Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
382 kB
Datum
18.12.2007
Erstellt
01.01.70, 00:00
Aktualisiert
01.01.70, 00:00
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage zu V 622/2007, Bebauungsplan Nr. 133.1; Erftstadt-Friesheim,
Erweiterung Gewerbegebiet; Beschluss über eine Veränderungssperre
Im Zusammenhang mit den Beratungen zu V 621/2007 (Bebauungsplan Nr. 133.1;
Erftstadt-Friesheim, Erweiterung Gewerbegebiet; Aufstellungsbeschluss) und V
622/2007
(Bebauungsplan
Nr. 133.1;
Erftstadt-Friesheim,
Erweiterung
Gewerbegebiet; Beschluss über eine Veränderungssperre)
ist u.a. die Frage
relevant, mit welchen planungsrechtlichen Mitteln die künftige Planung bzw. das
städtebauliche Zieldes Bebauungsplanes gesichert werden kann.
Dazu
sind
im
Baugesetzbuch
(BauGB)
u.a.
die
Instrumente
der
Veränderungssperre
(§ 14 BauGB) und der Zurückstellung von Baugesuchen (§
15 BauGB) vorgesehen:
Veränderungssperre
Die Gemeinde kann nach Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens durch eine
Veränderungssperre verhindern, dass im Plangebiet Fakten geschaffen werden, die
die Durchführung der Planung erschweren; dadurch werden Baurechte allgemein
ausgesetzt. So dürfen sämtliche Vorhaben i. S. d. § 29 BauGB, die die Errichtung,
Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, nicht
durchgeführt werden; erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von
Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-,
zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, dürfen ebenfalls nicht vorgenommen
werden.
Als planungsrechtliche Voraussetzung für eine Veränderungssperre muss ein
Aufstellungsbeschluss für die Aufstellung, Änderung oder Aufhebung eines
Bebauungsplans gefasst worden sein. Dieser Aufstellungsbeschluss muss zudem
entsprechend der Gemeindeordnung
wirksam gefasst und ortsüblich bekannt
gemacht werden. Die Veränderungssperre kann in der gleichen Sitzung wie der
Aufstellungsbeschluss
(also
noch
vor
Bekanntmachung
des
Aufstellungsbeschlusses)
beschlossen werden. Im Aufstellungsbeschluss des
Bebauungsplanes ist der Planbereich so zu bezeichnen, dass er klar bestimmbar ist.
Die Grenzen des späteren Plangebiets müssen nicht mit dem Gebiet identisch sein,
auf das sich der Aufstellungsbeschluss bezieht.
Eine Veränderungssperre ist unzulässig, wenn sich das Ziel der Planung nicht
verwirklichen lässt. Das Ziel darf dabei weder rechtlich unzulässig sein, noch an den
inhaltlichen Anforderungen an eine geordnete städtebauliche Entwicklung scheitern.
Die Planung muss überhaupt auf ein Ziel gerichtet sein, das mit Mitteln der
Bauleitplanung erreichbar ist.
Eine Veränderungssperre ist somit nur zulässig, wenn bereits hinreichend erkennbar
ist, welchen Inhalt einer Planung sie sichern soll. Die Planung muss also einen Stand
erreicht haben, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu
erwartenden Bebauungsplans sein soll. Das Planungsziel darf sich zwischen
Aufstellungsbeschluss und Veränderungssperre sowie während der Geltungsdauer
der Veränderungssperre ändern; es darf jedoch nicht verschleiert werden.
Eine Veränderungssperre ist unzulässig, wenn bei ihrem Erlass der Inhalt der
beabsichtigten Planung noch in keiner Weise abzusehen ist. Eine ausreichende
Konkretisierung ist nicht gegeben, wenn die Gemeinde lediglich das städtebaulich
Unerwünschte feststellt.
Dazu muss die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des
Bebauungsplans entwickelt haben; eine reine Freihalteabsicht reicht nicht aus.
Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept kann nicht verlangt werden:
Zur
Ermittlung
des
künftigen
Planinhalts
kann
auf
Vorlagen
Gemeinderatssitzungen oder sonstige Unterlagen zurückgegriffen werden.
der
Bereits das Ziel, durch Aufstellung eines Bebauungsplans eine Veränderung im
Plangebiet erreichen oder verhindern zu wollen, rechtfertigt die Einleitung von
Sicherungsmaßnahmen für dieses Planungsziel. Eine Abwägung LS.d. § 1Abs.7
BauGB ist nicht erforderlich. Die Erforderlichkeit der Veränderungssperre wird nicht
dadurch in Frage gestellt, dass auch die Zurückstellung eines einzelnen Baugesuchs
nach § 15 BauGB verlangt werden könnte.
Die Gemeinde kann auch einen Antrag für ein ansonsten - wie im vorliegenden Fall zulässiges Bauvorhaben zum Anlass nehmen, ändernde Planungsmaßnahmen
einzuleiten.
Eine Veränderungssperre
führt grundsätzlich zur Unzulässigkeit der betreffenden
Bauvorhaben. Ein Antrag auf Baugenehmigung ist daher abzulehnen und nicht nur,
wie bei einer Zurückstellung,
auszusetzen.
Ist eine Baugenehmigung
nicht
erforderlich, sind die Bauvorhaben materiell unzulässig. Die Bauaufsichtsbehörde
kann gegen sie einschreiten.
Eine Beseitigungsanordnung
ist aber erst dann
zulässig, wenn nach In-Kraft-Treten des Bebauungsplans endgültig feststeht, dass
das Vorhaben dauerhaft dem Bebauungsplan widerspricht. Werden wertsteigernde
Veränderungen unzulässigerweise vorgenommen, werden sie nach § 92 Abs.2 Nr 4
BauGB bei der Festsetzung einer Entschädigung für eine Enteignung und nach § 42
Abs.2 BauGB beim Planungsschadensausgleich
nicht berücksichtigt.
Eine Ausnahme von der Veränderungssperre kann zugelassen werden, wenn
überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn nach
dem Stand der Planungsarbeiten erkennbar ist, dass das Vorhaben den
Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widersprechen wird und auch nicht auf
andere Weise die Verwirklichung
des Bebauungsplans
behindert.
Die
Voraussetzungen sind spätestens mit der Planreife nach § 33 BauGB gegeben.
Stehen überwiegende öffentliche Belange nicht entgegen, besteht kein Anspruch auf
Zulassung einer Ausnahme, sondern ein Ermessen der Bauaufsichtsbehörde, das
auf Null reduziert sein kann. Die Zulassung von Ausnahmen kann mit
Nebenbestimmungen erfolgen. Für die Zulassung ist das Einvernehmen der
Gemeinde erforderlich.
Die Veränderungssperre gilt grundsätzlich nicht für Vorhaben, die vor ihrem In-KraftTreten baurechtlich genehmigt wurden. Baurechtliche Genehmigungen in diesem
Sinn sind die Baugenehmigung (auch in einem vereinfachten Verfahren) und die
Teilbaugenehmigung.
Ein
bauplanungsrechtlicher
Vorbescheid
(Bebauungsgenehmigung) fällt darunter, wenn er nach der Landesbauordnung ein
vorweg genommener Teil der Baugenehmigung
ist, die darin behandelten Fragen
also abschließend entschieden sind. Etwas anderes gilt, wenn er nur vorbehaltlich
einer Änderung der Rechtslage ergeht. Unbeachtlich ist, wenn die Genehmigung auf
Grund von Rechtsmitteln
noch nicht bestandskräftig
geworden ist. Wurde eine
Genehmigung vor Erlass der Veränderungssperre
rechtswidrig versagt, besteht ein
Anspruch auf Zulassung einer Ausnahme.
Die Veränderungssperre wird nach § 16 BauGB als Satzung erlassen. Gegen sie ist
daher nach § 47 Abs.1 Nr.1 VwGO eine Normenkontrollklage möglich. Daneben
kann der Bauherr gegen die Ablehnung seines Bauantrages bzw. gegen die
Nichtzulassung einer Ausnahme auch eine Verpflichtungsklage nach § 42 VwGO
erheben.
Bei dieser Klage wird inzident auch die Wirksamkeit
der
Veränderungssperre überprüft.
Ist die Veränderungssperre unzulässig oder wird rechtwidrig keine Ausnahme
zugelassen, kommen Amtshaftungsansprüche in Betracht.
Die rechtswidrige Versagung der Genehmigung kann auch zu Ansprüchen auf
Ausnahmegewährung führen.
Zurückstellung
von Baugesuchen
Anstelle des Erlasses einer Veränderungssperre, die Baumaßnahmen im gesamten
Geltungsbereich unzulässig macht, kann die Gemeinde die Durchführung eines
Bauvorhabens im Einzelfall durch Zurückstellung verhindern, damit keine vollendeten
Tatsachen geschaffen werden, die eine Bebauungsplanung erschweren.
Im Gegensatz zu einer Veränderungssperre, welche als Satzung alle Veränderungen
in ihrem Geltungsbereich, wie bereits erläutert, ausschließt, ist die Zurückstellung
bzw. Untersagung eines Bauvorhabens gem. § 15 BauGB ein Verwaltungsakt und
bewirkt, dass ein einzelnes Bauvorhaben vorübergehend nicht durchgeführt werden
kann. Alle anderen Vorhaben im vorgesehenen Geltungsbereich des Bauleitplans
bleiben zulässig, soweit nicht ebenfalls eine Zurückstellung erfolgt. Die
Zurückstellung bietet sich daher an, wenn mit nur wenigen unerwünschten
Baumaßnahmen zu rechnen ist.
Eine
Zurückstellung
oder
Untersagung
ist
nur
möglich,
wenn
eine
Veränderungssperre
an sich beschlossen werden könnte oder eine beschlossene
Veränderungssperre
noch nicht in Kraft getreten ist. Sie ist auch dann zulässig, wenn
eine Veränderungssperre
ausgelaufen und noch keine neue in Kraft getreten ist. Es
müssen daher grundsätzlich
die Voraussetzungen
einer Veränderungssperre
vorliegen, insbesondere ein bekannt gemachter Aufstellungsbeschluss
für einen
Bauleitplan, ein Sicherungsbedürfnis
und eine hinreichend konkretisierte Planung.
Eine Zurückstellung kann erfolgen, wenn konkrete Anhaltspunkte die Befürchtung
rechtfertigen,
dass das Vorhaben
die Durchführung
der Planung wesentlich
erschwert oder unmöglich macht. Damit ist es erforderlich, dass die Gemeinde schon
Vorstellungen zum Inhalt des Bebauungsplanes
hat. Eine Nutzung kann nicht mit
dem Ziel verhindert werden, sich alle Planungsmöglichkeiten
offen zu halten. Je
mehr die Planung konkretisiert
ist und das Vorhaben
mit dieser Planung
übereinstimmt, desto weniger ist eine Zurückstellung zulässig.
Die Zurückstellung oder Untersagung eines Bauvorhabens muss durch die
Gemeinde beantragt werden. Stellt die Gemeinde einen entsprechenden Antrag,
muss die Bauaufsichtsbehörde die Entscheidung über den Bauantrag aussetzen
bzw. das Bauvorhaben vorläufig untersagen. Die Bauaufsichtsbehörde ist aber
berechtigt
und
verpflichtet,
die
rechtlichen
Voraussetzungen
der
Zurückstellung/Untersagung zu prüfen. Auch bei einem Antrag der Gemeinde auf
Zurückstellung ist die Bauaufsichtsbehörde berechtigt, einen Bauantrag abzulehnen,
da der Zurückstellungsantrag nur verhindern soll, dass durch die Durchführung eines
Vorhabens die Planung beeinträchtigt wird. Diesem Anliegen wird auch durch die
Ablehnung des Bauantrags Rechnung getragen.
Bei genehmigungsbedürftigen Bauvorhaben wird die Sachentscheidung über den
Bauantrag ausgesetzt. Genehmigungsverfahren in diesem Sinn ist auch ein Antrag
auf
einen
Vorbescheid
über
die
bauplanungsrechtliche
Zulassung
(Bebauungsgenehmigung). Ebenfalls als Genehmigungsverfahren anzusehen ist die
immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Zuständig für die Zurückstellung ist hier
die Immissionsschutzbehörde. Planfeststellungsverfahren können nicht ausgesetzt
werden.
Ist keine Baugenehmigung erforderlich, tritt an die Stelle der Aussetzung des
Genehmigungsverfahrens die vorläufige Untersagung der Baudurchführung. Keine
Möglichkeit der Untersagung besteht bei den völlig verfahrensfreien Bauvorhaben
entsprechend, die weder der Baugenehmigungsbehörde noch der Gemeinde
bekannt gegeben werden müssen.
Die Zeit nach einer rechtswidrigen Ablehnung ist als "faktische Bausperre" auf eine
Zurückstellung und auf eine Veränderungssperre anzurechnen.
Nach AufhebungIWegfall der Veränderungssperre ist das Verfahren von Amts wegen
fortzuführen.
Der Bauherr kann eine auf die Erteilung der Baugenehmigung gerichtete
Verpflichtungsklage nach § 42 Abs.1 VwGO erheben. Dabei wird inzident auch die
Zulässigkeit der Zurückstellung des Bauantrags geprüft.
Zulässig ist auch eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs.1 VwGO , da es dem
Bauherrn zunächst nicht um den Erlass eines beantragten Verwaltungsakts, sondern
um die isolierte Beseitigung eines Verwaltungsakts
geht, damit das
Genehmigungsverfahren fortgeführt werden kann.
Setzt die Baugenehmigungsbehörde das Genehmigungsverfahren nicht aus,
sondern erteilt die Baugenehmigung, kann auch die Gemeinde mit der
Anfechtungsklage nach § 42 VwGO dagegen vorgehen.
Die Gemeinde kann den Antrag auf Zurückstellung innerhalb von sechs Monaten ab
förmlicher Kenntnis von dem Bauvorhaben stellen. Als förmliche Kenntnisnahme
kommt insbesondere die Beteiligung zur Erteilung des Einvernehmens nach § 36
BauGB in Betracht. Nach Erteilung der Genehmigung ist ein Antrag nicht mehr
möglich.
Ist die Gemeinde Genehmigungsbehörde, läuft die Frist ab Eingang des
Genehmigungsantrags. Die Zurückstellung kann für maximal ein Jahr erfolgen. Auf
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Das sind bei Baugenehmigungsverfahren
i.d.R. drei Monate. Ein längerer Zeitraum
kommt
bei
Besonderheiten
des
Einzelfalls
(z.B.
Erforderlichkeit
einer
Umweltverträglichkeitsprüfung)
oder bei unvollständigen
Antragsunterlagen
in
Betracht.
Fazit:
Grundsätzlich ist die Veränderungssperre als gemeindliche Satzung ein Instrument,
welches wesentlich tiefer in die Eigentumsrechte eingreift als die Zurückstellung
eines Baugesuchs. So dürfen sämtliche Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder
Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, nicht durchgeführt
werden;
erhebliche
oder wesentlich wertsteigernde
Veränderungen
von
Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-,
zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, dürfen ebenfalls nicht vorgenommen
werden. Ausnahmen von der Veränderungssperre können nur im Einvernehmen mit
der Gemeinde zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht
entgegenstehen. Die Veränderungssperre setzt somit den Status quo in seinem
Geltungsbereich fest; d.h., dass davon auch Vorhaben erfasst werden, welche nicht
in
unmittelbaren
Zusammenhang
mit
den
eigentlichen
Zielen
der
Veränderungssperre stehen.
Mit dem Instrument der Zurückstellung von Baugesuchen kann die Entscheidung
über die Zu lässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von zwölf
Monaten ausgesetzt werden, wenn zu befürchten ist, das die Durchführung der
Planung durch dieses Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird.
Planungsrechtliche Voraussetzung für die Zurückstellung eines Baugesuchs ist der
Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan.
Das Instrument der Zurückstellung eines Baugesuchs gewährt somit gegenüber der
Veränderungssperre eine flexible und bedarfsbezogene Plansteuerung, ohne
gleichzeitig Gefahr zu laufen, bebauungsplankonforme Vorhaben bzw. Investitionen
zu verhindern bzw. zeitlich zu verzögern.
Im Ergebnis kann, wie bereits in der Ausschusssitzung am 04.12.2007 von der
Verwaltung dargelegt, festgestellt werden, dass im vorliegenden Planverfahren zum
Bebauungsplan Nr. 133.1 aufgrund der Einzeifalllage (Antrag auf Nutzungsänderung
einer Lagerhalle für das Umladen von Leichtverpackungen) und den formulierten
Planungszielen die Zurückstellung von Baugesuchen als Instrument der
Plansicherung ausreicht; insbesondere auch vor dem Hintergrund der Tatsache, das
inzwischen der Antrag zurückgezogen wurde.
Die
Erweiterung
des
Bebauungsplanaufstellungsbeschlusses
um
den
Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 80, E.-Friesheim, Wildweg,
ist planungsrechtlich grundsätzlich möglich. Die Aussagen bzgl. der Sicherung der
Bebauungsplanung (Veränderungssperre oder Zurückstellung von Baugesuchen)
sind auch in diesem Fall analog anwendbar.
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