Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
169 kB
Datum
20.03.2018
Erstellt
18.01.18, 15:02
Aktualisiert
18.01.18, 15:02
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 658/2017
Az.: 51
Amt: - 51 BeschlAusf.: - 51 Datum: 21.12.2017
Kämmerer
Dezernat 4
Dezernat 6
gez. Erner, Bürgermeister
BM
gez. Feldmann
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Jugendhilfeausschuss
Termin
31.01.2018
vorberatend
Haupt-, Finanz- und Personalausschuss
13.03.2018
vorberatend
Rat
20.03.2018
beschließend
Betrifft:
Bemerkungen
Entfristung von zwei Teilzeitstellen zur Betreuung von unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlingen
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
88.960 € jährlich
ab 01.07.18
Erträge in €:
je Fall 3.100 €
derzeit
68.000 €
Kostenträger:
060363020/060363040
Sachkonto:
Personal
Folgekosten in €:
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
1. Zur Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (umA) werden zwei Teilzeitstellen
im Amt für Jugend und Familie ab dem 01.07.18 entfristet. Bei den Stellen handelt es sich um eine
Stelle Sozialarbeit in der Abteilung -510- (S 14 TVöD SuE, 29 Wochenstunden) sowie einer Stelle
Amtsvormundschaft in der Abteilung -511- (EG 10, 29 Wochenstunden).
2. Die unbefristete Einrichtung der beiden Stellen wird im Stellenplan 2018 beschlossen.
3. Für die Besetzung der im Stellenplan unbefristet zu schaffenden Stellen wird bereits jetzt die
Ausnahme vom Einstellungsstopp beschlossen.
Begründung:
Mit den Vorlagen 548/2015, 42/2016, 101/2016 sowie 188/2016 wurde bereits über die Neuregelungen und den Sachstand bezogen auf unbegleitete minderjährige Ausländer informiert. Durch
das „Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher“ vom 01.11.2015, sind alle Kommunen zur Aufnahme dieser besonders
schutzbedürftigen Minderjährigen verpflichtet.
Bewusst wurde mit dieser Vorlage gewartet, ob sich der Verteilschlüssel signifikant, mit dem andauernden Rückgang der allgemeinen Flüchtlingszahlen, verändert. Der Verteilschlüssel hat sich
in den letzten beiden Jahren nur geringfügig verändert und die Aufnahmeverpflichtung lag zwischen 33 und 39 umA.
Am 20. Dezember 2017 waren im Online-Portal des Bundesverwaltungsamtes 11.794 UMA in
Maßnahmen nach § 42a, § 42, § 41 SGB VIII und in Anschlussmaßnahmen wie Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII in Nordrhein-Westfalen gemeldet.
Die Zahl der Einwohner in NRW (17.865.516, Stand 31.12.2015) ist durch die Anzahl der UMA
(12.074) zu dividieren. Das Resultat ergibt den landesweiten Aufnahmeschlüssel von 1.480. Diese
Zahl ist durch die Einwohner der Kommune durch diesen Aufnahmequotienten zu dividieren und
ergibt als Ergebnis die Anzahl der aufzunehmenden umA.
Eine Verteilung von umA aus anderen Bundesländern erfolgt aktuell nicht bzw. nur in Einzelfällen.
Die Stadt Erftstadt müsste aktuell 33 unbegleitete minderjährige Ausländer aufnehmen. Derzeit
werden 21 umA vom Amt für Jugend und Familie betreut.
Für alle Kinder und Jugendlichen ist eine Vormundschaft zu beantragen und einzurichten, eine
Inobhutnahme vorzunehmen und weitere Hilfen zu installieren. Die Kosten für die Hilfen werden
erstattet.
Die Betreuung und Begleitung von umA erfordert einen deutlich höheren Aufwand. Die Pflichten
eines Vormunds/einer Vormundin für einen umA sind neben der rechtlichen Vertretung, der Personen- und Vermögenssorge u.a. die Sicherung und Schaffung von Bleiberechtsperspektiven, Vertretung im asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren, Unterstützung bei Familienzusammenführung und Familiennachzug, die Gesundheitsfürsorge, Sicherstellung von Schul- und Ausbildungszugang, Spracherwerb sowie die Beantragung erforderlicher Leistungen (bspw. SGB VIII).
Das Amtsgericht Brühl hat bisher immer einen Amtsvormund bestellt, da die freien Träger auch
weiterhin keine Kapazitäten haben. Die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Mitvormund in asylund ausländerrechtlichen Angelegenheiten erfolgt regelhaft nicht und ist in Einzelfallentscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) auch bereits abgelehnt worden.
Laut dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch unterliegen die Rechtsfähigkeit und
Geschäftsfähigkeit einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört (Art. 7 EGBGB). Die Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft ist in diesem Zusammenhang in Art. 24
EGBGB geregelt. In Einzelfällen ist eine Vormundschaft erforderlich, wenn sich das Volljährigkeitsalter des jeweiligen Landesrechts von der deutschen Volljährigkeitsgrenze unterscheidet. Die
Einrichtung einer Vormundschaft für zugewiesene Flüchtlinge, die im Herkunftsland noch als minderjährig gelten, ist auch in Erftstadt bereits erfolgt. Beispielhaft sind hier die Regelungen in einigen Staaten aufgeführt.
Staat
Volljährigkeit
Mann Frau
-2-
Ägypten
Algerien
Gambia
Indien
Kamerun
Kenia
Kongo
Libyen
Pakistan
Senegal
Sierra Leone
Sudan
Südafrika
Togo
Tschad
Tunesien
Uganda
Ukraine
21
19
21
21
21
21
21
21
21
21
21
21
21
21
20
20
21
21
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19
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21
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21
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21
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21
21
20
20
21
21
Kapazitäten zur Durchführung solcher zusätzlichen Vormundschaften sind vorzuhalten. Jugendhilfe wird für diese Personengruppen bedarfsgerecht geleistet.
Seit 2016 erstattet das Land eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 3.100 Euro je umA.
Kosten ¾ Stelle Sozialer Dienst, S 14, 42.570 €
Kosten ¾ Stelle Amtsvormundschaft, EG 10, 46.390 €
Gesamtkosten 88.960 €
Bei einer Zuweisung der derzeit laut Verteilschlüssel vorgesehen 33 umA, erhält die Stadt eine
Verwaltungskostenerstattung in Höhe von ca. 102.000 €. Bei geringeren Zuweisungszahlen müssten die Personalkosten mit entsprechenden städtischen Mitteln bezuschusst werden.
Die Verwaltung hat geprüft, inwieweit eine erneute Befristung der Stellen möglich ist.
Der Kommunale Arbeitgeberverband NW wurde seinerzeit bezüglich einer weiteren Befristung der
Stellen der Schulsozialarbeit um Stellungnahme gebeten. Die damalige Einschätzung ist, zu der
Fragestellung des sachlichen Grundes einer weiteren Befristung, auch auf die Stellen im Bereich
umA zu übertragen.
„Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Ein
vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des
Arbeitszeitvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgeber entstehen als auch durch die
Annahme einer Projekts oder einer Zusatzaufgaben, für deren Erledigung das vorhandene
Stammpersonal nicht ausreicht. Der Sachgrund setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmer kein dauerhafter betrieblicher
Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristetet Arbeitsvertrages
eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen (vgl. BAG Urteil
v. 27.02.2016 – 7 AZR 545/14, Quelle juris)
Da es sich bei der Aufnahmeverpflichtung um eine Daueraufgabe handelt, ist ein vorübergehender
Beschäftigungsbedarf bzw. ein „Projekt“ im oben dargelegten Sinne, nicht anzunehmen.
(Erner)
-3-
-4-