Daten
Kommune
Pulheim
Größe
2,7 MB
Datum
22.02.2011
Erstellt
01.02.11, 09:02
Aktualisiert
22.02.11, 21:07
Stichworte
Inhalt der Datei
An/'^3x- L
Rechnungsprüfungsamt
Pulheim, 30.03.2009
Stelf ungnahme zu Vorlage 128120A9 zur Sitzung des Rates der Stadt
Pulheim am 31.03.2009;
TOP 9 - Zukunftsinvestitionsgesetz (Konjunkturpaket ll)
Dem Rechnungsprüfungsamt wurde die Vorlage leider erst am 27.03.2049 zur
Stellungnahme zugeleitet.
Die Verwaltungsvorlage enthält unter anderem folgenden Beschlussentwurf:
4. Der Rat beschließt die Änderung der städtischen Vergabeordnung in dem IJmfang, den der Erlass der Landesregierung vom 03.02.2009 zur Beschleunigung der Maßnahmen gesetzt hat. Die Anderungen sind befristet für Vergaben
bis zum 31 .12.2010. Sie gelten für alle Vergaben, auch außerhalb des Konjunkturpaketes ll.
In den Erläuterungen wird hierzu folgendes ausgeführt:
Zu 4. Anderunq der Verqabeordnung
Zur Beschleunigung von lnvestitionen hat die Landesregierung mit Erlass
vom 03.02.2009 Vereinfachungen im Vergaberecht erlaubt. Der Erlass isf
als Anlage 5 beigefügt.
Die Vereinfachungen gelten befristet bis zum 31.1Z2UA für alle Vergaben
der Stadt, wenn stadtinterne Bestimmungen angepassf werden. Die Städte
sind gebeten, diese Möglichkeiten auszuschöpfen (l n nenministeri um
1 6.03.2009 - FAQ-Liste).
Aus der Sicht der Rechnungsprüfung erhebe ich Bedenken gegen den Vorschlag
der Verwaltung, so wie es die Rechnungsprüfungen auch in anderen Städten
getan haben.
Die deutliche Anhebung der Wertgrenzen, die die Veruraltung ausgehend vom
Erlass vom 03.02.2009 vorschlägt, begegnet grundsätzlichen und erheblichen
Bedenken der Rechnungsprüfung. Derarlige Wertgrenzen stehen einem
wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln entgegen und
erhöhen das Korruptionsrisiko.
4
Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Die Anwendung der h,ohen Wertgrenzen wird dazu führen, dass öffentliche
Ausschreibungen und damit der größtmögliche Wettbewerb die absolute
Ausnahme werden. Der Erlass steht insoweit im Widerspruch zur Pflicht der
Kommune, mit öffenilichen Mitteln sparsam und wirtschaftlich umzugehen, die
sich aus $ 75 Abs.1 GO ergibt. Die GemHVO konkretisiert diese Vorgabe in $ 25,
der fordert, dass einer Vergabe von Aufträgen eine öffentliche Ausschreibung
vorausgehen muss. Sie verweist auf einen RdErl. des lnnenministers (vom
22.3.2006, MBL. NRW 2006, S 222), der die VOB für verbindlich erklärt und die
VOL zur Anwendung empfiehlt. Die Verdingungsordnungen sehen eine Rangfolge
der Vergabeaften vor und räumen dabei der öffentlichen Ausschreibung den
Vorrang ein. Dabei ist anerkannt, dass sich bei dieser Ausschreibungsart der
Wettbewerbsgrundsatz am besten verwirklichen lässt (vgl. lngenstau/Korbion,
Kommentar zur VOB, 15. Aufl. 2004, S 3 VOB/4, Rn. 5 - 7),
Gemeindehaushaltsrecht, GPA-Kommentar zur GemHVO, Loseblatt, Stand 2007,
S 25, 1 .u.2.).Ein Leistungswettbewerb unter Anbietern kann nur entstehen,
wenn möglichst viele Anbieter die Gelegenheit haben, sich um einen Auftrag der
Kommune zu bewerben. Nur so verschafft sich die Kommune einen umfassenden
Marktüberblick über Preise und Leistungsfähigkeit von Unternehmen und kann
aus einer Vielzahl von Angeboten das wirtschaftlichste auswählen.
Eine Abkehr von diesem Grundsatz würde zwangsläufig weniger Wettbewerb und
damit ein hohes Risiko für unwirtschaftliche Vergaben mit sich bringen.
2.
Erhöhung des Korruptionsrisikos
Bei öffentlichen (Bau-) Aufträgen wird viel Geld umgesetzt. Deshalb ist es nicht
venvunderlich, dass gerade hier allgemein ein hohes Korruptionsrisiko besteht.
Die strikte Einhaltung der Verdingungsordnungen und besonders des darin
vorgegebenen Vorrangs der öffentlichen Ausschreibung hat bei bisherigen
Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung im Vordergrund gestanden und ist auch
allgemein als erfolgreichste Maßnahme gegen Korruption anerkannt. So hat der
Vorstand des deutschen Verdingungsausschusses (DVA), dem Vertreter der
Verbände des Baugewerbes, der Bauindustrie und des Handwerks.angehören, in
mehreren Erklärungen folgendes formuliert:
,,... durch transparente öffentliche Ausschreibungen nach VOB/A wird die
Vergabeentscheidung objektiviert und U nregelmäßigkeiten auf
Auftragnehmer - und Auftraggeberseite vorgebeugt" (zitiert nach Bartsch
a., Korruptionsbekämpfung, Loseblatt Stand 2007, 6.3.3.3, 1 8.2).
,,...dass die VOB ein umfassendes und effeldives lnstrumentarium zur
Korruptionsbekämpfung bietet, das zu Recht ,,Bollwerk gegen Korruption"
genannt wird' (Erklärung des Vorstandes der DVA vom 15.02.2002,
Anlage 2).
u.
Verzichtet man weitgehend auf öffentliche Ausschreibung, was ja die Folge der
Anwendung des o. g. Erlasses wäre, würde man die Korruptionsrisiken deutlich
erhöhen. Schließlich stellen niedrige Wertgrenzen und damit viele öffentliche
Ausschreibungen auch einen Schutz für die Mitarbeiter im Umgang mit Firmen
dar. Je weniger direkte Kontakte, z. B. bei Preisverhandlungen im Rahmen
freihändiger Vergaben, um so geringer die ,,Versuchung". Nicht zuletzt beugt man
mit öffentlichen Ausschreibungen auch der Kritik der Ungleichbehandelung
derjenigen Unternehmen vor, die bei beschränkten Ausschreibungen und
freihändigen Vergaben nicht aufgefordert werden.
Zur Bedeutung öffentlicher Ausschreibung für den Wettbewerb ein Zitat aus dem
Urteil des OVG Münster vom 22.02.2005 - 1 5 A 1065/04:
...
Das Bekenntnis zum Wettbewerbsgrundsatz belegt, dass dr'e
Bestimmungen der VOB/A entgegen der Ansicht des KI. nicht
ausschließlich dem /nferesse des Auftraggebers an einem möglichst
günstigen Angebot dienen. Gleichwohl hat das Verhandlungsverbot auch
einen Bezug zur sparsamen Haushaltsführung. Entgegen anderslautenden
Stimmen verhindert es keineswegs die Erzielung günstiger Preise für die
Auftraggeber. Die Erfahrung zeigt vielmehr, dass gerade die formal korrekt
d u rc h g ef ü h fte öffe ntl i ch e Au ssch rei b u n g d e n g ü n stig ste n An g e b otsp re i s
zur Folge hat, weil alle Bieter an die Grenze ihrer Auftragskalkulation
gehen müssen, um eine Chance auf den Zuschlag zu haben. Sie können
nämlich nicht von vornherein einen Aufsehlag kalkulieren, den sie sich im
Nachhinein (teilweise) abverhandein /assen (vgl. Hertwig, Praxis der
öffentlichen Auftragsvergabe, 3. Aufl. (2005), S. 111 ff.;
Motzke/Pietzker/Prieß, $ 24 Rdnr. 47).
,,
Die erwartete Erleichterung von Vergaben durch die Anhebung der Wertgrenzen
sollte nicht überbewertet werden. Ein Bewerber müsste bis zu den höheren
Wertgrenzen nicht mehr auf öffentliche Ausschreibungen achten und
gegebenenfalls Angebotsunterlagen anfordern (und bezahlen), um an
Wettbewerben teilnehmen zu können. Ansonsten ist der Arbeitsaufwand für die
Kalkulation und die Erstellung und Einreichung des Angebots bei beschränkter
Ausschreibung der gleiche wie bei öffentlicher Ausschreibung.
Auf der anderen Seite verringert sich für den einzelnen Bewerber aber ganz
erheblich die Chance, am Wettbewerb teilnehmen zu können, wenn die
beschränkt ausschreibende Kommune den Bieterkreis auf 3 bis 8 Bewerber
eingrenzt. Allein die öffentliche Ausschreibung garantiert jedem lnteressenten den
Zugang zum Vergabeverfahren und bietet die Gewähr für fairen und
transparenten Wettbewerb sowie größtmöglichen Schutz vor Korruption.
Für den öffentlichen Auftraggeber bringt der Verzicht auf öffentliche
Ausschreibung keine nennenswerte Erleichterung, denn die wesentliche Arbeit
dürfte bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung und der sonstigen
Ausschreibungsunterlagen anfallen. Dieser Aufiruand ist bei der beschränkten
Ausschreibung nicht geringer als bei der öffentlichen.
Empfehlung:
Bereits bei der letzten Anderung der Vergabeordnung hatte das
Rechnungsprüfungsamt Bedenken erhoben und die inzwischen gültigen
Wertgrenzen für die Wahl der Vergabeart als zu hoch beschrieben. Nun noch
höhere Wertgrenzen festzulegen, kann aus der Sicht der Rechnungsprüfung nicl'rf
gut geheißen werden.
Das Rechnungsprüfungsamt empfiehlt daher, die Wertgrenzen auch für
Vergaben im Rahmen des Konjunkturpaketes ll nicht anzuheben, sondern die
der aktuell geltenden Vergabeordnung beizubehalten. Anderenfalls wird es noch
schwerer, eine wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung beizubehalten und
das Korruptionsrisiko zu minimieren.
(E
Leiter d
Aldenhoven)
Rechn ungsprüfu ngsamtes