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Antrag (Anlage)

Daten

Kommune
Erftstadt
Größe
1,6 MB
Datum
30.06.2009
Erstellt
04.08.09, 06:37
Aktualisiert
04.08.09, 06:37
Antrag (Anlage) Antrag (Anlage) Antrag (Anlage)

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Inhalt der Datei

Kathleen Schmiegel Auf dem Deuschen 9 50374 Erftstadt An den Bürgermeister der Stadt Erftstadt Am Holzdamm 10 50374 Erftstadt 1Q 65 1 O. J UU 200 9 63 61 51 nachrichtlich zur Kenntnis an die Fraktionsvorsitzenden der Fraktionen im Stadtrat Erftstadt, 9. Juli 2009 Entwicklung der Bäderlandschaft in der Stadt Erftstadt Sehr geehrter Herr Bösche, am Dienstag, 30.6.2009 habe ich mit großem Interesse den Ausführungen des Beraters zugehört. Seine Ausführungen waren sehr dezidiert und haben die diversen Möglichkeiten unter wirtschaftlichen Aspekten schon sehr konkret dargelegt. Diese wirtschaftlichen Erwägungen sind in Zeiten knapper Kassen ein wichtiger Aspekt. Ihnen fehlt jedoch die Berücksichtigung der Belastung anderer Kassen ( Jugendämter, Gesundheitskassen, ) wenn es aufgrund von z.B. Bäderschließungen zu Schädigungen oder Gefährdungen in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen kommt. Diese Aussage mag Ihnen ein wenig drastisch vorkommen. Es gibt jedoch bereits viele Untersuchungen und Statistiken die diese Sichtweise belegen. ~ Steigende Zahl von Nichtschwimmern ~ Steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht ~ Schwierigkeiten in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen durch eine "Verinselung" der Kindheit Im Folgenden soll auf die einzelnen Punkte kurz eingegangen werden. Steigende Zahl von Nichtschwimmern Laut Angaben des deutschen Schwimmverbandes sind 33,9 % der Kinder unter 14 Jahren Nichtschwimmer. Nach Angaben des DLRG sind es bei den Erwachsenen "nur" 23 %. Die Lebensretter machen für die Steigerung der Anzahl der Nichtschwimmer und den Rückgang der Schwimm- und Rettungsprüfungen die zunehmende Schließung von Bädern verantwortlich. Der Schwimmunterricht in Schulen ist ebenso wichtig wie eine regelmäßige Praxis, d.h. das Üben des Schwimmens. Hierzu ist ein guter Zugang zu Bademöglichkeiten erforderlich. Der gelegentlich stattfindende Besuch eines Spaß- oder Erlebnisbades stellt eine nette Abwechslung aber keine Übung dar. Zudem ist Schwimmen eine Sportart, die bis ins hohe Alter hinein betrieben werden kann. Schwimmen stellt auch für Senioren eine besonders gute Möglichkeit zur Gesunderhaltung dar, da Schwimmen die Muskulatur kräftigt und gleichzeitig die Gelenke schont, das Gehirn fit hält und gegen Rückenbeschwerden effektiv ist. Schwimmen ist im Alter aber - nur durchführbar, wenn es regelmäßig ein Leben lang praktiziert wurde. Insofern ist es wichtig in Erftstadt eine ausreichende Möglichkeit an Belegungszeiten für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung zu halten, damit die Schulen - unterstützt durch die Vereine ihren Verpflichtungen zum regelmäßig erteilten Schwimmunterricht nachkommen können. Desweiteren sollten in ausreichender Quantität Öffnungszeiten für den öffentlichen Badebetrieb zur Verfügung stehen. Steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht 9% der Kinder im Alter zwischen 3 und 17 Jahren sind übergewichtig. Weitere 6 % adipös ( Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). In der Folge stellen sich bei einem hohen Prozentsatz der Kinder Bluthochdruck ( 26 %) erhöhte Blutfettwerte (37 %) und der sogenannten Altersdiabetes ein. Zudem führt ein deutliches Übergewicht zu starken Einschränkungen der Lebensqualität und zu psychischen Auffälligkeiten. Bewegung und insbesondere Schwimmen bewähren sich in der Therapie von übergewichtigen Kindern und Jugendlichen. Auch unter dem Aspekt der Gewichtsreduktion bzw. der Vorbeugung von Übergewicht und der Gesundheitsförderung ist ein regelmäßiges Ausüben der Bewegung erforderlich. Ein gelegentlicher Ausflug in ein Erlebnisschwimmbad ist eine interessante Abwechslung aber bezogen auf die vorgenannte Problematik nicht hilfreich. Bedingungen für das regelmäßige Ausüben sind jedoch: Bezahlbarkeit für alle Bürger Erreichbarkeit auch ohne Auto. Der Präsident des Bundesverbandes öffentlicher Bäder äußerte "Hier tickt eine Zeitbombe" ,denn die erschreckende Statistik zeigt "immer weniger Jugendliche können schwimmen und begeben sich dadurch in tödliche Gefahr". Laut Spiegel ertranken in Deutschland 644 Menschen im Jahr 2003 während es im Jahr 1998 nur 477 waren. Leider ist diese Tendenz weiter steigend. Schwierigkeiten in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen durch eine Verinselung der Kindheit Rohnke (Dip!. Pädagoge) beschreibt ebenso wie Soziologen ( z.B. Helga Zeiher) eine "Verinselung der Kindheit". Gemeint ist hiermit der zunehmende Verlust des Zugangs ( zu Fuß I per Fahrrad ohne die Abhängigkeit von Erwachsenen) zu frei verfügbaren und zugänglichen Räumen, in denen Kinder sich frei und ohne Gefahren bewegen, sich entwickeln und eigene Erfahrungen sammeln können. Durch das veränderte Wohnumfeld, die Zunahme des Straßenverkehrs und die Abhängigkeit von Erwachsenen ( mit dem Auto zu einer organisierten Freizeit hingefahren werden müssen) kommt es zu einem zunehmenden Bewegungsmangel, der sich im nachweisbaren Anstieg der Unfallzahlen und Gesundheitsschädigungen widerspiegelt. Zudem führt diese Verinselung zu vermehrtem passiven Konsumieren ( diverse Medien) und mangelnden Sozialkontakten im aktiven Spiel, was sich später oft negativ in der Berufswelt auswirkt. Zudem führt die Abhängigkeit von den Transportmöglichkeiten der Eltern nicht nur zu einer Benachteiligung von Kindern aus sozial schwächer gestellten Familien sondern auch zu einer Verunselbstständigung der Kinder und einer starken Beanspruchung der Erziehungsberechtigten als "Taxifahrer". Kontakte können nur zu bestimmten Zeitpunkten statt finden nämlich dann, wenn die Erwachsenen hierzu die Möglichkeiten und die Lust haben. Die Schließung von Bädern in der Stadt Erftstadt würde diese negativen Entwicklungen, die mit immensen Kosten für den Steuerzahler verbunden sind (Gesundheitskassen müssen Medikamente und Therapien, Jugendämter die Hilfen zur Erziehung, Psychologen, Therapien, , Sozialämter ggf. die Folgen von Arbeitsunfähigkeit oder von Unfällen finan- _ zieren, ) weiter vorantreiben. Die so entstehenden Kosten lassen sich nicht in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung belegen, da keine einfachen Kausalzusammenhänge hergestellt werden können. Die einzelnen Entscheidungen laufen in ihren Auswirkungen jedoch stets wieder beim Bürger - insbesondere den Kindern und Jugendlichen in Form einer Grundlegung von Lebensgewohnheiten - zusammen und bilden dort oft im Zusammenwirken negative Synergieeffekte und somit die Grundlage für eine negative Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Daher bitte ich Sie Ihre Überlegungen nicht nur auf die unmittelbare Wirtschaftlichkeit zu richten sondern die Vermeidung von möglichen Sekundärkosten im Sinne einer Prophylaxe von Bewegungsbeeinträchtigungen und Gesundheitsschädigungen (psychisch und physisch) mit zu berücksichtigen. Diesen Brief möchte ich mit einer persönlichen Bemerkung schließen: Vor ca. 45 Jahren bin ich mit meinen Mitschülerinnen und Mitschülern erzählend und lachend zu Fuß zum Schwimmbad gezogen. Dort trafen wir auf andere Kinder aus Kierdorf und hatten viel Spaß miteinander unter der Aufsicht der Bademeister. (Das Bad war mit entscheidend, dass wir in Kierdorf bauten.) Vor ca. 25 Jahren ging mein Sohn mit seinen Freunden zu Fuß zum Schwimmbad und traf dort auf weitere Bekannte. Diese Selbstständigkeit war wichtig für meine und seine Entwicklung. Das Schwimmbad "lieferte" die erforderlichen Sozialkontakte und machte die Ferien abwechselungsreich. Auch heute finden die Sozialkontakte vor und im Schwimmbad statt. Nicht nur Kinder sondern auch Erwachsenen treffen sich dort. Letztere schwimmen erzählend und lachend oder sportlich orientiert ihre Bahnen. Alle kommen überwiegend zu Fuß oder mit dem Fahrrad und genießen diese Zeit im Sommer. Eine Schließung des Bades würde für viele dieser Bürgerinnen und Bürger einen immensen Verlust von Lebensqualität bedeuten; auch für mich. Mit freundlichen Grüßen k.~ ~ Kathleen Schmiegel -