Daten
Kommune
Erkelenz
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38758.pdf
Größe
2,5 MB
Erstellt
13.02.14, 12:00
Aktualisiert
01.02.18, 12:08
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Beschlussvorlage
Federführend:
Erster Beigeordneter
Vorlage-Nr:
Status:
AZ:
Datum:
Verfasser:
. II/020/2014
öffentlich
20.02.2014
Dez. II Erster Beigeordneter
Dr. Hans-Heiner Gotzen
Braunkohlentagebau
hier: Sachstand seit der letzten Sitzung des Rates
Beratungsfolge:
Datum
Gremium
26.02.2014
Rat der Stadt Erkelenz
Tatbestand:
In seiner Sitzung am 06.11.2013 hat der Rat der Stadt Erkelenz unter TOP A 2 die
Beteiligung der Stadt Erkelenz am Verfahren zur Umsiedlung der Ortschaften
Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath bis zum
Erarbeitungsbeschluss des Braunkohlenausschusses bei der Bezirksregierung Köln
zu der Umsiedlung der vorgenannten Orte ausgesetzt. Zugleich hat der Rat der Stadt
Erkelenz ein eindeutiges Signal, auch der politischen Führung in NRW, zur Zukunft
und Notwendigkeit von Braunkohlenabbau in NRW verlangt.
In der Sitzung des Rates vom 18.12.2013 wurde den Mitgliedern des Rates ein
ausführlicher Bericht über die seinerzeitige Entwicklung zu den aktuellen
Geschehnissen gegeben. Zugleich beschloss der Rat in dieser Sitzung, für das
Haushaltsjahr 2014 Mittel für eine Analyse in den Haushaltsplan aufzunehmen, die
zum einen die Grundannahme der Energiepolitik aus dem Jahr 1994 aufschlüsselt
und zum anderen diesen Annahmen den derzeitigen Ist-Stand sowie aktuelle
Prognosen gegenüberstellt. Als Begründung für diesen Antrag wurde seinerzeit von
den diesen Antrag stellenden Fraktionen vorgetragen, das Ergebnis gäbe der Stadt
qualifizierte Argumente an die Hand, eine Überprüfung der energiepolitischen
Grundannahmen durch das Land einzufordern.
Die Verwaltung hat nach diesem Beschluss ein Rechtsgutachten bei der in
Planungsrecht versierten Rechtsanwaltskanzlei Baumeister/Prof. Beckmann und
Partner aus Münster in Auftrag gegeben. Das Büro hat die Stadt Erkelenz auch in
der Vergangenheit in allen Braunkohlenangelegenheiten vertreten. Über die
Beauftragung zur Gutachtenerstellung wurden die Fraktionsvorsitzenden in der InfoRunde am 27.01.2014 informiert.
Folgende Frage wurde der Rechtsanwaltskanzlei zur Prüfung vorgelegt:
„Welche rechtlichen Möglichkeiten hat die Stadt Erkelenz, eine Entscheidung der
Landesregierung NRW zur energiepolitischen Notwendigkeit des weiteren Tagebaus
zu beeinflussen bzw. die Überprüfung der energiepolitischen Grundannahmen für die
Fortsetzung des Braunkohlentagebaus zu fordern?“
Die Kanzlei wurde gebeten, insbesondere das aktuelle Urteil des
Bundesverfassungsgerichts auszuwerten und die im Vorfeld der mündlichen
Verhandlung des Gerichts im Juni 2013 bereits umfänglich vorgelegten
Stellungnahmen, insbesondere des Umweltbundesamtes und des Öko-Instituts e.V.,
die bereits heute ausdrücklich und mit gewichtigen Argumenten eine Notwendigkeit
des weiteren Braunkohlentagebaus aus energiewirtschaftlichen Gründen verneinen,
einzubeziehen.
Das Gutachten sollte vorbereiten, welche genaue Art von Analyse überhaupt
notwendig ist, um – wie von allen nach wie vor politisch gewollt – den weiteren
Braunkohlentagebau zu verhindern.
Das Gutachten der beauftragten Kanzlei liegt zwischenzeitlich vor. In dem Gutachten
wird folgendes nüchterne Fazit gezogen:
„Als Ergebnis unserer Prüfung können wir festhalten, dass die Stadt Erkelenz nicht
über eine Rechtsposition verfügt, aus der heraus sie erfolgsversprechend Einfluss
auf die energiepolitischen Grundentscheidungen des Landes nehmen und weitere
Planungsschritte für den Tagebau Garzweiler II verhindern könnte. Die
Entscheidung, mit welchen Energieträgern eine zuverlässige Energieversorgung
sichergestellt wird, stellt eine politische Entscheidung dar, die der Landesregierung
obliegt. Der Landesregierung steht hierbei ein weiter Gestaltungs- und
Einschätzungsspielraum zu. Die bisherigen energiepolitischen Entscheidungen zum
Tagebau Garzweiler II bewegen sich – auch unter Berücksichtigung diverser
aktueller, kritischer Studien und Stellungnahmen zu dem Vorhaben – im Rahmen des
der Landesregierung zustehenden Einschätzungsspielraums. Vor diesem
Hintergrund ist es kommunalrechtlich und haushaltsrechtlich zumindest höchst
fragwürdig, städtische Mittel für eine „Analyse der Grundannahmen der Energiepolitik
des Landes“ zu verwenden.“
Das komplette Gutachten ist als Anlage 1 dieser Sitzungsvorlage beigefügt.
Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass für die Stadt Erkelenz keine rechtlichen
Möglichkeiten bestehen, eine Entscheidung der Landesregierung NRW zur
energiepolitischen Notwendigkeit des weiteren Braunkohlentagebaus zu
beeinflussen bzw. die Überprüfung der energiepolitischen Grundannahmen für die
Fortsetzung des Braunkohlentagebaus zu fordern. Damit macht auch die Erstellung
eines energiewirtschaftlichen Gutachtens, so wie in der Ratssitzung am 18.12.2013
beschlossen, rechtlich keinen Sinn.
Zudem ist bereits durch aktuelle Gutachten renommierter Stellen (u.a.
Umweltbundesamt (als Anlage 2 beigefügt) und Öko-Institut e.V.) der Nachweis
geführt worden, dass eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit des
Braunkohlentagebaus zumindest mittelfristig nicht besteht. Die Gutachten wurden
aktuell für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erstellt und sind auch in
die Entscheidungsfindung des Gerichts eingegangen. Allerdings auch hier ohne die
Konsequenz eines Absehens vom weiteren Tagebau.
Vorlage . II/020/2014 der Stadt Erkelenz
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Festzuhalten ist, dass alleine die Landesregierung NRW die Entscheidung über die
energiepolitische und damit auch die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des
Braunkohlentagesbaus treffen kann und damit die Landesregierung letztendlich
entscheidet, ob Braunkohlentagebau stattfindet oder nicht. Daher bleibt auch
weiterhin die Landesregierung NRW aufgefordert, sich kritisch mit den vorliegenden
Stellungnahmen, die mittelfristig einen weiteren Braunkohletagebau für überflüssig
halten, auseinander zu setzen. Soweit politisch möglich, sollte über die die
Landesregierung tragenden Fraktionen Einfluss durch die im Rat der Stadt Erkelenz
vertretenen Fraktionen genommen werden.
Wie bereits hinreichend bekannt, findet am 28.04.2014 die nächste Sitzung des
Braunkohlenausschusses bei der Bezirksregierung Köln statt. In dieser Sitzung soll
der Erarbeitungsbeschluss für die Umsiedlung der Orte Keyenberg, Kuckum, Oberund Unterwestrich sowie Berverath beschlossen werden.
Im Vorfeld dieser Sitzung wird eine Arbeitskreissitzung am 13.03.2014 stattfinden,
die jedoch nicht öffentlich tagt.
Bereits am 04.12.2013 hat mit dem Chef der Staatskanzlei, Herrn Staatssekretär
Lersch-Mense, ein Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden des Rates der Stadt
Erkelenz, Vertretern des Bürgerbeirates sowie des Vorstandes von RWE Power und
dem Verwaltungsvorstand der Stadt Erkelenz stattgefunden. Das darin vereinbarte
weitere Gespräch findet nunmehr am 11.04.2014 statt.
Spätestens in diesem Gespräch dürfte das vom Rat eingeforderte eindeutige Signal
der Landesregierung NRW zur Zukunft und Notwendigkeit von Braunkohlenabbau in
NRW gegeben werden.
Sollte der Braunkohlenausschuss in seiner Sitzung am 28.04.2014 die Fortführung
des Verfahrens beschließen, wären zügig alle weiteren Maßnahmen zu treffen, damit
es nicht zu einer zeitlichen Verzögerung der Umsiedlung der vorstehenden Orte
kommt.
In den vergangenen Wochen und Monaten wurde sowohl von Vertretern des
Bürgerbeirates als auch von Umsiedlerinnen und Umsiedlern vehement gefordert,
den zeitlichen Verlust zu kompensieren und nicht am Datum der gemeinsamen
Umsiedlung im Jahr 2016 zu rütteln. Damit die von den Umsiedlerinnen und
Umsiedlern gewünschte Zeitschiene eingehalten werden kann, zugleich aber auch
Sicherheit für eine mögliche Fortführung des Verfahrens gegeben werden kann,
haben von Seiten der Verwaltung in den vergangenen Wochen u. a. auch
Gespräche mit RWE Power stattgefunden. Diese Gespräche sind unmittelbar in den
Entwurf einer Vereinbarung gemündet, die als Anlage 3 der Sitzungsvorlage
beigefügt wird.
Die RWE Power AG verpflichtet sich auf vertraglicher Basis, soweit am 28.04.2014
der Braunkohlenausschuss die Fortführung des Verfahrens beschließt, die Orte
Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich sowie Berverath vollständig
umzusiedeln. Zur Absicherung der Umsiedlungsbedingungen werden die bereits mit
dem Land NRW geschlossenen Verträge auch schriftlich gegenüber der Stadt
Erkelenz zugesagt und damit auch für die Stadt Erkelenz stellvertretend für die
Umsiedlerinnen und Umsiedler eine Rechtsposition geschaffen.
Zur Absicherung des Kostenrisikos der städtebaulichen Planung inklusive aller
erforderlichen Fachplanungen erklärt sich RWE-Power nunmehr auch vertraglich
gegenüber der Stadt Erkelenz zur Übernahme der erforderlichen Kosten bereit. Dies
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betrifft auch die technische Erschließung, die nicht in Vorleistung durch die Stadt
Erkelenz erfolgen soll, sondern unmittelbar durch das Unternehmen beauftragt und
damit in Verantwortung des Unternehmens ausgeführt werden soll.
Gegenstand der Vereinbarung ist auch eine zukunftsweisende und nachhaltige
Ausgestaltung der Umsiedlungsstandorte. Abgerundet wird dieses Paket durch
Einzelvereinbarungen, auf die insoweit verwiesen wird.
Der Ausgleich für die Belastungen aus dem Tagebau mit Blick auf die begrenzten
planerischen Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt erfolgt durch verbindliche
Vereinbarungen zur Entwicklung weiterer Wohngebiete und Gewerbegebiete. Zudem
wurden in die Vereinbarung nunmehr verbindliche Aussagen zur Unterstützung der
Ortsteile am Tagebaurand aufgenommen.
Die nunmehr vorliegende Vereinbarung stellt neben der vorhandenen gesetzlichen
Verpflichtung des Landes NRW, für ein gesichertes Verfahren zu sorgen und dafür
auch die notwendigen Sicherheiten zu stellen, einen Beitrag zur Absicherung des
Verfahrens dar. Keinesfalls entlässt sie aber den Braunkohlenausschuss bei der
Bezirksregierung Köln aus seiner in § 24 Abs. 2 Landesplanungsgesetz NW
niedergelegten Verpflichtung, sich laufend von der ordnungsgemäßen
Einhaltung der Braunkohlenpläne zu überzeugen und damit Gewähr für ein
abgesichertes Verfahren zu bieten.
Beschlussentwurf:
„1. Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.
2. Unter der Voraussetzung, dass der Braunkohlenausschuss bei der
Bezirksregierung Köln den Erarbeitungsbeschluss für die Umsiedlung der Orte
Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich sowie Beverath trifft, wird die
Verwaltung beauftragt, die als Anlage 3 beigefügte schriftliche Vereinbarung mit
RWE Power abzuschließen.“
Finanzielle Auswirkungen:
Anlagen:
1. Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei Baumeister/Prof. Beckmann
2. Stellungnahme des Umweltbundesamtes im Verfassungsbeschwerdeverfahren
gegen den Braunkohlentagebau Garzweiler I/II vom 31.05.2013
3. Vereinbarung mit der RWE Power AG
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Seite: 4/4
BAUMEISTEb
RECHTSANWÄLTE
STADT ER KEL%Z
Stadt Erkelenz
Herrn Dr. Gotzen
Johajmismarkt 1 7
41812 Erkelenz
Aktenzeichen
—
131/14AW
21. FEB.)‘i4
Bearbeiter
Frau Dr. Winmann
Sekretariat
Frau Walter
0251-48488-34
Datum
19.02.2 104
us Grünewald
Pro(Tir. Martin Beckmann
Dr. Hans Vietmeier
Dr. Andreas Kersting
Dr. Hans-Joachim David, Notar
Andreas Kleefisch
Antrag diverser Fraktionen zur Finanzierung einer Analy
se der energiepolitischen Grundannahmen des Braunkoh
lenplans Ganweiler II
Dr. Olaf Bischopink
Dr. Stefan Gesterkamp
Dr. Georg Hünnekens
Franz-Robert Bärtels
Dr. Joachim Hagmann
Sehr geehrter Herr Dr. Gotzen,
Dr. Andre Unland
Dr. Andre Herchen
Dr. Martin M.Arnold
mit Email vom 13.01.2014 haften Sie uns einen Antrag der
Fraktionen SPD, Freie Wähler
-
UWG, Bürgerpartei und
Dr. Antje Wittmann
Dr. Jens Tnbias Gruber
Dr. Frank Andexer
BÜNDNIS 90/Die Grünen übersandt, den der Rat der Stadt
Dr. Bele Carolin Garthaus
Erkelenz in seiner Sitzung vom 18.12.2013 angenommen hat.
Dr. Stefan Sieme
Der Antrag lautet:
Dr. Jens Reiermann
Dr. Tobias Schneider-Lasogga
Dr.Cornelia Hansen, LL.M.
Stefan Schäperklaos
„Der Rat der Stadt Erkelenz beschließt, im
Haushaltsjahr 2014 Mittel für eine Analyse in
den Haushalt aufzunehmen, die zum einen die
Grundannahme der Energiepolitik aus dem
Jahr 1994 aufschlüsselt und zum anderen die
sen Annahmen den derzeitigen Ist-Stand sowie
aktuelle Prognosen gegenüberstellt.“
Dr.Jürgcn Dorynek
Dr. Fabian D. Eichholz
Alexander Wirth
Dr. Othmar E. Weinreich
Baumeister Rechtsanwälte
Partnerschaft tabU
Die (‘art uersisaftsgesel schaft
und
iii re
l‘artner sind im Part nerschaftsregistcr des
AG Essen eingetragen unter l‘R 2554.
l‘ostfisch 13(1%
48003 Münster
Künigsstraße 51—53
Kettelerscher lIef
48 43 Münster
lilefun tt25t148488-0
Telefax (t251148488-St)
www, mtl inest er, org
nuenster@baumeister.org
2
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
Zur Begründung ifihren die Fraktionen lediglich aus, das Ergebnis der Analyse werde der
Stadt qualifizierte Argumente an die Hand geben, um eine „Überprüfung der energiepoliti
schen Grundannahmen durch das Land einzufordern“.
Sie hatten uns um Beantwormng folgender Frage gebeten:
Welche rechtlichen Möglichkeiten hat die Stadt Erkelenz, eine Entscheidung der Landesregie
rung NRW zur energiepolitischen Notwendigkeit des weiteren Braunkohlentagebaus zu be
einflussen bzw. die Überprüfung der energiepolitischen Grundannahmen für die Fortsetzung
des Braunkohlentagebaus zu fordern? Hierbei soll insbesondere das aktuelle Urteil des Bun
desverfassungsgerichts ausgewertet und die im Vorfeld der mündlichen Verhandlung im Juni
2013 bereits vorgelegten Stellungnahmen, insbesondere des Umweltbundesamtes und des
Öko- Instituts e.V., die eine Notwendigkeit des weiteren Braunkohlentagebaus aus energiewirtschaftlichen Gründen verneinen, einbezogen werden.
Als Ergebnis unserer Prüfung können wir festhalten. dass die Stadt Erkelenz nicht über eine
Rechtsposition verifigt, aus der heraus sie erfolgversprechend Einfluss auf die energiepoliti
schen Grundentscheidungen des Landes nehmen und weitere Planungsschritte für den Tage
bau Garzweiler II verhindern könnte. Die Entscheidung. mit welchen Energieträgern eine zu
verlässige Energieversorgung sichergestellt wird, stellt eine politische Entscheidung dar, die
der Landesregierung obliegt. Der Landesregierung steht hierbei ein weiter Gestaltungs- und
Einschätzungsspielraum zu. Die bisherigen energiepolitischen Entscheidungen zum Tagebau
Garzweiler II bewegen sich
—
auch unter Berücksichtigung diverser aktueller, kritischer Stu
dien und Stellungnahmen zu dem Vorhaben
—
im Rahmen des der Landesregierung zustehen-
den Einschätzungsspielraums. Vor diesem Hintergrund ist es kommunalrechtlich und haus
haltsrechtlich zumindest höchst fragwürdig. städtische Mittel für eine „Analyse der Grundan
nahmen der Energiepolitik des Landes“ zu verwenden.
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RECHTSANWÄLTE
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Inhalt und Zielrichtung des Antrags
Um den Antrag der vier Fraktionen rechtlich zu bewerten, muss sein Inhalt zunächst in den
Kontext der aktuellen Planung des Tagebaus Garzweiler II eingeordnet werden. Aus sich her
aus ist der Antrag nahezu unverständlich, da in der Begründung weder präzisiert wird, welche
..Gmndannahrnen der Energiepolitik aus dem Jahr 1994“ untersucht werden sollen, noch aus
welcher Rechtsposition heraus die Stadt Erkelenz eine ..Überprtffimg der energiepolitischen
Gnindannahme durch das Land einfordem“ wollte oder könnte.
Der Antrag lässt sich nur vor dem Hintergrund der bestehenden Planung des Tagebaus Gan
weiler II verstehen. Vermutlich liegt dem Antrag folgende Überlegung zugrunde:
Der Abbau des Tagebaus Garzweiler II beruht auf einem Braunkohlenplan aus dem Jahr
1994, der am 3 1.03.1995 durch das zuständige Umweltministerium des Landes NRW geneh
migt wurde. Der Braunkohlenplan Garzweiler 11 nirde auf der Grundlage des damals gelten
den Landesplanungsgesetzes aufgestellt. Wie der Genehmigung zu entnehmen ist, ging die
Landesregierung damals auf der Grundlage der „Leitentscheidungen zur künftigen Braunkoh
lenpolitik‘ aus dem Jahr 1987 und der ..Leitentscheidungen zum Abbauvorhaben Garzweiler
11“ aus dem Jahr 1991 davon aus, dass die Gewinnung der Braunkohle zur Sicherstellung der
Energieversorgung erforderlich ist. In der Genehmigung wurde ausdrücklich ausgeffihrt. dass
die damalige, der Genehmigung zugrunde liegende energiewirtschaftuiche Einschätzung eine
der „Grundannahmen der Planung“ darstellte, deren wesentliche Änderung zu einer Planüber
prüfung ffihren müsse. Außerdem heißt es in der Genehmigung, die Landesregierung werde
auch nach der Genehmigung des Braunkohlenplanes die energiewirtschaftliche Entwicklung
beobachten. Die Genehmigung von Teilplänen. die zu gegebener Zeit die Umsiedlung weite
rer Ortschaften (über Otzenrath. Spenrath und Holz hinaus) regeln. müsse mit dem energie-
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
wirtschaftlichen und energiepolitischen Erfordernis des Braunkohlenbergbaus in Einklang
stehen (5. 7 der Genehmigung vom 31.03.1995).
Auf der Grundlage dieser Ausführungen hat sowohl der Braunkohlenausschuss, als auch die
Landesregierung bei der Aufstellung und Genehmigung späterer Umsiedlungspläne zum Abbauvorhaben Garzweiler II wieder das energiewirtschaftliche Erfordernis des Vorhabens ge
prüft. Dabei wurden neuere Erkenntnisse zur energiewiftschafflichen und energiepolitischen
Notwendigkeit. die bei Aufstellung und Genehmigung des Braunkohlenplans Garzweiler II
noch nicht vorlagen, berücksichtigt (vgl. dazu etwa die Ausführungen im Braunkohlenplan
zur Umsiedlung Immerath
—
Pesch
—
Lützerath und im Braunkohlenplan zur Umsiedlung Bor
schemich sowie in den dazu erteilten Genehmigungen des Ministeriums für Verkehr, Energie
und Landesplanung vom 16.02.2005).
Vor dem Hintergrund dieser Genehmigungshistorie und mit Blick auf die Vorschrift des
§ 30
LPIG. wonach der Braunkohlenplan überprüft und erforderlichenfalls geändert werden muss,
wenn sich die Grundannahmen für den Braunkohlenplan wesentlich ändern. ist der Antrag der
vier Fraktionen vermutlich zu verstehen. Es geht den Fraktionen offenbar darum. eine verän
derte Einschätzung der energiepolitischen! energiewitischaftlichen Grundannahmen der frühe
ren Braunkohlenplanung gutachtlich feststellen zu lassen, um dann mithilfe dieser Erkennt
nisse die Realisierung des weiteren Abbauvorhabens und insbesondere weitere anstehende
Umsiedlungen zu verhindern.
Zweifelhaft ist allerdings, ob die Stadt Erkelenz überhaupt eine rechtliche und tatsächliche
Handhabe hat, um mögliche Erkenntnisse aus der angestrebten ..Analyse“ in das weitere
Planverfahren für den Tagebau Garzweiler II und die Umsiedlungen einzubringen bzw. eine
Veränderung der Planung zu verlangen. Falls die Stadt keine Rechtsposition innehat, aus der
heraus sie eine Veränderung der energiepolitischen Grundannahmen geltend machen und da
mit auch auf die weitere Planung Einfluss nehmen könnte, ist es unsinnig
rechtlich zumindest sehr bedenklich
—‚
—
und haushalts-
städtische Mittel für eine entsprechende Begutachtung
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
aufzuwenden. Aus diesem Grund soll nachfolgend zunächst dargelegt werden, inwieweit
energiepolitische Einschätzungen, gerade auch in Anbetracht der jüngsten Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zum Tagebau Garzweiler II,
ifir das Genehmigungsverfahren
relevant sind, welche Rechtsposition die Stadt Erkelenz insoweit innehat und welche haus
haltsrechtlichen Schlussfolgerungen hieraus zu ziehen sind.
11. Bedeutung und Überprüffiarkeit der energiepolitischen Grundannahmen
Wie oben bereits dargelegt, spielen die energiepolitischen bzw. energiewirtschafilichen
Grundannahmen im Genehmigungsverfahren zum Tagebau Garzweiler II eine wesentliche
Rolle. Der Aufstellung und der Genehmigung des Braunkohlenplans liegt die Auffassung
zugrunde, dass die Gewinnung von Braunkohle im Tagebau Garzweiler II energiewirtschaft
lich notwendig ist.
In der Erläuterung zur Genehmigung des Braunkohlenplans Garzweiler II hat sich die Landes
regierung ausdrücklich verpflichtet, die energiepolitische und enregiewirtschaffliche Notwen
digkeit des Braunkohleabbaus in nachfolgenden Genehmigungsschritlen, insbesondere bei der
Genehmigung von Braunkohlenplänen über die Umsiedlung weiterer Ortschaften, erneut zu
prüfen. Eine solche Notwendigkeit der Überprüfung im Rahmen weiterer Planungsschritte
besteht allerdings auch unabhängig von der damaligen ..Selbstverpflichtung“, da jede neue
Planung ein Planungserfordernis voraussetzt, die Braunkohlenpläne den Erfordernissen zur
langfristigen Energieversorgung entsprechen müssen
(
29 Abs. 2 LPIG) und die in einem
Umsiedlungsplan aufgestellten Ziele der Raumordnung abgewogen sein müssen.
Eine Veränderung der energiepolitischen Grundannahmen könnte demnach der Aufstellung
und Genehnigung weiterer Braunkohlenpläne, die das Vorhaben betreffen. v.a. der Umsied
lungspläne entgegenstehen. Zudem käme bei einer „wesentlichen Änderung“ der Grundan
nahmen eine Überprüfung und Änderung des bestehenden, geltenden Braunkohlenplans
Garzweiler II gem.
§
30 LPIG in Betracht.
6
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
Allerdings ist die Beurteilung der energiepolitischen und energiewirtschafilichen Notwendig
keit der Braunkohlegewinnung keine Aufgabe der von der Planung (und von den Umsiedlun
gen) betroffenen Gemeinden. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seiner Entscheidung
vom 17.12.2013
-
1 BvR 3139/08 und 1 BvR 3386/08
-
umfassend mit der Vcrfassungsmä
ßigkeit des Gene1migungsverfahrens zum Braunkohlentagebau Garzweiler II befasst. Das
Gericht hat dort festgehalten, dass die Sicherung der Energieversorgung für das Gemeinwohl
von überragender Bedeutung ist und es zu allererst eine energiepolitische Entscheidung des
Bundes und der Länder darstellt. mit welchen Energieträgern und in welcher Kombination
eine zuverlässige Energieversorgung sichergestellt wird. Nach Auffassung des Bundesverfas
sungsgerichts steht dem Bund und den Ländern dabei ein weiter Gestaltungs- und Einschät
zungsspielraum zur Verfügung. Die Stufung des Genehmigungsverfahrens. wie sie im nord
rhein-westffilischen Landesrecht und im Bundesberggesetz vorgesehen ist, hat das Bundesver
fassungsgericht weitgehend gebilligt. Das Gericht hat festgehalten, dass die bisherige ener
giepolitische Grundentscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen über die mittelfristige Auf
rechterhaltung und Fortifihrung der Braunkohlengewinnung, auch soweit sie die konkrete
Entscheidung ffir den Tagebau Garzweiler II betrifft, verfassungsrechtlich nicht zu beanstan
den ist (Rn. 290 der oben zitierten Entscheidung). Unabhängig davon, ob man auf den Zeit
punkt früherer Genehmigungsentscheidungen oder auf den gegenwärtigen Zeitpunkt (also das
Jahr 2013) abstelle. seien die Entscheidungen Rk das Tagebauvorhaben verfassungsrechtlich
haltbar. Selbst die im Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgelegten aktuellen, kritischen Ein
schätzungen zur energiepolitischen Notwendigkeit (u.a. des Öko-lnstituts e.V. und des Um
weltbundesamtes). ließen die energiepolitischen Entscheidungen der Landesregierung flur die
auf mittlere Frist ausgelegte weitere Gewinnung von Braunkohle zur Verstromung angesichts
des weiten Einschätzungs- und Beuaeilungsspielraums. der sich auf die Energiepolitik bezie
he, nicht als offensichtlich und eindeutig verfehlt erscheinen (Rn. 298). Die Landesregierung
habe für ihre energiepolitische Grundentscheidung und das zugrundeliegende Konzept ge
wichtige Gemeinwohlgründe angeflihrt. Ob es das zum maßgeblichen Zeitpunkt energiepoli
tisch, ökonomisch und ökologisch sinnvollste Energieversorgungskonzept sei, sei vom Bun
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
desverfassungsgericht nicht zu entscheiden und spiele für die rechtliche Beurteilung des Ge
nehmigungsverfahrens keine Rolle (Rn. 298). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht auch
ausgeflihrt, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Entscheidungsfindungsprozesses zur Zu
lassung eines Braunkohlentagebauvorhabens in NRW gewisse verfassungsrechtliche Defizite
aufweise, das Gericht hat aber ausdrücklich gebilligt, dass energiepolitische Grundsatzent
scheidungen auf der Ebene der Landesregierung getroffen werden. Auch den Rückgriff auf
die sog. „Leitentscheidungen“ hat das Gericht nicht in Frage gestellt. In der Entscheidung
wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es der Aufteilung der Verantwortung im funkli
onsteilig gegliederten Staat entspreche, dass die Leitentscheidungen ffir das langfristige Kon
zept des Bmunkohlenabbaus auf der Ebene der Landesregierung getroffen werden, da es um
eine zentrale Frage der Energiepolitik des Landes gehe (Rn. 306).
In ähnlicher Weise hatte auch der nordrhein-westfälische Verfassungsgedchtshof in seiner
Entscheidung über die kommunale Verfassungsbeschwerde der Stadt Erkelenz gegen den
Braunkohlenplan Garzweiler II bereits ausgeflihrt, dass der Braunkohlenausschuss das
überörtliche Interesse an der Braunkohlenlbrderung zulässigerweise den energiepolitischen
Leitentscheidungen der Landesregierung entnehmen und seiner Planung zugrunde legen durf
te, ohne damit das Selbstverwaltungsrecht der betroffenen Gemeinde zu verletzen. Die Sach
kompetenz zur Formulierung energiepolitischer Zielvorstellungen sah auch der Verfassungs
gerichtshof bei der Landesregierung (Urt. v. 09.06.1997, VerfGH 20/95, Rt. 119, 120).
Demnach ist nun durch das Landes- und das Bundesverfassungsgericht geklärt. dass auch
unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die Landesregierung ffir die energiepolitische
Grundsatzentscheidung zum Abbau von Braunkohle zuständig ist und dabei über einen weiten
Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum verfügt. Inwieweit die Landesregierung sich im
Rahmen ihres weiten Gestaltungs- und Einschätzungsspielraums flur oder gegen die Energie
versorgung durch Braunkohle entscheidet und mit welchem Gewicht sie diesen Energieträger
in ihr Energieversorgungskonzept einbezieht, stellt letztlich eine politische Entscheidung dar.
Weder der Braunkohlenausschuss, noch eine betroffene Kommune wie die Stadt Erkelenz
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BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
verfügt über eine Rechtsposition, um diese politische Entscheidung juristisch überprüfen las
sen zu können. Solange sich die Landesregierung nur innerhalb des ihr vom Bundesverfas
sungsgericht zugebilligten weiten Gestaltungs- und Einschätzungsspielraums bewegt. besteht
für die Stadt Erkelenz keine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Landesre
gierung und der darauf aufbauenden Braunkohlenpianung mit Erfolg in Frage zu stellen oder
jedenfalls einer eigenen, abweichenden Auffassung zur Durchsetzung zu verhelfen. Sowohl
für den früheren Genehmigungszeitpunkt, als auch für den Zeitpunkt der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2013 hat das Gericht
—
ausdrücklich in Kenntnis aktueller.
kritischer Stellungnahmen und Einschätzungen u.a. des Öko-Instituts und des Umweltbundes
amtes
—‚
die landespolitische Entscheidung für die weitere Notwcndigkeit der Braunkohlen-
gewinnung akzeptiert.
Insoweit könnte die von den Fraklionen gewünschte ‚Analyse des Grundannahmen“ vermut
lich allenfalls dazu dienen, dass sich die Stadt Erkelenz in die allgemeine politische Debatte
über die Auswahl und Gewichtigkeit einzelner Energieträger einbringt. Denn es ist angesichts
der im Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgelegten aktuellen, kritischen Stellungnahmen
und Beurteilungen nicht davon auszugehen, dass die von den Fraktionen angestrebte ..Analyse
der Grundannahmen“ nun plötzlich zu einem Ergebnis führen könnte, wonach sich die Lan
desregierung mit einer Entscheidung für die Fortführung des Braunkohlenabbaus außerhalb
der ihr zustehenden weiten Entscheidungsspielraums bewegt.
Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anhaltspunkt. dass sich mithilfe der von den Frak
tionen angestrebten ‚.Analyse der Grundannabmew eine Notwendigkeit zur Änderung des
Braunkohlenplans gern.
§
30 LPIG NRW darlegen ließe. Dazu müsste nämlich eine „wesent
liche Änderung“ festgestellt werden, die sich demnach außerhalb des weiten, der Landesregie
rung zustehenden Gestaltungs- und Einschätzungsspielraums hinsichtlich der energiepoliti
schen und energiewirtschafilichen Notwendigkeit der Braunkohlengewinnung bewegt. Auch
insoweit gilt, dass im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bereits diverse kritische
Stellungnahmen zur Notwendigkeit der Gewinnung und Verstromung von Braunkohle vorge
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
legt wurden, die auch auf den aktuellen Zeitpunkt abstellen und die Notwendigkeit anders
beurteilen als der Braunkohlenplan Garzweiler 11 und die Leitentscheidungen der Landesre
gierung. und das Bundesverfassungsgericht diese dennoch angesichts des weiten Gestaltungs
und Einschätzungsspielraums der Landesregierung für irrelevant erachtet hat. Vor diesem
Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die von den Fraktionen geforderte „Analyse“ zu einem
abweichenden Ergebnis führen und eine ..wesentliche Änderung der Grundannahmen“ i.S.d.
§
30 LPIG darlegen könnte. Eine abweichende politische Beurteilung dahingehend, dass der
Verzicht auf die Braunkohle als Energieträger als ‚sinnvoller“ oder gar als .,sinnvollste Vari
ante“ der Energiepolitik betrachtet wird, hätte keinesfalls zur Folge, dass die Einschätzung der
Landesregierung sich als falsch oder (verfassungs-)rechtlich unvertretbar erweisen würde und
wäre für sich betrachtet auch keine wesentliche Änderung der Grundannahmen im Sinne des
§
30 LPIG NRW. Die Stadt Erkelenz könnte eine entsprechende politische Auffassung nicht mit
Erfolg gegen Planungsentscheidungen einwenden. Sie könnte selbstverständlich eine weitere
politische/gesellschaftliche Debatte anstoßen und auch versuchen, die politische Beurteilung
der Notwendigkeit der Braunkohlengewinnung auf der Ebene der Landesregierung zu beein
flussen. Eine Rechtsposition, aus der heraus sie eine Oberprüftrng/Änderung der bestehenden
Braunkohlenplanung verlangen oder einen künftigen Umsiedlungsplan gerichtlich angreifen
könnte, wäre damit aber nicht verbunden.
III. Rechtsstellung der Stadt Erkelenz im Braunkohlenpianverfahren
Auch im Bmunkohlenplanverfahren nach dem LPIG NRW verfügt die Stadt Erkelenz nicht
über eine Rechtsposition, aus der heraus sie entsprechende Erkenntnisse einer „Analyse der
Grundannahmen“ erfolgreich einer künftigen Planung entgegenhalten könnte.
Der Braunkohlenplan Garzweiler 11 wurde 1994/95 aufgestellt und genehmigt. Er stellt die
planerische Grundlage für das Tagebauvorhaben dar. Für die anstehenden Umsiedlungen der
Gemeinden Keyenberg. Kuckum. Ober-/Unterwestrich und Berverath hat der Braunkohlenausschuss einen Umsiedlungsplan aufzustellen. Im Braunkohlenausschuss ist die Stadt Er-
10
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
kelenz nicht unmittelbar beteiligt, lediglich über den Kreis Heinsberg, der nach
§
21 Abs. 1
Milglieder der „kommunalen Bank“ entsendet. Die Stadt kann im Braunkohlenausschuss also
keine eigenen Rechtspositionen vertreten, sondern die Erkelenzer Mitglieder der kommunalen
Bank sprechen lift den Kreis Heinsberg. Gleiches gilt für die Arbeitskreise, die der Braunkoh
lenausschuss gern.
§
23 Abs. 3 LPIG bilden kann (beispielsweise Arbeitskreis Umsiedlung
Keyenberg. Kuckum. Ober-/Unterwestrich sowie Ben‘erath“). Die Arbeitskreise werden nach
§
23 Abs. 3 LPIG „aus der Mitte“ des Braunkohlenausschusses gebildet, so dass die Stadt
Erkelenz hier ebenfalls „nur“ über den Kreis Heinsberg vertreten ist.
Die Stadt Erkelenz wird am Verfahren zur Erarbeitung und Aufstellung des Braunkohlenplans
selbstverständlich gern.
§
28 LPIG beteiligt und kann Anregungen gegen den Entwurf vor
bringen. Eine Rechtsposition, aus der heraus sie die dem Braunkohlenplan/Urnsiedlungsplan
zugrunde liegende energiepolitische Grundentscheidung für die Braunkohlenförderung an
greifen oder eine abweichende Auffassung hierzu durchsetzen könnte, hat sie insoweit aber
nicht inne. Diese Grundentscheidung wird
sungsgedchts
—
—
rnit ausdrücklicher Billigung des Bundesverfas
von der Landesregierung getroffen. der insoweit ein weiter Einschätzungs
und Gestaltungsspielraum zukommt.
IV. Kommunairechtliche und haushaltsrcchtlichc Zulüssigkeit
Wenn die von den Fraktionen gewünschte ..Analyse der Grundannahmen“ demnach lediglich
dazu dienen kann, die weitere politische Debatte über die energiepolitische und energiewirt
schaftliche Notwendigkeit der Braunkohlengewinnung auf der Ebene der Landesregierung
anzustoßen, ist höchst zweifelhaft, ob eine entsprechende Mittelvenvendung durch die Stadt
Erkelenz komsnunalrechtlich und haushaltsrechtlich zulässig wäre.
Kornmunalrechtlich ist die Gemeinde nur für die Verwaltung im eigenen Wirkungskreis zu
ständig, also für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Demnach ist es den Ge
rneinden verwehrt. Regelungen in Sachbereichen zu treffen, die in die Kompetenz eines ande
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
ren Venvaltungsträgers fallen. Das OVG Münster hat festgehalten, dass eine Maßnahme ohre
spezifischen Ortsbezug außerhalb der Verbandskompetenz einer Gemeinde liegt. Sofern eine
Gemeinde Ausgaben beschließt, die außerhalb ihrer Verbandskompetenz liegen, verletzt der
entsprechende Ratsbeschluss geltendes Recht (OVG Münster. Urt. v. 19.01.1995, 15 A
569/91. Juris). Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Rechtsprechung ebenfalls davon
aus, dass eine gemeindliche Maßnahme insbesondere dann, wenn sie den Kompetenz- und
Zuständigkeitsbereich anderer Stellen der vollziehenden Gewalt betrifft, in spezifischer Weise
ortsbezogen sein muss. Die Gemeinde erlange aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur ein kommu
nalpolitisches, kein allgemeines politisches Mandat. Insbesondere Äußerungen einer Gemein
de, die schon nach ihrem Wortlaut den Charakier politischer Stellungnahmen haben, seien
unzulässig. An das Erfordernis eines konkreten örtlichen Bezugs sei ein strenger Maßstab
anzulegen. Soweit eine Gemeinde einer politischen Entscheidung einer anderen Kompetenzebene entgegentrete (im damaligen Urteil ging es um eine verteidigungspolitische Entschei
dung des Bundes), überschreite sie ihre Kompetenzen (BVerwG. Un. v. 14.12.1990, 7 C
3 7/89, Juris Rn. 23, 30. 32).
Der Antng der vier Fraktionen weist, da er, wie oben gezeigt, lediglich dazu dienen kann, auf
der Ebene der Landesregierung eine
politische
Debatte
über die energiepolitische
/energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Braunkohlengewinnung anzustoßen, keinen spezi
fischen örtlichen Bezug auf. Vielmehr würde sich die Gemeinde damit einer Aufgabe wid
men, die der Landesregierung obliegt, nämlich sich mit der allgemeinen energiepolitischen
Ausrichtung der Landespolitik und der weiteren Gültigkeit früherer energiepolitischer Ent
scheidungen befassen. Ein hinreichender örtlicher Bezug wird nach unserer Auffassung auch
nicht dadurch hergestellt, dass die Stadt Erkelenz von den Umsiedlungen im eigenen Gemein
degebiet betroffen ist. Der Antrag der Fraktionen zielt nach seinem Wortlaut nämlich gerade
nicht darauf, die Rechtmäßigkeit konkreter Umsiedlungsplärie zu untersuchen, sondern hat
lediglich die allgemeinen energiepolitischenlenergiewirtschafilichen Grundannahmen der
Landesregierung zum Gegenstand.
12
BAUMEISTER
RECHTSANWÄLTE
Nach alledem ist zumindest höchst fragwürdig. ob kommunalrechtlich überhaupt eine Befas
sungskompetenz der Stadt Erkelenz mit den energiepolitischen Grundentscheidungen der
Landesregierung besteht. Jedenfalls erscheint es mit dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unvereinbar, dass vor dem oben geschilderten Hinter
grund eines weiten Gestaltungs- und Einschätzungsspielraums der Landesregierung und einer
Entscheidung des Bundesverfassungsgedchts, wonach auch unter Berücksichtigung aktueller
widersprechender Gutachten die Entscheidungen zur Energiepolitik des Landes für rechtmä
ßig erachtet wurden, gemeindliche Haushaltsmittel ifir die gewünschte „Analyse der Grund
annahmen der Energiepolitik“ in Anspruch genommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wittmann
Rechtsanwältin
-
Umweltbundesamt
Dessau-RoBlau, 31 .05.2013
Stellungnahme des Umweltbundesamtes in der Sache Verfassungsbeschwer
den (Az.: 1 BvR 3139108; 1 BvR 3386108) gegen den Braunkohletagebau Gar
zweiler 1111
Einladung des BVerfG vom 19.03.2013 zur Teilnahme und Abgabe einer Stellung
nahme des USA im mündlichen Termin am 04.06.2013
Inhaltsverzeichnis
1
Sachverhalt
2
II
Stellungnahme
2
Zentrale Thesen im Überblick
1.
2
Bedeutung der Gewinnung von Bodenschätzen aus
Ressourcenschutzsicht
2
1.2
Bedeutung der Braunkohle für die Energieversorgung im Zeilverlauf
3
1.3
Externe Kosten der Braunkohlenutzung und Subventionen
3
1.4
Zentrale Probleme für Mensch und Umwelt
3
1.1
2.
3.
Bedeutung der Gewinnung von Bodenschätzen aus
Ressourcenschutzsicht
4
Bedeutung von Braunkohle für die Energieversorgung
7
3.1
Bedeutung der Braunkohle im Zeitverlauf
3.2
Klimawandel und klimaverträgliche Energieversorgung
12
3.3
Bedeutung des Tagebaus Garzweiler für die Energieversorgung
17
7
4.
Externe Kosten der Braunkohlenutzung & Subventionen
19
5.
Belastungen des Tagebaus für die Menschen
22
5.1
Gesundheitliche Auswirkungen über den Luftpfad
22
5.2
Soziale Auswirkungen
24
6.
Belastungen des Tagebaus für die Umwelt
24
6.1
Auswirkungen auf die Gewässer
24
6.2
Boden- und Geomechanische Probleme und Bodenzustand
30
6.3
Flächeninanspruchnahme und Folgewirkungen
31
1
1
Sachverhalt
Dem Bundesverfassungsgericht liegen zwei Verfassungsbeschwerden (Az. BvR
31 39/08; 1 BvR 3386/08) gegen verwaltungsbehördliche und —gerichtliche Entschei
dungen im Zusammenhang mit der Realisierung des Braunkohlevorhabens „Gar
zweiler“ vor. Am 4.6.2013 findet die mündliche Verhandlung statt.
Das Bundesverfassungsgericht hat das Umweltbundesamt mit Schreiben vom
19.03.2013 um Stellungnahme zu folgenden fachwissenschaftlichen Frage gebeten:
Welche Bedeutung hat die Gewinnung von Bodenschätzen für das Gemeinwohl, ins
besondere von Braunkohle
—
unter anderem auch aus dem Tagebau Garzweiler
—
für
die Energieversorgung, und welche Belastungen für Mensch und Umwelt sind mit
einem solchen Tagebau verbunden?
Stellungnahme
II
Die folgenden Ausführungen beziehen sich soweit möglich jeweils auf den wissen
schaftlichen Kenntnisstand des streitentscheidenden Zeitraums 1997 bis 2005, ge
ben darüber hinaus aber auch den aktuellen Wissensstand und zukünftige Einschät
zungen wieder.
1.
Zentrale Thesen im Überblick
1.1 Bedeutung der Gewinnung von Bodenschätzen aus Ressourcen
schutzsicht
Bodenschätze sind natürliche, abiotische Ressourcen, die eine wichtige Grundlage
menschlichen Lebens und Wirtschaftens darstellen. Die Gewinnung von Boden
schätzen ist jedoch gleichzeitig mit Belastungen für den Menschen und die Umwelt
verbunden. Die Ziele der Ressourcenschonung und Ressourceneffizienz gewinnen
daher in den letzten Jahren deutlich an Gewicht. Eine wesentliche Herausforderung
besteht darin, abiotische, nicht-erneuerbare Rohstoffe nachhaltiger abzubauen, um
die mit ihrer Nutzung verbundenen Umweltbelastungen und die Beeinträchtigung der
Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu minimieren.
2
1.2 Bedeutung der Braunkohle für die Energieversorgung im Zeitverlauf
Die Bedeutung der Braunkohle für die Energieversorgung in Deutschland sinkt im
Trend insgesamt seit Jahren und wird mit Blick auf die klima- und energiepolitischen
Ziele der Bundesregierung mittelfristig weiter sinken. Langfristig wird eine Stromver
sorgung ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energien realisiert werden müssen.
Durch den stetig steigenden Anteil erneuerbarer Energien mit laufenden Kosten nahe
Null und deren Einspeisevorrang bedingt werden konventionelle Kapazitäten wie
Braunkohlekraftwerke auch aus wirtschaftlichen Gründen mittelfristig zunehmend aus
dem Markt gedrängt.
Auch bei abnehmender Braunkohlenutzung zur Stromerzeugung bleibt die Versor
gungssicherheit in Deutschland erhalten.
1.3 Externe Kosten der Braunkohlenutzung und Subventionen
Die Stromerzeugung durch Braunkohle verursacht im Vergleich zu anderen Formen
der Stromerzeugung die höchsten Umweltkosten, insbesondere durch die Freiset
zung von Luftschadstoffen und durch Treibhausgasemissionen. Dennoch profitiert
die Braunkohlewirtschaft von Subventionen durch die Freistellung von Förderabga
ben und
—
je nach Bundesland
—
von der Befreiung des Wasserentnahmeentgelts.
1.4 Zentrale Probleme für Mensch und Umwelt
Der Abbau der Braunkohle in Europa in Tagebauen ist mit relevanten Schadstoffund Treibhausgasemissionen aus dem Abbau und der Nutzung der Rohstoffe, mit
der Zerstörung bzw. Beeinträchtigung von Ökosystemen und mit Auswirkungen auf
den Wasserhaushalt der Förderregionen sowie mit einer hohen Inanspruchnahme
der Ressource Fläche verbunden:
•
Die direkten Feinstaubemissionen, die von Braunkohletagebauen ausgehen,
führen regelmäßig zur Überschreitung der gültigen Feinstaub(PM1O)Grenzwerte in der Luft. Neben diesen unmittelbaren Effekten führt auch die
nach dem Abbau erfolgende Verstromung der Braunkohle zur Freisetzung von
gesundheitsrelevanten Partikeln (Stickoxide, Schwefeldioxid, Staub).
3
•
Durch Umsiedlungen und den Verlust der Heimat sowie ihrer gewohnten Betä
tigungsfelder sind vor allem ältere Menschen hart betroffen.
•
Der Abbau von Braunkohle hat erhebliche direkte Auswirkungen auf den Zu
stand von Gewässern. Die Grundwassermenge wird durch die Absenkungen
negativ beeinflusst und die Grundwasserqualität insbesondere durch Einträge
von Sulfat und Chlorid belastet. Eisenhaltige Abwässer aus dem Braunkohleabbau führen in Oberflächengewässern zu einer Verockerung mit erheblichen
Auswirkungen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften. Trotz eingeleiteter
Gegenmaßnahmen wird der von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie
(EU-WRRL) geforderte gute Gewässerzustand auch innerhalb der Verlänge
rungsfristen bis 2027 in den betroffenen Regionen verfehlt.
•
Jeder Tagebau bedingt Massenumlagerungen, welche zur irreversiblen Zer
störung bestehender Bodenzustände und —funktionen (z. B. als ökosystemare
Dienstleister) führen.
•
Infolge von Garzweiler II ist allein durch die Umsiedlungen eine Flächenneuin
anspruchnahme für Siedlungen und Verkehr von bis zu 304 Hektar zu erwar
ten. Die Tagebaufläche von 48 km2 wird nach Abschluss des Abbaus zur Hälf
te in einen Restlochsee umgewandelt werden (23 km2). Die künftige Nutzbar
keit des Sees hängen davon ab, ob es gelingt, die Ufer so anzulegen und zu
befestigen, dass sie gefahrlos bebaut oder zumindest betreten werden kön
nen, und welche Wasserqualität sich langfristig einstellen wird. Die übrige Flä
che von Garzweiler II wird wieder aufgeschüttet und soll für land- und forstwirtschaftliche Nutzungen sowie z. T. auch für Naturschutzfunktionen herge
richtet werden. Aufgrund der Bodeneigenschaften eignet sich das Gelände
nicht als Baugmnd und auch die natürliche Bodenfruchtbarkeit kann in abseh
barer Zeit nicht vollständig wieder hergestellt werden.
2.
Bedeutung der Gewinnung von Bodenschätzen aus Ressourcen
schutzsicht
Bodenschätze sind natürliche, abiotische Ressourcen, die eine wichtige
Grundlage menschlichen Lebens und Wirtschaftens darstellen. Die Gewinnung
von Bodenschätzen ist jedoch gleichzeitig mit Belastungen für den Menschen
und die Umwelt verbunden. Die Ziele der Ressourcenschonung und Ressour
4
ceneffizienz gewinnen daher in den letzten Jahren deutlich an Gewicht. Eine
wesentlich Herausforderung besteht darin, abiotische, nicht-erneuerbare Roh
stoffe nachhaltiger abzubauen, um die mit ihrer Nutzung verbundenen Umweltbelastungen sowie die Beinträchtigung der Lebensgrundlagen künftiger Gene
rationen zu minimieren.
Natürliche Ressourcen wie die erneuerbaren und die nicht erneuerbaren Primärroh
stoffe, der physische Raum, die Umweitmedien Wasser, Boden und Luft sowie die
Biodiversität bilden die essentielle Grundlage allen menschlichen Lebens und Wirtschaffens. Bodenschätze im bergerechtlichen Sinne umfassen abiotische Primärroh
stoffe, also Rohstoffe, die nicht aus Lebewesen stammefl. Abiotische Rohstoffe sind
nicht erneuerbare Rohstoffe. Zu ihnen zählen Energieträger wie Braun- und Stein
kohle, Erze und sonstige mineralische Rohstoffe (Baumineralien wie Sand, Kies,
Steine sowie Industriemineralien wie Quarzsand, Kalisalze und so weiter).
Im Jahre 2011 betrug die Braunkohleproduktion in Deutschland rund 176 Millionen
Tonnen und stellte damit nach Bausanden und -kiesen sowie gebrochenen Natursteinen mengenmäßig die drittwichtigste in Deutschland produzierte Rohstoffgruppe
dar. Die wirtschaftliche Bedeutung des einheimischen Rohstoffes Braunkohle liegt
hauptsächlich in der Verstromung.
[1.000 t)
.flTTVr‘•
253.000
229.000
176.502
Braunkohle
66.400
Kalk-, Mergel- und Dolomlin
17,441
Steinsalz und lndustrlesole
12.673‘
Erdgas
469
12.070
SteInkohle
466
10.800
Quarzsand
375
1 Bentonit
ibit
350
feuerfester und keramischer TO41
319
1 Feldspat
1 Sledesalz
1 Erdolgas
1
Elsener2
Naturwerksteine
6.200
•
•
•
REA‘Glps
80
4.8gg
1
Kaolln
66
1
Auorlt
3.215
1
Kallsalz (K,O)
55
B-t
1
GIps- und Anhyddtstein
1
1
1
7.911
6.810
ErdÖl
2.677
2.021
875
53
0,1
•
Mio. m‘
1.000 rn‘
Kleselerde
Energierohstofte
Metalle
Schwefel
fl
tndustneminerale,
Steine und Erden
Metallrohstofte
Abbildung 1: Rohstoffpmduktion in Deutschland im Jahr 20111
1
Deutschland —Rohstoffsituation 2011, Deutsche Rohstoffagentur DERA, 2011.
5
Bei der Gewinnung von Rohstoffen wird zwischen verwerteten (genutzten) abioti
schen Rohstoffen und nicht verwerteten (ungenutzten) abiotischen Rohstoffen unter
schieden. Zum letzteren gehören insbesondere Abraum der Braunkohle, Bergemate
rial von Energieträgern und mineralischen Rohstoffen sowie Bodenaushub. Die un
genutzten Entnahmen in Deutschland werden weitgehend durch die Extraktion der
Energieträger bestimmt, und zwar im Wesentlichen durch die Entnahme von Braun
kohle, die allein 2008 für rund 86 % der nicht genutzten Entnahmen verantwortlich
war2.
Die Gewinnung (und Nutzung) von Bodenschätzen wie Braunkohle ist mit Belastun
gen für den Menschen und die Umwelt verbunden (siehe die Kapitel II 5 und II 6).
Aus ökologischer Sicht führt bereits die Entnahme von Bodenschätzen aus der Erde
zu potenziellen Schädigungen von Ökosystemen und zu Störungen von ökologi
schen Gleichgewichten. In nationalen und internationalen politischen Prozessen ha
ben daher
—
neben Gründen der Versorgungssicherheit
—
die Themen Ressourcen-
schonung und Ressourceneffizienz in den letzten Jahren deutlich an Gewicht ge
wonnen.
Ausschlaggebend dafür ist die Tatsache, dass viele Umweltprobleme direkt oder indi
rekt mit der menschlichen Nutzung natürlicher Ressourcen verbunden sind und der
zunehmende Ressourcenkonsum auf globaler Ebene zu einer Verschärfung dieser
Probleme führt. Dabei betrachtet man die Inanspruchnahme der natürlichen Res
sourcen und die Reduktion der damit verbundenen Umweltwirkungen entlang der
gesamten Lebenszykluskette.
Im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie3, dem Ressourceneffizienzprogramm
(ProgRess)4 und dem Programm der Bundesregierung zur Erreichung der
Klimaschutzziele5 ist es geboten, auch die Rohstoffversorgung nachhaltiger zu ge
stalten als bisher. Dies entspricht auch den europäischen Ressourcenschutzzielen.6
2 Dittrich et.aI.: Aktualisierung von nationalen und internationalen Ressourcenkennzahlen, Sustainable
Europe Research Institute im Auftrag des UBA, 2012.
http://www. bmu.defthemen/strategien-bilanzen-gesetze/nachhaltige-entwicklung/strategie-und
umsetzung/nachhaltipkeitsstrategie/
http:llwww.bmu.de/service/publikationen/downloadsfdetails/artikel/deutsches
ressourceneffizienzDropramm-progress/
Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm (IEKP) der Bundesregierung 2007, Energiekonzept
der Bundesregierung 2010
6
Fahrplan für ein resseurcenschonendes Europa. Mitteilung der Kommission an das Europäische
Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der
6
Nachhaltig wirtschaften bedeutet, die Wirtschafts-, Umwelt- und Entwicklungspoliti
ken unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Erde so
anzupassen,
dass die Be
dürfnisse der heute lebenden Menschen befriedigt werden können, ohne die Le
bensgrundlagen künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse
zu beeinträchtigen.
Dazu ist es notwendig, Wirtschaftswachstum und Verbrauch von Ressourcen so
voneinander zu entkoppeln, dass die Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen ab
solut sinkt. Sparsamer und effizienter Umgang mit endlichen Rohstoffen, deren Er
satz durch erneuerbare Rohstoffe und Energiequellen sowie die verstärkte Nutzung
von Sekundärrohstoffen sind dabei zentrale Elemente. Eine nur technisch verstan
dene Modernisierungspolitik zur Ausschöpfung von Effizienzpotenzialen reicht aber
nicht aus. Sie muss von einem gesellschaftlichen Wandel hin zu nachhaltigen Pro
duktions- und Konsummustern und Energie- und Mobilitätsstrukturen begleitet wer
den, um die mit der Entnahme und Verarbeitung von Rohstoffen sowie der Nutzung
und Entsorgung von Gütern verbundenen Umweltbeeinträchtigungen absolut zu mi
n im ie
ren
Gemäß
§
3 Abs. 2 KlimaschutzG NRW kommen der Steigerung des Ressourcen-
schutzes und der Ressourcen- und Energieeffizienz auch besondere Bedeutung zur
Verringerung der Treibhausgasemissionen zu. Ressourcenschutz- und Klimaschutz
greifen
3.
hier unmittelbar ineinander.
Bedeutung von Braunkohle für die Energieversorgung
3.1 Bedeutung der Braunkohle im Zeitverlauf
Die Bedeutung der Braunkohle für die Energieversorgung in Deutschland sinkt
im Trend insgesamt seit Jahren und wird mit Blick auf die klima- und energiepolitischen Ziele der Bundesregierung mittelfristig weiter sinken. Langfristig
wird eine Stromversorgung ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energien
realisiert werden müssen.
Regionen vom 20.09.2011, KOM (2011) 571 endg, der zunächst nur einen Rahmen vorgibt, welcher in
einem dreijährigen Prozess ausgefüllt wird.
http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/public/theme.do?nodeldent=2252;
siehe auch SRU, Umweltgutachten 2012. Verantwortung in einer begrenzten Welt, Berlin 2012, 8.
95ff.
7
Durch den stetig steigenden Anteil erneuerbarer Energien mit laufenden Kos
ten nahe Null und deren Einspeisevorrang bedingt werden konventionelle Ka
pazitäten wie Braunkohlekraftwerke auch aus wirtschaftlichen Gründen mittel
fristig zunehmend aus dem Markt gedrängt.
In Deutschland hatte Braunkohle im Jahr 2012 einen Anteil von 12,1 % am gesamten
Primärenergieverbrauch (siehe Abbildung 2: ‚Entwicklung des Primärenergiever
brauchs in Deutschland nach Energieträgern).
Von den einheimischen Energieträgern (Primärenergiegewinnung im Inland) ist sie
mit einem Anteil von 38,4 % bisher noch am bedeutsamsten und liegt damit nur
knapp vor den erneuerbaren Energien mit reichlich 36 %‚ aber weit vor den anderen
fossilen Energieträgern Erdgas, Steinkohlen und Erdöl.8
Die Tendenz der Braunkohlenutzung in Deutschland war längere Zeit rückläufig. Seit
1990 fanden große Veränderungen im Energieträgermix statt. Hervorzuheben sind
die Halbierung des Braunkohleeinsatzes, die Steigerung des Gasverbrauchs um gut
ein Viertel und das massive Wachstum erneuerbarer Energieträger.
Diese Entwicklung gilt nicht nur für den Energiebedarf insgesamt, sondern auch für
die Stromerzeugung.
Im Jahr 2012 ist der Verbrauch von Braunkohle allerdings mit 5,3 % und von Stein
kohle mit 3,1 % am stärksten von allen fossilen Energieträgern gegenüber dem Vor
jahr gestiegen. Der Grund liegt u. a. darin, dass aktuell die Preise für C02-Zertifikate
des Emissionshandelssystems wegen durch die EU aus politischen Gründen zu
großzügig ausgestalteten Emissionsobergrenzen sehr niedrig sind und damit zur Zeit
kaum wirtschaftliche Anreize bestehen, Braunkohlestrom mit Strom aus emissions
ärmeren aber teureren Energieträgern wie z. B. Erdgas zu ersetzen.
8
Jahresbericht, Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2012, AGEB, 2013
8
Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in
Deutschland nach Energieträgern
7000
6000
—Steinkohle
5000
—Braunkohle
4000
—Mineralöl
3000
—Erdgas
—Kernenergie
2000
—Erneuerbare Energien
1000
0
990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 20042006 2008 2010
-1000
—Sonst. Energieträger:
Grubengas,
Nichterneuerbare Abfälle,
Abwärme sowie
Stromaustauschsaldo
Abbildung 2: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland nach Energieträ
gern
Die insgesamt rückläufige Tendenz bei der Braunkohlenutzung von 1990 bis 2012
wird durch die energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesrepublik manifestiert
(siehe Tabelle 1). Gleichzeitig zeigt die jüngste Entwicklung des Jahres 2012 hin zu
steigenden Braunkohleeinsätzen, dass die Politik weiterhin nachsteuern muss, um
ihre Ziele zu erreichen.
9
2020
2011
2050
Trel bhausgasem i55 ionen
.
Treibhausgasemissionen
(gegenüber 1990)
ty
-26,4 %
-40%
f
2030
-55%
2040
-70%
2050
-80 %bis -95
Effizienz
r1
Primärenergieverbrauch
(gegenüber 2008)
Energieproduktivität
( Endenergieverbrauch)
Brutto-Stromverbrauch
(gegenüber 2008)
4-6,0
-20%
-50%
2,0% pro Jahr •
(2008—2011)
-10%
-2,1%
Anteil der Stromerzeugung aus
Kraft-Wärme-Kopplung
2,1% pro Jahr
(2008—2050)
-25%
25%
%
(2010)
-
Gebäudebestand
Wärmebedarf
k.A.
Primärenergiebedarf
k.A.
.
Sanierungsrate
—
-20%
-
in der Größenordnung von -80%
-
rar,
id 1% prnd
4-—
Verdopplung auf 2 % pro Jahr
4
Verkehrsbereich
Endenergieverbrauch
(gegenüber 2005)
rund -0,5 %./
-10%
Anzahl Elektrofahrzeuge
-40%
ca. 6.600
1 Mio.
2030
6 Mio.
20,3 %
mmd. 35 %
2030
mmd. 50%
Erneuerbare Energien
Anteil am Bruttostromverbrauch
Anteil am
Bruttoendenergieverbrauch
‘d.J12,1 %
18%
‘jj
2030
30%
2040
mmd. 65 %
2040
45%
2050
mmd. 80 %
2050
60%
Tabelle 1: Status Quo und quantitative Ziele der Energiewende
Bis 2050 will die EU ihre Treibhausgasemissionen um 80-95% gegenüber 1990 sen
ken. Die Klima-Roadmap“ (Roadmap for a Competitive Low Carbon Economy in
205O) von März 2011 legt neben diesem Langfristziel auch Zwischenziele fest
(2030: 40%, 2040: 60%), die außer von Polen von allen Mitgliedstaaten unterstützt
wurden. Sobald diese anspruchsvollen Ziele über den EU-Emissionshandel umge
setzt sind, entsteht für den Einsatz von Braunkohle in Kraftwerken ein erheblicher
COM(201 1)112: Roadmap for a Competitive Low Carbon Economy in 2050, March 2011
10
Kostendruck, da die Verknappung der Zertifikate mit einem deutlichen Preisanstieg
einhergehen wird. Somit besteht ein erhebliches Risiko, dass Investitionen in den
Neubau von Braunkohlekraftwerken sich mittelfristig als stranded investment“ dar
stellen.
Hinzu kommt: je mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen (der Einspeise
vorrang genieBt) ins System gespeist wird, desto mehr verschlechtern sich die wirt
schaftlichen Bedingungen für fossil befeuerte Kraftwerke wie Braunkohlekraftwerke:
Einerseits haben letztere insbesondere durch den steten Brennstoffeinsatz deutlich
höhere laufende Kosten als die nahezu kostenlos produzierenden erneuerbaren
Energiequellen Wind- und Solarkraft. Andererseits wird durch die volatile Einspei
sung aus fluktuierenden erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind das Produkt
Grundlast“ zunehmend obsolet, das bisher insbesondere von Braunkohlekraftwer
ken mit einer möglichst hohen iährlichen Volllaststundenzahl bedient wurde und de
ren Geschäfismodell begründete.
Die Anforderungen an konventionelle Kraftwerke in einem Stromsystem mit einem
wachsenden Anteil erneuerbarer Energien verändern sich hin zu hoch flexiblen
Kraftwerken, die den mitunter steil verlaufenden Residuallastverlauf kompensieren
und bei Bedarf spontan ab- und angefahren werden können. Diese Eigenschaften
weisen insbesondere moderne Gaskraftwerke auf. Braunkohlekraftwerke hingegen
sind für den Grundlastbetrieb ausgelegt und werden bei einer
—
wie zu erwarten ist
—
weiterhin sinkenden Auslastung im Betrieb unwirtschaftlich.
Somit ist auch zukünftig ein weiterer Rückgang der Bedeutung der Braunkohlenut
zung in Deutschland zu erwarten. Diese Annahme wird durch diverse Studien ge
stützt, die von einer Marginalisiewng der Braunkohlenutzung für den Zeitraum ab
2030 ausgehen: So zeigt etwa die Studie Energieziel 2050: 100 % Strom aus er
neuerbaren Quellen“1° des Umweltbundesamtes, dass mit heute bereits am Markt
verfügbarer Technik bis 2050 ein völliger Verzicht auf fossile Brennstoffe in der
Stromversorgung möglich ist. Auch in den Energieszenarien für ein Energiekonzept
der Bundesregierung“11, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
10
Klaus et al.: Energieziel 2050; 100 % Stmm aus erneuerbaren Quellen, Umweltbundesamt, Dessau
Roßlau 2010.
EWI, Prognos, GWS: Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung, Bundesminis
terium für Wirtschaft und Technologie 2010.
11
in Auftrag gegeben wurden, spielt Braunkohle nach 2030 kaum noch eine Rolle in
der Energieversorgung (siehe Abbildung 3).
15.000
•Importsaldonichtern.&rom
• Ernetierbare
Gase
• &einkohle
sKernkraft
IA
.
13.000
12.000
zln-pohsaldoern.Stram
•Sonsbge
2MineiaIöIprachikte
•Braunkohle
1
itooo
10.000
9.000
i!
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1
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:
8.000
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2040
2050
Prcgnos/EW/0t4S 2010
Abbildung 2: Primärenergieverbrauch nach Energieträgern 20 08-2050, in PJ12
3.2 Klimawandel und klimaverträgliche Energieversorgung
Die Nutzung von Braunkohle zur Energiegewinnung läuft wegen der hohen
spezifischen Emissionen den Bestrebungen des Klimaschuftes und einer kIl
maverträglichen Energieversorgung entgegen. Langfristig wird eine Stromver
sorgung ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energien realisiert werden
müssen.
Das Energiekonzept der Bundesregierung setzt ambitionierte Einsparziele von 80 bis
95 % für Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 gegenüber 1990. Auch für die
Entwicklung bis 2050 geben das integrierte Energie- und Klimaschutzprogramm und
das Energiekonzept der Bundesregierung Zwischenziele vor (2020: 40 % weniger
12
Abbildung aus EWI, Prognos, GWS: Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung,
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2010.
12
Treibhausgasemissionen als 1990, 2030: 55 Prozent. 2040: 70%).
§
3 des Klima
schutzgesetzes NRW IKlimaschutzziele] besagt:
(1) Die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen In Nordrhein-Westfalen
soll bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 % und bis zum Jahr 2050 um min
destens 80 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990
verringert werden.
Um diese Ziele zu erreichen, ist eine wesentliche Umgestaltung der Stromversorgung
notwendig, da hier 40 % der energiebedingten C02-Emissionen entstehen. Dement
sprechend soll die Energieversorgung in Deutschland in den kommenden Jahrzehn
ten grundsätzlich umgebaut werden: die Energiebereitstellung und -nutzung soll
deutlich effizienter und fossile Energieträger wie Braunkohle sollen durch umweltver
träglichere erneuerbare Energien substituiert werden.
Mittlerweile hat eine Reihe von wissenschaftlichen Analysen die Machbarkeit einer
vollständig erneuerbaren Stromversorgung für Deutschland unter Verzicht auf fossile
Brennstoffe illustriert
—
beispielhaft sei auf Publikationen des Umweltbundesamtes
und des Sachverständigenrates für Umweltfragen verwiesen.13
13
Vgl. u.a. Umweltbundesamt (2010): Energieziel 2050: 100% erneuerbare Energien; Sachverständi
genrat für Umweltfragen (2011): Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung
13
14.000
D Geothermie
D5olar
12.000
0 Wind
EE
10.000
8.000
-)
6.000
• Wasser
• Biomasse
O Müll und
sonstige
0 Erdgas
•ÖI
4.000
• Steinkohle
• Braunkohle
2.000
II Kernenergie
OfH
+
2008
2015
1
0
Kernenergie
Braunkohle
Steinkohle
Öl
Erdgas
Müll und sonstige
Biomasse
Wasser
Wind
Solar
Geothermie
2020
2008
1.623
1.566
1.817
3.935
3.008
220
927
74
146
16
0
2025
2015
874
1.546
1.581
3.583
2.843
265
1.403
81
241
126
47
2030
2020
653
1.122
1.485
3.392
2,797
290
1.639
94
336
191
96
2025
0
961
1.490
3.239
2.687
314
1.673
113
474
234
173
2030
0
704
1.081
3.083
2.630
342
1.706
121
595
268
249
Abbildung 4: Mögliche Entwicklung des Primärenergiebedarf nach Energieträgern im Aktu
elle-Politik-Szenario, 2008 2030, aus: F. Matthes et. al: Politikszenarien für den Klimaschutz VI Treibhausgas-Emissionsszenarien bis zum Jahr 203014
-
-
14
Im Internet verfügbar unter http:llwww.umweftbundesamt.deluba-info-medien/4412.html, zuletzt
aufgerufen am 24. Mai2013.
14
14.000
-
O Geothermie
ci Solar
12.000
0 Wind
10.000
n
8.000
0
6.000
• Wasser
I-1
• Biomasse
ci Müll und
sonstige
ci Erdgas
E
4.000
2.000
• Steinkohle
• Braunkohle
1
4
•Öl
Kernenergie
T
2008
Kernenergie
Braunkohle
Steinkohle
Öl
Erdgas
Müll und sonstige
Biomasse
Wasser
Wind
Solar
Geolhermie
2015
2020
2006
1.623
1.566
1.817
3.935
3.008
220
927
74
146
16
0
2030
2025
2015
874
1.500
1.286
3.469
2.777
267
1.437
77
254
137
52
2020
646
987
1.050
3.057
2.610
285
1.741
86
393
207
106
2025
2030
0
740
967
2.614
2.371
302
1.843
103
547
277
187
0
425
711
2.147
2.217
318
1.902
112
613
346
269
Abbildung 5: Mögliche Entwicklung des Primären ergiebedarf nach Energieträgern im Ener
giewende-Szenario, 2008-2030, aus: F. Matthes et. al: Politikszenarien für den Klimaschutz
VI Treibhausgas-Emissionsszenarien bis zum Jahr 2030
-
Die Abbildungen 4 und 5 sind dem Projektionsbericht 2013 der Bundesregierung
entnommen, den diese gemäß der Entscheidung 280/2004/EG der EU-Kommission
vorzulegen ist. Berichtet werden darin zwei Szenarion: Das sogenannte AktuellePolitik-Szenario (siehe Abbildung 4) entwickelt Angaben zur zukünftigen Entwicklung
von Treibhausgasemissionen für den Fall, dass die bis zum 8. Juli 2011 beschlosse
nen Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung unverändert weiter gelten. Er15
gebnis dieser Projektion ist, dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung in die
sem Szenario nicht eingehalten werden können.
Das sogenannte Energiewendeszenario (siehe Abbildung 5) dagegen nimmt die Um
setzung weiterer Klimaschutzmaßnahmen an. Anhand der Abbildungen 4 und 5 wird
deutlich, dass der Einsatz von Braunkohle in beiden Szenarien kontinuierlich ab
nimmt. Im Energiewendeszenario, das verdeutlicht, wie die klimapolitischen Ziele der
Bundesregierung erreicht werden können, kommt noch einmal deutlich weniger
Braunkohle zum Einsatz als im Aktuelle-Politik-Szenario.
Bereits im Abschnitt II 3.1 wurde dargestellt, dass die Bedeutung der Braunkohlenut
zung für die Zeit nach 2030 unter den Rahmenbedingungen des Energiekonzepts
0
weiter abnimmt. Langfristig (2050) erscheint eine Versorgung, die vollständig auf er
neuerbaren Energien beruht, aus Klimaschutzgründen unabdingbar.
Die Emissionen lassen sich nicht in allen Sektoren gleich effektiv senken. Insbeson
dere in den Sektoren Landwirtschaft, Industrie und Abfall/Abwasser bleibt ein So
ckelbetrag an Emissionen, der sich nicht weiter senken lässt
—
zum Beispiel die Me
thanemissionen aus Verdauungsprozessen von Rindern oder prozessbedingte Emis
sionen aus der Industrie (z. B. Zementindustrie). Bei einer Emissionsminderung von
95 % darf der Energiesektor gar keine Emissionen mehr ausstoßen, bei einer Minde
rung von 80% müssen seine Emissionen überproportional gesenkt werden. Dies ist
wegen der besonders hohen Emissionen aus Braunkohlekraftwerke kaum zu errei
chen.
Auch der Bau moderner Braunkohlekraftwerke oder die Option der Abscheidung und
Speicherung von Kohlendioxid beeinflussen den langfristigen Trend weg von der
Kohlenutzung nicht grundsätzlich:
Zwar haben neue Braunkohlekrafiwerke einen höheren Wirkungsgrad und vemrsa
chen damit geringere spezifische C02-Emissionen als die alten ersetzten Kraftwerke.
Dennoch liegen die C02-Emissionen von Braunkohlekraftwerken auch bei zukünftig
zu erwartender Technik bei etwa 800 g/kWhei.15 Sie liegen damit deutlich über den
durchschnittlichen spezifischen Emissionswerten, die für die Stromerzeugung in Eu
ropa erforderlich sind, um die langfristigen Klimaschutzziele zu erreichen. Neue
‘5UBA 2009: Klimaschutz und Versorgungssicherheit
gung1 umweltbundesamt, 2009
16
—
Entwicklung einer nachhaltigen Stromversor
(Braun-)Kohlekraftwerke helfen daher nicht, die langfristigen Klimaschutniele zu er
reichen.
Auch die Anwendung von Techniken zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung
(kurz CCS für carbon capture and storage“) bieten derzeit nach Einschätzung des
Umweltbundesamtes keine realistische Lösung zur Vermeidung von C02Emissionen bei der Braunkohleverstromung. Der zukünftige Einsatz dieser Technik
ist nur schwierig abschätzbar, da CCS zurzeit weit von der Wirtschaftlichkeit entfernt
ist. Mit einer großtechnischen Verfügbarkeit wird nicht vor 2025 gerechnet. Daneben
bestehen prinzipielle offene Fragen hinsichtlich der verfügbaren C02Speicherkapazitäten und der potentiellen Konflikte mit anderen Untergrundnutzun
gen. Fossile Kraftwerke werden dem Anspruch der Nachhaltigkeit auch durch den
Einsatz von CCS nicht gerecht und die begrenzten Speicherkapazitäten für CO2 aus
Kraftwerken stehen in Konkurrenz zu C02-Emissionen aus der Industrie.
3.3 Bedeutung des Tagebaus Garzweiler für die Energieversorgung
Auch bei abnehmender Braunkohlenutzung zur Stromerzeugung bleibt die
Versorgungssicherheit in Deutschland erhalten.
Die Stromerzeugung aus Braunkohle basiert nahezu ausschließlich auf inländischer
Förderung. Die gesamten Braunkohlenvorräte in Deutschland liegen bei etwa
77 Mrd. t. Als wirtschaftlich abbaubare Vorräte gelten etwa 41 Mrd. t, von denen rund
5 Mrd. t in genehmigten und geplanten Tagebauen zur Verfügung stehen.
17
Braunkohlenvorräte
in Deutschland in Mrd. t
•Ilamt,,u
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HMt.dts
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Abbildung 6: Lagerstätten und Braunkohlen vorräte in Deutschland nach Revieren
Die durchschnittlichen Jahresvolllaststunden für Braunkohlenkraftwerke betragen
derzeit 6820 Stunden.16 Die stetig zunehmende und vorrangige Einspeisung von
Strom aus erneuerbaren Quellen wird voraussichtlich immer häufiger dazu führen,
dass auch die bisher in der Gwndlast arbeitenden Braunkohlekraftwerke nicht mehr
auf eine wirtschaftliche Auslastung kommen, wodurch sich die Reichweite der bereits
jetzt genehmigten und erschlossenen Tagebaue vergrößern würde.
Für die Bestimmung der Mindestreichweite der bestehenden Tagebaue kann daher
vereinfachend eine gleichbleibende Kraftwerksauslastung angenommen werden.17
Das rheinische Revier ist das größte Braunkohlerevier in Deutschland. Der Abbau
von Braunkohle konzentriert sich seit etwa 2010 auf drei Tagebaue (Garzweiler II,
Hambach und Inden). Die genehmigten Tagebaue ermöglichen bei einer (theore
tisch) gleichbleibenden Förderkapazität von 100 Mio. Ua einen Abbau bis etwa 2043.
‚
DEBRIV: „Braunkohle in Deutschland 2009‘, 2009
Bei der Umsetzung des 2002 beschlossenen Atomausstieges würde die Ausnutzungsdauer der
Braunkohlenkraftwerke bis zum Jahr 2020 auf dem heutigem Niveau bleiben und danach bis 2040 nur
leicht absinken auf 6200 h. BMWi 2010: Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregie
rung, August 2010
17
18
Aktuell sind hier keine neuen Kraftwerksblöcke im Bau. Hingegen ist bei einer ange
nommenen durchschnittlichen Lebensdauer von 35 Jahren bis 2030 mit der Stulle
gung von Braunkohle-Kraftwerkskapazitäten in Höhe von ca. 8000 MW zu rechnen.1°
Ohne weiteren Zubau neuer Kraftwerke und unter Weiterbetrieb der Kraftwerke BoA
1 —3 ist durch die Verringerung der Kraftwerkskapazitäten theoretisch ein Abbau
über das Jahr 2050 hinaus möglich. Mit einem Förderstopp im Tagebau Garzweiler
würde langfristig ein Wegfall von ca. 40 % der Fördermenge im rheinischen Revier
einem dortigen Wegfall von etwa 70 % der Kraftwerkskapazitäten gegenüber stehen.
Darüber hinaus stehen im mitteldeutschen und im Lausitzer Revier ebenfalls geneh
migte Kapazitäten bereit, die bei gleichbleibender Förderung nach deutliche Reich
weiten haben, so dass die Versorgungssicherheit in Deutschland in jedem Falle ge
währleistet bleibt.
Somit zeigt sich, dass die ehemals genehmigten Fördermengen im rheinischen Re
vier die Nachfrage langfristig überschreiten.
Revier
genehmigte Kapazitäten
Reichweite des Abbau bis
Ja h r*
geplante Stilllegungen 1KW bis
2030
geplante Neubauten KW
rheinisches
Revier
100 Mio. Ua
mitteldeutsches
Revier
k. A.
Lausitzer Revier
2043
k. A.
2030
8060 MW**
150 MW**
1000 MW
-
660 MW
1250 MW
60 Mio. Ua
• unter Annahme gleichbleibender Förderkapazitten
**
bei einer angenommenen Anlagenlebensdauer von 35 Jahren
Quelle für Stilliegungen und Neubauten: UBA-Kraftwerksdatenbank, Stand 27.05.2013
Tabelle 2: Reichweite der genehmigten und erschlossenen Tagebaue sowie geplante Kraft
werksstilllegun gen und -neubauten
4.
Externe Kosten der Braunkohlenutzung & Subventionen
Die Stromerzeugung durch Braunkohle verursacht im Vergleich zu anderen
Formen der Stromerzeugung die höchsten Umweltkosten, insbesondere durch
die Freisetzung von Luftschadstoffen und durch Treibhausgasemissionen.
Dennoch profitiert die Braunkohlewirtschaft von Subventionen durch die Frei18
Quelle: Kraftwerksdatenbank des Umweltbundesamtes, Stand: 27.05,2013
19
stellung von Förderabgaben und —je nach Bundesland
—
von der Befreiung des
Wasserentnahmeentgelts.
Zu den direkt durch den Abbau der Braunkohle hervorgerufenen Umweitschäden
(dazu II 5 und II 6) treten Belastungen von Umwelt und Klima, die indirekt durch die
Nutzung der abgebauten Braunkohle entstehen. Die durch die Verwendung von
Braunkohle zur Stromerzeugung entstehenden Umweltbelastungen können
monetarisiert, d. h. in Geldbeträge umgerechnet werden. Die Umweltkosten der
Stromerzeugung mit Braunkohle betragen insgesamt 10,75 €-Cent2010 / kWhei, davon
2,07 €-Cent durch die bei der Braunkohleverstromung freigesetzten Luftschadstoffe
und 8,68 €-Cent durch die entweichenden Treibhausgase.19 Damit sind die spezifi
schen Umweltkosten der Stromerzeugung mit Braunkohle die höchsten der fossilen
Energieträger und deutlich höher als die Umweltkosten, die bei der Nutzung erneu
erbarer Energiequellen entstehen (siehe Tabelle 3). Die Umweltkosten der Braunkoh
leverstromung betrugen insgesamt ca. 40,7 Mrd. € in 201 0.20 Sie enthalten Mehrkos
ten im Gesundheitswesen bspw. aufgrund der Feinstaubbelastung, Schäden durch
Biodiversitätsverluste sowie Ernte- und Materialschäden, die durch Emissionen wäh
rend der Energieerzeugung (direkte Emissionen) und Bau, Instandhaltungund Abbau
der Anlagen (indirekte Emissionen) entstehen.21
19
USA (2013a), Methodenkonvention 2.0 zur Schätzung von Umweltkosten, AnhangS „Best-Practice
Kostensätz für Luftschadstoffe, Verkehr, Strom- und Wärmeerzeugung‘,
http://www. umweltdaten.de/publikationenlfpdf-U4485.pdf
20
Basis der Berechnung ist der Energieeinsatz zur Stromerzeugung mittels Braunkohle von 1.364
Petajoule, vgl. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V., Auswertungstabellen zur Energiebilanz für
die Bundesrepublik Deutschland 1990 bis 2011, Stand September 2012, Tabelle 5, http:IIwww.ag
energiebilanzen.de/viewpage.php?idpage=1 39
21
Zur Berechnung der Umweltkosten siehe USA (2013b), Ökonomische Bewertung von Umweltschä
den Methodenkonvention 2.0 zur Schätzung von Umweltkosten.
http://www.umweltdaten.de/iublikationen/fpdf-l/4418.pdf und USA (2013a), Methodenkonvention 2.0
zur Schätzung von Umweltkosten, Anhang B „Best-Practice-Kostensätz für Luftschadstoffe, Verkehr,
Strom- und Wärmeerzeugung“, httpi/www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4485.pdf
—
20
Stromerzeugung durch
Luftschadstoffe
Treibhausgase
Umweltkosten
gesamt
Braunkohle
207
8,68
10,75
Steinkohle
1,55
7,38
8,94
Erdgas
1,02
3,90
4,91
Öl
2,41
5,65
8,06
Wasserkraft
0,14
0,04
0,18
Windenergle
0,17
0,09
0,26
Photovoltaik
0,62
0,56
1,18
Biomasse*
2,78
1,07
3,84
Erneuerbare Energien
Nach Erzeugungsanteilen gewichteter Durchschnittswert für Biomasse gasfbrmig, flüssig und fest (Haushalte und Indust
de), Bandbreite van 0,3 bis 7.2 €-CenvkWh€.
‘
Quelle: UBA (2013a)22.
Tabelle 3: Umweltkosten der Stromerzeugung in Deutschland durch die Emission von Treib
hausgasen und anderen Luftschadstoffen in €-0ent2010 /kWh9,
Hinzu kommt, dass die deutsche Braunkohlewirtschaft auf verschiedene Art und
Weise Subventionen erhält. So sind auf bergfreie Bodenschätze gemäß Bundes
berggesetz 10% des Marktpreises als Förderabgabe zu zahlen. Auf Grundlage alter
Rechte ist der Braunkohletagebau von dieser Förderabgabe jedoch gänzlich ausge
nommen. Dadurch wurden der Braunkohlewirtschaft im Jahr 2008 Abgabenzahlun
gen von 175 Mio.
€23
erlassen.
Mit der Freistellung von den Wasserentnahmeentgelten begünstigen viele Bundes
länder die Braunkohle zudem implizit durch die unentgeLtliche Nutzung von
22
UBA (201 3a), Methodenkonvention 2.0 zur Schätzung von Umweltkosten, Anhang B „Best-Practice
Kostensätz für Luftschadstoffe, Verkehr, Strom- und Wärmeerzeugung‘,
http://www. umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4485.pdf
23
UBA (2010): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland. Aktualisierte Ausgabe 2010. Dessau
Roßlau.
21
Ressourcen24. Allerdings ist dies in NRW seit 2011 nicht mehr der Fall, da das dorN
ge Wasserentnahmeentgeltgesetz in der Fassung vom 21. März 2013 (WasEG) kei
ne generelle Befreiung der Wasserentnahme im Bergbau mehr vorsieht. Befreit sind
lediglich dauerhafte Grundwasserabsenkungen im Gemeinwohlinteresse, soweit das
entnommene Wasser keiner Nutzung zugeführt wird.
(
1 Abs. 2 Nr. 8 WasEG)
Bergbauliche Grundwasserabsenkungen dürften jedoch nicht unter diesen Be
freiungstatbestand fallen.
5.
Belastungen des Tagebaus für die Menschen
5.1 Gesundheitliche Auswirkungen über den Luftpfad
Die direkten Feinstaubemissionen, die von Braunkohletagebauen ausgehen,
führen regelmäßig zur Überschreiung der gültigen Feinstaub(PMI 0)Grenzwerte in der Luft. Neben diesen unmittelbaren Effekten führt auch die
nach dem Abbau erfolgende Verstromung der Braunkohle zur Freisetzung von
gesundheitsrelevanten Partikeln (Stickoxide, Schwefeldioxid, Staub).
Von Braunkohletagebauen gehen direkte und indirekte Effekte auf die Luftqualität
aus. Bei den direkten Effekten sind die Emissionen von Partikeln relevant, die durch
den Abbau der Braunkohle entstehen. Dabei handelt es sich vor allem um geogene
Partikel, die bei Abbau und Umlagerung des Abraums und beim Abtransport der
Braunkohle innerhalb des Tagebaues in die Atmosphäre gelangen. Weitere Emissio
nen entstehen beim Betrieb der Abraum- und Kohlebagger, der Transportbänder und
Übergabestellen sowie der im Tagebau betriebenen Fahrzeuge (z. B. Schwerlast
LKW, Bohrfahrzeuge, Planierraupen). Zur Höhe dieser direkten Emissionen liegen
derzeit keine belastbaren Angaben vor. Daher wurden bisher auch im Rahmen der
nationalen Emissionsberichterstattung gemäß Genfer Luftreinhaltekonvention sowie
der anlagenbezogenen Berichterstattung im Rahmen des Schadstofffreisetzungs
und -verbringungsregisters gemäß PRTR-Protokoll der UN-ECE sowie der entspre
chenden EU-Verordnung 166/2006/EG weder auf nationaler Ebene noch von einzel
nen Bergbauunternehmen Staubemissionen aus Braunkohletagebauen berichtet. Im
Zuge der regelmäßigen Inventarüberprüfungen durch die UN-ECE wurde Deutsch24
UBA (2010): Umweltschädliche Subventionen in Deutschland. Aktuslisierte Ausgabe 2010. Dessau
Roßlau.
22
land allerdings schon aufgefordert, diese Lücke“ in der Emissionsberichterstattung
durch Anwendung geeigneter Schätzmethoden zu schließen. Auch liegt beim BMU
bereits eine Beschwerde über die fehlenden Angaben im PRTR zu den Feinstaub
emissionen aus Braunkohletagebauen vor. Da es bisher keine anerkannte Methode
zur Ermittlung der Emissionen aus deutschen Braunkohletagebauen gibt, beabsich
tigt das Umweltbundesamt die Vergabe eines entsprechenden Gutachtens.
Diese Emissionen führen nach Angaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz NRW (LANUV), das für die Überwachung und Beurteflung der
Luftqualität im fraglichen Gebiet zuständig ist, zu regelmäßigen Überschreitungen der
gültigen Feinstaub(PM1 0)-Grenzwerte in der Luft. Da diese Grenzwerte erst seit
2005 einzuhalten sind, liegen aus den Vorjahren allerdings nur vereinzelt Daten vor.
Aus einem Bericht der Bezirksregierung Köln25 ist zu entnehmen, dass PM1OMessungen im Bereich der Tagebaue Hambach (Niederzier) und Garzweiler (Gre
venbroich-Gustdorf) seit 2004 mehrfach Überschreitungen der PM1 0-Grenzwerte
zeigten. Nach den Erläuterungen des Berichtes trägt der Tagebau an der Mess
Station Niederzier im Umfang von 20 % zu den gemessenen PM1 0-Konzentrationen
bei. Feinstaub-Partikel sind mit Gesundheitsrisiken für den Menschen verbunden,
insbesondere hinsichtlich Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Atem
wege. Die Luftqualitäts-Richtlinie 2008/50/EG legt einen Jahresmittelwert von 40
pg/m3 PM1 0 fest und erlaubt maximal 35 Überschreitungen des Tagemitteiwertes
von 50 pg/m3. Da zudem hinsichtlich der gesundheitlichen Wirkung des Feinstaubes
kein Schwellenwert existiert, ist auf der Grundlage des Berichtes der Bezirksregie
rung Köln und unter Berücksichtigung der geltenden Grenzwerte davon auszugehen,
dass durch Braunkohletagebau freigesetzte Feinstäube für die Anwohnerinnen und
Anwohner, die den Partikeln ausgesetzt sind, ein nicht unwesentliches Gesundheits
risiko darstellen.
Neben diesen unmittelbaren Effekten führt auch die nach dem Abbau erfolgende
Verstromung der Braunkohle zur Freisetzung von gesundheitsrelevanten Partikeln.
Bei einer Gesamtbetrachtung der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen entste
hen bei Braunkohlekraftwerken im Durchschnitt die höchsten spezifischen Emissio
nen und damit auch Umweltkosten (siehe Abschnitt 4, Tabelle 3; Quelle: Breitschopf
2012 und BMU 2012). Im konkreten Fall erfolgt die Verstromung der geförderten
25
Sachstandsbericht 2012 Luftreinhalteplanung im Rheinischen Braunkohlerevier
23
Kohle zu großen Teilen in den Kraftwerken Frimmersdorf und Neurath. Die Emissio
nen in diesen beiden Kraftwerken betrug im Jahr 2005 insgesamt fast 24.000 t Stick
oxide, 18.000 tSchwefeldioxid und fast 800 tStaub. Trotz Verbesserung der Abgasbehandlung, die zu Senkungen der Emissionen führten, betrugen diese Emissionen
im Jahr 2011 immer noch über 21.000 t Stickoxide, über 7.000 t Schwefeldioxid und
über 560 t Staub.
5.2
Soziale Auswirkungen
Durch Umsiedlungen und den Verlust der Heimat sowie ihrer gewohnten Betä
tigungsfelder sind vor allem ältere Menschen hart betroffen.
Zu den sozialen Auswirkungen von Umsiedlungen hat das Umweltbundesamt im Zu
sammenhang mit der Umsiedlung der Dörfer Pferdsfeld und Eckweiler, die in den
1980er Jahren wegen Lärmbelastungen durch einen militärischen Flugplatz umge
siedelt wurden, eine sozialwissenschaftliche Untersuchung26
27
beauftragt, die die
Folgen der Umsiedlung für die Betroffenen beleuchten sollte. Es zeigte sich, dass vor
allem ältere Menschen besonders hart durch den Verlust ihrer Heimat betroffen wur
den. Durch die Umsiedlung verloren sie einen Teil ihrer gewohnten Betätigungsfelder
und gerieten in eine noch höhere Abhängigkeit von ihren Kindern.
6.
Belastungen des Tagebaus für die Umwelt
6.1 Auswirkungen auf die Gewässer
Der Abbau von Braunkohle hat erhebliche direkte Auswirkungen auf den Zu
stand von Gewässern. Die Grundwassermenge wird durch die Absenkungen
negativ beeinflusst und die Grundwasserqualität insbesondere durch Einträge
von Sulfat und Chlorid belastet. Eisenhaltige Abwässer aus dem Braunkohleabbau führen in Oberflächengewässern zu einer Verockerung mit erheblichen
Auswirkungen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften. Trotz eingeleiteter
Gegenmaßnahmen wird der von der EU-WRRL geforderte gute Gewässerzu
26
Die Umsiedlung der Gemeinden Pferdsfeld und Eckweiler— Nachuntersuchung der Umsiedlungs
maßnahme; UFO-Plan-Nr. 87—1050121 5/02
27
Kurzfassung in Lärmbekmpfung ‘88, Umweltbundesamt (Hrsg.), Erich Schmidt-Verlag, Berlin 1989
24
stand auch innerhalb der Verlängerungsfristen bis 2027 in den betroffenen
Färderregionen verfehlt.
Die Gewässerbelastungen durch den Abbau von Braunkohle sind vielfältig. Grund
wasserabsenkungen bis in Tiefen von 400 m und damit deutlich unter die Lagerstät
ten des zu gewinnenden Rohstoffs mit großräumiger Wirkung (Absenkungstrichter)
sind regelmäßig schon aus abbautechnischen Gründen erforderlich. Hierdurch ent
steht ein kumulatives Grundwasserdefizit in Abhängigkeit von der Dauer des Berg
baus und ggf. dicht angrenzender Förderräume und anderer Tagebaue. Am Beispiel
des Braunkohlereviers der Lausitz lässt sich belegen, dass aufgrund des langjähri
gen Tagebaubetriebs und auf das Umland übergreifende Absenkungen zu einem
Defizit von ca. 13 Mrd. m3 geführt hat. Die Auffüllung würde Berechnungen zu Folge
und ohne Hinzufügung externer Wasserbereitstellungen einen Zeitraum von 56 Jah
ren in Anspruch nehmen. Während des Abbaubetriebes ist davon auszugehen, dass
für eine Tonne Kohle etwa 6 bis 9 m3 Abraum zu bewegen sind und durchschnittlich
10 m3 Wasser gehoben werden müssen. Die im Abbaugebiet liegenden Grund
wasseraquifere werden hierbei nahezu irreversibel zerstört. Im umgrenzenden Be
reich stellen sich nach dem Auffüllen des Wasserdefizites annähernd vorbergbaull
che Verhältnisse ein.
Ein weiterer, aus Umweltsicht negativer Aspekt des Tagebaus ist die mögliche Ver
sauerung von Gewässern. Abhängig vom örtlich anstehenden Deckgebirge kommt
es durch den Kontakt mit Luftsauerstoff zur Verwitterung von Sulfiden im Abraum, bei
dem im Kontakt mit dem Grundwasser Schwefelsäure entsteht. Das Säurebildungs
potenzial in Klippenmassiven (Abhängigkeit zum Abbauverfahren ist zu beachten)
kann, in Abhängigkeit vom Sulfidanteil enorm sein und die Säurebildung jahrzehnte
lang andauert. Konzeptionelle Überlegungen und Managementkonzepte in der Lausitz (Tagebaurestseen haben selbst nach 30 Jahren noch pH-Werte von 2 bis 3) ha
ben nur teilweise Erfolg gebracht, der Einsatz von umfangreichen technischen Maß
nahmen scheint daher unumgänglich. In Folge der Versauerung werden Mineralien
gelöst und reichem sich in den bergbaubeeinflussten Gewässern an, so dass eine
Behandlung des gehobenen Wassers (Neutralisierung und Fällungsreaktionen Sul
—
fat, Eisen) notwendig wird.
Auch die Oberflächengewässer sind betroffen. So erfolgt z. B. in der Spree aufgrund
von Eiseneinträgen durch den Braunkohletagebau eine „Verockerung“ (Eisenhydro
25
xid) durch Sedimentation, nachdem das Eisen durch den Kontakt mit Sauerstoff oxi
diert und damit im Wasser unlöslich wird. Die Wirkung dieser Verockerung betrifft in
erster Linie die Fischfauna und die wirbellosen Tiere der Gewässersohle. Durch Ver
kleben der Kiemen erfolgt eine verminderte Sauerstoffaufnahme, was zur Schwä
chung der Tiere bis zum Tod führen kann. Die Niederschläge des Eisenhydroxids
verändern die Oberflächen der natürlichen Hartsubstrate (Steine und Totholz), was
zu einer Schädigung des Nahwngsnetzes führt, indem den wirbellosen Tieren die
Nahwngsgrundlage (Algen, Pilzaufwuchs) entzogen wird.
Darüber hinaus sind die sauren Wasser, die in den Halden entstehen, in der Lage, in
größerem Umfang Schwermetalle zu lösen. Ob und in welchem Umfang dies ge
schieht, hängt von den lokalen hydrogeologischen Bedingungen ab. Durch den Übertritt von mit Schwermetallen belasteten Wässern kann es zu Schädigungen von
aquatischen Ökosystemen und zur Überschreitung von Umweltqualitätsnormen für
Schwermetalle kommen. Diese sind geeignet, die Gewässerqualität und die durch
flossene Ökosysteme nachhaltig zu verändern und zu schädigen (mengen- und qua
litätsmäßig).
Außerdem wird die Gewässerqualität indirekt durch den flächendeckenden Eintrag
von Luftschadstoffen aus Verbrennungsprozessen negativ beeinflusst. So erfolgen
die bedeutendsten Emissionen von Quecksilber
—
ein Schwermetall, das nach der
EU-WRRL als prioritär gefährlicher Stoff eingestuft ist und innerhalb einer Generation
überhaupt nicht mehr in die Gewässer gelangen soll (sog. phasing out)
—
in Deutsch
land derzeit über den Luftpfad aus der Verbrennung von Braun- und Steinkohle28.
Die Quecksilberemissionen belaufen sich gegenwärtig auf 5 Tonnen pro Jahr, bei
Gesamtemissionen in Höhe von 8 Tonnen pro Jahr über die Pfade Luft und Abwas
ser.29
Der im Anschluss an den Abbau einsetzende Grundwasserwiederanstieg in Kippge
bieten und Tagebaurestseen übt einen erheblichen Einfluss auf die bodenmechani
sche Stabilität der Kippenkörper aus, der zu Instabilitäten, Rutschungen, Setzungen,
Sackungen und ggf. zum Setzungsfließen (eine spezielle Ausprägung der Rut
schung, die insbesondre bei gleichförmigen Kippenböden zu deren Verflüssigung)
führen kann.
25
Ggf. auch von Erdgas, hierfür liegen den, UBA keine Daten vor.
http://www.thru.de/thrud&auswertung/top-thema/automatisches-archiv/januar-201 3-quecksilberaus-industriebetrieben-in-deutschland/
29
26
In der streitgegenständlchen Region stellt sich die Lage wie folgt dar, wobei die Aus
führungen Bezug nehmen auf den Bewidschaftungsplan zur Umsetzung der EU
Wasserrahmen-Richtlinie 2000/60/EU (WRRL) für den Zeitraum von 2010 bis 2015
für NRW und das Hintergrundpapier „Braunkohle“ des Ministeriums für Umwelt, Na
turschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.
Im Rheinischen Braunkohlenrevier wird Braunkohle aus derzeit drei Tagebauen
(Garzweiler, Inden, Hambach) in Tagebauverfahren gefördert. Der Abraum wird so
weit möglich auf Innenkippen verstürzt. Insbesondere beim Aufschluss von Tagebauen wird auch die Anlage von Aussenkippen erforderlich (z. B. Sophienhöhe). Hin
zu kommen noch die Gebiete des Altbergbaus (Fortuna-Garsdorf, Bergheim, Fre
chen, Ville) mit den dazugehörigen Abraumkippen. Diese Region erstreckt sich west
lich von Köln entlang der Erft.
Der Abraum enthält in unterschiedlicher Menge Pyrit (Eisendisulfid), der beim Abbau
zwangsläufig mit Luftsauerstoff in Kontakt kommt und oxidiert. Dadurch können, bei
entsprechend hohem Pyritgehalt, maßgebliche Mengen an Säuren, Eisen und Sulfat
freigesetzt werden. Unter bestimmten Bedingungen können auch Schwermetalle
mobilisiert werden.
Der Pyritgehalt ist in den drei Tagebauen unterschiedlich hoch. Im Tagebau Garzwei
1er II erfolgt zur Verminderung einer Initialversauerung unter anderem die Kalkung
des Abraummaterials. Der Austrag von Sulfat kann damit jedoch nicht verhindert
werden.
Lokal führen in den Kippen darüber hinaus Braunkohlenreste zu einer Bildung von
Ammonium. Die Belastung mit Schwermetallen, Ammonium und Eisen sowie die
Versauerung bleiben im Wesentlichen auf die Kippen selbst bzw. den unmittelbaren
Kippenabstrombereich begrenzt. Lediglich das Sulfat führt auch im weiteren
Grundwasserabstrombereich der Abraumkippen zu einer erhöhten Sulfatbelastung
und damit zu einer Verschlechterung der Gwndwasserqualität. Diese Belastung im
Kippenkörper selbst sowie in der Folgezeit auch im Grundwasserabstrom führen
langfristig zu einer Verschlechterung des chemischen Grundwasserzustands.
Um einen sicheren Abbau der Braunkohle in den Tagebauen zu gewährleisten, ist es
erforderlich, das Grundwasser bis unter die Grubensohle (maximal 450 m unter Ge
ländeoberkante) abzusenken. Die Grundwasserabsenkung bleibt nicht auf die unmit
27
telbaren Sümpfungsbereiche beschränkt, sondern reicht teilweise deutlich darüber
hinaus. Bei gespannten Grundwasserleitern (insbesondere in den tieferen Schichten)
erfolgt eine Reduzierung des Drucks. Dadurch entsteht eine großräumige Grundwas
serabsenkung mit weitreichenden Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. 1 nsbeson
dere die Absenkung in den oberen Grundwasserleitern kann ohne entsprechende
Ausgleichsmaßnahmen folgende negativen Auswirkungen haben:
-
-
-
Beeinträchtigung der Wasserversorgung
Trockenfallen von Feuchtgebieten
Verringerung der Wasserführung in den Oberflächengewässern
Um den oben genannten negativen Auswirkungen der Grundwasserabsenkung ent
gegen zu wirken, wird in einiger Entfernung zum Tagebau, vor allem großräumig im
Bereich von Feuchtgebieten, aufbereitetes Grundwasser wieder in den Boden infil
triert und in ObeMächengewässer direkt eingeleitet. Dadurch können die Wasser
stände in den schützenswerten Feuchtgebieten und Flussauen auf ihrem natürlichen
Niveau gehalten werden. Aber auch durch Errichtung von Dichtwänden wird eine
Stützung des Grundwasserstandes erreicht, die einer weiteren Ausdehnung des Ab
senkungstrichters entgegenwirkt.
Die Einleitung von Sümpfungswasser in die Oberflächengewässer (Erft) führt unter
anderem zu Belastungen mit Sulfat und Chlorid. Die eingeleiteten Wassermengen
verschlechtern wegen ihrer Quantität und der erhöhten Wassertemperatur den Ge
wässerzustand der Eilt deutlich.
Trotz der oben genannten Maßnahmen zum Schutz von Grund- und Oberflächenwassers werden dauerhaft oder zumindest über längere Zeiträume die Ziele der
WRRL in den Braunkohleabbaugebieten nicht erreicht werden können, Aus diesem
Grund sind nach Einschätzung NRWs hier weniger strenge Bewirtschaftungsziele
erforderlich. Im Bewirtschaftungsplan wird hierzu ausgeführt: „Für den Braunkohleabbau ergeben sich sowohl aufgrund des Artikel 4 Abs. 5 WRRL (Ausnahmen von
der Zielerreichung) als auch aufgrund des Artikels 4 Abs. 7 (Ausnahmen vom Ver
schlechterungsverbot) weniger strenge Bewirtschaftungsziele.“
28
Grundwassermenge
6.1.1
Da der Braunkohleabbau bis zu einer Tiefe von 450 m erfolgt, muss das Grundwas
ser entsprechend tief abgesenkt werden. Grundwasserabsenkung und Abbau haben
langfristige Auswirkungen vor allem auf den mengenmäßigen Grundwasserzustand,
aber auch auf den chemischen Grundwasserzustand. Weiterhin sind durch die
Sümpfungsableitungen Auswirkungen auf die Erft gegeben.
Die großräumige Grundwasserabsenkung für die Braunkohletagebaue ist
Relation zu den bei der WRRL vorgesehenen Zeiträumen
—
—
auch in
längerfristig angelegt.
Sie hat bereichsweise bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts begonnen
und wird
—
aufgrund der voraussichtlichen Laufzeit der Tagebaue (Inden ca. 2031,
Hambach und Garzweiler II ca. 2045)
—
noch einige Jahrzehnte anhalten. Durch die
in den nächsten Jahren noch zunehmende Abbautiefe der Tagebaue wird sich der
Sümpfungstrichter noch weiter eintiefen. Bedingt durch das räumliche Fortschreiten
der Tagebaue werden auch einige bislang noch unbeeinflusste Gebiete von der
Grundwasserabsenkung betroffen sein. Insgesamt wird es nach dem Ende der Ta
gebaue noch Jahrzehnte dauern, bis das Grundwasser wieder seinen ursprüngli
chen, vom Bergbau unbeeinflussten, Zustand erreicht hat. Im nahen Einflussbereich
der Kippen werden darüber hinaus auch dauerhaft veränderte Grundwasserstände
entstehen.
6.1.2
Grundwasserchemie
Der Abraum enthält in unterschiedlicher Menge Pyrit (Eisendisulfld), das beim Abbau
der Braunkohle dem Luftsauerstoff ausgesetzt wird und oxidiert. Dadurch können bei
einem Wiederanstieg des Grundwassers und bei entsprechend hohem Pyritgehalt,
maßgebliche Mengen an Säuren, Eisen und Sulfat freigesetzt werden, die in der Ab
raumkippe zu einer Versauerung des Grundwassers führen können. Als Gegenmaß
nahme erfolgt im Tagebau Garzweiler II u.a. die Kalkung der Abraumkippe. Mit der
Kalkzugabe kann zwar nicht die Pyritoxidation selbst verringert werden, allerdings
werden ihre Folgeprodukte beschleunigt wieder immobilisiert und der pH-Wert auf
annähernd neutrale Bereiche wieder angehoben. Die Belastungen im Kippenkörper
(Sulfat, Eisen und ggf. Schwermetalle und Ammonium) und im Grundwasserabstrom
führen in den betroffenen Grundwasserkörpern langfristig zu einer Abweichung von
den Bewidschaftungszielen nach WHG und EU-WRRL.
29
6.1.3
Oberflächengewösser (Erft)
Die Erft wird heute zur Ableitung von gehobenem Grundwasser aus Braunkohletage
bauen und zur Versorgung der Braunkohlekraftwerke entlang der Erftschiene ge
nutzt. Hierfür und zur Verbesserung des Hochwasserschutzes wurde das Gewässerbett der Erft in den 60er und 70er Jahren stark ausgebaut. Nach Beendigung der Ta
gebauaktivitäten in der Region (ca. 2045) wird sich der Abfluss gegenüber dem heu
tigen Zustand deutlich verringern, Die Erft muss deshalb auf die zukünftige Situation
mit gezielten Maßnahmen vorbereitet werden. Insbesondere ist das Gewässerbett
wieder in einen naturnäheren Zustand umzugestalten. Hierzu wurde 2004 ein Mas
terplan erstellt.
Insgesamt erscheint es gegenwärtig nicht sinnvoll, eine auf das Jahr 2027 ausgerich
tete abschließende Maßnahmenplanung durchzuführen. Eine solche Maßnahmenplanung müsste sich an den derzeitigen bzw. an den bis zum Jahr 2027 einstellenden Abflussverhältnissen ausrichten und kann nicht kosteneffizient sein, da sich die
Abflussverhältnisse bis nach 2045 noch einmal grundlegend ändern werden.
6.2 Boden- und Geomechanische Probleme und Bodenzustand
Jeder Tagebau bedingt eine Massenumlagerung, welche zur irreversiblen Zer
störung bestehender Bodenzustände und —funktionen (z. B. als ökosystemare
Dienstielster) führen.
Es ist offensichtlich, dass mit dem Rohstoffabbau ein dauerhaftes Massendefizit
(Entstehung von Tagebaurestseen) einhergeht. Jede Massenumlagerung zerstört
unwiederbringlich natürlichen Bodenzustand und
—
Funktionen und ist nahezu irre
versibel. Die geschütteten Böden unterscheiden sich in Eigenschaften, Lagerungs
dichte und bodenmechanischen wie geomechanischen Eigenschaften erheblich von
gewachsenen Böden, insbesondere betrifft dies Eigenschaften und Potenziale der
Böden zur Erbringung von Ökosystemaren Dienstleistungsfunktionen.
Dementsprechend sind an die Herstellung und Überwachung von standsicheren Kip
pen und Tagebaurestlöchern erhöhte Anforderungen zu stellen und ggf. temporäre
bis dauerhafte Zutrittsbeschränkungen auszusprechen. Punktuell können unsach
gemäß verwahrte Bergbauanlagen die Gefahr zusätzlicher geotechnischer Ereignis
se oder Bergschäden verursachen.
30
6.3 Flächeninanspruchnahme und Folgewirkungen
Infolge von Garzweiler II ist allein durch die Umsiedlungen eine Flächenneuin
anspruchnahme für Siedlungen und Verkehr von bis zu 304 Hektar zu erwarten.
Die Tagebaufläche von 48 km2 wird nach Abschluss des Abbaus zur Hälfte in
einen Restlochsee umgewandelt werden (23 km2). Die künftige Nutzbarkeit des
Sees hängen davon ab, ob es gelingt, die Ufer so anzulegen und zu befestigen,
dass sie gefahrlos bebaut oder zumindest betreten werden können, und welche
Wasserqualität sich langfristig einstellen wird. Die übrige Fläche von Garzwei
1er II wird wieder aufgeschüttet und soll für land- und forstwirtschaftliche Nut
zungen sowie z. T. auch für Naturschutzfunktionen hergerichtet werden. Auf
grund der Bodeneigenschaften eignet sich das Gelände nicht als Baugrund
und auch die natürliche Bodenfruchtbarkeit kann in absehbarer Zeit nicht voll
ständig wieder hergestellt werden.
6.3.1
Flächen verbrauch infolge des Tagebaus (Neulnanspruchnahme durch
Umsiedlungen) und irreversible Flächendegradierung
Flächenneuinanspnichnahme durch Umsiedlungen
Es ist das Ziel der Bundesregierung im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstra
tegie, die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr auf 30 Hektar
pro Tag im Jahr 2020 zu reduzieren. Mit dem Braunkohletagebau geht auch eine
Flächenneuinanspruchnahme durch Siedlungen und Verkehr einher, denn bestehen
de Ortschaften werden beseitigt und ihre Bewohner werden auf Flächen außerhalb
des Tagebaugeländes umgesiedelt. Dabei wird den Bewohnern angeboten, gemein
sam in neue Baugebiete zu ziehen, die eigens für sie geplant und erschlossen wer
den. Neben den Baugrundstücken selbst muss auf jeden Fall auch eine Straßener
schließung hergestellt werden und
—
je nach Lage und Anbindung der neuen Sied
lung an bestehende Orte und Versorgungszentren
—
müssen zusätzlich auch Ge
meinbedarfseinrichtungen, wie Kindergärten, Grundschulen oder Sportanlagen, be
reitgestellt werden. Im Zusammenhang mit Garzweiler II sollen insgesamt 7600 Men
schen umgesiedelt werden, davon 2.500 EW aus Jüchen und 5.100 Einwohner aus
Erkelenz.
31
Im aktuell laufenden Umsiedlungsprozess auf der Gemarkung von Erkelenz sollen
ca. 2000 Menschen3° umgesiedelt werden, wofür zwei neue Baugebiete mit einer
Fläche von 34 bzw. 35 Hektar bereit gestellt werden. Bei einem (in dieser Region
üblichen) Planungsschlüssel von 34 Hektar für 850 Einwohner (400 m2 pro Kopf) ent
spricht dies einer Flächenneubelegung von 69 Hektar für etwa 1725 Personen.
Dieser pro-Kopf-Flächenverbrauch liegt in einer vergleichbaren Größenordnung wie
in der bereits abgeschlossenen Umsiedlung Jüchen-Priesterrath (Garzweiler 1) wo
rund 375 m2 Bruftobauland pro kollektiv umgesiedelte Person zur Verfügung gestellt
wurde (40 Hektar für 1069 Umsiedler
=
65 % der Umgesiedelten)31. Die übrigen 35
% der Umsiedler haben sich einzeln oder in kleinen Grüppchen anderweitig in beste
henden Ortschaften angesiedelt, so dass Ihnen kein direkter Flächenverbrauch zu
geordnet werden kann.
Insgesamt ist durch die Umsiedlungen von 7600 Menschen infolge von Garzweiler II
eine Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr von bis zu 304 Hektar
zu erwarten.
Flächen, die neu für Siedlungen und Verkehr in Anspruch genommen werden, wer
den auf absehbare Zeit der Land- und Forstwirtschaft entzogen und entfallen somit
als natürliche Ressource und Lebengundlage, z. B. für die Erzeugung von Lebens
mitteln, Futtermitteln oder erneuerbaren Rohstoffen. Durch den Verlust der Freiraumfunktion verlieren diese Flächen auch ihr Potenzial als Lebensraum für Arten, die auf
unzerschnittene und unzersiedelte Landschaften angewiesen sind. Zwischen 40 %
und 50 % der neuen Siedlungsflächen32 werden bebaut oder anderweitig versiegelt,
wodurch die natürlichen Bodenfunktionen
serhaushalt
—
—
insbesondere im Hinblick auf den Was
aber auch die natürliche Bodenfruchtbarkeit stark beeinträchtigt oder
zerstört werden.
3°
Wahrscheinlich werden nur etwa 70% der Umsiedler in diese neuen Siedlungen ziehen, die übrigen
Umsiedler werden sich auf andere Ortschaften und Baugebiete verteilen.
31
http://www.rwe.com/web/cms/de/1 140360/umsiedlung/meine-umsiedlung/abgeschlosseneumsiedlungen/garzweiler-priesterath-stolzenberg-iuechen-sued/
http://w. umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/Qubliclthemedo7nodeldent=2277
In dieser Quelle wird der bundesweite Versiegelungsgrad der bereits bestehenden Siedlungs- und
Verkehrsfläche mit 46% angegeben. Bei neuen Wohngebieten liegt der Versiegelungsgrad des Ge
samtgebietes (Grundstücke, Straßen, Infrastruktur) erfahrungsgemäß in dieser Größenordnung, wobei
es im Einzelfall Abweichungen nach oben oder unten geben kann, je nachdem wie z. B. die zulässige
Überbauung der Grundstücke (GRZ), die Abmessungen und Führung der Erschließungsstraßen oder
die verwendeten Materialien für die Befestigung von Bürgersteigen, PKW-Stellplätzen etc. gewählt
werden.
32
Sonstige zum Teil irreversible Flächendegradierung
Die Fläche des Tagebaugebietes Garzweiler II beträgt 48 km2, die bis zum Jahr 2045
in fünf Tranchen angegangen werden sollen33. Dabei sollen 40 Jahre lang jedes Jahr
ca. 40 Mb. t Kohle abgebaut werden. Insgesamt wird mit etwa 1,3 Mrd. t Kohle ge
rechnet, wobei die Kohleflöze ca. 30 Meter dick sind. Da die Kohleflöze in einer
Tiefe bis zu 210 Meter unter Gelände liegen, müssen insgesamt etwa 6,5 Mrd. m3
Erde und Deckgebirge abgetragen werden um an die Kohle zu gelangen. Das Ver
hältnis von Kohle zu Abraum beträgt etwa 1:5. Da der Abraum dazu dienen soll, zu
erst das bereits existierende Restloch des Tagebaus Garzweiler 1 aufzufüllen und
danach
—
wenn der Abbau nach Westen und Süden wandert
—
sukzessive das neu
entstandene Restloch im östlichen Teil von Garzweiler II, entsteht durch die Ablage
rung dieses Abraums kein zusätzlicher Flächenverbrauch, denn er kann vollständig
auf dem Bergbaugelände untergebracht werden. Allerdings kosten das Aufbrechen
des Gesteins und die Bewegung der Erdmassen vom ihrem ursprünglichen Ort bis
zum Zielort Energie, die von der gewonnenen Energie durch die Braunkohleverwer
tung abzuziehen wäre.
6.3.2
Irreversible Umwandlung von Land in Wasserfläche
Am Ende des Abbaus von Garzweiler II verbleibt im westlichen Teil des Geländes ein
Restloch mit einer Fläche von 23 km2, einer mittleren Tiefe von 104 Metern (tiefste
Stelle bis zu 185 Meter) und einem Volumen von bis zu 2,4 Mrd. m3, das in den fol
genden 40 Jahren mit Wasser befüllt werden soll. Das Volumen des endgültigen
Restlochs entspricht der Summe der Volumina des bereits existierenden Restlochs
von Garzweiler 1 und dem zukünftigen Restloch von Garzweiler II. Von Garzweiler II
für sich alleine genommen ist ein Restloch in einer Größenordnung35 von 1
—
1,3
Mrd. m3 zu erwarten. Daraus folgt, dass das Restloch, das bei Garzweiler 1 übrigblei
ben müsste, wenn Garzweiler II nicht in Betrieb genommen würde, ein Volumen in
http://www.erkelenz.de/de/Umsiedlungen Garzweiler Il/Garzweiler II im
berblickhtml
Anmerkungen: Die veröffentlichten Angaben der Behörden zur Menge der Kohle in Tonnen, zur
Dicke der flöze und zur Gesamifläche des Abbaugebietes sind nicht ganz konsistent (Unschärte ca.
30 %). Das heißt, entweder wurden die Zahlenangaben z. B. für die Dicke der Flöze stark aufgerundet
oder es wurde vernachlässigt, dass die Dichte von Braunkohle nicht = 1 Tonne Im3 beträgt sondern
1,3 Tonnen? m3.
Deshalb wird in der folgenden Rechnung zum Flächenrucksack der Braunkohle eine entsprechende
Bandbreite angegeben.
Die Unschärfe dieser Aussage beruht auf den ungenauen Angaben in den öffentlichen Planaussa
gen
33
der gleichen Größenordnung, d. h. (1,1
—
1,4 Mrd. m3) aufweisen würde. Vergleichba
re Tiefe der Restlöcher vorausgesetzt ergibt sich, dass alleine durch Garzweiler 1 be
reits ein Restloch mit einer Fläche in einer Größenordnung von 10,5— 13,5 km2 ent
standen ist. Durch die Inbetriebnahme von Garzweiler II vergrößert sich die endgülti
ge Fläche des Restlochs schrittweise um weitere 9,5
-
12,5 km2 auf insgesamt 23
km2. Die zusätzliche Umwandlung von Land in Wasserfläche beträgt
74 cm2 pro geförderte Tonne Kohle. Die Kohle wird im Kraftwerk Neurath für die
Stromproduktion eingesetzt. Dabei werden etwa 1,2 Tonnen Braunkohle benötigt, um
1 MWh Strom zu erzeugen. Die irreversible Umwandlung von Land- in Wasserfläche
beträgt somit 89 cm2 pro MWh erzeugten Strom und
Leitungsverlusten
—
—
unter Berücksichtigung von
101 cm2 pro MWh beim Endkonsumenten verbrauchten Strom.
Zum Vergleich: Der Jahresstromverbrauch eines durchschnittlichen deutschen Haushalts liegt derzeit
bei knapp 3,5 MWh
36
Mit Leitungsverlusten entspricht dies einer Bruttostromerzeugung von 4,0
MWh3T. Wird dieser durch Braunkohlestrom aus dem Kraftwerk Neurath gedeckt entspricht dies einer
irreversiblen jährlichen Flächenumwandlung von 354 cm2. Das ist etwas mehr als ein DIN A5-Blatt
(310 cm2). Ein Haushalt der (bei gleichbleibendem Verbrauch) 40 Jahre lang Strom aus Braunkohle
von Garzweiler II bezieht, trägt somit zur Entstehung des neuen Sees mit 1,4 m2 Fläche und 150 m‘
Füllwasser bei.
Insgesamt könnten
—
bei gleichbleibendem Verbrauch
—
mit der Braunkohle aus Garzweiler II etwa 7,5
Millionen Haushalte 40 Jahre lang mit Strom versorgt werden, bis der dort lagernde Vorrat dann end
gültig und für alle Zeiten und unwiederbringlich erschöpft ist.
Die in Wasserfläche umgewandelte Landfläche entfällt in Zukunft für jegliche landund forstwirtschaftliche Nutzung d. h. für die Produktion von Nahrungsmitteln, Ener
giepflanzen oder nachwachsende Rohstoffen und natürlich auch für Siedlungsnut
zungen. Ob und wie die Tagebauseen nach Abschluss ihrer Befüllung für Freizeitnutzungen infrage kommen, hängt zum einen von der erreichbaren Wasserqualität
ab und zum anderen davon, ob es gelingt die Uferzonen so zu stabilisieren, dass sie
gefahrlos betreten, befestigt oder bebaut werden können. Wie das Beispiel
Nachterstedt (Sachsen-Anhalt) zeigt, wo der Rand eines Tagebausees ins Rutschen
geriet mit schweren Folgen für die Anwohner, gelingt das nicht immer. Denn der aufgeschüttete Abraum, der die künftigen Seeufer flankieren wird, hat nicht die Festig
keit und Stabilität wie gewachsenes Gestein und ist deshalb anfälliger z. B. für
36
http://www.musterhaushalt.de/durchschnittlstromverbrauch/
http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.defumweltdaten/public/theme.do?nodeldent=3526
http:I/www.bmwi.de/Dateien/Enerpieportal/PDF/enerpie-in-deutschland
34
Grundwasserströmungen. Auch der Beitrag des neuen Sees für den Naturschutz und
die Biologische Vielfalt steht und fällt mit der erzielbaren Wasserqualität.
63.3
Eingriff in die übrige Tagebaufläche und ihre künftige Nutzbarkeit
Die übrigen 25 km2 der Garzweiler II Abbaufläche, werden Tranche für Tranche zu
nächst abgegraben, ausgekohlt und wieder aufgeschüttet. Sie bleiben während der
Abbauphase und für die Dauer der Wiederaufschüttung allen anderen Nutzungen
entzogen. Die Dauer dieses Prozesses vom Beginn der Abgrabung bis zur Herstel
lung einer mit Erde bedeckten begehbaren Oberfläche ist für die einzelnen Tranchen
mit mindestens 20 Jahren anzusetzen. Nach Abschluss der Wiederaufschüttung, sol
len die Flächen im Wesentlichen für die Land- und Forstwirtschaft und zu Teilen auch
für Naturschutz hergerichtet werden. Da die Bodenstruktur gestört und sehr empfind
lich ist, muss die Fläche mindestens weitere sieben Jahre schonend und mit Spezialgeräten bewirtschaftet werden, bevor sie privaten Land- und Forstwiden übergeben
werden kann. Auch dann wird die natürliche Bodenfruchtbarkeit noch nicht wieder
ihren alten Wert erreicht haben, wobei es insgesamt fraglich ist, ob und wann sie
überhaupt wieder hergestellt werden kann.
In der Gesamtbilanz werden also weitere 150 cm2 Fläche pro geförderte Tonne
Braunkohle (180 cm2 pro erzeugte MWh Strom bzw. 205 cm2 pro MWh Strom beim
Endverbraucher) für mindestens 30 Jahre jeglicher sonstigen Nutzung entzogen. Und
auch nach Herstellung einer neuen Landschaft verbleiben dauerhafte Beeinträchti
gungen und Einschränkungen ihrer Nutzbarkeit.
So ist auch fraglich, ob sich diese Flächen in absehbarer Zeit wieder als Baugrund
für Gebäude und Infrastrukturen eignen, da diese wieder aufgeschütteten Böden mit
ihrem Untergrund instabil sind und durch Regen- und Grundwasser zusätzlich in Be
wegung gebracht werden könnten (vergleiche Kapitel 6.2 und 6.3). Auch die künftige
Eignung der Landschaft für Erholung könnte stark eingeschränkt sein, da sich
der vorliegenden Planung
—
—
nach
der wieder aufgeschüttete Teil von Garzweiler II in unmit
telbarer Nähe der (bis dahin wieder hergestellten) Autobahn befinden wird, während
sich in den ruhigeren Bereichen der See ausbreitet.
Fazit Flächendegradierung: Pro geförderte Tonne Braunkohle werden insgesamt 224
cm2 Fläche stark beeinträchtigt und zum Teil irreversibel in Wasserfläche umgewan
35
delt, so dass sie künftig für andere Nutzungen nicht oder nur noch mit großen Ein
schränkungen zur Verfügung stehen.
6.3.4
Auswirkungen aufFlora und Fauna
Direkte Auswirkungen
Devastierung und aktive Bergbautätigkeit greifen massiv in Flora und Fauna ein. Bei
des lässt sich danach wieder initiieren, nimmt allerdings einen längeren Zeitraum in
Anspruch. Punktuell kann aber auch die besondere Ausgrenzung von Gebieten
durch den Bergbau zur Schaffung künstlicher Biotope beitragen, die die Ansiedlung
von schützenswerten Arten unterstützt.
Indirekte Auswirkungen
Die nach dem Abbau erfolgende Verstromung der Braunkohle
—
als fossiler Energie
träger— führt zu Emissionen in die Luft insbesondere an Schwefeldioxid und Stick
stoffoxiden, die nach ihrer Deposition (Eintrag) zur Versauerung und
den Stickstoff
—
—
in Bezug auf
zur Eutrophierung von Landökosystemen beitragen können. Die kriti
schen Eintragsraten für Versauerung und Eutrophierung sind in Deutschland nach
wie vor auf vielen Flächen überschritten; auch wenn der Anteil der Energieerzeugung
an der Belastung zurückgegangen ist (Hauptverursacher mittlerweile: Landwirtschaft
und Verkehr) sind weitere Maßnahmen zur Minderung der Schwefeldioxid- und
Stickstoffoxid-Emissionen möglich und sollten angegangen werden.
6.3.5
Probleme bei anschließender Renaturierung
Die Bergbaufolgelandschaft hinterlässt Flächen, die anthropogen stark überprägt
wurden und die im Hinblick auf die Folgenutzung zahlreiche Probleme aufwerfen,
insbesondere wenn die Maßnahmen zur Rekultivierung mängelbehaftet waren.
Beispielhaft aber nicht abschließend werden im Anschluss einige dieser Folgeprob
leme skizziert. Für die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Folgenutzung kann
es zu lokal begrenzten Ertragsausfällen kommen die auf Bodenverdichtungen (Ein
satz schwerer Erdbautechnik) und Vernässungen bei einem unsachgemäßen Bo
denaufbau mit bindigen/wasserstauenden Materialien zurückzuführen sind. Daraus
resultiert eine dauerhaft reduzierte Bodenfruchtbarkeit (Aufbringen tertlärer Sande
usw.).
36
Zudem kann es zu Standsicherheitsproblemen auf geschütteten Bereichen kommen,
so dass eine Bebauung im Rahmen der Folgenutzung ausgeschlossen ist und ein
erheblicher Mehraufwand erforderlich ist, um diese wiederherzustellen.
Es besteht ebenfalls die Gefahr von Rutschungen und daraus folgenden Bergschä
den. Diese können ein dauerhaftes Betretungs- und Befahrensverbot nach sich zie
hen. Im Rahmen einer sich anschließenden baulichen Nutzung stellt sich die Frage
der Rückkehr zu vorbergbaulichen Zuständen, wobei auch zu beachten ist, dass auf
grund anhaltend niedriger ph-Werte des Grundwassers in Abbaubereichen Probleme
bei den verwendeten Baumaterialien (Stichwort Betonagressivität) auftreten können.
Bei der Verwendung von Flugaschen zur Rekultivierung kann es zudem zu einem
weiteren Schadstoffeintrag kommen, da diese meist schwermetallbelastet sind.
Gravierende Änderungen in bergbaubeeinflussten Grundwassereinzugsgebieten und
Oberflächengewässern bleiben regelmäßig noch für Jahrzehnte bestehen.
Chancen können sich für die Sicherung der Biodiversität bei Flora und Fauna jedoch
bei einer natürlichen Sukzession von Bergbaufolgelandschaften ergeben. Diese tritt
allerdings in Konkurrenz zu wirtschaftlich tragfähigen Nutzungen.
37
RWE
EJ&c1aier
AG.
S!üflgepweg
3
n-t
2j0935 Käln
Herrn Bürgeremeister
Peter Jansen
Johannismarkt 17
41812 Erkelenz
Umsiedlungen u. Liegenschaften
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Herr Schöddert
0221 -48023271
0221 -4808823271
erik.schoeddert
@Iwe-com
Erkelenz
StadtüronrTntster
Köln, 19, Februar 2014
r»
24. FEB. 2014
Weitere Zusammenarbeit Stadt Erkelenz- RWE Power
KÖ PI
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Jansen,
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fln.
bezugnehmend auf unsere gemeinsamen Gespräche über die bestehenden Be
rührungspunkte im Zusammenhang mit dem Tagebau Garzweiler in den The
menfeldern laufende und anstehende Umsiedlungen, Tagebaurandsituation so
wie allgemeine Stadtentwicklung übersenden wir Ihnen anbei den gemeinsam
besprochenen Entwurf einer Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zwi
schen der Stadt Erkelenz und der RWE Power AG im Zusammenhang mit der
Fortführung des Tagebaus Garzweiler II.
Wir würden uns freuen, wenn die bisherige konstruktive Zusammenarbeit auf
dieser Basis fortgesetzt werden könnte.
RWE Power
Aktiengesellschaft
Stüttgenweg 2
50935 Köln
Mit freundlichen Grüßen
T +49 221 480-0
+49221480-1351
1 www.rwe.com
RWE Power Aktiengesellschaft
ppa.
Vorsitzender des
Aufsichtsrates:
Dr. Roh Martin Schmlt2
4
Vorstand:
kiatthias Hartung
(VoTsitzender)
Dr. Ulrich Hartmann
Dr. Frank Weigand
Erwin Winkel
Sitz der Gesellschaft:
Essen und Köln
Eingetsagen beim
Amtsgericht Essen
HR 8 17420
Eingetragen beim
Amtsgericht Köln
HR 8 117
Bankverbindung:
Commerzbank Köln
EIC COBADEFF37O
IBAN: DE72 3704 0044
0500 1490 00
Gläubiger-IdNr.
DE37ZZZ00000130738
VORWgG GEHEN
USt-IdNr. DE 8112 23 345
5:-Nr. 112/5717/1032
Vereinbarung zur Zusammenarbeit
zwischen
der Stadt Erkelenz
und
der RWE Power AG
im Zusammenhang mit der Fortführung des Tagebaus Garzweiler II.
Die Stadt Erkelenz und RWE Power werden bei der Erfüllung der Aufgaben im
Zusammenhang mit dem Tagebau Garzweiler II getragen vom Grundverständnis der
partnerschaftlichen und konstruktiven Zusammenarbeit auf Basis der
rechtsverbindlichen Braunkohlen- und bergrechtlichen Betriebspläne. Beide haben
ihr gemeinsames Handeln darauf ausgerichtet, nicht zu vermeidende
Beeinträchtigungen und Belastungen für die Menschen, insbesondere für die durch
Umsiedlung betroffenen Bürger, und auch für die Stadt sowie die entsprechende
Stadtentwicklung (Wohnen, Gewerbe und Tagebaurand-Ortsiagen) weitestgehend zu
kompensieren bzw. zu minimieren. Dabei soll die Wirtschafts- und Finanzkraft der
Stadt und der Wohnstandort Erkelenz zur Vermeidung von Einnahmeverlusten
gestärkt werden.
Zur Absicherung der Interessen der Stadt Erkelenz im Zusammenhang mit der
Fortführung des Tagebaus Garzweiler II und zur weiteren Sicherheit insbesondere für
die von Umsiedlung betroffenen Bürger wird folgende Vereinbarung getroffen, die
auch Grundlage für weitere Folgevereinbarungen sein soll.
Teil A
-
Umsiedlung Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich, Beverath
—
(1)
Zur Herstellung der für Vertrauen und Verläßlichkeit notwendigen Klarheit hat
RWE Power der Stadt mit Schreiben vom 16.10.2013 (Anlage 1) und
10.12.2013 (Anlage 2) die planmäßige Fortführung des Tagebaus Garzweiler
II sowie die vollständige Durchführung der Umsiedlung der Ortschaften
Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich und Beverath bestätigt. Hierauf
bezug nehmend unterstützt RWE Power das laufende Braunkohlenpian
verfahren zur Umsiedlung der Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und
Oberwestrich und Beverath unter Mitwirkung aller zuständigen Stellen und der
Bürger weiter mit Nachdruck.
(2)
Des weiteren wird RWE Power nach Aufstellung des entsprechenden
Braunkohlenpianes durch den Braunkohlenausschuss und der Genehmigung
durch die Landesplanungsbehörde die o.a. Ortschaften vollständig umsiedeln.
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(3)
Für die Durchführung der Umsiedlung wird auf die bestehenden Verträge
zwischen dem Land NRW und RWE Power (Vertrag zur Anwendung der
Revierweiten Regelung vom 15.10.2010, Vereinbarung zur Erschließung von
Umsiedlungsstandorten vom 20.06.2007) verwiesen. Diese Regelungen, die
sich in der Praxis bewährt haben und wesentlicher Bestandteil einer
Umsiedlung sind, bilden auch die Grundlage für die anstehende Umsiedlung.
Im Einzelnen wird hierzu folgendes vereinbart:
(a) Zur Fortführung der städtebaulichen Planung des Umsiedlungsstandortes
inkl, aller erforderlichen Fachplanungen trägt RWE Power alle
umsiedlungsbedingten Planungskosten. In diesem Zusammenhang wird
vereinbart, dass die Beauftragung und weitere Abstimmungen
einvernehmlich zwischen der Stadt und RWE Power erfolgen, der Stadt
und RWE Power die Teilnahme an allen Abstimmungsgesprächen
ermöglicht wird sowie die Stadt als auch RWE Power die Ergebnisse
austauschen.
(b) Zur technischen Erschließung des Umsiedlungsstandortes Erkelenz-Nord II
schließt RWE Power zeitgerecht vor Veröffentlichung des
Satzungsbeschlusses des Bebauungsplanes mit der Stadt Erkelenz auf
der Grundlage des Vertrages mit dem Land vom 20.06.2007 einen
entsprechenden Erschließungsvertrag inkl, der Regelungen zur jeweiligen
Ubertragung der Erschließungsanlagen. RWE Power trägt damit
vollständig die Erschließungskosten für den Umsiedlungsstandort unter
Berücksichtigung ortsüblicher und zeitgemäßer Standards und stellt damit
die Stadt von finanziellen Risiken frei. Weitere Einzelheiten wie u.a. die Art
und Weise der Durchführung werden im Erschließungsvertrag geregelt.
(c) Bis zum Beginn der gemeinsamen Umsiedlung werden die Stadt und RWE
Power eine Regelung zum Doppelaufwand durch die gleichzeitige
Unterhaaung des Umsiedlungsstandorts und der Altorte vereinbaren.
(d) Im Rahmen der Entschädigung von Einrichtungen der sozialen
Infrastruktur in Umsiedlungsorten verpflichtet sich RWE Power zur
Beibehaltung der gemeinsam für die Umsiedlung von lmmerath/ Lützerath/
Pesch und Borschemich mit der Stadt entwickelten Praxis zur
Entschädigung von sozialen Infrastrukturen. Aufgrund der besonderen
Bedeutung der sozialen Infrastruktur für die gemeinsame Umsiedlung steht
RWE Power nach Erarbeitungsbeschluss des Braunkohlenplanes auf
Wunsch für vorbereitende Gespräche zur Entschädigungsermittlung zur
Verfügung.
(4)
(e) RWE Power verpflichtet sich, auf Basis der Revierweiten Regelung und
dem entsprechenden Vertrag mit dem Land NRW vom 15.10.2010 die
bisherige Entschädigungspraxis fortzusetzen. Dies schließt auch die
Bereitschaft für weitere Evaluierungen der Entschädigungspraxis
entsprechend der vertraglichen Regelung unter Federführung der BR Köln
ein. RWE Power steht darüber hinaus für den Abschluß einer weiteren
ortsspezifischen Regelung vor Aufstellungsbeschluss des
Braunkohlenplanes Umsiedlung Keyenberg/ Kuckum/ Ober- und
Unterwestrich und Beverath zur Verfügung.
Es ist das gemeinsame Ziel der Stadt und RWE Power, einen
zukunftsweisenden und nachhaltigen Umsiedlungsstandort zu entwickeln. In
7
diesem Sinne verpflichtet sich RWE Power, für den gesamten
Umsiedlungsstandort eine Breitbandversorgung sicherzustellen. Darüber
hinaus ist RWE Power bereit, weitere, gemeinsam mit der Stadt zu
entwickelnde innovative Ansätze durch die Beauftragung von Studien zu
Lasten von RWE Power für die Erarbeitung eines konkreten Angebotes zu
unterstützen. In der ersten Jahreshälfte 2014 wird RWE Power nach
gemeinsamer Abstimmung eine Energiestudie sowie eine Tragfähigkeitsstudie
für potentielle, gewerbliche Ansiedlungen beauftragen.
(5)
RWE Power setzt den Erwerb der Flächen des Umsiedlungsstandortes mit
dem Ziel fort, möglichst frühzeitig abschließende Regelungen mit den
Eigentümern und Pächtern zu treffen. Gleichzeitig wird RWE Power für bereits
in 2014 und 2015 anstehende Maßnahmen der Archäologen,
Kampfmittelräumung sowie für topografische Geländeaufnahmen und
Bodenuntersuchungen Flächenfreimachung betreiben, so dass die
Maßnahmen zeitgerecht durchgeführt werden können.
(6)
Nach Beschluss des Braunkohlenausschusses über die Erarbeitung des
Braunkohlenpianes wird die Stadt Erkelenz alle umsiedlungsvorbereitenden
Maßnahmen fortführen, insbesondere die Bauleitplanung für den
Umsiedlungsstandort nach den zeitlichen Vorgaben des
Braunkohlenplanverfahrens durchführen und die anschließende
Erschließungsplanung und Erschließung des Umsiedlungsstandortes
konstruktiv begleiten. Hierzu wird im Mai 2014 ein gemeinsamer Zeit-!
Maßnahmenplan abgestimmt. Ziel ist es, den im Braunkohlenplan genannten
Umsiedlungsbeginn sicher zu stellen.
(7)
RWE Power wird die bewährten Informations- und Beratungsangebote für die
Umsiedler weiterhin anbieten und hat hierzu in Keyenberg eine Außenstelle
mit regelmäßigen Sprechzeiten eingerichtet.
(8)
RWE Power wird die Dorfgemeinschaft und Vereine weiterhin unterstützen.
Hierzu zählen Sponsoring, Spenden und auch das Angebot von Vereinswork
shops zur künftigen Gestaltung des Vereinsiebens.
Teil B
-
(1)
Unterstützung der allgemeinen Stadtentwicklung (Wohnen und Gewerbe)
—
Durch die Fortführung des Tagebaus Garzweiler II werden zunehmend
Landflächen im Bereich der Stadt Erkelenz in Anspruch genommen. Hierdurch
wird die kommunale Entwicklung erschwert. Zur Unterstützung der
gemeindlichen Siedlungsentwicklung, zur Stärkung der Wirtschaifs- und
Finanzkraft sowie zur Stärkung des Wohnstandortes Erkelenz bietet RWE
Power folgende Leistungen an:
(a) Zur Entwicklung weiterer Wohngebiete bietet RWE Power der Stadt zu
rekultivierende Neulandflächen für Tauschoptionen an (Anlage 3). In der
Optionsfläche 1 stehen 50 ha, alternativ in der Optionsfläche 2 30 ha
landwirtschaftliche Flächen zur Lösung liegenschaftlicher
Aufgabenstellungen der Stadt Erkelenz zur Verfügung. Die konkreten
3
Rahmenbedingungen werden in einer separaten Vereinbarung zwischen
der Stadt und RWE Power festgelegt.
(b) Zur Weiterentwicklung des Wirtschaifs- und Arbeitsplatzstandortes
Erkelenz übernimmt RWE Power die Entwicklung eines ca. 30 ha großen
Gewerbe- und Industriegebietes (Anlage 4) inkl. Grunderwerb, Planung,
Erschließung und Vermarktung. Hierbei wird eine nachhaltige Planung und
Entwicklung unterstellt. Die konkrete Aufgabenteilung und die
entsprechenden Verantwortlichkeiten werden in einer separaten
Vereinbarung festgelegt.
(c) Neben den ca. Unterstützungsleistungen wird auf die bestehende
Rahmenvereinbarung zwischen der Stadt und RWE Power vom
2107.2011 verwiesen, die gemeinsam fortgeführt wird.
Teil C
-
(1)
(2)
Unterstützung der Ortsteile am Tagebaurand
-
Zur Unterstützung der Dorflagen am zukünftigen Tagebaurand unterstützt
RWE Power die Aufstellung und Umsetzung von sog. Dorfentwicklungsplänen
in Verbindung mit zukunftsweisenden und innovativen Ansätzen. Die Stadt
erklärt sich hierbei bereit, öffentliche Fördermöglichkeiten zu prüfen und ggf.
entsprechende Anträge rechtzeitig zu stellen. Der hierbei für die Koordination
und Durchführung einschließlich der beabsichtigten Umfeldinitiative der
Kommunen, Mönchengladbach, Jüchen Titz und Erkelenz einstweilen
erforderliche zusätzliche Aufwand (insbesondere Personal) unterstützt RWE
Power für 2014 und 2015 mit einem jährlichen Festbetrag in Höhe von 15.000
€‚ der jeweils zum 30.06. überwiesen wird.
Zum Start dieses Planungsprozesses wird gemeinsam eine Studie zur
Erarbeitung von nachhaltigen Ansatzpunkten zu Lasten von RWE Power bis
zum 30.06.2014 und in Abstimmung mit dem Masterplanungsprozeß der
Umfeldinitiative in Auftrag gegeben. Darüber hinaus steht RWE Power für
Folgeregelungen zur Verfügung.
Erkelenz, den
Stadt Erkelenz
Peter Jansen
Bürgermeister
Anlage
Anlage
Anlage
Anlage
1:
2:
3:
4:
2014
RWE Power AG
Dr. Hans-Heiner Gotzen
Erster Beigeordneter
Dr. Lars Kulik
Alois Herbst
Schreiben RWE Power vom 16.10.2013
Schreiben RWE Power vom 10.12.2013
Plan Neulandflächen
Plan Gewerbe-/Industriegebiet
4
j
Anlage 1
zur Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen
drstadtErtceienz und der RWE Power
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Herrn Bürgermeister
Peter Jansen
Stadt Erkelenz
Johannismadd 17
41812 Erkelenz
Braunkobleplanwig und -ausflchhjng
Name
Telefon
T11413x
EMail
Dr. Lass Ka*
49-fllUo.2218
+49fl1480-fl784
Köln, 16. Oktober 2013
Planmäßige Welt.rführung des Tagsbaus Garzweiler
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Jansen.
die große Unruhe und Unsichertelt. 41e In den vergangenen Tagen durch haltlo
se und unverantwortliche Spekulationen Über angebliche Planungen unsema
Hauses, den Tagebau Garzweiler nicht fo&ufC4iren, ausgelöst wurden, bedauern
wir sehr. Uns Ist selbstverständlich bewusst, dass gerade für die Menschen, die
sich seit geraumer Zeit mit dem Prozess der Umsiedlung auseinandersetzen
müssen, derartige Gerüchte zu großer Verllrgenmg und Verunsicherung führen.
Auch für unser Unternehmen ist dsch die Spekulationen Über ein vorzeitiges Aus
von Garzweller II ein großer Schaden entstanden, da hlerdwdi das so wichtige
und notwendige Vertrauen bi die Zwedänlgkelt unseres Hauses erschüttert
wird. Unser Vorstandsvorsitzender der RWE AG. Peter Terlwn, hatte daher
gemeinsam mit dem Lfriksunterzelchner bereits in der vergangenen Woche
deutlich gemacht, dass wir an Garzweiler II festhalten und den Tagebau fortfüh
ren werden. Des Unternehmen hat keinen Zweifel daran, dass die Braunkohle für
die Energieversorgung des Landes gerade auch in Zelten der Energiewende wel
terhin eine wesentliche Rolle spielen wird. Durch die hervorragende Lagerstätte
und das Know-How unserer Mitarbeiter sowie die modernste Technik Ist die heimische Braunkohle Garant für Versorgungssicherheit und bezehlbaran Strom,
gerade auch vor dem Hintergrund des Auslaufens der Kemenergienutn.ng Ne
2022. Des Weiteren heben wir unsere Bmunkohienkraftwerke mit Millionen
Investitionen so nachgerüstet dass sie ebenso flexibel wie Gasaniagen und da
mit echte Partner der Emeuerbaren Energien sInd. Hieraus letet sich ein klares
Bekenntnis unseres Unternehmens zu Garzwebr II ab.
-
-
Daher erklären wir, dass wir das laufende Verfahren zur Umsiedlung der Ort
schaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrlch und Berveram unter Mitwirkung aller zuständigen Stellen und der Bürger weiter mit Nachdruck untersWt
zen und die Ortschaften nach Aufstellung des Braunkohlenpians durch den
Braunkohlenausschuss und Genehmigung durch die Landesplanungsbehörde
vollständig umsiedeln werden.
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3AN: 0E72 3704 0044
0500 1420 00
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USL4&U. DE 111.2 23 345
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Um diese Erklärung zu untermauern, möchten wir nachstehend einige Erläute
rungen zur aktuellen Situation geben:
Der Tagebau GaizweOer entwickelt sich wie landespianerisch vorgesehen weiler.
Inder Genehmigung aus dem Jahr 1995 wurde die Ahbaufläche für verbindlich
erklärt. Damit ist die Bmunkohtegewinnung im gesamten Gebiet Ziel der Raum
ordnung und Landesplanung des Landes Nordrhein Westfalen. Der Tagebau wird
auf Basis des gültigen Rahmenbekiebsplans für den Tagebau Garzwefier 1 / II für
den Zeitraum 2001 bIs 2046 geführt. Hierzu zählen die abgeschlossenen und
laufenden Umsiedlungen und die planmäßige Inanspruchnahme der A 61 ab dem
Jahr 2017 sowie die laufende Errichtung der A 44 ii.
Ab dem Jahr 2023 wird der Tagebau die Erkelenzer Ortschaften Keyenberg,
Kuckum, Ober- und Unte,westrkh sowie Bervemth erreichen. Der Braunkohlenausschuss hatte Im Jahr 2010 mit der Erstellung von Vorentwürfen für die Um
siedlung von Keyenberg sowie von Kuckum, Unter- und Obeiwesfrich und
Berverath begonnen, die gemäß Ratsbeschluss der Stadt Erkelenz nunmehr in
einem gemeInsamen Braunkohienpianverfahren zusammengefasst sind.
Wir sind überzeugt davon, dass auch bei einem weitergehenden Ausbau der Er
neuerbaren Energien auf absehbare Zeit ein bedeutender Anteil des Stmms aus
konventionellen EnergIeträgern bereItgestellt werden muss, um den industriestandort Deutschland lederzeft mit hoher Versorgungesicherheit und weifbe
werbefähigen Sfromprelsen versorgen zu können. Daher bleibt die Braunkohle
weiterhin erforderlich. Dies wurde zuletzt Im Braunkohlenplanverfahren zur Um
siedlung von Morschenlch Im Vorfeld des Tagebaus Hambadi bestätigt Auch die
Bundesregierung geht in ihrem Energlekonwpt für das Jahr 2030 von einem An
teil der konventionellen Stromerzeugung von etwa 50 % aus.
Auch wenn derzeIt die konventionelle Stromerzeugung aufgrund der niedrigen
Großhandels-Stmmmarktpreise unter Druck ist so hat die Braunkohle relativ
gesehen die günstigsten Voraussetzungen. Durch unser Programm zur nachhal
tigen Kostensenkung und Ergebnbsteigemng sind umfangreiche Maßnahmen
zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Braunkohlegewlnnung und
-nutzung bereits eingeleitet, die eine langfristige Nutzung untermauern.
Im Übrigen lassen wir auch nicht nach, wie in der Vergangenheit, in der Politik
dafür zu werben, langfristig verlässliche Rahmenbedlngungen auch für die Ener
giewirts&iaft zu erhalten. Das gilt vor allem im Hkibllck auf die notwendige
integration der Emeuerbaren in das Skommarktdesign der Zukunft. Dass wir uns
in diese Diskussion elnbrhigen, ist 1LW ein verantwortungsvolles Energleunter
nehmen selbstverständlich. Dies Ist auch keine singuläre Frage der Braunkohle,
sondern vielmehr eine, die der Stromerzeugung insgesamt und damit der Vor
sorgungselcherheit in Deutschland gescht.idet ist. Hier setzen wir auf sachge
rechte Lösungen für eine verlässliche und zukunftsorientierte Energie- und In
dustriepolitik als entscheidende Zukunftsfrage für den Wiftschaftsstandort
Deutschland.
VORWEG GEHEN
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16. Oktcbr 2013
3
Wir hoffen sehr, dass unsere Ausfi)hwngen Ihnen die notwendige Klarheit vermft
teln konnten, die Sie zu Recht einfordem. Wir wollen ein vedässticher Partner für
die Stadt Erkelenz und die betroffene Bevölkerung bleiben. Der intensive und
vesfluensvolie Dialog mit Ihnen ist uns immer ein dringendes Anliegen gewesen.
In diesem Sinne stehen wir Ihnen gerne jederzeit für weilern Rüddragen und
Gespräche zu Verfügung.
Wir erlauben uns, eine Kopie dieses Briefes auch der Ministerpräsidentin des
Landes Nordrhein-Westfalen, der Staatskanzlei sowie der Bezirksregierung Köln
als Geschäftsstelle des Bmunkohlenausschusses zukommen zu lassen.
—
MIt freundlichen Grüßen und Glückauf
RWE Power Aktiengesellschaft
ppa.!
(Matthias Hartung)
(3
VORWEG GEHEN
/
(Dr. Lars KuIlk)
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Anlage 2
zur Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen
der Stadt Erkelenz und der RWE Power
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Herrn Btfgermelstw
Peter Jansen
Stadt Erkelenz
Johannlsmwt 17
41812 Erkelenz
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Teleta
Dr. KJc
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mlMao-227e4
Köln, 10. Dezember 2013
Brief In Sachen Gaieller Ii an dl. Minlflrp4sldenUn Hannelore Kraft,
Würdigung der B.t.1,ft.nheit der Bürgerinnen und Bürger aus den Umaled
lungsofl.n
Sehr geehrter Herr B(ermeister Jansen,
entsprechend den Ausfohrungen in dem gemelnwnen Termin vom 04.122013
In Erkelenz mochten wir Ihnen aiiaiüphnd an unser Schreiben vom 18.10.2013
und In Beantwortung Ihres Schreibens an Herrn Tedum nochmal, einige zusätz
Uche und bestAligende Erläuterungen zur Position unseres Unternehmens geben.
Die Braunkohle als konventioneller Energleflger w*d nach unserer festen Über
zeugung auch Im Rahmen der Energiewende als Partner der Emeuerbamn noch
auf lange Zeit für eine sichere und kostengoneilge Sfromvemorgu% trvealcht
bar sein. Unsere Auffassung besttigen auch eine Vielzahl renommierter Studien,
z. a 1EnwgIertsd1affliche Bedeutung der Bmunkohlennutung In Deutschland
Szenadoanaiyn bis zum Jahr 2030 mIt Ausblick auf die kommenden JahizahnW, Instftit für Energiewirtschaft und Rationelle Energleanwendungen, Unhiemut
Stuttgart, Januar 2012, ‚Bedeutung und Rolle der Braunkohle in
Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Februar 2012 oder audi die DENA Netzstudie II- „Integration emeuerbarer Energien In die deutsche Stromversorgung im
Zeitmum 2015 2020 mIt Aueblick 2025. Ebenso ateM dies im Einklang mit der
aktueU vorliegenden Ko&iüonswrehbawng, In der Zitat „die konventionellen
Kraftwerke (BmunlwNe, Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Energlem&es
auf absehbare Zelt unverzichtbar abC. Wir sehen dies auch als einen Beitrag zur
Ahalchewng des industrieetandesortes Deutschland.
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Wesentlicher Bestandteil für unnmn Beitrag in der konventionellen Sfromeizeu
Ist dabei der Tagebau Garzweler. Der genehmIgte Tagebau tragt mit seiner
Förderung zu etwa 40 % zur Bmunkohlenslmmeaeugung im Rheinischen Revier
bei. Vor diesem Hintergrund ist dt Umsiedlung des 3. AbschnIttes mit den Otten
Keyenberg, Kuciwm, Unter- und Obernskich und Beivemth ab 2016 notwendig
und unverzichtbar, um weiter ab 2023 dIe Kohle hereinzugewinnen.
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Wir wissen, dass sich die Stadt Erkelenz sehr kritisch mit der Genehml9ung des
Tagebaus Garzwaller auseinandergesetzt hat Danach hat die Stadt In konetruktiver Zusammenarbet In den letzten 10 Jahren den tagebaubedingten Um&ed
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lungiprozess In der Verantwortung tor die betroffenen Menecflen akW mitgestal
tet und mitgetngen. Dafür möchten wir uni ausdrddich bedanken.
Um diese Zusammenarbeit auch in der Zukunft fortsCen zu kbnnen, haben Sie
uns gegenüber für die Heretellw von Vertrauen &rd VedAsalichkelt die notwen
dige Klarheit eingefcrded.
Bezug nehmend auf unseren vorliegenden Brief vom 16.10.2013 mÖchten wir
deshalb nochmals unsern Aussage bestAifgen, dass wir das laufende Verfahren
zur Umsiedlung der Ortschaften Keyanberg, Kuckum, Unter- rd Oberwesffich
und Berveram unter Mitwirkung aller zustindigen Steilen und der Bürger weiter
mit Nadidrud unterstOen. Wir werden dann die Ortschaften nach Aufstellung
des Bmunkohlenplanes durch den Braunkohienauaschuss und der Genehmigung
durch die Landespianungabeflörde volist&xiig rsledeln,
Für die Dumhführung der Umsiedlung verweisen wIr auf die bestehenden VertM
ge mit dem lsnd NRW. Dies gift sowohl ft die Itastruktur als auch lor die Ent
schSdfgungepraxls zur Umsiedlung der betroffenen Menschen. Diese Regelun
gen, die sich in der Praxis bewAhrt haben und weserdilcher Bestandteil der sozl
ahierngkhen Umaledhing sind, bilden nelbelverstlndlich die Grundlage audi für
unser zukünftiges Handeln. Wu gehen des Weiteren davon aus, dass diese Re
gelungen wie bisher Bestandtefl des Braunkohlenpianes werden. Weitere Eckpunkte, die sich aus den ortsspeziflschen Gegebenheiten der umnjsiedelnden
Ortslagen ergeben, sind gemeinsam im laufenden Verfahren zu erarbeiten und
vertraglich zu fbderen.
Wir haben entgegen genommen, dass es Ihm AbsIcht ist, alle Punkte noch stär
ker in vestagfiche Form zu fassen, um die Veribsflchkeft für die Stadt und insbe
sondere für die von der Umsledbig betroffenen Bürger zu festigen. HIerzu ste
hen wir Ihnen gerne kui‘dstIg 11k Gespräche zur Verfügung.
Wir hoffen deshalb, dass unser irrt 04.12.2013 bei ihnen swtefundenes Ge
sprädi mit Mitgliedern der im Rat vertretenen Parteien und Umsiedlerverketern
sowie Vertretern des Landes als das von Ihnen im Brief an Herrn Tedum ge
wflnschte Zeichen gesehen wird. Daher lassen wir Ihnen unsern Gesprlctisau.
sagen such In Vertretung von Herrn TeHum hiermit bestäugend schriftEch zukommen.
Gleichzeitig wollen wir uns bei allen Beteiligten nochmals ftr den sachlichen und
offenen Austausch bedanken.
Mit freundlichen Grüßen und Glüokauf
RWE Power Aktlengos&schaft
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ppa.
(Mathias
(Dr. Lars Kullk)
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Legende
Wald
Biotop
landw. Wiedernutzbarmachung
Wasser
Wege
RWL
RWE Power
Feldgehölz
Liegenschaften und Umsiedlungen
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PEO-L
Anlage 3
zur Vereinbarung zur Zusammenarbeit
zwischen der Stadt Erkelenz und der
RWE Power vom
Trasse A4 44n
Angefertigt: Dohlen
Bearbeiter Schödden
Betriebsfläche
1
Maßstab 1 50000
RwE.POWEPapPBL-L\cAolGeoMedr Ei PCI II ECOLIWo
©Geobasisdaten: Land NRW, Bonn
Z-Name: Rahmenvereinbar.
stand: 07.022014
kapaces
+
©RWE Power
4
RWE Power
Liegenschaften und Umsiedlungen
Auszug aus dem Regionalplan \[jJ
Bezirksregierung Köln
\ \V
Ml: 50.000
-
PEO-L
Anlage 4
zur Vereinbarung zur Zusammenarbeit
zwischen der Stadt Erkelenz und der
RWE Power vom
Angefertigt: Dohlen
Bearteiter: Schöddert
Maßstab 1: 50.000 1
©Geobasisdaten: Land NRW. Bonn
+
Z-Name: Regionalplan_ß...
Stand: 14.02.2014
©RWE Power