Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
18 kB
Datum
17.12.2009
Erstellt
18.12.09, 06:56
Aktualisiert
18.12.09, 06:56
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Inhalt der Datei
Anlage 1 zu A 504/2009
25.11.2009
Antrag bzgl. Neufassung der Hauptsatzung der Stadt Erftstadt,
Änderung der Fraktionszuwendungen
Der Rat der Stadt Erftstadt hat in seiner Sitzung am 27.10.2009 beschlossen, den Antrag der Fraktion
Bündnis´90/Die Grünen in den Hauptausschuss zu verweisen.
Die Verwaltung wurde beauftragt, die rechtlichen Grundlagen für die Gewährung der Fraktionszuwendungen sowie die aktuelle Rechtslage darzustellen.
Grundlage für die Gewährung von Zuwendungen an Fraktionen ist
§ 56 Abs. 3 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW):
(3) Die Gemeinde gewährt den Fraktionen und Gruppen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den
sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung. Die Zuwendungen an die
Fraktionen und Gruppen sind in einer besonderen Anlage zum Haushaltsplan darzustellen. Über die
Verwendung der Zuwendungen ist ein Nachweis in einfacher Form zu führen, der unmittelbar dem
Bürgermeister zuzuleiten ist. Eine Gruppe erhält mindestens eine proportionale Ausstattung, die zwei
Dritteln der Zuwendungen entspricht, die die kleinste Fraktion nach Absatz 1 Satz 2 erhält oder
erhalten würde. Einem Ratsmitglied, das keiner Fraktion oder Gruppe angehört, stellt die Gemeinde in
angemessenem Umfang Sachmittel und Kommunikationsmittel zum Zwecke seiner Vorbereitung auf
die Ratssitzung zur Verfügung. Der Rat kann stattdessen beschließen, dass ein Ratsmitglied aus
Haushaltsmitteln finanzielle Zuwendungen erhält, die die Hälfte des Betrages nicht übersteigen dürfen,
die eine Gruppe mit zwei Mitgliedern erhielte. In diesem Fall ist nach den Sätzen 2 und 3 zu
verfahren.
Finanzierungsanspruch
Zur Erfüllung ihrer politischen Aufgaben, insbesondere zur Wahrnehmung der ihr von der
Gemeindeordnung eingeräumten Beteiligungs- und Kontrollrechte gegenüber dem Rat und der
hauptamtlichen Verwaltung, bedarf es ausreichender sachlicher und finanzieller Grundlagen für die
Fraktionsarbeit.
In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Fraktionsfinanzierung der
Bundestags- und Landtagsfraktionen ist in Rechtsprechung und Literatur inzwischen grundsätzlich
unbestritten, dass den Fraktionen in den Räten zur Finanzierung des notwendigen sächlichen und
personellen Aufwandes, der ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben entsteht, Haushaltsmittel zur
Verfügung gestellt werden können (vgl. OVG NRW, Rspr.-Slg. Kottenberg/Rehn/von Mutius, Nr. 4
zu § 30 GO a.F.; VG Düsseldorf, Urt. v. 23.2.2001 – 1 K 8004/99 –, NWVBl. 2001, S. 279; VG Köln,
Urt. v. 8.5.1991 – 4 K 2279/90 –, EildStTNRW, S. 539; Kleerbaum/Klieve, S. 99; Brockmann,
NWVBl. 2004, S. 449, 450, m.w.N.).
Die Möglichkeit zur Finanzierung der Fraktionen aus gemeindlichen Haushaltsmitteln ist in der
nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung bereits seit 1979 verankert. Vor der Kommunalverfassungsreform 2007 konkretisierte § 56 Abs. 1 Satz 3 den Anspruch der Fraktionen gesetzlich
dahingehend, dass die Gemeinden den Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den
sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung gewähren. Mit der Neufassung
der Regelung durch das GO-Reformgesetz 2007 erstreckt sich dieser Anspruch nunmehr auch auf eine
Gruppe (§ 56 Abs. 3 Satz 4). Den Fraktionen und Gruppen wird damit ein originärer und einklagbarer
Anspruch auf die Gewährung von Zuwendungen aus kommunalen Haushaltsmitteln dem Grunde nach
zugesprochen (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 – 15 K 1356/06 –; OVG NRW, Urt. v.
18.06.2002 – 15 A 1958/01 –, NWVBl. 2002, S. 384, 386; OVG NRW, Urt. v. 18.10.2002 – 15 A
4743/01 –, NVwZ-RR 2003, S. 376 [OVG Nordrhein-Westfalen 08.10.2002 - 15 A 7434/01]).
Bezüglich der unterschiedlichen Formen der Zuwendungen wird in der Praxis zwischen den sog.
Finanz-, Sach- (z. B. Computer, Fax, Büromaterialien u. Ä.) sowie den Personalzuwendungen
unterschieden
Höhe der Zuwendungen
§ 56 Abs. 3 Satz 1 begründet einen strikten Anspruch bezüglich des „Ob“ der Zuwendungen
zugunsten der Fraktionen und Gruppen. Regelungen über die Höhe der Zuwendungen finden sich im
Gesetz dagegen nur vereinzelt (vgl. Abs. 3 Satz 4 zum Anspruch der Gruppen). Hinsichtlich der
Fraktionen sind solche Bestimmungen nicht getroffen. Es gibt weder Mindestsätze noch eine
Begrenzung der Mittel nach oben.
Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, den grundsätzlichen Anspruch der Fraktionen und Gruppen
zu normieren, ist aber zu folgern, dass diese zumindest einen Mindestanspruch auf sachliche
Unterstützung ihrer Arbeit durch die Verwaltung haben (vgl. Meyer, S. 109).
Andererseits enthält § 56 Abs. 3 Satz 1 keinen Anspruch auf Vollkostenerstattung (vgl. nur VG
Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 – 15 K 1356/06 –; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 –15 A 4734/01–,
NVwZ-RR 2003, S. 376, 377; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 – 15 A 3691/01 –). Eine gesetzlich
zwingende Erstattung aller Fraktionsgeschäftsführungskosten ist aus den Gesetzesmaterialien nicht zu
entnehmen und ließe den Umstand außer Acht, dass den Fraktionen weitere Finanzierungsquellen zur
Verfügung stehen, wie Finanzmittel der hinter ihnen stehenden Parteien oder Wählervereinigungen,
Spenden Einzelner oder Umlagen der Fraktionsmitglieder (VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 –
15 K 1356/06; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 – 15 A 4734/01 –, NVwZ-RR 2003, S. 376, 377 ; VG
Köln, Beschl. v. 09.12.2004 – 4 L 2979/04 –).
Die Bestimmung der Zuwendungshöhe steht im freien Ermessen des Rates. (vgl. nur VG
Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 – 15 K 1356/06 –; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 – 15 A 4734/01 –
, NVwZ-RR 2003, S. 376 ). Bei der Festsetzung der Mittel hat der Rat – neben dem
haushaltsrechtlichen Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit – die allgemeinen
Ermessensgrundsätze, insbesondere den Grundsatz der Chancengleichheit, zu beachten (VG
Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 – 15 K 1356/06 –, m.w.N.; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 – 15 A
4734/01 –, NVwZ-RR 2003, S. 376, 377 ; VG Köln, Beschl. v. 9.12.2004 – 4 L 2979/04 –).
Maßstab ist dabei der allgemeine Gleichheitssatz, nicht dagegen der formalisierte Gleichheitsgrundsatz
(VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 – 15 K 1356/06 –; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 – 15 A
4734/01 –, NVwZ-RR 2003, S. 376, 377 ; a. A. Meyer, S. 134). Letzterer wird zwar grundsätzlich auf
den Wettbewerb unter den Parteien angewendet; da die Zuwendungen aber lediglich Aufwendungen
sind und keinen Alimentationscharakter besitzen, können sich die Fraktionen nicht auf ihn berufen
(VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 – 15 K 1356/06 –, m.w.N.; OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 –
15 A 4734/01 –, NVwZ-RR 2003, S. 376, 377 ; OVG NRW, Urt. v. 14.06.1994 – 15 A 2449/91 –,
NWVBl. 1994, S. 414, 415). Differenzierungen sind damit bereits bei Vorliegen eines
rechtfertigenden Grundes und nicht erst bei Bejahung eines „besonderen“ oder „zwingenden“ Grundes
zulässig.
Die konkrete Festlegung und Regelung der Zuwendungshöhe erfolgt in der Praxis entweder durch
Ratsbeschluss oder durch eine Hauptsatzungsregelung für die laufende Wahlperiode. Die Höhe der
Zuwendungen insgesamt ist einerseits von der Größe der jeweiligen Stadt oder Gemeinde sowie
andererseits vom Spektrum der durchzuführenden Aufgaben abhängig.
Dem Rat ist es unbenommen, differenzierte Bemessungen hinsichtlich der Höhe der Fraktionszuwendungen in diesen Grenzen festzulegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nicht, die
Höhe der Zuwendungen an Fraktionen in Abhängigkeit von deren Mitgliedschaft zu staffeln. Eine
Differenzierung nach der Anzahl der in einer Fraktion zusammengeschlossenen Ratsmitglieder ist
sachgerecht, weil sie sich an der typischerweise vorzufindenden Bedarfslage der Fraktionen und an
deren kommunalverfassungsrechtlichen Funktion orientiert (VG Gelsenkirchen, Urt. v. 16.02.2007 –
15 K 1356/06 –; VG Köln, Urt. v. 8.5.1991 – 4 K 2279/90 –, EildStTNRW 1991, S. 539, 541). Soweit
für größere Fraktionen ein gegenüber kleineren Fraktionen überproportional hoher
Koordinierungsbedarf vorhanden ist (z. B. Größe der Räumlichkeiten, Computer, Fax, Bestellung
eines Fraktionsgeschäftsführers), sind Zuwendungssteigerungen nicht nur proportional, sondern auch
in „Stufen“ oder „Sprüngen“ zulässig. Andererseits wird bezüglich bestimmter Kostenfaktoren (z. B.
Literatur, Grundausstattung und Unterhaltung eines Büros) ein Grundbedarf bestehen, der eine Art
Sockelbetrag rechtfertigen kann (VG Köln, Urt. v. 08.05.1991 – 4 K 2279/90 –, EildStTNRW 1991,
S. 539, 541).
In der Praxis üblich und unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte als zulässiger Maßstab
anerkannt, ist eine Regelung, nach der für jede Fraktion ein Grundbetrag als Sockelbetrag, ergänzt um
einen Pro-Kopf-Betrag je Fraktionsmitglied, gezahlt wird. Zulässig ist darüber hinaus allerdings auch
eine Regelung, die einzig auf einen Pro-Kopf-Betrag abstellt (OVG NRW, Urt. v. 08.10.2002 – 15 A
4734/01 –, NVwZ-RR 2003, S. 376, 377).
Als Anlagen füge ich die grundlegenden Urteile des OVG Münster vom 08.10.2002, Az.: 15 A
3691/1, und vom 18.06.2002, Az.: 15 A 1958/01, sowie das aktuelle Urteil des VG Arnsberg vom
06.03.2009, Az.: 12 K 2300/08, bei.
(Dr. Rips)