Daten
Kommune
Brühl
Größe
335 kB
Datum
27.02.2018
Erstellt
20.02.18, 15:47
Aktualisiert
20.02.18, 15:47
Stichworte
Inhalt der Datei
Sozialer Brennpunkt
Lupinenweg
Jahresbericht 2017
Drogenhilfe Köln
IBS
Information und Beratung zu Suchtlösungen
bruehl@suchtloesungen.de
Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
Sinn und Zweck des Betreuungsprojektes
Die aufsuchende Suchthilfe in der Obdachlosenunterkunft am Lupinenweg hat zum
Ziel, die Drogen- und Alkoholproblematik vor Ort zu reduzieren und die dort
ansässigen primär suchtkranken Obdachlosen auf dem Weg in andere Wohn- und
Hilfsformen (Klinik, Therapie, Selbstständiges Wohnen, ...) zu begleiten und zu
unterstützen.
Wesentlicher Synergie- und Kostenspareffekt ist die Nutzung mehrerer Kosten- und
Leistungsträger bei enger personeller Verzahnung durch die Beratungsstelle IBS, z.B.
für Therapievermittlung / PSB / Kostenanträge / Ambulant Betreutes Wohnen /
Angehörigenberatung etc. Die Betroffenen haben i.d.R. eine Vielzahl von zusätzlichen
Terminen, die nicht über die Betreuungsleistungen im Lupinenweg abgerechnet
werden. Die enge Personalschnittstelle sorgt für transparente Informationen und
laufende Aktualisierung.
Zusammenfassung der bisherigen Vereinbarungen .
Der Vertrag vom 26.09.2008 / incl. Konzeptergänzung von 2011 stützt sich im
Wesentlichen auf folgende Hilfsstrategien und –angebote:
-
Methodischer Schwerpunkt ist die aufsuchende Sozialarbeit, die dem
Drogenkonsumenten in seinem Lebensumfeld begegnet und mit
motivationsfördernden Gesprächs- und konkreten Hilfsangeboten eine
Veränderung in gesündere Lebensweisen unterstützt.
-
Wesentliches Ziel ist es, die Anzahl der Drogen- / Alkoholabhängigen vor Ort
möglichst gering zu halten, also die Vermittlung in eine andere Wohnform.
Sinnvoll vorgeschaltet kann hierbei auch die Vermittlung in Hilfssysteme des
Gesundheitswesens sein, z.B. in eine stationäre Entwöhnungstherapie.
Um dies zu erreichen, wurden die im nachfolgenden beschriebenen Maßnahmen
vereinbart:
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Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
Wöchtliche Sprechzeiten / Präsenzzeit
Umfang: 8,0 Wochenstunden / 416 Jahresstunden
An zwei Tagen pro Woche (je 4 Stunden) bieten wir eine regelmäßige Präsenzzeit
vor Ort an. Diese Sprechzeiten bieten die Möglichkeit, ohne Terminabsprache zu
uns Kontakt aufzunehmen.
Ergänzend werden je nach Bedarf und Nachfrage auch Essens- und/oder
Freizeitangebote integriert, um die Kontaktschwelle niedrigschwelliger zu
gestalten.
Ziele und Methoden
– Identifizieren der Zielpersonen in Kooperation mit den zuständigen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Brühl
– Kontaktaufnahme und Vertrauen schaffen durch erste Gespräche
– Vermitteln von Informationen zu konkreten Suchthilfe – Angeboten
– Einzelgespräche zur Förderung der Veränderungsmotivation
– Begleiten zu weiterführenden Hilfen und Institutionen
– Vermittlung
Wir nutzen diese Zeiten auch, um ggf. aufsuchend vor Ort bestimmte Personen in
ihrem Wohnraum anzusprechen, um sie zu einer (erneuten) Kontaktaufnahme zu
motivieren.
Vermittlung in Behandlung / therapeutische Hilfen
Soweit sinnvoll, erfolgt eine Motivierung zur Teilnahme an einer stationären
Entwöhnungsbehandlung. Bei entsprechender Motivation schließt sich die
Kostenträgerklärung / Antragstellung incl. Therapievorbereitung /
Motivationsstabilisierung bis zum Therapieantritt an. Falls notwendig, wird auch die
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Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
Zuführung zur Therapieeinrichtung begleitet, damit die Maßnahme nicht noch in
„letzter Minute“ scheitert
Die Begleitung der KlientInnen zur Beratungsstelle / zur Entgiftung / zur Therapie ist
eine unterstützende Leistung, die insbesondere bei Klienten mit chronifizierter
Suchterkrankung und damit meist verbundener schwankender Abstinenzmotivation
dringend erforderlich ist. Diese Unterstützung erhöht die Vermittlungsquote und
führt bei erfolgreichem Therapieantritt zum Auszug aus dem Lupinenweg.
Vermittlung in Ambulant Betreutes Wohnen
Zur Verringerung der Anzahl der vor Ort ansässigen Drogenabhängigen erfolgt –
soweit möglich – eine Vermittlung in eigenen Wohnraum mit Gewährung von Hilfe
zum selbständigen Wohnen.
Zwingende Voraussetzung für diese Möglichkeit sind:
-
der eigene Wohnraum (BeWo = Hilfe zum selbstständigen Wohnen)
-
das Vorliegen einer seelischen Behinderung (dies gilt z. B. bei einer
Suchterkrankung)
sowie zusätzlich eine erhebliche Teilhabeeinschränkung
und der glaubhafte eigene Wunsch nach Veränderungen.
-
Die fachlichen Vorleistungen bis zur Kostenübernahme durch den LVR sind für diese
Zielgruppe aufgrund ihrer wechselnden Zuverlässigkeit, des zum Teil langjährigen
Suchthintergrundes und des fehlenden eigenen Wohnraumes anfangs besonders
zeitintensiv. Im Einzelnen sind dies vor allem
– die Erstellung eines individuellen Hilfeplans,
– ein fachärztliches Gutachten (lange Terminwartezeiten!) und
– i.d.R. eigener Wohnraum mit einem entsprechendem Mietvertrag.
Die erste Kostenzusage des LVR umfasst in der Regel ein Kalenderjahr und wird bei
anhaltendem Bedarf entsprechend häufig verlängert. Eine Rückkehr des Klienten in
den Lupinenweg ist daher nicht wahrscheinlich.
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Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
Rückblick 2017
Erreichbarkeit:
Die 2x wöchentlich stattfindenden Sprechstunden (8 Std. / Woche) sind eine
Präsenzzeit, in der wir ohne vorherige Zeitabsprachen für alle Anliegen ansprechbar
sind. Weitergehende Hilfen können dort starten.
Darüber hinaus finden intensivere Einzelbetreuungen nach Bedarf statt. 2017 wurden
mit den genannten Angeboten 17 Personen intensiv betreut.
1 x Vermittlung in stationäre Therapie:
Eine Person konnte in stationäre Langzeittherapie vermittelt werden.
-
viele Kontakte und Vermittlung in stationäre Therapie Ende August 2017 /
regelmäßig weiter Kontakt / Telefonate bei Abbruchgedanken, die ihn immer
zum Bleiben bewegen konnten / Rückfall mit Alkohol dort im Dez.2017,
dadurch Therapieende / direkte Kontaktaufnahme seinerseits / Einbeziehung
von Familie, Staatsanwaltschaft, Kostenträger / Wiederaufnahme 2 Wochen
später (21.12.) ohne noch einmal rückfällig zu werden / geplant ist nun
Adaption und im Anschluss Clean WG und Nachsorge / die Anträge laufen /
Kontakt besteht weiterhin /
weitere Beispielkontakte:
-
X1: einige Kontakte bis März / Versuch, BeWo zu installieren, kam jedoch nicht
zu Stande, weil er sich doch dagegen entschied.
-
X2: regelmäßige Kontakte / wird vermutlich Anfang 2018 ausziehen / dann ist
Ambulant Betreutes Wohnen über uns in Planung / in 2017 Therapieantrag
gestellt und bewilligt bekommen, hat sich dann aber doch gegen eine stat.
Therapie entschieden / regelmäßig Gespräche über Drogenkonsum, er konnte
seinen Konsum deutlich eingeschränken.
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Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
-
X3: regelmäßige Kontakte / in Substitution / Zustand unverändert / lebt mit
Eltern dort.
-
X4: nach Jahren des Minimalkontaktes zum Jahresende intensivere Gespräche
und Einbindung der Mutter / zur Zeit wird der Antrag auf stationäre Therapie
gestellt / Unterlagen (im Jan 2018) komplett.
-
X5: regelmäßiger Kontakt / viele gescheiterte Versuche der
Therapievermittlung und Anbindung ans Gesundheits- und Hilfesystem / Wir
bleiben dran.
-
X6: Versuche einer Anbindung / bislang noch zögerlich.
-
X7: regelmäßige Kontakte bis zur Inhaftierung / Therapiezusage bestand,
jedoch nicht angetreten.
Arbeitsschwerpunkte mit den übrigen Klienten:
-
Enge Zusammenarbeit mit dem Jobcenter
-
Begleitung zu Gerichtsverhandlungen
-
Förderung der Abstinenz- / Therapiemotivation, Reflexion von Ambivalenzen
-
Anbindung / Begleitung an das Gesundheitssystem (Entgiftung/Klinik, Ärzte)
-
Unterstützung bei der Wohnungssuche
-
Anbindung an ambulante Behandlung
-
Psychosoziale Begleitung innerhalb einer Substitutionsbehandlung
-
Gespräche / Anbindung / Zielentwicklung
-
Zusammenarbeit mit gesetzlichen Betreuern
-
Kooperation mit Eltern und wichtigen Bezugspersonen
-
„Nachsorge“ (Anbindung auch nach Auszug erhalten, um das „Rückzugsrisiko“
an den Lupinenweg zu verringern.
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Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
Problematiken:
Hauptschwerpunkt liegt in dem Konsum von Alkohol, Cannabis und Amphetaminen,
Heroin seltener. Durch den teils massiven Gebrauch von Alkohol sowie
enthemmender und aufputschender Substanzen entsteht zeitweilig eine deutliche
Zunahme an Aggressivität. Es gibt viele Gewaltdelikt untereinander, gelegentlich auch
die Bedrohung von MitarbeiterInnen.
Der Übergang in „eigenes Wohnen“ wird nicht nur erschwert durch die individuellen
Defizite, die sich z.B. in persönlicher / räumlicher Verwahrlosung und fehlender
Verbindlichkeit äußern, sondern vor allem in dem für diese Zielgruppe nicht mehr
anmietbaren Wohnraum. Diese Perspektive wird sich - öffentlichen Prognosen folgend
- in den nächsten Jahren weiter drastisch verschärfen.
Ein Übergang in eine eigene Wohnung und damit auch ergänzende Hilfen wie
„Ambulant Betreutes Wohnen“ ist bereits jetzt oft aussichtslos.
Weitere Zusatzdiagnosen wie Psychosen, Ängste, Depressionen ... spiegeln die
schwierige Gesamtkonstellation bei der Rückführung in andere Wohn- und
Lebensformen wider.
Aufwand:
Insgesamt wurden für die Einzelbetreuung von insgesamt 17 Personen 120 zusätzliche
Stunden in 2017 benötigt. Das Minimum lag bei unter 1 Stunde, das Maximum bei 22
Stunden pro Person.
Darüber hinaus finden auch Beratungsgespräche mit Personen vom Lupinenweg statt,
die (noch) nicht in regelmäßiger Anbindung mit uns sind.
Die regelmäßige Präsenz und Ansprache führt letztlich zur kontinuierlicheren
Anbindung und dem Platzieren von Hilfestellungen, die ansonsten nicht möglich
wären, weil dieses Klientel das höher schwellige Angebot einer Beratungsstelle mit
Kommstruktur nicht ausreichend nutzen würde / könnte.
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Sozialer Brennpunkt Lupinenweg
Jahresbericht 2017
8 – Jahres – Rückblick und Ausblick:
Anzahl der
betreuten
Menschen
Einzelbegleitung
/
2010
11
180
2
2011
08
188
2
2012
14
204
8
2013
8
131
1
2014
15
224
3
2015
11
164
2
2016
11
176
2
2017
17
120
1
JAHR
Auszug /
Personenanzahl
Gesamtstunden
Tabelle 1: Zahlen im 8-Jahres-Rückblick
Besonders wertvoll ist die Unterstützung für den Lupinenweg, weil sie auf Dauer
angelegt ist [Nachhaltigkeit] und so eine verlässliche Konstante bildet als Gegenpol zu
den sehr schwankenden und ambivalenten Entwicklungen von Suchtkranken. In der
Regel ist eine mehrjährige Begleitung notwendig, bevor sich grundlegende
Veränderungen ergeben.
Wir bedanken uns bei der Stadt Brühl für ihr ausgeprägtes soziales Engagement.
im Namen des Teams
Jutta Göpel, Dipl.-Psychologin
Leiterin der IBS
Brühl im Januar 2018
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