Daten
Kommune
Vettweiß
Größe
136 kB
Datum
09.04.2018
Erstellt
13.03.18, 18:00
Aktualisiert
13.03.18, 18:00
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Vettweiß
Der Bürgermeister
Vettweiß, den 08.03.2018
Dezernat: I
Bearbeiter/in: Wirtz, Daniel
Tagesordnungspunkt:
Vorlagennummer: V-53/2018
Vorlage
für den
Haupt- und Finanzausschuss am 22.03.2018
Gemeinderat am 09.04.2018
- öffentlich -
Antrag der BI-Fraktion auf Absenkung des Zinssatzes für die kalkulatorische
Verzinsung
Begründung:
Die Fraktion der B.I. beantragt mit anliegendem Schreiben vom 24.01.2018, für die Jahre 2019 bis
2025 für die Verzinsung des Eigenkapitals einen Zinssatz von maximal 1,5 % zu Grunde zu legen.
Fraglich ist daher, welcher kalkulatorische Zinssatz angemessen ist, ob eine mögliche Absenkung
haushaltsrechtlich zu vertreten ist und welche Folgen sich daraus für den Gebührenzahler ergeben.
Nachfolgend werden daher die Grundlagen für die kalkulatorische Verzinsung sowie die Auswahl des
angemessenen Zinssatzes und die möglichen Folgen für den Gebührenzahler betrachtet.
Rechtsgrundlage und Berechnung
Gemäß § 6 Absatz 2 Satz 4 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG
NRW) gehört zu den ansatzfähigen Kosten einer Gebührenkalkulation auch eine angemessene
Verzinsung des aufgewandten Kapitals.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ebenso wie nach der ständigen Rechtsprechung bildet das gesamte
aufgewendete Kapital die Grundlage zur Berechnung der kalkulatorischen Verzinsung, unabhängig
davon, ob es sich dabei um Eigenkapital oder Fremdkapital handelt. Der Begriff der
Eigenkapitalverzinsung im Antrag ist daher nicht korrekt, da er indiziert, dass nur das eingesetzte
Eigenkapital angemessen zu verzinsen wäre, eingesetztes Fremdkapital dagegen nicht.
Der Begriff des Eigenkapitalanteils in § 6 II 4 KAG NRW bezieht sich ausschließlich auf die aus
Beiträgen und Zuschüssen Dritter aufgebrachten Beträge. Diese Beträge stellen den
Eigenkapitalanteil der Kommune dar, der nicht verzinst werden darf.
Im Folgenden wird daher nur der Begriff der kalkulatorischen Verzinsung verwendet.
Der Betrag für die kalkulatorische Verzinsung ist nach den vorstehenden Erläuterungen
folgendermaßen zu berechnen:
Restbuchwert des Anlagevermögens (ermittelt nach Anschaffungs- und Herstellungskosten)
– Restbuchwert der Zuschüsse und Beiträge
= zu verzinsendes Kapital
x kalkulatorischer Zinssatz
= kalkulatorische Zinsen
Die kalkulatorische Verzinsung ist immer von den Anschaffungs- und Herstellungskosten zu
berechnen, eine Berechnung auf Grundlage des Wiederbeschaffungszeitwertes ist für die
kalkulatorischen Zinsen unzulässig.
Angemessener Zinssatz, Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW (OVG NRW)
Die ständige Rechtsprechung des OVG NRW zur kalkulatorischen Verzinsung wird jeweils ausführlich
in der Vorlage zur Gebührenkalkulation im Abwasserbereich (sh auch Vorlage V-152/2017) erläutert.
Zusammenfassend sei hier erwähnt, dass nach der Rechtsprechung des OVG NRW für die
Bestimmung des angemessenen Zinssatzes nicht die in der jeweiligen Gebührenperiode am
Kapitalmarkt herrschenden Verhältnisse, sondern nur langfristige Durchschnittsverhältnisse
maßgeblich sein können. Dafür ist ein Zeitraum von mindestens 40 Jahren vor dem jeweiligen
Berechnungszeitraum anzusetzen.
Das VG Düsseldorf geht in seiner Anwendung dieser Rechtsprechung zudem davon aus, dass die zu
berücksichtigende Länge der Zinsreihe an die Abschreibungsdauer der Anlagenwerte anzupassen ist
und setzt für das Abwasseranlagevermögen einen 50-Jahreszeitraum an. Nachrichtlich sei an dieser
Stelle erwähnt, dass bei der Gemeinde Vettweiß eine noch längere Abschreibungsdauer zugrunde
gelegt wird (71 Jahre; 1,4%).
Das OVG NRW bezieht sich bei der Ermittlung des angemessenen Zinssatzes auf die Sätze der
Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten der Deutschen
Bundesbank aus den vergangenen 50 Jahren. Daraus lassen sich dann auch die erforderlichen
Jahreswerte berechnen.
Der ermittelte Zinssatz kann lt. OVG NRW um 0,5 %-Punkte erhöht werden. Dies ist möglich, um dem
Umstand Rechnung zu tragen, dass wegen der die Anlagezinsen regelmäßig übersteigenden
Kreditzinsen ein etwaiger Fremdkapitalanteil zu einem höheren Zinssatz zu berücksichtigen ist.
Die Berechnung des anwendbaren Höchstsatzes nach den vorstehenden Erläuterungen wird jährlich
von der Gemeindeprüfungsanstalt NRW (GPA NRW) durchgeführt und den Kommunen zur Verfügung
gestellt.
Für 2018 lautet der höchstens anzuwendende kalkulatorische Zinssatz inklusive Erhöhung 6,37%.
Der in der Gemeinde Vettweiß angewandte Zinssatz für die kalkulatorische Verzinsung von 5,0 % liegt
somit immer noch deutlich unter der von der Rechtsprechung akzeptierten Höhe.
Nicht nachvollziehbar ist die im Antrag der B.I. Fraktion aufgestellte Behauptung, dass die meisten
Kommunen für die Verzinsung einen durchschnittlichen Kapitalmarkt-Zinssatz der letzten 4 Jahre
zugrunde legen, der für den Zeitraum 2013-2016 lt. Antrag im Schnitt bei 1,17% bis 1,48% lag.
Eine Nachfrage unter den 14 anderen kreisangehörigen Kommunen im Kreis Düren ergab, dass alle
Kommunen sich an der oben genannten Berechnung orientieren. Im Jahr 2018 liegt der
kalkulatorische Zinssatz in 4 Kommunen bei 5,87%; 1 x bei 5,9%; 2 x bei 6%; 1 x bei 6,17%; 1 x bei
6,37%; 1 x bei 6,5%; 1 x bei 6,52% und 1 x bei 7% (2 x keine Rückmeldung).
Zumindest für die Kommunen im Kreis Düren ist somit festzuhalten, dass die Gemeinde Vettweiß
auch hier im Vergleich einen deutlich geringeren Zinssatz anwendet. Insgesamt ist der verwendete
Zinssatz von 5% als angemessen anzusehen.
Darüber hinaus ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommunalaufsicht im Rahmen der
Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes 2012-2022 darauf hingewiesen hat, dass die
höchstmöglichen Zinssätze für die kalkulatorische Verzinsung verwendet werden sollen. Die GPA
NRW empfiehlt dies in ihren Prüfberichten ebenfalls.
Folgen einer Zinssenkung
Die kalkulatorische Verzinsung stellt eine Kostenposition in der Kalkulation dar, der
Gebühreneinnahmen gegenüber stehen. Es handelt sich aber ausschließlich um eine Kostenposition
der Gebührenkalkulation, nicht um Aufwand. Im Haushaltsplan und später in der Ergebnisrechnung ist
daher die kalkulatorische Verzinsung nicht zu finden.
Daraus folgt, dass bei einer Absenkung des kalkulatorischen Zinssatzes die Gesamtkosten in der
Kalkulation sinken, somit auch die notwendigen Gebühreneinnahmen. Der Gebührensatz sinkt.
Auf den Haushaltsplan bzw. die Ergebnisrechnung bezogen bedeutet dies aber ausschließlich, dass
weniger Gebühreneinnahmen in den Haushalt fließen. Da die kalkulatorische Verzinsung keinen
Aufwand darstellt, ist die Senkung des Zinssatzes auch nicht ergebnisrelevant. Durch eine Senkung
des kalkulatorischen Zinssatzes verschlechtert sich also das Jahresergebnis.
Da die Gemeinde Vettweiß sich bekannterweise im Haushaltssicherungskonzept befindet und daher
zur Haushaltskonsolidierung verpflichtet ist, wäre der entstehende Fehlbetrag durch Generierung
anderer Erträge zu kompensieren.
In konkreten Zahlen (Grundlage der Berechnung: Werte 2018) ausgedrückt bedeutet dies, dass bei
einer Absenkung des kalkulatorischen Zinssatzes auf 1,5% rund 88.000 € anderweitig aufgebracht
werden müssen. Um den Betrag durch Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B
auszugleichen, wäre eine Anpassung des Hebesatzes um 33 Prozentpunkte notwendig.
Dies würde sich im Gesamtergebnis für die meisten Steuerzahler negativ auswirken. Bei der
Schmutzwassergebühr würde eine Senkung der Gebühr um 0,10 €/m³ erreicht, bei der
Niederschlagswassergebühr um 0,03 €/m². Bezogen auf die Schmutzwassergebühr bedeutet dies für
den Gebührenzahler, dass er bei einem Verbrauch von 100 m³/Jahr eine Ersparnis von 10,--€ hat. Der
durchschnittliche Jahresverbrauch liegt bei etwa 40 m³ pro Person.
Bei der Grundsteuer B ist neben dem Hebesatz der für jedes Objekt individuell ermittelte Messbetrag
die Grundlage für die Steuerberechnung. Eine Anhebung um 33 Prozentpunkte trifft somit die
Steuerzahler unterschiedlich. Meist haben ältere Objekte einen niedrigen Messbetrag und wären
daher nicht so stark betroffen wie neue Objekte mit höheren Messbeträgen. Für neuere Objekte ist ein
Messbetrag von mehr als 100,--€ die Regel. Bei einem Messbetrag von 100,--€ würde die
Steuererhöhung 33,-- € ausmachen.
Es liegt daher auf der Hand, dass viele Gebührenzahler durch eine solche Umstellung mehr belastet
würden. Vereinfacht ausgedrückt würde sich die Umstellung nur bei den Gebührenzahlern positiv
bemerkbar machen, die einen hohen Wasserverbrauch haben und dementsprechend viel
Schmutzwassergebühr bezahlen müssen. Dem entgegen stünde die Erhöhung der Grundsteuer B für
alle Grundstücke, die aber besonders Eigentümer von neueren Objekten stärker belastet.
Fazit
Aus Sicht der Verwaltung ergeben sich keine Gründe, die für die Absenkung des kalkulatorischen
Zinssatzes auf 1,5% sprechen.
Maßgeblich für die Berechnung eines angemessenen kalkulatorischen Zinssatzes kann nur eine
langfristige Betrachtung des Zinsniveaus entsprechend der Rechtsprechung des OVG NRW sein. Auf
dieser Grundlage stellt sich der derzeit verwendete kalkulatorische Zinssatz von 5% als absolut
angemessen dar.
Sowohl aus haushaltsrechtlicher Sicht als auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sollte der
kalkulatorische Zinssatz nicht abgesenkt werden.
Beschlussvorschlag:
Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat, den Antrag der B.I. Fraktion
vom 24.01.2018 zur Absenkung des kalkulatorischen Zinssatzes abzulehnen.
Auswirkungen auf den Haushalt: