Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
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Datum
17.12.2009
Erstellt
18.12.09, 06:56
Aktualisiert
18.12.09, 06:56
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Verwaltungsgericht Arnsberg, 12 K 2300/08
Seite 1 von 12
Verwaltungsgericht Arnsberg, 12 K 2300/08
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Aktenzeichen:
06.03.2009
Verwaltungsgericht Arnsberg
12. Kammer
Urteil
12 K 2300/08
Tenor:
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des I vom 5. Februar 2008
rechtswidrig ist, soweit hiermit die Zuwendungen für die
Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern (Ziffer 1.2.2 der
Richtlinien) und die Sachzuwendungen (Ziffer 2 der Richtlinien)
geregelt worden sind.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist eine Fraktion im Rat der Stadt X und wendet sich gegen einen
Beschluss des beklagten I über die Gewährung von Fraktionszuwendungen.
2
Bis zum Jahr 2007 erhielten die Fraktionen im Rat der kreisangehörigen Stadt Xdie nach früherer Rechtslage aus mindestens drei Mitgliedern bestehen mussten Fraktionszuwendungen auf der Grundlage von Richtlinien, die der I im Jahr 1995
beschlossen hatte. Hiernach erhielt jede Fraktion einen Sockelbetrag, einen
Pauschalbetrag pro Ratsmitglied, eine Pauschale für die Beschäftigung von
Fraktionsmitarbeitern und, im Rahmen der Möglichkeiten der Stadt, Räume und
Büromaterial.
3
Nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 56 der Gemeindeordnung für das Land
Nordrhein- Westfalen (GO NRW) im Oktober 2007 zeigten die beiden Mitglieder
der Klägerin, die zuvor als einfache Ratsmitglieder tätig gewesen waren, die
Bildung einer Gruppe an, für die sie nunmehr Zuwendungen begehrten.
4
Nach Behandlung des Anliegens im Ältestenrat beschloss der Beklagte am 5.
Februar 2008 eine Neufassung der "Richtlinien der Stadt X für die Zuwendungen
an die Fraktionen", die auszugsweise wie folgt lauten:
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"Den...Fraktionen werden Zuwendungen zu den Kosten der Geschäftsführung
vorbehaltlich der Mittelbereitstellung des Rates durch den Haushaltsplan
entsprechend diesen Richtlinien gewährt.
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1. Geldzuwendung
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1.1 Sockelbetrag
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Für den durch Sachleistungen nicht abgedeckten Grundbedarf erhalten alle
Fraktionen einheitlich einen Sockelbetrag von jährlich 4.000 Euro.
9
1.2 Pauschalbeträge
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1.2.1 Jede Fraktion erhält zur Abgeltung der Kosten der Geschäftsführung
(sächliche und personelle Aufwendungen) außerdem für jedes der Fraktion
angehörende Ratsmitglied einen Pauschalbetrag von jährlich 1.000 Euro.
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1.2.2 Die Stadt leistet Fraktionen mit mindestens drei Mitgliedern Zuwendungen für
die Beschäftigung von Fraktions- Mitarbeitern in Form einer jährlichen Pauschale.
Dabei erhalten die beiden großen Fraktionen (SPD, CDU) eine Zuwendung in
Höhe von max. 52.000 Euro und die kleinen Fraktionen max. 26.000 Euro.
12
1.2.3
13
....
14
2. Sachzuwendungen
15
Die Stadt stellt Fraktionen mit mindestens drei Mitgliedern im Rahmen ihrer
Möglichkeiten Räume und Büromaterial zur Verfügung."
16
Zur Begründung hieß es in der Beschlussvorlage, dass mit den Änderungen vor
dem Hintergrund der neuerlichen Änderung der GO NRW eine Deckelung der
Ausgaben für die politischen Entscheidungsgremien im Rat angestrebt werde und
insbesondere die Glättung der - bislang noch von DM- Beträgen in Euro
umgerechneten - Geldzuwendungsbeträge die Abrechnung erleichtern solle.
17
Mit Schreiben vom 24. Februar 2008 zeigten die Mitglieder der Klägerin an, dass
sie eine Fraktion gebildet hätten und wiesen darauf hin, dass sie den Beschluss
zur Förderung von Fraktionen erst ab drei Mitgliedern nicht hinnehmen würden.
18
Hierauf teilte die Bürgermeisterin mit, dass der Klägerin der Sockelbetrag und die
Kopfpauschale, jedoch keine weiteren Zuwendungen gewährt würden. Zur
Begründung führte sie aus: Da erst mit der Neufassung der GO NRW
Kleinstfraktionen mit zwei Ratsmitgliedern zugelassen worden seien, lägen noch
keine Erfahrungswerte bei der erforderlichen Bedarfsermittlung für die Höhe der
Fraktionszuwendungen vor. Im Rahmen der Ausschussberatungen sei deshalb
abgestimmt worden, für Kleinstfraktionen keine weiteren
Personalkostenpauschalen und keine weiteren Sachzuwendungen bereitzustellen.
Hierbei sei u.a. berücksichtigt worden, dass die bisher im Rat vertretenen sechs
größeren Fraktionen bei den Jahresabrechnungen teilweise nicht unerhebliche
Zuwendungsbeträge erstattet hätten.
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Die Klägerin entgegnete hierauf: Das beschlossene Finanzierungsmodell sei
rechtswidrig und verstoße insbesondere gegen den Gleichheitssatz, da etwa die
dreiköpfige Fraktion Freie Liste X 26.000 Euro als Personalkostenzuschuss
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erhalte, während sie als offensichtlich politisch nicht konforme Fraktion leer
ausgehen solle. Ohne weitere Zuwendungen könne sie auch ihre Aufgaben nicht
ansatzweise erfüllen. Daher würden ein Fraktionsbüro samt Ausstattung und
weitere Zuwendungen in Höhe von 20.000 Euro verlangt.
Am 21. April 2008 beschloss der Rat die Haushaltssatzung für das Jahr 2008. Die
Neufassung der Richtlinien war dem Haushaltsplan ebenso als Anlage beigefügt
wie eine in Geldleistungen und geldwerte Leistungen unterteilte Aufstellung der
Zuwendungen an die Fraktionen für das Jahr 2008. Die Höhe der Geldleistungen
wurde hierin unter Ansatz der unter Ziffer 1.2.2 der Richtlinien genannten
Maximalbeträge ermittelt, so dass etwa für die dreiköpfige X 33.000 Euro
ausgewiesen wurden (4.000 Euro Sockelbetrag, 26.000 Euro für
Fraktionsmitarbeiter und 3.000 Euro Kopfpauschale), für die Klägerin hingegen
entsprechend den Richtlinien 6.000 Euro (4.000 Euro Sockelbetrag + 2.000 Euro
Kopfpauschale). An geldwerten Leistungen wurden z.B. für die X für die
Bereitstellung von Räumen und Büroausstattung Beträge von insgesamt rund
1.250 Euro, für die Klägerin hingegen keine Leistungen angesetzt.
21
Im weiteren Verlauf lehnte die Bürgermeisterin die Gewährung zusätzlicher
Zuwendungen erneut unter Hinweis darauf ab, dass die am 5. Februar 2008 vom
Beklagten beschlossenen Richtlinien für sie bindend seien und dass auch die FDP
als Zweipersonenfraktion keine weiteren Zuwendungen erhalte, so dass von einer
Ungleichbehandlung keine Rede sein könne.
22
Die Klägerin hat am 9. Juli 2008 die vorliegende Klage erhoben und zunächst
beantragt festzustellen, dass "der Beschluss des Rates der Stadt X vom 11.
Februar 2008..." insoweit rechtswidrig sei, als er sie von den Sach- und
Personalzuwendungen ausnehme.
23
Einen zugleich eingereichten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
mit dem Ziel, vorläufig Zuwendungen in Höhe von 20.000 Euro und einen
Büroraum zu erhalten, hat die Kammer mit Beschluss vom 23. Juli 2008 (12 L
493/08) abgelehnt mit dem Bemerken, die beanstandeten Richtlinien seien
offenbar am 5. Februar 2008 im I beschlossen worden, während es einen
Ratsbeschluss vom 11. Februar 2008 nicht zu geben scheine.
24
Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt, dass sie sich gegen den Beschluss des
Beklagten vom 5. Februar 2008 wende. Zur Begründung weist sie unter Vertiefung
ihres bisherigen Vorbringens darauf hin, dass der Unterschied zwischen einer
zwei- und einer dreiköpfigen Fraktion nicht die in den Richtlinien vorgesehene
Gewährung des mehr als Fünffachen an Zuwendungen rechtfertige.
25
Die Klägerin beantragt nunmehr,
26
festzustellen, dass der Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses des Rates
der Stadt X vom 5. Februar 2008 rechtswidrig ist, soweit hiermit die Zuwendungen
für die Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern (Ziffer 1.2.2 der Richtlinie) und die
Sachzuwendungen (Ziffer 2 der Richtlinie) geregelt worden sind.
27
Der Beklagte beantragt,
28
die Klage abzuweisen.
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Er führt zur Begründung aus: Die Klage sei unzulässig. Der Rat sei nicht der
richtige Beklagte, da die Gewährung von Fraktionszuwendungen durch die
Gemeinde erfolge und auch die Zuwendungsrichtlinie nicht vom Rat beschlossen
worden sei. Ihr Ziel, höhere Zuwendungen zu erhalten, könne die Klägerin zudem
durch eine Leistungsklage erreichen, so dass eine Feststellungsklage nicht
statthaft sei. Die Klage sei auch unbegründet. Die Klägerin habe in 2008 neben
den ihr gewährten Zuwendungen (Sockelbetrag und Pauschale pro Ratsmitglied)
weitere Geldleistungen für ihren Fraktionsvorsitzenden und ihr zweites Mitglied
erhalten und auch ihre im Verfahren 12 L 493/08 entstandenen Anwaltskosten
habe die Stadt übernommen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin im
Jahr 2008 Aufwendungen gehabt habe, die über die ihr gewährten Zuwendungen
hinausgingen. Angesichts der Lage des städtischen Haushalts sei eine
Begrenzung der Fraktionszuwendungen zwingend erforderlich gewesen.
Zugunsten der Fraktionen mit mindestens drei Mitgliedern sei dabei zu
berücksichtigen gewesen, dass diese mit Blick auf die bisherige Höhe der
Fraktionszuwendungen rechtliche Bindungen eingegangen seien und daher
zumindest bis zum Ende der Wahlperiode Vertrauensschutz beanspruchen
könnten.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Gerichtsakte nebst Beiakten und auf die Akte 12 L 493/08 verwiesen.
31
Entscheidungsgründe:
32
Die Klage hat Erfolg.
33
Sie ist als kommunalverfassungsrechtliche Feststellungsklage zulässig und
begründet.
34
Der Zulässigkeit der Klage, die auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des
Beschlusses des Beklagten vom 5. Februar 2008 zielt, steht zunächst nicht
entgegen, dass sich der ursprüngliche Klageantrag der Klägerin seinem Wortlaut
nach auf einen Ratsbeschluss vom 11. Februar 2008 bezog.
35
Es ist schon zweifelhaft, ob dieser Antrag bei verständiger Würdigung aus Sicht
des Empfängers nicht von vorneherein als auf den Beschluss des Beklagten vom
5. Februar 2008 bezogen verstanden werden musste. Einen Ratsbeschluss vom
11. Februar 2008 betreffend die Gewährung von Fraktionszuwendungen gibt es
unstreitig nicht und die Klägerin hatte im Vorfeld der Klageerhebung durchgehend
den Beschluss des Beklagten vom 5. Februar 2008 beanstandet, so dass es sich
um eine unschädliche Fehlbezeichnung handeln dürfte. Selbst wenn man aber von
einer ursprünglich gegen einen (nicht existierenden) Ratsbeschluss vom 11.
Februar 2008 gerichteten Klage ausginge, würde es sich bei der nunmehr erfolgten
Klarstellung, dass sich die Klage gegen den Beschluss des Beklagten vom 5.
Februar 2008 richten soll, zumindest um eine nach § 91 Abs.1 VwGO zulässige
Klageänderung handeln. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob der Beklagte in die
Klageänderung eingewilligt hat, jedenfalls deshalb, weil die Klageänderung
sachdienlich ist, denn der Streitstoff bleibt im Wesentlichen derselbe und die
Klageänderung fördert die endgültige Beilegung des Streites.
36
37
Ist demnach der Beschluss des Beklagten vom 5. Februar 2008 als
Streitgegenstand anzusehen, so ist die erhobene Klage als
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kommunalverfassungsrechtliche Feststellungsklage statthaft.
Gemäß § 43 Abs.1 VwGO kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des
Bestehens oder des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden,
worunter auch Rechtsbeziehungen kommunaler Organe fallen. Es entspricht in
diesem Zusammenhang gefestigter Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NRW), dass die Beschlüsse kommunaler
Organe, die die Rechte anderer kommunaler Organe oder Organteile
konkretisieren oder nachteilig betreffen, Gegenstand einer
kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage sein können. Dies gilt
namentlich auch für Beschlüsse, die das Recht der Fraktionen auf Zuwendungen
verbindlich konkretisieren.
38
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A 3691/01 -,
jeweils abrufbar in JURIS
39
Hiervon ausgehend kann der Beschluss des Beklagten vom 5. Februar 2008
ebenfalls Gegenstand einer kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage
sein, da er den Umfang der der Klägerin und den übrigen Ratsfraktionen gemäß §
56 Abs.3 GO NRW zu gewährenden Zuwendungen näher konkretisiert.
40
Einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis steht insofern nicht entgegen, dass
die am 5. Februar 2008 beschlossenen "Richtlinien" nach ihrem einleitenden Satz
unter dem Vorbehalt der Mittelbereitstellung des Rates durch den Haushaltsplan
stehen. Dieser Vorbehalt trägt der in § 56 Abs.3 S.2 GO NRW getroffenen
gesetzlichen Regelung Rechnung, nach der die Zuwendungen an die Fraktionen
und Gruppen in einer besonderen Anlage zum Haushaltsplan darzustellen sind.
Hieraus folgt, dass die letztverbindliche Entscheidung über die
Fraktionszuwendungen - vom Sonderfall des vorübergehenden oder dauerhaften
Fehlens eines Haushalts abgesehen - jährlich im Rahmen des Beschlusses der
jeweiligen Haushaltssatzung vom Rat zu treffen ist.
41
Es ist gleichwohl nicht zweifelhaft, dass bereits die beschlossenen Richtlinien des
Beklagten den Anspruch der Fraktionen auf Gewährung von
Fraktionszuwendungen in einer Weise ausgestalten, die einer gerichtlichen
Überprüfung zugänglich ist. Die Richtlinien enthalten ins Detail gehende
Regelungen über Art, Umfang und Modalitäten der den Fraktionen zu
gewährenden Zuwendungen und erheben, wie schon ihre Bezeichnung als
"Richtlinien" belegt, den Anspruch, jedenfalls im Regelfall den entscheidenden
Maßstab für die den Fraktionen zu gewährenden Zuwendungen zu bilden. Dies
zeigt auch der Umstand, dass die Zuwendungen in der Vergangenheit, soweit
ersichtlich, anhand der Regelungen der früheren Richtlinien errechnet worden sind,
ohne dass Abweichungen des Rates von ihren Vorgaben erkennbar wären. Dass
die Bestimmungen der Richtlinien jedenfalls im Regelfall auch bei der
nachgehenden Ratsentscheidung übernommen werden sollen und übernommen
werden, wird weiter dadurch verdeutlicht, dass die Richtlinien als Anlage zum
Haushaltsplan 2008 genommen wurden und dass die Bürgermeisterin als für die
Zahlung der Zuwendungen zuständige Stelle
42
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juni 2008 - 15 B 788/08 -, abrufbar in JURIS
43
sie ausdrücklich als für sie verbindlich bezeichnet hat. Begründen danach trotz des
Vorbehalts zugunsten des Haushaltsbeschlusses des Rates schon die Richtlinien
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vom 5. Februar 2008 ein hinreichend konkretes und damit feststellungsfähiges
Rechtsverhältnis, so spricht im Übrigen auch noch manches dafür, dass sie in
Fällen des (vorübergehenden oder dauerhaften) Fehlens eines Haushaltes (§ 82
GO NRW) sogar den letztverbindlichen Maßstab für die Gewährung von
Fraktionszuwendungen darstellen.
Der Annahme eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses steht mit Blick
speziell auf die unter Ziffer 1.2.2 getroffene Regelung über die Zuwendungen für
die Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern auch nicht entgegen, dass wegen der
Nennung von Maximalbeträgen noch ein gewisser Spielraum für ihre Umsetzung
im Einzelfall bestehen mag. Insofern bedarf es keiner weiteren Erörterung, in
welchen Ausnahmefällen nach den Richtlinien ein Abweichen von den genannten
Maximalbeträgen von 26.000 bzw. 52.000 Euro überhaupt in Betracht kommen
könnte. Denn es ist jedenfalls nicht zweifelhaft, dass nach der Intention des
Regelwerks bei Erfüllung der in Ziffer 1.2.2 genannten Voraussetzungen zumindest
im Regelfall eine Gewährung der genannten Maximalbeträge erfolgen soll. Auch
dies lässt sich bereits aus der Bezeichnung der Regelungen als "Richtlinien"
folgern. Zudem würde die vom Beklagten beschlossene und nachgehend vom Rat
übernommene Regelung bei einem Verständnis dahin, dass es der Verwaltung
nicht nur in atypischen Ausnahmefällen, sondern ohne weiteres gestattet sein soll,
gleichsam nach Belieben einen Betrag von bis zu 26.000 bzw. 52.000 Euro
festzulegen, durchgreifenden Bestimmtheitsbedenken unterliegen. Dass die
genannten Maximalbeträge nicht allein als Obergrenze, sondern als im Regelfall zu
gewährende Festbeträge gemeint sind, belegt schließlich auch der Umstand, dass
in der Vergangenheit offenbar durchgehend die genannten Maximalbeträge
gewährt worden sind.
45
Legen demnach schon die Richtlinien des Beklagten vom 5. Februar 2008 die
Gewährung von Fraktionszuwendungen weitestgehend fest, war die Klägerin auch
nicht gehalten, anstelle der Richtlinien deren konkrete Umsetzung durch die
auszahlende Gemeinde im jeweiligen Haushaltsjahr zur gerichtlichen Überprüfung
zu stellen.
46
Der Statthaftigkeit einer gegen den Beschluss des Beklagten vom 5. Februar 2008
gerichteten Feststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass eine
Feststellungsklage gegenüber einer Leistungsklage gemäß § 43 Abs.2 S.1 VwGO
subsidiär ist. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klar gestellt hat, geht
es ihr im Klageverfahren nicht darum, höhere Fraktionswendungen zu erhalten,
sondern um eine Überprüfung, ob die beschlossenen Richtlinien mit dem
Gleichheitssatz vereinbar sind, d.h. um die Gleichmäßigkeit der Verteilung.
47
Vgl. zu dieser Unterscheidung OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 2002 - 15 A
4734/01 -, a.a.O.
48
Eine auf die Zahlung höherer Zuwendungen gerichtete Leistungsklage entspräche
deshalb nicht dem Rechtsschutzziel der Klägerin und ist demnach gegenüber der
hier erhobenen Feststellungsklage nicht vorrangig.
49
Ist die Klage nach allem als kommunalverfassungsrechtliche Feststellungsklage
statthaft, so ist die Klägerin auch klagebefugt. Es entspricht gefestigter
Rechtsprechung des OVG NRW, dass die Regelung des § 56 Abs.3 S.1 GO NRW,
wonach die Gemeinde den Fraktionen Zuwendungen zu den Aufwendungen für die
Geschäftsführung gewährt, eine wehrfähige Rechtsposition der von ihr erfassten
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Fraktionen begründet, die im kommunalrechtlichen Organstreit sowohl geltend
machen können, die ihr gewährten Zuwendungen seien zu niedrig, als auch - wie
hier -, andere konkurrierende Fraktionen seien durch die getroffene
Verteilungsregelung gleichheitswidrig begünstigt worden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Juni 2002 - 15 A 1958/01 -, abrufbar in JURIS und
Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A 3691/01 -, a.a.O.
51
Der Klägerin als Zweipersonenfraktion steht, was zwischen den Beteiligten
unstreitig ist, nach der Neuregelung des § 56 GO NRW dem Grunde nach ein
Anspruch auf Fraktionszuwendungen zu, so dass sie klagebefugt ist.
52
Richtiger Beklagter ist der HFA als das Organ, dem gegenüber die mit der
Organklage beanspruchte Innenrechtsposition bestehen soll.
53
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A 3691/01 -,
a.a.O.
54
Die mithin insgesamt zulässige Klage ist auch begründet.
55
Die in den Richtlinien vom 5. Februar 2008 enthaltenen Regelungen zu Ziffer 1.2.2
und Ziffer 2 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Organrechten.
56
Die Rechtswidrigkeit der im Beschluss vom 5. Februar 2008 enthaltenen
Regelungen ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass sie womöglich nur
unzulänglich bzw. mit rechtlich nicht haltbaren Erwägungen begründet worden
sind. Es spricht insofern zwar manches dafür, dass die getroffene Entscheidung
des Beklagten, wäre sie nach den an einen Verwaltungsakt anzulegenden
Maßstäben zu überprüfen, schon aus diesem Grund als rechtswidrig, nämlich als
ermessensfehlerhaft zu bewerten wäre. Dies gilt insbesondere in Ansehung der in
den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Äußerungen der Bürgermeisterin und
Vorsitzenden des Beklagten gegenüber der Presse, nach denen jedenfalls sie
persönlich sich bei dem beschlossenen Ausschluss von Zweipersonenfraktionen
von den in Rede stehenden Zuwendungen offenbar auch von politischen
Erwägungen hat leiten lassen, was mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen
Regelung über die Fraktionszuwendungen ersichtlich unvereinbar ist.
57
Die Entscheidung darüber, in welcher Form und in welcher Höhe den Fraktionen
Zuwendungen aus Haushaltsmitteln gewährt werden sollen, unterliegt der
gerichtlichen Überprüfung jedoch grundsätzlich nur in materiell- rechtlicher
Hinsicht. Insoweit gelten dieselben Grundsätze, die auch bei der gerichtlichen
Überprüfung kommunaler Rechtssetzungsakte anzuwenden sind. Gegenstand der
Prüfung sind nur diese Rechtssetzungsakte als solche, also das Ergebnis des
Rechtssetzungsverfahrens. Die subjektiven Vorstellungen und Motive der am
Verfahren beteiligten Organe oder Personen sind unbeachtlich; nur die objektive
Unvereinbarkeit des sachlichen Inhalts der Norm mit höherrangigem Recht führt zu
ihrer Ungültigkeit.
58
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A 3691/01 -,
a.a.O.
59
Die am 5. Februar 2008 unter Ziffer 1.2.2 und Ziffer 2 beschlossenen Regelungen
über die Gewährung von Fraktionszuwendungen sind aber auch objektiv
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rechtswidrig, denn sie sind - unbeschadet der ebenfalls nicht völlig zweifelsfreien
Frage der Zuständigkeit des Beklagten - mit dem Grundsatz der Chancengleichheit
nicht vereinbar.
Gemäß § 56 Abs.3 S.1 GO NRW gewährt die Gemeinde den Fraktionen und
Gruppen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den sächlichen und personellen
Aufwendungen für die Geschäftsführung. Bei der Festlegung des entsprechenden
Finanzierungssystems ist die Gemeinde zwar nicht an den formalisierten
Gleichheitssatz,
61
vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A
3691/01 -, a.a.O.
62
wohl aber an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden, der jenseits des Art.3
Abs.1 GG als objektivrechtliches Rechtsprinzip Geltung auch für die
Rechtsbeziehungen zwischen kommunalen Organen und Organteilen
beansprucht. Er ist insoweit in seiner Ausprägung als Grundsatz der
Chancengleichheit zu beachten.
63
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A 3691/01 -,
a.a.O.
64
Das vom Beklagten in Ziffer 1.2.2 und Ziffer 2 der Richtlinien beschlossene
Finanzierungssystem ist mit dem Grundsatz der Chancengleichheit jedoch nicht zu
vereinbaren. Es führt zu einer Bevorzugung von dreiköpfigen Fraktionen
gegenüber zweiköpfigen Fraktionen, die durch sachliche Gründe nicht
gerechtfertigt ist.
65
Nach dem vom Beklagten am 5. Februar 2008 beschlossenen
Finanzierungssystem hat zunächst jede Fraktion Anspruch auf einen Sockelbetrag
für den durch Sachleistungen nicht abgedeckten Grundbedarf in Höhe von 4.000
Euro. Dies ist für sich genommen ebenso wenig zu beanstanden wie die weitere
Regelung unter Ziffer 1.2.1 der Richtlinien, nach der jede Fraktion zur Abgeltung
der Kosten der Geschäftsführung (sächliche und personelle Aufwendungen)
zudem für jedes Fraktionsmitglied einen Pauschalbetrag von jährlich 1.000 Euro
erhält. Die hiermit getroffene Differenzierung nach der Fraktionsgröße ist durch die
Erwägung gerechtfertigt, dass der einer Fraktion entstehende sächliche und
personelle Aufwand zumindest zu einem erheblichen Teil von der Zahl der
Fraktionsmitglieder abhängig ist.
66
Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A 3691/01 -,
a.a.O.
67
Über die genannten Zuwendungen hinaus, die im Fall einer Zweipersonenfraktion
6.000 Euro und im Fall einer Dreipersonenfraktion 7.000 Euro ausmachen, stehen
einer Dreipersonenfraktion nach der in Ziffer 1.2.2 der Richtlinien getroffenen
Regelung jedoch regelmäßig weitere 26.000 Euro für die Beschäftigung eines
Fraktionsmitarbeiters und zudem, soweit der Stadt möglich, noch
Sachzuwendungen in Form von Räumen und Büromaterial zu, was nochmals
einen nicht unerheblichen, im Jahr 2008 für die X mit rund 1.250 Euro
veranschlagten geldwerten Vorteil darstellt. Kann eine Dreipersonenfraktion nach
den Richtlinien mithin Zuwendungen beanspruchen, die weit über das Fünffache
der einer Zweipersonenfraktion zustehenden Zuwendungen hinausgehen, so sind
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sachliche Unterschiede in der Arbeit einer Dreipersonenfraktion gegenüber der
Arbeit einer Zweipersonenfraktion, die eine so gravierende Differenz rechtfertigen
würden, weder vom Beklagten dargelegt noch sonst ersichtlich.
Die in der Begründung des Beschlusses vom 5. Februar 2008 einzig
angesprochene Erwägung einer Senkung der mit der Gewährung von
Fraktionszuwendungen verbundenen Belastung des städtischen Haushaltes kann
die hier in Rede stehende Ungleichbehandlung von Zwei- und
Dreipersonenfraktionen nicht rechtfertigen. Allgemeine Einsparbemühungen, die
sich auf den Bereich der Fraktionszuwendungen erstrecken sollen, dürfen nach
dem Grundsatz der Chancengleichheit gerade nicht einseitig zu Lasten einer
bestimmten Gruppe von Fraktionen, hier der Kleinstfraktionen, gehen, sondern
müssen gleichmäßig erfolgen. Die hier normierte, ganz erhebliche
Ungleichbehandlung von Zwei- und Dreipersonenfraktionen im Rahmen der
Zuwendungsgewährung kann mithin von vorneherein nicht mit
Konsolidierungsbestrebungen, sondern grundsätzlich nur mit Unterschieden bei
den Geschäftsführungsaufwendungen beider Vergleichsgruppen von
Ratsfraktionen begründet werden.
69
Soweit die Vorsitzende des Beklagten in einem dem Beschluss vom 5. Februar
2008 nachgehenden Schreiben darauf verwiesen hat, es lägen noch keine
Erfahrungswerte für den Bedarf einer Zweipersonenfraktion vor, so dass vereinbart
worden sei, dass Kleinstfraktionen zunächst keine weitere Zuwendungen gewährt
würden, rechtfertigt dies die Ungleichbehandlung beider Vergleichsgruppen schon
im Ansatz nicht. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der
Chancengleichheit muss ein sachlicher Differenzierungsgrund für eine
Ungleichbehandlung verschiedener Fraktionen tatsächlich vorliegen und es darf
bei vermeintlichen Unklarheiten der Sachlage nicht zunächst, gleichsam auf
Verdacht, die Schlechterstellung einer Fraktion erfolgen. Zudem lag und liegt es
bei der im vorliegenden Zusammenhang gebotenen typisierenden Betrachtung
aber auch ohne weitere Erfahrungswerte auf der Hand, dass sich der sächliche
und personelle Bedarf einer zweiköpfigen Ratsfraktion allenfalls geringfügig von
demjenigen einer dreiköpfigen Ratsfraktion unterscheidet, was jedenfalls nicht die
Gewährung von mehr als fünfmal so hohen Zuwendungen rechtfertigt.
70
Namentlich gestattet es der weitgehend vergleichbare Koordinierungsaufwand
einer Zwei- und einer Dreipersonenfraktion nicht, erstere auf die
Grundzuwendungen von 6.000 Euro zu verweisen, einer Dreipersonenfraktionen
hingegen einen Personalkostenzuschuss von weiteren 26.000 Euro zu gewähren,
der allein bereits zu einer mehr als fünfmal so hohen Finanzausstattung der
Dreipersonenfraktion führt. Schon deshalb verstößt auch die unter Ziffer 2 der
Richtlinien getroffene Regelung, die Zweipersonenfraktionen überdies auch noch
von der Gestellung von Räumen und Büromaterial ausschließt, gegen den
Gleichheitssatz, da sie die aufgezeigte Ungleichbehandlung bei der
Bezuschussung der Geschäftsführungsaufwendungen noch verstärkt. Zudem sind
auch so deutliche Unterschiede im Platz- bzw. Materialbedarf der jeweiligen
Fraktionen, die es rechtfertigen würden, den diesbezüglichen Bedarf einer
Dreipersonenfraktion soweit möglich vollständig zu übernehmen, eine Übernahme
bzw. eine über die Grundzuwendungen hinausgehende Bezuschussung bei
Zweipersonenfraktionen jedoch vollständig auszuschließen, nicht ersichtlich.
71
Die weitere Erwägung der Vorsitzenden des Beklagten, es sei in der
Vergangenheit zu nicht unerheblichen Rückerstattungen von
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Fraktionszuwendungen gekommen, rechtfertigt die vorgenommene Differenzierung
zwischen Zwei- und Dreipersonenfraktionen ebenfalls nicht. Soweit es in der
Vergangenheit nicht ohnehin nur bei größeren, sondern auch bei Fraktionen der
hier in Rede stehenden Stärke zur Rückerstattung nicht verbrauchter
Zuwendungen gekommen sein sollte, wäre es umso weniger gerechtfertigt, mit
Blick hierauf zwar die Zuwendungen für Zweipersonenfraktionen gegenüber dem
bisherigen Finanzierungsmodell erheblich zu senken, sie den
Dreipersonenfraktionen aber unverändert zu belassen.
Der Einwand der Beklagtenseite, es liege keine Ungleichbehandlung der Klägerin
vor, weil auch die anderen zweiköpfigen Fraktionen im Rat keine weiteren
Zuwendungen erhielten, führt ebenfalls nicht weiter. Die Verletzung des
Gleichheitsgrundsatzes, der hier nicht in der unterschiedlichen Behandlung zweier
zweiköpfiger Fraktionen, sondern in der unterschiedlichen Behandlung von Zweiund Dreipersonenfraktionen liegt, wird nicht dadurch beseitigt, dass noch weitere
Kleinstfraktionen gleichheitswidrig benachteiligt werden.
73
Auch die im Klageverfahren ergänzend vorgebrachten Erwägungen führen zu
keiner anderen Beurteilung.
74
Soweit der Beklagte auf Zahlungen verweist, die die beiden Mitglieder der Klägerin
als Ratsmitglieder bzw. in der Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender erhalten,
rechtfertigt dies die aufgezeigte Ungleichbehandlung schon deshalb nicht, weil es
sich dabei nicht um Beträge handelt, die der Fraktion als solcher als Zuschüsse zu
den Geschäftsführungsaufwendungen dieses Organs gewährt werden, sondern
um eine Abgeltung der Aufwendungen ihrer Mitglieder in deren jeweiliger Funktion.
Handelt es sich mithin um außerhalb des Systems der Fraktionszuwendungen
liegende Leistungen, die anderen Zwecken dienen, so sind sie - abgesehen davon,
dass sie den Funktionsträgern und Mitgliedern der anderen Fraktionen ebenfalls
gewährt werden - nicht geeignet, die Differenzierung der Bezuschussung von
Zwei- und Dreipersonenfraktionen zu rechtfertigen.
75
Entsprechendes gilt auch für die Übernahme der im Verfahren 12 L 493/08
entstandenen Anwaltskosten durch die Stadt. Auch diese dient nicht der
Abdeckung des von § 56 Abs.3 GO NRW erfassten regelmäßigen
Geschäftsführungsbedarfs einer Fraktion, sondern gleicht einen durch das
genannte Gerichtsverfahren veranlassten Sonderbedarf der Fraktion aus.
Rechtsgrundlage hierfür ist nicht § 56 Abs.3 GO NRW, sondern ein öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch der Fraktion, der bei Erfüllung der insoweit
maßgeblichen Voraussetzungen
76
vgl. dazu etwa OVG NRW, Urteil vom 12. November 1991 - 15 A 1046/90 - ,
abrufbar in JURIS
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jeder Fraktion unterschiedslos zusteht. Ebenso wenig, wie der Anspruch einer
Fraktion auf Erstattung der in einem kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit
angefallenen außergerichtlichen Kosten seinerseits durch die für ihre
regelmäßigen Aufwendungen gewährten Fraktionszuwendungen gemindert wird,
78
vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. November 1991 - 15 A 1046/90 -, a.a.O.
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kann der Kostenerstattungsanspruch umgekehrt dazu herhalten, eine Kürzung
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ihrer Fraktionszuwendungen zu rechtfertigen.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der beschlossenen Richtlinien ist auch
nicht entscheidend, ob die Klägerin im Jahr 2008 Aufwendungen gehabt hat, die
über die ihr gewährten Zuwendungen hinaus gingen.
81
Abgesehen davon, dass die Klägerin nicht die Zahlung höherer Zuwendungen
verlangt, sondern eine ungerechtfertigte Bevorzugung von Dreipersonenfraktionen
rügt, normieren die beschlossenen Richtlinien nicht eine nachträgliche Erstattung
der im jeweiligen Haushaltsjahr tatsächlich entstandenen Aufwendungen, sondern
die Vorabgewährung von Pauschalbeträgen für den künftigen
Geschäftsführungsaufwand. Sie sind demnach gerade darauf gerichtet,
Aufwendungen für die künftige Geschäftsführung zu ermöglichen.
82
Vgl. dazu auch Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Beschluss vom 14. Mai 2008 1 L 626/08 -, abrufbar in JURIS
83
Eine unterschiedliche Bemessung der vorab gewährten Mittel für die künftige
Geschäftsführung kann demnach nicht - nachträglich - damit gerechtfertigt werden,
dass eine Fraktion, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch geltend
gemacht hat, mit Blick auf die ihr ohne hinreichenden Differenzierungsgrund
vorenthaltenen Mittel davon abgesehen haben mag, weitere Aufwendungen z.B.
für die Anmietung von Räumlichkeiten für die Fraktionsarbeit - die nach Angaben
der Klägerin derzeit in den privaten Räume des Vorsitzenden verrichtet wird - oder
für die Anstellung von Geschäftsführungspersonal zu tätigen.
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Die dargelegte Ungleichbehandlung von Zwei- und Dreipersonenfraktionen in den
Richtlinien des Beklagten ist schließlich auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die
Ratsfraktionen mit drei und mehr Mitgliedern - anders als die bislang nicht
bezuschussten Kleinstfraktionen - in schutzwürdiger Weise darauf hätten vertrauen
dürfen, dass ihnen die bislang bewilligten Geschäftsführungszuwendungen auch
weiterhin, zumindest bis zum Ende der Wahlperiode, ungeschmälert zustehen
werden.
85
Ein über das jeweilige Haushaltsjahr hinausreichendes schützenswertes Vertrauen
der Fraktionen auf eine bestimmte Höhe von Fraktionszuwendungen, deren
Bemessung im Ermessen des Rates steht, wobei von vorneherein kein Anspruch
auf Vollkostenerstattung besteht,
86
vgl. jeweils OVG NRW, Urteile vom 8. Oktober 2002 - 15 A 4734/01 und 15 A
3691/01 -, a.a.O.
87
scheidet schon deshalb aus, weil der Rat nach der gesetzlichen Regelung des §
56 Abs.3 S.2 GO NRW die Höhe der den Fraktionen zu gewährenden
Zuwendungen im Rahmen der Beschlussfassung der Haushaltssatzung jährlich
neu festzulegen hat. Auch wenn in der Verwaltungspraxis der Stadt Witten
aufgrund der seit 1995 angewendeten Richtlinien des HFA die Bemessung der
Fraktionszuwendungen bis zum Jahr 2007 faktisch nicht variiert haben mag, ändert
dies nichts am gesetzlichen Ausgangspunkt, nach dem eine Änderung der Höhe
der Fraktionszuwendungen jedenfalls zum Beginn des jeweils nächsten
Haushaltsjahres - d.h. hier ab dem Jahr 2008 - rechtlich ohne weiteres möglich ist.
Den Fraktionen war und ist vor diesem rechtlichen Hintergrund anzusinnen, ihre
vertraglichen Abreden, etwa bei der Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern, ggf.
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so zu gestalten, dass auf entsprechende Senkungen der Fraktionszuwendungen
zeitnah reagiert werden kann. Dies gilt namentlich dann, wenn, wie der Beklagte
selbst geltend macht, die städtische Haushaltslage angespannt ist, so dass eine
künftige Herabsetzung der Fraktionszuwendungen - die im Übrigen auch schon
seit längerem diskutiert worden sein dürfte - nicht fernliegend erscheint.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO.
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Die Voraussetzungen des § 124 a Abs.1 S.1 VwGO liegen nicht vor.
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