Daten
Kommune
Pulheim
Größe
23 kB
Datum
14.09.2010
Erstellt
13.09.10, 19:22
Aktualisiert
13.09.10, 19:22
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Inhalt der Datei
ANLAGE 3
Rhein-Erft-Kreis
Fragen zu § 61a LWG NRW
1. Pflicht zum Satzungserlass
Grundsätzlich richtet sich die Befugnis der Gemeinden zum Satzungserlass nach § 7 GO
NRW. Es gibt
•
•
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Pflichtsatzungen (z.B. die Hauptsatzung oder die Haushaltssatzung), deren
Erlasspflicht der Gemeinde gesetzlich auferlegt ist,
bedingte Pflichtsatzungen (z.B. der Bebauungsplan, die Eigenbetriebssatzung oder
die Sparkassensatzung), deren Erlass den Gemeinden unter bestimmten
Voraussetzungen vorgeschrieben ist, sowie
freiwillige Satzungen (Abgabensatzungen, Anschluss- und Benutzungszwang,
Benutzungssatzungen für öffentliche Einrichtungen), über deren Erlass die
Gemeinden in eigener Verantwortung entscheiden.
Satzungen nach § 61a Abs. 5 S. 2 LWG NRW sind danach als bedingte Pflichtsatzungen,
Satzungen nach § 61a Abs. 5 S. 1 LWG NRW hingegen (trotz der einschränkenden SollRegelung) als freiwillige Satzungen einzuordnen. Satzungen sind nicht nur für die Bürger
und Einwohner der Gemeinde, sondern ebenso auch für diese selbst, für andere
Gebietskörperschaften und für die Rechtsprechung verbindlich (Rehn/Cronauge, GO NRW,
Kommentar, § 7, Anm. 2).
Die Verpflichtung zum Erlass von Satzungen kann von der zuständigen
Kommunalaufsichtsbehörde durchgesetzt werden. Wenn die Gemeinde die ihr als
Körperschaft obliegenden Pflichten oder Aufgaben nicht erfüllt, kann die Kommunalaufsicht
nach § 123 Abs. 1 GO NRW anordnen, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist das
Erforderliche veranlasst. Kommt die Gemeinde der Anordnung nicht fristgerecht nach, so
kann die Kommunalaufsicht die Anordnung an Stelle der Gemeinde und auf deren Kosten
selbst durchführen oder einen Dritten mit der Durchführung betrauen (§ 123 Abs. 2 GO
NRW). Pflichten und Aufgaben im Sinne des § 123 GO NRW sind alle auf einer gültigen
Rechtsnorm beruhenden oder von ihr ausgehenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen
der Gemeinde. Erfasst sind sowohl die gegenüber Dritten wahrzunehmenden Pflichten und
Aufgaben als auch solche des interorganisatorischen Bereichs, etwa der Erlass einer
Pflichtsatzung. Die Anordnung ist schriftlich zu treffen, das aufsichtsbehördliche
Sachverlangen eindeutig klarzustellen, die vernachlässigte Pflicht oder Aufgabe genau zu
bezeichnen. Verstreicht die in der Anordnung gesetzte Frist, ohne dass das Erforderliche von
der Gemeinde veranlasst wird, kann die Aufsichtsbehörde nach § 123 Abs. 2 GO NRW die
Anordnung an Stelle der Gemeinde selbst durchführen (Selbstvornahme) oder einem Dritten
die Durchführung übertragen (Fremdvornahme). Handelt die Aufsichtsbehörde an Stelle der
Gemeinde, so hat sie die gleichen Befugnisse wie die Gemeinde, unterliegt aber auch
denselben Beschränkungen. Die Gemeinde hat sowohl die Kosten der Maßnahme selbst als
auch die durch das Tätigwerden der Aufsichtsbehörde entstehenden Kosten zu tragen.
Denkbar wäre das z.B., wenn eine Gemeinde für ihre Wasserschutzgebiete trotz der
gesetzlichen, unausweichlichen Verpflichtung in § 61a Abs. 5 Satz 2 LWG NRW keine
Satzung erlässt.
2. Umsetzen des Satzungsrechts
Zwar sind die Gemeinden an das von ihnen gesetzte Ortsrecht gebunden (s.o.). Allerdings
bezieht sich diese Aussage wohl eher auf Pflichten, die in der Satzung selbst geregelt
werden, nicht jedoch auf die Frage, ob Gemeinden allgemein zur Durchsetzung / zum
Vollzug des von ihnen erlassenen Ortsrechts verpflichtet sind.
Eine allgemein gültige Rechtspflicht, dass erlassene Normen grundsätzlich auch vollzogen
werden müssen, besteht jedenfalls dann, wenn die Norm die Vollzugsbehörde ausdrücklich
selbst verpflichtet. Eine solche Pflicht kann sich auch reflexiv als notwendige Kehrseite aus
einem bestehenden Anspruch eines Dritten ergeben. Mit dem Recht des einen
Rechtssubjekts korrespondiert dann notwendigerweise stets die darauf bezogene Pflicht
eines anderen.
Eine Verpflichtung der Gemeinde zum Tätigwerden kann sich ferner aus allgemeinen
Rechtsgrundsätzen ergeben. Wird die Gemeinde - nach gesetzlicher Verpflichtung oder aus
eigenem Antrieb - durch Satzungserlass tätig, so folgt daraus grundsätzlich auch die
Verpflichtung, für die sachgerechte Umsetzung der Satzungsforderungen zu sorgen. Wie
dies im Einzelnen erfolgt, geschieht nach pflichtgemäßem Ermessen.
Eine ausdrückliche Regelung, dass die Gemeinde die Vorlage der Prüfbescheinigungen
verlangen muss, enthält § 61a LWG NRW nicht, dort ist lediglich aus Sicht des
Grundstückseigentümers geregelt, dass dieser die Bescheinigung der Gemeinde „auf
Verlangen“ vorlegen muss. Das LWG NRW schreibt in § 61a Abs. 5 LWG NRW lediglich den
Erlass einer Satzung vor. Eine allgemeine Vollzugspflicht ist im LWG ebenfalls nicht statuiert.
Auch ergibt eine Auslegung der Regelung in § 61a Abs. 3 S. 5 LWG NRW zur
Dichtheitsprüfung keine Verpflichtung der Gemeinden, generell zu fordern, dass die
betroffenen Grundstückseigentümer die Nachweise der Dichtheitsprüfungen vorzulegen
haben, es sei denn, sie legt sich diese Verpflichtung in ihrer Satzung nach § 61a LWG NRW
selbst auf (s.3.). allerdings ist zu bedenken, dass die abwasserbeseitigungspflichtige
Gemeinde aus ihrer Anstaltsgewalt heraus verpflichtet ist, für die korrekte Erfüllung der
Abwasserüberlassungspflicht zu sorgen. Dazu gehört auch, gegen Grundstückseigentümer
vorzugehen, die Abwasser in Gewässer (z.B. Grundwasser) gelangen lassen (vgl. BGH,
Urteil vom 19.08.1992 – 2 StR 86/92 zur strafrechtlichen Verantwortung eines
Bürgermeisters nach § 324 StGB).
3. Verlangen nach Vorlage der Prüfbescheinigungen bei Satzungserlass
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung besteht keine Verpflichtung der Gemeinde,
entsprechende
Nachweise
zu
verlangen.
Die
Norm
verpflichtet
nur
die
Grundstückseigentümer, die Prüfbescheinigung aufzubewahren und der Gemeinde auf
Verlangen vorzulegen. Unmittelbare Normadressaten sind somit die Grundstückseigentümer.
Zusätzlich wird der Gemeinde das Recht eingeräumt, die Vorlage der Bescheinigung zu
verlangen. So ist der Begriff „auf Verlangen“ im Sinne von „Einfordern eines Rechtes“ oder
„Geltendmachen eines Anspruchs“ zu verstehen. Der Berechtigte ergreift nach
pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen.
In der „Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes NRW zur Abänderung der Fristen
bei der Dichtheitsprüfung von privaten Abwasserleitungen“ wird in § 3 Abs. 3 geregelt, neben
einer Frist zur Durchführung der Dichtheitsprüfungen eine weitere Frist festzusetzen,
innerhalb derer der Grundstückseigentümer die Bescheinigung über das Ergebnis der
Dichtheitsprüfung der Gemeinde vorzulegen hat.
Neben der Zweckmäßigkeit einer sofortigen und umfassenden Vorlage der im
Gemeindegebiet erstellten Dichtheitsprüfungsnachweise liegt die Entscheidung über die
Vorlage einer Dichtheitsprüfungsbescheinigung letztlich bei der Gemeinde. Hält sie es für
erforderlich, fordert sie von den Grundstückseigentümern die Dichtheitsnachweise. Denn
Sinn und Zweck der Vorschrift des § 61a LWG NRW ist es schließlich auch, die Gemeinden
bei der Gestaltung einer effektiven öffentlichen Abwasserbeseitigung zu unterstützen.
Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen (s.u. 4.), dass
- der Anschlussnehmer vor unlauteren Sachkundigen geschützt wird
- haftungsrechtliche Aspekte für die Gemeinde reduziert werden
o strafrechtlich
o zivilrechtlich
- die Gemeinde ihre Abwasserbeseitigungspflicht ordnungsgemäß erfüllt
4. Überprüfen der Dichtheitsprüfbescheinigungen durch Stichproben
Werden die Dichtheitsprüfbescheinigungen der Gemeinde eingereicht, so sollte sie diese
zeitnah überprüfen. Nur so kann die Gemeinde den Grundstückseigentümer zu
Verbesserungen anhalten bzw. eine neue Prüfbescheinigung fordern. Nur dadurch wird auch
der Grundstückseigentümer in die Lage versetzt, bei etwaigen Unstimmigkeiten oder Fehlern
auf den von ihm beauftragten Sachkundigen zugreifen zu können.
Prüft die Gemeinde nur einzelne der vorgelegten Bescheinigungen stichprobenartig, könnte
sie später bei nicht geprüften Bescheinigungen nicht mehr ohne weiteres gegen den
Grundstückseigentümer vorgehen. Sie müsste dann selber nachweisen, dass die
Grundstücksentwässerung nunmehr undicht bzw. schadhaft ist.
Außerdem können haftungsrechtliche Aspekte eine Rolle spielen. Sollte ein Schaden in
einem Gewässer oder im Boden wegen undichter Leitungen auf dem Privatgrundstück
eintreten, stellt sich für die Gemeinde möglicherweise die zivil- und strafrechtliche
Haftungsfrage, wenn sie trotz Fristsetzung durch Satzung die Vorlage der
Prüfbescheinigungen nicht verlangt hat. Denn die Gemeinde hätte mit der Aufforderung zur
Vorlage der Bescheinigung frühzeitig erkennen können, ob eine Undichtigkeit bescheinigt
wurde und den Schaden damit begrenzen können. auch bei bestehenden Problemen durch
Fremdwasser ist das Verlangen nach Vorlage der Prüfbescheinigungen sinnvoll. Nur so kann
die Gemeinde nachweisen, dass sie zum Eingrenzen und Minimieren des
Fremdwasserzuflusses alles wasserwirtschaftlich Notwendige und wirtschaftlich Tragbare
getan hat, um damit den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen Anlage zu fördern.
5. Intensität der Überprüfung
Hinsichtlich des Prüfungsumfangs stellt sich die Frage, wie intensiv die Gemeinde die ihr
vorgelegten Prüfbescheinigungen überprüfen sollte.
a.
formale Prüfung
Die Gemeinde sollte in jedem Fall prüfen, ob generell die Formalien (z.B. Datum und
Unterschrift, ggf. auf dem von der Gemeinde vorgegebenen Formular oder Vorblatt)
vorhanden sind. So ist die Datumsangabe wichtig für die Frist, innerhalb der die
Wiederholungsprüfung stattfinden soll. Aus der Unterschrift ergibt sich, ob tatsächlich ein
Sachkundiger die Dichtheitsprüfung durchgeführt hat. Nur so kann die Gemeinde feststellen,
ob eine belastbare Bescheinigung vorliegt.
b.
Inhaltliche Prüfung
Hinsichtlich des Inhalts sollte die Gemeinde die Bescheinigung auf Plausibilität prüfen. Hat
sie besondere Anforderungen an die Prüfbescheinigung gestellt (z.B. Angaben zu
Prüfverfahren oder Prüfmethoden, Lageplan, usw. – vgl. § 3 Abs. 5 Mustersatzung), so sollte
sie deren Vorliegen nachhalten. Außerdem ergeben sich daraus u.U. Anhaltspunkte dafür,
ob die Prüfung in vollem Umfang durchgeführt worden und die Bescheinigung
nachvollziehbar ist.