Daten
Kommune
Pulheim
Größe
53 kB
Datum
21.12.2010
Erstellt
03.12.10, 18:53
Aktualisiert
01.03.11, 21:24
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 1 zur Vorlage 512 / 2010
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Schnellbrief 126/2010
An die
Mitgliedsstädte und -gemeinden
Aktenzeichen: II/2 qu-ko
Ansprechpartner/in: Dr. Queitsch
Durchwahl 0211•4587-237
21.10.2010
Änderung des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes / Wertstofftonne
Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
das Bundesumweltministerium hat mit Datum vom 06.08.2010 den Referentenentwurf zur Änderung des bestehenden
Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes herausgegeben. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat mit
Datum vom 17.9.2010 eine Stellungnahme abgegeben (Anlage 1). An der Erarbeitung dieser Stellungnahme hat auch der StGB
NRW mitgewirkt. In der Stellungnahme vom 17.9.2010 wird insbesondere darauf hingewiesen, dass durch den vorgelegten
Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums die kommunale Abfallentsorgung massiv gefährdet wird.
Vor allem die geplante Neuregelung zur Zulässigkeit von gewerblichen Abfallsammlungen wurde kritisiert, weil das
rechtssystematisch klare und praktisch gut anwendbare Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2009 (Az.: 7 C
16.08 – NVwZ 2009, S. 1292ff.) zur Zulässigkeit von gewerblichen Sammlungen durch die beabsichtigte Neuregelung
ausgehebelt werden soll.
Wenn private Abfallentsorgungsunternehmen verwertbare Abfälle wie z. B. Altpapier aus den privaten Haushalten demnächst
über gewerbliche Sammlungen neben der kommunalen Erfassungsstruktur erfassen, um die Erlöse für sich zu behalten, fehlen
den Städten, Gemeinden und Kreisen diese Erlöse, um die Abfallgebühren stabil zu halten. Denn mit den Erlösen decken die
Kommunen einen Teil der Abfallentsorgungskosten ab. Die Zeche dafür zahlen dann zukünftig die Gebührenzahler über höhere
Abfallgebühren. Hierdurch wird auch die nachhaltige, umweltorientierte und zuverlässige Verwertung von Abfällen gefährdet,
die von den Kommunen – unabhängig vom jeweiligen Verwertungspreis – seit Jahrzehnten flächendeckend sicher gestellt wird.
Nicht zu unterschätzen sind auch die möglichen Folgen für die Wohnqualität in Wohngebieten und die Verkehrssicherheit.
Abfalltransporte in Wohngebieten und auf Straßen werden von den einsammlungspflichtigen Städten und Gemeinden seit jeher
auf das absolut notwendige Maß reduziert. Hier stehen der Schutz der Anwohner und die Verkehrssicherheit eindeutig im
Vordergrund. Wohnstraßen sind keine Wettkampfarenen, in denen ausgetragen wird, wer verwertbare Abfälle am schnellsten
zu seinem Vorteil einsammeln kann. Dabei ist auch zu beachten, dass private Abfallsammler regelmäßig nur in günstig zu
entsorgenden Gebieten nicht gefährliche Abfälle zur Verwertung wie z.B. Altpapier sammeln werden, während die Städte und
Gemeinden eine flächendeckende Sammlung unter anderem auch im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gewährleisten
müssen.
-2-
-2Die Folgen eines solchen ruinösen Wettbewerbs müssen nicht nur die Gebührenzahler tragen, sondern auch die privaten
Entsorgungsunternehmen selbst, die im Auftrag der Kommune sammeln, weil für keinen mehr klar absehbar sein wird, welche
Mengen an verwertbaren Abfällen eingesammelt werden können.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände deutlich gemacht, dass an das
rechtssystematisch klare Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2009 (Az.: 7 C 16.08 – NVwZ 2009, S. 1292ff.)
anzuknüpfen ist.
Auch europarechtlich ist die bestehende gesetzliche Regelung im Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz (§13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
KrW-/AbfG) vom Bundesverwaltungsgericht zutreffend als europarechtskonform angesehen worden.
Gerade der Vertrag von Lissabon (in Kraft getreten am 01.12.2009) bestätigt in aller Deutlichkeit die vom
Bundesverwaltungsgericht ergangene Rechtsprechung und damit das Selbstverwaltungsrecht der Städte, Kreise und
Gemeinden als Kernbestand unserer demokratischen Grundordnung. Dieses hat auch die Bundesregierung im Magazin zur
Europapolitik (Nr. 66, 07/2010) betont. Die kommunalen Spitzenverbände erwarten deshalb, dass auch das
Bundesumweltministerium zur Kenntnis nimmt, dass der Lissabon-Vertrag die kommunalen Selbstverwaltungsrechte schützt
und stärkt. Dieses muss sich auch in der Sicherung der kommunalen Aufgabe der Abfallwirtschaft als
Daseinsvorsorgeleistung, die von den Städten, Kreisen und Gemeinden erbracht wird, niederschlagen. Der vorgelegte
Referentenentwurf trägt dem nicht Rechnung, obwohl der Lissabon-Vertrag eine innerstaatliche Organisationsentscheidung
insbesondere bei den sog. „Aufgaben von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ wie der Abfallentsorgung ermöglicht (so
ausdrücklich auch: Prof. Dr. Ludwig Krämer in Abfallrecht, Heft 1, 2010, Seite 40 ff.).
Schließlich wird die Warenverkehrsfreiheit durch eine geordnete kommunale Erfassung in den Städten und Gemeinden nicht
beeinträchtigt, weil nach der geordneten Erfassung der verwertbaren Abfälle durch die Stadt/Gemeinde auf dem
Verwertungsmarkt ein Verwerter gesucht wird. Es ist nicht nachvollziehbar und liegt jedenfalls nicht im Interesse einer
geordneten Abfallerfassung, dass europarechtlich ein „Häuserkampf“ um verwertbare Abfälle mit allen negativen
Folgewirkungen (u. a. Gefährdung von Passanten, Gefährdung der Verkehrssicherheit) gewollt sein kann.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die beigefügte Resolution (Anlage 2 )
entworfen. Wir empfehlen diese Resolution im Stadt- bzw. Gemeinderat zu verabschieden und sie dann dem
Bundesumweltminister, dem Landesumweltminister sowie den örtlichen Bundestags-Abgeordneten gewissermaßen als
„Protestnote“ zu übersenden. Es wird als sinnvoll angesehen, in dieser Art und Weise deutlich zu machen, dass der
Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums vom 6.8.2010 dem Geist des Lissabon-Vertrages auf europäischer Ebene nicht
gerecht wird und die kommunale Abfallentsorgung durch den Entwurf massiv gefährdet wird.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Dr. Stephan Keller