Daten
Kommune
Pulheim
Größe
12 kB
Datum
19.05.2009
Erstellt
14.05.09, 21:36
Aktualisiert
14.05.09, 21:36
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Pulheim
Der Bürgermeister
V o r l a g e Nr:
Zur Beratung/Beschlussfassung an:
Gremium
Ausschuss für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit
II / 410
(Amt/Aktenzeichen)
Frau
Schallenberg
(Verfasser/in)
Termin
19.05.2009
ö. S.
X
175/2009
nö. S. TOP
27.04.2009
(Datum)
BETREFF:
Kunstprojekte 2009
MITTEILUNG:
Synagoge
Der deutsche Installationskünstler Olaf Metzel hat auf Einladung der Kulturabteilung zugesagt, das
Synagogenprojekt in 2009 fortzusetzen. Eine erste Ortsbesichtigung wird in diesen Tagen folgen.
Der 1952 geborene Künstler zählt zu den bedeutendsten deutschen Bildhauern der Gegenwart,
dessen politische und gesellschaftskritische Arbeiten – vor allem im öffentlichen Raum – seit Ende
der 80er Jahre immer wieder Aufsehen erregten. Metzel war bereits 1987 auf der documenta 8 in
Kassel und beim Skulpturenprojekt Münster vertreten. Zu „Skulptur Projekte Münster“ wurde er
erneut 1997 eingeladen, ebenso wie zu zahlreichen Biennalen zwischen Istanbul (1989, 1995),
Sydney (1990) und Sao Paulo 2002. Einzelausstellungen widmeten ihm in jüngster Vergangenheit
die Pinakothek der Moderne München (2003), die Hamburger Kunsthalle und die Staatsgalerie
Stuttgart (beide 2006) und das von der Heydt-Museum, Wuppertal (2007). Metzel lehrt seit 1990
an der Münchner Akademie der Bildenden Künste, der er von 1995 - 1999 als Direktor vorstand.
Metzels ortsspezifische Installationen beziehen sich ausdrücklich auf ihr jeweiliges ästhetisches
und politisches Umfeld, auf Aspekte der modernen Zivilisation wie Kommunikation und Medien,
Technologie, aber auch Sport – samt dem ihnen innewohnenden Konflikt- und Aggressionspotential. So wurde der Künstler 1987 schlagartig durch seinen Beitrag zum Berliner Skulpturenboulevard bekannt, als er auf dem Kurfürstendamm seine Skulptur „13.4.1981“ vor dem Café Kranzler
installierte. Die Auftürmung von Polizeiabsperrgittern und Einkaufswagen bezog sich auf gewalttätige Unruhen des Jahres 1981, die aufgrund einer Falschmeldung der Presse eskalierten. Unter
dem Titel „112:104“ versammelte der Künstler 1991 die Bruchstücke eines Basketballspielfeldes
zu einer raumgreifenden Installation, die thematisiert, dass alle ritualisierten (Wett-)Kämpfe Gruppenaggressionen kanalisieren, jedoch ebenso in ungezügelte Gewaltausbrüche umschlagen können.
Viele von Metzels Arbeiten befinden sich in einem prekären physikalischen Gleichgewicht. Seine
Türmungen von Absperrgittern, Stühlen oder Explosionstrümmern scheinen nicht nur aus Akten
der Zerstörung, Explosionen oder Kämpfen hervorgegangen zu sein, sondern sind ihrerseits wiederum einem drohenden Kollaps ausgeliefert, scheinen kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen:
Die Spannung, die sich dabei zwischen den einzelnen Elementen der Installation aufbaut, überträgt sich auf den Betrachter.
Jenseits aller gesellschaftlichen Bezüge sind Metzels Werke jedoch auch immer Auseinandersetzungen mit bildhauerischen Traditionen und Fragestellungen. „Turkish Delight“, eines seiner jüngsten Werke, zeigt eine lediglich mit einem Kopftuch bekleidete nackte junge Frau und bezieht sich
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damit vordergründig auf eine tagespolitische Debatte. Darüber hinaus klingen in „Turkish Delight“
jedoch die gesamte europäische Tradition westlicher Aktdarstellung und das Verhältnis zwischen
westlicher und östlicher Kultur an.
Im Auftrag des Deutschen Bundestages schuf Olaf Metzel seine Skulptur „Meistdeutigkeit“ (19931997), die vor dem ehemaligen Neuen Plenarsaal in Bonn installiert wurde.
Stadtbild. Intervention
Der 1979 in Velden/Vils geborene Michael Sailstorfer ist vor allem durch seine Skulptur “Zeit ist
keine Autobahn“ bekannt geworden. Ein von einem Motor angetriebener Autoreifen dreht sich unaufhörlich, schabt gegen die Wand; der stechende Geruch des Abriebs erfüllt den Ausstellungsraum. Die 2005 in mehreren Ausführungen entstandene Arbeit wird bereits jetzt zu den „herausragenden Werken der jüngsten Kunstgeschichte“ gezählt. (1)
Sailstorfers Werke erzählen in absurd-poetischen Bildern von bewegten Körpern, von der Mobilität
der Menschen und der Dinge oder von der Idee eines Zuhauses und dessen Fragilität. So verwandelte er 2001 für „Wohnen mit Verkehrsanbindung“ Bushaltestellen, die Sinnbilder von Öffentlichkeit und zeitgenössischer Mobilität, mit spärlichem Mobiliar in intime Behausungen, Metaphern
privater Sesshaftigkeit.
Objekte, die den modernen Alltag charakterisieren, wie Flugzeuge oder Autos, entreißt Sailstorfer
ihrem natürlichen Umfeld, demontiert und verändert sie, vereinzelt sie in fremde Zusammenhänge.
So nimmt er ihnen ihre Sinnhaftigkeit und setzt sie Prozessen der (Selbst)-Vernichtung aus, die
der Betrachter miterleben oder zumindest in filmischen Dokumentationen verfolgen kann. In seinen
jüngsten Werken erweitern dabei immaterielle Momente wie Geruch und Geräusch, Licht, Bewegung, alle Arten von Prozessen den traditionellen Begriff von Skulptur: Der Reifen verbraucht sich,
indem er gegen die Wand scheuert; eine Holzhütte verzehrt sich – Stück für Stück wird sie im eigenen Ofen verfeuert, bis nichts mehr übrig bleibt als ihr Kamin („3 Ster mit Aussicht“ mit Jürgen
Heinert, 2002).
Was in Sailstorfers Arbeiten auf den ersten Blick komisch erscheint, hat dabei einen durchaus melancholischen Grundton. In dem zwischen Sipyhos und Don Quixote angesiedelten Kampf der
Dinge mit sich selbst und der Welt klingt immer wieder die Gefährdung menschlicher Existenz an.
Michael Sailstorfer hatte Einzelausstellungen u. a. in der Schirn Kunsthalle (2008), in der städtischen Galerie im Lenbachhaus (2002). Seit dem 24. April ist er mit mehreren Werken in der Gruppenausstellung „The Quick and the Dead“ im Walker Art Center, Minneapolis vertreten (zusammen
mit Penone, Cattelan und Signer), außerdem seit dem 19.4. im Skulpturenpark Köln.
Anmerkung:
(1) Matthias Ulrich im Ausstellungskatalog der Schirn Kunsthalle Frankfurt, Michael Sailstorfer,
10.000 Steine, Frankfurt a. M/ Köln 2008, S. 37.
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