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Vorlage-Sammeldokument

Daten

Kommune
Erkelenz
Dateiname
50265.pdf
Größe
13 MB
Erstellt
29.11.16, 12:00
Aktualisiert
19.12.16, 08:10

Inhalt der Datei

Beschlussvorlage Federführend: Planungsamt Vorlage-Nr: Status: AZ: Datum: Verfasser: A 61/379/2016 öffentlich 15.11.2016 Amt 61 Thomas Balzhäuser Ergebnis Werkstattverfahren, Institutionalisierung des informellen Planungsverbandes Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Beratungsfolge: Datum Gremium 13.12.2016 be 15.12.2016 21.12.2016 Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaftsförderung und BetrieHauptausschuss Rat der Stadt Erkelenz Tatbestand: 1. Vorbemerkungen Das Gebiet des informellen Planungsverbandes ist geprägt von einem durch die Braunkohlengewinnung in Anspruch genommenen zentralen Raum. Dieser Eingriff bedingt in den angrenzenden Räumen Folgestörungen auf unterschiedlichen Ebenen, welche im gesamten Gebiet des informellen Planungsverbandes vielschichtige und z. T. schwerwiegende strukturelle Auswirkungen haben. Ein erheblicher Teil der naturräumlichen und landschaftlichen Prägung verschwindet. Die Beeinträchtigungen des großflächigen Eingriffs in den Wasserhaushalt betreffen alle Partner des Planungsverbandes. Umsiedlungen gehören zu den gravierendsten Eingriffen des Braunkohlentagebaus in die intensiv genutzte und dicht besiedelte Kulturlandschaft der Niederrheinischen Bucht und in das Leben der davon Betroffenen. Darüber hinaus greift der Tagebau insbesondere in der Tagebaurandlage, aber auch im weiteren Umland in ein bestehendes Netz aus Verkehrs-, Transport- und Handelsbeziehungen ein. Durch den großräumigen Eingriff entstehen aber auch neue Zusammenhänge und neue Chancen. Sie liegen u.a. in der Option, eine einzigartige und identitätsstiftende Tagebaufolgelandschaft entstehen zu lassen, sowie in der überregionalen Attraktivität der im Zusammenhang mit dem Tagebaurestsee entstehenden großen Wasserfläche, die die Bedeutung des Raumes grundlegend verändern wird. Im Braunkohlenplan Garzweiler II wurden von der Landesregierung zahlreiche Regelungen zum Abbau der Braunkohle getroffen. Dabei wurde eine explizite Betrachtung der Tagebaurandgemeinden und der Gestaltung der Tagebaufolgelandschaften au- ßen vor gelassen. Entsprechend bestehen nur wenige Zielsetzungen, wie diese vor den Auswirkungen nachhaltig geschützt werden und nach Tagebauende zukunftsweisend entwickelt werden können. Aus diesem Anlass wurde nach eineinhalbjähriger Vorarbeit der informelle Planungsverband am 19.11.2014 mit einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung auf den Weg gebracht und anschließend durch die zuständigen kommunalen Gremien grundlegend konstituiert, um eine zukunftsfähige Entwicklung der Region im Umfeld des Tagebaus und mit diesem zu erreichen. Die bisherige interkommunale Zusammenarbeit wird in Form von Arbeitskreisen von den Verwaltungsspitzen und Mitarbeitern der vier Kommunen getragen. Ziel dieser Zusammenarbeit ist die zukunftsfähige Entwicklung der Region im Umfeld des Braunkohlentagebaus. Vor diesem Hintergrund haben die Kommunen einen Planungsprozess eingeläutet, der in einer Planungswerkstatt mündete, die im Zeitraum vom 05.09.2016 bis zum 09.09.2016, im Rittergut Wildenrath in Wanlo stattgefunden hat. Dabei sollten die unterschiedlichen Herausforderungen und Zielvorstellungen des Betrachtungsraumes in einem Handlungsrahmen miteinander in Beziehung gesetzt werden und in einem „Drehbuch“ münden, welches die Grundlage für alle weiteren planerischen Schritte bis zum Jahr 2035 bilden wird. 2. Ergebnisse der Planungswerkstatt Das gesamte Verfahren wurde begleitet vom Duisburger Büro plan b, weitere externe Experten wurden als Berater hinzugezogen. Dabei lieferte die Werkstatt sowohl eine langfristige Perspektive für den Gesamtraum als auch daraus abgeleitete und bereits kurzfristig umsetzbare Projektideen (vgl. Anlage). Die im Rahmen der Planungswerkstatt entwickelten Vorschläge fokussieren sich auf das Umfeld des Tagebaus sowie das Tagebaugebiet selbst – die vorgeschlagenen Verknüpfungen zu bestehenden Strukturen (Tagebau Hambach und Inden, Verkehrsnetz, Naturräume etc.) reichen jedoch weit in die Region hinein. Die grundsätzliche Planungsidee beinhaltet Strategien in vier Bereichen:  landschaftliche Strategien (Landschaftsbild, Orientierungspunkte, neue Ansätze für Rekultivierung, Vernetzung von Freiraum und Landschaft, Wassererlebnis, Orte der Identität, Genusslandschaften, …),  städtebauliche Strategien (Siedlungsbild und Siedlungsentwicklung im ländlichen Raum, Thema Seerand, neue Siedlungsflächen ermöglichen, Revitalisierung/ Stärkung alter Ortskerne, …),  wirtschaftliche Strategien (Infrastrukturverbesserungen, Dorfinfrastrukturen fördern/beleben, Gewerbe, Start-Ups, Innovationszentren, erneuerbare Energien, …) ,  soziale Strategien (aktiver und kreativer Umgang mit ‚Abschied und Erinnerung‘ verlorener Orte und Landschaft, Kommunikationszentren, Stärkung des Zusammenhalts von Dorf, Bewohner, Familie, Vereinen, …) Die konzeptionellen Ansätze und räumlichen Ankerpunkte adressieren unterschiedliche Umsetzungsebenen. Diese müssen im weiteren Planungsprozess vertieft und weiter ausgearbeitet werden. Aufbauend auf den vier genannten Strategiefeldern soll sich die Tagebaufolgelandschaft auf Grundlage des folgenden räumlichen Konzepts entwickeln: Vorlage A 61/379/2016 der Stadt Erkelenz Seite: 2/4  Das grüne Band: Dieses Band umgibt das gesamte Gebiet und schafft mit vorhandenen sowie neuen Elementen und Strukturen eine grüne Infrastruktur. Der Tagebau wird an seinen Schwellen als Attraktion inszeniert und bildet durch unterschiedlich genutzte Frei- und Landschaftsräume an der Tagebaukante eine Attraktion in der Region. Das grüne Band ist begehbar und soll per Radschnellweg auch im wörtlichen Sinn erfahrbar werden. Es verbindet über die zu schaffende gründe Infrastruktur neben Landschaftsteilen auch die Orte im Tagebauumfeld, z.T. bis weit in städtisches Umfeld hinein.  Drei Landschaften: Innerhalb des grünen Bands entstehen drei Landschaften mit unterschiedlichen Qualitäten: - Die erste Landschaft: die Reallabor‐Landschaft. Sie stellt einen vielfältigen Experimentierraum dar: für Gewerbe, neue Energieformen, temporäre Nutzungen, Land(wirt)schaftsprojekte. - Die zweite Landschaft – das Innovation Valley – Sie ist eine vielgestaltige, offene Landschaft mit Terrassen, Feucht‐ und Trockenzonen. Sie stellt innerhalb der drei Landschaften das grüne Herz dar. Zum zukünftigen See hin bietet sie Raum für neue Wirtschafts‐ und Wohnstandorte. Auch Einrichtungen für Forschung, das Gesundheitswesen, Dienstleistungen können in dieser attraktiven Landschaft Platz finden. Die Topographie der Hügellandschaft ermöglicht vielfältige Aussichten. - Die dritte Landschaft: das nahende Tagebauloch und der zukünftige See. Gerade die Zwischenphase ermöglicht viel Raum für temporäre Nutzungen. Der See selbst stellt einen überregional wirkenden Anziehungspunkt dar, birgt großes Potential für Naherholung, Freizeit und Ökologie und wird Entwicklungen in seinem direkten Umfeld positiv beeinflussen. Innerhalb dieser räumlichen Konzeption auf der Basis der genannten Strategiefelder hat die Werkstatt unterschiedliche Ideen und Vorschläge gemacht. Diese Vielzahl an Anregungen zeigen, dass die Entwicklung der Tagebaufolgelandschaft Garzweiler die Chance bietet, etwas Neues und Unverwechselbares zu schaffen. Zeitgleich zeigt sich auch, dass die Ideen konkretisiert werden müssen. Dieser Prozess und insbesondere seine Steuerung sollen in Zukunft auf eine noch solidere Basis der interkommunalen Zusammenarbeit gestellt werden. 3. Umsetzung der Ergebnisse und Institutionalisierung Mit dieser Beratungsvorlage legen die Verwaltungen der Stadt Mönchengladbach, der Stadt Erkelenz, der Gemeinde Jüchen und der Gemeinde Titz den jeweiligen Räten eine gemeinsame Beschlussvorlage vor, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit des informellen Planungsverbandes zeitnah stärker zu institutionalisieren, um die Ergebnisse des Werkstattverfahrens im Rahmen eines Entwicklungskonzeptes für die Tagebaufolgelandschaft und dessen Umgebung zu konkretisieren und umzusetzen. Die Verwaltungen der vier Kommunen haben hinsichtlich der weiteren Institutionalisierung verschiedene Rechtsformen geprüft. Im Ergebnis wird der Zweckverband als die geeignetste Form angesehen, um die interkommunale Zusammenarbeit mit dem Ziel der Umsetzung und Weiterentwicklung der Ergebnisse der Planungswerkstatt Vorlage A 61/379/2016 der Stadt Erkelenz Seite: 3/4 weiterzuführen. Generell stärkt ein Zweckverband die Rolle der vier Kommunen gegenüber dem Land hinsichtlich der Vergabe von Fördermitteln, aber auch als Akteur im Rahmen von landes- und regionalplanerischen Verfahren. Auch eine politische Beteiligung und Legitimation lässt sich im Rahmen eines Zweckverbandes am besten abbilden. Beschlussentwurf (als Empfehlung an Hauptausschuss und Rat): „1. Das im Werkstattverfahren des informellen Planungsverbandes erarbeitete und am 02.11.2016 in einer gemeinsamen Veranstaltung in Erkelenz vorgestellte Konzept eines Drehbuchs (s. Anlage) ist Grundlage, die dort gesetzten gemeinsamen Ziele und Planungsperspektiven im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit zwischen Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz weiter zu konkretisieren und umzusetzen. 2. Der Rat beauftragt die Verwaltung, alle Prüfungen vorzunehmen, um die Gründung eines Zweckverbands zur Konkretisierung und Umsetzung der Ergebnisse des Werkstattverfahrens auf Grundlage des Drehbuchs vorzubereiten.“ Finanzielle Auswirkungen: Ein genauer Kostenrahmen kann zurzeit noch nicht beziffert werden. Die Ermittlung ist Gegenstand des Prüfauftrages an die Verwaltung. Vorsorglich wurden für den Haushalt 2017 im Produkt 09, räumliche Planung und Entwicklung (Produktsachkonto 542945) 200.000 Euro veranschlagt. Anlagen: Präsentation der Planungswerkstatt Dokumentation der Planungswerkstatt Vorlage A 61/379/2016 der Stadt Erkelenz Seite: 4/4 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Herzlich willkommen! Gemeinsame Informationsveranstaltung der Fachausschüsse des informellen Planungsverbandes 02.11.2016 Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 1 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 2 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 3 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Herzlich willkommen! "Ich denke, dass es weltweit einen Markt für vielleicht fünf Computer gibt”. Thomas Watson, Chairman von IBM, 1943 Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 4 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Drehbuch Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 5 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Herzlich willkommen! DAVOR: Verlust, Entwurzelung Rückbau MG DABEI: Lärm, Staub, Wasser, Sozialstruktur Jüchen ERK DAVON: Entkommen, Neuanfang, Nachholbedarf DANACH: Titz Landschaft, Siedlung, Nutzung… Das Raum- und Zeitenrad. Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 6 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt DANACH DAVOR DAVOR DANACH Landschaftliche Wirtschaftliche Strategien Strategien DABEI DAVON DABEI DAVON DAVOR DANACH DAVOR DANACH DABEI Soziale Städtebauliche Strategien Strategien DAVON DABEI DAVON Handlungsfelder. Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 7 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Handlungsfelder. Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 8 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Kumulierend statt konkurrierend Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 9 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Neuland aus den Niederlanden: Rob Kanbier Wouter Vos Thomas van den Berg Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 10 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Raumplaner aus Hannover: Dr. Verena Brehm Tim Mohr Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 11 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Landschaftsarchitektur aus Mailand und Duisburg Dr. Andreas Kipar Martin Thoma Andrea Balestrini Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 12 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Sozialräumliches aus Hamburg: Dr. Susanne Kost Martin Döring Tanja Wehr Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 13 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt TAGEBAUFOLGE[N]LANDSCHAFT GARZWEILER Jahr Monat Phase TERMINSCHIENE VERFAHREN 2016 Woche 1 JAN 2 3 FEB 4 5 6 MAR 7 8 9 APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 Grundlagenermittlung Aufgabenstellung 22. April Öffentlichkeit Abstimmung Teilnehmer und Experten Vorbereitung Auftakt 1. Juni Auftakt Weiterer Klärungsbedarf 5. bis 9. September Werkstatt Nachbereitung Zeitplan. Phase Woche 1 Monat 2 3 JAN 4 5 6 7 FEB 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 MAR APR MAI Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ Folie 14 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Ergebnisse Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 15 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Europäische Dimensionen Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 16 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Grünes Herz zwischen den Großstädten, „Magnet“ Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 17 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Linien und Netze im Raum – Infrastruktur und Wasser Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 18 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Landschaftliche Vision, der Dreiklang der Tagebaue Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 19 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Weg vom Loch hin zum Ring Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 20 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Dörfer verbinden mit Sichtpunkten Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 21 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 22 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt + Tradition würdigen = Vergangenheit annehmen Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Zukunft gestalten Folie 23 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 24 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Identität stiften, einzigartig sein. Geschichte(n) erzählen, Zugänge schaffen. Das Loch kapern. Die Region erobern. Wirtschaftsstandorte befördern. Siedlungen anreichern, neue Siedlungstypen erfinden. Landschaft formen, Landschaft anreichern. Ressourcen generieren, Energien freisetzen. Räume vernetzen, Barrieren überwinden. Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 25 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 26 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 27 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 28 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 29 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 30 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 31 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 32 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Der grüne Ring Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 33 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Grüner Ring mit Radschnellweg für Initiative und Entwicklungsmöglichkeiten Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 35 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Dörfer und Entwicklungen Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 36 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 37 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 38 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Drei Landschaften innerhalb des grünen Ringes Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 39 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Reallaborlandschaft. Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 40 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 41 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Innovation Valley. Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 42 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 43 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Nachnutzung Bahnhof Forschungs- und Innovationszentrum Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 44 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt VENRATH KAULHAUSEN Schwimmende Insel Der Garzweiler See Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 45 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 46 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 47 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 48 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 49 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 50 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 51 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 52 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Das Loch kapern Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 53 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Projektpfade Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 54 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 55 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 56 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler – Dokumentation der Planungswerkstatt KAULHAUSEN VENRATH Informeller Planungsverband Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz Folie 57 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Dokumentation der Planungswerkstatt 15.11.2016 Dokumentation Planungswerkstatt Seite 2 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Auftraggeber: Stadt Erkelenz Der Bürgermeister Johannismarkt 17 41812 Erkelenz Als Mitglied des Informellen Planungsverbands Mönchengladbach, Erkelenz, Jüchen und Titz gefördert mit Mitteln des Landes NRW Organisation und Betreuung: jürgensmann landers gbr landschaftsarchitekten bdla aknw Dokumentation Planungswerkstatt Seite 3 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler friedrich-wilhelm-str. 89, 47051 duisburg telefon 0203-2981929 telefax 0203-2981919 info@planb-alternativen.de Dokumentation Planungswerkstatt Seite 4 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Inhaltsverzeichnis 1. Anlass und Vorgeschichte........................ 6 5.2. Projektidee ........................................... 18 1.1. Der informelle Planungsverband ............6 5.3. Der Raum ............................................. 19 1.2. Die Leitentscheidungen der Landesregierung ..............................................6 5.4. Das Loch kapern ................................... 20 5.5. Das Loch einpacken .............................. 21 2. Planungsraum und Erwartungen ............. 7 3. Aufgabenstellung .................................... 7 4. Die Werkstatt ........................................ 11 5.6. Das Grüne Band.................................... 22 5.7. Drei Landschaften ................................ 23 5.8. Sechs Phasen ........................................ 27 4.1. Format ..................................................11 5.9. Siedlungsentwicklung ........................... 28 4.2. Akteure .................................................11 4.3. Ablauf ...................................................13 4.4. Atmosphäre ..........................................14 5. Ergebnisse ............................................. 14 5.10. Der Mensch .......................................... 29 6. Fazit ....................................................... 30 7. Ausblick ................................................. 32 8. Noch’n Gedicht ..................................... 33 5.1. Neue Energie ........................................14 Gender - Hinweis Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wurde entweder die männliche oder weibliche Form von Personen bezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts. Frauen und Männer mögen sich von den Inhalten der Auslobung gleichermaßen angesprochen fühlen. Wir danken für Ihr Verständnis. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 5 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler 1. Anlass und Vorgeschichte 1.1. Der informelle Planungsverband Im Braunkohlenplan Garzweiler II schlagen sich die Zielsetzungen der Landesregierung zum Abbau der Braunkohle nieder. Dabei fehlt eine Betrachtung der Auswirkungen auf die Tagebaurandgemeinden; die zukünftige Lage am Tagebaurand bedeutet vor allem für die dort liegenden Ortschaften eine neue Herausforderung. Die Nähe zur Abbaugrenze birgt Ungewissheiten hinsichtlich möglicher Belastungen durch die Tagebautätigkeit in naher Zukunft. Erst in ferner Zukunft bieten sich dagegen Entwicklungsoptionen in Abhängigkeit der Tagebaufolgelandschaft. Anlass zur Gründung des informellen Planungsverbandes bestehend aus den Kommunen Erkelenz, Mönchengladbach, Jüchen und Titz im November 2014 ist daher das Ziel, die Auswirkungen des Tagebaus Garzweiler II zu erfassen und ihnen planerisch zu begegnen, mögliche negative Folgen mindern oder verhindern und sich mit raumentwickelnden Perspektiven auseinanderzusetzen. Die Geschäftsstelle des informellen Planungsverbandes liegt bei der Stadt Erkelenz. Ständig beraten wird der informelle Planungsverband von der Region Köln/ Bonn e.V. Der Verein berät Kommunen bei Themen wie der regionalen Zusammenarbeit und Strukturentwicklung. 1.2. Die Leitentscheidungen der Landesregierung Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen legt über Leitentscheidungen (1987, 1991 und 2016) Vorgaben für den Braunkohlenabbau im Rheinischen Revier fest. Gemäß § 29 Abs. 2 Landesplanungsgesetz sind Leitentscheidungen landesplanerische Vorgaben für die Braunkohlenplanung. Der Braunkohlenausschuss bei der Bezirksregierung Köln, der Träger der Braunkohlenplanung, erarbeitet auf der Grundlage der Leitentscheidungen die Braunkohlenpläne für die Tagebaue und die Umsiedlungen, so auch den für das Gebiet des Planungsverbandes relevanten Braunkohlenplan Garzweiler II. Bedingt durch geänderte energiepolitische und energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen in Deutschland war seit 2014 erkennbar, dass eine neue Leitentscheidung anstand. Am 06.05.2016 hat die Landesregierung die neue Leitentscheidung beschlossen. In vier Entscheidungssätzen werden Vorgaben für die Verkleinerung von Garzweiler II sowie für die zukünftige Entwicklung des Rheinischen Reviers gemacht. Langfristige Energieversorgung Nordrhein-Westfalens Umwelt: Wasserwirtschaft (Restsee), Naturschutz, Geologie, Boden Holzweiler lebenswert erhalten Strukturwandel im Rheinischen Revier in örtlicher und regionaler Zusammenarbeit Durch diese Leitentscheidung wird eine Überarbeitung des Braunkohleplans, des Landesentwicklungsplanes und der Regionalpläne erforderlich, schlussendlich sind die Flächennutzungspläne auf die neuen Entwicklungsziele anzupassen. Hierzu kann der Planungsverband seine Interessen im Sinne der Vermeidung negativer Auswirkungen, Dokumentation Planungswerkstatt Seite 6 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler aber auch zukunftsfähiger Neuausrichtung der Region in den Planungsprozess einbringen. 2. Planungsraum und Erwartungen Das Gebiet des informellen Planungsverbandes umfasst 430 km² und überschreitet in vielerlei Hinsicht Grenzen. Zunächst liegt es in zwei Regierungsbezirken – Erkelenz und Titz im Regierungsbezirk Köln, Mönchengladbach und Jüchen im Regierungsbezirk Düsseldorf. Daneben sind mehrere Kreise betroffen – Erkelenz im Kreis Heinsberg, Titz im Kreis Düren, Jüchen im Rhein - Kreis Neuss sowie die kreisfreie Stadt Mönchengladbach. Insgesamt wohnen hier 330.000 Menschen. Das Rheinische Revier gehört zu den leistungsstärksten Regionen NordrheinWestfalens und der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Bereich der Energiewirtschaft. Gleichzeitig ist es eine Region mit großen Aufgaben und Herausforderungen für die Zukunft (Energiewende, Klimaschutz,…). Im Rahmen des Landesprogramms „Innovationsregion Rheinisches Revier“ (IRR), soll das regionale Entwicklungspotential mit seinen vorhandenen Aktivitäten und Akteuren identifiziert, gebündelt und vernetzt werden, um daraus einen Mehrwert abzuleiten und bereits heute auf zukünftige Strukturveränderungen reagieren zu können. Die Arbeit begann 2011 und führte schließlich zu einem regionalen Leitbild im Jahre 2015. Ziel ist die Weiterentwicklung des Rheinischen Reviers zu einer Modellregion für die Energiewende auf Basis der gegebenen wirtschaftlichen und infrastrukturellen Stärken im Sinne einer modernen und nachhaltigen Industrie- und Strukturpolitik. Wurden in den letzten Jahren im Rahmen von vorbereitenden Studien und Konzepten inhaltliche Alleinstellungsmerkmale entwickelt (z.B. Themenfelder einer intelligenten Spezialisierung der IRR: Energiewirtschaft, Logistik, Technologie), gilt diese nun anhand von Modellprojekten aufzugreifen und in den konkreten Raum zu übersetzen. Für den Innovationsraum Garzweiler, gelegen im nord-westlichen Bereich des Tagebaus Garzweiler sowie dessen Umfeld gehören zu den wesentlichen Herausforderungen und Aufgaben die Vorbereitung auf den heranrückenden Tagebau, die präventive Gestaltung des Raumes zur Organisation notwendiger Umsiedlungen sowie die Stärkung der Tagebauranddörfer. Vor diesem Hintergrund ergeben sich als mögliche Schwerpunkte einer zukünftigen Perspektive mit innovativen Modellprojekten die Entwicklung eines dynamischen Landschaftsparks (Tagebaurand als Gestaltungsaufgabe), das innovative Dorf der Zukunft im Kontext von Energiewende und demographischem Wandel, die Stärkung der Dorfgemeinschaft durch nachbarschaftliche Energienetzwerke sowie die Erprobung beispielhafter Zwischennutzungen. 3. Aufgabenstellung Die Tagebauregion Garzweiler ist von eindrucksvoller Größe und erzeugt nachhaltige Auswirkungen über Generationen. Da gibt es ein zeitliches Abbauvorfeld, für die Bergbau-Ingenieure der herbeigesehnte Auftakt, für die Bewohner eher der Abschied. Orte, Weiler, Höfe, Schlösser, verschwinden, soziale und infrastrukturelle Netze zerbrechen, Heimat löst sich auf, über Jahrtausende vom Wind herbeigeschaffter Lößboden wird abgeschält und für eine Generation irgendwo konserviert. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 7 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Danach beginnt – grob gerechnet – für eine Generation der Tagebau mit Staub, Setzungen durch abgesenktes Grundwasser, Erschütterungen, Lärm, aber auch Arbeit und Brot. Während in dem riesigen Areal „vorn“ gegraben wird, beginnt am anderen Ende bereits die „Rekultivierung“, Karten zeigen ein blaues Meer hinter Waldkulissen, unterbrochene Straßen und Autobahnen werden wieder miteinander vernäht, neu hergestellte Ackerflächen über Zwischenanbau wiederbelebt. Allein die Füllung des „Restsees“ dauert mindestens 35 Jahre, wir schreiben dann das Jahr 2085. Gibt es dafür heute belastbare Daten über die Zukunft, die sich zu einem Masterplan entwickeln lassen? Vor 30 Jahren haben wir noch nicht an die Wiedervereinigung gedacht, Wissenschaftler diskutierten, ob uns eine neue Eis- oder Warmzeit bevorsteht. Wir können eben nicht in die Zukunft schauen, jedenfalls nicht derart, dass wir heute die richtigen Antworten für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts geben. Deutschland, Europa, das Abendland, die Welt ist in einem rasanten Veränderungsprozess. Vor diesem Hintergrund muss ein Masterplan vor allem wandelbar sein. Er muss sich neuen Bedingungen und Gegebenheiten anpassen durch regelmäßige Zusammen- und Übereinkünfte der Akteure mit den Menschen in der Region. Die Menschen tragen die Last – viele bis zum Ende ihrer Tage, ohne die Chance, 2086 am Restseeufer die neue Natur zu genießen. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 8 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Der Betrachtungsraum, Quelle geoserver.nrw.de Aus diesen Erkenntnissen – durchaus im Einklang mit dem Braunkohlenplan, der die Problematik einer Festlegung über Jahrzehnte aus dem heutigen Erkenntnisstand thematisierte – ist die Idee eines zukunftsfähigen, dem Erkenntnisstand in Duodekaden anzupassendes „Drehbuchs“ entwickelt worden. Die vor uns liegende Planungswerkstatt wird sich mit einem Zeitraum bis 2035 befassen, in Kenntnis des Endstadiums für die nächsten 20 Jahre ein Szenario annehmen, mit dem es umzugehen gilt. Aus diesem überschaubaren Zeitfenster ergeben sich Handlungs- und Entscheidungsstränge für Maßnahmen, die auch bereits kurzfristig umzusetzen sind. Neben den in Dekaden zählenden, ineinandergreifenden Phasen von Vorbereitung, Abbau, Rekultivierung und Befüllung gilt es auch, Raum und Zeit miteinander in Beziehung zu setzen. Südlich von Jüchen sind Ackerflächen „fertig“ und warten „DANACH“ auf kundige Landwirte, die die wieder funktionierenden Böden unter ihren Pflug neh- Dokumentation Planungswerkstatt Seite 9 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler men. Landvermesser stecken die neue Autobahn 44 ab, die auf mehr als 10 km die neue Börde durchmisst. In Borschemich am westlichen Rand des Tagebaus werden zeitgleich die letzten Bande zerschnitten, Häuser geräumt und abgerissen – die Phase des „DAVOR“ ist sicherlich besonders schmerzlich. Es gibt aber auch noch das „DABEI“, hier finden sich die Siedlungen, die für eine Generation Bagger, Lärm, Staub, Risse im Haus und im Feld neben sich haben, und – kurios – das „DAVON“, davongekommene Orte, die erstmal wieder zu sich kommen müssen. Der Eine freute sich schon auf sein neues Heim in Neu-Holzweiler, der andere baute noch um in der Hoffnung auf eine vermögensbildende Entschädigung, die Kirche entweiht… jetzt ist man „gerettet“. Karte „Aufgabenstellung“, Quelle plan b Die langfristige Vision soll bei allem nicht zu kurz kommen. Die kreativen Kräfte der Werkstatt können über die Zeithorizonte bzw. die aktuell zu betrachtende Epoche hinaus Ideen befördern, die Hinweise für eine spätere Profilierung des Raums, aber auch auf die spannenden Möglichkeiten von Zwischennutzungen, Projekten und Events liefern, die während der Abbau- bzw. der Verkippungsphase und der vollständigen Wiederherstellung der Flächen liegen. Neben den Zeithorizonten sind auch die Wirkpfade des Tagebaus unterschiedlich. Der Mensch ist zunächst betroffen durch die Störung der sozialräumlichen Netzwerke und Bezüge; der Tagebau zerschneidet Straßen und Nachbarschaften, Gemeinschaften und Vereinsleben. Landwirten geht die Existenz verloren. Diese Phase beginnt im Vorfeld des Abbaus und endet mit der Verkippung und Rekultivierung; bei den Seeanrainern folgt eine weitere Generation, die sich mit dem langsam steigenden Wasserspiegel im Restsee auseinandersetzen kann, bis dann die Urenkel der heute Vertriebenen ihren Bootsverleih eröffnen dürfen. Zu den sozialen Auswirkungen kommen Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen, die die Bewohner des „DABEI“ zu ertragen haben. Auch das erheblich gestörte Landschaftsbild, der robuste Umgang mit der Landschaft und ihren Wunden tragen nicht unbedingt zu gesunden Umwelt- und Lebensbedingungen bei. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 10 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Neben all den Lasten verbindet sich mit dem Tagebau aber auch die Vision einer Landschaft der Zukunft, die attraktiv gestaltet, zukunftsoffen, lebenswert und wirtschaftliche Grundlage für die hier lebenden Menschen ist. Nicht zu vergessen sind auch die „Zwischenlandschaften“, die Verkippungsbereiche, die Uferböschungen während der Füllung des Sees, die „Enklaven“ rekultivierter Teilbereiche entlang der neuen A 44. Hier können sich – „temporär“ über eine Generation – Kreativität, Experiment und Forschergeist beweisen. Die Umweltauswirkungen sind vielfältig, trotz aller Versickerungsanlagen ist das Grundwasser nachhaltig betroffen, bei ungewissem Ausgang der chemischen Reaktionen bei der Befüllung des Restlochs drohen nachhaltige Schäden, wertvolle gewachsene Böden gehen trotz aller Bemühungen verloren, wie der Rückgang der Bodenwertzahlen zeigt, die Braunkohleverstromung ist wegen der Klimaanpassungsbemühungen nicht mehr Stand der Technik. Kultur und Sachgüter, Vierkanthöfe, Herrensitze, Kirchen, Friedhöfe, Mühlen gehen verloren. Boden als Archiv der Kulturgeschichte wird vernichtet. Wirtschaftliche Auswirkungen ergeben sich aus dem zunächst über Generationen zu konstatierenden Wertverlust von Immobilien und der den Landwirten auferlegten Flächenverlust. Es ist aber auch zu beachten, dass die Menschen in der Region im Tagebau und den Kraftwerken Arbeit finden, es gilt, frühzeitig Strategien zu entwickeln, wie und wo die Ansiedlung neuer Unternehmen erfolgen kann und soll. Hier gibt es großes Interesse der Lebensmittelproduzenten an der regionalen Produktion und Veredlung landwirtschaftlicher Erzeugnisse im Dreieck der Ballungsräume. 4. Die Werkstatt 4.1. Format Gemeinsam. Mit der Werkstatt sollen die unterschiedlichen Vorstellungen, Visionen, Wünsche, Forderungen und Hoffnungen in einem Handlungsrahmen miteinander in Beziehung gesetzt werden und in eine Art Drehbuch münden, welches Grundlage für die planerischen Schritte der „1. Staffel“ bis 2035 sein soll. Die Kraft der Ideen verstärkt sich durch den interkommunalen Ansatz, der die Grenzen von Kommunen, Kreisen und Regierungsbezirken überwindet. Die Akteure sind im Dialog. Eine Woche. Während der Werkstatt werden die Positionen und Ideen diskutiert, weiterentwickelt und konkretisiert. Entscheidungen fallen gemeinsam und bauen aufeinander auf nicht konkurrierend, sondern kumulierend. Experten und Fachverwaltung begleiten den Prozess. Der Öffentlichkeit wird ein Schulterblick gewährt. 4.2. Akteure Das Verfahren bezieht das Wissen und den Input von Landschaftsarchitekten, Stadtplanern, und Soziologen mit ein. Mit dem informellen Planungsverband und dem Verein Region Köln/Bonn e.V. wurden geeignete Planungsbüros gefunden und beauftragt: Dokumentation Planungswerkstatt Seite 11 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler o KuiperCompagnons Rob Kanbier Wouter Vos Thomas van den Berg Van Nelle Fabriek, Postbus 13042 3004 HA Rotterdam Niederlande o Cityförster Partnerschaft mbB Dr. Verena Brehm Tim Mohr Escherstraße 22, 30159 Hannover o KLA kiparlandschaftsarchitekten GmbH Dr. Andreas Kipar Martin Thoma Andrea Balestrini Philosophenweg 61, 47051 Duisburg o Dr. Susanne Kost Martin Döring Universität Hamburg Institut für Geographie Bundesstraße 55, 22146 Hamburg Tanja Wehr – Sketchnotelovers Den „Bearbeitern“ werden externe Experten zur Seite gestellt, die sich über Statements und Diskussionsbeiträge in den Planungsprozess aktiv einbringen: o Prof. Ulrike Beuter, Landschaftsarchitektin, Oberhausen o Prof. Dr. Beate Niemann, Architektin und Stadtplanerin, Düsseldorf o Prof. Heinz W. Hallmann, Landschaftsarchitekt, Aachen o Prof. Frank Lohrberg, Landschaftsarchitekt, Stuttgart o Dr. Reimar Molitor, Geograph, Köln o Axel Carl Springsfeld, BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung, Aachen o Prof. Rolf Westerheide, Stadtplaner, Aachen o Hans Wilhelm Reiners, Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach o Peter Jansen, Bürgermeister der Stadt Erkelenz o Harald Zillikens, Bürgermeister der Gemeinde Jüchen o Jürgen Frantzen, Bürgermeister der Gemeinde Titz o Michael Eyll-Vetter, RWE Power AG, Köln o Bez.-Reg. Köln o Bez.-Reg. Düsseldorf o Kreis Düren o Kreis Heinsberg o Volker Große, Rheinkreis Neuss o Geschäftsstelle Braunkohlenausschuss Dokumentation Planungswerkstatt Seite 12 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler 4.3. Ablauf Im Frühjahr 2016 wurden in enger Abstimmung mit der Arbeitsebene des informellen Planungsverbandes die Aufgabenstellung erarbeitet und Planungsgrundlagen zusammengestellt. Am 1. Juni fand in Jüchen, Haus Katz, die Auftaktveranstaltung mit einer Bereisung des Gebietes und der Erläuterung der Aufgabe statt, es bestand ferner Gelegenheit zum Meinungsaustausch zwischen Planern und Experten, ergänzt durch eine Abendveranstaltung, wo die Politik Gelegenheit hatte, mit den Akteuren ins Gespräch zu kommen. Danach hatten die Büros Gelegenheit, an der Struktur und Organisation der Werkstatt mitzuwirken, hierzu fand am 12. Juli eine Telefonkonferenz zwischen dem betreuenden Büro und den Planern statt. Der Sommerurlaub bot die Chance, die Eindrücke zu reflektieren und erste Ideen zu ventilieren, alle Beteiligten konstatierten zum Beginn der Werkstatt, dass sie der Tagebau nicht mehr losgelassen hat. Am Montag, den 5. September begann die einwöchige Werkstatt mit einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung, wo die Planer die Möglichkeit zu einem ersten Input hatten, der im Rahmen einer gemeinsamen Diskussionsrunde vertieft wurde. Im Laufe des Nachmittags hatten sich die vier Planungsbüros bereits auf eine gemeinsame Struktur und Arbeitsteilung für die nächsten Tage vereinbart. Der Dienstag war gefüllt mit konzeptioneller Arbeit; begleitet und unterstützt von der interkommunalen Arbeitsebene und mit der Möglichkeit, mit Experten ins Gespräch zu kommen. Am Mittwoch wurde weiter gearbeitet, nachmittags entstand sogar eine kleine Werkschau an den Pinnwänden, so dass der „Schulterblick“ für Bürger und Politik mit ca. 80 Besuchern ein Erfolg wurde – auch die kritischen Stimmen haben sich sehr engagiert eingebracht und Anregungen für den weiteren Ablauf gegeben. Auch die Bürgermeister und Beigeordneten der 4 Kommunen waren anwesend. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 13 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Schulterblick – volles Haus, Foto plan b Der Donnerstag war wiederum ein Arbeitstag und Freitag sahen alle Anwesenden den Ergebnissen mit Spannung entgegen. Alle 4 beteiligten Büros haben sich die 1 ¾ stündige Schlusspräsentation geteilt und anhand des umfangreichen Materials aus Skizzen und Plänen das Ergebnis dargelegt. Die Experten waren sich anschließend einig, dass das Ziel erreicht war – ein Drehbuch für die nächsten Jahre war in seinen Grundzügen dargelegt worden. 4.4. Atmosphäre Als Tagungsort wurde wegen der Nähe zum Plangebiet das Rittergut Wanlo gewählt, hier gab es beste Arbeitsbedingungen für die Planer in einer entspannten, der Sommerhitze trotzenden angenehmen Atmosphäre. Die Stimmung war offen, kommunikativ und konstruktiv – man arbeitete kumulierend statt konkurrierend. Teilweise wurde noch abends im Hotel weitergezeichnet und diskutiert. 5. Ergebnisse 5.1. Neue Energie Das Konzept der vier Büros baut auf dem Thema ‚Neue Energie’ auf und spricht damit die verschiedenen Ebenen an: o die vier Kommunen Jüchen, Mönchengladbach, Erkelenz und Titz, die sich gemeinsam auf den Weg in die Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler begeben, o die Bewohner der Kommunen, die ein solches Konzept mitgestalten, mittragen und mit umsetzen sollen, o den Prozess, der eine zukünftige Landschaft als Vision und Bild aus dem Heute heraus beschreibt, aber in fassbaren und machbaren Schritten gedacht, entwickelt und umgesetzt wird, Dokumentation Planungswerkstatt Seite 14 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler o die Vielschichtigkeit der Bedarfe und Zugänge zum Planungsraum / Tagebauloch / See und ‚Hinterland’ berücksichtigt und Gemeinde‐ und kommunale Bedarfe in den verschiedenen Beteiligungsebenen adäquat abbildet o und nicht zuletzt die vier Teams, die sich in der Planungswerkstatt zusammen gefunden haben und mit gemeinsamer Energie, Austausch und Arbeit dieses kooperative Konzept entwickelt haben. ‚Neue Energie’ ist Landschaft in Bewegung und setzt ganz bewusst auf einen Entwicklungsprozess, der im Hier und Jetzt beginnt und eine Landschaftsvision beschreibt. Der Prozess steht dabei im Mittelpunkt. Der fortschreitende Tagebau soll nicht länger monofunktional den Raum besetzen, sondern durch räumlich vorgelagerte, temporäre, ‚kapernde’ und die Vision verfolgende Projekte die Landschaft zu jeder Zeit attraktiv entwickeln und besetzen. Räumliche Vision der Planer Dokumentation Planungswerkstatt Seite 15 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Nein, ist nicht wahr oder? – Doch! Marco Jonas Jahn hat sich anhand von Ausschnitten der von Kost / Döring (Universität Hamburg) im Vorfeld der Planungswerkstatt geführten Interviews künstlerisch‐poetisch mit dem Tagebauloch und den persönlichen Schilderungen der Bewohner auseinandergesetzt und sein ‚Gedicht‘ am 05.09.16 zum Auftakt der Planungswerkstatt vorgetragen. Loch im Herzen Du wirst geboren und wächst auf du gehst zur Schule, machst ein’ drauf du findest Freunde, du knüpfst Bande intensiv und außer Stande mit Worten das Gefühl zu fassen ihm gar ne Definition verpassen: Heimat: das Land oder die Gegend, wo man geboren und aufgewachsen ist oder wo man sich zu Hause fühlt, weil man schon lange dort wohnt Und im Herzen bleibt ein Loch denn das Loch im Land ist das Loch im Herzen ist das Loch im Land ist das Loch im Herzen bleibt ein Loch Haus gebaut und Baum gepflanzt und Kinder, in den Mai getanzt das Leben lernen, alles kennen die Bäckerin beim Namen nennen vertraute Kirchenglocken läuten DIR wird das ewig was bedeuten und heimgekehrt von wo auch immer nach Hause in vertrautes Zimmer hinsetzen und Kaffee trinken durchs Fenster schnell dem Nachbarn winken Richtig! und jetzt bitte löschen – Alles! und glücklich spüren: angekommen Nein, ist nicht wahr oder? – Doch! und schleichend wird dir das genommen Und im Herzen bleibt ein Loch Ja, wer baggert da so spät noch denn das Loch im Land und immer noch ist das Loch im Herzen und ewig noch ist das Loch im Land Nein, ist nicht wahr oder? – Doch! ist das Loch Und im Herzen bleibt ein Loch im Herzen bleibt ein Loch denn das Loch im Land lieben wirken - leben eben ist das Loch im Herzen Identität Bedeutung geben ist das Loch im Land Wurzeln haben und vertrauen ist das Loch auf dörfliche Gemeinschaft bauen im Herzen bleibt ein Loch kennt Buslinien und Eigenheiten Wo machen wir Urlaub in Spee? Am Neu‐ Otzenrather‐See! Gerüchte kann man schnell verbreiten laufen lernen, Wohlfühlzone im eignen Garten oben ohne Familie, Friedhof, Nachbarschaft und heute dort ein Krater klafft Nicht nur die Chinesische Mauer kann man vom Weltraum aus sehen! Dokumentation Planungswerkstatt Doch das tröstet nicht so richtig wichtig ist es schon nach vorne zu schauen, weil woanders nicht mehr hinzuschauen ist. Gestern Fenster auf und Vögel zwitschern heute Autobahn und morgen Bagger. Seite 16 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Gestern um die Ecke heute fahren die Busse nicht und morgen könnt ihr zu Aldi in die nächste Stadt. Gestern war Heimat heute ist kein Tante Emma‐Laden und morgen ist Loch. Und das Loch im Herzen kann man nicht einfach mit Wasser volllaufen lassen und hassen hilft hier am neuen Ort, wo ein kalter Wind durch die Straßen zieht, die noch ohne Erinnerungen keine Geschichten zu erzählen wissen doch ohne Geschichten vergessen Menschen und werden Menschen vergessen Nein, ist nicht wahr oder? – Doch! Und im Herzen bleibt ein Loch denn das Loch im Land ist das Loch im Herzen auch niemandem weiter. ist das Loch im Land Helfen können da nur Menschen ist das Loch Zuhause bist immer nur Du im Herzen bleibt ein Loch Doch du kämpfst hart im Kampf um ein neues Gefühl ©2016 Marco Jonas Jahn nach 10 Jahren Dreck bleibts immer noch kühl Dokumentation Planungswerkstatt Seite 17 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Er kommt, der Tagebau. Diese in den Augen der Bewohner der zukünftigen Tagebaurandgemeinden bedrohliche Tatsache ist Verantwortung und Herausforderung gleichermaßen. Verantwortung, weil den Bewohner der Gemeinden ein größtmöglicher Schutz vor den alltäglichen Beeinträchtigungen (Verkehr Lärm, Schmutz, Licht und andere Emissionen) durch den Tagebau zuteilwerden muss. Herausforderung, weil der Weg lang ist und das Bild einer zukünftigen Landschaft nach dem Tagebau schrittweise und mit steter Weiterentwicklung in den vier Kommunen umgesetzt werden muss. Für die ‚Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler’ müssen Lösungen auf unterschiedlichen Ebenen und in fassbaren Zeitabschnitten gesucht werden. ‚Neue Energie’ kann dabei der Motor sein, der auf unterschiedlichen Maßstabsebenen – von temporären Kleinprojekten über Konzepte auf Gemeindeebene bis hin zur regionalen Entwicklungsperspektive 2086 – vielfältige Projekte anstößt und realisiert. 5.2. Projektidee Die Projektidee formuliert entlang der vier Dimensionen o landschaftliche Strategien (Landschaftsbild, Orientierungspunkte, Neuland entdecken, Heimat‐/Landschafts‐ und Naturbezug, Wassererlebnis, Orte der Identität, Genusslandschaften, …), o städtebauliche Strategien (Siedlungsbild Umsiedlungsstandorte, Stadterweiterungen, Seerand, Revitalisierung alter Ortskerne – sensible Rekonstruktion und moderne Formensprache, …), o wirtschaftliche Strategien (Infrastrukturverbesserungen, Dorfinfrastrukturen fördern/beleben, Genusslandschaften, Gewerbe, Start‐Ups, Innovationszentren, erneuerbare Energien, …) , o soziale Strategien (aktiver und kreativer Umgang mit ‚Abschied und Erinnerung‘ verlorener Orte und Landschaft, Kommunikationszentren, Stärkung des Zusammenhalts von Dorf‐Bewohner‐Familie‐Vereinen, …) Die konzeptionellen Ansätze, (räumliche) Ankerpunkte und adressieren unterschiedliche Umsetzungsebenen. Diese müssen natürlich im weiteren Planungsprozess vertieft und weiter ausgearbeitet werden. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 18 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Handlungsfelder, Quelle plan b 5.3. Der Raum Um die eigene Region, ihre Bedeutung und mögliche Zukunft wirklich begreifen zu können, ist es wichtig, aus dem definierten Projektraum einmal herauszuzoomen. Denn der Projektraum Garzweiler, wenn wir uns darin bewegen, suggeriert uns zunächst eine eher offene Landschaft mit Dörfern und Städten, wie Mönchengladbach und Erkelenz. Erst beim bewussten Herauszoomen wird deutlich, in welch stark urbanisiertem Großraum diese ‚grüne Insel’ bzw. dieses ‚grüne Herz’ liegt. Und das zeichnet den Projektraum im Besonderen aus. Wenn die Gesamtregion um Garzweiler zu einem attraktiven Ort werden soll, ist es sinnvoll, die drei Tagebaugebiete Garzweiler, Inden und Hambach zusammen – synergetisch ‐ zu entwickeln. Dann kann hier ein Dreieck aus drei Orten entstehen, das eine hohe Anziehungskraft für die dicht besiedelte Region hat: Für die angrenzende Rheinschiene mit Düsseldorf, Köln, Bonn, aber auch für das nördlich, südlich und westlich gelegene Umland werden hier in Zukunft Flächen frei für Landschaft und Landwirtschaft, für Freizeit und Erholung, aber auch für gewerbliche und Siedlungsentwicklungen. Die drei „Tagebaufolgeorte“ Garzweiler, Inden und Hambach können sich gegenseitig stärken, wenn sie vielfältig verbunden sind. Es gibt bereits räumliche Verbindungen, wie die Wassersysteme von Erft und Ruhr, die das Gesamtgebiet flankieren. In der Zukunft wird es weitere Wassersysteme geben, wie die Auenlandschaft, die durch die großen Seen, aber auch durch kleinere Gewässer entsteht. Diese Systeme sollen durch Kanäle miteinander verbunden werden. So entsteht ein blaues Netzwerk aus Wasserstraßen. Des Weiteren gibt es bestehende Rad‐ und Wanderwege, die vervollständigt werden können: Dann gibt es nicht nur den äußeren Weg, sondern auch die Verbindung durch die Mitte, durch das „Herz“. Ein weiteres nutzbares Verkehrsmittel ist die Bergbaubahn, die heute den Tagebau Hambach und den Tagebau Garzweiler verbindet ‐ ein Schienensystem, das man mit dem Personenfördersystem verknüpfen kann. Schließlich gibt es ein weiteres Verbindungssystem, das der Charakteristik des Ortes vielleicht am besten entspricht: Eine Luftseilbahn kann die einzelnen Tagebaugebiete bereits in naher Zu- Dokumentation Planungswerkstatt Seite 19 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler kunft „überfliegen“ und langfristig alle drei miteinander verbinden. Im Gebiet Garzweiler könnte die Seilbahn zunächst Erkelenz über die Autobahn hinweg mit dem Tagebaurand verbinden und über das Tagebauloch hinweg Holzweiler anbinden, wodurch dessen Insellage während des Tagebaus etwas abgemildert würde. In einer späteren Phase kann die Seilbahn von hier aus auch über die Folgelandschaft geführt werden und die Gemeinde Jüchen über die Autobahn hinweg anknüpfen. Durch die Verbindung von Jüchen und Erkelenz ist die Seilbahn wieder an die Bahnschienen angebunden. Weitere Verbindungen sind in Richtung Vollrather Höhe sowie für die beiden südlichen Tagebaugebiete vorstellbar. Die Rheinschiene mit den Städten Düsseldorf und Neuss sowie die Stadt Mönchengladbach umschließen das Gebiet Garzweiler und sorgen für einen erhöhten Siedlungsdruck im Norden. Das Tagebaufolgegebiet kann somit nicht nur als Landschaftsraum für Landwirtschaft, Erholung, Freizeit und Sport gesehen werden, sondern muss auch weitere Bedarfe aus den umliegenden Ballungszentren aufnehmen. Siedlungs‐ und Gewerbeentwicklung sowie Bildung, Kultur, Forschung und vielleicht auch universitäre Einrichtungen können hier Platz finden. Somit ist dies ein Raum, in dem vieles stattfinden kann, was in den nächstgelegenen Gebieten aufgrund von Flächenknappheit nicht mehr möglich ist – unterstützt durch attraktive landschaftliche Verbindungsräume. Wichtig ist, dass die verschiedenen Nutzungen so ihren Platz finden und gestaltet werden, dass Garzweiler als Einheit erkennbar bleibt. 5.4. Das Loch kapern Der Raum für den Tagebau folgt heute ausschließlich seiner eigenen Logik: der Bodenschatz Braunkohle wird gefördert, dafür Ortschaften umgesiedelt und zerstört, die Landschaft ausgeräumt. Mit unserem Konzept wollen wir ab jetzt vom AUSRÄUMEN hin zum EINRICHTEN der Landschaft kommen – ein Paradigmenwechsel im Umgang mit dem Tagebau, der auf die Ausräumung wartenden Landschaft und Ortschaften. Gerade hier brauchen wir Konzepte, kleine Interventionen und Projekte, die temporär, aber auch zukunftsweisend wirken. Nur so können die Region und ihre Bewohner den langen Weg bis 2086 meistern. Schon jetzt wird die Landschaft für den herannahenden Tagebau bspw. durch Pumpenfelder, Tagebaurandstraßen und Wälle vorbereitet. Der Tagebau ist wie eine Krake – er nimmt sich den Raum, überformt ihn mit seinen funktionalen Strukturen, gibt aber nichts zurück. Die Landschaft verliert ihre Schönheit und Attraktivität, nicht zuletzt, weil sie zunehmend verwahrlost. Hier gilt es räumliche und gestalterische Interventionen zu entwickeln, die der Landschaft und ihren Bewohner etwas davon zurückgibt. D.h. die lange Dauer bis der Tagebau ‚kommt’ muss kreativ genutzt, der Tagebau (‐rand) gekapert, Geschichte und Geschichten der Dörfer, der besonderen Orte in der Landschaft, der vielen Quellen etc. kann so erzählt werden. Für Touristen stellt der Tagebau dann eine potentielle Attraktion dar. Solche Dimensionen sind landschaftlich kaum noch zu sehen. Für die Anwohner steht er verständlicherweise nur für Belastungen und Beeinträchtigungen. Deshalb ist es wichtig, jedem, der am Tagebaurand sich aufhält, die Möglichkeit zu geben, hineinzuschauen oder nicht. Dies wird möglich, wenn wir rund um den Tagebau ein grünes Band ziehen, das Dokumentation Planungswerkstatt Seite 20 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Durchblicke und Einblicke ermöglicht, wenn man es will und sonst die Funktion des Sicht‐ und Emissionsschutzes übernimmt. Wichtig ist dabei, dass wir rund um den Tagebau keine Gleichförmigkeit des grünen Bandes erzeugen, sondern eine Vielfalt an Zugängen und Abschottungen durch naturnahe Strukturen und Elemente. Dies schafft gleichermaßen eine Spannung, eine Neugier für den Entwicklungsprozess. 5.5. Das Loch einpacken Die traditionsträchtige Kulturlandschaft in dieser Region wurde stark anthropogen überformt und verändert. Die Varianz der Landschaftsnutzung ‐ ursprünglich als Grundlage des Lebensmittelanbaus, in der jüngere Vergangenheit und Gegenwart als Energielieferant durch den Tagebau ‐ erschuf eine neue Landschaft. Diese, ob der Größe beeindruckende, Überformung der Landschaft stellt momentan einen negativen Fokus dar. Die Betrachtung auf einer Metaebene, welche sich nicht im großmaßstäblichen verliert und dennoch nicht zu kleinteilig ist, ist Grundlage für einen Perspektivwechsel. Bei der Entwicklung eines Zukunftskonzepts darf nicht nur der Tagebau im Fokus stehen. Dieses Konzept muss von der Umgebung auf die Ursache hin entwickelt werden. Das Gesicht des Tagebaus und die Geschichte der Landschaft bleiben dabei das Zentrum der Entwicklungsstrategie. Die Strategie entsteht jedoch aus der Dezentralität der Umgebung, den Dörfern der traditionellen Landschaft. Der zentrale Leitgedanke ist dabei, das Loch ‚einzupacken’. Einpacken auf eine schöne Art und Weise! D.h. für die Zeit des aktiven Tagebaus muss die ‚Verpackung’ mit einer hohen Qualität hergestellt werden. Für uns ist es ein grünes, vielgestaltiges Band, das in dieser Zeit den Rahmen und ein Zeichen für weitere Entwicklungen in den angrenzenden Gemeinden setzt und gleichzeitig für die Zeit nach dem Tagebau die Voraussetzungen für die Entwicklung der Seeseite schafft. Der grüne Ring Das ‚eingepackte‘ Loch ermöglicht vielgestaltige, fokussierte Einblicke und an verschiedenen Standorten darüber‐hinweg‐Blicke (Aussichtstürme/‐plattformen). Gerade der fokussierte Blick lässt den Betrachter die Besonderheiten der Landschaften und Or- Dokumentation Planungswerkstatt Seite 21 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler te pointiert erleben. Der Grundgedanke der Blickachsen des englischen Landschaftsgartens kann dabei beispielgebend sein. 5.6. Das Grüne Band Die Landschaft am Tagebau bleibt in Bewegung. In einem ersten Schritt wird der Tagebau mit einem grünen, vielgestaltigen Band ‚eingepackt’. Das ermöglicht Entwicklungen in den Dörfern. Die Landschaft und Orte sollen im Wesentlichen in ihrer Struktur gestärkt werden. Die Infrastruktur in und zwischen den Orten muss wiederhergestellt und modernisiert werden. Der Ring bzw. das grüne Band schafft somit auf vielen Ebenen Verbindungen und schützt die nächsten Entwicklungen in den Dörfern. Wenn der See kommt, können Teile des Randes wieder ‚ausgepackt’ werden, um Zugänge zu schaffen und Entwicklungen zum See hin zu ermöglichen. Das grüne Band bleibt die erkennbare und verbindende Struktur dieses Raumes. Der Ansatz bestand daher nicht in einer genauen Betrachtung des Tagebaus selbst, sondern in der Analyse der intakten regionalen Landschaft. Die Vielfalt der Elemente und die daraus resultierende Kleinteiligkeit prägen das charakteristische Landschaftsbild, welches durch Transformation der einzelnen Bausteine bis an den Tagebaurand weiterentwickelt werden kann. Entlang des ehemaligen, des aktuellen und des zukünftigen Tagebaurands entsteht ein grünes Band als Membran zwischen Alt und Neu, zwischen Innen und Außen. Den Übergang zwischen der großmaßstäblichen Weite des Tagebaus und der Kleinteiligkeit der Umgebung bilden Schwellen, welche auf gekappten Straßen und Wegen basieren. Dieses Band umgibt das gesamte Gebiet und schafft mit bekannten Elementen und Strukturen eine Grüne Infrastruktur. Der Tagebau wird an seinen Schwellen als Attraktion inszeniert und bildet durch landwirtschaftlich genutzte Felder, Freizeitnutzungen und Parkschaften eine Attraktion in der Region: Den Garzweiler Gärten. Die Garzweiler Gärten Dokumentation Planungswerkstatt Seite 22 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Das grüne Band ist von Beginn an eine Art Hauptschlagader der Region. Von ihr sind der Erfolg des Konzeptes und die Akzeptanz der Veränderungen wesentlich abhängig. Die Grüne Infrastruktur in Form eines Grünen Bandes, welches sich aus den Ortschaften entwickelt, diese miteinander verknüpft und irgendwann die gesamte Tagebaufläche umschließt, wird zu der Generationenaufgabe, den Wandel der Landschaft aktiv mitzugestalten und den Raum während und nach dem Tagebau neu zu besetzen. Die Garzweiler Gärten bieten eine neue Art von Freiräumen. Die kleinteilige Struktur erlaubt ein Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen, welche mit den nahe gelegenen Siedlungen in Beziehung stehen. Durch die Betonung bestehender Strukturen werden Flächen für Siedlungsentwicklung, neben Lebensmittelproduktion und Parkschaften mit großem Freizeitangebot, in einer Grünen Infrastruktur integriert. Es ist wichtig, dass neben der räumlichen Kleinteiligkeit der Garzweiler Gärten der große Maßstab immer wieder am grünen Ring erfahrbar ist. Ein Element des Ringes ist der Radschnellweg, der als ca. 70 km langer „Orbit“ das gesamte ehemalige Tagebaugebiet einschließt: Mit dem Fahrrad wäre das ein schöner Tagesausflug. Entlang dieser Route können Mobilitätsstationen entstehen, an denen unterschiedliche Verkehrsmittel ausgeliehen und ausprobiert werden können, an denen man vielleicht auch Pause macht, an denen ein gastronomisches Angebot vorhanden ist. Entlang des Weges, inmitten der Garzweiler Gärten, können „Lichtungen“, „Haine“, „Portale“ oder „Refugien“ gestaltet werden, die den grünen Ring bespielen ‐ Orte für Freizeit, Sport, Erholung, Feste. Der Radschnellweg entlang des grünen Bandes und rund um den Tagebau muss als Initial für weitere Entwicklungen begriffen werden. Beispiele, wie hier in Polen, belegen dies. Eine vielgestaltige Mobilität ist Grundvoraussetzung, um in die Orte zu kommen und den Raum als Ganzes erlebbar zu machen. Dabei sollten alternative, nachhaltige Mobilitätskonzepte den Vorrang erhalten. Die Region kann hier Vorreiter sein. 5.7. Drei Landschaften Innerhalb des Grünen Rings entstehen drei unterschiedliche Räume. Die erste Landschaft ist die Reallabor‐Landschaft. Sie stellt ab jetzt einen vielfältigen Experimentierraum dar: für Gewerbe, neue Energieformen, temporäre Nutzungen, Landschaftsprojekte. Die neu entstehende Landschaft soll ebenfalls über den grünen Ring mit den umliegenden Siedlungsstrukturen (insbesondere Jüchen) verbunden sein. Um die Barrierewirkung der Verkehrswege aufzuheben, könnte hier eine „grüne Brücke“ gebaut werden, die zukünftig Jüchen mit dem grünen Ring und dem sich entwickelnden Landschaftsraum verbindet. So würden Gemeinde und Grünraum wieder dichter zusammenrücken. Abhängig vom Siedlungsdruck ist auch eine Siedlungserweiterung Jüchens über die Barriere hinweg vorstellbar. Die grüne Brücke führt in das neue Landschaftsgebiet hinein: Entlang des Rings gibt es hier Flächen für Freizeit, Sport und Veranstaltungen. Ein sekundäres Gewässersystem kann neben den großen Seen das Gebiet weiter beleben. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 23 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Die Reallaborlandschaft Die zweite Landschaft – das Innovation Valley - ist eine vielgestaltige, offene Landschaft mit besonderen Atmosphären, Terrassen, unterschiedlichen Feucht‐ und Trockenzonen, Wasser, unterschiedlichen Topographien. Sie stellt innerhalb der drei Landschaften das grüne Herz dar. Zum zukünftigen See hin bietet sie Raum für neue Wirtschafts‐ und Wohnstandorte. Auch Einrichtungen für Forschung, das Gesundheitswesen, Dienstleistungen können in dieser attraktiven Landschaft Platz finden. Die Topographie der Hügellandschaft ermöglicht vielfältige Aussichten in diesen abwechslungsreichen Raum. In diese ungewöhnliche, neu geformte Landschaft können Ortschaften eingebettet werden, in denen innovative Wohnformen angeboten werden. Durch einen starken Bezug auf die besondere Umgebung können diese Ortslagen eine Einzigartigkeit entwickeln und so auch für Menschen attraktiv sein, die sich vorher nicht vorstellen konnten, außerhalb der großen Städte zu wohnen. Diese Menschen könnten die Region Garzweiler als Ort zum Leben, zum Wohnen und zum Arbeiteten entdecken und die bestehende Bevölkerungsstruktur anreichern. Eine Strategie sollte also sein, zunächst die Landschaft neu zu formulieren, zu modellieren und einzigartige landschaftliche Situationen zu schaffen: Die Senke, das Tal, die Anhöhe, den See. Aus dieser Ausgangssituation heraus können dann neue Siedlungsmodelle, Bebauungsstrukturen und Architekturtypologien entwickelt werden. So kann hier ein Experimentierfeld für innovative Lebens‐ und Arbeitsmodelle entstehen, das eine große wirtschaftliche Antriebskraft hätte. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 24 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Die Reallaborlandschaft Um den Charakter der offenen Landschaft zu erhalten, können unterschiedliche Raumnutzungen überlagert werden (bspw. Infrastrukturen und Wohnen). Dies ist zudem ein Beitrag zu einem nachhaltigen, reduzierten Flächenverbrauch. Die Hangsituationen der modellierten Landschaft haben ein großes architektonisches Potenzial: Sie können kräftige, markante Bebauungsstrukturen integrieren, die urbane Qualitäten in der Landschaft erzeugen. Neben einer hohen Dichte können sie eine vielschichtige Programmatik aufweisen, die unterschiedliche Funktionen zusammenbringt. Über Pionierstationen, „Wissens‐Hubs“ könnte man Punkte besetzen, an denen sich einzelne Ortschaften oder Wegebeziehungen miteinander vernetzten und an denen Wissen und Informationen der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Auch könnten es Begegnungsorte von Anwohnern und jenen Menschen sein, die sich einen Zuzug in das Gebiet Garzweiler in Zukunft vorstellen können. Die Pionierstationen können sich mit der Zeit weiterentwickeln und vernetzten, sodass eine aktive Wissenskultur am Ort entstehen könnte. Aus dieser Anfangssituation heraus könnte sich letztlich ein permanenter Wissenscampus etablieren. Ein Innovations‐ und Forschungszentrum, in dem alle Themen rund um den Tagebau und seinen Folgen erforscht werden, wo das bereits vorhandene Wissen weiterentwickelt und ergänzt wird. Solch ein Wissenscampus wäre ein starker Motor für die gewerbliche und wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Region. Als Ort für das beschriebene Forschungs‐ und Innovationszentrum bietet sich der Bahnhof der Bergbaubahn im Osten des Tagebaugebietes an, weil er eine gute Infrastruktur und Anbindung bietet, die für den Campus besonders wichtig ist. Die dritte Landschaft: das nahende Tagebauloch und der zukünftige Garzweiler See. Gerade die Zwischenphase ermöglicht viel Raum für temporäre Nutzungen und ‚Kaperungen‘, ob das Illuminationen der Großgeräte und des Tagebaulochs oder schwimmende, sich langsam hebende Inseln sind. Vielfältig können Aktivitäten und Aktionen Dokumentation Planungswerkstatt Seite 25 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler unter Einbeziehung der Bewohner erfolgen. Dies ermöglicht zudem eine aktive und stete Auseinandersetzung mit der Zukunft des Raums in und für die Region. Der Garzweiler See Ehemalige Verbindungen, welche durch den Tagebau gekappt wurden, werden zu Stegen in den zukünftigen See entwickelt. Diese Stege erinnern an die Verbindungen der Orte zueinander und schaffen neue Qualitäten in der Landschaft. Der Grüne Ring verbindet diese Orte miteinander und wandelt die Ungunstzone direkt am Tagebau in eine Lebensader der Dorf‐ und Landschaftsentwicklung. Das Ufer des Sees lässt in der Großform erkennen, dass es von Menschenhand gestaltet ist, Landschaftsbrücken greifen wie Finger in den Tagebau und zukünftigen See. Sie sind die Symbole und Zugänge zur sich transformierenden Landschaft. Am südöstlichen Ufer des Sees kann in ferner Zukunft eine neuartige „Landschaftsstadt“ entstehen. Hier können bestehende Typologien der Region in neue Konzepte übersetzt werden. Der lange Prozess der Flutung des Sees kann zur Energiegewinnung und ‐ speicherung im Zusammenwirken mit den anderen beiden Standorten Inden und Hambach genutzt werden. Die Sichtbarmachung der gewonnenen und gespeicherten Energie kann eine räumliche Verknüpfung betonen und gleichzeitig die gemeinsame Geschichte der Energiegewinnung in diesem Raum fortschreiben. Die abwechslungsreiche Landschaft in ihren Strukturen und Topographien bietet viel Raum für die Schaffung besonderer Orte. Orte für Forschung, Erholung, Gesundheit, neue Energie … Der See hat am Ende eine enorme Größe. Um auch die Orte und Landschaften neu zu erfahren, können Inseln im See eine Bereicherung darstellen. Sie ermöglichen einen Perspektivwechsel und eine bewusste Wahrnehmung des Grünen Bandes mit den Landschaftsbrücken rund um den See. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 26 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler 5.8. Sechs Phasen In der zeitlichen Abfolge betrachtet, ergeben sich sechs Hauptphasen: 1. Der Tagebau wird ‚eingepackt‘. Das grüne Band mit all seinen Strukturen wird als erstes entwickelt – quasi als Voraussetzung für die Entwicklung der Orte. Der Tagebau wandert über die Autobahn 61 hinweg in seine endgültige Position. 2. Auf dieser Qualität aufbauend werden die Entwicklungen in den Dörfern werden vorangetrieben, die Dörfer in ihrer Struktur gestärkt. Das jetzige Tagebauloch bzw. die Kippenseite im Osten wird entwickelt bzw. qualifiziert, die Orte werden verstärkt und setzen neue Entwicklungslinien 3. Die unterbrochenen Infrastrukturen werden entlang des entwickelten Konzepts (wieder‐) hergestellt. Bestehende Infrastrukturen verbessert, so dass keine Mobilitätsgrenzen mehr bestehen. 4. Das Gebiet des heutigen Tagebaus zwischen neuer A 44 und A 61 wird von Ost nach West dem Tagebau folgend als abwechslungsreiche Landschaft entwickelt. Sie bietet sowohl einer landwirtschaftlichen Nutzung als auch einer vielfältigen Tier‐ und Pflanzenwelt Platz. Die historischen, naturräumlichen Gegebenheiten dieses Raums (Quellen‐/Feuchtgebiet, leicht hügelige Landschaft, Kleinteiligkeit, Ausblicke) sollen aufgenommen und an den Lebensraum der Menschen angepasst werden. 5. Im Gebiet des heutigen Tagebaus entstehen regenerative Energiequellen, entlang der Infrastrukturen neue Gewerbestandorte. Die Orte am zukünftigen Tagebaurand verstärken ihre grüne Infrastruktur, entwickeln neues Wohnen und schaffen damit die Voraussetzungen für ihre Attraktivität am zukünftigen Seerand. 6. Der See ist da. Teile der ‚Verpackung‘ werden aufgebrochen, so dass neue Erlebbarkeiten der Landschaft möglich werden. Eine vielgestaltige, abwechslungsreiche und vielfältig erlebbare Landschaft ist entstanden. Gemeinsam mit den ehemaligen Tagebaulöchern Inden und Hambach ist ein grünes Herz der Region entstanden mit hohem Freizeit‐ und Erholungswert. Wir können morgen bereits anfangen: mit der Entwicklung des grünen Bandes, temporären Nutzungen, ‚kapernden‘ Interventionen, der Verstärkung der Dorfkerne durch Innenentwicklung. Der Prozess des Wandels der negativen Aura des Tagebaulochs in etwas Positives muss jetzt begonnen werden – am besten mit schnell umsetzbaren Projekten und Initiativen. Es muss ein Bewusstseinswandel bei allen Beteiligten stattfinden. Die positive Zukunft von Garzweiler ist etwas, das in den Köpfen der Menschen entstehen muss, insbesondere der Anwohner. Dieser Bewusstseinswandel muss sich natürlich auch auf einem größeren Maßstab vollziehen, also bezogen auf das regionale Image. Die Impulse zum Umdenken können unmittelbar gesetzt werden, indem man beispielsweise das Loch und seine Ränder als einzigartige, aber eben auch vergängliche Situation begreift, die man sichtbar und erfahrbar machen kann für alle, die das wollen. Das Loch lässt sich ‚kapern‘ ‐ durch Inszenierung, Bespielung oder Interpretation. Das kann eine künstlerische Inszenierung der Ränder und Hänge sein, Land‐Art, Start‐Up‐Projekte am und im Loch, größere Veranstaltungen oder die Gestaltung der Infrastruktur, die es ohnehin Dokumentation Planungswerkstatt Seite 27 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler gibt ‐ wie die zahlreichen Pumpen, Bewässerungsanlangen usw. Das alles könnte in naher Zukunft den Tagebaustandorten einen neuen Nutzen geben, die Gesamtregion aufwerten und neue Menschen an diesen Ort ziehen. Der temporäre Rand ist das Element des Tagebaus, mit dem ein direkter Kontakt möglich ist. Man kann in ihn hineinschauen, an ihm entlang gehen oder ihn aus der Luft erleben. Das sind eindrückliche Erlebnisse, die bereits während des Tagebaubetriebes das Bild des bestehenden und des zukünftigen Ortes positiv prägen. Bereits 2020 könnte das Loch durch die Erlebbarkeit mit der Seilbahn inszeniert werden. Diese hätte gleichzeitig eine wichtige Erschließungs‐ und Verbindungsfunktion für Orte wie Venrath‐Kaulhausen oder Holzweiler, die sich durch den Tagebau zukünftig in einer prekären Rand‐ oder Inselsituation befinden werden. Sie könnten dann durch einen Seilbahnanschluss an Erkelenz auch mit dem regionalen Bahnhof verbunden werden. Auch das Gemeindeleben könnte sich neu vernetzen und den Zusammenhalt der Bewohner fördern. Die Seilbahn birgt unterschiedliche Potenziale der Anbindung, der Erlebbarkeit des Ortes und der Verknüpfung jener Ortschaften, die sich in einer „abgehängten“ Situation befinden. Sie kann schrittweise und abgestimmt auf die jeweils akute Phase des Tagebaus weiter ausgebaut werden und neue Funktionen erfüllen. So würde sie in fernerer Zukunft, wenn sich Venrath und Kaulhausen bereits in direkter Seelage befinden, auch die Anbindung Holzweilers und damit der Bebauung des Hangs zum See begünstigen. Schließlich können auch die umliegenden Anhöhen der Tagebaufolgelandschaft durch die Seilbahn erschlossen werden. Sie können zu regionalen Bezugspunkten werden, da man von dort aus die anderen Tagebaugebiete, die Vollrather Höhe oder die Sophienhöhe sehen kann. 5.9. Siedlungsentwicklung Die beiden Städte Erkelenz und Mönchengladbach müssen langfristig ihre Entwicklungsperspektive zum See planen, vorbereiten und erste Akzente setzen. Dies ist auch ein wichtiges Signal für die Orte am zukünftigen Tagebaurand. Erkelenz kann sich beispielsweise als städtisches Tor zum See begreifen und entwickeln. Die baulich‐räumliche Struktur kann sich vielfältig entwickeln, ggf. unterstützt durch eine Überdeckelung der A 46. Gleichzeitig bedingt die Entwicklung des grünen Bands auch die Entwicklung der in und an ihm gelegenen. Holzweiler als „Dorf über dem See“ wird dabei großes Potential für eine städtebauliche Entwicklung attestiert. Mönchengladbach, die wachsende Stadt, erhält die Chance, entlang der Niers einen grünen Finger zu entwickeln, der aus der Innenstadt bis an den Grünen Ring und die spätere Seelage anbindet, ein entscheidender weicher Standortfaktor kann so nachhaltig gestärkt werden. Jüchen hat die Chance, über die A 46 hinweg zu springen und in der Reallaborlandschaft neue Siedlungsansätze zu formulieren, wobei durchaus Wohn- und Gewerbestandorte möglich erscheinen – insbesondere auch im „Innovation Valley“ mit seinen wohl einmaligen Standortqualitäten. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 28 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Sprung über die Autobahn Auch Titz profitiert nachhaltig von dem Grünen Ring, aber insbesondere auch von der Standortgunst im Dreieck der drei Tagebaue. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die Nachfrage nach Wohnbauflächen in dem Maße steigt, wie der Raum positive Signale hinsichtlich seiner Zukunft zu senden in der Lage ist. 5.10. Der Mensch Die große Herausforderung liegt in der zeitlichen Dimension und der damit verbundenen Frage – wie wollen wir in Zukunft leben? Dass diese Region heute den Grundstein für eine bewusste Entwicklung in den nächsten 60 Jahren legt, bedeutet die Einbeziehung unterschiedlicher Generationen. Mit diesem Wissen muss der Weg dorthin als Prozess gedacht werden, der immer wieder Anpassungen und Weiterentwicklungen erfährt, ohne die umspannende Grundkonzeption des ‚grünen Herzens’ bzw. des ‚grünen Rings‘ um den Tagebau‐Großraum zu verlassen. Denn dies ist das Bindeglied für alle Entwicklungen. Wichtig erscheint dabei, die Entwicklungen in der nahen, mittelbaren und fernen Zukunft sichtbar und für Jeden erfahrbar zu machen. Damit bleibt der Prozess im kollektiven Gedächtnis präsent. Die Geschichte und Geschichten des Tagebaus, der umgesiedelten Dörfer und Menschen, der verlorenen Orte und Erinnerungspunkte müssen aktiv mit dem Umbau der Landschaft gedacht werden. Denn sie bedeuten Identität und Verbundenheit mit dem Raum, der Region, dem Dorf, den Nachbarschaften. Nur so kann sich eine positive Zukunft (‐svorstellung) im regionalen Bewusstsein entwickeln und verankern. Für Touristen stellt der Tagebau eine gewisse Attraktion dar. Solche Dimensionen sind landschaftlich kaum noch zu sehen. Für die Anwohner steht er verständlicherweise nur für Belastungen und Beeinträchtigungen. Deshalb ist es wichtig, jedem, der am Tagebaurand sich aufhält, die Möglichkeit zu geben, hineinzuschauen oder nicht. Dies wird möglich, wenn wir rund um den Tagebau ein grünes Band ziehen, das Durchblicke und Einblicke ermöglicht, wenn man es will und sonst die Funktion des Sicht‐ und Emissionsschutzes übernimmt. Wichtig ist dabei, dass wir rund um den Tagebau keine Gleichförmigkeit des grünen Bandes erzeugen, sondern eine Vielfalt an Zugängen und Abschottungen durch naturnahe Strukturen und Elemente. Dies schafft gleichermaßen eine Spannung, eine Neugier für den Entwicklungsprozess. Neben der großen Vision für die Tagebaufolge(n)landschaft Garzweiler brauchen die Menschen vor Ort vor allem die kleinen Gesten und Entwicklungen, die den Prozess des Wandels hin zu einer ‚schönen Landschaft’ sichtbar machen. Denn für die Region sind zwei Dinge ganz wichtig: Dokumentation Planungswerkstatt Seite 29 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler 1. Die Entwicklung eines neuen Images, das durch eine Vielzahl von Projekten sichtbar und erlebbar wird. Ein Image, das NACH AUSSEN wirkt, neue Bewohner und Investoren anzieht. 2. Die Entwicklung der Dörfer und einzelnen Standorte muss sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Projekte sichtbar NACH INNEN abbilden. Nur so kann das große Projekt leben und nimmt die Bewohnerschaft mit. Für den einzelnen Ort bedeutet dies, sich aus dem Kern, dem Zentrum heraus zu entwickeln und die gegebenen Potenziale auszubauen. Unser Modell sieht für die Entwicklung der Dörfer eine Art Baukastensystem vor. Der Vier‐Seiten‐Hof, den wir in vielen Orten antreffen, ist Symbol und Potenzial für neue Entwicklungen gleichermaßen. Er steht für den Dorfkern, der sowohl baulich als auch in der sozialen Gemeinschaft verstärkt werden muss. Es bietet Potenziale für neue (alternative) Wohnprojekte oder auch für die Verbindung von Arbeiten und Wohnen generell. Die Dörfer stehen für eine starke regionale Identität, für einen schönen Raum, eine attraktive Landschaft, für modernes Wohnen und Arbeiten, für eine gemeinsame interkommunale Zukunft. 6. Fazit Die Region braucht eine große Vision, im Grunde ein neues Raumbild, was die Region von anderen unterscheidet. Gleichzeitig braucht es die Projektebene, die an vielen Stellen an diesem Raumbild arbeitet, Bewohnerschaft einbindet, Entrepreneurs anzieht. Mit dem Konzept „Neue Energie“ liegt ein Drehbuch, ein Rahmen vor, den es weiter zu konkretisieren und zu überprüfen gilt. Er ist ein großer Schritt weg von der nüchternen Wiederherstellung hin zu einer neuen Identität in der Region. Das Konzept ist von überregionaler Bedeutung und Strahlkraft; es wird Einfluss nehmen auf die weitere Landes- und Regionalplanung und wird zunächst konkret Bewertungsmaßstab für die Erstellung des Braunkohlenplans. Aus dem Konzept lassen sich erste Schritte für die kommenden Jahre ableiten, die in Angriff genommen werden können. Maßstab für alle Maßnahmen ist der Mensch, für die Beteiligung der Bevölkerung und einer aktiven Mitwirkung am Bewusstseinswandel liegen Konzepte vor. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 30 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Lage des Restsees – „Alter“ Braunkohlenplan Ein Vergleichsmaßstab für die zeitliche Dimension und die Entwicklungsschritte mag der Emscher Landschaftspark im Ruhrgebiet sein. Bereits in den 1920er Jahren des letzten Jahrhunderts begann der damalige Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk damit, Freiraumstrukturen in Form „Regionaler Grünzüge“ zu sichern. Ziel war die Erhaltung und Entwicklung der zusammenhängenden Grünflächen und die Verhinderung des Zusammenwachsens der einzelnen Städte. Eine rechtliche Absicherung der Grünzüge wurde 1966 im GEP66 des damaligen SVR erreicht. Die Grünzüge im Ruhrgebiet Links „Grundelemente der räumlichen Struktur“ aus: Gebietsentwicklungsplan 1966, Hg. v. Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk Unten: Karte des Emscher Landschaftsparks 1999, RVR Dokumentation Planungswerkstatt Seite 31 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler Mit dem Projekt Emscher Landschaftspark und der Internationalen Bauausstellung Emscher Park nahm die Idee ab 1989 konkrete Formen an und 2027 wird voraussichtlich eine Internationale Gartenschau den krönenden Abschluss bringen. Der Raum um Garzweiler hat ähnliche Zeitläufe vor sich und muss sich am Anfang – wir im Ruhgebiet – bewusst visionär und zukunftsgerichtet aufstellen. 7. Ausblick Zunächst sind die Inhalte des Drehbuchs mit der kommunalen Politik abzustimmen und der Öffentlichkeit zu erläutern. Dabei sind die Ergebnisse der Werkstatt als kreative Ideen und Anregungen „ohne Scheuklappen“ weiter zu diskutieren und fortzuentwickeln. Anfang 2017 sollte die Chance genutzt werden, den Planungsverband zu institutionalisieren, angestrebt wird ein Zweckverband, der den interkommunalen Ansatz bündelt und überregional wahrgenommen wird. Die Machbarkeit bestimmter Maßnahmen ist gutachterlich zu überprüfen, etwa die Frage, wie eine Gestaltung weiterer Wasserflächen im östlichen Bereich möglich und sinnvoll ist. Schließlich sind Förderzugänge zu erschließen und Mittel zu akquirieren, um die Projekte umsetzen zu können. Dokumentation Planungswerkstatt Seite 32 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler 8. Noch’n Gedicht Marco Jonas Jahn hat die Planungswerkstatt und die Arbeitsprozesse in den vier Teams die Woche über begleitet und beobachtet. Am Ende ist dieses ‚Gedicht‘ entstanden, das er am Tag der Abschlusspräsentation als sein Resümee vorgetragen hat. Alle Mann an die Sternenstaub‐ Kanonen das Loch wird gekapert Bungee‐Jumping, Mountain‐Biking Kletterpark für großes Hiking Fahrrad‐Schnell‐Weg, Gondelbahn Roadmap bis zum Masterplan Energie regenerativ ACT NOW neuer Wohnraum, hoch und tief Also, machen, dass was geht! – Für Seele Herz und Identität! Anbindungen, ÖPNV Die Tische mit Landschaft gedeckt Schöner Raum mit richtig Weite viele Hirne voller Ideen Streuobstwiesen, richtig breite Karten in jedem Format schöne Bauten, jetzt wird’s krasser Betroffene treffen, verstehn denn wie Phönix aus dem Wasser Papier durchpausen und schöpfen werden sich manche erheben, von Straßen bis zum Baumbewuchs denn die Asche ist passé genau wie der Staub aus dem Tagebau‐Beben, Visionen in allen Köpfen und Pläne und Rudi der Fuchs Wie RISIKO, das Strategiespiel auf Feldern gemalt like van Gogh verfolgen sie folgenden Auftrag: „Befreien Sie alle vom Loch!“ Und draußen krähen die Hähne als hätten sie traumlos verpennt und wollten nun alle erwecken neue Jobs, Büroflächen‐Bau der nicht das einzige ist, das vom Wall gestoppt oder vom Wasser gefiltert das vom Verlust getoppt und die Seele gekillt hat. Also, machen, dass was geht! – Für Seele Herz und Identität! Die Gedanken sind frei hört nicht auf, sie euch zu machen Aufbruch in jede Zukunft und lasst sie uns trotz der Liebe zur Freiheit ganz pathetisch in Gefangenschaft nehmen ob nahe, ob mittel, ob fern und bei zukünftigen Themen aus schwarzem Loch, da entsteht nun zu Positivem zwingen. für immer und diesen Moment leuchtend ein blau‐grüner Stern Denn das Kind ist ja nun einmal in den Brunnen gefallen und da muss man nun schauen, Also, machen, dass was geht! – Für Seele Herz und Identität! künftige Kinder zu schützen. (Fußball‐Song‐Melodie) Okay, ohne Fragen 2026 – 36 – oder eighty‐six etwas dick aufgetragen! sei schlau – Act Now Aber ohne Pathos geht die Welt zugrunde, sonst ändert sich nix Dokumentation Planungswerkstatt Seite 33 von 34 Tagebaufolge[n]landschaft Garzweiler und in Abgründe sollte niemand blicken müssen, wenn er hinter sich schaut, denn weder Sodom noch Gomorra bleiben aufgebaut und Salzsäulen‐Starre kann man sich hier ohnehin nicht leisten Also leisten wir uns lieber einen Ausblick und… machen aus dem hässlichen Monster‐Entlein so können wir ihr doch die Fingernägel lackieren und zelebrieren das Dekorieren Und die Geschichte mit ihren Geschichten wird nicht vergessen und so kann man sich ohne zu stressen auf seinen Wegen jene erzählen lassen und die Vergangenheit hörend erleben, erfassen einen schönen Schwan Und dann haben wir wieder Seele plus Herz gleich Identität treten unermüdlich wie Don Quichotte Also: Machen, dass was geht!!! nur nicht gegen, sondern für die Windmühlen an Machen, dass was geht!!! © 2016 Marco Jonas Jahn denken groß www.bühnenpoet.de/ doch mit Liebe zum Detail jonas@volxbegehren.de sachlich‐fachlich gut und den Menschen stets dabei heilen den Patienten in allen Größeneinheiten setzten überall Duft‐Landmarken um Lebensqualität zu verbreiten Und irgendwann wird der Bagger irgendwo in China zu seiner Vergangenheit interviewt und sagt: „Schade, es wurde immer schöner dort. Ich wäre gerne länger geblieben“ doch er wird vertrieben mit samt dem Schatten, den er zu lange warf stattdessen wird ein neues Licht geworfen auf die RWEnergie‐Krake, die ihre Pumpenfeld‐Tentakel gierig immer weiter in die Landschaft treibt Doch wenn wir der Krake die Ärmchen schon nicht abschlagen oder daran nagen dürfen, Dokumentation Planungswerkstatt Seite 34 von 34