Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
8,6 MB
Datum
16.09.2008
Erstellt
01.01.70, 00:00
Aktualisiert
01.01.70, 00:00
Stichworte
Inhalt der Datei
Mädchenarbeit
in Erftstadt
Annegret Müller. Kolberger Str. 37. ..50374 Erftstaclt
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An den Bürgermeister
der Stadt Erftstadt
Ernst-Dieter Bösche
Rathaus
50374 Erftstadt
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Erftstadt, den 20. November 2007
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Leitlinien zur Förderung von Mädchenarbeit in Erftstadt
Sehr geehrter Herr Bösche,
hiermit überreichen wir Ihnen die Leitlinien zur Förderung der Mädchenarbeit in Erftstadt, die
vom Jugendhilfeausschuss am 11.02.2004 entspr. Teilplan II.6 Geschlechtsspezifische
Jugendarbeit -V 7/ 3161- in Auftrag gegeben wurden.
Da im Arbeitskreis auch die weiterführenden Schulen vertreten sind, erstrecken sich die
Leitlinien ebenfalls auf diese Institutionen. Daher bitten wir Sie, auch den Schulausschuss in
Kenntnis zu setzen.
Für weitere Nachfragen stehen wir Ihnen gerne zur VerlUgung.
Mit freundlichen Grüßen
-
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Leitlinien
zur Förderung von Mädchenarbeit
in Erftstadt
Erstellt vom:
Arbeitskreis Mädchenarbeit in Erftstadt
Stand: Oktober 2007
-
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Inhalt
o. Begrindungszusammenhang
1. Anwendungsbereich
_
2. Standards und Ziele
2.1
Standards der Mädchenförderung
2.2
Zielevon Mädchenarbeit
2.3
Zielgruppe
2.3.1 Mädchen und junge Frauen
2.3.2 Personen aus dem sozialen Umfeld
3. Strukturelle Maßnahmen der Mädchenförderung
3.1
Die pädagogischeEbene
3.1.1 PersonelleAbsicherung
3.1.2 MaterielleAbsicherung
3.1.3 Konzeption
3.1.4 Räume
3.1.5 Fortbildung
4.
Die institutionell - fachpolitischeEbene
4.1
Koordinationfür Mädchenförderung
4.2
"Fachbeirat"für Mädchenarbeit
4.3
Mädchenförderungin derJugendhilfeplanung
5. Überprütbarkeit und Fortschreibung
6. Literatur
7. Anhang
2
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Begründungszusammenhang
Während zu Beginn der 60er Jahre die Koedukation im schulischen wie auBerschulischen
Bereich als ein wesentlicher Fortschritt in der gleichwertigen Erziehung von Mädchen und
Jungen gesehen wurde, zeigte sich in der Praxis
zunehmend, dass dieser Ansatz den
Interessen und Bedürfnissen von Mädchen häufig nicht gerecht wurde. Doch nicht die
Defizite von Mädchen, sondern defizitäre Strukturen in Schule und Jugendhilfe stehen ihrer
gleichberechtigten Teilhabe entgegen. Mädchenförderung kann deshalb nicht allein darauf
zielen, Mädchen in ihrer Identität und ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, sondern muss vor
allem strukturelle Veränderungen anstreben.
Auch wenn Mädchen im schulischen Kontext stark aufgeholt haben und bessere
Schulabschlüsse erreichen, bleibt offen, inwieweit sich Mädchen den bestehenden
Lernstrukturen angepasst haben oder diese ihnen gerecht werden. Des Weiteren besagt der
gewachsene schulische Erfolg von Mädchen noch nicht, dass Schulstrukturen und Lerninhalte
mädchengerecht sind. Eine tatsächlich chancengerechte Teilhabe und Mitbestimmung von
Frauen im öffentlichen, politischen und wirtschaftlichen Raum ist weiterhin nicht
verwirklicht.
Ebenso wie im Grundgesetz festgelegt ist, dass der Staat die Gleichberechtigung zwischen
Frauen und Männern fördert (vergl. GG Art. 3, Abs. 1-3), erhält die Jugendhilfe durch das
Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) den Auftrag, "junge Menschen in ihrer individuellen
und sozialen Entwicklung (zu) fördern und dazu bei(zu)tragen, Benachteiligungen zu
vermeiden oder abzubauen." (vergl. KJHG §l, Abs. 1 und 3.1)
Darüber hinaus sollen Aufgaben und Leistungen die unterschiedlichen Lebenslagen von
Mädchen und Jungen berücksichtigen, Benachteiligungen sollen abgebaut und die Gleichberechtigung der Geschlechter gefördert werden. (vergl. KJHG §9, Abs. 3)
Auch Schulen müssen sich nach §2 Abs. 6 SchulG daran messen lassen, was SIe zur
Förderung der Chancengleichheit und zur Beseitigung von bestehenden geschlechtstypischen
Nachteilen für Mädchen und Jungen, Frauen und Männer leisten.
Mit den "Empfehlungen fiir die mit Mitteln des Landesjugendplanes geförderten Angebote" Parteiliche Arbeit mit Mädchen und jungen Frauen - des Ministeriums fiir Frauen, Jugend,
Familie und Gesundheit des Landes NRW und den "Empfehlungen zur Mädchenarbeit in der
3
offenen
Jugendarbeit"
(LJA
Rheinland
1999) geben das
Ministerium
und
das
Landesjugendamt Orientierung und Hilfestellung zur Entwicklung von Leitlinien und
Konzepten für die Mädchenarbeit vor Ort.
Auch Gender Mainstreaming, das die Überprüfung aller Lebensbereiche
bezüglich der
Bewertung von gescWechtsspezifischen Auswirkungen und die Gleichstellung sämtlicher
politischer Konzepte und Maßnahmen einfordert, macht deutlich, dass die Perspektive
"GescWecht" auf Bundesebene als wichtiges Kriterium gewertet wird. Schule ist demnach als
staatliche Einrichtung ebenso wie Jugendhilfe in die Strategie des Gender Mainstreaming
eingebunden und ihr verpflichtet. (http://www.gender-mainstreaming.netJ bmfsfi/
generator/gm/Service/sitemap.html)
Diese Leitlinien sollen dazu beitragen, die Konzepte und Angebote der Mädchenarbeit auf
politischer Ebene zu fördern und damit auch positivere Lebensbedingungen für Mädchen und
junge Frauen in Erftstadt zu schaffen.
1. Anwendungsbereich
Diese Leitlinien beziehen sich zunächst auf die Mädchen und jungen Frauen, die durch die
offene Jugendarbeit erreicht werden. Damit sind alle weiblichen Jugendlichen von 12 bis 27
Jahren in Erftstadt gemeint, ob sie Angebote der kommunalen oder freien Träger der
Jugendhilfe wahrnehmen. Der Landesjugendring NRW empfaW seinen Mitgliedsverbänden
bereits 1995, dass "eigenständige Mädchenarbeit integraler Bestandteil einer umfassenden
gescWechtspezifischen Konzeption sein soll, die alle Aspekte eigenständiger Mädchen- und
Jungenarbeit enthält. . ." (vergl. S.16).
G1eichwoWsoll hier darauf verwiesen werden, dass es sinnvoll und notwendig ist, auch alle
anderen Leistungsbereiche der Jugendhilfe unter gescWechtsspezifischen Gesichtspunkten zu
erfassen, da GescWecht ein wesentliches Merkmal jedes Menschen ist und somit in alle
Lebensbereiche hineinwirkt.
Darüber hinaus werden alle Schülerinnen, die eine weiterführende Schule besuchen, durch
diese Leitlinien berücksichtigt.
Hieraus ergibt sich, dass auch für Jungen Konzepte und Angebote entwickelt werden müssen,
die ihren gescWechtsspezifischen Bedürfnissen gerecht werden. Denn nur wenn beide
GescWechter die Möglichkeit haben, sich ihrer Unterschiedlichkeit (sei sie sozial oder
biologisch bedingt) bewusst zu werden und diese positiv
-
ohne hierarchische Wertung
-
anzunehmen, besteht die Chance zu einer achtsamen und konstruktiven Weiterentwicklung,
4
--
zum Auflösen von tradierten Rollenvorgaben hin zu Kooperation und Verständigung
miteinander.
2. Standards und Ziele
Um die Qualität von Mädchenförderung festzulegen, ist es notwendig, Standards und Ziele
zu benennen, die deutlich machen, welches Selbstverständnis mit diesem Ansatz verbunden
ist.
Sie dienen gleicher maßen als Orientierung und zur Überprüfung im Sinne von
Qualifizierung der Jugend- und Schularbeit.
2.1 Standards der Mädchenrörderung
Mädchen und junge Frauen in Erftstadt werden nach den Prinzipien von Ganzheitlichkeit,
Interkulturalität und Parteilichkeit gefördert, wobei diese Förderung als Querschnittsaufgabe
zu verstehen ist. Diese Fachbegriffe sind wie folgt definiert:
Parteilichkeit
~ Mädchen vorurteilsfrei annehmen, sie akzeptieren und Wert schätzen
~ Die Lebenslagen von Mädchen zum Ausgangspunkt pädagogischen Handeins
machen
~ Jegliche Unterdrückung von Mädchen und Frauen aufdecken und Alternativen
im Sinne eines gleichberechtigten Zusammenlebens aufzeigen
~ Die
Bedürfnisse,
Interessen,
Wünsche,
Lebensvorstellungen
und
Zukunftspläne von Mädchen mit ihren unterschiedlichen kulturellen und
biographischen Hintergründen wahr- und ernst nehmen
~ Die Stärken, Kompetenzen, Qualifikationen und Potentiale von Mädchen
fördern und sie in der aktiven Gestaltung ihres Lebens unterstützen
~ Sie in der Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls und eines gesunden
Selbstvertrauens unterstützen
~ Mädchen befähigen ein positives Verhältnis zum eigenen Körper und zur
eigenen Sexualität zu entwickeln
~ Mädchen befähigen, ihre Interessen unabhängig von "Anmache" und
Diskriminierung durch Jungen zu realisieren
~ Alternative Lebensentwürfe vorstellbar machen, Geschlechtsrollenbilder
kritisch hinterfragen, eine eigene positive Geschlechtsidentität entwickeln
~ Konfliktfähigkeit fördern
~ für Benachteiligungen sensibilisieren
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~ Mädchen ermutigen, über erlebte Gewalt und Diskriminierung zu sprechen
~ Mädchen in ihrem Bestreben nach beruflicher Bildung und ökonomischer
Unabhängigkeit fördern
~ Unterstützung von Mädchen in Krisensituationen
~ Sich zur Anwältin von Mädchen sowohl auf der strukturellen als auch auf der
Ebene fachlichen pädagogischen Handeins machen
Von den Pädagoginnen erfordert Parteilichkeit eine enge Verknüpfung von persönlicher
Identität und Professionalität. Das bedeutet, dass sie sich mit den gesellschaftlichen
Lebensbedingungen von Mädchen und Frauen kritisch auseinandersetzen, eine emanzipatorische Haltung einbringen und ihre persönlichen Erfahrungen verbinden mit ihrer Fachlichkeit
bezogen auf die Mädchenförderung.
Ganzheitlichkeit
~ Bezieht die gesamte Lebenssituation und Lebenswelt von Mädchen und jungen
Frauen ein, egal in welchem Leistungsbereich Mädchenarbeit angesiedelt ist,
d.h.: Schule, Bildung, Ausbildung, Freizeit, Sport, Wohnumfeld, Familiensituation, Herkunft, Religion, Kultur, Körper und Psyche
~ Bedeutet dem Streben nach Selbsterhaltung und Bedürfuisbefriedigung
Rechnung zu tragen
~ Sich selbst und andere ganzheitlich zu erleben
Interkulturalität
~ Gleichwertigkeit und gegenseitige Akzeptanz unterschiedlicher nationaler,
kultureller und ethnischer Herkunft
~ die jeweiligen starken und positiven Seiten in den Vordergrund stellen
~ Akzeptanz
der Multikulturalität ohne Versuch, Minderheiten
in das
"herrschende" Normen- und Wertesystem einzupassen
Querschnittsaufgabe
~ Mädchenförderung in allen Leistungsbereichen und Aufgabenfeldern von
Kinder- und Jugendhilfe sowie in Institutionen des Lehrens und Lernens
perspektivisch zu verankern
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~ Mädchenarbeit soll nicht länger ein Inseldasein führen, sondern Bestandteil
eines jeden Konzeptes und Angebotes unter Berücksichtigung der genannten
Standards werden. Im Sinne von Gender Mainstreaming sollen Angebote,
Maßnahmen, Konzepte ebenso wie Unterrichtsinhalte und -methoden,
personelle Verantwortlichkeiten und räumliche Vorgaben auf ihre Auswirkung
bezüglich der Mädchenforderung überprüft und überarbeitet werden.
2.2 Ziele von Mädchenarbeit
Mädchenforderung kann erfolgen in
geschJechtshomogenen
geschJechtsheterogenen
}
Angeboten.
Ein geschJechtsspezifisches Angebot bedeutet die Möglichkeit, Lebens-, Gestaltungs-,
Erfahrungs- und Lernräume bereitzustellen, die frei sind von der Präsenz männlicher Werte,
Normen, Erwartungen und Anforderungen, von männlicher Kontrolle und damit auch von
Konkurrenz unter den Mädchen um Jungen und Männer.
Hier können Mädchen zu sich finden, ihren Eigenwert entdecken und die Qualitäten und
Chancen weiblicher Zusammenhänge erfahren. Sie erhalten die Möglichkeit, eigene
Kompetenzen und Fähigkeiten zu entwickeln, neue Verhaltensmuster auszuprobieren und
damit ihr Selbstbewusstsein zu stärken und Eigenverantwortung zu übernehmen.
Heterogene Angebote bieten die Möglichkeit, dem anderen Geschlecht zu begegnen, sich
gegenseitig Anerkennung und Wertschätzung zukommen zu lassen vor dem Hintergrund von
Achtsamkeit, Offenheit und Gleichwertigkeit mit dem Ziel, konstruktive Formen der
Verständigung und Auseinandersetzung kennen zu lernen und anzuwenden.
Dabei ist jedoch immer zu berücksichtigen:
.
Parteiliche Mädchenarbeit soll in alle Bereiche von Jugendhilfe und Schule Einzug
halten und darüber hinaus (z.B.: Vereine).
.
Mädchen und junge Frauen dürfen nicht mehr "mitgemeint" sein, sondern müssen
explizit benannt und in den Blick genommen werden, so dass ihre Wünsche und
Bedürfnisse festgestellt und berücksichtigt werden können.
.
Personen aus dem sozialen Umfeld sollen miteinbezogen werden.
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.
Jungen müssen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, sich in geschlechts-homogenen
Zusammenhängen mit ihrer Person und mit Themen männlicher Sozialisation zu
befassen.
Dieser Ansatz erfordert jedoch auch, dass die Ziele von allen pädagoginnen mitgetragen
werden und sich diese mit ihrer eigenen Sozialisation, den Geschlechtsrollen und den
gesellschaftlichen Machtverhältnissen unter den Geschlechtern befasst haben sowie einer
Veränderung im Sinne von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit aufgeschlossen
gegenüberstehen bzw. sie aktiv mitgestalten wollen. Darüber hinaus ist eine Unterstützung
durch den! die Vorgesetzte/n notwendig.
2.3 Zielgruppe
Zielgruppe der Mädchenförderung sind alle Mädchen und jungen Frauen selber. Im Sinne
eines ganzheitlichen Ansatzes sollten jedoch ebenso Personen aus dem sozialen Umfeld dieser
Zielgruppe einbezogen werden, da sie gegebenenfalls einen maßgeblichen Einfluss auf die
Entwicklung und Lebensgestaltung von Mädchen haben.
2.3.1 Mädchen und junge Frauen
Mädchenförderung in der Jugendhilfe beinhaltet laut KJHG alle Mädchen und jungen Frauen
im Alter von 0 - 27 Jahren. Da wir uns zunächst mit der Zielgruppe der Jugendarbeit und der
weiterfiihrenden Schulen befassen, beziehen sich diese Leitlinien auf die 10-27 jährigen.
Doch auch dabei ist zu berücksichtigen, dass Mädchen sich auf Grund ihrer sozialen,
kulturellen und ethnischen Herkunft unterscheiden, dass ihre körperliche, geistige und
seelische Verfassung verschieden ist. Dennoch verbindet sie - wenn auch oftmals nicht
bewusst
-
die gesellschaftliche Zuordnung, die Erwartungen und Diskriminierungen, denen
Frauen und Mädchen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind.
2.3.2 Personen aus dem sozialen Umfeld
Da der hier genannte Bereich nur einen Teil der Lebenswelt von Mädchen und jungen Frauen
abdeckt, sind auch andere Menschen aus ihrem sozialen Nahbereich mit ein zu beziehen. Das
können Eltern, Berater/innen, Mitarbeiter/innen aus Vereinen, Verbänden oder Kirchen sein.
Sie sind den Mädchen ebenso Vorbilder wie Ratgeber/innen auf ihrem Weg in ein
eigenständiges und selbstbestimmtes Leben.
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3. Strukturelle Maßnahmen f"1irdie Mädchenförderung
Um Mädchenarbeit, wie sie in Punkt 2 der Leitlinien definiert wird, umsetzen zu können,
bedarf es einer Absicherung auf der strukturellen Ebene einerseits im pädagogischen
andererseits auch im institutionellen - fachpolitischen Raum. Erst diese Maßnahmen
ermöglichen Planungssicherheit und machen die Ernsthaftigkeit und den Stellenwert von
mädchengerechter Arbeit deutlich.
3.1 Die pädagogische Ebene
Hier geht es um Maßnahmen zur Förderung von Mädchenarbeit auf der Praxisebene, d.h. bei
Trägem der Jugendhilfe mit ihren Einrichtungen und Angeboten sowie bei Schulen mit ihren
Unterrichtsformen und -inhalten.
3.1.1 Personelle Absicherung
Um die Kontinuität und eine auf Beziehungsarbeit begründete Arbeit mit Mädchen und
jungen Frauen zu gewährleisten, ist es notwendig, diese Arbeit von Pädagoginnen auf
Planstellen durchzuführen. "Beides sind fachliche Voraussetzungen fiir eine gelingende
parteiliche Mädchenarbeit." (vergl. Kommunale Leitlinien..., FUMA) Mädchenarbeit ist in
der Arbeitsplatzbeschreibung der Pädagoginnen und auch bei Stellenausschreibungen als
Aufgabengebiet zu benennen.
Wünschenswert wäre, dass jede Einrichtung mindestens eine Ansprechpartnerin für
Mädchenarbeit hat und auch da, wo Jugendarbeit ehrenamtlich geleistet wird, sollte eine Frau
sich diesem Arbeitsschwerpunkt verpflichten und von der Institution dahingehend gefördert
werden.
Sollte es Institutionen geben, in denen keine weibliche Fachkraft zur Verfügung steht, kann
diese Einrichtung sich fiir die Planung von Maßnahmen und Angeboten beim zuständigen
Fachgremium Unterstützung holen.
3.1.2 Materielle Absicherung
Mädchenarbeit bedarf ebenso der finanziellen Absicherung. Das bedeutet, dass es eine
gerechte Verteilung der Mittel zwischen Mädchen und jungen Frauen auf der einen Seite und
Jungen und jungen Männern auf der anderen geben muss.
Bei Beantragung von Jugendhilfemitteln sollte deutlich ersichtlich sein, inwieweit in der
Planung und Umsetzung auf pädagogischer und personeller Ebene die Interessen von
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Mädchen und jungen Frauen Berücksichtigung finden. Ebenso sollte aus den Zuwendungsbescheiden und den Abrechnungen die Verwendung zu Gunsten der Mädchen ersichtlich sein.
Innovative
geschlechtsspezifische
Handlungsansätze
und
Projekte
der parteilichen
Mädchenarbeit und der reflektierten Jungenarbeit sollen bevorzugt gefördert werden.
3.1.3 Konzeption
Die Konzeption ist Grundlage jeder pädagogischen Arbeit. Daher ist es erforderlich,
geschlechtsspezifische Ansätze konzeptionell zu verankern, so dass sie ein fester Bestandteil
in der Angebotspalette jeder Einrichtung sind. Ebenso sollte jede Schule diesen Ansatz in
ihrem Schulprogramm festschreiben.
3.1.4 Räume
Damit Mädchen sich angesprochen und wahrgenommen fühlen, ist es wichtig, ihnen Platz
einzuräumen im Sinne von Raum und Zeit. Das kann ein spezieller Raum sein, der von
Mädchen gestaltet und nur von Mädchen genutzt wird, das können spezifische Angebote und
Tage
oder
Fahrten
ebenso
wie
getrennte
Unterrichtseinheiten,
z.B.
in
Sport,
Naturwissenschaften und Technik für Mädchen und junge Frauen sein. Darüber hinaus sollte
auch eine gemischtgeschlechtliche Einrichtung die Gestaltung der Räume auf ihre MädchenFreundlichkeit hin überprüfen. Wenn der Eingangsbereich eines Hauses schon so gestaltet ist,
dass sich dort häufig Jungen aufhalten, ist es für viele Mädchen nicht einladend dieses Haus
zu betreten.
3.1.5 Fortbildung
pädagoginnen und Pädagogen, die sich mit geschlechtsspezifischer Jugendarbeit befassen,
benötigen fachlichen Austausch und Weiterbildung. Daher muss es möglich sein, dass sie sich
durch Besuch von Fortbildungen und Supervision in ihrer fachlichen Kompetenz entwickeln
können. Ziel sollte es sein, dass jedes Team einer Einrichtung sich zu geschlechtsspezifischen
Ansätzen weiterbildet.
5. Die institutionelle und fachpolitische Ebene
Auch im Rahmen der Verwaltung und der Jugend- wie Schulpolitik sind Maßnahmen
erforderlich, die
dazu beitragen,
differenzierte mädchengerechte
auBerschulische Angebote zu verankern und zu fördern.
10
schulische und
5.1 Koordination rtir Mädchenförderung
Mädchenarbeit ist jedoch nicht nur ein Bestandteil auf pädagogischer Ebene, sondern sollte
sich ebenfalls im Rahmen von Politik und Verwaltung wiederfmden. Zur Unterstützung bei
der Umsetzung von Konzeptionen und Maßnahmen sowie zur Fachberatung bei spezifischen
Mädchenthemen ist eine Koordinatorin zu benennen.
Ihre Aufgaben sollen folgende Bereiche abdecken:
Unterstützung und Begleitung bei der Umsetzung der Leitlinien für kommunale wie
freie Träger der Jugendhilfe
Unterstützung für schulische Maßnahmen
Koordination von Angeboten auf Stadtebene
Vernetzung der Mädchenarbeit
Ansprechpartnerin für Mädchen
Diese Aufgaben werden von einer hauptamtlichen pädagogischen Fachkraft aus der Abteilung
der offenen Kinder- und Jugendarbeit wahrgenommen. Qualifikation sowie Erfahrungen in
der Mädchenarbeit sind als sinnvolle Voraussetzungen vorzuweisen.
5.2 Fachbeirat
Der Arbeitskreis "Mädchenarbeit in Erftstadt" ist ein Zusammenschluss von Fachfrauen, in
dem neben Expertinnen aus der offenen Jugendarbeit, Vertreterinnen von freien Trägem
sowie die Ansprechpartnerinnen für Frauen- und Mädchenfragen der weiterführenden Schulen
und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt vertreten sind. Sie arbeiten seit 1995 praktisch,
konzeptionell wie politisch zu Fragen der Mädchenförderung. Sie sind somit das
Fachgremium in Erftstadt zu Fragen der Mädchenarbeit und haben demzufolge auch im JHA
einen Sitz mit beratender Funktion inne.
Perspektivisch ist es wünschenswert, wenn alle Abteilungen des Jugendamtes sowie alle
freien Träger der Jugendhilfe und alle weiterführenden Schulen diesem Fachbeirat angehören.
Ziel ist neben der Vernetzung vor Ort der Austausch und die Entwicklung von gemeinsamen
Projekten (s.a. Selbstverständnis des Arbeitskreises).
5.3 Mädchenrörderung
in der Jugendhilfeplanung
Jugendhilfeplanung ist ein Instrument, das die Interessen und Bedürfnisse von Mädchen und
jungen Frauen im Sinne der Anforderungen des SGB VIII (KJHG) zur Grundlage fachlichen
Handeins der Jugendhilfe macht. Sie soll folgende Kriterien erfiillen;
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Planungsberichte sind geschlechtsspezifisch zu erstellen, Planungsschritte und
Ergebnisse sind in ihrer Auswirkung jeweils für Mädchen und Jungen darzustellen
·
Die Beteiligung von Mädchen und jungen Frauen an der JHPL muss gesichert werden.
Formen direkter Beteiligung kommen deshalb im Planungsprozess eine besondere
Bedeutung zu.
·
Erhebungen von Wünschen, Interessen und Bedürfnissen sind grundsätzlich
geschlechtsspezifisch anzulegen.
6. Überprüfung und Fortschreibung
Die Koordinatorin soll
dem
Jugendhilfe- und dem Schulausschuss zwei Jahre nach
Verabschiedung dieser Leitlinien über deren Auswirkungen berichten, insbesondere welche
Entwicklung auf der konzeptionellen Ebene und im Bereich der Angebote zu verzeichnen
sind.
12
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L
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7. LITERATUR
Ministerium für Frauen, Jugend, Familie, Gesundheit des Landes NRW: Parteiliche Arbeit
mit Mädchen und jungen Frauen, Empfehlungen für die mit Mitteln des Landesjugendplanes
geförderten Angebote, 2000
Landschaftsverband Rheinland, Landesjugendamt: Empfehlungen zur Mädchenarbeit in der
offenen Jugendarbeit, 2000
FUMA, Fachstelle Mädchenarbeit NRW, Kommunale Leitlinien zur Förderung der Arbeit mit
Mädchen und jungen Frauen in der Jugendhilfe in NRW, 2001
Landesjugendring NRW e.V.: Mädchen- und Frauenpolitische Empfehlungen, 1995
Freiburger Leitlinien zur Mädchenarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe, 1998
Grundsätze und Leitlinien zur Jugendarbeit mit Mädchen im Ostalbkreis, 1999
Bielefelder Rahmenrichtlinien zur Förderung der Mädchenarbeit in der Kinder- und
Jugendhilfe, 1997
Leitlinien zur Förderung der Mädchenarbeit in der Stadt Düren, 2000
Mädchenförderplan der Stadt Aachen (Entwurf)
Qualitätsstandards zur Mädchenarbeit des Stadtbetriebes Jugend & Freizeit der Stadt
Wuppertal, 1998 - 2001
Kölner Grundsätze und Leitlinien zur Qualifizierung der Mädchenarbeit in der Kinder- und
Jugendhilfe, Entwurf, 2002
Frankfurter Leitlinien zur Förderung der Mädchenarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe, 1994
Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Landesjugendamt: Methoden aus der Jungenarbeit
Glücks/ Ottemeier-Glücks: Geschlechtsbezogene Pädagogik, 1996
13
- ---
---
..,
8. Anhang
Veranstaltungen und Projekte, die in Kooperation mit dem Arbeitskreis durchgeführt wurden:
Jahr
Aktivität
1996 und 1997
MädchenAktionsTage
1997
MädchenTräume, ein Projekt mit der Realschule Lechenich
12 Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse für Mädchen mit
den beiden Realschulen sowie dem Gymnasium Liblar mit ca. 170
Teilnehmerinnen
"Die Zukunft gehört uns" Berufs- und Lebensplanung für Mädchen
23 Projekte mit Haupt- und Realschule Lechenich, Realschule Liblar
1998
-2004
1998 - 2007
1999 und 2001
2000
2000 - 2007
2002 -2005
Linie 1 Internetbus für Mädchen
Präsentation beim 11. Deutschen Jugendhilfetag in Nümberg mit
Mobile
Von der Rolle und Click it, Theaterstücke von Zartbitter zur
Prävention, in beiden Schulzentren für insgesamt 2350 Schülerinnen
und Schülern
Teilnahme am Girls-day
"MädchenSache"
- Frauen
erfolgreich in Technik und Handwerk
2002
Wanderausstellung im Schulzentrum Liblar und Lechenich
2006
Olle Plätze
-
dolle Plätze, Fotoproiekt für Mädchen
14
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