Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
245 kB
Datum
13.12.2007
Erstellt
01.01.70, 00:00
Aktualisiert
01.01.70, 00:00
Stichworte
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Umsetzung des Bürokratieabbaugesetzes TI
Schnellbriet
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Internet: www.kommunen-in-nrw.de
-Nr. 150/2007
An die
Mitgliedsstädte
Aktenzeichen:
I
Ansprechpartner/in:
Beigeordneter
Durchwahl 0211.4587-223
und -gemeinden
von Lennep
16.10.2007
Umsetzung
des Bürokratieabbaugesetzes
11
Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeisterinnen
und Bürgermeister,
in Ergänzung zu unserem ersten Schnellbrief (lfd. Nr. 139 vom 25.09.2007) in vorgenannter Angelegenheit
nehmen wir zu den in den letzten beiden Wochen an die Geschäftsstelle gerichteten Fragestellungen wie folgt
Stellung:
1. Anhörung
1.1 Anhörungserfordernis
Eine Anhörung gem. § 28 Abs. 2 Zift. 4 VwVfG braucht u.a. dann nicht stattzufinden, wenn eine Behörde
gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen will. Dabei müssen gleichartige Verwaltungsakte nicht
identisch sein, es genügt, wenn sie in der Art gleich sind.
Ab wann eine "größere Zahl" von Verwaltungsakten vorliegt, läßt sich nicht generell abstrakt festlegen.
Abzustellen ist darauf, ob die Anhörung jedes Betroffenen auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stößt.
Eine größere Zahl ist dann gegeben, wenn die Verwaltungsakte in einem gewissen, engen zeitlichen Rahmen
erlassen werden. Ist eine Anhörung wegen der Zeitabstände zwischen den gleichartigen Verwaltungsakten
ohne praktische Schwierigkeiten möglich, so ist die Anhörung durchzuführen und nicht entbehrlich nach § 28
Abs. 2 Zift. 4 VwVfG.
Bei der Festsetzung von Erschließungs-, Kanal- bzw. Straßen baubeiträgen etc. ist in der Regel eine
Anhörung entbehrlich, da diese Verwaltungsakte gleichartig sind, in einem engen zeitlichen Rahmen erlassen
werden und eine Einzelanhörung zu erheblichen praktischen Problemen führen würde.
1.2 Anhörung durch Anliegerversammlung
Die Anhörung ist erfüllt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu äußern. Die Behörde muss
das Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung ziehen. Ein
Rechtsgespräch oder eine Erörterung muss dagegen nicht erfolgen.
Die Anhörung unterliegt keiner bestimmten Form. Insoweit kann die Anhörung schriftlich oder mündlich
erfolgen. Eine Anliegerversammlung
wird insoweit regelmäßig die Anhörungserfordernisse
erfüllen, soweit es
sich nicht bloß um eine einseitige Information handelt, sondern dem Betroffenen auch die Gelegenheit
gegeben wird, sich zur Sache zu äußern. Eine Einzelanhörung wird man aber dann durchführen müssen,
wenn ein besonderer Einzelfall vorliegt, dessen Sachverhalt sich wesentlich von den übrigen unterscheidet.
1.3 Heilungsmöglichkeiten
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Anhörung den Verwaltungsakt rechtswidrig macht.
Dieser Verfahrensfehler lässt sich in der Regel aber nach § 45 VwVfG heilen. Nach § 45 Abs. 2 VwVfG kann
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Umsetzung des Bürokratieabbaugesetzes II
die Anhörung bis zum Abschluss der I. Instanz im verwaltungsgerichtlichen
2. Ausnahmen
Verfahren nachgeholt werden.
von der Abschaffung des Vorverfahrens
Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 AG VwGO (neu) gilt die Abschaffung des Vorverfahrens u.a. dann nicht, wenn
Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union die Durchführung eines Vorverfahrens vorschreibt. Dies
bedeutet, dass im Bundesrecht selbst festgelegt sein muss, dass ein Vorverfahren durchzuführen ist. Eine
solche Vorschrift befindet sich im Bundesrecht z.B. in § 78 SGG (Sozialgerichtsgesetz). Hiernach ist ein
Vorverfahren durchzuführen für Rechtsangelegenheiten, die die Gerichte der sozialen Gerichtsbarkeit
entscheiden (insbesondere Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII); im Übrigen s. Auflistung in § 51 SGG).
Bescheide, die auf Bundesrecht beruhen (z.B. Erschließungsbeiträge gem. §§ 127 ff. Bundesbaugesetz), sind
vom Vorverfahren befreit, da das Bundesbaugesetz keine Vorschrift erhält, wonach bezüglich der
Erschließungsbeiträge ein Vorverfahren durchzuführen ist.
Der Prüfauftrag lautet somit: Handelt es sich um Bundesrecht? Wenn ja, schreibt Bundesrecht die
Durchführung eines Vorverfahrens vor? Dies ist in jedem Einzelfall zu ermitteln. Sind diese Fragen zu
verneinen, dann findet kein Vorverfahren statt.
3. Rechbeh
elfsbeleh
Ob die Bezeichnung
rung/Rechtsmitte Ibele hrung
Rechtbehelfsbelehrung
Belang. Will man sprachlich
verständlicher
oder Rechtsmittelbelehrung
formulieren,
gewählt wird, ist rechtlich ohne
könnte die Überschrift sogar "Ihre Rechte" lauten.
Zu empfehlen ist, dass der gesamte Text des § 81 Abs. 1 VwGO in der Rechtsmittelbelehrung aufgenommen
wird. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass auch die Klageerhebung auf elektronischem Wege eine Form der
schriftlichen Klageerhebung im Sinne des § 81 Abs. 1 VwGO ist. Gemäß § 1 der Verordnung über den
elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande NordrheinWestfalen können seit dem 01.01.2006 Klagen beim OVG NRW, beim VG Minden und bei den
Finanzgerichten in NRW elektronisch eingereicht werden (ERWO VG/FG vom 23. November 2005 (GV
NRW, S. 926)). Den Kommunen im Gerichtsbezirk des VG Minden ist insofern aus Gründen der
Vollständigkeit und Bürgerfreundlichkeit zu empfehlen, die Rechtsmittelbelehrung um einen Hinweis über den
elektronischen Rechtsverkehr zu ergänzen. Derartige Hinweise können dem elektronischen Rechtsverkehr zu
einem größeren Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung sowie zu einer vermehrten Nutzung durch die
Verfahrensbeteiligten verhelfen.
Beispiel:
Die Klage beim Verwaltungsgericht Minden kann schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle oder in elektronischer Form nach Maßgabe der elektronischen Rechtsverkehrsverordnung
ERWO VG/FG - vom 23.11.2005 erhoben werden.
-
Diese Kurzform (ohne Bezeichnung der Verwaltungsgerichte und Finanzgerichte) empfiehlt sich zur
Vermeidung von Missverständnissen bei dem rechtsunkundigen Bürger, der evtl. annehmen könnte, dass
eine Klage auch beim Finanzgericht eingelegt werden kann.
4. Nebenentscheidungen
Nebenentscheidungen, z.B. über Gebühren, sind vom Widerspruchsverfahren ausgenommen. Nach § 6 Abs.
2 S. 3 AG VwGO n.F. gilt die Ausnahme nach Abs. 2 S. 1, dass ein Vorverfahren in bestimmten Fällen
gleichwohl durchzuführen ist, auch für Nebenbestimmungen, sowie Vollstreckungs- und
Kostenentscheidungen. Dies bedeutet, dass Nebenentscheidungen einheitlich mit der Grundentscheidung zu
behandeln sind und die Verfahrensteile nicht auseinander gezogen werden sollen.
Dies deckt sich auch mit der Begründung im Ergänzungsgesetz OWL vom 17.01.2005 (LT-Drs. 13/6477).
Dort heißt es auf Seite 13 unten: "Die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens im Gaststättenrecht ist eine
Folgereglung der Verfahrensaussetzung im Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht. Da in vielen Fällen
Maßnahmen zugleich auf Gewerbe- und Gaststättenrecht gegründet werden, wird mit der Aussetzung des
Vorverfahrens der Rechtszersplitterung begegnet. Die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens dürfte sich
auch auf damit zusammenhängende Vollstreckungsmaßnahmen erstrecken." Wollte man nun die
Nebenentscheidungen anders behandeln und dem Vorverfahren zugänglich machen, würde es zur nicht
gewollten Rechtszersplitterung kommen.
5. Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrigkeiten richten sich nach den Vorschriften des Ordnungswidrigkeitengesetzes. Wird gegen
einen Bußgeldbescheid Einspruch erhoben, prüft die Verwaltungsbehörde, ob sie den Bußgeldbescheid
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Umsetzung des Bürokratieabbaugesetzes II
aufrechterhält
oder zurücknimmt (§ 69 Ordnungswidrigkeitengesetz
- sog. Zwischenverfahren).
6. Sonderfall Drittwidersprüche
Grundsätzlich bleibt bei Widersprüchen von im Verwaltungsverfahren nicht beteiligten Dritten, die sich gegen
den Erlass einen anderen begünstigenden Verwaltungsaktes wenden, das Widerspruchsverfahren auch
zukünftig gem. § 6 Abs. 3 AG VwGO nF erhalten. Allerdings gelten hier zahlreiche Ausnahmen. So ist ein
Drittwiderspruchsverfahren zukünftig nicht mehr zulässig
.. bei
Entscheidungen
bei Entscheidungen
. bei Entscheidungen
. bei Entscheidungen
Rechtsverordnungen,
. bei Entscheidungen
. bei Entscheidungen
. bei Entscheidungen
Arbe
nach der Gewerbeordnung
und den dazu ergangenen Rechtsverordnungen,
der Bauaufsichtsbehörden
und der Baugenehmigungsbehörden,
nach dem Gaststättengesetz
und der dazu ergangenen Rechtsverordnung,
nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz
und den dazu ergangenen
nach dem Arbeitsschutzgesetz
und den dazu ergangenen Rechtsverordnungen,
nach dem Arbeitszeitgesetz
und den dazu ergangenen Rechtsverordnungen,
nach dem Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure
u.a. Fachkräfte für
itssi ch e rh eit,
. wenn der Verwaltungsakt von einer Bezirksregierung erlassen worden ist, es sei denn, er ist auf dem Gebiet
der Krankenhausplanung und - finanzierung ergangen.
7. Sonderfall Beamtenrecht
Abweichend von § 126 Abs. 3 Beamtenrechtsrahmengesetz
(BRRG) bedarf es zukünftig eines Vorverfahrens
nicht (mehr).
Ausnahme:
Ein Widerspruchsverfahren
..
bleibt weiterhin erforderlich bei
der Bewertung einer Leistung im Rahmen einer berufsbezogenen Prüfung sowie
Maßnahmen in besoldungs-, versorgungs-, beihilfe-, heilfürsorge-, reisekosten-, trennungs-,
entschädigungs- und umzugskostenrechtlichen Angelegenheiten (vgl. § 179 a LBG nF).
8. Vermeidung von Fehlern in der Übergangsphase
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe. Hier gilt bei Bekanntgaben per Brief die Dreitagesfiktion nach
§ 41 Abs. 2 VwVfG bzw. § 122 Abs. 2 AO, d.h. der Bescheid gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post
als bekanntgegeben, sofern er nicht tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei
Zustellungen mittels Einschreiben gilt nach § 4 Abs. 2 LZG NRW das Gleiche, es sei denn, die Behörde kann
die Zustellung durch Rückschein oder auf andere Weise nachweisen.
Das bedeutet, dass Bescheide, die ab Montag, dem 29.10.2007 auf dem Postweg versandt werden, schon
dem neuen Recht unterfallen, da sie Kraft Gesetzes als ab dem 01.11.2007 bekanntgegeben gelten. Hier ist
also die neue Rechtsbehelfsbelehrung zu verwenden.
Um Unsicherheiten über den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu vermeiden wird empfohlen, Bescheide, deren
Erlass nicht unverzüglich geboten ist, erst ab dem 29.10.2007 und dann mit neuer Rechtsbehelfsbelehrung
versehen zu versenden.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Hans-Gerd von Lennep
Diesen Schne/lbrief und weitere tagesaktue/le Informationen, Gesetzesvorlagen
und -texte, Mustersatzungen
und -dienstanweisungen
etc. aus dem kommunalen Bereich finden Sie im kostenlosen Intranet des StGB
NRW Die Zugangsdaten hierfür erhalten Sie im Hauptamt Ihrer Kommune.
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