Daten
Kommune
Kerpen
Größe
70 kB
Datum
07.12.2006
Erstellt
06.08.08, 01:15
Aktualisiert
06.08.08, 01:15
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 3 b
Vereinbarung gem . § 8 a SGB VIIII - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
im Bereich der Kindertagesbetreuung und der Jugendarbeit
zwischen
der Stadt Kerpen als öffentlichem Jugendhilfeträger, im Folgenden „Jugendamt"
genannt, vertreten durch ..................................................................... ,
und
………………………………im folgenden ,,,Träger" genannt,
vertreten durch………………
§1
Allgemeiner Schutzauftrag
(1) Allgemeine Aufgabe, der Kinder- und Jugendhilfe ist es, Kinder und- Jugendliche
zu bewahren, dass sie in ihrer Entwicklung durch den Missbrauch elterlicher Rechte oder
eine Vernachlässigung Schaden erleiden. Kinder und Jugendliche sind vor Gefahren für ihr
Wohl zu schützen (§1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII).
(2) § 8 a SGB. VIII konkretisiert diesen allgemeinen staatlichen Schutzauftrag als Aufgabe der
Jugendämter, verdeutlicht die Beteiligung der freien Träger an dieser Aufgabe und beschreibt
Verantwortlichkeiten der beteiligten Fachkräfte der Jugendhilfe.
§2
Einbezogene Einrichtungen und Dienste des Trägers
In diese Vereinbarung sind alle Einrichtungen und Dienste des Trägers einbezogen, die Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch erbringen und hierbei Fachkräfte (§72 SGB VIII)
beschäftigen.
§3
Handlungsschritte
(1) Nimmt eine Fachkraft gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung wahr,
teilt sie diese der zuständigen Leitung mit.
Gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung können konkrete Hinweise oder Informationen über Handlungen gegen Kinder und Jugendliche oder Lebensumstände sein, die das
leibliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährden – unabhängig
davon, ob sie durch eine missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes oder Jugendlichen, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das
Verhalten eines Dritten ausgelöst werden.
Als Kindeswohl gefährdende Erscheinungsformen lassen sich grundsätzlich unterscheiden
●
●
●
●
körperliche und seelische Vernachlässigung,
seelische Misshandlung,
körperliche Misshandlung und
Sexuelle Gewalt.
D:\Programme\SD.NET\bin\BackSystems\tmp\T1213.doc
-2-
(2) Wenn die Vermutung eines gewichtigen Anhaltspunkts für ein Gefährdungsrisiko im
Rahmen einer kollegialen Beratung nicht ausgeräumt werden kann, ist die Abschätzung des Gefährdungsrisikos anhand folgender Anhaltspunkte vorzunehmen:
.
Anhaltspunkte beim Kind,
● Nicht plausibel erklärbare sichtbare Verletzungen (auch Selbstverletzungen)
● Körperliche oder seelische Krankheitssymptome (Einnässen, Angste, Zwänge, etc)
● Unzureichende Flüssigkeits- und/oder Nahrungszufuhr
● Fehlende, aber notwendige ärztliche Vorsorge und Behandlung
● Zuführung gesundheitsgefährdender Substanzen
● Für das Lebensalter mangelnde Aufsicht
● Hygienemangel (Körperpflege, Kleidung etc.)
● Unbekannter Aufenthalt (Weglaufen, Streunen etc.)
● Fortgesetztes unentschuldigtes Fernbleiben aus der Kindertagesstätte
● Gesetzesverstöße
Anhaltspunkte in Familie und Lebensumfeld:
● Gewalttätigkeiten in der Familie
● Sexuelle oder kriminelle Ausbeutung des Kindes oder Jugendlichen
● Eltern psychisch krank oder suchtkrank; körperlich oder geistig beeinträchtigt
● Familien in finanzieller bzw. materieller Notlage
● Desolate Wohnsituation, (Vermüllung, Wohnfläche, Obdachlosigkeit)
● Traumatisierende Lebensereignisse (Verlust eines Angehörigen, Unglück, etc.)
● Schädigendes Erziehungsverhalten und mangelnde Entwicklungsförderung durch
Eltern,
● Soziale Isolierung der Familie
● Desorientierendes soziales Milieu bzw. desorientierende soziale Abhängigkeiten
Anhaltspunkt zur Mitwirkungsbereitschaft und –fähigkeit:
● Kindeswohlgefährdung durch Erziehungs- oder Personensorgeberechtigte
nicht abwendbar
● Fehlende Problemeinsicht
● Unzureichende Kooperationsbereitschaft
● Mangelnde Bereitschaft, Hilfe anzunehmen
● Bisherige Unterstützungsversuche unzureichend
● Frühere Sorgerechtsvorfalle
(3) Werden Jugendhilfeleistunqen zur Abwendung des Gefährdungsrisikos, für erforderlich
gehalten, die der Träger selbst erbringen kann, ist bei den Personensorgeberechtigten auf
die Inanspruchnahme solcher Leistungen hinzuwirken.
(4) Werden zur Abwendung des Gefährdungsrisikos
● Jugendhilfeleistungen für, erforderlich gehalten, die der Träger selbst nicht erbringen
kann; oder
● andere Maßnahmen für erforderlich gehalten (z.B. Gesundheitshilfe, Maßnahmen nach
dem Gewaltschutzgesetz) oder
● reichen diese Maßnahmen nicht aus oder
● sind die Personensorgeberechtigten nicht in der Lage oder bereit, solche Maßnahmen in
Anspruch zu nehmen,
unterrichtet der Träger unverzüglich das Jugendamt.
D:\Programme\SD.NET\bin\BackSystems\tmp\T1213.doc
-3-
(5) Sofern eine Fachkraft des Jugendamtes bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos
nach Abs. 2 bereits beteiligt war, übernimmt das Jugendamt die Verantwortung für die weiteren Handlungsschritte.
(6) Der Träger stellt durch geeignete Maßnahmen, z.B. durch eine eigene Dienstanweisung,
die Einhaltung- dieser Handlungsschritte sicher
§4
Inhalt und Mitteilung an das Jugendamt
Die Mitteilung an das Jugendamt nach § 3 Abs. 6 enthält mindestens und soweit dem Träger
bekannt:
∎ Name, Anschrift, ggf. abweichender Aufenthaltsort des Kindes oder Jugendlichen;
∎ Name; Anschrift, ggf. abweichender Aufenthaltsort der Eltern und anderer Personensorge
berechtigten;
∎ beobachtete gewichtige Anhaltspunkte;
∎ Ergebnis der Abschätzung des Gefährdungsrisikos;
∎ bereits getroffene und für erforderlich gehaltene weitere Maßnahmen;
∎ Beteiligung der Personensorgeberechtigten sowie des Kindes oder Jugendlichen, Ergebnis der Beteiligung;
∎ beteiligte Fachkräfte des Trägers, ggf. bereits eingeschaltete weitere Träger von Maßnahmen,
∎ weitere Beteiligte; oder Betroffene:
§5
Eignung der Mitarbeiter/innen u n d
Anwendung fachlicher Standards
(1) Der Träger stellt durch geeignete Maßnahmen sicher, dass er keine Personen beschäftigt oder vermittelt, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis
174c, 176 bis 181a, 182 bis 184e oder § 225 des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind.
(2) Der Träger stellt durch geeignete betriebliche Maßnahmen sicher, dass die Fachkräfte
über die gewichtigen Anhaltspunkte zur Kindeswohlgefahrdung unterrichtet sind und hierbei mindestens die in § 3 Abs. 2 enthaltene Liste wichtiger Anhaltspunkte beachtet wird.
(3) Der Träger stellt sicher, dass die von den Fachkräften bereits, verwendeten diagnostischen Instrumente Beobachtungslisten und dergleichen auf die vollständige Berücksichtigung dieser Anhaltspunkte überprüft und ggf. angepasst werden.
§6
Beteiligung einer “erfahrenen" Fachkraft an der Einschätzung des
Gefährdungsrisikos
(1) Unbeschadet sonstiger Regelungen muss die zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos zu beteiligende Fachkraft über folgende Qualifikationen verfügen:
∎ einschlägige Berufsausbildung (z.B. Dipl.-Sozialpäd., Dipl.-Psych., Arzt);
∎ Qualifizierung durch nachgwiesene Fortbildung;
∎ Praxiserfahrung im Umgang mit traumatisierten Kindern und Problemfamilien;
∎ Fähigkeit zur Kooperation mit den Fachkräften öffentlicher und freier Träger der Jugendhilfe, sowie mit weiteren Einrichtungen, z.B. der Gesundheitshilfe, Polizei,…
∎ Kompetenz zur kollegialen Beratung; nach Möglichkeit supervisiorische oder CoachingD:\Programme\SD.NET\bin\BackSystems\tmp\T1213.doc
-4-
Kompetenzen,
∎ persönliche Eignung (z. B.
keit).
Belastbarkeit, professionelle Distanz, Urteilsfähig-
(2) Als zu beteiligende erfahrene Fachkraft im Sinne des Abs.1 werden festgelegt:
1.
2.
§7
Einbeziehung der Personensorgeberechtigten
Der Träger stellt sicher, dass die Personensorgeberechtigten einbezogen werden, soweit
hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt
wird (§ 8a Abs. 1 Satz 2 BGB VIII).
§8
Einbeziehung des Kindes öder des Jugendlichen
Der Träger beachtet die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gemäß § 8 SGB VIII (insbesondere altersgerechte Beteiligung, Aufklärung über Rechte) Davon kann im Einzelfall nur
abgewichen werden, wenn durch die Einbeziehung ihr wirksamer Schutz in Frage gestellt
werden würde (§ 8 Abs.1 Satz 2 SGB VIII).
§9
Datenschutz
(1) Der Träger stellt sicher, dass die Fachkräfte die Wahrnehmung der Aufgaben und Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung umgehend schriftlich und nachvollziehbar dokumentieren.
(2) Unbeschadet weiter gehender Regelungen des Trägers erfasst die Dokumentationspflicht alle Verfahrensschritte und muss bei jedem Verfahrensschritt mindestens beinhalten:
beteiligte Fachkräfte, zu beurteilende Situation, Ergebnis der Beurteilung, Art und Weise der
Ermessensausübung, weitere Entscheidungen, Definition der Verantwortlichkeit für den
nächsten Schritt, Zeitvorgaben für Überprüfungen.
§ 10
Datenschutz
Soweit dem Träger bzw. den von ihm beschäftigten Fachkräften zur Sicherstellung dieses
Schutzauftrages Informationen bekannt werden oder ermittelt werden müssen und die Weitergabe dieser Informationen zur Sicherstellung des Schutzauftrages erforderlich ist, bestehen keine die Wahrnehmung dieser Aufgabe einschränkenden datenschutzrechtlichen Vorbehalte. Insofern gilt der Grundsatz, dass Sozialdaten zu dem Zweck übermittelt oder genutzt werden dürfen, zu dem sie erhoben worden sind (§ 64 Abs. 1 SGB VIII, § 69 Abs. 1 Nr.
1 und 2 SGB X). Bei anvertrauten Daten sind insbesondere die Regelungen des § 65 Abs. 1
Nr. 4 und 5 SGB VIII zu beachten.
§ 11
Qualitätssicherung, Kooperation und Evaluation
(1) Der Träger stellt sicher, dass die zuständigen Leitungen für die sachgerechte Unterrichtung der Fachkräfte über die Verpflichtungen aus § 8 a SGB VIII Sorge tragen.
(2) Da eine dauerhafte fallunabhängige Sicherung des Wohls von Kindern und JugendliD:\Programme\SD.NET\bin\BackSystems\tmp\T1213.doc
-5-
chen nur möglich ist, wenn funktionierende Kooperationsbeziehungen bestehen und die
Verfahrensabläufe für alle Beteiligten klar sind, erfolgt durch das Jugendamt eine Information des Trägers über den weiteren Verlauf in den Fällen der Kindeswohlgefährdung. Hierbei sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten.
(3) Zwischen Jugendamt und Trägern erfolgt eine gemeinsame Auswertung der Fälle von
Kindeswohlgefährdung, um eine Verbesserung der Risikoeinschätzung und Verfahrensabläufe zu erreichen.
(4) Aufgrund der in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse erfolgt ggf. eine Überarbeitung dieser Vereinbarung.
D:\Programme\SD.NET\bin\BackSystems\tmp\T1213.doc