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Mitteilungsvorlage (Projekt Synagoge Stommeln - Rückblick 2010 - Ausblick 2011)

Daten

Kommune
Pulheim
Größe
126 kB
Datum
22.03.2011
Erstellt
14.03.11, 18:37
Aktualisiert
18.03.11, 11:58
Mitteilungsvorlage (Projekt Synagoge Stommeln
- Rückblick 2010
- Ausblick 2011) Mitteilungsvorlage (Projekt Synagoge Stommeln
- Rückblick 2010
- Ausblick 2011)

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Inhalt der Datei

Stadt Pulheim Der Bürgermeister V o r l a g e Nr: Zur Beratung/Beschlussfassung an: Gremium Ausschuss für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit II / 41 36 20 Termin 22.03.2011 ö. S. X Frau Schallenberg (Verfasser/in) (Amt/Aktenzeichen) 86/2011 nö. S. TOP 11 28.02.2011 (Datum) BETREFF: Projekt Synagoge Stommeln - Rückblick 2010 - Ausblick 2011 Veranlasser: Verwaltung MITTEILUNG: 2010: Daniel Buren. „Multiplikationen. Arbeit in situ für eine Synagoge“ Am 29. August wurde mit Daniel Burens Installation die 20. Folge des Synagogenprojekts eröffnet. Seine Arbeit setzte erneut einen Höhepunkt in der Ausstellungsreihe. Fast schon eine Selbstverständlichkeit ist der große Andrang während der Eröffnung; eine Überraschung waren jedoch die hohen Besucherzahlen während der regulären Öffnungszeiten: An den ersten Wochenenden wurden bis zu 150 Besuchern an einem einzigem Tag gezählt, später immerhin noch 45. Außerdem wurden zahlreiche Führungen nachgefragt; 20 für Buren, 21 für Metzel, dessen Installation „Sprachgitter“, noch bis zum 25.5. in der Synagoge verblieb. Presse, Funk und Fernsehen räumten Burens Ausstellung breiten Raum ein; zu der ausführlichen Berichterstattung in den lokalen/regionalen Medien kamen Rezensionen in der überregionalen Presse, Funk, Fernsehen und Fachzeitschriften hinzu (vgl. ein – nicht vollständiger – Überblick über die Medien ist in der Anlage beigefügt.) Mit Prof. Dr. Gudrun Inboden konnte eine ausgewiesene Buren-Spezialistin für die Eröffnung gewonnen werden: Sie realisierte nicht nur 1990 eine große Buren-Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart, sondern ist auch Herausgeberin seiner theoretischen Schriften. (Daniel Buren, Achtung! Texte 1967 – 1991, Dresden, Basel 1995). In ihrer Einführungsrede wie ihrem Katalogbeitrag beschreibt sie Burens Eingriff in die Synagoge als eine Art Zweiteilung des Raumes, der damit in einen religiösen Bereich, in dem lediglich Thora und Empore markiert sind, und einen durch Spiegel definierten Ausstellungsbereich zerfällt: Wie sich der religiöse (und damit historische Synagogen-)Raum und der aktuelle Ausstellungsraum aufeinander beziehen, ineinander spiegeln, untrennbar miteinander verbunden sind, fasst sie als Kernaussage von Burens Auseinandersetzung mit der Synagoge zusammen. Dankenswerterweise hat auch Buren einen Text zu seiner Arbeit verfasst. Darin verweist er nicht nur auf die einzigartige Geschichte des Raumes als Kultraum und steinernes Zeugnis der Shoah, die sie immer mittransportiert, sondern auch auf die späteren Nutzungen als Abstellkammer, Stall und heutigen Ausstellungsraum. „Da die Synagoge nun nicht mehr Kultzwecken diente, wurde sie eine Art Scheune und geriet in Vergessenheit. Sie wurde auf diese Weise gerettet, denn man hatte sie verlassen, zweckentfremdet, nicht mehr beachtet. Rund fünfzig Jahre später wurde diese alte, zur Scheune gewordene Synagoge gereinigt, renoviert -1- und zu einem Kunstzentrum für temporäre Ausstellungen umgestaltet. (…) Alle diese Erinnerungen, nicht nur eine von ihnen, haben sich diesen Mauern eingeprägt“, schreibt Buren in seinem Katalogbeitrag. „Soll nun der Künstler, der dort ausstellt, sie tilgen oder die eine mehr als die anderen zum Vorschein bringen? Ich glaube, er sollte es nicht tun, denn es sind die Erinnerungen der Betrachter selbst, die sich wie Elektronen frei bewegen, übereinander lagern oder einander widersprechen, die in unterschiedlichem Maße ans Licht kommen und den vorgestellten Arbeiten, welcher Art sie auch immer sein mögen, ihre eigene Interpretation aufprägen.“ (Ausst.-Kat., S. 31). Mit einfachen Mitteln wie Farbfolien und Spiegeln erreicht Buren nicht nur die Konzentration auf den in sich gespiegelten Raum, sondern auch eine Fokussierung auf seine Besucher. Im Blick auf den Raum begegnet der Besucher unausweichlich sich selbst, er sieht sich - als Sehenden. 2011: Eine Reflexion Das durch Burens Arbeit vorgegebene Motiv der Reflexion soll in 2011 wörtlich genommen und ein Stück weiter geführt werden. Statt einen Höhepunkt mit einem weiteren Highlight zu überbieten zu wollen – sofern das überhaupt noch möglich ist bei einer derartigen Selbst-Reflektivität – soll einmalig vom bisherigen Ausstellungsschema der Jährlichkeit abgewichen werden. 2011 soll ein Jahr des Inne-Haltens werden. Vertiefendes Nachdenken, Bestandsaufnahme anstelle des Kunstmarkt-typischen Höher, Weiter, Mehr. Eine Art Sabbat-Jahr in Form von Wiedereröffnung und Reflexion in anderen Medien (Foto, Buch, Podium) anstelle der gewohnten Neu-Eröffnung. Um der Installation von Buren Raum zu geben, sich im Wechsel der Jahreszeiten weiter zu entfalten, wird sie am 20. März wieder eröffnet. Der Gedanke der Wiedereröffnung verdankt sich der vom Kultursekretariat Gütersloh angeregten Teilnahme an den jüdischen Kulturtagen NRW (www.juedische-kulturtage-rheinland.de), stellte sich aber während der Wintermonate als sinnvoll heraus: Während die Lichtverhältnisse seit November immer schlechter wurden, warfen auch Burens Spiegel Dunkelheit zurück. Mit Beginn der helleren Jahreszeit ist damit zu rechnen, dass die Synagoge sich im strahlenden Frühlingslicht noch schöner präsentiert als zu ihrer spätsommerlichen Eröffnung. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die Kunsthalle Baden-Baden derzeit eine große Einzelausstellung von Buren präsentiert. Der Titel, Allegro Vivace, entspricht der nichtenden-wollenden Symphonie lichtdurchfluteter Farbräumen aufs Beste (bis 22.05.). Da Burens Arbeit die 20. des Projektes war, soll dies gleichzeitig Anlass sein, in einer FotoDokumentation einen vollständigen Überblick über das gesamte Projekt zu geben. Der Landschaftsverband Rheinland hat die Stadt Pulheim eingeladen, in der Abtei Brauweiler eine Ausstellung der Arbeiten von 1991 bis 2010 zu zeigen. (Grundlage der Überblicksausstellung wird die bereits in Rom und Berlin gezeigte Fotodokumentation der Projekte 1991-2000 sein.) Innerhalb dieses Zeitraums ist eine Tagung/Symposium mit Wissenschaftlern, Ausstellungsmachern und Kritikern angedacht, die das Verhältnis von Ort und Geschichte – anknüpfend an Burens Statement – weiter ausleuchten soll. Welche Bedeutung hat ein so starker historischer Kontext auf das künstlerische Schaffen? Wie transportiert sich Kontext in künstlerische Arbeiten? Zwischen dem im Faschismus erbauten Haus der Geschichte in München und dem von den Nationalsozialisten umgestalteten Deutschen Biennale-Pavillon in Venedig sollen Ausstellungsmacher zu ihren Erfahrungen mit ähnlich belasteten Räumen befragt werden und das Synagogenprojekt in Verhältnis dazu gesetzt werden. Abschließend wird der zweite Band Art Project. Synagoge Stommeln. Kunstprojekte in Angriff genommen, der die Arbeiten von 2001 – 2010 zusammen fasst. Für 2012 steht die Kulturabteilung bereits in Verhandlung mit einem renommierten amerikanischen Künstler. -2-