Daten
Kommune
Hürtgenwald
Größe
143 kB
Datum
17.03.2016
Erstellt
07.04.16, 16:00
Aktualisiert
07.04.16, 16:00
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Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD Heinz Kaumanns anlässlich der Verabschiedung des
Haushalts 2016
Sperrfrist: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort!
Haushalt 2016: Quo vadis Hürtgenwald?
Die Fraktionsvorsitzenden haben das Privileg dem Rat und der
Öffentlichkeit ihre Sicht der Dinge bzw. das Meinungsbild ihrer
jeweiligen politischen Gruppierung zu erläutern; dies ist jedoch
Bürde zugleich. Erst recht, wenn Entscheidungen anstehen, die
nicht unerhebliche Auswirkungen für die Bürger dieser
Gemeinde haben werden.
Ich möchte in meine Überlegungen jedoch auch diejenigen
einbeziehen, deren Interessen in den vergangenen Wochen
stets bemüht wurden, selbst jedoch keine Stimme haben. Es
sind die Kinder und möglicherweise auch die syrische
Flüchtlingsfamilie, die es geschafft hat, unsere Gemeinde
unversehrt zu erreichen und hier abseits von Krieg und Gewalt
ein neues Leben beginnen möchte.
Bei der Verabschiedung des Haushalts 2011 stand ich zum
ersten Mal an diesem Platz. Mich hat interessiert, was ich
damals zu Ihnen gesagt habe. Ich war erstaunt, dass der Inhalt
nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat!
Was hat sich seitdem geändert? Es ist alles noch viel
schlimmer gekommen, als damals angenommen. Wir sind
pleite; da stimme ich den Leserbriefen zu.
Ich hätte der Öffentlichkeit in meiner 1. Rede als Vorsitzender
der SPD gerne etwas Anderes verkündet. Aber: Wir müssen
uns endlich ehrlich machen. Dies gilt auch für die SPD.
So weit so gut; worüber reden wir heute? Die Zahlen im
Wesentlichen:
Im Gesamtergebnis klafft eine Lücke von ca. 2.5 Mill. €; ca. 1
Mill. mehr als prognostiziert.
Folge:
Das HSK2023 und der Haushalt sind Stand heute nicht
genehmigungsfähig.
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Das Eigenkapital von ca. 36 Mill. € (2006) sinkt auf unter 1 Mill.
€ (2023).
Gründe u.a.:
Der Kreis beansprucht ca. 0,5 Mill. € mehr an Kreis- und
Jugendumlage.
Mehr als 70% der Haupterträge mit steigender Tendenz
beansprucht allein der Kreis. Und ich wage die Prognose, dies
ist nicht das Ende.
Die sog. Schlüsselzuweisungen des Landes verschlechtern
sich um ca. 0,3 Mill. €. Daraus wird deutlich, die
Verschlechterungen sind nicht hausgemacht.
Die weiteren Verschlechterungen enthalte ich Ihnen vor; sie
sind Ihnen hinlänglich bekannt.
Es fehlen somit ca. 1 Mill. € gegenüber der ursprünglichen
Prognose, mithin insgesamt 2,4Mill.€.
Wo liegen die Ursachen? Um es kurz zu machen: Hier und
anderswo!
Fangen wir bei der Gemeinde an:
Seit gut 16 Jahren stellt die CDU mit Ihrem Bürgermeister eine
Mehrheit im Rat.
In dieser Zeit ist hier vieles aus dem Ruder gelaufen, weil die
Worte des großen Vorsitzenden Odoj in Stein gemeißelt waren:
„Politiker wollen ihren Posten behalten. Deshalb sagen sie dem
Volk nicht die Wahrheit!“ und BM Buch attestierte mit großen
Gebertaschen (Motto: Im Zweifel Schulden machen; wir können
eh nichts ändern), während Don Quijote Klaus Kowalke einen
aussichtslosen Kampf gegen die schwarzen Windmühlen
führte.
Meine geschätzten Damen und Herren von der CDU:
Das müssen sie ertragen, auch wenn wir nun erstmals
gemeinsam die Themen anpacken, welche schon seit eh und je
auf der Einsparagenda der SPD standen: Ich nenne nur das
Freibad und den Schulstandort Bergstein.
Nachkarten ist nicht meine Art, aber man muss an diese
Fehlentwicklungen erinnern, um mit Blick auf die Zukunft eine
Wiederholung auszuschließen. Haushalten heißt, nur das
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anzuschaffen, was man sich leisten und auf das zu verzichten,
was man sich nicht leisten kann.
Unbedingte Haushaltsdisziplin ist eine unbequeme, aber
unverzichtbare Voraussetzung nachhaltiger Kommunalpolitik.
Prof Odoj, wusste, dass damit keine Wahlen zu gewinnen sind;
wobei wir bei der Verantwortung des Wahlvolks wären.
Zu den Einzelheiten später. Und was geschieht anderswo?
Die Finanzlage der Kommunen verschlechtert sich seit 20
Jahren in NRW zusehends. Die Kassenkredite – in
Hürtgenwald werden sie sich, wenn nicht gegengesteuert wird,
bis 2023 auf ca. 25 bis 30 Mill. € belaufen – steigen in völlig
unakzeptable Höhen, wenn wir so weitermachen wie bisher.
Die kommunale Selbstverwaltung ist der Grundpfeiler unseres
Gemeinwesens und wird, wie wir aktuell erfahren, von den
Bürgern unmittelbar wahrgenommen. Sie zu erhalten und zu
stärken sollte Staatsräson sein, da die gesellschaftlichen
Herausforderungen – so aktuell die Flüchtlingsfrage –an der
Basis gelöst werden müssen.
Andererseits bilden die Gemeinden und Kreise die dritte Ebene
des Staates; sie sind daher auf Gedeih und Verderb abhängig
von Entscheidungen beim Bund und den Ländern. Die
Aufgaben- und Finanzverteilung ist jedoch gerade auch in NRW
vollends aus dem Gleichgewicht geraten. In diesen
systemischen Mängeln sind auch die Probleme der Gemeinde
Hürtgenwald zu sehen. Es liegt also nicht allein, wie behauptet,
„am unsäglichen Versagen der Kommunalpolitik“ vor Ort.“ Sieht
man einmal von Niederzier ab, kann ich auch nicht erkennen,
dass es den anderen kreisangehörigen Kommunen
entscheidend besser ergeht.
Daher
ist
eine
lastengerechte
Neuordnung
der
Finanzbeziehungen unumgänglich.
Es
muss
endlich
Schluss
sein
mit
der
Kommunalvergessenheit bei Bund und Ländern! Wenn
Kollege MdB Nietan verlangt, endlich „Tacheles zu reden“ und
die Schuld für die allseits beklagte Misere dem Bund zuweist,
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ist dies allzu durchsichtig. Ins gleiche Horn stößt Kollege MdL
Münstermann (beide SPD), getreu dem Motto: Nur nicht MP´in
Kraft beschädigten. Beide sollten es besser wissen. Das
Finanzierungsgefüge innerhalb der Ebenen stimmt hinten und
vorne nicht mehr. Dafür tragen unsere Wahlkreisabgeordneten,
ob sie schwarz, rot, grün oder was auch sind, ganz unmittelbar
Verantwortung. Übrigens. Die Granden der CDU verhalten sich
da nicht besser. Allem voran die Herren MdL Laschet und der
medial durchgestylte MdB Rachel. Und wenn die SPD durch die
CDU erfahren muss, das die BM´in Nahles in der Gemeinde
weilt, spricht dies auch für sich. Wenden wir uns dem Kreis
Düren zu:
Der CDU Fraktionsvorsitzende Schavier äußert Verständnis für
den Unmut seiner 15 Bürgermeister angesichts deren
desolaten Haushaltslage. Zugleich verweist er darauf, dass der
Kreis Düren für die Misere nicht verantwortlich sei. Das macht
mich fassungslos. So wie die MdL und MdB reicht er den
Schwarzen Peter einfach weiter, ohne vor der eigenen Türe zu
kehren. Stets müssen die explodierenden Sozialaufwendungen
als Begründung dafür herhalten, wenn der Kreis sein Personal
in einem unerträglichen Maße weiter aufbläht. Der
öffentlichkeitsverliebte Landrat muss endlich die Standards, den
inflationären Personalaufwuchs, Infrastrukturprojekte und die
Finanzierung der kreiseigenen Beteiligungen (Freizeitbad
Kreuzau, Indelandgesellschaft u.a.) auf das beschränken, was
finanziell unabweisbar und beherrschbar ist. Dazu gehört auch
die vielleicht wünschenswerte, allerdings nicht in die Landschaft
passende Beitragsfreiheit der KiTas.
Der Verweis auf geringere Schlüsselweisungen, höhere
Flüchtlingskosten und steigende Sozialkosten auch beim Kreis
geht ins Leere. Sie treffen die Kommunen gleichermaßen hart
und über das Zwangsumlageverfahren gleich doppelt. Guten
Gewissens kann kein Kreistagsmitglied der CDU dem
Zahlenwerk des Landrats zustimmen.
Die Einspar- und Konsolidierungsbemühungen der Kommunen
werden ad absurdum geführt und diese wissentlich in die
Überschuldung geführt.
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Auch wenn die allgemeine Kreisumlage nur leicht von 46.49%
in 2015 auf 46,71% in 2016 und die Jugendumlage leicht auf
24,2% sinkt, so steigen die Umlagen dennoch absolut von ca.
153 Mill. auf 168 Mill. €.
Wir müssen konstatieren, dass der Kreis nicht in dem Maße
spart wie seine ihn anvertrauten Kommunen. Dieser
argumentiert dann gerne damit, dass er selbst 76% für
Transferleistungen für soziale Aufgaben aufwenden muss. Dies
ist jedoch, wie aufgezeigt, nur die halbe Wahrheit.
Der Bund und das Land NRW:
Bund und Land müssen endlich für eine angemessene
Finanzausstattung der Gemeinden sorgen. Die Kosten, die dort
verursacht werden, müssen auch dort geschultert werden.
Hinzu kommt, dass das Land NRW die ungerechte
Mittelaufteilung zwischen dem ländlichen Raum und den
Städten schnell beenden muss, sonst fliegt uns unser
Gemeinwesen um die Ohren.
Sowie wie Bund und Länder (so das BVerWG), so muss auch
der Kreis für eine angemessene Finanzausstattung der
Gemeinden sorgen.
Denn eines ist klar:
Wir können die Steuersätze nicht mehr weiter erhöhen, ohne
den sozialen Frieden zu gefährden.
Warum sollte die SPD, angesichts der Versäumnisse, welche
CDU Mehrheiten im Kreis und der Gemeinde zu verantworten
haben, einer massiven Grundsteuererhöhung zustimmen?
Schon allein wegen der für den Haushalt tödlichen
Kassenkredite, die sich nach den bisherigen Hochrechnungen
des Kämmerers bis 2023 auf ca. 25 – 30 Mill. auftürmen
werden, lohnt es sich wenigstens darüber nachzudenken.
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Die Kassenkredite mögen in Zeiten eines historischen Zinstiefs
von 0 % unkritisch erscheinen, sie bleiben gleichwohl eine
Hypothek mit unkalkulierbarem Risiko für die Zukunft und den
nachfolgenden Generationen. Und: Das Zinstief wird nicht von
Dauer sein. Jedes % mehr verursacht ein Finanzierungssaldo
von ca. 300.000,00€. Diese erschreckende Zahl macht schon
allein 100 Punkte in der Grundsteuer B aus.
Wir sollten daher gemeinsam das tun, was erforderlich ist um
die Kommunalfinanzen möglichst bald aus der Verschuldung zu
führen. Jetzt liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, der die
ursprüngliche Erhöhung auf 950vH. für 2016 auf annähernd die
Hälfte
kappt.
Dieser
Betrag
sichert
uns
die
Genehmigungsfähigkeit und ermöglicht die Fortschreibung des
HSK 2023; nicht mehr und nicht weniger. Das heißt: Wir
müssen die Ausgabenseite weiter und nachhaltig zurückführen.
Ungeachtet der bei Bund und dem Land NRW, aber auch beim
Kreis beharrlich geübten Praxis, Gesetze zu Lasten Dritter zu
schließen, tragen die CDU und ihr BM ein gerütteltes Maß an
der finanziellen Schieflage der Gemeinde.
Aber:
Die Politik agiert nicht im luftleeren Raum; ihre Protagonisten
bedienen Wünsche der Wähler, die ihnen Mehrheiten
verschaffen sollen. Diese bilden jedoch nicht unbedingt das
Gemeinwohl ab, sondern in hohem Maße (zusammengefasste)
Einzelinteressen; seien es Vereine oder zunehmend
thematische Bündnisse auf Zeit wie etwa Gegner der Pferde –
und Hundesteuer und Windkraftgegner „am Rennweg“. Die
Folge: Hinter jedem Ortseingangsschild steht ein Bürgerhaus.
Kostengünstiger wäre ein Gemeindezentrum am Zentralort. Ein
solches wäre ungleich besser dazu geeignet ein „Wir Gefühl“ in
der Gemeinde zu entwickeln. Darin zeigt sich das Dilemma
Kommunalpolitik. Oder hat sich etwa in Bergstein und
Vossenack eine nennenswerte Gruppe gegen den Kauf von
Bürgerhäusern, die Umgestaltung des Baptist – Palm - Platzes
und für eine Schließung des Freibades eingesetzt? Die SPD
hätte dies begrüßt!
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Dies hilft uns jedoch nicht weiter.
Die SPD – Fraktion hat bis in die jüngste Vergangenheit den
Haushalt stets abgelehnt. Grund: Der CDU mitsamt BM fehlte
es am nötigen Sparwillen. Doch es hat ein Umdenken
stattgefunden. Das Freibad wurde auf unser Drängen
teilprivatisiert; ein Erfolg, wie wir denken. Die hierdurch
erreichten
Einsparungen
sind
beträchtlich.
Der
Grundschulstandort Bergstein läuft aus. Und auch sonst
werden endlich Einsparungen vorgenommen: Ein ohne
Politdünkel arbeitender „interfraktioneller“ Haushaltsworkshop
hat Einsparungen von mindestens 200000,00€ realisiert. Da
sind Dinge dabei, die weh tun; aber meine Damen und Herren,
es geht nicht anders. Ich habe jedenfalls niemanden gehört, der
mir bisher eine tragfähige Alternative aufgezeigt hat. Ich rede
hier nicht der CDU das Wort. Wenn wir heute die Grundsteuer
B auf einen Satz von 786 vH. und ab 01.01.2017 auf 950 vH.
hochschnellen lassen, dann müssen auch Einsparungen auf
der Ausgabenseite her und zwar nachhaltig. Deshalb kann dies
heute auch nur ein Anfang sein. Dieser Verantwortung sollten
sich alle bewusst sein und dabei mithelfen, dass die Finanzen
der Gemeinde gesunden.
1 vH. in der Grundsteuer B entsprechen ca. 3000,00€ Minderbzw. Mehrbelastung.
Das Einsparvolumen von 200000,00 € macht demnach ca. 70
Punkte Minderbelastung in der Grundsteuer B aus. Die
Gemeinde gleicht das Defizit, wie von den Beschwerdeführern,
welche sich des Musterschreibens des Steuerzahlerbundes
bedienen, behauptet, gerade nicht nur durch Steuererhöhungen
aus. Die Behauptung, ein Haushaltsausgleich ginge nur mit
Einsparungen, ist völlig unrealistisch.
Die beabsichtigten Maßnahmen werden dazu führen, dass die
Gemeinde voraussichtlich ab 2019 ohne Netto –
Neuverschuldung auskommen kann und 2020 keinen
Fehlbetrag mehr ausweisen muss. Die Kassenkredite können
zurückgeführt
werden.
Die
Gemeinde
erlangt
ihre
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Handlungsfähigkeit zurück und dies ist auch notwendig. Denn
die Folgen der Demografie gilt es aktiv anzugehen, will die
Gemeinde Hürtgenwald nicht abgehängt werden. Erst über die
Gesundung der Finanzen werden wir wieder handlungsfähig.
Und je eher wir damit anfangen, desto besser.
Damit diese Rosskur nicht verpufft und die politisch Handeln
nicht erneut übermütig werden, werden diese Maßnahmen
durch eine Nachhaltigkeitssatzung abgesichert. Diese sieht
vorrangig die Rückführung der Schulden vor.
Die Gemeinde soll dauerhaft gesunden. Dies ist Aufgabe und
Verpflichtung zugleich. Wir muten unseren Bürgern einiges zu;
ich denke jedoch, dass dies ein guter Tag für die Gemeinde
sein könnte. Endlich stellt sich die Politik den drängenden
Problemen der Gegenwart und der Zukunft. Oder sollen die
Enkel und Urenkel die durch uns eingebrockte Suppe
auslöffeln? Was wir heute tun, ist Vergangenheitsbewältigung.
Deshalb mein Verweis eingangs auf die Flüchtlingsfamilie; die
Misere hat nicht sie zu verantworten.
Denn vielerorts wird nicht mehr differenziert; die jüngst
stattgefundenen Landtagswahlen sollten uns alle Mahnung
sein.
Der Gleichklang zwischen Ein- und Ausgaben muss
wiederhergestellt
werden.
Dies
muss
auch
ohne
Sparkommissar gelingen. Jedenfalls sollte dies unser aller
Anspruch sein, andernfalls hätten wir als Ratsvertreter unser
Mandat verwirkt. Für die Zukunft muss umso mehr gelten, ist
jede Maßnahme sinnvoll, gemeinwohlorientiert und finanziell
beherrschbar! Politik um der bloßen Wiederwahl willen kann
und sollte nicht das Leitmotiv des Handelns sein. Was wir vor
Ort zu verantworten haben, müssen wir selbst korrigieren, nach
dem Motto: Wie würde ich privat verantwortlich handeln? Die
Politik, hier wie anderswo, muss sich von Begehrlichkeiten
befreien, die sie im privaten Umfeld niemals verantworten
würde. Ich hoffe, die Bürger teilen unsere Auffassung,
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Jedenfalls teile ich nicht die, welche Prof. Odoj noch heute zum
Besten gibt; sie ist im hohen Maße egoistisch.
Oder will der Bürger doch weiter belogen werden wie bisher?
Weitsichtige Politik, da ist ihm wohl oder übel recht zu geben,
gilt gemeinhin nicht als wahlkampftauglich und: In der
Demokratie, welche uns alle am Herzen liegen sollte, können
die Gewählten nicht besser sein als die, die sie wählen. Dies
sage ich mit Bedacht auch denjenigen, die es schon immer
besser wussten.
Ich
bin
der
Überzeugung,
dass
angesichts
der
Herausforderungen, vor denen wir stehen, dass parteipolitische
Blockdenken nicht mehr in die Zeit passt. Und dies scheint
auch die CDU endlich begriffen zu haben. Ich möchte für einen
neuen Stil werben, welcher im Workshop greifbar wurde. Für
eine Politik nach dem bisher gängigen Muster hat der Bürger
kein Verständnis mehr. Er erwartet von uns Entscheidungen,
die – mögen sie auch weh tun – einen Ausweg aus dem
ständigen
Weiter
so
aufzeigen.
Maxime
unserer
Entscheidungen müssen Generationengerechtigkeit und
Nachhaltigkeit sein. Nur mit den Erhöhungen und den
Einsparungen, die wir heute beschließen wollen, wird der
Haushalt wieder beherrschbar und das Damoklesschwert
drohender Zinserhöhungen abgewendet. Zugleich dürfen wir
nicht in dem Bemühen nachlassen weitere substanzielle
Einsparungen zu erzielen. Was nicht der eigentlichen
Daseinsvorsorge dient, gehört aufgegeben.
Wird von wem auch immer Mehrbedarf angemeldet, muss die
Maxime heißen, wenn überhaupt, Hilfe zur Selbsthilfe; mehr
geht nicht.
Bei sorgsamer Abwägung aller Für und Wider erscheint mir
unser Vorgehen nicht nur verantwortbar, sondern auch der
finanzpolitischen Notwendigkeit geschuldet.
Und dann gilt es in einer konzertierten Aktion, den Druck auf die
Mandatsträger im Kreis, Land und Bund zu erhöhen. Manchmal
muss man dann auch mal unkonventionelle Wege beschreiten.
Was hindert uns daran, dass Forderungsverlangen des Kreises
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um den Betrag „X“ zurückzuweisen? Soll der Landrat doch die
Gemeinde verklagen. Dass dies funktionieren kann, hat Kollege
Rössler im Ringen um den endlich erfolgten Bau der B399 n
bewiesen, als er einen nicht endenden Stau auf dem nicht mehr
vorhandenen Fußgängerüberweg in Gey - Mitte auslöste.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns mutig sein. Es geht
schlicht und einfach um das Überleben der Gemeinden.
Zu den Einwänden im Einzelnen:
Thema Kinder und Bildung:
Die Gemeinde tut hier weiterhin mehr als andere! Wir behalten
auch nach dem heutigen Tag eine Bildungslandschaft, die im
Umfeld weiterhin mithalten kann. Dies bleibt auch nach der
Schließung des Lehrschwimmbeckens so. In dieser
dramatischen Situation kann Wünschenswertes nicht um jeden
Preis erhalten bleiben. Soviel zu den sicherlich nicht ganz
unberechtigten
Einwänden
meines
ehemaligen
Fraktionskollegen Dauber – der es überdies auch besser
wissen sollte –und zum Vorsitzenden der Schulpflegschaft der
GS Vossenack – Bergstein. Ich greife gerne die Anmerkung
des Kollegen Cranen auf. Wo ein Wille ist, ist bekanntlich auch
ein Weg. Den sollten wir auch für den nicht allzu langen
Zeitraum des Nichtschwimmerdaseins von den Betroffenen
einfordern dürfen. Ich vertraue hier auch auf die Kreativität der
Eltern.
Ich verwahre mich entschieden gegen den Vorwurf, mit den
heutigen Beschlüssen würden wir die Gemeinde kaputtsparen
und die Zukunft der Kinder opfern. Dies ist Wehklagen auf
hohem Niveau.
Kindergärten:
Bei den Kindergärten haben wir bisher mehr getan, als der
Gesetz- und Verordnungsgeber vorschreibt. Dies geht schlicht
und ergreifend nicht mehr. Ich kann auch nicht erkennen, dass
andere Kommunen da schlechtere Ergebnisse vorweisen.
FW:
Ich denke, es herrscht Konsens, wenn ich feststelle, dass die
Feuerwehr Wertschätzung genießt. Umso mehr befremdet,
wenn der Gemeindebrandinspektor in der DZ u.a. Austritte nicht
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ausschließt, obwohl er an sämtlichen Überlegungen beteiligt
wurde und als einziger die Gewissheit mit nach Hause nehmen
konnte, dass die Feuerwehr voraussichtlich etwas mehr
erhalten soll als bisher. Das war nicht verantwortungsvoll und
keine Werbung in eigener Sache.
Biogasanlage und Windkraft:
Ich denke, auch vor Ort aktiv zur Energiewende beizutragen,
kann angesichts der Bedrohung durch belgische Schrottmeiler
nicht verkehrt sein. Hier wird von Fehlplanungen gesprochen.
Nur so viel: Mängel in der Umsetzung sollten nicht vorkommen;
vor fehlerhaften Ausführungen und Fehler im Bereich des
Managements ist die öffentliche Hand genauso wenig gefeit wie
der private Bereich. Als Hinweis: Im Jahr 2016 gab es ca.
23000 Privatinsolvenzen in Deutschland.
Verwaltung:
Diejenigen die behaupten, dass es mit 40 % Prozent weniger
Personal ginge, die mögen mir dies belegen. Ich rede sicherlich
nicht dem Stellenplan des BM das Wort; dieser wird weiter
kritisch zu hinterfragen sein.
Lassen Sie mich kurz über den Bereich reden, welchen ich
einigermaßen überblicken kann. Das Land hat die Bereiche
Polizei und Justiz über mehr als ein Jahrzehnt kaputtgespart;
jetzt nach den Ereignissen in Köln zwar Personal eingestellt,
jedoch rein interessengesteuert und nicht aufgabenorientiert.
Der Aufwuchs im Personal der Gemeinde Hürtgenwald ist im
nicht
unbeträchtlichen
Maß
dem
frühkindlichen
Erziehungserfordernis zuzuschreiben.
Grundsteuern:
Der fast ungebremste Zuwachs der Grundsteuer B trifft fast alle
Kommunen mehr oder weniger hart. Es gibt nur ganz wenige
Ausnahmen. Dies ist die traurige Wirklichkeit.
Während sich andere mehr oder weniger an dem
Genehmigungserfordernis entlang hangeln und sich dabei
weiter verschulden, wollen wir es genau anders machen. Ich
denke, über die gesamte Wegstrecke kommt dies uns allen
günstiger.
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Lokales Fehlverhalten:
Kollege Hieke räumt ein, man(CDU) habe wohl über die
Verhältnisse gelebt. Dies macht sich die SPD nicht zu Eigen;
ich habe auf unsere vielfältigen und bisher erfolglos
gebliebenen
Einsparbemühungen
hingewiesen.
Wahlversprechen – übrigens auch von Bürgern und
Gruppierungen eingefordert – und Prestigeobjekte haben wir
nicht zu verantworten.
Wenn jetzt endlich gespart wird, dann sollte die SPD nicht
abseitsstehen und diese Umkehr vom früheren Fehlverhalten
aktiv begleiten.
Freibad/Fußball:
Das Freibad wurde teilprivatisiert; dies heißt allerdings nicht,
dass der Zuschuss nicht weiter verringert werden muss.
Die SPD wird die Entwicklung weiter im Auge behalten. Machen
wir uns nicht vor: Das Freibad ist Luxus. Ich bin jedoch guter
Hoffnung, dass weitere Einsparungen möglich sind, wenn die
energetischen Maßnahmen greifen.
Ich halte allerdings wenig davon, gerade die Sportarten Fußball
und Schwimmen gegeneinander auszuspielen. Beide
Sportarten und dies sage ich als Fußballer, wurden in der
Vergangenheit im nicht vertretbaren Maße gefördert. Es wird
auch kein Kunstrasenplatz in Bergstein errichtet, sondern dem
Schulstandort zugewiesen.
Neue Sportstätten, die rein vereinsgesteuert sind, wird es mit
der SPD auch nicht mehr geben!
Kommunikation:
Ich bin für den Dialog mit den Bürgern. Wir müssen die Bürger
einbinden und die Vorschläge, die uns weiterhelfen und nicht
der individuellen Betroffenheitskultur – welche leider immer
mehr Raum greift (s. Beispiele) –
geschuldet sind,
unvoreingenommen prüfen und bewerten.
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Sicherlich wäre es besser gewesen, den Bürgern unsere
Vorschläge vorher zu erläutern! Dies war ein Fehler und dies
müssen wir für die Zukunft korrigieren.
Ich kann allerdings nicht verhehlen, dass mich manche
Kommentare bestürzt haben. Es wird bisweilen nicht mehr
differenziert und abgewogen. Die Finanznot u.v.a. ist eben nicht
nur hausgemacht. Da erwarte ich von einem Richter einfach
mehr als billige Polemik. Man kann sicherlich über das ein und
andere streiten; der Direktor der Amtsgerichts Monschau sollte
sich jedoch schon kraft seines Amtes einzig und allein auf der
Sachebene bewegen. Die aktuell fehlende Million wurde nicht in
Hürtgenwald
versenkt.
Bloße
Vereinfachungen
und
Auslassungen helfen nicht weiter.
Zum Schluss:
Ich danke den Beschäftigten, namentlich dem Kämmerer, für
sein stetiges Bemühen, die Dinge beim Namen zu nennen.
Ich danke den Mitstreitern im Workshop, die die Dinge in selten
erlebter Offenheit und über Parteigrenzen hinweg, diskutiert
und gemeinsame Vorschläge erarbeitet haben.
Ich danke den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die mich
angesprochen haben und auch mir Gehör geschenkt haben.
Wir waren nicht immer derselben Meinung; der Umgang war
jedoch stets von gegenseitigem Respekt getragen. Dies hob
sich positiv von dem ab, was in Teilen medial und per Post
verbreitet wurde. Eine für mich wohltuende Erfahrung.
Und was ich so nicht erwartet hatte:
Es findet allgemein Anerkennung, dass die SPD aktiv,
konstruktiv und selbstkritisch an der Bewältigung der Probleme
(mit)arbeitet und nicht in einer Blockadehaltung erstarrt. Das
Bemühen
um
eine
ehrliche
und
glaubwürdige
Bestandsaufnahme findet ein positives Echo.
Dieser Verantwortung stelle ich mich und dies sollten auch die
SPD – Vertreter tun. Dazu gehört auch, eigenes Fehlverhalten
– wenn es man denn so bezeichnen möchte – selbstkritisch zu
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hinterfragen. Beim Thema Sportplatzbau in Gey und Kleinhau
hat auch die SPD Ja gesagt und beim Freibad blieb es auch bei
einem Jein. Dies mindert nicht früheres Fehlverhalten der CDU,
die in der Vergangenheit jeden noch so kleinen
Verbesserungsvorschlag der Opposition abschlägig beschieden
hat. Aber man sollte auch anerkennen, dass bei der CDU und
sogar beim BM ein Umdenken stattgefunden hat. Es geht auch
nicht um die Macht oder Deutungshoheiten, sondern um die
Zukunft dieser Gemeinde.
Und ein weiter so wie bisher, dies kann auch nicht der
Anspruch der SPD Hürtgenwald sein! Geben wir daher vor
allem unserer Gemeinde eine faire Chance mit Blick auf die
Zukunft. In jedem Fall, Kollege Hieke, spreche ich Ihnen
persönlich meinen Respekt aus.
Aber:
Die Zustimmung ist an folgende Bedingungen gebunden:
Maßhalten und Sparsamkeit!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und sehen sie mir
nach, dass es etwas länger gedauert hat. Ich denke jedoch,
dass die besonderen Umstände dies gebieten, denn: Es geht
um einen grundlegenden Kurswechsel, der sicherlich
unbequem aber bitter notwendig ist.
Es geht auch um mehr als um die Grundsteuer B. Es geht um
einen Bewusstseinswandel, den wir auch vor Ort hinbekommen
müssen. Es geht schlicht und ergreifend um das Recht der
Kinder und der nachfolgenden Generationen!
Es geht aber auch um ein Mehr an Eigenverantwortung der
Bürger.
Ich möchte mit einem Zitat von Wolfgang Niedecken schließen
„Wir Menschen haben nicht umsonst die Fähigkeit unser
Handeln zu hinterfragen. Daraus entsteht die Mission, unseren
Enkeln und Urenkeln ein lebenswertes Leben zu ermöglichen.
Dafür müssen wir kämpfen.“
(Quelle: Stern v. 28.01.2016)
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