Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
18 kB
Datum
25.03.2010
Erstellt
26.03.10, 07:18
Aktualisiert
26.03.10, 07:18
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 652/2009
Az.: -65.4-
Amt: - 65 BeschlAusf.: - -65.4- Datum: 26.11.2009
Beratungsfolge
Betriebsausschuss Straßen
Termin
04.03.2010
Rat
25.03.2010
Betrifft:
Bemerkungen
Änderung der Straßenbaubeitragssatzung - Anpassung der Anliegeranteilssätze an
die aktuelle Rechtsprechung und an die neuesten Empfehlungen des Städte- u.
Gemeindebundes NW
Finanzielle Auswirkungen:
Betrifft zukünftige Wirtschaftspläne des Eigenbetriebes Straßen auf der Einnahmeseite
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den 26.11.2009
Beschlussentwurf:
Die Kostenbeteiligung für durch straßenbauliche Maßnahmen bevorteilte Anlieger nach § 4 der
Straßenbaubeitragssatzung wird an die Entwicklungen in der Rechtsprechung und an die
entsprechend geänderten Empfehlungen der einschlägigen Mustersatzung des nordrheinwestfälischen Städte- und Gemeindebundes angepasst.
§ 4 der Straßenbaubeitragssatzung wird daher gemäß der in der Anlage vorgeschlagenen Form
neu gefasst. Die Satzungsänderung soll dabei am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in
Kraft treten.
Begründung:
Die derzeit gültige Straßenbaubeitragssatzung beinhaltet in ihrer Bemessung von Anlieger- und
Allgemeinvorteilen langjährig unveränderte Anliegerbeitragssätze, die noch auf eine inzwischen
überholte und überarbeitete Mustersatzung des Städte- u. Gemeindebundes basieren.
Beitragsrechtliche Entwicklungen in Literatur und Rechtsprechung, auch im Vergleich zu anderen
Bundesländern, haben den Städte- u. Gemeindebund zwischenzeitlich veranlasst, die
Mustersatzung an die aktuellen Verhältnisse anzupassen.
In der Erläuterung zur aktualisierten Mustersatzung weist der Städte- u. Gemeindebund darauf hin,
dass die frühere Mustersatzung Vorteilssätze der Anlieger vorsah, die eher als Mindestsätze zu
verstehen waren. Gleichwohl wurden diese Anteilssätze von den Städten und Gemeinden
weitgehend – so auch in Erftstadt - unverändert übernommen.
Demgegenüber weist die überarbeitete und aktuelle Mustersatzung des Städte- und
Gemeindebundes nunmehr erhöhte Spannbreiten in Bezug auf die Bemessung der Anliegeranteile
auf, die Städte und Gemeinden dazu veranlassen sollen, die Höhe der Vorteilssätze ortsbezogen
zu überprüfen und ggfls. anzupassen.
Ausgangspunkt und Kriterium für die Aufteilung des beitragsfähigen Aufwands auf die Gemeinde
(Allgemeinvorteil) und die beitragspflichtigen Anlieger (Individualvorteil) ist letztlich der den beiden
Gruppen zuzuordnende und zu bewertende „wirtschaftliche Vorteil“. Die Festsetzung des
Gemeindeanteils ist kein exakter Berechnungsvorgang, sondern in den gesetzlichen Grenzen eine
ortsgesetzgeberische
Ermessens- und Gestaltungsentscheidung. Die Bestimmung von
Gemeindeanteil und – dem korrespondierend – Anliegeranteil hat sich ausschließlich an dem
Ausmaß der erfahrungsgemäß wahrscheinlich zu erwartenden Inanspruchnahme der ausgebauten
Anlage durch die Allgemeinheit einerseits und die Grundeigentümer bzw. Anlieger andererseits zu
orientieren. Das Verhältnis der jeweils gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeiten hängt zum
Einen von der Verkehrsbedeutung der Straße und zum Anderen von den jeweils ausgebauten
Teileinrichtungen ab.
In Anliegerstraßen ist der Beitragsanteil der Anwohner daher naturgemäß höher zu bestimmen als
in Haupterschließungs- oder gar Hauptverkehrsstraßen, die einen vergleichsweise höheren
Durchgangsverkehr verzeichnen.
Für Anliegerstraßen, die voraussetzungsgemäß also überwiegend von Anwohnern und in
geringerem Umfang von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden, verlangt die
Entwicklung der neueren Rechtsprechung inzwischen, dass der Kostenanteil der Anlieger den
Gemeindeanteil deutlich übersteigen soll. Das OVG Lüneburg etwa hält eine ortsgesetzgeberische
Entscheidung für angemessen, nach der Beitragspflichtige in Anliegerstraßen generell einen Anteil
von 75% zu tragen haben, und zwar für alle Teileinrichtungen.
Die derzeit gültige Straßenbaubeitragssatzung hingegen weist hier, je nach Teilanlage, u.a. noch
Anliegeranteile von lediglich 50% aus, so dass die hier für Anliegerstraßen enthaltenen
Vorteilsbewertungen – nimmt man die fortentwickelte Rechtsprechung als Maßstab – diskutierbar
und zu überprüfen sind.
System, Struktur und Verhältnis der Vorteilsbemessung verlangen dann konsequenterweise eine
ganzeinheitliche und vollständige Überprüfung aller satzungsmäßig festgelegten Vorteilssätze,
getrennt nach Straßenart und Funktion der Straße. Demzufolge weist die Mustersatzung des
Städte- u. Gemeindebundes zwangsläufig auch entsprechend erhöhte Spannbreiten bei den
Anliegeranteilen der anderen Straßenarten aus, so dass die sich aus § 4 Absatz 3 der
Straßenbaubeitragssatzung ergebende Vorteilsbemessung in ihrer Gesamtheit zur Disposition
steht.
Überdies sind in diesem Zusammenhang auch die bindenden, allgemeinen Haushaltsgrundsätze
des § 75 Gemeindeordnung NW (GO NW) zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung
sowie § 76 II GO NW zu berücksichtigen, wonach die Gemeinden ihre Einnahmen in erster Linie –
soweit vertretbar und geboten - aus speziellen Entgelten für die von ihnen erbrachten Leistungen
und erst in zweiter Linie aus Steuern zu beschaffen haben. Hieraus resultiert zum einen eine
grundsätzliche Beitragserhebungspflicht, zum anderen kann diese Maßgabe auch Wirkungen auf
das Verteilungsverhältnis von Straßenbaukosten zwischen Stadt und Beitragspflichtigen erzeugen.
Dabei gilt die grundsätzliche Verpflichtung zur vollständigen Ausschöpfung der Einnahmequellen
in besonderem Maße für diejenigen Gemeinden, die bereits über längere Zeit hinweg ihre
Haushaltsrechnungen mit einem Fehlbetrag abgeschlossen haben. Hinter dieser Verpflichtung
müssen andere Erwägungen, die ansonsten von einer (erhöhten) Abgabenerhebung Abstand
nehmen lassen könnten, zurücktreten.
Die Überprüfung der Anliegeranteile erscheint damit nicht nur aus beitragsrechtlicher Hinsicht,
sondern auch aus gemeindehaushaltsrechtlichen Vorgaben und Maßgaben angezeigt.
Im Rhein-Erft-Kreis haben zwischenzeitlich bereits die Gemeinde Elsdorf sowie die Städte
Frechen, Kerpen und Pulheim eine Anpassung und Erhöhung der Anliegerbeitragssätze für
straßenbauliche Maßnahmen vorgenommen. In Frechen tritt die aktualisierte Beitragssatzung
dabei zum 01.01.2010 in Kraft. Andere Kommunen – innerhalb und außerhalb des Kreisgebietes sind ebenfalls mit der Frage der Anpassung der Anliegeranteilssätze befasst und befinden sich in
entsprechenden Überlegungen.
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Zahlreiche Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben die Anliegeranteilssätze bereits angehoben.
Hierunter beispielsweise auch Münster, Köln und Bonn. Münster mit Sitz des OVG NW gilt hierbei
als Vorreiter und hat die Anteilssätze auf die sich aus der Mustersatzung des Städte- u.
Gemeindebundes ergebenden Höchstsätze( 80% Anwohneranteile in Anliegerstraßen) festgelegt.
Unter Berücksichtigung der veränderten Empfehlungen der Mustersatzung des Städte- und
Gemeindebundes - nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der städtischen Haushaltssituation ist es Aufgabe der Verwaltung, über die aktuelle Entwicklung im Straßenbaubeitragsrecht zu
informieren und dem Ortsgesetzgeber eine strukturelle Anpassung und Anhebung der
Anliegerbeitragssätze zur Disposition zu stellen.
Der Satzungsvorschlag legt dabei Anteilssätze jeweils im mittleren Bereich der vom Städte- u.
Gemeindebund empfohlenen Spannbreiten fest, orientiert sich somit an der neueren und
inzwischen gefestigten Rechtsprechung und lehnt sich dabei schließlich an Beitragsangleichungen
anderer und vergleichbarer Kommunen an.
Während die Anliegeranteilsspannen der Mustersatzung die maßgeblichen Anliegeranteile der zur
Zeit gültigen Straßenbaubeitragssatzung um bis zu 30% übersteigen, schlägt der hier vom
Grundsatz her zur Disposition stehende Satzungsänderungsentwurf im Durchschnitt strukturelle
Erhöhungen der Anliegeranteilssätze im Bereich von 10%-20% vor. Insofern stellen die
vorgeschlagenen Anteilsangleichungen einen Mittelwert bzw. Kompromiss zwischen den noch
gültigen Anteilssätzen und den höchst zulässigen Werten der Mustersatzung des Städte- u.
Gemeindebundes dar.
Zur Übersicht sind in der Anlage die derzeit gültigen Anliegeranteilssätze, die aktuell vom Städteu. Gemeindebund empfohlenen Anliegeranteilsspannen sowie die mit dieser Vorlage
vorgeschlagenen Anteilsangleichungen ausgewiesen und gegenübergestellt.
Im Übrigen wurden neu in § 4, Absatz 3 verbindliche Maßgaben für sonstige Fußgängerstraßen
und verkehrsberuhigte Bereiche i.S.d. § 42, Abs. 4a StVO in den Regelungskatalog mit
aufgenommen. Hierfür wären demnach zukünftig keine einzelfallbezogenen Satzungsregelungen
mehr notwendig.
Durch die strukturierte Erhöhung der Anliegeranteile würden sich zukünftig bei den einzelnen
Straßenbaumaßnahmen Mehreinnahmen ergeben. Dies beträfe alle zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Satzungsänderung noch nicht abgeschlossene sowie in Zukunft erst noch
anstehende Maßnahmen, bei denen die sachliche Beitragspflicht also erst noch eintreten muss.
Diese Mehreinnahmen sind jedoch nicht allgemeingültig und konkret in Euro bezifferbar, da für
jeden beitragsrechtlichen Einzelfall eine gesonderte Kostenermittlung und Kostenverteilung
durchzuführen ist. Dabei sind Anlieger- und Allgemeinvorteil für jede straßenbauliche Maßnahme
einzelfallbezogen und in Abhängigkeit von der jeweiligen Straßenfunktion und Verkehrsbedeutung
zu bewerten.
Der Straßenbaubeitrag ist somit dem Wesen nach eine Vorzugslast, die sich nach Art und Umfang
des für den beitragspflichtigen Anlieger vermittelten Vorteils bemisst. Eine nach den Kriterien der
Rechtsprechung vorteilsgerechte Beitragserhebung stellt insofern keine übergebührliche
Belastung für die betroffenen Grundstücke bzw. deren Eigentümer dar, sondern dient einzig dem
Ausgleich zwischen den (sonder-)bevorteilten Grundstücken auf der einen und der Allgemeinheit
auf der anderen Seite. Hier ist der „wirtschaftliche Vorteil“ für die von einer Straßenbaumaßnahme
bevorteilten Grundstücke von Relevanz, der neben der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer
Anlage u.U. auch eine Wertsteigerung des Grundstücks bewirken kann. Vom Grundgedanken her
soll damit letztlich eine ungerechtfertigte Finanzierung straßenbaulicher Maßnahmen durch die
Allgemeinheit – über das von ihr in Anspruch genommene Maß der Nutzung hinaus – verhindert
werden. Denn was nicht über maßnahmebedingte Beitragspflicht refinanziert wird, ist im Ergebnis
aus allgemeinen Steuermitteln zu Lasten der Allgemeinheit zu tragen.
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(Dr. Rips)
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