Daten
Kommune
Pulheim
Größe
21 kB
Datum
19.05.2009
Erstellt
14.05.09, 21:36
Aktualisiert
14.05.09, 21:36
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Pulheim
Der Bürgermeister
V o r l a g e Nr:
Zur Beratung/Beschlussfassung an:
Gremium
Ausschuss für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit
II / 410
(Amt/Aktenzeichen)
Schallenberg /
Steffen-Aufsfeld
(Verfasser/in)
Termin
19.05.2009
ö. S.
X
181/2009
nö. S. TOP
29.04.2009
(Datum)
BETREFF:
Kulturarbeit der Stadt Pulheim
- Rückblick 2008
MITTEILUNG:
Synagogenprojekt
Maurizio Cattelan
Für Stommeln hatte Cattelan eine dreiteilige Arbeit entwickelt, die die räumlichen Grenzen des
ursprünglichen Ausstellungsortes Synagoge überschritt und sich an der alten Kirche St. Martin zu
einer komplexen Erzählung um das historische Verhältnis der Religionen, deren Grenzen und
Möglichkeiten und um Schuld und Hoffnung verdichtete.
Cattelan bezog sich mit seiner Installation auf einen Brauch der Pfarrgemeinde St. Martinus, der
die beiden Orte alljährlich in der Osterprozession miteinander verbindet. Vom Ausgangspunkt
Synagoge ziehen die Gläubigen bis zur Alten Kirche, wobei sie auch die Eisenbahngleise überqueren.
Cattelans Plakatentwurf ist als integraler Teil seiner Gesamtinszenierung zu sehen und thematisierte eindeutig den historischen Kontext des Synagogenprojekts: Ein Kinderspielzeug, das auf
Eisenbahnschienen liegt, im Hintergrund ein Zug; ob er näher kommt oder sich entfernt, bleibt offen. In der Synagoge dann erwartete den Betrachter ein einfaches, stilles Bild: Vor dem Thoraschrein ein Paar alter Schuhe, aus denen junge Pflanzen emporwuchsen. Was sich als Sinnbild
neuen Lebens interpretieren lässt oder als Hoffnung auf die Chance eines Neuanfangs nach der
Katastrophe, wurde von Chris Dercon in seiner Eröffnungsrede als Verweis auf die Gestalt des
Ahasverus interpretiert. Die Wanderschuhe lassen die Figur des zu ewiger Wanderschaft verurteilten Juden assoziieren, eine frühe anti-semitische Erzählung.
Die zentrale Kreuzigungsszene an der alten Kirche St. Martinus konnte als Gegenfigur zum historischen Christina-Denkmal auf der anderen Seite des Turmes gelesen werden, implizierte jedoch
gleichzeitig eine Vielzahl kunsthistorischer Zitate zwischen Madonnendarstellung, Kruzifix oder
dem häufig an Kirchenportalen zu findenden Figurenpaar Ecclesia (Kirche) und Synagoge.
Cattelans Skulpturen lassen grundsätzlich eine Vielfalt von Interpretationsmöglichkeiten zu. Als
Vertreter einer jüngeren Generation von Künstlern fragt er bei seiner Arbeit für Stommeln weniger
nach der Shoah an sich, als nach einem persönlichen Bezug zu dem historischen Ereignis. Als
Italiener und Katholik machte er das Verhältnis der Religionen zueinander und die Mitverantwortung der katholischen Kirche zum Ausgangspunkt seiner bildnerischen Forschung.
Da Cattelan durchaus als enfant terrible und Provokateur gilt, wurde von weiten Teilen der Presse
für Stommeln ein Skandal erwartet – bzw. erhofft – was letztlich die Aufmerksamkeit für das Pro-1-
jekt steigerte. Infolgedessen lässt sich für 2008 auf eine besonders umfangreiche Berichterstattung
zurück blicken. Sehr gut besucht war auch die Eröffnung am 1. Juni. Besonders erfreulich ist jedoch vor allem das Interesse an Synagogenführungen: Insgesamt waren es 17 Anfragen, von denen die meisten Cattelan galten; seit der permanenten Installation von Neuhaus’ Klanginstallation
lässt sich jedoch auch eine gesteigerte Nachfrage jenseits des aktuellen Projekts feststellen.
Am 3. Februar erhielt die Kulturabteilung die Nachricht von Max Neuhaus’ Tod. Seine Arbeit für
Stommeln wird damit zu einem künstlerischen Vermächtnis: Sie ist sein letztes Time Piece und
seine letzte Arbeit – zumindest in Europa.
Stadtbild. Intervention
Das Projekt hat sich seit 2007 zu einer jahresübergreifenden Aktion mit jeweils mehreren Stationen entwickelt.
Hinrich Sachs Maskottchengruppe für Pulheim bestand aus einer Reihe von Auftritten in der Zeit
zwischen August und Dezember. In einem abschließenden Vortrag stellte der Künstler im Juni
2008 seine Radierungen vor, die aus den Aktionen in Pulheim hervorgegangen sind. Die Herausgabe seiner begleitenden theoretischen Schriften wird sich bis weit in 2009 ziehen.
Antje Schiffers, als Künstlerin für 2008 eingeladen, entschied sich dafür, zusammen mit ihrem
Partner Thomas Sprenger ein Kinder-Kunst-Buch zu produzieren. Die beiden lebten zusammen
mit ihrem Sohn den ganzen Monat August 2008 in Pulheim (genauer in Brauweiler), um herauszufinden, was im August typisch oder besonders ist für und in Pulheim; was die Menschen in dieser
Zeit erleben, in der Stadt, auf dem Land. Damit spielt ihr Buch Im August auf die Tradition der mittelalterlichen Stundenbücher an, prächtig illustrierte Bildbände, die die täglichen Gebetszeiten begleiteten. Im August enthält Fotos, aber auch Zeichnungen und Gemälde sowie für Antje Schiffers
Bücher typische, gedichtartige, bisweilen sehr humorvolle Texte. Das Vorhaben wurde einem renommierten Kölner Kunstbuchverlag angeboten, der durchaus Interesse signalisiert hat. Die Vorstellung des Buchs wird natürlich in Pulheim erfolgen, wiederum im August: Am 23.8.2009.
Veranstaltungen
Parallel zu dem Höhepunkt, den Cattelans Installation in der Reihe der Synagogenprojekte bedeutete, stand die Kulturabteilung personell vor einem großen Umbruch und vor der Übernahme neuer
Aufgaben durch die Saalverwaltung. Vakanzen, Vertretungen, Umstrukturierungen der gewohnten
Abläufe und Aufgaben sorgten für erhebliche Unruhe innerhalb des Arbeitsfeldes; infolgedessen
konnte nur eine reduzierte Zahl von Veranstaltungen neben den herausragenden Kunstprojekten
realisiert werden. Insgesamt konnten nur 44 Veranstaltungen durchgeführt werden (inklusive städtischer Partnerschaftsbegegnungen). Neuerungen im Programm sind nicht zu verzeichnen; die
Abteilung beschränkte sich darauf, Bestehendes fortzuführen. Im Folgenden sollen die einzelnen
Veranstaltungsserien charakterisiert werden.
Theaterabo: Nachdem die Anzahl der Abonnements in der Spielzeit 2007/08 um über 50 auf 442
gestiegen ist, konnte der Abonnentenstamm für die Spielzeit 2008/09 auf fast gleichem Niveau
gehalten werden (434). Im ganzen Kalenderjahr 2008 erstaunten außerdem die außergewöhnlich
hohen Zahlen beim Einzelkartenverkauf.
Als Glanzlicht im Abo kann der Auftritt der Philadelphia Jazz Dance Company mit dem Programm
Blue betrachtet werden (ausverkauft – davon gingen erstaunliche 148 Karten in den Freiverkauf).
Eric-Emmanuel Schmitts Erfolg mit Oskar und die Dame in Rosa war wegen der überaus beliebten
Doris Kunstmann zu erwarten (555 Karten insgesamt, davon 111 im Freiverkauf). Ebenso zog Michael Frayns Der nackte Wahnsinn wegen Renan Demirkan viele Besucher außerhalb des Abos
an (579 insgesamt, davon 135 Einzelverkauf). Dieses Stück spaltete jedoch die Zuschauer in zwei
Lager: Viele waren von der schnell zu spielenden Klamotte über die Verhältnisse hinter der Bühne
begeistert, viele kritisierten sie. Eine gute Auslastung erzielten Der Steppenwolf nach dem Roman
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von Hermann Hesse (532 insgesamt, davon 82 im Freiverkauf) und die Zarah Leander Revue
(498, davon 55 einzeln).
Das Sommer-open-air Programm auf der großen Freitreppe vor dem Kultur- und Medienzentrum
wurde in diesem Jahr ausgedehnt und fand an zwei Wochenenden statt. Das Kindertheater ist
mittlerweile – allerdings erst nach einer vieljährigen Anlaufphase – zu einem Publikumsrenner geworden: Zwei Veranstaltungen waren in diesem Jahr mit jeweils über 100 Kindern so gut besucht,
dass gerade noch akzeptable Sichtverhältnisse im Rathausinnenhof herrschten. Auch das abendliche Konzertprogramm für Erwachsene war diesmal sehr gut besucht. 200 Personen kamen zur
südamerikanischen Musik der Eierplätzchenband. Der hochkomische Balladenabend von
Schwab/Nickel Kreuzfahrt durchs Herz war mit rund100 Besuchern sehr passabel besucht, konnte
aber wegen unbeständiger Witterung seinen Zweck nicht erfüllen, den großen Platz zu beleben.
Am Spätnachmittag entschieden die Schauspieler, sich lieber ins Köster-Saal-Foyer zu vertagen.
Die Kulturabteilung beteiligte sich außerdem wieder an Miteinander leben, dem Workshoprojekt
der regionalen Kulturförderung, das Kinder und Jugendliche mit Künstlern in Kontakt bringen will.
Diesmal wurde ein Workshop mit Raimund Kroboth, dem Leiter der Schäl Sick Brass Band mit
einer gemischten Gruppe von Schülern des Abteigymnasiums und der Schule für Körperbehinderte Brauweiler durchgeführt.
Im Köster-Saal mit seinen 596 Plätzen kann für den Bereich der Unterhaltung für 2008 nur auf
mäßigen Erfolg zurück geblickt werden. Die ansonsten sichere Kalkulation Kölsch und Kabarett
ging diesmal nicht auf. Fast ausverkauft war lediglich der Auftritt von Tommy Engel (587 Besucher). Der ansonsten als Kabarettist mindestens ebenso nachgefragte Konrad Beikircher fand für
sein Liedprogramm lediglich 190 Zuhörer, ähnlich enttäuschend war die Besucherzahl für die
Sechszylinder (126) und für Kalle Pohl (151).
Veranstaltungen im kleinen Saal: Hier wurde in 2008 erneut in viele Richtungen experimentiert
mit Jazz, Blues, musikalischen Lesungen und viel Klassik. Was als Veranstaltung meist einfach,
ohne großen Aufwand zu realisieren ist, erwies sich in 2008 als überraschend erfolgreich – insbesondere, wenn es sich um Musiker mit lokaler Einbindung handelte. Spitzenreiter war natürlich die
allseits beliebte Maryland-Jazz-Band (mehr als ausverkauft). Sascha Soentgens Jazzabend war
mit 124 Besuchern ebenso fast ausverkauft. Auch das Albhia-Quartett mit der Pulheimerin Susanna Schael war für ein Klassik-Kammerkonzert sensationell gut besucht: (120 Besucher). Zum Vergleich: Das nicht lokal verwurzelte Leopold-Jansa-Duo schaffte nur 25 Besucher. Sehr respektable
Zuschauerzahlen erreichten auch Volker Hein mit der Legende vom Ozeanpianisten (87), die
Jazz-Lesung von Side by Side (50) und Britta Kungney mit einem Lied-Abend (48).
Spielarten: Das nordrheinwestfälische Kindertheaterfestival gehört immer wieder aufs Neue zu
den erfreulichsten Ereignissen des Kulturjahres. Es wird von Jugendamt und Kulturabteilung gemeinsam organisiert. Allerdings war es in 2008 erstmals seit Jahren nicht restlos ausverkauft.
Eine atmosphärisch dichte, sehr liebevoll und sorgfältig gemachte Inszenierung des HeliosTheaters (Hamm) war Holzklopfen für die ganz Kleinen. Zwei Vorstellungen mit 62 bzw. 77 Zuschauern waren bis zur möglichen Höchstgrenze ausgelastet. Das phantastische Tanztheater De
Stilte zeigte Kartonbewohners und war mit 201 Besuchern gut ausgelastet, ebenso die NathanInszenierung des Gelsenkirchener Consol-Theaters (204) und Nur ein Tag vom Bonner Theater
Marabu (193). Dagegen fiel Heidi, eine Adaption des Kinderbuchklassikers der Comedia Colonia,
mit 116 Besuchern ab.
Raumklänge: Das Festival zeitgenössischer Musik wurde diesmal in Zusammenarbeit und Absprache mit gleich zwei Kirchengemeinden organisiert. Mit der Brauweiler Kirchengemeinde wurde
Orgel und Electronics mit Wolfgang Mitterer realisiert, während die Wiederaufnahme der Komposition von Norbert Rodenkirchen und Harald Kimmig, Aura Christinae, von der Stommelner Gemeinde St. Martinus ausdrücklich angeregt wurde anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Seligsprechung von Christina. Mit 70 bzw. 50 Zuschauern erreichten die beiden außergewöhnlichen Konzerte in der Tat eine ausgesprochen positive Resonanz.
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Stadtfest: Nachdem die Vorbereitungen am frühen Morgen noch bei Nieselregen begannen, konnten die Akteure und Besucher das 27. Stadtfest bei strahlendem Sonnenschein genießen.
Durch ein abwechslungsreiches Musikprogramm auf der Bühne im Rathausinnenhof, die vielfältigen Angebote der Pulheimer Vereine und des Hobby-Handwerkermarktes angezogen, wurden die
Besucher des Stadtfestes immer zahlreicher. Besondere Anziehungspunkte waren für die Kinder
die Fahrten mit der Kindereisenbahn, Cage-Soccer und die Mitmachaktionen der Sportvereine auf
dem großen Platz vor dem Kultur- und Medienzentrum.
Im Rathausfoyer stellte die Kunstmalgesellschaft Die Palette viele Arbeiten ihrer Mitglieder aus. Im
Foyer des Kultur- und Medienzentrum zeigte der Pulheimer Maler Siegfried Kneis Bilder verschiedener Stilrichtungen und das Kuratorium zur Förderung historischer Waffensammlungen präsentierte eine Sammlung von venezianischen Schiavona Schwertern und Helmen.
Von diesen interessanten Ausstellungen sowie den vielen Bühnenauftritten im Dr. Hans-KösterSaal wurden die Besucher trotz des schönen Wetters auch in das Rathaus und das Kultur- und
Medienzentrum gelockt. Der große Bücherflohmarkt der Stadtbücherei war eine weitere gut besuchte Attraktion des Stadtfestes.
Durch das gute Wetter gab es kaum Absagen von Standbetreibern, es herrschte eine entspannte
Atmosphäre, sodass das Team der Kulturabteilung mit dem Ablauf des Stadtfestes 2008 sehr zufrieden war.
Städtische Partnerschaftsbesuche: Vom 3. – 6. Februar 2008 begrüßten Herr Dr. Morisse und
die Stadtverwaltung die Bürgermeisterin der Partnerstadt Fareham, Mrs. Katrina Trott mit ihrem
Ehemann Peter, den stellvertretenden Bürgermeister Ernest Crouch mit seiner Ehefrau Enid sowie
die Assistentin des Stadtdirektors von Fareham, Lindsey Ansell, um ihnen verschiedene Pulheimer
Orte und Einrichtungen sowie den Karneval von Köln vorzustellen.
Zu einem Arbeitstreffen unter dem Titel „Building for the future – 20/20 vision“ reisten vom 17. –
21. September 2008 Herr Dr. Morisse, Herr Herpel, mehrere Vertreter der Pulheimer Fraktionen
sowie Mitglieder der Stadtverwaltung nach Fareham. Dabei ging es sowohl um stadtplanerische
Aspekte als auch um die soziale Infrastruktur der beiden Partnerstädte.
In der Anlage sind die Begegnungen mit den Partnerstädten der Pulheimer Vereine und Schulen sowie die internationalen Begegnungen der Pulheimer Schulen zusammengestellt.
Die Publikationen der Kulturabteilung beschränken sich in 2008 auf die Herausgabe des Künstlerplakates von Maurizio Cattelan; zu einem Katalog parallel zur Ausstellung war er nicht zu bewegen. Alle anderen Vorhaben – Herausgabe der Schriften von Hinrichs Sachs, Rückblick auf die
ersten 10 Jahre der Interventionen, konnten angesichts der eingangs dargestellten Schwierigkeiten aus Zeitgründen nicht realisiert werden. In 2009 soll jedoch der Versuch unternommen werden,
die laufenden und die geplanten Publikationen zum Abschluss zu bringen.
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