Daten
Kommune
Pulheim
Größe
110 kB
Datum
12.11.2008
Erstellt
13.03.09, 23:18
Aktualisiert
13.03.09, 23:18
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Pulheim
Der Bürgermeister
V o r l a g e Nr:
Zur Beratung/Beschlussfassung an:
Gremium
Ausschuss für Tiefbau und Verkehr
Termin
ö. S.
12.11.2008
X
Herr Kleine-Erwig /
Herr Rademann
(Verfasser/in)
(Amt/Aktenzeichen)
116/2008
nö. S. TOP
2
04.11.2008
(Datum)
BETREFF:
Sachstandsbericht zu den Starkregenereignissen vom 06.06.2008 und 11.09.2008 und zur
Entwässerungssituation Fordsiedlung
VERANLASSER/IN
ANTRAGSTELLER/IN:
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, SPD-Fraktion, Verwaltung
HAUSHALTS- / PERSONALWIRTSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN:
Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen:
Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen:
X
ja
ja
nein
X
nein
wenn ja:
Finanzierungsbedarf (ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten) gesamt:
€
davon:
€
- im Haushalt des laufenden Jahres:
- in den Haushalten der folgenden Jahre:
Jahr: 2009
Jahr:
Jahr:
Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung:
10.000,00 €
€
€
ja
X
nein
wenn nein:
Finanzierungsvorschlag:
Aus dem Sonderbudget Entwässerung (810)
BESCHLUSSVORSCHLAG:
1) Der TVA nimmt die Darstellungen der Verwaltung zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung weitergehende Informationsmaterialien für den Schutz vor Rückstau aus dem
Kanalnetz zu erarbeiten und den Bürgern bereitzustellen.
2) Der TVA beauftragt die Verwaltung, die Kosten für eine hydrodynamische Kanalnetzberechnung für Sinnersdorf zu ermitteln und den TVA darüber zu informieren.
optional:
3)
Der TVA beauftragt die Verwaltung, die Kanäle in der Fordsiedlung im
kommenden Jahr im Rahmen der SüwV Kan zu untersuchen und Satzungsregelungen für eine Anpassung der Frist der Prüfung der Dichtheit
privater Abwasserleitungen vorzubereiten. Der TVA ist sich bewusst, dass
die Frist der Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen gem.
§ 61
-1-
LWG folglich für Grundstücke, bei denen bisher keine Prüfung erfolgt ist,
entsprechend zu verkürzen ist.
ERLÄUTERUNGEN:
Mit Schreiben vom 27.10.2008 beantragt die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen für die Sitzung des
TVA am 12.November 2008 die Vorlage eines Sachstandsberichtes über die seit der Kanalsanierung im betroffenen Wohngebiet durchgeführten Prüfungen gemäß Selbstüberwachungsverordnung Kanal – SüwV Kan – und Erläuterung durch den Fachamtsleiter. Der Antrag der Fraktion
Bündnis 90 / Die Grünen findet sich in Anlage 1. Die Verwaltung hatte bereits zuvor einen ausführlichen Sachstandsbericht zu der gesamten Thematik zugesagt.
Mit Schreiben vom 31.10.2008 beantragt die SPD-Fraktion auch für Sinnersdorf eine hydrodynamische Untersuchung mit Kanalnetzberechnung durchzuführen und die Ergebnisse im Ausschuss
vorzustellen. (Anlage 2)
Mit einem weiteren Schreiben vom 31.10.2008 stellt die SPD-Fraktion Fragen zur Entwässerungssituation Pulheim und beantragt, die Verwaltung zu beauftragen, eine schriftliche Bürgerinformation nach dem Beispiel der Stadt Mainz, der AQUA-Bautechnik Köln o. ä. zu erstellen und allen
Bürgerinnen und Bürgern bereit zu stellen. (Anlage 3)
Anlass:
Am 06.06. und am 11.09.2008 gingen extreme Starkregen insbesondere über die Ortsteile Pulheim und Sinnersdorf nieder. Bei beiden Ereignissen wurden Straßen und einige Grundstücke
überflutet. Zudem drang Wasser in viele Keller ein. Voll gelaufene Keller gab es bei beiden Ereignissen vor allem in Pulheim und bei dem Ereignis am 11.09.2008 auch erstmalig in größerem Umfang im Ortsteil Sinnersdorf. Die Feuerwehr pumpte allein in der Nacht vom 11.09. auf den
12.09.2008 im Rahmen von etwa 120 Einsätzen Keller leer, davon 43 in der Fordsiedlung.
Die Verwaltung wurde von sehr vielen Betroffenen kontaktiert. Viele Bürger schilderten umfassend
das Ausmaß der Schäden und welche persönlichen Gegenstände für immer in den Wassermassen vernichtet wurden. Erschwert wurde die Situation dadurch, dass insbesondere Gebiete betroffen waren, die mehrheitlich von älteren Bürgern bewohnt werden. Diese waren den körperlichen
Anstrengungen oft kaum gewachsen. Viele Betroffene waren aufgrund der Situation nervlich äußerst belastet.
Weiterhin wird von Anliegern der Fordsiedlung vorgetragen, dass es dort seit dem Wegfall des
Pumpwerks Jägerstraße auch bei mittleren Regenereignissen zu Rückstauproblemen käme und
dass das Abwasser im Anschluss nur sehr langsam ablaufe.
Informationen zu den Starkregenereignissen 06.06. und 11.09.2008 (Anlage 4):
Aussagen zur Intensität der Regenereignisse sind nur bedingt möglich. Die offiziellen Regenmesser im Stadtgebiet werden vom Erftverband im Bereich B59 n / Ingendorfer Straße und vom Landesamt für Natur und Umweltschutz im Ortsteil Geyen betrieben. Diese Messungen sind bei den
vorliegenden Fällen nicht hilfreich, da die Ereignisse selbst bei innerhalb eines Ortsteils gelegenen
Messstellen extrem unterschiedliche Intensitäten aufwiesen.
Die Stadt Pulheim betreibt eine Messanlage auf der Kläranlage, bei der nur Gesamttagesmengen
erfasst werden. Am 11.09. wurde am Ende des Starkregenereignisses die Regenmenge mit einem
Wert von über 60 mm abgelesen. Zudem ist bekannt, dass es zuvor an diesem Tag nicht geregnet
hatte und das Ereignis etwa eine Dauer von maximal 90 Minuten aufwies.
Weiterhin werden in Pulheim und Sinnersdorf eine Reihe privater Wetterstationen betrieben. Ob
bei diesen die Randbedingungen für offizielle Messwerte eingehalten werden, ist nicht bekannt.
Die dabei auch im Internet angegebenen Regenmengen für den 11.09. betragen
Sinnersdorf - Wupperstr. - http://www.mavs-wetterbilder.de
Dansweiler - Franz-Wenzeler-Str. - http://www.wettertotal.de/
-2-
69,9 mm
33,0 mm
Pulheim - Steiackerstraße - http://www.pulheimwetter.de
Pulheim - Am Bendacker - keine eigene Homepage
Dormagen - Delhoven - http://www.wetterstation-dormagen.de/
Frechen - Königsdorf, Angerweg - http://www.koelschwetter.de/
24,0 mm
13 mm
13,3 mm
36,6 mm
Der Erftverband wertet, die von ihm gemessenen Regenreihen kontinuierlich aus und ermittelt daraus statistische Wiederkehrintervalle. In Anlage 5 sind die entsprechenden Kurven für die Messungen in Rondorf (eine für Pulheim repräsentative Reihe) dargestellt. Bei dem Regenereignis
vom 11.09.2008 handelt es sich demnach um ein äußerst seltenes Ereignis mit einem statistischen
Wiederkehrintervall von über 100 Jahren.
Auch beim Regenereignis vom 06.06.2008 handelt es sich nach Messung einer Privatstation von
36,5 mm in 1 Stunde und der Messung auf der Kläranlage 40,3 mm (Tagessumme) um einen Katastrophenregen mit einem statistischen Wiederkehrintervall von ca. 50 Jahren.
Hydraulisches Kanalnetzsanierungsprogramm Pulheim:
Aufgrund zuvor aufgetretener hydraulischer Probleme wurde im Auftrag der Stadt im Jahr 2002
von der Ingenieurgesellschaft AEW Plan GmbH, Köln eine hydrodynamische Kanalnetzberechnung des Ortsteils Pulheim und ein daraus resultierendes Gesamtkonzept zur hydraulischen Sanierung der festgestellten Defizite erstellt.
Das Ergebnis wurde vom Ausschuss für Bau und Verkehr am 26.02.2003 zustimmend zur Kenntnis genommen (Anlage 6). Die Gutachter empfahlen zur hydraulischen Sanierung des in Teilbereichen überlasteten Kanalnetzes 14 Maßnahmen (Anlage 7). Die Kosten zur Umsetzung wurden
dabei aufgrund der hydraulischen Kennzahlen auf 14,665 Millionen Euro (Stand 2003) geschätzt.
Die Stadt Pulheim hat die benötigten Mittel im Abwasserbeseitigungskonzept und in der mittelfristigen Investitionsplanung berücksichtigt.
Die Untersuchung erfolgte gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die allgemein
anerkannten Regeln der Technik werden in Deutschland in der Regel von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) – vormals Abwassertechnische Vereinigung (ATV) – definiert.
Ziel der hydrodynamischen Kanalnetzberechnung war es demnach, die folgenden Aufgaben- und
Fragestellungen zu untersuchen.
1. Ermittlung der Abflüsse innerhalb des städtischen Kanalnetzes und Darstellung der Abflussverhältnisse für den Ist-Zustand.
2. Einarbeitung von geplanten Ergänzungen des Kanalnetzes sowie Erweiterungsflächen und
Darstellung der zukünftigen Abflussverhältnisse.
3. Aufstellen von Sanierungskonzepten, Variantenvergleich und Auswahl eines ökologisch
und ökonomisch zu favorisierenden Gesamtkonzepts unter Einhaltung der zulässigen
Überstau- bzw. Überflutungsverhältnisse gemäß dem von der ATV herausgegebenen Arbeitsblatt A 118 und der DIN EN 752.
4. Berücksichtigung der betrieblichen Belange des städtischen Kanalnetzes.
5. Aufstellen eines Sanierungsplans für das favorisierte Gesamtkonzept.
Das Ziel der Sanierungen ist nach Norm nicht die Reduzierung oder Vermeidung des Rückstaus
im Kanal, da eine derartige Kanaldimensionierung wirtschaftlich nicht leistbar wäre. Vorgaben in
Bezug auf die zulässigen Wasserspiegellagen im Kanalnetz selbst gibt es nicht. Das Abwasser soll
lediglich nicht an den Schächten aus dem Kanal treten (s.g. Überstau) und Privatgrundstücke
überfluten. Eine Überflutung tritt immer dann ein, wenn ein Überstau mit schädlichen Auswirkungen verbunden ist.
Eine völlige Beseitigung der Einstauereignisse ist, genauso wie die Beseitigung jeglichen Überstaus für jeden denkbaren Regen, schlichtweg unmöglich. Es müssten vielfach größere Kanaldimensionierungen vorgehalten werden, die in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zum erzielbaren
Nutzen stehen, vor allem weil der Schutz durch Rückstausicherungen wesentlich wirtschaftlicher
zu realisieren ist.
Die Definition von Einstau bzw. Überstau ist der folgenden Abbildung zu entnehmen:
-3-
Die vorgenannte hydrodynamische Kanalnetzberechnung erfolgte auf Grundlage tatsächlicher
Niederschlagsereignisse (von Anfang 1970 bis Ende 1992, 23 Jahre) unter Berücksichtigung der
Verläufe und der Intensitäten. Der Umfang der Niederschlagsserie musste dabei sämtliche Ereignisse berücksichtigen, deren Wiederkehrhäufigkeit in den einzelnen Intervallen größer ist als die
nachzuweisende Überstauhäufigkeit für das Kanalnetz.
Die nachfolgende Tabelle weist die Anforderungen aus:
Die gemäß DIN EN 752 / ATV A 118 nicht zu überschreitende Überstauhäufigkeit beträgt folglich
für bestehende Kanäle in Stadtzentren n = 0,33. Das heißt, wird eine Berechnung mit den tatsächlich in Pulheim gemessenen Regen durchgeführt, so darf rechnerisch an keiner Stelle der Überstau häufiger als einmal in 3 Jahren auftreten. Weiterhin ist für Wohngebiete eine Überflutungssicherheit für 20-jährliche Häufigkeit zu gewährleisten.
Die Ingenieurgesellschaft AEW wird in der Sitzung nochmals die von ihr erstellte Sanierungsplanung erläutern.
Nach Abschluss der Baumaßnahmen zur hydraulischen Sanierung der Kanalnetze Geyen /
Sinthern und Brauweiler / Dansweiler erfolgte inzwischen auch in Stommeln und Pulheim der Start
zur Umsetzung der von den Gutachtern vorgeschlagenen Maßnahmen.
Als erste Maßnahme aus dem Sanierungskonzept Pulheim wurde dabei von September 2006 bis
Sommer 2007 ein neuer Sammler von dem am Randkanal liegenden Regenüberlaufbecken (RÜB)
bis zur Kreuzung Schubertstraße / Escherstraße / Jägerstraße verlegt. Der neue Kanal verläuft
-4-
durch die Schubertstraße, die Mozartstraße und den Fuchspfad über die neben dem Heim des
Männergesangvereins liegenden Wiese bis zum RÜB auf dem Gelände der ehemaligen Kläranlage (Anlage 9). Die Maßnahme wurde in der Sitzung des Ausschusses für Bau und Verkehr am
26.02.2003 im Rahmen der Vorstellung des hydraulische Sanierungskonzepts durch die Gutachter
erläutert und vom Ausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen.
Der neue Sammler erreicht den Kreuzungsbereich Schubertstraße / Escherstraße / Jägerstraße in
so tiefer Lage, dass das Abwasser aus dem Kanal Jägerstraße, der die gesamte Fordsiedlung
entwässert, nicht mehr in den höher gelegenen Kanal Escher Straße gepumpt werden muss, sondern im freien Gefälle weitergeleitet werden kann. Im Rahmen der Realisierung der Maßnahme
wurde das Pumpwerk Jägerstraße folglich aus dem Netz genommen.
Bei Regenwetter werden die Kanäle Jägerstraße / Schubertstraße und Escherstraße über Schwellen hydraulisch verbunden, sodass sich im gesamten Bereich ein gleicher Wasserstand in den
Kanälen ausbildet und die Kapazität aller Kanäle in dem Bereich komplett genutzt wird. Selbst bei
dem Katastrophenregen am 11.09.2008 kam es nach den der Verwaltung vorliegenden Erkenntnissen somit hier zu keinem Überstau des Kanalnetzes. Zudem ist die Funktionsfähigkeit der
Entwässerung der Fordsiedlung auch bei Störungen – wie z.B. Stromausfall – gewährleistet. Nicht
zuletzt entfallen dauerhaft die Kosten für Wartung und Energie des Pumpwerks und kann auch auf
Ausgaben für den Erhalt des etwa 44 Jahre alten Pumpwerks verzichtet werden.
Als Folge der Verknüpfung kommt es bei Regenereignissen zu einem – teilweise tatsächlich länger
andauernden – Einstau der Kanäle in der Fordsiedlung. Die Gutachter gingen entsprechend der
oben dargestellten technischen Vorgaben davon aus, dass ein Einstau unkritisch ist und haben
ihre Berechnungen auf Grundlage der allgemein anerkannten Regeln der Technik durchgeführt.
Ob und wie häufig es zu einem Einstau kommt, wurde folglich bei der hydrodynamischen Berechnung überhaupt nicht geprüft. Die Berechnung des Netzes stellt rein auf die Reduzierung des
Überstaus und der Überflutung ab.
Sofern die Anlieger entsprechend ihrer rechtlichen Verpflichtung über funktionsfähige Rückstausicherungen verfügen würden, entstünde für sie auch kein Problem. In der Praxis stellte sich jedoch heraus, dass viele Grundstücke nicht oder nicht ausreichend gegen Rückstau gesichert sind.
Bei dem Starkregenereignis am 06.06.2008 wurden zwei Grundstücke im Bereich der Straße Im
Waffental und der Sebastianusstraße überflutet. Dabei ergoss sich offenbar Oberflächenwasser
von den Straßen auf die Privatgrundstücke. Da es bei diesem Ereignis einen Ausfall von Pumpen
am RÜB Pulheim gab und die für diesen Bereich vorgesehenen hydraulischen Sanierungsmaßnahmen noch nicht umgesetzt werden konnten, prüft der Haftpflichtversicherer der Stadt hier noch,
ob und inwieweit den eingereichten Schadensersatzforderungen entsprochen wird.
Die Verwaltung hat im Haushaltsentwurf 2009 erste Mittel vorgesehen, um als nächstes die hyraulische Kanalsanierungsmaßnahme SAN 12 (Anlage 13) umzusetzen. Dabei wird ein neuer Sammler vom Schulzentrum zum vorhandenen Trennsystem im Einzugsbereich des Regen-beckens an
der Adolf-von-Menzel-Straße gebaut. Dadurch wird dann das Niederschlagswasser aus dem im
Bereich des Schulzentrums vorhandenen Trennsystem in das Becken Adolf-von-Menzel-Straße
geleitet. Die bisher notwendige Überleitung zu dem auf dem Gelände der ehemaligen Kläranlage
liegenden RÜB Pulheim kann dann entfallen.
Rechtslage:
Im § 13 Abs. 9 der Entwässerungssatzung der Stadt Pulheim ist festgelegt:
„Gegen den Rückstau des Abwassers aus der öffentlichen Abwasseranlage in die angeschlossenen Flächen und Gebäude hat sich der Grundstückseigentümer selbst zu schützen. (Es gelten die Bestimmungen nach DIN 1986.) Als Rückstauebene gilt die Straßenoberkante über der Anschlussstelle des Anschlusskanals. …“
Entsprechende Regelungen dürften sich in den Entwässerungssatzungen aller Städte und Gemeinden finden, da abweichende Regelungen nicht nur wirtschaftlich untragbar wären, sondern
selbst bei extrem überdimensionierten Kanälen ein Einstau bis zur Straßenoberkante – z.B. infolge
einer Störung – nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Frage eines Ersatzanspruchs für Schäden auf Privatgrundstücken infolge eines Wassereintritts
aus dem öffentlichen Bereich war schon häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.
Die Schadensersatzforderungen wurden dabei regelmäßig abgelehnt,
-5-
-
wenn das Wasser durch die Kanalisation auf das Grundstück gelangte, da es ureigenste Aufgabe des Anschlussnehmers selbst ist, sich gegen Rückstauschäden durch entsprechende
Vorkehrungen (Rückstauschutz) zu schützen. (BGH, Beschluss vom 30.07.1998)
oder
-
wenn es sich bei dem Ereignis um einen Fall höherer Gewalt handelt. Nach einem Urteil des
LG Trier vom 21.05.2007 ist davon bereits auszugehen bei einem Regenereignis mit einer
Wiederkehrzeit von einmal in 25 Jahren bis einmal in 30 Jahren.
Auch gegen die Stadt Pulheim gerichtete Schadensersatzforderungen für die Folgen eines Wassereintritts auf Privatgrundstücke wurden bereits gerichtlich entschieden. Beispielsweise gingen im
Jahr 2000 innerhalb von drei Tagen zwei extreme Starkregenereignisse über Brauweiler nieder.
Bei dem ersten Regenereignis fielen 30 bis 35 mm in 1 Stunde und beim zweiten 66,5 mm in 90
Minuten.
Ein Bürger, bei dem größere Wassermassen in den Keller eindrangen, verklagte die Stadt auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Höhe von etwa 20.000 DM. Nach Auffassung des Klägers
war die Kanalisation der Stadt so stark überlastet, dass eine ordnungsgemäße Entwässerung der
Grundstücke nicht mehr gewährleistet war. Als Folge sei das Wasser von außen durch ein Kellerfenster, durch geborstene Grundleitungen sowie trotz des Vorhandenseins eines Rückschlagventils durch die Kanalisation in seinen Keller gelangt.
Das LG Köln wertete beide Regenereignisse als sogenannte Katastrophenregen und wies die Klage ab. Die dagegen erfolgte Berufung des Klägers wurde vom OLG Köln mit Urteil vom 14.02.2002
kostenpflichtig zurückgewiesen. Zur Begründung führte das OLG u. a. aus:
„Was das Eindringen über den Kanal angeht, kommt eine Haftung der Beklagten nicht in
Betracht, da der Kläger nicht selbst in geeigneter Weise für eine Rückstausicherung Sorge
getragen hat … . Soweit der Kläger behauptet, sein Haus verfüge über eine Rückstausicherung, kann dies zu seinen Gunsten unterstellt werden; dann aber war eine solche
Rückstausicherung entweder technisch ungeeignet, nicht ausreichend gewartet oder aus
anderen, in die Sphäre des Klägers fallenden Gründen unwirksam. ….
Gleiches gilt auch für die nach Behauptung des Klägers unter dem Haus geborstenen
Grundleitungen unterhalb des Kellerbodens. Zum einen verhindert eine ordnungsgemäße
und an richtiger Stelle eingebaute Rückstausicherung schon, dass überhaupt Wasser bis
zu solchen Punkten fließt, weshalb schon eine Haftung des Beklagten ausscheidet. Zum
anderen handelt es sich bei den etwaig geborstenen Leitungen um solche, die im Eigentum
des Klägers stehen und deren Ordnungs- und Funktionstüchtigkeit allein in seine Sphäre
fällt … .
Soweit es schließlich um nicht gefasstes Oberflächenwasser geht, käme zwar grundsätzlich ein Amtshaftungsanspruch in Betracht, wenn das Kanalnetz insgesamt unzureichend
dimensioniert war, dies der Beklagten bekannt war oder hätte bekannt sein müssen und sie
es schuldhaft versäumt hat, für entsprechende Abhilfe zu sorgen. Ob das Kanalnetz, wie
vom Kläger behauptet, tatsächlich zu gering dimensioniert war, kann aber dahinstehen.
Denn jedenfalls ist eine Gemeinde nicht verpflichtet, eine solche Kanalisation herzustellen
und zu unterhalten, dass jede denkbare Niederschlagsmenge aufgenommen wird. Welche
Grenzwerte eine Kanalisation verkraften und auf welche Niederschlagsmengen sie ausgelegt sein muss … kann vorliegend ebenfalls dahinstehen, denn jedenfalls muss sie nicht
auf solche Niederschlagsmengen ausgerichtet sein, die wie hier nur alle 50 Jahre … oder
gar seltener als alle 100 Jahre … auftreten“…
-6-
Rückstauschutz:
Auch nach den neuerlichen Starkregenfällen hat die Stadtverwaltung wie bereits in der Vergangenheit den Betroffenen eine Beratung vor Ort zur Sicherung vor Rückstau aus dem Kanal angeboten. Insgesamt haben ca. 30 Bürgerinnen und Bürger das Angebot in Anspruch genommen.
Es wurde festgestellt, dass alle von der Kellerüberflutung betroffenen Bürgerinnen und Bürger
entweder keinen oder nicht ausreichenden bzw. mit Mängeln behafteten Rückstauschutz haben.
Nachfolgend einige typische Beispiele für einen mangelhaften Rückstauschutz:
•
Das Niederschlagswasser der rückwärtigen Dachhälften von 3 bis 4 Häusern wird zusammen in einer Sammelleitung unter der Kellersohle eines einzelnen Hauses nach vorne in
den öffentlichen Kanal geführt. Durch den im Rückstaufalle entstehenden Druck wird durch
undichte Grundleitungen Wasser in den Keller gedrückt.
•
In anderen Fällen kann das Regenwasser der rückwärtigen Dachflächen dem öffentlichen
Kanal erst gar nicht zufließen, da in derselben Leitung eingebaute Rückstausicherungen im
Rückstaufall schließen. Das Wasser tritt wiederum an undichten Leitungen oder anderen
ungesicherten Stellen (Waschbecken, Bodenablauf, Dusche, etc.) aus.
•
Im Keller ist eine Pumpenanlage gegen Rückstau aus dem Kanalnetz installiert. Die Druckleitung ist vorschriftsmäßig senkrecht nach oben geführt bis sie oberhalb der Rückstauebene umlenkt und das gehobene Wasser in die Hausanschlussleitung abführt. Die Installation wäre insoweit vorschriftsmäßig, wenn die Druckleitung der Pumpe nicht aus Rohren
mit einfachen Steckverbindungen ausgeführt wäre, die als Druckleitung völlig ungeeignet
sind. Das Rohr ist folglich bei anstehendem Druck an den Verbindungsstellen auseinander
gefallen.
•
Es gibt eine ganze Reihe kleiner Mängel, die aber allesamt dazu führen, dass Wasser in
die Keller eindringen kann. Beispielsweise sind das undichte Leitungen und Revisionsöffnungen mit nicht mehr vorhandenen, rissigen, undichten, ungesicherten oder gänzlich fehlenden Verschlussdeckeln. Nicht gesicherte Bodenabläufe, Waschbecken, Toiletten.
Ungünstige Geländegestaltung auf dem eigenem Grundstück, die zur Überflutung führt.
Der dem Internet entnommene kostenlose Ratgeber zum Schutz von Gebäuden gegen Rückstau
aus dem öffentlichen Kanalnetz (Anlage 8) wurde als Erstmaßnahme den Betroffenen zur Verfügung gestellt.
Die Verwaltung beabsichtigt, speziell auf Pulheim zugeschnittene Informationen erstellen zu lassen und diese den Betroffenen, den Fraktionen, den Architekten und Installateuren sowie als Auslage im Rathaus zur Verfügung zu stellen. Zudem ist vorgesehen, den Sachverhalt für eine Darstellung im Internet aufzubereiten.
Situation Fordsiedlung:
Die zum Thema Entwässerung bei der Verwaltung eingegangenen Schreiben aus der Fordsiedlung sind als Anlage 10 beigefügt. Darunter befindet sich auch die von einem Anlieger bereits im
vergangenen Jahr durchgeführte Befragung aller Anlieger des Maderwegs hinsichtlich ihrer Rückstausituation und deren Entwicklung infolge des Wegfalls des Pumpwerks. Daraus wird ersichtlich,
dass einige Anlieger angaben, dass sie nach der Änderung erstmals Rückstauprobleme haben.
Eine deutlich größere Zahl gibt jedoch an, dass sich die Situation verbessert oder zumindest nicht
verändert hat. Die über Pulheim in diesem Sommer hinweggezogenen Starkregenereignisse konnten bei der Befragung natürlich noch nicht berücksichtigt werden. Bei derartigen Regenmengen ist
jedoch ein Einstau der Kanäle generell unvermeidlich und hätte auch durch das Pumpwerk nicht
abgewendet werden können.
Bereits in der Vergangenheit hat die Verwaltung die Bevölkerung immer wieder über die Notwendigkeit eines eigenen Schutzes gegen Rückstau informiert. Dies gilt insbesondere für die Bewohner der Fordsiedlung. Nachdem es dort beispielsweise im Jahr 1993 größere Schäden infolge
Rückstau gab, hat die Verwaltung bereits damals umfassend vor Ort beraten, das in Anlage 11
abgebildete Informationsschreiben verteilt und an einem Samstag im Rathaus eine große Informationsveranstaltung zum Thema Rückstau zusammen mit Installateuren durchgeführt. Vor die-7-
sem Hintergrund ist es erstaunlich, dass nunmehr Bewohner aus diesem Viertel angeben keine
Kenntnisse über die Sach- und Rechtslage zu besitzen.
Erstaunlich sind auch die Äußerungen und Beschwerden der Bewohner im Bereich der Mozartstr.,
Beethovenstr. und der Schubertstr., die die Überflutungen ebenfalls auf die durchgeführte Kanalsanierung und den Entfall des Pumpwerks zurückführen. Diese Gebiete sind auch vor der Sanierung nicht über das Pumpwerk entwässert worden. Zudem wäre eine weitestgehende Rückstaufreiheit in den Straßen Marderweg, Dachsweg, Jägerstraße, Iltisweg und allen anderen Straßen,
die früher über das entfallene Pumpwerk entwässert wurden, nur möglich, wenn die alten Pumpen
mit großem finanziellem Aufwand gegen erheblich leistungsstärkere ausgetauscht worden wären.
Wenn es derartige Pumpen bei dem Starkregenereignis gegeben hätte, wären die Kanäle in der
Escher Straße, Schubertstraße, Mozartstraße usw. tatsächlich überlastet gewesen. Dann wären
dort auf jeden Fall der Einstau und die daraus resultierenden Rückstauprobleme erheblich größer
ausgefallen. Zudem wäre es möglicherweise dort zu Überstau und Überflutungen gekommen.
Bezüglich des Katastrophenregens vom 11.09.2008 wird teilweise gemutmaßt, dass der Rückstau
entstand, da Pumpen im öffentlichen Abwassernetz nicht eingeschaltet waren. Dies ist nicht zutreffend. Die Pumpen an der Jägerstraße sind nicht mehr existent. Weitere Pumpen gibt es am RÜB.
Dort wird das nicht klärpflichtige Abwasser – also das Wasser, das bei Regenereignissen nicht
mehr auf der Kläranlage behandelt werden kann – direkt in den Kölner Randkanal geleitet. Wenn
der Wasserstand im Randkanal einen Ablauf im Freigefälle nicht erlaubt, werden automatisch die
Pumpen angeschaltet. Im Gegensatz zum Ereignis am 06.06.2008 funktionierten die Pumpen am
11.09.2008 ohne eine Störung. Dies wurde kurz nach Beginn des Ereignisses vor Ort überprüft.
Ebenso wird vermutet, dass Teilbereiche des Kanalnetzes oder Becken nicht in Betrieb gewesen
seien und so vorhandene Kapazitäten nicht genutzt wurden. Auch diese Annahme ist falsch, es
besteht überhaupt keine technische Möglichkeit, Becken oder Kanäle kurzfristig außer Betrieb zu
nehmen. Vielmehr wurde durch die Vermaschung im Kreuzungsbereich Jägerstraße / Schubertstraße und Escherstraße die vorhandene Kanalkapazität optimal ausgenutzt.
Die Feststellung von Bürgern, dass das hinter der Adolf-von-Menzel-Straße gelegene Rückhaltebecken auch im Anschluss an die Starkregenereignisse nur in geringem Maße gefüllt war, kann
zutreffen. In das Becken wird zurzeit nur das Niederschlagswasser aus einem kleinen Trenngebiet
geleitet (Anlage 12). Wie oben beschrieben wird sich diese Situation erst nach Umsetzung der im
kommenden Jahr startenden Sanierungsmaßnahme SAN 12 (Anlage 13) verändern. Da es sich
bei dem Abwasser aus der Fordsiedlung um Mischwasser handelt, darf das Wasser aus diesem
Bereich allerdings niemals dorthin geleitet werden.
In vielen Fällen drückte das Wasser durch den Kellerboden oder die Kellerwände. Dieser Sachverhalt wird von Teilen der Bürgerschaft auf undichte öffentliche Kanäle zurückgeführt. Dieser Vorgang ist jedoch bei Entfernungen des Kanals zu den Häusern von meistens mindesten 3 m und
dem dazwischen anstehenden gewachsenen Boden schlichtweg nicht möglich.
Die Ursache für den Wassereintritt dürfte vielmehr darin liegen, dass beim Regenereignis am
11.09.2008 ca. 60 Liter Wasser pro Quadratmeter in 90 Minuten im Garten versickert sind. Bei
einer mittleren Größe der unbefestigten nicht an den Kanal angeschlossenen Flächenanteile von
ca. 100 m² entspricht das einer Wassermenge von 6000 Litern pro Grundstück. Es ist anzunehmen, dass das Wasser sich in den Kiesschichten der ehemaligen Baugruben – also direkt an den
Kellerwänden – sammelte und durch die offensichtlich außen unzureichend abgedichteten Wände
in die Keller eindrang. Zudem werden private Abwasserleitungen – insbesondere Grundleitungen –
oftmals undicht sein, so dass das Wasser auch von unten gegen die Kellersohle drückte.
Weiterhin sollen nach Angaben eines Anliegers teilweise Drainageleitungen vorhanden sein. Diese
sollen wohl das im Erdreich auftretende Wasser vom Haus abführen. Sofern die Drainageleitungen
an den Kanal angeschlossen sein sollten, wird jedoch bei Einstau des Kanals die umgekehrte Wirkung erzielt. Das Abwasser drückt dann aus den unter Rückstau stehenden Drainageleitungen ins
Erdreich und durchnässt die Kellerwände. Aus diesem Grund ist der Anschluss von Drainageleitungen an Mischwasserkanäle wasserrechtlich – insbesondere in der hier vorliegenden Wasserschutzzone – unzulässig. Vielmehr müssen private Abwasserleitungen gemäß § 61a Landeswassergesetz geschlossen und dicht sein. Zudem ist die Einleitung von Drainagewasser in den
öffentlichen Kanal gemäß § 7 Abs. 2 der Entwässerungssatzung ausdrücklich untersagt.
-8-
Die Annahme, dass intakte, erdverlegte Leitungen auf den Privatgrundstücken durch den Rückstau aus dem Kanal zerborsten sind, dürfte kaum zutreffen, da maximal ein Druck entstehen kann,
der der Wassersäule bis zur Straßenoberfläche entspricht. Zudem fällt gemäß ständiger Rechtssprechung die Ordnungs- und Funktionstüchtigkeit aller privaten Abwasserleitungen allein in die
Sphäre der Grundstückseigentümer.
Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass es keine vernünftige Alternativen für den bereits eingeschlagenen Weg zur Sanierung des Netzes gibt. Auch die Errichtung eines sehr leistungsfähigen Pumpwerks hätte weder absolute Sicherheit gegen Einstau geboten noch wäre diese Maßnahme gegenüber den restlichen Gebührenzahlern, die sich ebenfalls gegen Rückstau sichern
müssen, zu rechtfertigen. Ziel der Sanierung kann nur sein, Überstau und insbesondere Überflutungen möglichst zu vermeiden.
Baulicher Zustand der öffentlichen Kanäle in der Fordsiedlung:
Die öffentlichen Kanäle in der Fordsiedlung wurden letztmalig im Jahr 1997 mittels TV-Befahrung
gemäß § 61 LWG i.V. mit der SüwV Kan untersucht. Vorschriftsgemäß wurden alle auf dem Video
festgestellten Besonderheiten auf mindestens 2 DIN A 4 Seiten pro Haltung erfasst und bewertet.
Insgesamt umfasst der Bereich der über die Jägerstraße entwässert wird 210 Kanalhaltungen mit
einer Gesamtlänge von 5,7 km. Angesichts der umfangreichen Daten wird auf einen Abdruck der
Berichte verzichtet. Die Berichte können bei Bedarf aber eingesehen werden und in der Sitzung
wird eine graphisch aufbereitete Darstellung präsentiert.
Die Bewertung des Zustands einer Kanalhaltung erfolgt aufgrund verschiedener im ATV-Merkblatt
A 149 definierter Merkmale. Der größte festgestellte Einzelschaden einer Haltung bestimmt dabei
die sich ergebende Zustandsklasse der Haltung. Je nach Zustandsklasse bieten sich gemäß dem
damals gültigen Merkblatt folgende Zeiträume für eine Sanierung der Schäden an:
Zustandsklasse 0:
Zustandsklasse 1:
Zustandsklasse 2:
Zustandsklasse 3:
Zustandsklasse 4:
sofort
kurzfristig
mittelfristig
langfristig
kein Handlungsbedarf
Die Auswertung ergab folgende Verteilung der Zustandsklassen:
Zustandsklasse 0:
Zustandsklasse 1:
Zustandsklasse 2:
Zustandsklasse 3:
Zustandsklasse 4:
keine Haltung
1 Haltung
20 Haltungen
44 Haltungen
145 Haltungen
0,00%
0,48%
9,52%
20,95%
69,05%
Da bei einer sichtbaren Undichtigkeit sofort eine Einordnung in Zustandsklasse 2 oder schlechter
erfolgt, heißt dies, dass bei 90% der Haltungen keine einzige Undichtigkeit optisch festgestellt wurde. Das Kanalnetz in der Fordsiedlung weist folglich einen überdurchschnittlich guten
Zustand auf. Aufgrund der damaligen Untersuchungen ist nicht davon auszugehen, dass die Kanäle inzwischen derart große Schäden aufweisen, dass hier in nennenswertem Maße Wasser austritt.
Gemäß SüwV Kan sind öffentliche Kanäle innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren zu untersuchen. Der derzeitige Zyklus begann im Jahr 2006 und endet folglich im Jahr 2021. Die Reihung der
Untersuchungen ist der Stadt im Wesentlichen freigestellt. Bisher ist vorgesehen, die Untersuchungen im Bereich der Fordsiedlung im Jahr 2013 bis 2015 vorzunehmen.
Es wäre möglich, die Untersuchung nach SüwV Kan – beispielsweise ins kommende Jahr – vorzuziehen. Gemäß der neuen Rechtslage nach § 61 a Abs. 5, Satz 1 Nr. 2 LWG ist die Frist für die
Pflicht zur Dichtheitsprüfung der privaten Abwasseranlagen dabei an den Zeitpunkt der SüwV KanUntersuchungen per Satzung anpassen. Auf die Erläuterungen in der Vorlage Nr. 1662 für den
HFA / RAT vom 03.06. / 17.06.2008 wird verwiesen. Auf diese Weise will der Gesetzgeber gewährleistet wissen, dass alle in einem Bereich vorhandenen Abwasserleitungen zeitgleich auf
Dichtheit überprüft und ggf. saniert werden.
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Nach vormaligem Recht mussten Dichtheitsprüfungen bei privaten Abwasserleitungen bereits bis
Ende 2005 durchgeführt werden, wenn das Grundstück sich in einem Wasserschutzgebiet befindet
und die Leitung vor dem 01.01.1965 errichtet wurde. Viele Eigentümer der Fordsiedlung dürften
ihre Prüfung folglich bereits durchgeführt haben. Der Verwaltung liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. Für die, die bisher keine Prüfung vorgenommen haben, endet ihre Frist – sofern die Stadt
keine Änderung per Satzung beschließt – nach neuem Recht in Abhängigkeit des Alters der Leitungen am 31.12.2014 oder am 31.12.2015.
Nach Auffassung der Verwaltung bietet es sich an, alle die Grundstücksentwässerung betreffenden Fragen der Dichtheitsprüfung und des Rückstauschutzes gemeinsam anzugehen. Beispielsweise sind sich unter der Kellersohle befindende Grundleitungen im Falle einer Undichtigkeit meist
nur äußerst aufwändig zu sanieren. Eine geeignete Möglichkeit stellt die Verlegung der Abwasserleitung an die Kellerdecke dar. Dies ist wiederum ein bedeutender Baustein zum sicheren
Schutz des Gebäudes gegen Rückstau. Zudem müssen zum Nachweis der Dichtheit der privaten
Abwasserleitungen alle eventuell vorhandenen Drainageleitungen abgeklemmt werden.
Entwässerungssituation Sinnersdorf:
Das Ortsgebiet Sinnersdorf entwässert komplett im Trennsystem, das heißt für die Ableitung von
Regen- und Schmutzwasser existieren gesonderte Kanäle. Das Regenwassernetz war offenbar
selbst bei diesem außergewöhnlichen Starkregenereignis nur bereichsweise überlastet. Der Verwaltung sind nur 3 Fälle bekannt, bei denen Grundstücke überflutet wurden.
Aufgrund von Regenwasser, das durch Schachtdeckel und Fehlanschlüsse in den Schmutzwasserkanal gelangt ist, kam es allerdings auch im Schmutzwassernetz zu einem Einstau. Auch wenn
ein Einstau hier unwahrscheinlicher ist und viele Grundstücke ja auch über Jahrzehnte hinweg
keine Probleme hatten, so gilt die Pflicht der Grundstückseigentümer, sich gegen Rückstau aus
dem Kanalnetz zu schützen, auch für Anschlüsse an Schmutzwasserkanäle. Bei vielen Grundstücken war dieser Schutz allerdings nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden.
Zur Beseitigung von Fehlanschlüssen im Trennsystem wird die Verwaltung bei Vorliegen konkreter
Verdachtsmomente – z.B. bei dem Fund von Fäkalien im Regenwasserkanal – weiterhin detaillierte Einzelfalluntersuchungen vornehmen. Eine generelle Überprüfung aller Anschlüsse ist aus
personellen Gründen aber nicht möglich.
Die gelegentlich auch hier geäußerte Vermutung, dass im öffentlichen Entwässerungsnetz Pumpen ausgefallen oder nicht eingeschaltet worden sein sollen, ist unzutreffend. Alle Pumpen in Sinnersdorf und auf der Zentralkläranlage waren in ordnungsgemäßem Betrieb.
Bezüglich der Überflutungen beabsichtigt die Verwaltung, zunächst einmal vor Ort zu erkunden,
was die jeweilige Ursache der Überflutung war. War tatsächlich dort der Kanal so überlastet, dass
Wasser aus dem Kanal austrat und auf die Straße lief oder waren die Sinkkästen überlastet oder
verstopft, so dass das Wasser von der Straße nicht ablaufen konnte. Sofern letzteres der Fall sein
sollte, wäre die Kanalnetzdimensionierung für die Überflutungen irrelevant.
Ein von Ratsmitglied Müller der Verwaltung zur Verfügung gestelltes Foto belegt nachdrücklich,
dass zumindest in einigen Bereichen die Überflutungen an einer Überlastung der Kanäle gelegen
haben. Allerdings gab es in Sinnersdorf bis zu dem extremen Regenereignis vom 11.09.2008 keine der Verwaltung bekannten, größeren Probleme hinsichtlich der Ableitungsfähigkeit der Kanalisation. Zudem ist ein Kanalnetz nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht für
derartige Regenmengen auszulegen. Es ist also äußerst fraglich, ob sich bei einer hydraulischen
Berechnung überhaupt ein Sanierungsbedarf ergeben würde. Vor diesem Hintergrund stellt sich
die Frage, ob die notwendigen Ausgaben in Höhe von voraussichtlich mehreren zehntausend Euro
für ein derartiges Gutachten sinnvoll investiert wären.
Nicht zuletzt ist es künftig erforderlich, das Niederschlagswasser aus der Ortslage Sinnersdorf vor
der Einleitung in den Randkanal zu behandeln. Zu diesem Zweck wird zurzeit eine Studie für ein
Regenklärbecken an der Wupperstraße erstellt. Da dafür das vorhandene Regenrückhaltebecken
umgebaut werden muss, erfolgt dabei auch eine Überprüfung der Dimensionierung dieses Beckens mittels hydrodynamischer Berechnung.
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