Daten
Kommune
Pulheim
Größe
15 kB
Datum
16.06.2010
Erstellt
14.06.10, 15:59
Aktualisiert
14.06.10, 15:59
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Stellungnahme der Verwaltung:
Der Verwaltung wurde ein Schreiben der Interessengemeinschaft „Edelsteingarten“ zugestellt (siehe Anlage 1). Die Interessengemeinschaft stellt in diesem Schreiben den Antrag auf
Änderung des Bebauungsplanes Nr. 73 für die Bereiche Diamantallee, Achatweg, Jadeweg
und Saphirallee. In dem in der Anlage beigefügten Schreiben wird der Antrag ausführlich
erläutert.
Der Bebauungsplan Nr. 73 Pulheim „Am Auweiler Pfad“ ist in seiner ursprünglichen Form
seit dem 30.06.2003 rechtskräftig. Am 28.2.2007 fasste der Umwelt- und Planungsausschuss der Stadt Pulheim (Niederschrift TOP 1.8, Seite 404) den Aufstellungsbeschluss und
Auslegungsbeschluss zur Änderung im südlichen Plangeltungsbereich (Teilbereiche des 5.
und 6. Bauabschnitts, Diamantallee, Jadeweg und Achatweg). Die Änderung erhielt die Bezeichnung Bebauungsplan Nr. 73 Pulheim 1303 und wurde mit der Bekanntmachung des
Satzungsbeschlusses (21. Sitzung des Rates der Stadt Pulheim am 12.06.2007, Niederschrift TOP I.22, Seite 671) am 19.06.2007 im Amtsblatt rechtskräftig.
Planungsziel dieses Änderungsverfahrens war aufgrund der durch die Fa. Zapf gemachten
Vermarktungserfahrungen die moderate und städtebaulich verträgliche Nachverdichtung in
Teilbereichen des 5. und 6. Bauabschnitts. Der diesem Änderungsverfahren zugrunde liegende städtebauliche Entwurf ist dieser Vorlage als Anlage 2 beigefügt. Die ausschließliche
Einzel- und Doppelhausfestsetzung wurde aufgegeben, da die Fa. Zapf auf ihren Flächen
auch den Bau von Reihenhäusern realisieren wollte. Die Ausnutzbarkeit der Grundstücke
wurde gegenüber dem Ursprungsplan nicht erhöht. Die Bauweise und die Grundflächenzahl
nach § 19 (2) BauNVO blieben unverändert. Die überbaubaren Flächen erfuhren lediglich
kleinere Flächenanpassungen. Ab diesem Änderungsverfahren war klar, dass auch in diesem Plangebietsabschnitt eine verdichtete Baustruktur, die in den ersten Bauabschnitten
besichtigt werden konnte, rechtlich möglich und auch vom Bauträger angestrebt war.
Zwischenzeitlich hat die Fa. Zapf, bedingt durch die gesamtwirtschaftliche Situation, die Umsetzung des 5. und 6. Bauabschnitts mit eigenen Haustypen eingestellt und verkauft die in
ihrem Besitz befindlichen Grundstücke am freien Markt. In der Vergangenheit hat ein Bauträger mehrere Grundstücke von der Fa. Zapf und der Stadt Pulheim erworben und hat diese
mit seinem Doppelhaustyp bebaut. In der Anlage 3 sind die Grundstücke markiert, die mit
diesem Haustyp bebaut sind. Dieser Haustyp ist Anlass des Änderungsantrages durch die
Interessengemeinschaft „Edelsteingarten“. Der geänderte Bebauungsplan soll zukünftig für
die noch unbebauten Grundstücke (siehe Anlage 3 mit Schrägschraffur – Grundstücke für
die kein Bauantrag vorliegt) u. a. eine lediglich 1.5-geschossige Bebauung zulassen und den
Bau von „Mehrfamilienhäusern“ ausschließen.
Die Interessengemeinschaft führt in ihrem Schreiben an, dass es sich bei diesem Haustyp
um Mehrfamilienhäuser handelt. Tatsächlich sind hier nach bauordnungsrechtlicher und planungsrechtlicher Beurteilung Doppelhaushälften mit je 2 Wohneinheiten errichtet worden.
Der Bebauungsplan regelt unter Punkt 4.1 der textlichen Festsetzungen, dass je Hauseinheit
maximal 2 Wohneinheiten zulässig sind, wobei 1 Doppelhaushälfte bzw. 1 Reihenhausteil als
1 Hauseinheit definiert sind. Diese Festsetzung entstand auch vor dem Hintergrund, dass bei
allen Haustypen zukünftig die Möglichkeit besteht, bei einer entsprechenden Bedarfslage,
Elternteile im Haus aufzunehmen.
Somit sind bei einem Doppelhaus insgesamt max. 4 Wohneinheiten gemäß Bebauungsplan
zulässig. Eine derartige Doppelhausbebauung war in diesen Bauabschnitten rechtlich auch
schon vor dem Änderungsverfahren zulässig. Es musste also schon beim Erwerb der
Grundstücke damit gerechnet werden, dass Haustypen mit 2 Wohneinheiten je Hauseinheit
errichtet werden.
Bei dem strittigen Doppelhaustyp wurden die festgesetzten Höhen deutlich unterschritten
(siehe Anlage 4 - Kopie aus der Bauakte). Die Traufhöhe liegt bei 6,35 m (zulässig gem. BP
7,00 m) und die Firsthöhe liegt entsprechend der Definition der textlichen Festsetzungen bei
9,26 m (zulässig gem. BP 11,00 m). Die partiell festgesetzte, zulässige II-Geschossigkeit
wird eingehalten. Zum Vergleich wird in der Anlage 5 die Schnittzeichnung eines der von der
Fa. Zapf errichteten Pultdachhäuser beigefügt, so dass deutlich wird, dass der diskutierte
Haustyp hinsichtlich der Höhenentwicklung den Rahmen im Gebiet einhält. Auch bei einer
Realisierung dieser Bauabschnitte durch die Fa. Zapf hätte immer mit einer derartigen Bauform gerechnet werden müssen. Gerade im Bereich der noch unbebauten Grundstücke im
Achatweg sah die Fa. Zapf eine verdichtete Bebauung mit zweigeschossigen Reihenhäusern
vor.
Das für das Gebiet ungewöhnliche an diesem Haustyp ist die Umsetzung von 2 Wohneinheiten je Doppelhaushälfte, für die aber aufgrund der textlichen Festsetzungen ein Genehmigungsanspruch bestand. Nach Aussage des Bauträgers vermarktet er diese überwiegend als
Mietwohnungen. Der Bedarf an Mietwohnungen in Pulheim würde durch seine Wartelisten
bestätigt. Durch die Größe der Wohnungen (ca. 117 und 125 qm) sind Warmmieten von über
1000 Euro zu zahlen, was deutlich über dem Mietpreisniveau von Wohnungen mit Sozialbindung liegt. Die, wenn manchmal auch wünschenswerte, Möglichkeit der Einflussnahme auf
die architektonische Gestaltung durch die Verwaltung besteht im Baugenehmigungsverfahren nicht.
Die Anregung, bei der Wahl des Klinkers zu variieren, wurde von der Verwaltung an den
Bauträger weitergeleitet. Eine rechtliche Handhabe in dieser Hinsicht besteht nicht.
Die Bebauungspläne der Stadt Pulheim sind sogenannte Angebotspläne. Das heißt, dass die
Bebauungspläne über die Ausweisung der Bauflächen und ihre textlichen Festsetzungen
einen notwendig groben Rahmen vorgeben, der von den Grundstückserwerbern nach ihren
individuellen Ansprüchen unter den baurechtlichen Vorraussetzungen einer Umsetzung zugeführt werden kann. Diese Art der Bebauungspläne entspricht der durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes den Gemeinden nahe gelegten planerischen Zurückhaltung. Es war in der Vergangenheit beständig Beschlusslage des Rates der Stadt Pulheim, eine Überregulierung in den Bebauungsplänen zu vermeiden. Die Verwaltungspraxis
zeigt, dass ein zu hoher Regulierungsgrad im Rahmen der Realisierung zu großen Akzeptanzproblemen führt.
Die von der Interessengemeinschaft angeführten Abweichungen von der Dachform wurden
unter der Berücksichtigung nachbarlicher Belange erteilt. Eine Beteiligung der Nachbarn ist
bei einer Abweichung von gestalterischen Regelungen nicht vorgeschrieben, da sie keine
nachbarschützende Wirkung entfalten. Auch einzelne Unterzeichner des Änderungsantrages
haben unter der Erteilung einer Abweichung oder Befreiung Vorhaben in ihrem Interesse
verwirklichen können.
Es sei noch mal darauf hingewiesen, dass die hier beanstandeten Doppelhäuser in ihrer
baulichen Ausprägung schon mit Beginn der Entwicklung dieses Baugebietes in dieser Form
rechtlich zulässig waren. D. h. den Grundstückserwerbern hätte bewusst sein müssen, dass
aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplanes, angrenzend an ihre Grundstücke,
Hauseinheiten mit je 2 Wohneinheiten und eine zweigeschossige Bebauung mit Staffelgeschoss entstehen können (zu besichtigen in den ersten Bauabschnitten). Wenn die Fa. Zapf
in ihren Internetauftritten aus Marketinggründen den Verkauf fördernde Formulierungen
wählt, ist dies unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen zu sehen.
Der Bebauungsplan bestimmt Inhalt und Schranken des Grundeigentums. Die von der Interessengemeinschaft angestrebte Änderung des Bebauungsplanes mit einer Reduzierung
des Maßes der baulichen Nutzung („1,5-geschossige Bebauung“) und der Reduzierung der
max. zulässigen Zahl der Wohneinheiten, stellt einen Eingriff in das verfassungsrechtlich
geschützte private Eigentum dar. Ein derartiger Eingriff ist in einem Bebauungsplanverfahren
in die Abwägung einzustellen und muss aus Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt
sein. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen vom 22.02.1999 – 1 BvR
565/91; BRS 62 Nr. 69 und 19.12.2002 – 1 BvR 1402/01; BRS 65 Nr. 6, hohe Anforderungen
an die planerische Rechtfertigung eines derartigen Eingriffs gestellt:
„Besteht…ein Recht zur Bebauung, kommt der normativen Entziehung desselben erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Beim Erlass eines
Bebauungsplanes müssen daher im Rahmen der planerischen Abwägung das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an
einer städtebaulichen Neuordnung des Plangebietes abgewogen werden. Dabei ist in die
Abwägung einzustellen, dass sich der Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten für den
betroffenen wie eine (Teil-) Enteignung auswirken kann …
Über das schutzwürdige Interesse des Eigentümers an der Beibehaltung des Grundstückzuschnitts und der bisherigen Nutzung ist bei der Aufstellung des Bebauungsplanes zu entscheiden. Daher entspricht eine Festsetzung, die als Folge des gewählten Standorts die
Nutzbarkeit nur bestimmter Grundstücke empfindlich beschneidet, den Anforderungen einer
gerechten Abwägung grundsätzlich nur, wenn für die Festsetzung gerade an dieser Stelle
einleuchtende Gründe bestehen, wenn etwa die natürlichen Geländeverhältnisse die planerische Lösung mehr oder minder vorzeichnen.“
Eine derart sachliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Eigentumsrechte fehlt in dem hier
angestrebten Änderungsverfahren, so dass ein eingeleitetes Änderungsverfahren des Bebauungsplanes in einem gerichtlichen Verfahren scheitern würde.
Ferner führt in diesem Fall die Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung der zu
überplanenden Grundstücke grundsätzlich zu einem Anspruch auf Ersatz des Planungsschadens. Der Wertverlust der Grundstücke, der sich aufgrund der eingeschränkten Nutzbarkeit ergibt, wäre ggfs. durch die Stadt Pulheim zu ersetzen.
Umgekehrt kündigen die Vertreterinnen und Vertreter der Interessengemeinschaft „Edelsteingarten“ an, wegen der behaupteten Wertminderung ihrer Grundstücke – nach gutachterlicher Klärung – Schadenersatzforderungen gegenüber der Stadt geltend machen zu wollen,
deren rechtlicher Anspruch aber als mindestens fraglich zu beurteilen ist.
Aus den vorab genannten Gründen ist zusammenfassend aus Sicht der Verwaltung die beantragte Änderung des Bebauungsplanes Nr. 73 Pulheim planungsrechtlich nicht vertretbar.