Daten
Kommune
Erkelenz
Dateiname
49007.pdf
Größe
144 kB
Erstellt
31.08.16, 12:00
Aktualisiert
01.02.18, 12:31
Stichworte
Inhalt der Datei
Beschlussvorlage
Federführend:
Amt für Kommunalwirtschaft und Liegenschaften Kämmerei
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
A 20/354/2016
öffentlich
22.08.2016
Amt 20 Kämmerer Norbert
Schmitz
Erklärung zum § 2 b Umsatzsteuergesetz
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
15.09.2016
Hauptausschuss
Tatbestand:
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 24.09.2015 einen neuen § 2 b
Umsatzsteuergesetz (UStG) beschlossen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Neuregelung auf die Abweichung der bisherigen Umsatzbesteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) von europarechtlichen Regelungen reagiert. Mit
dem neuen § 2 b UStG wird das Umsatzsteuerrecht auf eine völlig neue Grundlage
gestellt. War es bisher so, dass jPdöR grundsätzlich nur im Rahmen ihrer „Betriebe
gewerblicher Art“ nach § 2 Abs. 3 UStG umsatzsteuerpflichtig waren, hat der neue §
2 b UStG einen völlig anderen Ansatz. Danach gilt die jPdöR künftig grundsätzlich
als Unternehmer und es unterliegt:
1. Das entgeltliche Tätigwerden der jPdöR aufgrund einer privatrechtlichen
Grundlage der Umsatzbesteuerung sowie
2. das entgeltliche Tätigwerden der jPdöR im Rahmen der öffentlichen Gewalt
ebenfalls der Umsatzbesteuerung, wenn größere Wettbewerbsverzerrungen
vorliegen und keine Steuerbefreiung nach § 4 UStG vorliegt.
So ist z. B. die künftige Vermietung von öffentlichen Gebäuden bzw. von einzelnen
Räumen solcher Gebäude grundsätzlich unter Punkt 1 zu subsumieren und damit
umsatzsteuerpflichtig. Beispielhaft soll hier auf die Vermietung von Räumlichkeiten
im Haus Hohenbusch verwiesen werden. Beim Punkt Nr. 2 sind insbesondere die
größeren Wettbewerbsverzerrungen künftig bei jeder Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt zu prüfen. So liegt keine größere Wettbewerbsverzerrung vor, wenn
2.1 der Marktzutritt für den Privaten aufgrund gesetzlicher Regelungen ausgeschlossen ist (Vorbehaltsaufgaben) oder
2.2 gleichartige Tätigkeiten unter 17.500 € Jahresumsatz ausgeführt werden
oder
2.3 steuerbefreite Tätigkeiten ohne Optionsmöglichkeiten vorliegen.
Wie diesen Aufzählungen bereits zeigen, ist der neue § 2 b UStG mit einer Vielzahl
unbestimmter Rechtsbegriffe gespickt, die inhaltlich auszufüllen sind. Größere Klarheit über die Auslegung dieses neuen § 2 b UStG soll daher ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben) bringen, dessen Erscheinen für die
zweite Jahreshälfte erwartet wird. Ein genauer Zeitpunkt hierfür ist aktuell jedoch
noch nicht bekannt. Soweit künftig eine Umsatzsteuerpflicht zu bejahen ist, eröffnet
diese natürlich unter Umständen auch die Chance, einen Vorsteuerabzug für entsprechende Tätigkeiten geltend zu machen. Auch hierüber soll das zuvor erwähnte
BMF-Schreiben Klarheit schaffen. Es wird jedoch damit gerechnet, dass der neue § 2
b UStG eher zu einer finanziellen Belastung als zu einer finanziellen Entlastung der
jPdöR führen wird.
Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage hat der Gesetzgeber im § 27 UStG vorausschauend einen neuen Absatz 22 eingefügt. Danach haben die jPdöR bis zum
31.12.2016 die Wahl, ob sie den neuen § 2 b UStG bereits zum 01.01.2017 zur Anwendung kommen lassen sollen oder bis zum 31.12.2020 die bisherige Regelung
weiterhin zur Anwendung kommen soll. Soweit die Option gezogen werden soll, dass
der neue § 2 b UStG erst ab dem 01.01.2021 zur Anwendung kommen soll, ist gegenüber dem örtlichen Finanzamt eine entsprechende Erklärung bis spätestens zum
31.12.2016 abzugeben. Bei der Frist zur Abgabe dieser Optionserklärung bis zum
31.12.2016 handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Die abgegebene Erklärung kann jeweils zum 01.01. eines jeden Jahres bis zum 31.12.2020 einmalig widerrufen werden. Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht zulässig Die Verwaltung empfiehlt, gegenüber
dem Finanzamt zu erklären, dass die bisherige Regelung des § 2 Abs. 3 UStG für
sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 01.01.2021ausgeführte Leistungen (Tätigkeiten) weiterhin angewendet werden soll.
Sehr wohl sind bereits in der Zeit bis zum 31.12.2020 sämtliche organisatorischen
und personellen Änderungen sowie Änderungen in der Finanzsoftware vorzubereiten
und zu treffen, damit spätestens zum 01.01.2021 die Voraussetzungen für einen geordneten Übergang zur Anwendung des neuen § 2 b UStG ermöglicht wird. Hierzu
gehört insbesondere die Analyse des aktuellen Jahresabschlusses unter Zuhilfenahme eines Steuerberatungs- bzw. Wirtschaftsprüfungsbüros. Die Verwaltung wird über
zwischenzeitliche, wesentliche Änderungen in der Angelegenheit zeitnah informieren.
Beschlussentwurf:
„Der Bürgermeister wird beauftragt:
1. Gegenüber dem Finanzamt Erkelenz zu erklären, dass der neue § 2 b UStG
erst ab dem 01.01.2021 zur Anwendung kommt.
2. Zum reibungslosen Übergang auf den neuen § 2 b UStG zwischenzeitlich
sämtliche organisatorischen und personellen Änderungen sowie Änderungen
in der Finanzsoftware vorzubereiten und zu treffen.“
Finanzielle Auswirkungen:
Derzeit noch nicht absehbar.
Anlage:
Vorlage A 20/354/2016 der Stadt Erkelenz
Seite: 2/3
Auszug aus dem Umsatzsteuergesetz – hier: § 2 b UstG
Vorlage A 20/354/2016 der Stadt Erkelenz
Seite: 3/3
Auszug aus dem Umsatzsteuergesetz (UStG)
§ 2b Juristische Personen des öffentlichen Rechts
(1) Vorbehaltlich des Absatzes 4 gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts
nicht als Unternehmer im Sinne des § 2, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im
Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit
diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1
gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
(2) Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen insbesondere nicht vor, wenn
1.
der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Kalenderjahr aus
gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17 500 Euro jeweils
nicht übersteigen wird oder
2.
vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne
Recht auf Verzicht (§ 9) einer Steuerbefreiung unterliegen.
(3) Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts
ausgeführt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere nicht vor,
wenn
1.
die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von juristischen
Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen oder
2.
die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen
bestimmt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn
a)
die Leistungen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen
beruhen,
b)
die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe
dienen,
c)
die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden
und
d)
der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere
juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt.
(4) Auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 gegeben sind, gelten
juristische Personen des öffentlichen Rechts bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 2 Absatz 1 mit der Ausübung folgender Tätigkeiten stets als
Unternehmer:
1.
die Tätigkeit der Notare im Landesdienst und der Ratschreiber im Land
Baden-Württemberg, soweit Leistungen ausgeführt werden, für die nach der
Bundesnotarordnung die Notare zuständig sind;
2.
die Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich der Reparaturarbeiten
durch Selbstabgabestellen der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
3.
die Leistungen der Vermessungs- und Katasterbehörden bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters mit Ausnahme der Amtshilfe;
4.
die Tätigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, soweit
Aufgaben der Marktordnung, der Vorratshaltung und der Nahrungsmittelhilfe
wahrgenommen werden;
5.
Tätigkeiten, die in Anhang I der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.
November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347vom
11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung genannt sind, sofern der
Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.