Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
21 kB
Datum
05.09.2007
Erstellt
01.01.70, 00:00
Aktualisiert
01.01.70, 00:00
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
B 429/2007
Az.:
Amt: - 082 BeschlAusf.: - 082 Datum: 20.08.2007
Beratungsfolge
Ausschuss für Wirtschaftsförderung
und Betriebsausschuss Immobilienwirtschaft
Ausschuss für Stadtentwicklung
Betrifft:
Termin
Bemerkungen
04.09.2007
05.09.2007
Anlage zu B8 / 0805 Anregung der Fa. Richrath-Immobilien GmbH bzgl. Änderung des Bebauungsplanes 116, Erftstadt-Gymnich, Lindgesweg.
Finanzielle Auswirkungen:
Keine.
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den 20.08.2007
Stellungnahme der Verwaltung:
Aufgrund der o.a. Anregung der Fa. Richrath-Immobilien GmbH zur Änderung des BP-Nr. 116, E.Gymnich, Lindgesweg, hat der Ausschuss für Stadtentwicklung in seiner Sitzung am 28.09.2005
beschlossen, das als Ergänzung zum „Zentrenkonzept für die Stadt Erftstadt“ eine gutachterliche
Stellungnahme zur Errichtung eines Aldi-Marktes neben dem bestehenden Rewe-Markt in Auftrag
gegeben wird.
Zur Erstellung der Stellungnahme - die nunmehr vorliegt und deren Ergebnisse im folgenden zusammenfassend dargestellt werden - hatte die Stadt- und Regionalplanung Dr. Paul G. Jansen
GmbH als Gutachter eine mehrstufige Vorgehensweise – unter Einbeziehung weiterer Sachverständiger für Verkehrs- und für Immissionsangelegenheiten empfohlen, um neben der grundsätzlichen
Machbarkeit des beantragten Vorhabens aus handelswirtschaftlicher und städtebaulicher Sicht auch
eine Ersteinschätzung der Geräuschsituation sowie eine Voruntersuchung der verkehrlichen Auswirkungen zu erhalten.
Aus Sicht des Gutachters übernimmt Gymnich, neben den Hauptzentren Lechenich und Liblar, als
einziger weiterer Stadtteil in Erftstadt im Bereich der Nahversorgung eine wichtige Versorgungsfunktion, wobei dies neben Gymnich selbst auch noch für den benachbarten Stadtteil Dirmerzheim
gilt. Nach der Neueröffnung des rd. 1.200 qm großen Rewe-Marktes liegt die derzeitige Verkaufsflächenausstattung im Versorgungsbereich Gymnich im Lebensmitteleinzelhandel nunmehr bei 0,32
qm je Einwohner und damit fast am Bundesdurchschnitt von 0,35 qm.
Aller Erfahrung nach würde ein Aldi-Markt aufgrund seiner Marktstellung den Einzugsbereich des
Standortes deutlich vergrößern und dazu beitragen, dass Kunden aus Gymnich auch nicht mehr
andere Standorte zum Einkauf aufsuchen würden, z.B. die Aldi-Märkte in Lechenich oder Kerpen.
Infolgedessen würde es auch zu einer verstärkten Kaufkraftbindung vor Ort kommen.
Unter Berücksichtigung der Geschäfte im Gymnicher Zentrum stellt sich die Situation allerdings
noch etwas anders dar: Die Nachfolgenutzung des früheren Rewe-Marktes durch einen Getränkemarkt hat zu einer deutlichen Abschwächung der dortigen Kundenfrequenz geführt, so dass die
beiden benachbarten Ladenhandwerksbetriebe (Bäckerei Schneider und Metzgerei Axer) auch eine
spürbare Umsatzeinbuße hinnehmen mussten. Selbst die nach dem Wegzug des Rewe-Marktes
aus dem Zentrum zu verzeichnenden deutlichen Frequenzsteigerungen bei Norma sind – nach Erhebungen des Gutachters - in den letzten Monaten wieder erheblich zurückgegangen.
Was die Auswirkungen der Ansiedlung von Aldi im Geltungsbereich des BP-Nr. 116 betrifft, so wird
der neue Rewe-Markt aus gutachterlicher Sicht einerseits Umsätze an den Aldi abgeben müssen,
andererseits würde – aufgrund der Attraktivität eines Aldi-Marktes aus Sicht der Verbraucher – der
Einzugsbereich deutlich aufgewertet und ausgeweitet weden, so dass per Saldo vermutlich auch
der Rewe-Markt aufgrund einer solchen Standortagglomeration mit Umsatzzuwächsen rechnen
könnte.
Eine gegenläufige Entwicklung sieht der Gutachter hingegen bezüglich der Auswirkungen durch die
Ansiedlung von Aldi auf den Ortskern von Gymnich: Durch die weitere Attraktivierung des neuen
Standortes werden die Umsatzverluste von Norma, aber auch des weiteren noch bestehenden Lebensmittelhandwerks ansteigen, weil durch die Kumulation von Rewe und Aldi dann alle Einkäufe
an einem Standort erledigt werden könnten.
Im Ergebnis sieht der Gutachter aufgrund seiner Analyse bei einer Neuansiedlung von Aldi negative
konkurrenzwirtschaftliche Auswirkungen auf Norma und die übrigen Ladenhandwerksbetriebe im
Ortskern zukommen. Vorsichtig ausgedrückt werden diese negativen Auswirkungen möglicherweise
stärker sein, als die positiven, die durch eine Vergrößerung des Kundeneinzugsbereichs von Gymnich entstehen könnte. Wenn diejenigen Kunden von ALDI und REWE, die nicht im engeren Einzugsbereich von Gymnich wohnen, Einrichtungen im Ortskern von Gymnich nutzen würden, könnte
es zu einer Stabilisierung und Verbesserung der Tragfähigkeit von Nahversorgungseinrichtungen in
privater und öffentlicher Trägerschaft kommen. Je nach Stärke dieses Effekts könnte es hierdurch
zumindest zu einer Kompensation der wahrscheinlichen Umsatzverluste bei Nahversorgungs- und
Genussmitteln einschließlich Ladenhandwerk kommen.
Allerdings hält der Gutachter im Falle einer Aldi-Ansiedlung eine Betriebsaufgabe der Norma-Filiale
in Gymnich für nicht ausgeschlossen. Diese hätte wegen der weiteren Schwächung der Frequenz
auch negative Auswirkungen auf die anderen Anbieter im Ortszentrum.
Ein Aldi neben dem Rewe-Markt würde – auch unter angemessener Berücksichtigung von Koppelungseinkäufen – zu mehr Pkw-Verkehr in diesem Bereich führen. Im Gutachten wird davon ausgegangen, dass die Standortgemeinschaft beider Lebensmittelmärkte ein Verkehrsaufkommen von
4.400 Kfz pro Tag erzeugen. Bei dieser Zahl sind bereits auch solche Fahrten statistisch berücksichtigt, die bereits heute schon am Standort vorbeiführen und in Zukunft lediglich für eine Einkaufstätigkeit unterbrochen werden. Allein durch den Aldi-Markt werden 1.100 Kfz/Tag zusätzlich den
Standort anfahren, was die Frage nach der Belastbarkeit des vorhandenen Kreisverkehrs bzw. der
vorbeiführenden Dirmerzheimer Straße aufwirft.
Im Ergebnis zeigen die durchgeführten verkehrstechnischen Untersuchungen, dass der bestehende
Kreisverkehr an der Dirmerzheimer Straßen die Verkehrsbelastung aus den beiden Märkten Aldi
und Rewe nur unter der engen Bedingung aufnehmen kann, dass im Umkreis keine weiteren größeren Verkehrserzeuger hinzukommen. Bereits eine Zunahme des Verkehrsaufkommens um weitere 15 % würde zu einer Überschreitung der Leistungsfähigkeit des Kreisverkehres führen.
Unabhängig von derartigen Prognosen muss bei der Ansiedlung von Aldi eine Lingsabbiegespur zu
den Märkten auf der Landesstraße eingerichtet werden, um gefährliche Wendemanöver und unnötige Verkehrsbelastungen zu vermeiden.
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Die Einschätzung der Geräuschsituation basiert auf den gültigen zulässigen Immissionsrichtwerten.
Aufgrund des ermittelten Verkehrsaufkommens von 4.400 täglichen Kfz.-Bewegungen für die beiden Märkte einerseits, andererseits aus den Bewegungen auf der gemeinsamen Stellplatzanlage
werden Immissionen hervorgerufen, die an verschiedenen Messpunkten über dem zulässigen
Grenzwert für die schutzbedürftige angrenzende Wohnbebauung liegen. Diese Berechnungsergebnisse führen laut Fachgutachter dazu, dass das Bauvorhaben Aldi gemäß den Festsetzungen aus
dem BP-Nr. 116 nicht genehmigungsfähig ist. Nur eine grundlegende Änderung des Bebauungsplanes könnte hier möglicherweise Abhilfe schaffen.
Zusammenfassend läßt das vorliegende Gutachten aus meiner Sicht folgende Schlussfolgerungen
zu:
Handelswirtschaftlich hat die Auslagerung des Rewe-Marktes aus dem Ortskern von Gymnich zu
einem Umsatzrückgang bei den dort vorhandenen Geschäften geführt. Weitere Rückgänge sind
durch die Ansiedlung von Aldi zu befürchten, die auch durch eine erhöhte Kundenfrequenz bei der
Standortgemeinschaft von Rewe und Aldi nicht auszugleichen sind.
Mit Besorgnis ist die vom Gutachter eindringlich geschilderte Entwicklung bei dem im Ortskern verbliebenen Discounter Norma zu betrachten. Bei einem Auszug von Norma aus Gymnich ist mit einem weiteren Rückgang von Kunden bei den verbliebenen Geschäften im Ortszentrum zu rechnen.
Ein Aldi wird, unabhängig vom schon vorhandenen Rewe-Markt, zusätzliches Verkehrsaufkommen
auf der Dirmerzheimer Straße hervorrufen. Eine Lösung ist ausschließlich durch zusätzliche, kostenträchtige bauliche Maßnahmen im Hinblick auf den Kreisverkehr bzw. auf die Verbreiterung der
Dirmerzheimer Straße durch Schaffung einer Linksabbiegerspur möglich.
In immissionsmäßiger Hinsicht schafft das zusätzliche Verkehrsaufkommen ein erhebliches Lärmproblem für die umliegende Wohnbebauung, insbesondere für das auf der gegenüberliegenden
Seite der Dirmerzheimer Straße gelegene Reine Wohngebiet. Ausdrücklich wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass Abschirmmaßnahmen im vorliegenden Fall aufgrund der flächenhaften
Lärmquellen nur wenig effizient sind.
Städtebaulich fallen die unmittelbar neben dem Aldi liegenden Wohnbaugrundstücke ins Gewicht.
Auch mit der Errichtung des Discounters würde in Richtung Lindgesweg ein Streifen mit mehreren
Wohnbauparzellen verbleiben. Die Eigentümer erwarten eine dem rechtsgültigen Bebauungsplan
entsprechende Nutzung der Nachbarparzellen, so dass von deren Seite Proteste zu erwarten sind.
Zweifellos hat – wie bereits angeführt und im Gutachten auch dargelegt - die Ansiedlung einer AldiFiliale auch positiv zu bewertende Aspekte. Bei einer Abwägung von pro und kontra überwiegen
nach meiner Auffassung jedoch die negativen Auswirkungen im erheblichen Maße.
Im Ergebnis empfehle ich daher, dem B 8/0805 nicht zu entsprechen und damit kein Verfahren zur
Änderung des rechtsgültigen Bebauungsplanes Nr. 116 mit dem Ziel der Ansiedlung eines weiteren
Discounters in Gymnich einzuleiten.
Je eine Ausfertigung des Gutachtens erhalten die Fraktionen.
(Bösche)
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