung dieser Stelle und die enge Zusammenarbeit mit der Wohnungsvermittlung, dem Ordnungsamt und dem Jugendamt, konnte die Anzahl der Obdachlosen in Pulheim
immer sehr gering gehalten werden. In den letzten Jahren bewegte sich die durchschnittliche Anzahl zwischen 10 und 15 Personen.
Die Verhinderung von Obdachlosigkeit, sowie die Wiedereingliederung sind schon seit vielen Jahren Inhalte der Pulheimer Obdachlosenarbeit. Mit dem Ausscheiden der zuständigen sozialpädagogischen Fachkraft Mitte des Jahres 2007 konnte der Arbeitsbereich nur noch mit dem Schwerpunkt der Verhinderung von Obdachlosigkeit und in besonderen Notfällen bearbeitet werden.
Nachdem die Stelle seit dem 24.08.2010 halbtags wieder mit einer sozialpädagogischen Fachkraft
besetzt ist, wird zukünftig wieder der gesamte Arbeitsbereich abgedeckt.
Derzeitige Situation:
Im Stadtgebiet sind derzeit 9 Personen in 2 städtischen Notunterkünften untergebracht.
Das Sozialamt in Zusammenarbeit mit dem Jugend- und dem Ordnungsamt stellt nachfolgend die
bislang erarbeiteten Schwerpunkte des Betreuungskonzeptes vor.
Betreuungskonzept für von Obdachlosigkeit bedrohte und von Obdachlosigkeit betroffene
Menschen in Pulheim.
1. Verhinderung von Obdachlosigkeit
2. Unterbringung von Obdachlosen
3. Wiedereingliederung
1. Verhinderung von Obdachlosigkeit
Die Betreuungsarbeit setzt bei der Verhinderung der Obdachlosigkeit ein. Je früher diese Arbeit
ansetzen kann, umso größer sind die Chancen, Obdachlosigkeit abzuwenden und auf Dauer drohende Obdachlosigkeit zu verhindern.
Der Betreuungsansatz ist eine gesamtheitliche Betrachtungsweise, das bedeutet, dass nicht nur
finanzielle oder materielle Aspekte Berücksichtigung finden, sondern auch psychosoziale, gesundheitliche und kulturelle Gegebenheiten.
Das Sozialamt erhält regelmäßig Mitteilung nach § 34 Abs.2 SGB XII durch das zuständige Amtsgericht, wenn dort eine Klage auf Räumung von Wohnraum eingegangen ist.
Die Betroffenen werden unverzüglich angeschrieben mit dem Hinweis, sich zur Vermeidung drohender Obdachlosigkeit mit dem Sozialamt in Verbindung zu setzen. Erfolgt nach einem angemessenen Zeitraum keine Reaktion der Personen, erfolgt ein zweites Anschreiben. Erfolgt daraufhin nochmals keine Reaktion, setzt sich das Sozialamt mit dem Kläger in Verbindung oder versucht durch einen Hausbesuch den Sachstand zu erfahren (Wurde eine neue Wohnung
gefunden ?; Gibt es überhaupt Beratungsbedarf ?; Hat sich die Angelegenheit erledigt ?)
Melden sich die Betroffenen, wird ein Termin vereinbart. Durch Beratungen, Erschließung von
Hilfsmöglichkeiten und Verhandlungen mit Vermietern oder deren Rechtvertretungen kann in vielen Fällen Obdachlosigkeit verhindert werden.
Die weitere Bearbeitung erfolgt je nach Bedarf in enger Abstimmung mit dem Jugend- und dem
Ordnungsamt oder anderen Fachdienststellen ( z.B. Schuldnerberatungsstelle ,Suchtberatung
usw.).
-3-
Droht eine Obdachlosigkeit aus anderen Gründen oder ist die Obdachlosigkeit bereits eingetreten,
wird versucht den Fall im Rahmen einer Krisenintervention noch positiv zu lösen.
Im Jahre 2010 wurden im Sozialamt 69 Mitteilungen über Räumungsklagen mit insgesamt 86 betroffenen erwachsenen und 24 minderjährigen Personen bearbeitet.
In 14 Klagefällen handelte es sich um Mieter bei Wohnungsbaugesellschaften mit öffentlich gefördertem Wohnraum.
In nur 17 Fällen mit 22 Betroffenen Personen kam es zu einem Zwangsräumungstermin. Zwei der
betroffenen Personen mussten in eine städtische Notunterkunft eingewiesen werden, konnten
aber mittlerweile diese wieder verlassen. Allen Betroffenen konnte geholfen werden, bzw. konnten
diese sich selbst helfen.
Im Jahre 2011 musste eine Familie mit 4 Personen in einer Notunterkunft untergebracht werden.
Die Familie hat mittlerweile anderweitig eine Unterkunft gefunden.
Acht neue Mitteilungen über Räumungsklagen gingen bislang ein.
Sollten die zuvor dargestellten Maßnahmen erfolglos bzw. nicht möglich gewesen sein und ist
Wohnungslosigkeit eingetreten, ist die Unterbringung in einer Notunterkunft unumgänglich.
2. Unterbringung von Obdachlosen
Die Kommunen haben in NRW nach dem Ordnungsbehördengesetz (OBG) die Verpflichtung, unfreiwillig obdachlose Personen unterzubringen. Dies geschieht in der Regel in städtischen Notunterkünften. Die Unterkunft muss ganztägig zu nutzen sein. Die Unterkunft muss insgesamt menschenwürdig sein ( einfache Einrichtung, beheizbar, sanitäre Anlagen, Kochmöglichkeiten,).
Die Unterbringung in der Notunterkunft erfolgt im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Einweisungsverfügung, die kein Mietverhältnis begründet. Für die Unterbringung ist eine monatliche Nutzungsentschädigung zu entrichten.
Die Stadt Pulheim betreibt derzeit folgende Notunterkünfte:
Dansweiler, An der Maar, belegt mit 7 Personen
Brauweiler, Rosenhügel, belegt mit 2 Personen
Die Belegung der Unterkünfte erfolgt sozialverträglich. Dies bedeutet, dass die persönliche Situation der betroffenen Menschen dabei berücksichtigt wird. Dies gilt in der Regel auch für unterzubringende Familien. Ebenso wird darauf geachtet, dass suchtkranke oder psychisch labile Personen nicht direkt zusammen mit weniger auffälligen Menschen untergebracht werden. Letztendlich
aber ist eine sozialverträgliche Unterbringung abhängig von den zur Verfügung stehenden Unterbringungsmöglichkeiten.
Wie bei den Unterkünften für ausländische Flüchtlinge ist die Verwaltung an einem nachbarschaftlichen Verhältnis zu den Anliegern der Unterkünfte interessiert. Daher gehört zu der Betreuungsarbeit in diesem Bereich auch die Umfeldbetreuung. Diese wird wahrgenommen durch die zuständige Person im Ordnungsamt, die sozialpädagogische Fachkraft und den Hausmeister.
Werden seitens des Ordnungsamtes Personen in einer Notunterkunft untergebracht, wird das
Sozialamt unverzüglich benachrichtigt, damit eine Wiedereingliederung möglichst früh begonnen
werden kann und die Verweildauer in der Unterkunft verkürzt wird.
Im Jahre 2010 wurden 8 Personen untergebracht, die nicht in Folge einer Räumungsklage obdachlos geworden sind. Zwei davon konnten nach kurzer Zeit anderweitig mit Wohnraum versorgt
werden.
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3. Wiedereingliederung
„Die Versorgung mit Wohnraum ist ein elementares Grundbedürfnis. Menschen, die über keinen
Wohnraum verfügen, leben am Rande der Gesellschaft ohne Chancen auf die Führung eines
menschenwürdigen Lebens.“1
„Die Erfahrungen aus verschiedenen Projekten zeigen, dass Hilfen bei der Wohnraumversorgung
stark an den Bedarfslagen einzelner Betroffenengruppen ausgerichtet werden müssen. Häufig
bestehen multiple Problemlagen, die allein über die Versorgung mit Wohnraum nicht lösbar ist.
Gerade bei Menschen mit schwierigen Lebenslagen ist eine begleitende und die Selbsthilfepotentiale fördernde Sozialarbeit für eine dauerhafte wohnliche Integration unerlässlich“. 2
Die Wiedereingliederung durch das Sozialamt erfolgt in der Form des Fallmanagements und Hilfeplanentwicklung unter Berücksichtigung des Individualprinzips nach § 9 SGB XII.
Die einzelnen Schritte hierzu sind:
- Eruierung der Ursachen für die Obdachlosigkeit
- Klärung von möglichen Leistungsansprüchen
- Beratung und Unterstützung zur Aktivierung der Selbsthilfekräfte
- Einbindung von Fachdiensten
- Stärkung des Vermittlungspotenzials für den Wohnungsmarkt
- Nachbetreuung zur Sicherung des Wohnraums
- Dokumentation
Angestrebt wird ein Ausbau der Kooperation mit der Wohnungswirtschaft, sozialen Trägern und
dem Jobcenter.
Rechtliche Grundlagen für sozialpädagogische Hilfen
Obdachlosigkeit stellt generell eine der besonderen sozialen Schwierigkeiten dar, deren Überwindung im Rechtsgebiet des Achten Kapitels des SGB XII (§§ 67 ff) berücksichtigt werden:
§ 68 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sieht vor, dass in geeigneten Fällen ein Gesamtplan (Hilfeplan) zu
erstellen ist, um die besondere soziale Schwierigkeit zu beheben.
Des weiteren sieht § 68 Abs. 3 SGB XII vor, dass die sonst beteiligten Stellen zusammenarbeiten
und sich wirksam unterstützen sollen.
Ein freier Träger in diesem Fachgebiet ist in Pulheim nicht aktiv, vielmehr sind verwaltungsintern
mehrere Ämter mit der Thematik befasst. Als wichtigste Stelle außerhalb der Stadtverwaltung wird
das Jobcenter mit der Grundsicherung für Erwerbsfähige in den gesamten Hilfekomplex eingebunden werden, da ein Teil der Wohnungslosen möglicherweise einen Anspruch auf finanzielle
Leistungen und Eingliederungshilfen (gem. § 16a SGB II) haben bzw. hätten.
1 und.2
Förderkonzept zum Aktionsprogramm „Obdachlosigkeit verhindern – Weiterentwicklung der Hilfen in Wohnungsnotfällen“, Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NRW, 2009
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Hilfen für wohnungslose Erwerbsfähige können gem. § 16 Abs 2 SGB II sowie § 22 Abs. 5 SGB II
beantragt werden.
Für junge Volljährige bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres greift § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII.
Rein rechtlich liegt hier die Zuständigkeit für die persönliche Betreuung beim Jugendamt. Ein entsprechender Hilfeplan ist hier gem. § 36 SGB VIII zu entwickeln.
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