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Beschlussvorlage (Artenschutzgutachten)

Daten

Kommune
Pulheim
Größe
933 kB
Datum
20.03.2018
Erstellt
26.02.18, 16:51
Aktualisiert
26.02.18, 16:51

Inhalt der Datei

Umbau und Sanierung Pulheimer Bahnhof, Stadt Pulheim Artenschutzprüfung 1. Anlass Die Continentale Versicherungsverbund, Landesdirektion Gregor Worms GmbH & Co. KG als Bauherrin beabsichtigt die Sanierung des Dachgeschosses im Bereich des Pulheimer Bahnhofs, Stadt Pulheim. Da nicht von vorne herein ausgeschlossen werden kann, dass es durch die Umbaumaßnahmen zu Gefährdungen artenschutzrechtlich relevanter Arten kommen könnte, wurde der für die Sanierung beanspruchte Bereich am 19.04.2017 begangen und im Hinblick auf mögliche Vorkommen gebäudebewohnender Arten (Vögel, Fledermäuse) kontrolliert. Mit der nachfolgenden Beschreibung werden die Ergebnisse dieser Begehung vorgestellt und bewertet, ob es durch die Sanierungsmaßnahmen zu Betroffenheiten artenschutzrechtlich relevanter Arten kommen kann. 2. Rechtsgrundlagen Die artenschutzrechtlichen Regelungen des BNatSchG finden sich in § 44 mit den dort dargestellten Verboten. Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbote). 1 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Im Zusammenhang mit einem Eingriff artenschutzrechtlich relevant sind entsprechend § 44 Abs. 5 BNatSchG Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und wildlebende Vogelarten. Im Zusammenhang mit der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben ist zudem die „Gemeinsame Handlungsempfehlung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr NRW und des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW vom 22.12.2010“ zu beachten, die unmittelbar auf artenschutzrechtliche Vorgaben des BNatSchG Bezug nimmt. 3. Methodik Um eine mögliche Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten durch die Sanierung des Dachgeschosses im Hauptgebäude des Bahnhofs Pulheim zu klären, erfolgte am 19.04.2017 eine Begehung des Gebäudes. Untersucht wurden insbesondere folgende Aspekte: 1. Untersuchung der Dachbereiche auf mögliche Quartiernutzungen durch Fledermäuse. Verdachtsbereiche sind z.B. Spalten, Ritzen und Hohlräume in angrenzenden Fassaden und Mauerwerk, der Übergangsbereich von der Fassade zum Dach oder der eigentliche Dachbereich. In solchen Bereichen wurde nach tatsächlichen Vorkommen oder nach Spuren von Fledermäusen, etwa Chitinstücken als Nahrungsresten oder Kotspuren, gesucht. 2. Untersuchung der für die Sanierung vorgesehenen Bereiche auf Hinweise auf eine Nutzung durch gebäudebewohnende Vogelarten (z.B. Mauersegler, Schwalben, Tauben). Neben tatsächlichen Aktivitäten von Vögeln zur Brutzeit wurde insbesondere nach Nestern und anderen Spuren einer zurückliegenden Brutansiedlung (Eierschalen, Federn) sowie nach Hinweisen auf eine Nutzung von Ruheplätzen (z.B. Kotspuren) gesucht. 3. Kontrolle der auf dem Gelände in unmittelbarer Nachbarschaft zu den zu sanierenden Bereichen vorhandenen Flächen im Hinblick auf eine aktuelle Nutzung durch Brutvögel. Im Falle der Feststellung von Hinweisen auf Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten sind ggf. Maßnahmen zu konzipieren, um ein Eintreten der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden. 4. Lage des Objektes Der Bahnhof Pulheim liegt im Zentrum der Stadt Pulheim (siehe Abbildung 1, rot umrandeter Bereich). Dementsprechend ist die Umgebung des Vorhabenbereichs durch städtische Bebauung und die Gleisanlagen der Bahn geprägt. 2 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Abbildung 1: Lage des Bahnhofs Pulheim (rote Umrandung), in dem die Sanierungsarbeiten im Dachgeschoss stattfinden sollen (Quelle: Google Earth). 5. Ergebnisse der Begehung Der Bahnhof Pulheim ist insgesamt in einem guten Zustand. Die Fassadenbereiche sind intakt und weisen kaum Spalten oder andere Hohlräume in Form von porösem Mörtel oder herausgebrochenen Ziegelsteinen, die von Vögeln oder Fledermäusen als Brutplätze oder Quartiere genutzt werden könnten, auf (siehe nachfolgende Abbildung). Es fanden sich keine Nester, Federn, Kotspuren oder Nahrungsreste im gesamten Fassadenbereich. Lediglich unterhalb des Dachüberstands am Hauptgebäude existieren noch Reste von Mehlschwalbennestern, deren Alter, ebenso wie die Ursache für den Verlust der Nester, unbekannt sind. Jedenfalls gibt es zwischen der geplanten Sanierung des Dachgeschosses und einem ehemaligen Vorkommen der Mehlschwalbe am Gebäude weder einen erkennbaren Zusammenhang noch einen sich hieraus ableitbaren artenschutzrechtlichen Konflikt. 3 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Abbildung 2: Blick auf den Bahnhof Pulheim. Das Gebäude befindet sich insgesamt in einem guten Zustand. Es sind kaum Hohlräume oder Ritzen vorhanden, die Fledermäusen oder Vögeln als Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dienen können. Abbildung 3: Ehemalige Mehlschwalbennester an der Fassade des Bahnhofs. Der Grund für den Verlust der Nester ist unbekannt, ebenso das Alter. 4 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Im Rahmen der Innenbesichtigung wurde der gesamte Dachstuhl des Hauptgebäudes näher auf aktuelle oder zurückliegende Vorkommen von artenschutzrechtlich relevanten Arten begutachtet. Eine Untersuchung der angrenzenden Grünflächen, die ohnehin nur sehr spärlich vorhanden waren, erübrigte sich, da es vorhabenbedingt nicht zu einer Beanspruchung dieser Strukturen kommt. Die nachfolgenden Abbildungen liefern einen Eindruck der untersuchten Teilflächen im Innenbereich des Bahnhofs. Der zur Sanierung vorgesehene Dachstuhl des Hauptgebäudes ist in einem guten Zustand. Die dort vorhandenen Fenster waren geschlossen. Es bestanden somit keine Einflugmöglichkeiten für Vögel oder Fledermäuse. Durch die vielen Fenster ist der Dachstuhl auch in seiner aktuellen Form tagsüber gut durch Tageslicht ausgeleuchtet und damit als Ruheplatz oder gar Wochenstubenquartier für Fledermäuse ungeeignet. Der gesamte Dachboden weist nur sehr wenige Spalten oder Ritzen auf. Diese Bereiche wurden mit einer Taschenlampe ausgeleuchtet, blieben dabei ohne Befund. Es konnten keine Spuren einer aktuellen oder ehemaligen Besiedlung durch Vögel oder Fledermäuse gefunden werden. Abbildung 4: Der Dachstuhl ist in einem guten Zustand und weist keine Ritzen oder Spalten auf, die von Vögeln oder Fledermäusen als Teillebensräume genutzt werden können. 5 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Abbildung 5: Auch in diesem Bereich des Dachstuhls waren keine Spalten und Ritzen zu identifizieren. Die wenigen vorhandenen Hohlräume, Spalten und Ritzen waren sämtlich gut einsehbar. Sie konnten vollständig ausgeleuchtet und kontrolliert werden. In keiner der vorgefundenen Höhlungen fanden sich Hinweise auf ehemalige Bruten durch gebäudebrütende Vogelarten (Eierschalen, ehemalige Nester, Federn, Kotspuren) oder durch Fledermäuse (Chitinreste, Kotspuren). Der gesamte Dachbereich inklusive des darunter befindlichen Mauerwerks war frei von Vorkommen oder Hinweisen auf Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten. 6. Fazit Wie aus den Darstellungen im Kapitel 5 hervorgeht, wurden bei der Begehung des Gebäudes, insbesondere des zum Ausbau vorgesehenen Dachgeschosses, keine Hinweise auf aktuelle oder ehemalige Vorkommen von Fledermäusen oder von gebäudebrütenden Vogelarten vorgefunden. Es fanden sich auch keine Strukturen, die eine besondere Eignung für artenschutzrechtlich relevante Fledermäuse oder Vögel aufweisen. Die Sanierung des Dachgeschosses im Bereich des Bahnhofs Pulheim ist daher artenschutzrechtlich zulässig. 6 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Für die Richtigkeit Köln, den 24.04.2017 __________________________ Dr. Claus Albrecht 7 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Protokoll einer Artenschutzprüfung (ASP) – Gesamtprotokoll – A.) Antragsteller (Angaben zum Plan/Vorhaben) Allgemeine Angaben Plan/Vorhaben (Bezeichnung): Sanierung des Dachgeschosses im Hauptgebäude des Bahnhofs Pulheim. Plan-/Vorhabenträger (Name): Continentale Versicherungsverbund, Landesdirektion Gregor Worms GmbH & Co. KG Gegenstand der nachfolgenden artenschutzrechtlichen Prüfung ist der geplante Ausbau und die Sanierung des Dachgeschosses im Bereich des Bahnhofs Pulheim. Stufe I: Vorprüfung (Artenspektrum/Wirkfaktoren) Ist es möglich, dass bei FFH-Anhang IV-Arten oder europäischen Vogelarten die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG bei Umsetzung des Plans bzw. Realisierung des Vorhabens ausgelöst werden? Stufe II: Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände ja ■ nein (unter Voraussetzung der unter B.) (Anlagen „Art-für-Art Protokoll“) beschriebenen Maßnahmen und Gründe) Nur wenn Frage in Stufe I „ja“: Wird der Plan bzw. das Vorhaben gegen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen (ggf. trotz Vermeidungsmaßnahmen inkl. vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen oder eines Risikomanagements)? ja nein Arten, die nicht im Sinne einer vertiefenden Art-für-Art-Betrachtung einzeln geprüft werden: Es entstehen keine artenschutzrechtlichen Betroffenheiten Stufe III: Ausnahmeverfahren Nur wenn Frage in Stufe II „ja“: 1. Ist das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt? ja nein 2. Können zumutbare Alternativen ausgeschlossen werden? ja nein 3. Wird der Erhaltungszustand der Populationen sich bei europäischen Vogelarten nicht verschlechtern bzw. bei Anhang IV – Arten günstig bleiben? ja nein Antrag auf Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG Nur wenn alle Fragen in Stufe III „ja“: Die Realisierung des Plans/des Vorhabens ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von § 45 Abs. 7 Nr. 5 BNatSchG gerechtfertigt und es gibt keine zumutbare Alternative. Der Erhaltungszustand der Populationen wird sich bei europäischen Vogelarten nicht verschlechtern bzw. bei FFH-Anhang-IV-Arten günstig bleiben. Deshalb wird eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG beantragt. Zur Begründung siehe ggf. unter B.) (Anlagen „Art-für-Art-Protokoll“). 8 KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK Lütticher Str. 32 50674 Köln Nur wenn Frage 3. in Stufe III „nein“: (weil bei einer FFH-Anhang-IV-Art bereits ein ungünstiger Erhaltungszustand vorliegt) Für die Erteilung einer Ausnahme sprechen „außergewöhnliche Umstände“. Außerdem wird sich durch die Ausnahme der ungünstige Erhaltungszustand der Populationen nicht weiter verschlechtern bzw. wird die Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes nicht behindert. Zur Begründung siehe ggf. unter B.) (Anlagen „Art-für-Art-Protokoll“). Nur wenn eine der Fragen in Stufe III „nein“: Im Zusammenhang mit privaten Gründen liegt eine unzumutbare Belastung vor. Deshalb wird eine Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten gem. § 67 Abs. 2 BNatSchG beantragt. 9