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Antrag (Antrag bzgl. Bericht über die Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes von Kindern in Erftstadt)

Daten

Kommune
Erftstadt
Größe
24 kB
Datum
28.02.2007
Erstellt
01.01.70, 00:00
Aktualisiert
01.01.70, 00:00
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Inhalt der Datei

STADT ERFTSTADT öffentlich Der Bürgermeister A 787/2006 Az.: -51-Bt. Amt: - 51 BeschlAusf.: - 51 Datum: 08.02.2007 Den beigefügten Antrag der FDP-Fraktion leite ich an die zuständigen Ausschüsse weiter. Beratungsfolge Jugendhilfeausschuss Betrifft: Termin 28.02.2007 Bemerkungen Antrag bzgl. Bericht über die Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes von Kindern in Erftstadt Finanzielle Auswirkungen: keine Unterschrift des Budgetverantwortlichen Erftstadt, den 08.02.2007 Stellungnahme der Verwaltung: Artikel 6(1) GG lautet: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“ Ausgehend von den gesetzlichen Grundlagen und dem daraus resultierenden staatlichen Wächteramt nimmt das Jugendamt und nehmen hier konkret die Sozialarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes eine Garantenstellung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen wahr. Es gehörte schon immer zum Kern der Jugendamtsaufgaben, in Gefährdungssituationen zur Einschätzung unmittelbar Kontakt zu Kindern und Erziehungsberechtigten aufzunehmen. Danach wurden unter Umständen Hilfsangebote gemacht und/oder weitergehende Maßnahmen eingeleitet. Der präventive Charakter der Jugendamtsarbeit hat allerdings in den vergangenen Jahren richtigerweise an Bedeutung gewonnen. In diesem Zusammenhang ist der § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung), der ab 01.10.2005 in Kraft trat, ein wichtiger Meilenstein zur Prävention von Kindeswohlgefährdungen. In der Verwaltung werden zur Zeit unter Einbeziehung der Fachkräfte der freien Jugendhilfe Kriterien aufgestellt, damit Kindeswohlgefährdung frühzeitig erkannt und angegangen werden kann. So werden festgelegte Verfahrensweisen zwischen dem Jugendamt der Stadt Erftstadt als öffentlicher Träger der Jugendhilfe und den freien Trägern schriftlich vereinbart. Innerhalb der städtischen Einrichtungen werden festgelegte Vorgehensweisen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdungen im Rahmen einer Dienstanweisung angeordnet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes Erftstadt sind engagiert und wachsam und reagieren umsichtig und fachlich fundiert auf ihnen bekannte Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen. Trotz aller Prävention, umgehend einsetzenden intensiven Betreuungsmaßnahmen und Kontrolle kann dennoch nie ganz ausgeschlossen werden, dass Kinder zu Schaden kommen werden. Jedoch wird immer wieder nach Wegen gesucht, das Gefährdungsrisiko soweit wie möglich zu minimieren. Kevin ist in Bremen nicht zu Tode gekommen, weil es kein Frühwarnsystem gab. Hier ist gegen das fachliche Urteil zuständiger Sachbearbeiter aus Kostengründen falsch entschieden worden. Zu den im Antrag gestellten Fragen wird im Einzelnen wie folgt Stellung genommen: Zu 1) Der ASD bekommt u.a. sowohl vom Ordnungsamt als auch vom Sozialamt und der ARGE Hinweise, wenn dort Auffälligkeiten bemerkt werden, die auf eine Kindeswohlgefährdung hinweisen könnten. Dabei handelt es sich in der Regel um Familien, die uns nicht bekannt sind. In zunehmenden Maße erhalten wir Hinweise vom Ordnungsamt auf vermüllte Wohnungen, denen wir umgehend – auch gemeinsam mit dem Ordnungsamt/Polizei - nachgehen. Zwischen diesen Verwaltungsbereichen und dem ASD hat sich eine gute Kooperation entwickelt. Zu 2) Auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen (Wächteramt) gehen die MitarbeiterInnen im ASD jedem – auch anonymen - Hinweis nach, der ihnen bekannt wird. Die meisten Hilfe bedürftigen Familien sind den jeweiligen Fachkräften allerdings durch die Arbeit im Bezirk bekannt. Dort setzt die Prävention sofort bei Auftreten zusätzlicher Probleme wie Arbeitslosigkeit, Trennung, Krankheit oder erneute Schwangerschaft ein. In den letzten Jahren wurden zunehmend Hilfestellungen durch Hebammen, Einzelfallhelfer, Kinderkrankenschwestern u .ä. installiert, da die Betreuung im Rahmen einer normalen Familienhilfe nicht ausreichend wäre. Der Betreuungsumfang dieser Hilfen beläuft sich nicht selten auf bis zu 20 Stunden wöchentlich. Ziel ist es, einerseits, das Wohl der Kinder – hier vor allem Säuglinge – zu sichern und andererseits, eine Herausnahme zu verhindern und Eltern zu befähigen, selbst für ihre Kinder zu sorgen. Hier handelt es sich vorwiegend um junge Mütter, denen es an Vorbildern und Unterstützung durch die eigene Familie fehlt. Vielfach besteht kein Kontakt mehr, so dass sie mit den Anforderungen als Eltern überfordert sind. Darüber hinaus besteht eine gute Kooperation mit allen Kitas und Schulen. In einigen Kitas bieten KollegInnen aus dem ASD regelmäßig Sprechstunden an, um gemeinsam nach Hilfsangeboten bei auffälligen Kindern und / oder unadäquatem Erziehungsverhalten der Eltern zu suchen. Das Gleiche gilt für die Schulen. Die KollegInnen gehen 1 – 2 mal jährlich in die Kollegien, um dort über Möglichkeiten der Hilfestellung durch das Jugendamt zu informieren. Gerade bei den 0 – 3jährigen Kindern sind wir auf die Zusammenarbeit mit Kinderärzten angewiesen. Ihre Wahrnehmung über den Allgemeinzustand der Kleinstkinder liefern uns wertvolle Hinweise auf Mangel- bzw. Unterversorgung oder Misshandlung. Zu 3) Nicht erst seit dem tragischen Tod von Kevin aus Bremen oder Mehmet aus Zwickau ist das Thema „Frühwarnsystem“ in der Jugendhilfe in der Diskussion. Sicher hat es aufgrund der genannten Fälle auch auf politischer Ebene an Brisanz zugenommen. In der Fachliteratur werden bereits unterschiedliche Ansätze diskutiert. Ein soziales Frühwarnsystem kann nicht aus „dem Boden gestampft“ werden, sondern es bedarf eines Konzeptes, dass alle Systeme, Institutionen, Ärzte, Kitas, Familienzentren, Schulen etc. miteinander vernetzt und koordiniert. Das bedeutet, dass ein derartiges Konzept nicht nur erstellt, sondern auch umgesetzt werden muss. Dazu bedarf es naturgemäß Fachpersonal, dass sich auf diesem Gebiet weiterbildet und Koordination und Vernetzung aktiv betreibt. Es gibt nicht nur ein Frühwarnsystem, sondern in jeder Kommune gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und Bedürfnisse. Für Erftstadt ist ein niedrigschwellig, präventives Angebot geplant, dass auch die Menschen erreicht, die grundsätzlich nicht mit Angeboten von Erziehungsberatung erreicht werden. Gründe können z. B. fehlende Sprachkenntnisse, soziale Isolation, fehlendes Problembewusstsein aber auch Scham und Angst sein. Daher wird den Familienzentren eine immer größere Bedeutung hinsichtlich der Erreichbarkeit dieser Klientel zukommen. Geplant ist, die Familienzentren auszubauen und mit Hebammen und Kinderkrankenschwestern zu vernetzen, die ähnlich wie in Dormagen oder Gütersloh, alle Familien mit Neugeborenen besuchen und bei Bedarf Unterstützung anbieten. Bei -2- ca. 400 Neugeborenen in Erftstadt jährlich würde die Einführung eines NeugeborenenBesuchsdienstes durch den Allgemeinen Sozialen Dienst eine erhebliche zusätzliche Belastung darstellen, die mit der derzeitigen personellen Ausstattung (5 Stellen mit 182,5 Wochenstunden) nicht zu leisten ist. (Im Vergleich dazu hat das JA Kerpen bei ca. 64.000 Einwohnern im ASD 9,24 Stellen mit 355,75 Wochenstunden.) Beim zu entwickelnden „Frühwarnsystem“ setzt das Jugendamt auf die Familienzentren als 1. Modul für den Bereich der 0- bis 3-Jährigen. In Verbindung mit den, aber auch allein stellen die Kindertagesstätten das 2. Modul dar für die 3bis 6-Jährigen. Das 3. Modul soll das seit diesem Schuljahr installierte und von den Schulen sehr begrüßte FÖRSTA-Projekt für die Grundschulkinder sein. Als 4. Modul kommt der Jugendberatung „Mobilé“ eine neue akzentuierte Bedeutung für die Zielgruppe der Sekundarstufe 1 zu. Die Planung dieses „Frühwarnsystems“ steht für die Zukunft an und muss unter Mithilfe der freien Träger, wie insbesondere der Erziehungsberatungsstelle umgesetzt werden. Zu 4) Artikel 6 (2) des GG betont das staatliche Wächteramt. Doch, wie wacht die staatliche Gemeinschaft? Damit hat der Gesetzgeber nicht zum generellen Misstrauen gegenüber den Eltern aufgerufen. Gemeint ist, dass Eltern Unterstützung und Hilfsangebote gemacht werden, um drohende Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl der Kinder abzuwenden. Bei eingehenden Hinweisen durch Krankenhäuser, Kinderärzte, Familienangehörige, Nachbarn o.ä. findet unverzüglich ein Hausbesuch von 2 KollegInnen statt. Je nach Einschätzung der vorgefundenen Situation erweisen sich die Hinweise entweder als haltlos oder den Eltern werden entsprechende Angebote zur Unterstützung gemacht. Erst wenn die Eltern nicht in der Lage sind, Hilfen umzusetzen und/oder Hilfe ablehnen, wird das Jugendamt weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Kinder ergreifen. Dies geschieht in der Regel im Rahmen einer Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) . Bei Ablehnung der Eltern muss das Familiengericht eingeschaltet werden (§ 1666 BGB). Zu 5) Der Begriff „Problemfamilie“ kann nicht generell verwendet werden. Es gibt Familien mit temporär auftretenden Problemen, die im Rahmen unserer allgemeinen Betreuung und Beratung mit entsprechender Unterstützung ihre Probleme lösen können. Zu der Betreuung durch den ASD gehören selbstverständlich auch regelmäßige Hausbesuche. Es gibt aber auch – und das in zunehmenden Maße – sogenannte Multiproblemfamilien, bei denen die Betreuung durch den ASD nicht ausreicht. Diese Familien bekommen im Rahmen von Hilfe zur Erziehung eine wesentlich intensivere Betreuung. Die Hilfsangebote können - je nach Bedarf – sein: • der Einsatz der sozialpädagogischen Familienhilfe • eine Erziehungsbeistandschaft, • eine Einzelfallhilfe, • der Einsatz von HOT (Haushaltsorganisationstraining), • der Einsatz einer 4-6-wöchigen ganz intensiven Betreuung (24 Stunden Bereitschaft) zur Abklärung der Ressourcen und Problematik in der Familie usw. • Bei manchen Familien werden auch mehrere Hilfen gleichzeitig installiert. Zu 6) Wie bereits erwähnt, besteht eine gute Kooperation mit Schulen und Kitas, der Erziehungsberatungsstelle, der Polizei, den Kinderärzten, niedergelassenen Hebammen, Krankenhäusern. Zu 7) Unverzüglich, nachdem im Jugendamt ein Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung eingegangen ist, gehen nach kurzer Fallbesprechnung mit der Abteilungsleitung zwei KollegInnen in die Familie bzw. dorthin, wo sich das Kind aufhält. Das kann z.B. Kita, Schule, Tagesmutter sein. Ein Hinweis -3- auf eine Kindeswohlgefährdung hat absolute Priorität in der Arbeit des ASD. Natürlich kann nur da eingeschritten werden, wo Familien bekannt sind oder der ASD Hinweise erhält. Im Jahr 2006 sind der Verwaltung 96 Fälle von Kindeswohlgefährdung bekannt bzw. gemeldet worden. Oftmals wurden besondere Auffälligkeiten von bereits betreuten Familien und von bis dato unbekannten Familien durch Anrufe, persönliche Vorsprachen oder durch schriftliche Mitteilungen von Nachbarn oder Vermietern, von Personen aus dem näheren familiären Umfeld, durch die Polizei, die Schule, (Schulsozialarbeiter und Lehrer), durch Kindertagesstätten und Beratungsstellen, durch Hebammen, Vormünder oder Ergänzungspfleger, durch Institutionen wie Kinderärzte und Kinderkliniken, Gesundheitsamt oder auch durch anonyme Melder insbesondere dem Allgemeinen Sozialen Dienst zugeleitet. Die Hintergründe waren verwahrloste, vernachlässigte und allein gelassene Kinder, verwahrloste Wohnungen, finanzielle Notlagen der Eltern, Alkohol- und Drogenkonsum der Eltern und Misshandlungs- oder Missbrauchsvorwürfe gegen die Eltern oder gegen andere im Umfeld lebende Personen und häusliche Gewalt, von der Kinder betroffen waren. Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Anzahl der Meldungen von Kindeswohlgefährdung im Allgemeinen Sozialen Dienst stetig erhöht. Aus den in 2006 gemeldeten Gefährdungen mussten 24 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen werden, d.h. aus der Familie herausgenommen werden. Im Vergleich dazu waren es 2005 noch 12. Es ist hervorzuheben, dass sich die Problematik der Einzelfälle verstärkt hat. Die Problemlagen in den benannten Familien sind komplexer und betreuungsintensiver geworden. Zu 8) Es besteht ein Vertrag mit dem Haus St. Gereon in Bergheim-Zieverich, alle Kinder und Jugendlichen, die von uns in Obhut genommen werden, zunächst aufzunehmen, bis eine Klärung erfolgt ist. Das gilt auch für am Wochenende von Polizei oder Feuerwehr aufgegriffene oder gefährdete Kinder. Darüber hinaus liegt der Feuerwehr die Privatnummer des Amtsleiters vor. Ein genereller Wochenenddienst besteht aus Kostengründen nicht. Zu 9) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten. Erst wenn diese Hilfen nicht annehmen oder in akuten Gefahrensituationen (Unterernährung, Drogen- oder Alkoholabusus, Gewalt ) werden Kinder ggf. unmittelbar im Rahmen der Inobhutnahme in Bereitschaftspflegestellen oder Kinderheimen zu ihrem Schutz untergebracht. Wenn die Eltern dieser Inobhutnahme nicht zustimmen, wird unmittelbar das Familiengericht angerufen. Aufgrund der fachlichen Einschätzung des ASD sowie ggf. weiterer Gutachten und ärztlicher Atteste trifft das Familiengericht eine Entscheidung, die u.U. den Entzug der elterlichen Sorge bedeutet. Zu 10) Für Kinder und Jugendliche, die unmittelbar in Obhut genommen werden müssen, stehen in Erftstadt einige Bereitschaftspflegestellen zur Verfügung. Das bedeutet, dass Familien über einen begrenzten Zeitraum bis zur endgültigen Klärung Kinder aufnehmen. Anders als Pflegefamilien sind sie nicht an der Aufnahme eines Kindes zur Dauerpflege interessiert. Je nach Alter und Situation entscheidet sich, ob Kinder in eine Bereitschaftspflegestelle oder eine Heimeinrichtung gebracht werden. Um die Arbeit des Jugendamtes zu veranschaulichen ist vorgesehen, in der Sitzung des JHA einen kurzen Fernsehbericht über einen Fall aus der sozialpädagogischen Familienhilfe darzustellen. -4- I.V. (Erner) -5-