Daten
Kommune
Erkelenz
Dateiname
45510.pdf
Größe
154 kB
Erstellt
10.11.15, 12:00
Aktualisiert
01.02.18, 12:23
Stichworte
Inhalt der Datei
Beschlussvorlage
Federführend:
Erster Beigeordneter
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
/015/2015
öffentlich
03.11.2015
Dez. II Erster Beigeordneter
Dr. Hans-Heiner Gotzen
Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 01.09.2015 und Antrag der
Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 02.09.2015: Gesundheitskarte für Flüchtlinge
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
25.11.2015
10.12.2015
16.12.2015
Ausschuss für Demographieangelegenheiten, Umwelt und Soziales
Hauptausschuss
Rat der Stadt Erkelenz
Tatbestand:
Anmerkungen:
a) Dieser Tagesordnungspunkt sollte bereits in der Sitzung des Rates am 16.09.2015
unter TOP 06 beraten und beschlossen werden. Die Anträge wurden an den Ausschuss für Demographieangelegenheiten, Umwelt und Soziales verwiesen mit einem
empfehlenden Beschluss an den Hauptausschuss bzw. an den Rat im Dezember
dieses Jahres.
b) Durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 2010.2015 wurde im Rahmen des § 264 SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) eine weitere, nunmehr
bundeseinheitliche Ermächtigungsgrundlage für die Einführung einer elektronischen
Gesundheitskarte für Flüchtlinge geschaffen. Diese gesetzliche Änderung ist in der
Beschlussvorlage noch nicht berücksichtigt, da noch Klärungsbedarf besteht. Daher
wird dann in der Sitzung am 25.11.2015 hierzu Stellung genommen.
Sachverhalt:
Mit Antrag vom 01.09.2015 beantragt die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Erkelenz,
der Rat der Stadt Erkelenz möge beschließen:
„Die Stadtverwaltung wird damit beauftragt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen,
dass den Flüchtlingen eine den Rahmenbedingungen des Landes NRW entsprechende Gesundheitskarte ausgehändigt werden kann.“
Zur Begründung wird u.a. darauf hingewiesen, dass die Einführung einer Gesundheitskarte die erforderliche Inanspruchnahme einer medizinischen Hilfe unbürokratisch und diskriminierungsfrei ermögliche.
Mit Antrag vom 02.09.2015 beantragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen inhaltlich
gleichlautend, der Rat der Stadt Erkelenz möge beschließen:
„1. Die Stadt Erkelenz tritt der Rahmenvereinbarung zwischen dem Land NRW und
den in der Vereinbarung genannten Krankenkassen zur Übernahme der Gesundheitsversorgung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung nach § 264
Abs. 1 SGB V i. V. m. §§ 1, 1 a Asylbewerberleistungsgesetz in Nordrhein-Westfalen
bei.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, die weiteren Schritte zur Einführung der Gesundheitskarte für Geflüchtete einzuleiten.“
Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weist darauf hin, dass die Einführung einer
Gesundheitskarte erhebliche Verbesserungen der Gesundheitsversorgung der vor
Not und Verfolgung geflüchteten Menschen biete. Zudem bedeute die Einführung der
Gesundheitskarte auch eine Entlastung der Kommune, indem nicht nur der Genehmigungsvorbehalt entfalle, sondern auch die Bearbeitung und Abrechnung über die
Krankenkassen geregelt werde.
Leistungsberechtigten im Sinne des § 1 AsylbLG (Asylbewerberleistungsgesetz)
steht ein Anspruch auf Gewährung von gesonderten Leistungen im Sinne von §§ 4
und 6 AsylbLG bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt zu. Diese Leistungen
werden in der Stadt Erkelenz bisher für ambulante Behandlungen gewährt durch das
bedarfsgerechte Ausstellen von Krankenbehandlungsscheinen seitens des Amtes für
Kinder, Jugend, Familie und Soziales sowie durch die Erteilung von Kostenzusicherungen bspw. bei stationären Aufenthalten, Hilfsmittelverordnungen oder Zahnersatzmaßnahmen. Festzuhalten ist, dass das gegenwärtige System der Ausstellung von
Krankenscheinen nach Auffassung der Verwaltung mit keinem großen Verwaltungsaufwand verbunden ist und sich bislang aus Sicht der Verwaltung bewährt
hat. Es ermöglicht vor allem, flexibel auf die Bedürfnisse der Asylbewerberinnen/Asylbewerber zu reagieren.
Der bislang von der Stadt Erkelenz ausgestellte Krankenschein beinhaltet neben den
weiteren notwendigen Angaben den Hinweis zur Abrechnung über die Kassenärztliche bzw. Kassenzahnärztliche Vereinigung oder der Apothekerabrechnungsstelle mit
der Abrechnungsnummer der Stadt Erkelenz. Zudem ist der Krankenschein hinsichtlich des Umfangs der Behandlung mit dem Text des § 4 AsylbLG versehen und dem
Hinweis, dass Überweisungen, Hilfsmittel und Krankenhauseinweisungen der Zustimmung der Stadt Erkelenz bedürfen, medizinische Notfälle selbstverständlich
ausgenommen.
Die Prüfung der Voraussetzungen des § 4 AsylbLG sowie die Abrechnung erfolgt
über die Kassenärztliche bzw. Kassenzahnärztliche Vereinigung und über die Apothekerabrechnungsstelle.
Für eine notwendige Behandlung durch einen Allgemeinmediziner wird nach Vorsprache ein Krankenschein ohne weitere Prüfung durch die Verwaltung vom Datum
der Vorsprache bis zum nächsten Quartalsende ausgestellt. Hier wird auch Name
und Anschrift des behandelnden Arztes eingetragen. Der Behandlungsschein gilt nur
Vorlage /015/2015 der Stadt Erkelenz
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für den Arzt, für den er ausgestellt wurde. Da hier in Erkelenz nur noch wenige Ärzte
neue Patienten aufnehmen, kann bei der Aushändigung von Krankenscheinen seitens der Verwaltung ein Hinweis gegeben werden, wo der Erkrankte zur Behandlung
hingehen kann. Auch für die Behandlung durch einen Augenarzt und einen HNO-Arzt
wird direkt ein Krankenschein ausgestellt, da eine vorherige Prüfung durch den
Hausarzt wenig sinnvoll erscheint. Bei der Überweisung an einen Facharzt ist in der
Regel die Überweisung eines Hausarztes erforderlich, da nur dieser die Notwendigkeit zur Behandlung beurteilen kann. Neben der reinen Ausgabe des Behandlungsscheins erfolgt somit auch eine Beratung, welche von den zumeist sprach- und ortsunkundigen Flüchtlingen und Asylanten als Hilfe wahrgenommen wird.
Das Verfahren ist bei den Erkelenzer Ärzten bekannt und führt zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten.
Der Krankenschein wird immer bis zum jeweiligen Quartalsende ausgestellt, so dass
die kranke Person nicht für jede Behandlung einen neuen Krankenschein benötigt.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit einigen führenden/mitgliederstarken Krankenkassen (AOK, Knappschaft, DAK, TK, Barmer GEK) eine Rahmenvereinbarung zur
Übernahme der Gesundheitsversorgung für nicht versicherungspflichtige Personen
im Sinne von §§ 1, 1a AsylbLG gegen Kostenerstattung abgeschlossen. Den Kommunen wird durch § 3 der Rahmenvereinbarung ein freiwilliges Beitrittsrecht eingeräumt.
Bei einem Beitritt zu dieser Vereinbarung würde die bisherige Ausstellung von Krankenscheinen durch das Amt für Kinder, Jugend, Familie und Soziales bzw. die Erteilung von Kostenzusicherungen entfallen. Stattdessen würden entsprechende Anträge aufgenommen und die in Frage kommenden Asylbewerberinnen/Asylbewerber erhielten Versichertenkarten der gewählten Krankenkasse, mit denen sie wie andere
pflichtversicherte, familien- oder freiwilligversicherte Personen ärztliche Leistungen in
Anspruch nehmen könnten.
Nach eingehender Prüfung der Angelegenheit kann allerdings verwaltungsseitig der
Beitritt zu der bestehenden Rahmenvereinbarung derzeit nicht empfohlen werden.
Die zu erwartenden Erleichterungen für die Asylbewerber wiegen die Risiken und
Nachteile, die mit einem Beitritt zu der Vereinbarung verbunden wären, nicht auf. Eine Entlastung von Verwaltungsarbeit wird hier nicht gesehen.
So beeinflussen die nachfolgenden Punkte die verwaltungsseitige Empfehlung:
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Zur Abgeltung der entstehenden Verwaltungsaufwendungen bei den Krankenkassen hat die zuständige Gemeinde Verwaltungskostenersatz für die von
den Krankenkassen übernommene Wahrnehmung der Gesundheitsvorsorge
in Höhe von 8 % der entstandenen Leistungsaufwendungen zu leisten, mindestens jedoch 10 Euro pro angefangenen Betreuungsmonat je Leistungsberechtigten. Diesbezüglich haben die kommunalen Spitzenverbände schon bei
den Verhandlungen des Landes mit den Krankenkassen darauf hingewiesen,
dass der Betrag von 8 % zu hoch angesetzt sei, allenfalls 5 % seien angemessen. Diese 5 % sind heute bereits zu übernehmen für die Leistungsberechtigten nach dem SGB XII (Sozialhilfe), die nicht krankenversichert sind, sowie für
die Leistungsberechtigten im Sinne des § 2 AsylbLG.
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Per August 2015 kämen in der Stadt Erkelenz 230 Leistungsberechtigte für eine Ausstattung mit einer elektronischen Gesundheitskarte im Rahmen der
Vorlage /015/2015 der Stadt Erkelenz
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Rahmenvereinbarung in Frage. Dies bedeutet, dass selbst, wenn keine dieser
Personen einer Krankenbehandlung bedürfte, im Jahr Kosten in Höhe von
rund 27.600 Euro durch die Stadt zu übernehmen wären (230 Personen x
10,00 Euro Grundkosten/Mindesterstattungsbetrag mtl. x 12 Monate).
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Es würde aufgrund der notwendigen Zeitdauer für die Ausstellung der Gesundheitskarte einerseits und der doch relativ zügigen Entscheidung über die
Anerkennung syrischer und irakischer Flüchtlinge immer noch ein beträchtlicher Verwaltungsaufwand bei der Stadt verbleiben. Aus der Erfahrung mit der
Gesundheitskarte bei den Anspruchsinhabern nach § 2 AsylbLG dauert es bis
zur Ausstellung der Versichertenkarte ca. 4 – 6 Wochen. In der Zwischenzeit
müssen sowieso Krankenscheine ausgestellt werden. Syrische und irakische
Flüchtlinge erhalten innerhalb dieses Zeitraumes oftmals bereits eine Aufenthaltserlaubnis mit der Folge, dass das Jobcenter verbunden mit einer Pflichtversicherung zuständig wird und der Antrag auf eine Versichertenkarte obsolet
wird. Zudem müssen bisher für den Personenkreis des § 2 AsylbLG (in der
Regel nach 15 Monaten) für jedes Familienmitglied Anträge an die AOK gestellt werden, was auch mit einem Verwaltungsaufwand verbunden ist.
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Die Stadt Erkelenz müsste für eine missbräuchliche Benutzung der Gesundheitskarten finanziell einstehen. Mit dem Beitritt zur Rahmenvereinbarung
übernähme die Stadt die Verpflichtung, Gesundheitskarten beim Wegfall der
Berechtigung beim Inhaber einzuziehen. Dies gestaltet sich aber bei Personen, die freiwillig ausreisen oder untertauchen, äußerst schwierig; hier erhält
die Stadt häufig nicht einmal mehr die Schlüssel zu den bewohnten Räumen
in Übergangsheimen zurück. Die unerlaubte Weiternutzung der Gesundheitskarte würde finanziell bei Stadt Erkelenz verbleiben.
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Formal-juristisch sind die mit der elektronischen Gesundheitskarte zu erlangenden Leistungen weitergehender als die gesetzliche Leistungsverpflichtung.
Das in § 4 AsylbLG normierte Kriterium der Aufschiebbarkeit von Behandlungen bleibt bei den Krankenkassen völlig unbeachtet. Dies wird zu Mehraufwendungen führen.
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Eine zielgerichtete Steuerung der Inanspruchnahme von Behandlungsangeboten kann nicht mehr erfolgen. Eine zielgerechte Steuerung wie zum Beispiel
bei der Migrationsambulanz in Viersen ist mit einer Versichertenkarte nicht
möglich. Die im Januar 2006 eröffnete Ambulanz ist ein spezielles Angebot
der LVR-Klinik Viersen für Migrantinnen und Migranten. Hier können Menschen beraten, behandelt und begleitet werden, die an einer psychischen Erkrankung leiden. Das Team besteht aus Ärzten, Krankenpflegepersonal, einer
Sozialarbeiterin und einer medizinischen Fachangestellten. Sie sprechen muttersprachig Deutsch, Türkisch und Persisch, außerdem als Fremdsprachen
Englisch und Französisch. Für andere Sprachen stehen bei Bedarf Dolmetscher zur Verfügung. Sie arbeitet auch für Menschen aus dem Kreis Heinsberg. Dort erhalten sie zielgerichtet Hilfe.
Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen stellt seinen Gemeinden im
Schnellbrief 184/2015 vom 03.09.15 den Beitritt zu dieser Rahmenvereinbarung anheim, empfiehlt sie aber nicht.
Aus diesen Gründen empfiehlt die Verwaltung ebenfalls, derzeit der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung nicht beizutreten. Da nach § 3 der Rahmenvereinbarung
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ein Beitritt mit einer Frist von 2 Monaten zum Quartalsbeginn möglich ist, kann derzeit ohne weiteres abgewartet werden, welche Erfahrungen andere Kommunen bei
der Umsetzung gewinnen.
Beschlussentwurf (als Empfehlung an Hauptausschuss und Rat):
„Der Antrag der SPD-Fraktion vom 01.09.2015 und der Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 02.09.2015 auf Beitritt zur Rahmenvereinbarung zur Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge wird abgelehnt.“
Finanzielle Auswirkungen:
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