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Beschlusstext (Rede zur Einbringung des Jahresabschlusses 2016)

Daten

Kommune
Titz
Größe
66 kB
Datum
18.05.2017
Erstellt
30.05.17, 18:01
Aktualisiert
30.05.17, 18:01
Beschlusstext (Rede zur Einbringung des Jahresabschlusses 2016) Beschlusstext (Rede zur Einbringung des Jahresabschlusses 2016) Beschlusstext (Rede zur Einbringung des Jahresabschlusses 2016) Beschlusstext (Rede zur Einbringung des Jahresabschlusses 2016)

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Inhalt der Datei

Rede zur Einbringung des Jahresabschlusses 2016 (im Rahmen der Sitzung des Titzer Gemeinderats am 18. Mai 2017; es gilt das gesprochene Wort) Meine sehr geehrten Damen, meine Herren, vor etwa 15 Monaten hat der Gemeinderat den Haushalt für das Jahr 2016 beschlossen. Dieser Haushaltsplan schloss mit einem geplanten Defizit in einer Höhe von knapp 1,3 Mio. Euro ab. Die Gründe für dieses Defizit kennen wir alle: Die finanzielle Ausstattung der Kommunen durch das jeweilige Bundesland ist in Nordrhein-Westfalen so schlecht wie nirgendwo anders in der Republik: Einerseits ist der so genannte Kommunalisierungsgrad, der Anteil der öffentlichen Ausgaben, die in den einzelnen Ländern kraft Gesetzes durch die Kommunen – und nicht durch die Länder selbst – geleistet werden müssen, in NRW höher als in jedem anderen Bundesland. Er liegt bei mehr als 54 Prozent. Und andererseits ist der Verbundsatz, das ist der Anteil der Steuereinnahmen, den die einzelnen Länder in den Gemeindefinanzausgleich geben, mit nur 23 Prozent unterdurchschnittlich niedrig. Höherer Kommunalisierungsgrad bei niedrigem Verbundsatz: Das kann auf Dauer nicht gut gehen – und geht daher auch nicht gut. Während in zahlreichen Bundesländern, nicht nur im Süden der Republik, sondern mittlerweile auch im einstmals armen Osten, kommunale Finanzierungsüberschüsse zur Normalität werden, stehen in Nordrhein-Westfalen die Kommunen immer noch und immer schlimmer finanziell mit dem Rücken an der Wand. Ob sich an dieser Ausgangslage durch den wahrscheinlichen Wechsel der regierungstragenden Fraktionen nach der Landtagswahl am vergangenen Sonntag etwas ändern wird, müssen wir abwarten. Aber ich bin doch zumindest so zuversichtlich, dass ich mir erlaube zu hoffen, dass es schlimmere Rand- und Rahmenbedingungen für den kommunalen Finanzausgleich, insbesondere für die Städte und Gemeinden des ländlichen Raums, als die in den vergangenen sieben Jahren angewandten Parameter, kaum geben dürfte. Meine Erwartungshaltung an die neue Landesregierung, die sich aber zunächst noch finden muss, ist da jedenfalls groß. Was mich für die Zukunft ebenfalls optimistisch stimmt, ist die anhaltend gute Entwicklung der Steuereinnahmen der öffentlichen Hand. Anfang Mai sind die früher einmal „fünf Weisen“, also der „Arbeitskreis Steuerschätzungen“, zusammengekommen und haben auch für die kommenden Jahre ein positives Steuerwachstum prognostiziert. Im Vergleich zur Steuerschätzung des vergangenen Novembers können Bund, Länder und Kommunen demnach bis zum Jahr 2021 insgesamt mit zusätzlichen Mehreinnahmen von 54,1 Mrd. Euro kalkulieren. Das sind dem Grunde nach gute Tendenzen, die wir in den vergangenen Monaten auch hier in Titz bereits spüren konnten. Dazu aber später mehr. Was mir nämlich trotz der guten Ertragsperspektiven weiterhin Sorge bereitet, ist, dass sich parallel dazu die Aufwandsseite der kommunalen Haushalte mit ähnlichem Tempo entwickelt wie die Ertragsseite. Daher meine ich: Eine Steuerschätzung alleine reicht nicht. Wir brauchen auch eine Ausgabenschätzung für die öffentliche Hand. Vor allem die sozialen Leistungen entwickeln sich ungebremst nach oben. Deswegen erwartet die Bürgerschaft, dass wir neben Steuereinnahmezahlen auch die Ausgaben – und die Entwicklung gerade der Sozialausgaben – ebenfalls plastisch darlegen können. Denn unsere Beiträge an die Umlageverbände, unmittelbar an den Kreis Düren und mittelbar über den Kreis an den Landschaftsverband, steigen in erster Linie deswegen weiterhin rasant an, weil in erster Linie dort – und nicht etwa in unserem Haushalt – die Sozialverwaltung stattfindet und die entsprechenden Aufwände entstehen. Ich sagte es bereits: Der Haushalt 2016 war kalkuliert mit einem Defizit von rund 1,3 Mio. Euro. Letztlich schließt die Jahresrechnung aber mit einem Fehlbetrag von „nur“ rund 860.000 Euro ab. Wir konnten also in der unterjährigen Mittelbewirtschaftung eine Verbesserung von rund 440.000 Euro erzielen. Und dies, obwohl wir in zahlreichen Aufgabenfeldern, ich erinnere beispielsweise an verschiedene Straßen- und Kanalbaumaßnahmen, ich erinnere aber auch an den Bildungsbereich, an die Modernisierung der PRIMUS-Schule beispielsweise oder unsere Aktivitäten im Bereich des Ausbaus frühkindlicher Förderung in den Kindertagesstätten, ordentlich investiert haben und weiter investieren. Eine Verbesserung um 440.000 Euro – und dies, obwohl wir im Jahresabschluss aus Gründen kaufmännischer Vorsicht eine bisher ausgewiesene Forderung aus der Erschließung eines Gewerbegebiets auf Null gestellt haben, immerhin in einem Volumen von rund 320.000 Euro. Insofern also hätte die Verwaltung – ohne die Ausbuchung dieser Forderung – für das Jahr 2016 auch eine Verbesserung von rund einer dreiviertel Million Euro darstellen können, was einem Defizit von dann nur noch rund 540.000 Euro entsprochen hätte. Dies wiederum wäre das beste Jahresergebnis der Gemeinde Titz seit 2007 – dem letzten Jahr vor der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise – gewesen. Was nun hat konkret zu dieser deutlichen Verbesserung der Haushaltslage beigetragen? Es sind – und da sind wir thematisch wieder ganz nah bei den fünf Weisen – in erster Linie die Steuereinnahmen gewesen, insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer. Allein bei dieser Position konnten Mehrerträge in einer Größenordnung von etwas mehr als 780.000 Euro generiert werden. Dies zeigt, dass wir in unserer Gemeinde über eine gute Struktur mittelständiger Betriebe und Unternehmen verfügen, denen es gut geht. Wir haben – im Gegensatz zu anderen Städten und Gemeinden – nicht „den“ Hauptsteuerzahler, sondern eine Vielzahl gesunder und sich am Markt behauptender Betriebe, die in ihrer Breite zum gestiegenen Aufkommen beitragen. Neben der Gewerbesteuer trägt auch die Grundsteuer B, wenn auch in geringerem Umfang, zur Verbesserung unserer finanziellen Situation bei. Hier trägt unsere in den vergangenen Jahren verstärkte Ausrichtung, Familienfreundlichkeit zum Markenkern unserer Gemeinde zu machen, Früchte. Unsere Baugrundstücke werden nachgefragt wie nie – und dies nicht nur, weil die Grundstückspreise in der Gemeinde weiterhin attraktiv sind, sondern auch, weil wir unser Handeln am Bedarf junger Familien ausrichten. Eine intakte und vielfältige Trägerlandschaft bei den Kindertageseinrichtungen, ein attraktives Schulangebot, demnächst in modernisierten Räumen und ab Sommer 2018 auch mit einem Angebot der Sekundarstufe, offene Jugendarbeit, die Förderung der Mitbestimmung junger Menschen über ein Jugendparlament. Dies alles zahlt sich zunehmend aus und findet mittlerweile auch haushaltswirksam statt. Gleichwohl sind steigende Steuereinnahmen nur die eine Seite einer Medaille, die auch eine Kehrseite hat, nämlich den kommunalen Finanzausgleich: Sie wissen, dass sich die Zuweisungen des Landes auch an der Steuerkraft der jeweiligen Kommune orientieren. Und mit steigender eigener Steuerkraft sinkt systemimmanent der Teil des Finanzbedarfs, der durch das Land über die Schlüsselzuweisungen bereitgestellt wird. Und das heißt für uns – und zwar abseits aller Hoffnungen, die ich gegenüber der neuen Landesregierung ausdrücke –, dass unsere Einnahmen aus dem Finanzausgleichssystem des Landes in den kommenden Jahren weiter sinken könnten. Insofern sind wir gut beraten, die derzeit diskutierten Gewerbeflächenentwicklungen, z.B. an der A 44 oder auf dem ehemaligen Zuckerfabriksgelände in Ameln, positiv und wirtschaftsfreundlich zu begleiten. Und wir sind ebenfalls gut beraten, geeignete Flächen für Baulandentwicklung zu identifizieren und möglichst bereits in den kommenden Monaten, spätestens aber bis Sommer 2018, entsprechende Projekte an den Start zu bringen. Den Fraktionsvorsitzenden sind Überlegungen der Verwaltung bereits vorgestellt worden, am kommenden Montag werden wir den Dialog mit den Ortsvorstehern suchen. Ein Blick in die Haushalte der unmittelbaren Zukunft: Wir alle sind mit der Haushaltsplanung des Kreises ja nun nicht wirklich und uneingeschränkt zufrieden. Und die Diskussion über Standards und Entwicklungen auf Kreisebene möchte ich auch heute Abend gar nicht erneut führen. Ich möchte auf etwas anderes hinaus: Da der Kreis zu seiner früheren Praxis, Haushaltssatzungen mit Festsetzungen für jeweils zwei Haushaltsjahre zu beschließen, zurückgekehrt ist, kennen wir jetzt bereits in etwa die Umlagebelastungen des kommenden Jahres. Und wenn sich die neue Landesregierung schnell findet und konstituiert, wird hoffentlich bereits im Spätsommer eine Einschätzung darüber vorliegen, wie sich unsere Einnahmeerwartung aus dem kommunalen Finanzausgleich für das Jahr 2018 darstellt; hier sind vorher keine validen Aussagen möglich. Positive Perspektiven allerdings ergeben sich über die bereits erwähnte Steuerschätzung. Hier werden wir in der Lage sein, z.B. unsere kommunalen Anteile an den Gemeinschaftssteuern, also der Körperschaft- und der Umsatzsteuer, deutlich nach oben anzupassen. Hinzu kommt, dass die vom Bund bereits zugesagte Entlastung der Kommunen im Bereich z.B. der Kosten der Unterkunft für Hilfeempfänger im Bereich des SGB-IIBezugs oder auch der Eingliederungshilfe in den kommenden Jahren kassenwirksam spürbar wird, zwar nicht als direkte Unterstützung der Kommunen (dies ist grundgesetzlich nicht erlaubt), sondern über den Umweg der Länder. Ich hoffe in diesem Zusammenhang nur, dass der zukünftige Landesfinanzminister – im Gegensatz zu seinem Vorgänger, wenn ich an die nicht weitergeleiteten Mittel zur Integration von Flüchtlingen denke – keine klebrigen Finger hat und Nordrhein-Westfalen, so wie andere Bundesländer auch, eine 1:1-Weiterleitung der Bundesmittel an die Kommunen garantiert. Dies jedenfalls würde uns nicht aller Sorgen ledig werden lassen, aber unsere finanziellen Probleme zu einem ordentlichen Stück lösen. Insgesamt jedenfalls sehe ich uns auf einem guten Weg. Meine sehr geehrten Damen, meine Herren, heute ist der 18. Mai 2017, das wissen Sie. Ich betone deshalb dieses Datum, weil es uns seit der Einführung des Neuen kommunalen Finanzmanagements im Jahr 2006 noch in keinem Jahr gelungen ist, die Jahresrechnung für das vorausgegangene Haushaltsjahr so früh vorzulegen. Nicht nur dies nehme ich zum Anlass, den Damen und Herren unserer Finanzabteilung für die Erstellung des Jahresabschlusses, der mittlerweile, so meine ich feststellen zu dürfen eine auch inhaltliche hohe Qualität erreicht hat, zu danken. Den Mitgliedern des Rechnungsprüfungsausschusses wünsche ich gute Beratungen bei der Prüfung des vorliegenden Werks, dass ich gerne für die Verwaltung eingebracht habe. Vielen Dank dafür, dass Sie mir zugehört haben.