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Beschlussvorlage (Sachstandbericht "Kinderarmut in Pulheim")

Daten

Kommune
Pulheim
Größe
24 kB
Datum
05.03.2009
Erstellt
19.03.09, 21:46
Aktualisiert
19.03.09, 21:46
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Inhalt der Datei

Stadt Pulheim Der Bürgermeister V o r l a g e Nr: Zur Beratung/Beschlussfassung an: Gremium Jugendhilfeausschuss II/005/JHP und 51 Termin 05.03.2009 ö. S. X Jürgen Termath, Andrea Ollig (Verfasser/in) (Amt/Aktenzeichen) 77/2009 nö. S. TOP 16.02.2009 (Datum) BETREFF: Sachstandsbericht "Kinderarmut in Pulheim" VERANLASSER/IN ANTRAGSTELLER/IN: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen HAUSHALTS- / PERSONALWIRTSCHAFTLICHE AUSWIRKUNGEN: Die Vorlage hat haushaltswirtschaftliche Auswirkungen: ja x nein Die Vorlage hat personalwirtschaftliche Auswirkungen: ja x nein wenn ja: Finanzierungsbedarf (ggf. inkl. zusätzlicher Personalkosten) gesamt: € davon: - im Haushalt des laufenden Jahres: € - in den Haushalten der folgenden Jahre: Jahr: Jahr: Jahr: € € € Die Mittel stehen haushaltswirtschaftlich zur Verfügung: ja nein wenn nein: Finanzierungsvorschlag: BESCHLUSSVORSCHLAG: Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht „Kinderarmut in Pulheim“ zur Kenntnis und beschließt zur nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 28. Mai 2009 einen Referenten einzuladen mit den Schwerpunkten − Grundaussagen zur Kinderarmut in Deutschland und deren Folgen − Entwicklung kommunaler Handlungsansätze ERLÄUTERUNGEN: Durch Beschluss des Jugendhilfeausschusses in seiner Sitzung am 20.11.2008 wurde die Verwaltung beauftragt, auf der Grundlage des Antrages der Fraktion BD90/Die Grünen vom 20.11.08 einen Sachstandsbericht zur Kinderarmut in Pulheim zu erstellen. Darüber hinaus sollte unter Ein-1- bezug der Wohlfahrtsverbände, Praktikern und ausländischen Mitbürgern ein Konzept zur Problembewältigung erstellt werden. Die vorhandene Datenlage machte es nicht in allen Punkten möglich, die in dem Antrag vom 14.10.08 erwünschten Daten zur Verfügung zu stellen. Insbesondere die unter 4. erwünschte Aufschlüsselung nach schulischem Bildungsweg ist nicht möglich, da hier sonst eine personenbezogene Verknüpfung von Daten erforderlich gewesen wäre, was dem Datenschutz entgegensteht. In den Schulen sind die Einkommensverhältnisse der Eltern oft auch nicht transparent, Daten von dort sind daher nicht belastbar. Des Weiteren kann die gewünschte Altersgruppenverteilung nur annähernd dargestellt werden, da die Bundesagentur für Arbeit eine Altersgruppenverteilung zur Verfügung stellt, die sich an die Ausführungsbestimmungen des SGB II anlehnt. Der Armutsbegriff In der öffentlichen Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland ist Armut, nicht zuletzt auch durch die Armutsberichte der Bundesregierung (zuletzt 3. Bericht in Mai 2008) verstärkt zum Thema geworden. Armut bezeichnet eine „Situation des wirtschaftlichen Mangels, die verhindert, ein angemessenes Leben zu führen“. Unterschieden wird in absolute und relative Armut. Von absoluter Armut wird gesprochen, wenn es den betroffenen Menschen an lebensnotwendigen Dingen fehlt und deren physische Existenz unmittelbar bedroht ist. In Deutschland sind die Menschen durch soziale Sicherungssysteme vor absoluter Armut weitestgehend geschützt. Daneben gilt der Begriff der relativen Armut. Demnach gilt als arm, wer über weniger als 60 % des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Dies sind derzeit für einen Ein-Personenhaushalt 780 €, für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren 1.639 € monatlich. Danach sind in Deutschland nach dem Bezug von Sozialleistungen 12 % (insgesamt 13 %) der unter 18-jährigen von Armut bedroht. Vor dem Bezug von Sozialleistungen sind es sogar 34 % (insgesamt 26%) der unter 18-jährigen. Absolut sind demnach in Deutschland 2,5 Millionen Kinder von Armut bedroht. Die Situation in Pulheim In Pulheim erhalten insgesamt 2.072 Personen Leistungen nach dem SGB II und 252 Personen Leistungen nach dem SGB XII. Im SGB II-Bereich erhalten 27 Personen aufstockende Leistungen, d.h. sie beziehen ein Einkommen, das für ihren Lebensunterhalt nicht ausreicht und somit durch Arbeitslosengeld II aufgestockt werden muss. 381 Personen haben zuvor reguläres Arbeitslosengeld bezogen. Von 224 Fällen nach dem SGB XII beziehen nur 40 Fälle kein sonstiges Einkommen. 19 Fälle erhalten Pflegegeld nach § 64 SGB XII. Der größte Anteil, 54 %, aller Personen, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, ist 65 Jahre und älter, knapp 4 % aller Personen sind Kinder unter 18 Jahren. Der größte Teil der Hilfebedürftigen (92 Fälle) lebt im Pulheimer Kerngebiet, 57 Fälle leben in Brauweiler. Die insgesamt 2.072 Personen aus dem SGB II-Bereich leben in 1.012 Bedarfsgemeinschaften, 499 Personen, also knapp die Hälfte aller Hilfebedürftigen, leben in Haushalten mit nur 1 Person. 340 Bedarfsgemeinschaften (34 %) bilden Haushalte mit Kindern, dies sind knapp 6 % von allen Haushalten mit Kindern im Stadtgebiet Pulheim. 192 Haushalte mit 1 Kind, also 19 %, bilden den größten Anteil aller Bedarfsgemeinschaften mit Kindern, direkt gefolgt von 107 Haushalten mit zwei Kindern (10,6 %). Auch wenn der Anteil der Haushalte mit drei und mehr Kindern nur 4 % ausmacht, leben rund 150 Kinder in diesen Haushalten. -2- Insgesamt erhalten 743 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 20 Jahren Sozialleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII. Demnach sind 7 % aller Kinder in Pulheim von Armut bedroht. Den höchsten Anteil macht hier mit 10,4 % die Gruppe der Kinder von 3 bis unter 7 Jahren aus, direkt gefolgt von der Gruppe der Kinder unter 3 Jahren mit knapp 8 %. Die Folgen der Kinderarmut Das Heranwachsen der Kinder von der frühen Kindheit bis zum Grundschulalter wird wesentlich von den allgemeinen Lebensumständen geprägt. Der Mangel an materieller, bzw. finanzieller Ausstattung der Familien ist zunächst ein Aspekt, der die Teilhabe der Kinder am gesellschaftlichen Leben einschränkt und die Entwicklungschancen erheblich beeinflusst. Bei Kindern unter sieben Jahre werden intensiv die Grundlagen des individuellen Lebens- und Bildungsweges geprägt. Familien mit geringem Einkommen sparen am ehesten an kulturellen und sozialen Bedürfnissen, die über den Grundbedarf der Kinder hinausgehen. In der Folge können bei den betroffenen Kindern Ausgrenzungserscheinungen entstehen. Kinderarmut im Sinne einer materiellen Unterversorgung steht aber erst am Ende einer von den Eltern nicht mehr zu bewältigenden wirtschaftlichen Situation. Weitere Merkmale der vielfältigen Ausgrenzungsvarianten armer Kinder können sein - keine oder unzureichende Versorgung mit Kleidung, Essen etc. durch das Elternhaus mangelnde körperliche Pflege Auffälligkeit im Sprach- und Spielverhalten Geringe Teilnahme am Gruppengeschehen Im Grundschulalter setzen sich diese Ausgrenzungserscheinungen fort. Armutsfolgen sind deutlich erkennbar am Schulerfolg und in der schulischen Laufbahn. Zentrale Ursachen hierfür sind häufig: - mangelnde Förderung durch das Elternhaus verspätete Einschulung, Leistungsprobleme mangelnde Integration in die Klassengemeinschaft unzureichende Sprachkenntnisse (nicht nur bei Migrantenkindern) Einkommensarmut führt allerdings nicht zwangsläufig zu den beschriebenen eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten eines armen Kindes. Kinder aus armen Familien sind wie o.g. in vielerlei Hinsicht benachteiligt und ausgegrenzt. Neben dem Mangel an materiellen Dingen, die in unserer Gesellschaft in hohem Maß den Status, die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen ausmachen, fehlt es oft an Zuwendung, Erziehung und Bildung. Kinder aus armen Familien haben häufiger gesundheitliche Probleme – verursacht durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Sie können sich in der Folge im Unterricht nicht konzentrieren und brechen die Schule häufiger ab. Bei vielen Kindern (nicht nur) ausländischer Eltern kommen Sprachprobleme hinzu. Sie leben häufiger in beengten Wohnverhältnissen, in belasteten oder vernachlässigten Stadtteilen. Mangelnde Schulbildung sowie fehlende Berufsausbildung als Folge zementieren Armutsbiografien. Faktoren, die die potentiell ungünstigen Wirkungen prekärer Lebensverhältnisse besonders in den ersten Lebensjahren abfedern sind: - ein gutes Familienklima ein fördernder Erziehungsstil der Eltern eine positive Eltern-Kind-Beziehung ein förderndes Umfeld frühzeitiger und dauerhafter Kindergartenbesuch frühzeitige Sprachförderung -3- sowie das Vorhandensein möglichst stabiler familiärer und sozialer Netzwerke. Entwicklung eines umfassendes Konzeptes Aus den o.g. Angaben sind Ansatzpunkte für kommunale Handlungsansätze erkennbar, die eine konstruktive Beeinflussung der beschriebenen Armutsfolgen ermöglichen. Die materielle Ausstattung, d.h. die Höhe der Regelsätze in den jeweiligen Leistungsgesetzen ist Bundes-, bzw. Landesrecht und durch die Kommune nicht zu beeinflussen. Für die Bearbeitung des Themas ist es daher nach Ansicht der Fachverwaltung erforderlich, gemeinsam mit vielfältigen Akteuren der freien und des öffentlichen Träger, den Schulen sowie des Rates und der Verwaltung ein kommunales Handlungskonzept zu entwickeln. Die Fachverwaltung schlägt daher vor, zur nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 28. Mai 2009 einen Referenten einzuladen mit den Schwerpunkten − − Grundaussagen zur Kinderarmut in Deutschland und deren Folgen Entwicklung kommunaler Handlungsansätze Als möglicher Referent ist angefragt und steht zur Verfügung Herr Prof. Dr. Ronald Lutz von der FH Erfurt. Herr Prof. Dr. Lutz hat sich in vielen Projekten und Fachvorträgen mit dem Thema auseinandergesetzt und ist Mitautor des Kinderreport 2007 des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. Spezifische Erfahrungsberichte aus Kindergärten, Schulen etc. werden ebenfalls zu diesem Termin dargestellt. Quellentexte: • • Fachlexikon der sozialen Arbeit, 6. Auflage, Nomos Verlag, Baden-Baden 2007, S. 66, Stichwort „Armut“ EU- SILC Studie 2006. (Community Statistics on Income an Living Conditions) ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Europa Dezernent Amtsleiter -4- Sachbearbeiterin